Die Genese der Interkulturellen Erziehung und Bildung im Kontext der Geschichtsdidaktik


Seminararbeit, 2011

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Zur Entstehung der Konzepte interkultureller Erziehung und Bildung in Deutschland
a. Gastarbeiterkinder an Deutschen Schulen: Ausländerpädagogik als Nothilfe (Ende 70er)
b. Kritik an der Ausländerpädagogik (1980)
c. Konsequenzen aus der Kritik: Differenzierung von Förderpädagogik und interkultureller Erziehung (1983)
d. Erweiterung des Blicks auf ethnische Minderheiten (seit 1991)
e. Interkulturelle Erziehung und Bildung als Bestandteil von Allgemeinbildung (1996)
f. Integration versus Neo-Assimilationismus (2001)

III. Definition „interkulturelles Lernen/ interkulturelle Pädagogik“

IV. Interkulturelles Geschichtslernen
a. Das Kulturverständnis im Kontext interkulturellen Geschichtslernens
b. Elemente interkultureller historischer Kompetenz

V. Umsetzungen interkulturellen Geschichtslernens
a. Interkulturalität in der Themenauswahl
b. Interkulturelle Multiperspektivität der Quelllenbasis
c. Multiperspektivität der Darstellungen
d. Interkulturalität im Lernprozess

VI. Fazit

VII. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Seit 1970 begann weltweit ein Diskurs über die gleichberechtigte und gleichwertige politische und gesellschaftliche Anerkennung von Minderheiten, welche sich von der Mehrheit in Merkmalen unterscheiden, die sowohl in der Eigendefinition der Minderheitsangehörigen als auch in der Fremddefinition durch die Angehörigen der Mehrheit als „kulturell“ codiert werden.[1]

In Deutschland entwickelte sich auf diesem Hintergrund ein Diskurs, der durch den Terminus „Interkulturelle Erziehung und Bildung“ den Akzent auf den gegenseitigen Austausch von kulturellen Elementen legen wollte zwischen als gleichwertig anerkannten Kulturen innerhalb der multiethnischen Gesellschaft. Interkulturelle Kompetenz wurde seitdem zur Schlüsselqualifikation für uns alle uns in einer Lebenswelt zurechtzufinden, die geprägt ist von Migrationsbewegungen, vom Auftreten fremdenfeindlicher und rassistischer Einstellungen in der Gesellschaft, von der wirtschaftlichen und technischen Globalisierung und von der Bildung eines einheitlichen Europa, welches sich selbst zum Ziel gemacht hat, dass jeder Mensch in Europa unabhängig von seinem jeweiligen kulturellem Hintergrund durch standardisierte Bildungsabschlüsse überall in Europa leben und arbeiten kann.[2]

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit den Fragen, wie es in Deutschland genau zu einer „interkulturellen Erziehung und Bildung“ kam, wie sich diese dann aktuell als Wissenschaftsdisziplin innerhalb der allgemeinen Pädagogik definiert und welche Fortschritte aufgrund dieser Entwicklung in der Geschichtsdidaktik erreicht wurden. Letztendlich kann die vorliegende Hausarbeit Rückschlüsse darüber liefern inwieweit die Geschichtsdidaktik bereits in der Lage ist SuS im Hinblick auf interkulturelle Kompetenz zu lehren. Zu diesem Zweck wird die allgemeine Entwicklung in Deutschland hin zu einer „interkulturellen Erziehung und Bildung“ chronologisch dargestellt, bevor eine Definition des „interkulturellen Lernens/ interkulturelle Pädagogik“ folgt. Daran anschließend wird auf die Auswirkungen dieser allgemeinpädagogischen Disziplin auf die Geschichtsdidaktik eingegangen, indem in einem ersten Schritt das interkulturelle Geschichtslernen allgemein dargestellt wird und in einem zweiten Schritt auf die Umsetzungen interkulturellen Geschichtslernens eingegangen wird, bevor abschließend in Form eines Fazits über die Vor- und Nachteile beziehungsweise Erfolgschancen einer interkulturellen Erziehung und Bildung im Geschichtsunterricht resümiert wird.

II. Zur Entstehung der Konzepte interkultureller Erziehung und Bildung in Deutschland

a. Gastarbeiterkinder an Deutschen Schulen: Ausländerpädagogik als Nothilfe (Ende 70er)

Als die Schulpflicht auch für Kinder ausländischer Gastarbeiter in den späten 70ern eingeführt wurde als Folge der Anwerbervereinbarungen der Bundesrepublik aus den 1960er Jahren, bestand die grundlegende Aufgabe darin, den Schülern möglichst schnell Deutsch beizubringen, damit diese dem Unterricht folgen konnten. Zunächst begann man mit Anleihen bei Konzepten der Didaktik des Deutschen als Fremdsprache, also einer Fremdsprachendidaktik[3].[4]

