Das Augustusmausoleum


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

41 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Vita des Bauherrn
2.1 Die „wilden Jahre“ des jungen Caesar
2.2 Augustus – der Erhabene
2.3 Der erste Princeps wird zu Grabe getragen

3. Das Mausoleum des Augustus
3.1 Zur Beschreibung des archäologisch fassbaren Baubestandes
3.2 Zur Beschreibung des archäologisch fassbaren Baudekors
3.3 Zur Rekonstruktion an Hand des archäologisch fassbaren Befundes
3.4 Zur Rekonstruktion an Hand der Quellen
3.5 Zum baulichen Umfeld und der Gesamtanlage

4. Vorbilder und Traditionslinien des Augustusmausoleum
4.1 Zur Ableitung aus der italischen Sepulkralarchitektur
4.2 Zur Ableitung aus hellenistischen Vorbildern

5. Datierung und Interpretation des Augustusmausoleums18
5.1 Zur Problematik der Datierung
5.2 Das Mausoleum im Kontext der augusteischen Baupolitik…
5.3 Das Mausoleum im Kontext des Konfliktes mit der hellenistischen Welt

6. Schlusswort

7. Abbildungen

8. Bibliographie
8.1 Quellen
8.2. Literatur
8.3 Abbildungsverzeichnis
8.3 Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1) Die Ruinen des Mausoleum des Augustus, nach Piranesi 1745.

1. Einleitung

Ich sehe dich – o Augustus! – der du den ersten Purpur wieder trägst. Herunter die Larve deiner Absichten! Roms Männerseelen willst du entnerven durch sanftes, wohllüstiges Gefühl, dass nimmer sie erhüben zur Rettung des Vaterlandes den furchtbaren Arm. Willst prangen sehen deinen Namen im Lied deiner bestochenen Sänger, willst unsterblich werden mit den Unsterblichen! “ [1]

So äußerte sich Friedrich Schiller am 10. Januar 1779 über den unsterblichen Genius des erhabenen ersten Princeps auf dem Thron der Cäsaren. Die Unsterblichkeit im Gedächtnis der Nachwelt hat Augustus wohl auf vortreffliche Weise erreicht, wenn Schiller ihn anruft und sich diese Hauptseminararbeit seiner Person und vor allem seiner letzten Ruhestätte annimmt. Im Rahmen der antiken Herrschergräber nimmt das Augustusmausoleum ohne Zweifel eine besonders exponierte Stellung ein. Zum einen entstammt es einer Zeit, in welcher die hellenistische Welt durch Rom eine drastische Zäsur erfährt und zum anderen mit der Pax Romana und dem Fall des letzten Diadochenreich die hellenistische Kultur ganz im Imperium Romanum aufgeht. Rom wird zur Herrin der Welt und beherrscht selbige[2]. Gleichsam vollzieht Rom den Schritt von den desolaten spätrepublikanischen Zuständen[3] zur Unterordnung unter das Principat und damit zur römischen Kaiserzeit. Nachfolgende Herrschergräber gehen auf das Kaiserhaus zurück und sind Teil der kaiserlichen Sepulkralarchitektur, so sie nicht von Klientelkönigen wie Herodes d. Gr.[4] oder dem Großkönigen des Perserreiches[5] errichtet werden. Das Mausoleum des Augustus als solches kann wohl kaum als neuere archäologische Sensation ausgegeben werden. Wenn deren Überreste überhaupt je im Verlauf der Menschheitsgeschichte in Vergessenheit geraten waren[6], so taten Gelehrte wie Aegidius Sadeler (Abb.2) oder Giovanni Battista Piranesi[7] durch ihre zeichnerische Kunstfertigkeit alles in ihrer Macht stehende, um die Bedeutung dessen antiker Überreste in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückzurufen. Auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Augustusmausoleum gilt keineswegs mehr als innovativ bahnbrechend. Nach der intensiven Grabungs- und Publikationstätigkeit der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts und der deutschsprachigen Monographie von Henner v. Hesberg[8] aus dem Jahr 1994, welche sich durch eine ausführliche Bestandsaufnahme und die kritischen Auseinandersetzen mit dem bis dato ereichten Forschungsstand auszeichnet, lässt sich auf den ersten Blick kaum noch etwas von Relevanz zum Augustusmausoleum beitragen. Diese Arbeit müsste sich erübrigen, wenn nicht trotz der beachtlich umfangreichen Forschungsgeschichte noch immer zahlreiche Fragen und Antworten zur Diskussion stehen würden. Dies betrifft vor allem die Datierung des Baues, seine bauliche Tradition und nicht zuletzt auch welche Aussagekraft dies letztlich für das Herrschaftsverständnis und die Person des Augustus hat.

Im Folgenden sind genau dies die zentralen Fragen unter welchen diese Hauptseminararbeit steht. Daher soll der archäologisch fassbare Bestand vorrangig zielgerichtet auf dessen Interpretation hin betrachtet werden. Die Basis hierfür bildet in erster Linie die Vita des Augustus, welche den Quellen zu entnehmen ist. Sie ist die Grundlage für das Verständnis des Mausoleums in seiner architektonischen Form und beabsichtigten Wirkung. Ebenso wird sich auch die Datierung des Baues aus der Vita seines Bauherren erschließen lassen. Im gleichen Zuge lassen sich Rückschlüsse von der gestalterischen Ausprägung und architektonischen Besonderheiten des Mausoleum her auf das Selbstverständnis des Augustus ziehen. Bauherr und Bau sind somit nicht zu trennen. Die Frage nach den architektonischen Leitbildern und Traditionen der Sepulkralarchitektur, die an diesem Bau zum Tragen kommen, lässt sich nur durch den Vergleich mit hellenistischen wie italischen Bauten beantworten. Hinsichtlich der Außenwirkung und des Sinngehaltes der Grablege sowie hinsichtlich des Denkens seines Auftraggebers wohnt dieser Frage eine beträchtliche Relevanz inne.

2. Zur Vita des Bauherrn

Es mag sich fast erübrigen die Vita eines der zweifellos bekanntesten Persönlichkeiten des Altertums zu bemühen, nur um diese ein erneutes Mal darzulegen[9]. Dennoch ist dies unvermeidlich, so nicht die Trennung zwischen Bau und Bauherr in Kauf genommen werden soll. Darüber hinaus kann ein Blick in die Vita des Augustus unter einem problemlösungsorientierten Ansatz durchaus gewinnbringend sein. So ist es für die Datierung des Mausoleums und deren Interpretation entscheidend zu wissen, dass sich das Dasein und Denken des Augustus in zwei kontrovers gegenüberstehende Lebensphasen teilt. Dem trug bereits Friedrich II. mit seiner Feststellung Rechnung: „Das ist es, worauf ich bestehe: Fast nie war ein schlimmer Regent glücklich, und Augustus genoss erst dann Ruhe, als er tugendhaft geworden war[10]. An Hand dieser Erkenntnis lässt sich im Folgenden nicht nur die Person des Augustus besser verstehen, sondern sein Mausoleum lässt sich auch als Ausdruck und Manifestation einer dieser beiden Lebensphasen erkennen.

2.1 Die „wilden Jahre“ des jungen Caesar

Mit gerade mal 19 Jahren wurde Gaius Octavius testamentarisch zum Erben und Adoptivsohn des mächtigsten Mannes der römischen Republik bestellt. Mit der Ermordung des dictator perpetuo an den Iden des März 44 v. Chr. trat der junge Octavian das Erbe Julius Caesars an. Dies umfasste dessen private Besitzungen als auch dessen öffentlich-politische Gewichtung. Beides galt es jedoch zunächst aus dem festen Griff des Marc Anton zu erringen[11]. Das Erste, was sich Octavian aneignen konnte, war der Name Caesar selbst, welcher für ihn zum wichtigsten Anfangskapital seines öffentlichen Wirkens wurde[12]. So empfiehlt gar Cicero den jungen Caesar als treuen Diener und Verteidiger der res publica dem Senat und verbürgt sich, dass dieser stets ein solcher Staatsbürger bleiben werde[13]. Zu Recht bezeichnete P. Zanker dies spöttisch als „Lobhudeleien“[14], denn in vielen Punkten sollte Cicero hierbei irren. Dies offenbarte sich spätestens, als sich der junge Caesar anschickte der alten res publica eines Cicero zuwiderzuhandeln. Nach dem Sieg bei Mutina[15] im Frühjahr 43 gegen Antonius standen nun die Truppen Octavians vor Rom und forderten für diesen anmaßende Ehrungen[16] und das Konsulat. Mit der Vereinbarung zum zweiten Triumvirat [17] zwischen Octavian, Antonius und Lepidus im Winter des gleichen Jahres erfolgte der nächste Schlag gegen die Ordnung der alten Republik. In den nachfolgenden Proskriptionen musste auch Cicero für seine Bürgschaft gegenüber Octavian mit dem Leben einstehen. Die Caesarmörder Cassius und Brutus wurden nun verfolgt und 42 v. Chr. zu Philippi gestellt. Es folgte die Aufteilung der römischen Provinzen 40 v. Chr. im Vertrag von Brundisium. Während Marc Anton in den Osten ging, um die dortigen Provinzen neu zu ordnen bzw. auszuschröpfen und einen Partherfeldzug vorbereitete, der 36 v. Chr. desaströs bei Carrae sein Ende finden sollte, verblieb Octavian zu Rom in einer prekären Lage[18]. Wieder aller Erwartungen konnte sich jedoch der junge Caesar mit Hilfe des strategischen Sachverstandes des Markus Agrippa behaupten. Dabei zeichnete sich Octavian durch ein erbarmungsloses und konsequentes Handeln aus. Der um Gnade flehenden Stadt Perusia soll dieser so erwidert haben: „Moriendum esse. – Es muss gestorben werden.“[19]. Ab 36 v. Chr. verschlechterte sich das Verhältnis zu Mark Anton zusehends. Beidseitig entbrannte ein regelrechter 'Propagandakrieg'. Hierzu äußerte sich P. Zanker sehr treffend: „Octavian und M. Anton benutzten die problematischen und ambivalenten griechischen Bilder und Zeichen so exzessiv, dass man den Eindruck gewinnt, hellenistische Könige stritten sich um das Imperium der Römer.“[20]. Höhepunkte dieses Konfliktes waren: ein ungerechtfertigter Triumph zu Alexandria nach dem Partherdisaster, die Verschenkung östlicher Reichsteile an Kleopatra VII. und ihre Kinder[21] und die Verlesung des Testaments Mark Antons, welches seine Beisetzung zu Alexandria an der Seite Kleopatras verfügte[22]. All dies gereicht letztlich zur Kriegserklärung Roms und Octavians an Kleopatra und indirekt damit an Antonius. Es folgt die Niederlage Mark Antons und Kleopatras in der Seeschlacht von Actium 31 v. Chr., worauf sich beide während der Einnahme Alexandrias durch eigene Hand richten. Und es verbleiben nur die Worte des Properz:

Wenn nur alle ein solches Leben führen und mit vom Wein beschwerten Gliedern ausgestreckt liegen wollten! Dann gäbe es kein grausames Schwert, keine Kriegsschiffe, und das Meer von Actium würde nicht mit den Gebeinen der Unsrigen spielen.“[23]

2.2 Augustus – der Erhabene

Octavian und mit ihm Rom haben obsiegt. Nun beginnt die Phase des Friedenskaiser Augustus und der Pax Romana. Im Jahr 27 v. Chr. legte Octavian all seine Ämter und Sondervollmachten, welche ihm zur Wiederherstellung der Republik überantwortet wurden, nieder, nur um diese aus den Händen des Senats drei Tage später am 16. Januar unter Verleihung des Ehrennamens Augustus zurückzuerhalten. Damit begann die Zeit des Principat s[24]. Die folgenden 43 Jahre der Herrschaft des Augustus standen fortan unter dem 'Deckmantel der republikanischen Bescheidenheit'[25]. Im Gegensatz zu der ersten Phase seines politischen Wirkens war nun Augustus darauf bedacht, sich als primus inter pares in Mäßigung zu üben[26]. Ungeachtet dessen blieb dem Princeps ein unerbittlicher und kompromissloser Wille zu Eigen, der in allen Belangen des Imperium s seinen Zugriff fand.

Dass dabei das Handeln und die Machtvollkommenheit des Augustus jeglicher altrepublikanischer Konvention spottete, zeigt sich neben seinen Maßnahmen als pater patriae [27] auch in seinen Verfügungen als pater familias. Dieses war deutlich von einem dynastischen Denken bestimmt, welches weit über das julisch-claudische Haus im eigentlichen familiären Sinne hinausging, sondern immer auch eine Frage der Nachfolge in der Staatsführung war. Frühzeitig wurden potentielle Prätendenten in der Nachfolge aufgebaut und herangezogen, so Claudius Marcellus, die Enkel des Augustus, Lucius und Gaius, und selbst Agrippa galt kurzweilig als nomineller (Interims-)Nachfolger bzw. 'Notfalllösung'[28]. Die einzige Tochter des Augustus Julia war dabei in von ihrem Vater immer wieder neu verfügten Ehearrangements als Spielball der väterlichen Nachfolgepolitik besonders gefordert[29]. Doch letztlich ist es die Lebenstragödie des Augustus, dass dieser all seine Zöglinge und Favoriten eigenhändig zu Grabe tragen musste. Selbige sind es auch, die noch vor Augustus ihre letzte Ruhe in dem von ihm in Auftrag gegebenen Mausoleum finden[30]. Angesichts einer offenen Erbfolge sah sich letztlich Augustus genötigt, die 'leidliche Kompromisslösung' Tiberius in Betracht zu ziehen, diesen als designierten Nachfolger aufzubauen und selbigen an Sohnessatt zu adoptieren. Als Augustus so am 19. August 14 n. Chr. dahinschied, folgte ihm Tiberius als Princeps nach.

2.3 Der erste Princeps wird zu Grabe getragen

Wenn euch das Ganze wohl gefallen hat, so klatscht Beifall, und gebt mir alle als Freunde das Geleit.[31]. Nach Sueton sind dies die letzten Worte, welche der im Sterben liegende Princeps an seine Lieben richtete, „dann schickte er alle fort und verschied unter den letzten Küssen Livias[32]. Das Geleit von Nola nach Rom gaben dem Leichenzug Angehörige des Ritterstandes. In der Vorhalle des Hauses des Augustus wurde der Leichnam aufgebart, während im Senat ein Wettstreit entbrannte im Bemühen um eine möglichst prachtvolle Ausrichtung der Beisetzungsfeierlichkeiten[33].

Den Ehrungen aber hat man das rechte Maß gesetzt und nur zwei Preisreden gehalten: die eine hielt Tiberius vor dem Tempel des göttlichen Iulius, die andere Drusus, vorn auf der alten Rednerbühne, und Senatoren trugen den Leichnam auf ihren Schultern zum Marsfeld, dort wurde er verbrannt

Die sterblichen Überreste sammelten die vornehmsten Angehörigen des Ritterstandes in der Tunika, ohne Gürtel und barfüßig auf und setzten sie im Mausoleum bei.[34]

Hiermit liefert Sueton nicht nur eine ausführliche Schilderung der Begräbnisfeierlichkeiten, sondern benennt auch den Ort der Beisetzung auf dem Marsfeld mit „ac Mausoleo“. Darüber hinaus führt er dies noch weiter aus mit den Worten:

Diesen Bau hatte er zwischen der Via Flaminia und dem Tiberufer in seinem sechsten Konsulat errichtet und Parkanlagen und Alleen rundherum anlegen lassen; schon damals hatte er diese dem Volk zur Nutznießung freigegeben.“[35]

Die Quellen lassen somit hinsichtlich der Lokalisierung des Mausoleums kaum Fragen offen. Ferner wird mit dem sechsten Konsulat des Augustus auch ein konkretes Jahr für die Errichtung des Mausoleums angegeben. Dies würde den Bau auf das Jahr 28 v. Chr. datieren[36], wobei aber Sueton offen lässt, ob es sich hierbei um den Baubeginn oder die Fertigstellung handelt.

Um abschließend noch ein Gefühl für das reizvolle städtebauliche wie natürliche Ambiente des Marsfeldes zu erhalten, sei auf die Worte Strabons verwiesen:

„… grünender Boden und der Kranz der Hügel über dem Fluss, der das Bild einer Theaterkulisse darbietet, ergeben einen Anblick, von dem man sich nur schwer trennt. Daher hat man auch, weil man diese Stelle als die weihvollste empfand, hier die Denkmäler der prominenten Männer und Frauen angelegt; Das bedeutendste ist das so genannte Mausoleum.[37]

3. Das Mausoleum des Augustus

Der Zustand des Mausoleums, welcher sich heute dem Besucher darbietet, geht vorrangig auf die Grabungstätigkeit und Bestandssicherung der 30er Jahre zurück. Allein die Tatsache, dass es keine Schwierigkeit darstellt, noch heute die Ruinen des Mausoleums im doch sehr stark überbauten Stadtgebiet Roms zu verifizieren, vermittelt bereits einen Eindruck von den monumentalen Ausmaßen dieses Baues. Folgend soll nun zunächst eine Vertrautheit mit den baulichen Überresten entstehen, um die Betrachtung auf die Rekonstruktionsvorschläge zu richten. Basierend auf den archäologisch fassbaren Bestand und im Einklang mit der schriftlichen Überlieferung, soll so ein Gesamteindruck vom Mausoleum und seinem baulichen Umfeld entstehen.

3.1 Zur Beschreibung des archäologisch fassbaren Baubestandes

Die heute noch erhaltenen Mauerringe des Mausoleums begrenzen den Bau in Etwa auf eindrucksvolle 90 m im Durchmesser[38]. Der Aufbau charakterisiert sich durch mehrere konzentrische Mauerringe unterschiedlicher Stärke, die sich um einen Kern in Form eines massiven Pfeilers RO gruppieren (Abb.3+4). Wohingegen die inneren Mauerringe R1 und R2 lediglich in ihren Fundamenten fassbar sind, erheben sich die äußeren Ringe noch immer auf eine imposante Höhe. Der am weitesten vom Kern entfernte Ring R5 erreicht so noch eine Höhe von 9 m. Die Ringe R4 bis R2 steigen gar noch auf eine Höhe von etwa 11,50 m empor[39]. Die Monumentalität dieses Bauwerkes ist somit unverändert und noch dieser Tage leicht ersichtlich. Auch der im Süden gelegene Eingang und der auf das Zentrum zulaufende Korridor K sind ohne größere Probleme zu verifizieren.

Hinsichtlich der architektonischen Konzeption fällt zunächst die Gliederung des Baues in zwei Segmente, einen inneren und äußeren Zylinder, auf. Der innere Sektor umfasst dabei den zentralen Pfeiler und die Mauerringe R1 und R2. Der äußere Sektor definiert sich durch die Ringe R3, 4 und 5, welche über Querstreben und nicht betretbare Kammern miteinander verbunden sind. Separiert von einander werden der äußere und innere Sektoren bzw. Zylinder durch einen Umgang, welcher zwischen R2 und R3 verläuft und selbige Mauerringe von einander trennt. Auf diesen umlaufenden Gang führte der Korridor K zu. Den direkten Zugang zum inneren Kern und damit zur eigentlichen Grabkammer versperrte dabei jedoch der zweite Mauerring. Zwei seitlich zum Korridor versetzte Durchgänge gestatteten die Passage an den innersten Mauerring R1 heran. Der Eingang zur Grabkammer liegt sodann wieder auf einer Achse mit dem Korridor K und dem äußeren Portal des Mausoleums.

Die Eingangsdisposition des Mausoleums zeichnet sich aus durch die enormen Dimensionen des Zugangsportals (Abb.5). Mit einer Höhe von 9 m und einer Breite von 4,5 m wirkt dieses regelrecht überdimensioniert im Verhältnis zur menschlichen Körpergröße. Der Platz vor dem Südeingang war mit weißem lunensischen Marmor ausgelegt. Gleichsam erstrahlte einst auch der gesamte Baukörper in makelosem Weiß, welche die rötliche Farbe der Ziegel des vorzüglich ausgeführten opus reticulatum (Abb.6)[40] verbarg. Marmorne Stufen überbrückten den Niveauunterschied zwischen Vorplatz und Eingangsportal. Weitere drei Stufen führen sodann auf das Niveau des Korridors empor. Dessen Wände und Tonnengewölbe waren ebenfalls mit weißem Marmor verkleidet. Alle inneren Bereiche des Mausoleums, welche betretbar waren, wiesen offensichtlich eine kostbare Marmorverkleidung der Wände auf. Doch auch die nicht betretbaren Bereiche verfügten immerhin noch über eine Verkleidung mit Travertin[41].

Die zentrale Kammer (Abb.7+8), welche als Ort der eigentlichen Grablege anzusprechen ist, wird definiert durch den zentralen Pfeiler sowie zwei Umgänge[42], die um selbigen herumführen. Die Fundamente der trennenden Zwischenmauer sind hierbei partiell noch fassbar. Überwölbt waren wohl beide Umgänge von einem Tonnengewölbe. Vorsprünge an der Innenseite des zweiten Mauerringes R2, welche auf einer Höhe von ca. 11 m zu verifizieren sind, legen dies nahe[43]. Die Wände der Grabkammer waren sodann in Nischen gegliedert, welche als Aufstellungsort der Urnenbehältnisse (Abb.9)[44] vorgesehen waren. Besondere Beachtung gebührt des Weiteren der enormen Mauerstärke[45] des Ringes R2. Zusammen mit dem zu vermutenden Tonnengewölbe[46] und dem massiven Innenpfeiler war somit dieser Bereich im Speziellen darauf ausgerichtet, ein enormes von oben einwirkendes Gewicht zu tragen. Dies legt nahe, dass der innere Zylinder in mehreren Etagen empor ragte und sich folglich der Platz für die Beisetzung noch einmal mindestens verdreifachte, denn die Umgänge und Nischen haben sich gewiss auf den oberen Etagen wiederholt[47]. Nur dies erklärt die Notwendigkeit für solch massive Mauern. In welcher Weise die oberen Stockwerke betretbar gemacht wurden, lässt sich heute hingegen nicht mehr feststellen. Weder Treppenaufgänge noch Rampen ließen sich fassen[48].

[...]


[1] Nach M. Giebel, Augustus (Hamburg 1984) 143.

[2] Gemäß dem verheißenden Ausspruch Verg. Aen. 6, 847-853:“tu regere imperio populos, Romane, memento …”.

[3] Vgl. z.B. K. Christ, Krise und Untergang der römischen Republik 6(Darmstadt 2008).

[4] Als Klientelkönig konnte sich dieser noch als Herrscher verstehen und folglich seine Grabstätte als Herrschergrab gelten; zum Herodeion vgl. z.B. A. Lichtenberger, Palast, Grab oder Palastgrab. Wo im Herodeion befindet sich das Grab des Herodes?, In: J. Gebauer u. a. (Hrsg.), Bildergeschichte. Festschrift Klaus Stähler (Möhnesee 2004).

[5] Naqš-e Rostam – vgl. z.B. R. Schmitt, The old Persian inscriptions of Naqsh-i Rustam and Persepolis (London 2000) oder J. Lendering, Naqsh-i Rustam (Amsterdam 2009).

[6] Zum nachantiken Schicksal des Mausoleum vgl. C. Guinomet, Mausoleum des Augustus. In: C. Strunck (Hrsg.), Rom. Meisterwerke der Baukunst von der Antike bis Heute (Petersberg 2007) 34-36.

[7] Cam pus Martius antiquae urbis. (1762); vgl. P. Lamers-Schütze, Giovanni Battista Piranesi (Köln 2006).

[8] H. v. Hesberg / S. Panciera, Das Mausoleum des Augustus. Der Bau und seine Inschriften (München 1994).

[9] Als neuste Monographie: W. Dahlheim, Augustus. Aufrührer – Herrscher – Heiland, Eine Biographie (München 2010) oder Z. Yavetz, Augustus. Eine Biographie (Hamburg 2010).

[10] Friedrich II. von Preußen. Der Antimacchiavell, 1739 – nach Giebel 1984, 143.

[11] Dieser hatte sich Caesars Besitz angeeignet und verstand sich als dessen politischer Nachfolger – vgl. U. Gotter, Der Diktator ist tot. Politik in Rom zwischen den Iden des März und der Begründung des zweiten Triumvirats (Stuttgart 1996).

[12] So nimmt Octavian den Namen Caesar an und bezeichnet sich als DIVI F(ilius) in der Münzprägung (vgl. z.B. RRC 531/1); auch wird der Bau eines Tempels für den Divus Iulius auf dem Forum gelobt (RRC 540/2 oder Cass. Dio 47, 18, 4) und im Jahr 29 v. Chr. vollendet (Cass. Dio 51, 21; Res gest. div. Aug. 21).

[13] Cic. Phil. 5,50: „Nichts ist dem jungen Mann wichtiger als die res publica, als eure Autorität, als die gute Meinung der Patrioten, als wahrer Ruhm. Ja ich wage es sogar, euch, der res publica und dem römische Volk mein Wort dafür zu verpfänden, mich dafür zu verbürgen,….“ oder Cic. Phil. 5, 16,42: Sulla uns Pompeius; Cic. Phil. 5, 17,48: Alexander d. Gr

[14] P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder (München 1987) 47.

[15] Marc Anton wurde geschlagen, jedoch blieben die Konsuln Hirtius und Pansa auf dem Schlachtfeld zurück – zum Staatsgrab des Hirtius und Pansa auf dem Marsfeld vgl. Anm.144.

[16] U. a. ein goldenes Reiterstandbild per SC für Octavian (RRC 490/1) – vgl. Zanker 1987, 46f., Abb.29, 30.

[17] tres viri („drei Männer“), die zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele zusammenarbeiteten, um ein Machtmonopol zu schaffen – vgl. J. Bleicken, Zwischen Republik und Prinzipat. Zum Charakter des Zweiten Triumvirats (Göttingen 1990).

[18] Unter der Seeblockade der Piratenschiffe des Sextus Pompeius, Aufstände in Rom und Italien

[19] Suet. Aug. 15.

[20] Zanker 1987, 42; besonders gut zu fassen in der Münzprägung Octavians und Mark Antons.

[21] RRC 543/1: Av. Büste des Antonius – ANTONI ARMENIA DEVICTA; Rev. Büste der Kleopatra – CLEOPATRAE REGINAE REGVM FILIORVM REGVM (34 / 33 v. Chr.).

[22] Suet. Aug. 17.

[23] Prop. 2, 15,39-47.

[24] Basierend auf der tribunicia potestas und dem imperium proconsulare maius – vgl. J. Bleicken, Die Verfassung der Römischen Republik ³(Paderborn 1982) 126-139.

[25] Besonderes Augenmerk legte Augustus auf seine Bescheidenheit (modestia) und Selbstbeschränkung (temperantia) – vgl. Res gest. div. Aug. 5: „Dictaturamnon recepiConsulatumperpetuum non recepi.“ oder Res gest. div. Aug. 6: als Einzelner mit höchsten Machtbefugnis zum Wahrer von Gesetz und Sitten gewählt zu werden, lehnte er ab – „contra morem meiorum“ sei kein Amt von ihm angenommen worden.

[26] Z.B. hebt die Bescheidenheit des Hauses des Princeps besonders hervor Suet. Aug. 72.

[27] Res gest. div. Aug. 1,1 – vgl. M. Strothmann, Augustus – Vater der res publica (Diss. Univ. Bochum 1997) 73-108.

[28] Während einer schweren Erkrankung des Augustus 24 v. Chr. übernahm dieser zahlreiche Ämter und Gewalten; nach dem Tod des Marcellus 23 v. Chr. wurde Agrippa in zweiter Ehe mit Julia, der Tochter des Augustus, vermählt.

[29] E. Fantham, Julia Augusti. The emperor’s daughter (London 2006) 92-108.

[30] Marcellus (23 v. Chr.), Agrippa (12 v. Chr.), Drusus (9 v. Chr.), Lucius Caesar (2 n. Chr.), Gaius Caesar (4 n. Chr.).

[31] Suet. Aug. 99,1.

[32] Suet. Aug. 99,1.

[33] Suet. Aug. 100,2.

[34] Suet. Aug. 100,3-4.; hierzu auch Cass. Dio. 56, 42.

[35] Suet. Aug. 100,4: „Id opus inter Flaminiam viam ripamque Tiberis sexto suo consulatu exstruxerat circumiectasque silvas et ambulationes in usum populi iam tum publicarat.“.

[36] Vgl. z.B. Die Liste der Konsuln der Kaiserzeit nach I. König, Der römische Staat II. Die Kaiserzeit (Stuttgart 1997) 479.

[37] Strab. 5, 3,8.

[38] Vgl. Hesberg 1994, 51: gibt eine Gesamtfläche des Bezirkes von 400 röm. Fuß (118,4 m²) an; H. v. Hesberg, Das Mausoleum des Augustus – der Vater des Vaterlandes und sein Grabmal. In. E. Stein-Hölkeskamp und K-J. Hölkeskamp (Hrsg.), Erinnerungsorte der Antike. Die römische Welt (München 2006) 341: nennt einen Durchmesser von max. 90 m; G. Q. Giglioli, II Sepolcreto Imperiale, Capitolium 6, 1930, 551f.: gibt 87 m an.

[39] Vgl. Hesberg 1994, 7: benennt hier die Höhe der Umgänge zwischen RO und R2.

[40] Die Tuffsteineinlassungen im pyramidalen Zuschnitt sind besonders dicht aneinander ausgerichtet, so dass kaum größere Fugen zu sehen sind, was für ein qualitatives Handwerk spricht – vgl. zu den Bautechniken: H. O. Lamprecht, Opus caementitium. Bautechnik der Römer ²(Düsseldorf 1984).

[41] lapis tiburtinus, ein weißer Kalkstein gebrochen zu Tibur, etwa 32 km östlich von Rom.

[42] Der erste Mauerring R1, welcher die Umgänge trennt, ist hierbei nur noch partiell in seinen Fundamenten fassbar.

[43] Vgl. Hesberg 1994, 7.

[44] Vgl. Hesberg 2000, 353: nur die Urnenbehälter für Octavia und die ältere Agrippina haben sich erhalten; weiterführend vgl. Hesberg 1994, 29f

[45] Vgl. S.12 dieser Arbeit – 3.3 Zur Rekonstruktion an Hand des archäologisch fassbaren Befundes.

[46] Hierdurch konnten die von oben lastenden Kräfte über die Wölbung seitlich auf die Mauern abgeleitet werden.

[47] Vgl. Hesberg 1994, 179, Abb.2: zum rekonstruierten Schnitt.

[48] Vgl. Hesberg 1994, 7 – wohingegen G. Gatti, Nuove osservazioni sul Mausoleo di Augusto. In: L’Urbe III (1938) 16 eine Treppe in das obere Stockwerk fordert, ohne diese in ihren Funden fassen zu können.

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Das Augustusmausoleum
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Altertumswissenschaften )
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
41
Katalognummer
V203641
ISBN (eBook)
9783656299431
ISBN (Buch)
9783656300700
Dateigröße
26758 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Augustus
Arbeit zitieren
Hendrik A. Wagner (Autor:in), 2011, Das Augustusmausoleum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203641

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