An die Stelle dieser Fremdsprachendidaktik sollte jedoch schnell eine spezielle Didaktik des Deutschen als Zweitsprache folgen, welche eine schul- und unterrichtsorganisatorische Neuerung erforderte: Die Schüler wurden außerhalb des regulären Unterrichts in Lerngruppen zusammengefasst und spezielle Vorbereitungsklassen wurden eingerichtet, in denen Deutsch und die zentralen Sachfächer unterrichtet wurden, damit die Schüler nicht den altersobligatorischen Anschluss an die Klasse verloren. Entsprechend einer allgemeinen Entwicklungsrichtung in der Erziehungswissenschaft – sich nicht nur nach Institutionen der Erziehung und Bildung, sondern auch nach Zielgruppen zu differenzieren – konstituierte sich die Ausländerpädagogik als neue Zielgruppenpädagogik.[5]

b. Kritik an der Ausländerpädagogik (1980)

Um 1980 wurden starke Kritiken im Hinblick auf die Ausländerpädagogik geäußert. Grundaussage war der Vorwurf, dass durch pädagogische Hilfsangebote allgemein der Eindruck erweckt werde, dass durch diese die entstandene Problematik wirksam gelöst werde, während hingegen sie in Wirklichkeit eine politisch erzeugte Problematik sei und deshalb auch nur mit Hilfe der Politik zu lösen sei. Zugleich wurde die Stigmatisierung der Zielgruppe kritisiert: Denn, wenn Ausländer zum Gegenstand praktischer und theoretischer Bemühungen gemacht werden, erklärt es sie zu einer Gruppe besonderer Bedürftigkeit mit Defiziten zur Normalität, d.h. zur Situation der Einheimischen und dementsprechend zur Mehrheitskultur.[6]

Seitdem war man bestrebt eine „Pädagogik des Ausgleichs von Benachteiligungen“ zu etablieren. Diese erfreute sich jedoch auch keinem Zuspruch, denn diesem Ansatz wurde eine Tendenz vorgeworfen, faktisch zu einer Assimilation und einer Akkulturation und Germanisierung zu führen. In Konsequenz dieser Kritik entstanden die Konzepte einer Interkulturellen Erziehung in der multikulturellen Gesellschaft, mit der Hauptaufgabe auf ein Leben in einer multikulturellen Gesellschaft vorzubereiten. Diese Pädagogik war von Anfang an also auf die Kinder der Mehrheitskultur gerichtet und spiegelt zum ersten Mal das neue Selbstverständnis der Bundesrepublik wider sich als Migrationsland wahrzunehmen.[7]

[...]


[1] Nieke, Wolfgang: Interkulturelle Erziehung und Bildung, Hamburg 2007, S. 17.

[2] Nieke (2007), S. 17- 24.

[3] Das vorliegende Kapitel benutzt leicht verändert die Überschriften von W. Nieke aus seiner Darstellung (Nieke, S. 14- 21.). Dieser Umstand bedeutet nicht, dass ausschließlich mit dessen Darstellung gearbeitet wurde. Über das gesamte Kapitel vergleich: Bettina Alavi: Migration und Fremdverstehen, in: Bettina Alavi/ Gerhard Henke-Bockschatz (Hrsg.): Migration und Fremdverstehen. Geschichtsunterricht und Geschichtskultur in der multiethnischen Gesellschaft, Idstein 2004, S. 23- 35.; Kötters-König, Catrin: Interkulturelle Pädagogik, in: Krüger Heinz-Hermann/ Grunert Cathleen. (Hrsg.): Wörterbuch Erziehungswissenschaft, Budrich² 2007, S. 352- 358.

[4] Kötters-König (2007), S. 353.

[5] Über den gesamten Abschnitt siehe: Nieke (2007), S. 14- 15. Vgl.: Kötters-König(2007), S. 353.

[6] Auslöser der Kritik war die Jahrestagung des Verbandes der Initiativgruppen in der Ausländerarbeit (VIA e.V.) von 1980, auf welchem die oben genannten Kritikpunkte zum ersten Mal anklangen: Kötters-König (2007), S. 354.

[7] Nieke (2007), S. 15- 17. Vgl.: Kötters-König (2007), S. 354.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Genese der Interkulturellen Erziehung und Bildung im Kontext der Geschichtsdidaktik
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Institut für Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Interkulturelle Pädagogik
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
18
Katalognummer
V203795
ISBN (eBook)
9783656304241
ISBN (Buch)
9783656304500
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interkulturelle Pädagogik, interkulturelle Geschichtslernen, b. Kritik an der Ausländerpädagogik, Entstehung der Konzepte interkultureller Erziehung und Bildung, Definition interkulturelles Lernen, interkulturelles Lernen, f. Integration versus Neo-Assimilationismus, Neo-Assimilationismus
Arbeit zitieren
Anna Block (Autor:in), 2011, Die Genese der Interkulturellen Erziehung und Bildung im Kontext der Geschichtsdidaktik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203795

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Genese der Interkulturellen Erziehung und Bildung im Kontext der Geschichtsdidaktik



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden