Wandel, sozialer Bezug, Umwelt

Reflexionen zu aktuellen Herausforderungen und Bewährungsfeldern


Fachbuch, 2012

189 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Themenkreis 1: Wandel, Entwicklung, Entfaltung
Entfaltung und Rückbindung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Dichotomie des Menschen 14 Entfaltung der Persönlichkeit
Rückbindung zu sozialen Gebilden
Gleichgewicht als erstrebtes Ziel
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Bildung und Entwicklung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Bildung
Individuelle Entfaltung
Wechselbeziehungen
Perspektiven
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Entwicklung, Einflüsse, Ergebnisse
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Gesellschaftliche Entwicklung
Vordenker, Querdenker und aktiv Handelnde
Behinderungen und Verhinderungen
Erzielte Ergebnisse
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Person, Persönlichkeit, Selbstverständnis
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Person und Persönlichkeit
Stellenwert und Selbstverständnis aus christlicher Sicht
Konsequenzen
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Mensch und Wandel
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Gleichheit und Differenziertheit des Menschen
Wandel als hochaktuelles Phänomen
Menschliche Bewältigung des Wandels
Chancen und Risiken, Gelingen und Misslingen,
Ergebnisse als Ausgangspunkte
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche

Themenkreis 2: Mensch, Mitmensch, sozialer Bezug
Mensch und Mitmensch
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Mensch
Mitmensch
Begegnungen als Bereicherungen
Belastungen aus Begegnungen
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Mitmensch und sozialer Bezug
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Mitmensch in seiner Vielfalt
Sozialer Bezug zum Mitmenschen
Differenzierung und Konsequenzen
Offene Fragen
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Sozialverhalten und Wandel
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Sozialverhalten
Wandel und Sozialverhalten
Zeitgeist
Individuelle Positionierung
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Mensch und differierende Gruppierungen
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung…
Einbindung des Menschen
Konkurrierende Interessen und Erwartungen
Verantwortung der eigenen Person gegenüber
Entscheidungen, Verantwortung, Konsequenzen
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Miteinander als langfristig erfolgversprechende Option
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Bestehende Alternativen
Ethische Forderungen
Individuelle Wertentscheidungen
Resultierendes Verhalten
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche

Themenkreis 3: Individuum, Umwelt, Verantwortung
Individuum und Umwelt
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung…
Individuum als Teil und Gegenüber der Natur
Individuum als naturbeeinflussend Handelnder
Segen und Fluch menschlichen Handelns.…
Umwelt als Aufgabe
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick .…
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Umwelt und Verantwortung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Verantwortung.…
Mensch zwischen Optionen
Grenzen des Verantwortbaren
Beschränkung als Antwort?
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick .…
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Nachhaltigkeit und deren ethische Fundierung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Konzept der Nachhaltigkeit .…
Nachhaltigkeit und ethische Fundierung
Chancen, Grenzen und Gefahren
Globale Perspektive
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Gesellschaftliche Perspektiven
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung…
Gesellschaftliches Erkennen
Gesellschaftliches Handeln
Gesellschaftliches Bewältigen
Gesellschaftliche Perspektiven
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Konsequenzen und Forderungen an uns und Andere
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Konsequenzen und Forderungen an uns selbst
Konsequenzen und Forderungen an Andere
Utopie
Realistische Perspektive
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Mensch, Orientierung, Transzendenz
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Mensch, Heterogenität, Orientierung
Mensch und Transzendenz
Mensch in Entwicklung
Mensch und Erkenntnisgrenzen
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche

Anhang

Vorwort

Unsere heutige Zeit hält viele Herausforderungen bereit. Sich über eigene Grundpositionen klar zu werden, erscheint daher zur Sicherung eines ver­ant­­wortungsbewussten Handelns geboten. Die Herausforderungen begegnen uns jeden Tag, tragfähige Antworten zu finden aber macht Mühe.

Schließlich wissen wir um die Relativierung des Normenhorizonts in unse­rer Gesellschaft. Wir wissen um die Orientierungskrise bei vielen Mit­bür­gern. Die Dinge treiben zu lassen erscheint da ebenso wenig hilfreich, wie die Feststellung, dass sowieso alles egal sei.

Das vorliegende Buch unternimmt den Versuch, zu wesentlichen Herausfor­derungen unserer Zeit Grundpositionen als Diskussionsgrundlage bereit zu stellen und damit Reflexion anzuregen. Es unternimmt von einem für richtig erachteten Ausgangspunkt aus schlüssig zu argumentieren.

So gehen die Ausführungen in den einzelnen Kapiteln auf zentrale Themen­kreise ein. Dies sind die Themenkreise

- Wandel, Entwicklung, Entfaltung,
- Mensch, Mitmensch, sozialer Bezug,
- Individuum, Umwelt, Verantwortung.

Die Auseinandersetzung mit Wandel, Entwicklung und Entfaltung tangiert das mensch­­liche Sein im Rahmen der Veränderung. Mensch, Mitmensch, so­zi­a­ler Bezug befasst sich mit dem Verhältnis zu Bezugspersonen. In­divi­du­um, Umwelt, Ver­antwortung unternimmt hingegen den Versuch, die Le­bens­grundlage und die Ver­antwortung für sie zu hinterfragen.

Ziel der Ausführungen ist es, zum Nachdenken anzuregen und Grundlagen für ver­tiefte Auseinandersetzungen zu schaffen. Denn wer gedanklich auf dem Weg ist, der hat bereits einen Teil des erforderlichen Weges geschafft.

Jeder der einzelnen Beiträge in den drei Themenkreisen ist in sich abge­schlos­sen und doch ergibt sich eine wech­selseitige Bezogenheit der Ausfüh­run­gen. So bleibt die Hoff­nung, dass die jeweilige Leserin und der jeweilige Leser Gewinn aus den Ausführungen zie­hen möge.

Wer sich der Herausforderung stellt, der steht immer wieder neu am Anfang. Doch die vertiefte Auseinandersetzung mit Gegebenheiten weitet den Blick und fasziniert, denn je tiefer man bohrt, desto interessanter wird es.

All Jenen, die mir im Zusammenhang mit dieser Publikation Anregun­gen gegeben und mich dadurch unterstützt haben, sei an die­ser Stelle herzlich gedankt.

Fürth, im Herbst 2012

Prof. Dr. Alfons Maria Schmidt

Themenkreis 1:,
Wandel, Entwicklung, Entfaltung

Entfaltung und Rückbindung

Bildung und Entwicklung

Entwicklung, Einflüsse, Ergebnisse

Person, Persönlichkeit, Selbstverständnis

Mensch und Wandel

Entfaltung der Persönlichkeit und Rückbindung

zu sozialen Gebilden als gleichzeitiger Auftrag

Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung

Die Entfaltung der Persönlichkeit und die Suche nach Selbstverwirklichung korrespondiert mit dem Streben des Menschen, nach neuen Ufern aufzu­bre­chen, Grenzen auszuloten, Unbekanntes zu entdecken und Möglichkeiten zu erproben. Es ist dies ein Sich einsetzen, um seinen Ort im Leben zu finden. So ringt das Streben nach Freiheit und Ungebundenheit mit der Notwendig­keit, auf An­dere Rücksicht zu nehmen und im Rahmen des sozialen Bezugs Be­schrän­kungen in Kauf zu nehmen.

Freiheit und Beschränkung sind denn auch Eckpfeiler, zwischen denen wir uns bewegen. Da erscheint es sinnvoll, beiden Zielausrichtungen und den menschlichen Notwendigkeiten nachzuspüren; da erscheint es sinnvoll, das mensch­liche Sein in seiner Zerrissenheit zu hinterfragen. Denn die Klärung der in dem angedeuteten Spannungsfeld eingenommenen Position schafft uns Klarheit für unseren individuellen Weg.

Klarheit aber ist die Voraussetzung dafür, Konsequenzen auszuloten und bewusste Entscheidungen zu tref­fen, um dann die Konsequenzen aus un­se­ren Entscheidungen auf uns zu nehmen. Nicht die eine Orientierung alleine bringt uns die Lösung, sondern nur die angemessene Berücksichtigung bei­der Erfordernis­se.

Alle in diesem Zusammenhang aufscheinenden Fragen werden wir innerhalb eines kurzen Beitrages nicht beantworten können. Aber auch der Versuch, ei­nen Überblick zu gewinnen und Grundlegendes bewusst zu machen er­scheint uns als interessante Herausforderung, der wir uns stellen wol­len.

Grundlegendes steht also auf unserem Programm. Nicht, dass wir uns vor detaillierten Fragen drücken wollten. Doch scheint der erste Schritt vor den weiter folgenden Schritten angemessen und erforderlich, damit wir uns auf das Licht am Ende des Tunnels zu bewegen, uns der angestrebten per­sön­li­chen Klarheit behutsam und ernsthaft annähern.

Wir tun dies in der Gewissheit, dass unsere Antwort auf die Frage nach der angemessenen Positionierung im Spannungsfeld zwischen Selbstentfaltung und gemeinschaftlichem Rückbezug nur unsere eigene Antwort sein kann, die allerdings Andere auf ihrer Suche unterstützen kann, deren eigenen Weg zu finden.

So geht es uns darum, Licht ins Dunkel zu bringen. Es geht uns darum, je­nes Spannungsfeld auszuloten. Wo stehen wir, wo wollen wir stehen und wo wollen uns Andere stehen sehen? Wiederum kann die Antwort hierauf nur individuell gegeben werden. Doch von Grundlegendem und den Positionie­run­gen Anderen zu erfahren hilft uns, in unserem eigenen Suchprozess vo­ran zu kommen.

Neben dem Aufzeigen grundlegender Erkenntnisse soll klar heraus gearbei­tet werden, dass wir uns – ausgehend von der Dichotomie des Menschen, der Betrachtung des menschlichen Strebens nach Entfaltung und der Angewie­sen­heit auf Gemeinschaft – um jene individuelle Positionierung nicht herum drücken können.

Gleichgewicht als erstrebtes Ziel, Ausgleich zwischen widerstreitenden Op­tionen, ist dies für uns ein sinnvoller Weg? Wir werden uns auf eine Antwort hierauf zubewegen und hoffentlich in unserer Erkenntnis voranschreiten. Dann war unser Bemühen unseres betriebenen Aufwandes wert.

Dichotomie des Menschen

Im Menschen ist sowohl das Streben nach Selbstentfaltung und Selbstver­wirk­lichung, als auch das angewiesen Sein auf Andere angelegt. Schon ein Kleinkind will die Welt entdecken und seinen Platz in dieser Welt finden. Schon ein Kleinkind ist sich dessen gewiss, dass die liebende Fürsorge der Eltern jene Geborgenheit und Sicherheit gibt, die eine beabsichtigte Öffnung zur Welt hin erst ermöglicht.

Individuen ohne soziale Rückbindung sind denn auch nicht überlebensfähig. Sie kön­nen sich nicht zur entfalteten Persönlichkeit hin entwickeln. Und ein­sei­tige Aus­richtung auf die Anderen, lässt jene so wichtige Individualität des Ein­zelnen ver­küm­mern. Hospitalismus und angepasste, zu eigen­verantwort­lichem Handeln unfähige oder unfähig gemachte Mitmen­schen, aber auch ausufernde Ichbezogenheit lassen die Frage nach dem Wesen und der Be­stim­mung des Menschen aufscheinen.

Ist der Einzelne Original oder ist er eine Kopie? Ehrlicherweise müssen wir hier bekennen, dass beides im Menschen Platz findet und dies ist auch gut so. Denn die Gemeinschaft profitiert von den Stärken des Einzelnen, wie der Einzelne von der Rückbindung zu sozialen Gebilden. Diese geben schließ­­lich Rückhalt und Orientierung, sie verschaffen Sicherheit und bie­ten Maßstäbe an, in sie kann man sich in der Gewissheit fallen lassen, nicht alleine zu sein.

Aus dem Vorgenannten ergibt sich ein Zielkonflikt zwischen widerstrei­ten­den Optionen. Wird der individuellen Entfaltung der Persönlichkeit Vorrang ein­geräumt, oder steht der Einbindung in soziale Gebilde ein Primat zu? Da­rü­ber lässt sich trefflich streiten. Diese Auseinandersetzung geschieht vor dem jeweiligen kulturellen Hintergrund, vor der prägenden gesellschaftlichen Aus­rich­tung.

So tendieren Bewohner der Vereinigten Staaten von Amerika stärker in Rich­tung der Entfaltung der individuellen Persönlichkeit, während Mitbürger im Kaiserreich Japan traditionell einer Einbindung in soziale Gebilde Vorrang einräumen. Wir in der Bundesrepublik Deutschland präferieren dem gegen­über ein Gleichgewicht zwischen den beiden Polen, auch wenn tendenziell der amerikanisch Einfluss zu einer Verschiebung geführt hat.

Beide Ausrichtungen innerhalb des Spektrums zeitigen positive und nega­tive Aspekte. Ist es auf der einen Seite der größere individuelle Freiraum und die reduziert wahrgenommene soziale Verantwortung, so steht auf der anderen Seite dem Bewusstsein der Bedeutung des sozialen Bezuges und der Ver­ortung als Teil eines größeren Ganzen ein Normierungsdruck ge­gen­über, der ein Ausbrechen aus der Norm negativ sanktioniert.

Ungeachtet der kulturell geprägten Heimat lassen sich jenen vorbefindlichen Stärken und Schwä­chen allerdings aus- bzw. abbauen. Insoweit erscheint Reflexion und Entfaltung der Persönlichkeit auf der Agenda verantwortungs­bewussten individuellen Seins. Damit wird der Rückbezug zu sozialen Ge­bilden anerkannt, das individuelle Wachsen und sich Entfalten aber nicht ausgeschlossen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Abbildung 1: Individuum zwischen Entfaltung, Rückbindung und Glaubenswelt

Quelle: selbst erstellt

„Freiheit in Verantwortung“ lautet die Maxime. Und daran sich zu orientie­ren, dass Freiheit wahrgenommen werden soll, dabei aber auf Andere Rück­sicht zu nehmen ist, erscheint durchwegs begründet und vernünftig. Denn ein Überschreiten der Freiheit auf Kosten anderer führt im Gegenzug zu einer Einschränkung der Freiheit für einen selbst – jedenfalls wenn wir jenen Anderen die gleichen Möglichkeiten zubilligen und zubilligen müssen, die wir für uns in Anspruch nehmen.

Insoweit stellt der kategorische Imperativ Kant´s einen Fort­schritt der Er­kenntnisse dar, hinter den zurückzufallen von Übel ist. Krasser Ego­is­mus auf Kosten der Freiheit Anderer führt auf lange Sicht nun einmal zu einer Beschneidung der Freiheit für Alle – und dies aus gutem Grunde. So kommt es darauf an, dass langfristig der Friede be­wahrt und relative Gerechtigkeit gewährleistet wird.

Entfaltung der Persönlichkeit

„Unter der Persönlichkeit eines Menschen wird in der Alltagspsychologie die Gesamtheit aller seiner Eigenschaften (Dispositionen und Gestalteigen­schaf­ten) verstanden, in denen er sich von anderen Menschen unterscheidet“. (Asendorpf 2007) oder um mit Eysenck zu sprechen: „Per­sönlichkeit ist die mehr oder weniger stabile und dauerhafte Orga­ni­sa­tion des Charakters, Tem­peraments, Intellekts und Körperbaus eines Men­schen, die seine ein­zig­artige Anpassung an die Umwelt bestimmt“. (Eysenck 1997)

Dem gegenüber stellt Freud auf das Ich, das Überich und das Es ab. „Jedes (dieser Systeme) hat seine eigene Funktion und seine eigene Dynamik, aber es be­steht doch eine enge Wechselbeziehung zwischen ihnen“. (Correll 1976, 13-15). Für Hermann ist „Persönlichkeit ein bei jedem Menschen ein­zigartiges, relativ stabiles und den Zeitablauf überdauerndes Verhaltens­korrelat“. (Hermann 1976)

Um mit Arnold zu sprechen ist„Person (schließlich) die Basis für Persön­lichkeit. Das ei­­ne ist man das andere wird man“. (Arnold, W. 1969, 351) Da­mit ist Persön­lichkeit „die Individualität jedes einzelnen Menschen, der einen besonderen Charakter, Intellekt oder (ein besonderes) Temperament auf­weist, besser definiert als die Ge­samteigenschaften einer Person, durch die er sich von anderen Menschen ab­­hebt.“ (http://www.stangl.eu/psychologie/ definition/Persoenlichkeit.shtml)

Entfaltung steht für das Ergebnis einer selbstgesteuerten Entwicklung des individuellen Seins. Wie erblühte Blumen treten uns Andere in ihrer Sub­jekt­eigenschaft und in ihrer besonderen Ausgestaltungsform gegenüber. Die­s­es Ergebnis rührt von der bei jedem Mitmenschen einzigartig durch An­la­gen und Um­­welteinflüsse gebildeten, in Entwicklung befindlichen Persön­lich­keit her.

Der Mensch ist insoweit stets ein Werdender und seine aktuelle Entwicklung ist eine Zwischenstufe im Lebenslauf. Da ist schon von entscheidender Be­deu­tung, welchen Einflüssen das Individuum ausgesetzt ist und welche Er­fahrungen es macht. Sie haben Einfluss auf den persönlichen Einsatz zur Entfaltung von Anlagen und auf die jeweilige Positionierung.

Dass hier der Eine stärker an der Entfaltung seiner Persönlichkeit interes­siert ist als ein Anderer, lässt sich leicht nachvollziehen. Das personale Selbst kann dem entsprechend mehr oder weniger stark bewusst wahrge­nom­men und reflektiert sein und insoweit mehr oder weniger an Autonomie einfordern.

Die Entfaltung der individuellen Persönlichkeiten bei den uns gegenüber tretenden Bezugspersonen erbringt uns eine Vielfalt, die als Bereicherung der sozialen Bezüge be­trachtet werden kann – wenn auch einzelne der uns gegenüber tretenden Personen „allzu bunte Vögel“ sind, oder nur als ab­schrec­kendes Beispiel die­nen können.

Differenzierung kommt den auch den vielgestaltigen Rahmenbedingungen, Herausforderungen, Anlagen und Neigungen entgegen, die einen höchst indi­viduellen Weg und ein höchst individuelles Ziel als Folge der Subjektstellung des Menschen und seines personalen Selbst nach sich ziehen.

Die unterschiedlichen beruflichen Ansatzmöglichkeiten stehen im Einklang mit dieser personalen Diffe­ren­zierung. Wer wollte schon einen Einheits­men­schen, der quasi die Kopie von Anderen wäre? Auch brauchen wir nicht nur Professoren einerseits und Müllwerker andererseits.

Rückbindung zu sozialen Gebilden

Unter sozialen Gebilden verstehen wir abweichend von der Begrifflichkeit der Soziologie beständige Gruppen von Menschen, die

- gemeinsame Ziele verfolgen,
- Zusammengehörigkeitsgefühl entfalten,
- Gruppennormen besitzen,
- zielorientiertes Handeln aufweisen,
- förderliche äußere Bedingungen haben und einer
- Führung unterliegen. (vgl. Schmidt 2011, 27)

Insoweit unterscheiden sich Gruppen von Ansammlungen von Menschen, die eher zufällig zur gleichen Zeit am gleichen Ort einander begegnen. Aus­ge­hend von der Familie über die Gemeinschaft in der Schule, der Kirche, dem Arbeitsle­ben bis zu Vereinen stoßen wir auf Gruppierungen, in denen wir unseren Platz zu finden aufgerufen sind.

Zwischen dem Individuum und sozialen Gebilden und zwischen den sozialen Gebilden in denen wir stehen können sich aus unterschied­lichen Aus­rich­tungen auch Spannungen ergeben, die es durch Veränderung beim Einzel­nen oder der einen oder anderen Gruppierung in Harmonie aufzulösen gilt.

Rückbindung bedeutet sodann Pflege einer Beziehung zu sozialen Gebilden. Diese Beziehungspflege entfaltet in beide Richtun­gen Wirkungen. So wie die jeweilige Gruppierung den Einzelnen prägt, prägt dieser im Gegenzug auch die ins Auge gefasste jeweilige Gruppe. Bereits ein kleines Kind fügt sich in die Familie ein, wie es auch seine individuellen Wünsche zur Geltung zu kommen lassen sucht.

Wir erkennen im Übrigen, dass wir bei einzelnen Gruppen nicht aus dem Wunsch he­raus eingebunden sind, sondern aus Notwendigkeit und diese Gruppen nicht ohne persönlich Schaden zu nehmen verlassen werden kön­nen. Bei selbst ge­wähl­ten Grup­pierungen ist dies in der Tat anders. Doch auch hier entwickelt sich eine emotionale Heimat, deren Verlust schmerzt.

Rückbindung ist insoweit Aufgabe und Chance. Sie ist sowohl Belastung als auch Freu­de und an dieser Rückbindung sollte man fortlaufend arbeiten. Nur dann wird es gelingen, in den Unwägbarkeiten des Lebens jene Position und jene Ein­bindung zu finden, die relatives Wohlbefinden hervorruft. Ab­solutes Wohlbe­finden und die Erfüllung aller individuellen Wünsche sind und bleiben wohl für erwachsene Menschen unangemessene Träume.

Rückbindung gibt Orientierung, lässt Maßstäbe im sozialen Miteinander er­kennen, offeriert Rückhalt und Unterstützung und bietet zuweilen auch emo­tionale Wär­me. Dinge also, die wir Individuen als Gewinn erfahren, wenn auch Konflikte nicht ausbleiben.

So sind positive und negative Auswirkungen von Rückbindungen zu kon­sta­tie­ren und gegeneinander abzuwägen. So ist bewusst zu entscheiden, inwie­weit man bereit ist, im sozialen Bezug mit Anderen Kompromisse einzugehen und sich anzupassen und wo man der Wahrung der personalen Identität, der In­di­vidualität und dem Streben nach Selbstverwirklichung den Vorzug geben sollte.

Auswirkungen der Rückbindung begegnen uns fortlaufend. Es sind dies teils unverzichtbare, teils bereichernde, teils belastende und teils unzu­mutbare Auswirkungen, auf die wir uns individuell einzustellen und gegen­über denen wir uns zu positionieren haben.

Gleichgewicht als erstrebenswertes Ziel

So erscheint ein Gleichgewicht zwischen Entfaltung der Persönlichkeit und Streben nach Selbstverwirklichung einerseits und Rückbindung zu sozialen Gebilden andererseits angezeigt. Es überfordert weder den Einzelnen, noch die Gruppe. Es trägt sowohl individuellen Vorstellungen und Hoffnungen ge­genüber der Gruppe, als auch den von der Gruppe gegenüber dem Einzelnen gehegten Erwartungen Rechnung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2:

Der Einzelne innerhalb sozialer Gebilde

Quelle: selbst erstellt

Gleichgewicht steht dabei für Ausgeglichenheit . In der Psychologie interpre­tiert man dies als einen stabilen psychischen Zustand, für ein mit sich und der Welt im Reinen sein. Jenes Gleichgewicht gibt individuelle Sicherheit, es trägt und hält. Aus dieser Kraft erwachsen Zutrauen und Zuversicht, Phä­no­mene also, die uns helfen, unser Leben angemessen zu gestalten und es unge­ach­tet auftauchender Probleme auch zu bewältigen.

Gleichgewicht ist insoweit eine erfolgsbegünstigende Erscheinung. Unnöti­ge Kämpfe werden so vermieden, produktiv nutzbare Kraft nicht verschwendet. Sind wir uns dessen immer auch bewusst? Vermutlich wird uns manchmal erst zu einem späteren Zeitpunkt bewusst werden, an welchem Schräubchen drehen zu wollen angesichts dessen zwischenzeitlicher Unbeweglichkeit sinn­­­­­­los erscheint.

Gleichgewicht als Aufgabe bedeutet aber nicht, uns überall in der Mitte zwi­schen Selbstentfaltung und Rückbezug einzuordnen. Denn ein Gleich­ge­wicht in der Gesamtbetrachtung ver­hin­dert nicht differierende Standpunkte und Ver­haltensweisen in den zur Ent­scheidung anstehenden höchst unter­schied­li­chen Teilgebieten mensch­li­chen Seins. Insoweit können wir von einer Dif­fe­renzierung im glo­ba­len Gleich­gewicht sprechen.

Auch lässt sich Selbstentfaltung in und mit der Gruppe realisieren und nicht nur gegen sie oder an ihr vorbei. Letztlich werden hier differierende mensch­liche Schwer­punktsetzungen aufgrund der Individualität des Einzel­nen wirk­sam. In diesem Zusammenhang wird für uns wiederum die unverwechsel­bare ganz ei­ge­ne Per­sön­lichkeit der betrachteten Person erkennbar.

Berücksichtigung von Entfaltung und Rückbindung und Erlangung eines Gleichgewichtes wird angesichts individuellen Wachsens und Verände­run­gen bei Rahmenbedingungen und Herausforderungen immer wieder neu Auf­gabe und Herausforderung sein.

Fehlende Abstimmung zwischen Entfaltung und Rückbindung führt zu er­kennbaren Defiziten bei der betroffenen Person.

- Wird die eigene Entfaltung gegenüber den Gruppeninteressen zurück ge­stellt, so bleibt der Einzelne hinter seinen Möglichkeiten und seinen Akzentsetzungen, welche auch für die Gruppe bereichernd sein können, zu­rück.
- Wird andererseits die personale Selbstverwirklichung zu Lasten der Er­fordernisse und Zumutungen der Gruppe präferiert, so kommt der Be­trof­fene ins Abseits und muss auf den Rückhalt und die Sicherheit aus der Einbindung in ein soziales Gefüge verzichten.

Schwierig wird es, wenn die an eine Person gerichteten Erwartungen der sozialen Bezüge in unter­schied­lichen Gruppen zu widersprüchlich sind und nicht in Einklang gebracht werden können. Im Zuge der Rollentheorie spre­chen wir hier von Rollenzumutungen, mit denen umzugehen, im Lebenslauf letztlich gelernt werden muss (vgl. Zieger 2009).

Lösung kann hier eine eigenverantwortliche Rolleninterpretation bieten, wel­che das Streben nach autonomer Entfaltung, aber auch die mit der Rück­bindung verbundenen möglichen Beschränkungen berücksichtigt. Erfüllung in der Rückbindung wäre natürlich ein Idealzustand, von dem wir allerdings nicht immer so ohne weiteres ausgehen können.

Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick

Ausgehend von den Gründen der Auseinandersetzung mit der gewählten Themenstellung, der Abgrenzung und Zielbestimmung haben wir die Anla­gen des Menschen betrachtet, sind auf einen Zielkonflikt gestoßen und haben Konsequenzen hieraus beleuchtet. Nun wissen wir, dass wir an der Dichotomie des Menschen nicht vorbeikommen.

Im Zuge einer Betrachtung der Entfaltung der Persönlichkeit und des Stre­bens nach Selbstverwirklichung sind wir auf Persönlichkeit und Entfaltung eingegangen und haben Differenzierung als Ergebnis der Unterschiedlichkeit von Menschen herausgefunden. Hinsichtlich der Rückbindung des Einzel­nen zu sozialen Gebilden haben wir uns soziale Gebilde vor Augen geführt und Rückbindung thematisiert, um schließlich auf sich ergebende Auswir­kun­gen zu stoßen.

Zu guter Letzt haben wir uns das anzustrebende Gleichgewicht zwischen Entfaltung und Einbindung bewusst gemacht. Dass dieses Gleichgewicht sinnvollerweise ein globales Gleichgewicht mit Schwerpunktsetzungen in ein­zelnen Teilgebieten ist, haben wir dabei erkannt. Auch ist uns aufgefallen, dass für den Einzelnen die Entfaltung der Individualität innerhalb sozialer Rückbindung geschehen kann.

So müssen wir wohl davon ausgehen, dass wir verantwortungsvoll mit un­serer Freiheit umzugehen haben, da sonst unser Wirken auf uns in ne­ga­ti­ver Art und Weise zurückfällt. Verantwortung besteht also uns selbst, aber auch sozialen Gebilden gegenüber und wenn wir den Menschen nicht zum Maß aller Dinge machen, auch gegenüber Gott.

Vielfalt wird sich auch weiterhin im möglichen Spannungsfeld von Entfal­tung und Rückbindung ergeben, entsprechend der Vielfalt unter den Men­schen. Und Vielfalt erscheint per se gut und hilfreich, sodass wir uns wech­selseitig beschenken, ergänzen und damit bereichern können.

Sind wir bereit, uns auf dieses Abenteuer des Entdeckens von individuellen Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen einzulassen, welche der soziale Rückbezug of­feriert? Wollen wir sie sinnvoll zu nutzen? Sind wir bereit, uns auf ein Spiel der Kräfte einzulassen und gestärkt aus Erfahrungen im in­di­vi­duellen Sein, wie auch als Teil sozialer Gebilde unseren höchst eigenen Platz zu fin­den?

Die Zukunft wird es uns zeigen. Bei der einen Person wird dieser Brücken­schlag gelingen; eine andere Person wird Schiffbruch erleiden und an den Klippen der Zumutungen des Menschseins zerschellen. Die Gefahr des in­dividuellen Scheiterns lässt sich nicht leugnen. Wir sehen dies an dem einen oder anderen Psycho- bzw. Soziopaten.

Dies sollte uns aber nicht entmutigen, unser eigenes individuelles Sein unter Realisierung individueller Entfaltung und Streben nach Selbstverwirkli­chung einerseits, aber auch Rückbezug zu und Einbindung in soziale Gebilde ande­rerseits einzurichten.

Wir brauchen nicht noch mehr Kopien, sondern selbstbewusste und eigen­verantwortlich handelnde Mitmenschen, also Originale. Dann wird unser So­zialgefüge zwar anstrengender und bunter, aber im Gegenzug auch interes­santer. Lassen wir uns mit Zuversicht auf das Abenteuer des menschlichen Lebens ein.

Literatur

Asendorpf, J. (2007). Psychologie der Persönlichkeit, Berlin Heidelberg New York: Springer

Arnold, W. (1969). Person, Charakter, Persönlichkeit. Göttingen: Verlag für Psychologie, Dr. C. J. Hogrefe.

Correll, W. (1976). Persönlichkeitspsychologie. Eine Einführung in die Persönlichkeitssysteme von Freud bis Skinner. Donauwörth: Ludwig Auer.

Eysenck, H. J. (1997): Dimensions of Personality, Transaction Publ.

Hermann, (1976). Zitieren von Quellen im Internet. Mittwoch, 02.11.05, 10:27

Schmidt A. M. (2011): Grundlagen der Personalführung, Studienskript, Verlag wissenschaftliche Scripten, Auerbach

Zieger E. (2009): Rollentheorie aus sozialpsychologischer Sicht, GRIN Ver­lag, München

http://www.dza.de/download/09_selbst+Persönlichkeit.pdf

http://www.stangl.eu/psychologie/definition/Persoenlichkeit.shtml

Anfragen

Frage 1:

Wie lässt sich das Spannungsfeld von Selbst- und Fremdbestimmung beim Menschen angemessen handhaben?

Frage 2:

Wie lässt sich eine Entfaltung der Persönlichkeit gerade junger Menschen ohne Ge­fähr­dung von deren Einbindung in soziale Gebilde gewährleisten?

Frage 3:

Lässt sich eine Entfaltung der Persönlichkeit ohne hinreichende Wahr­neh­mung von Verantwortung für die genutzte Freiheit rechtfertigen?

Frage 4:

Welche Folgewirkungen sind bei ausufernder Egozentrik auf Kosten anderer zu erwarten?

Frage 5:

Zwischen Entfaltung der Persönlichkeit und Rückbindung zu sozialen Gebil­den ist da über den gesamten Lebenslauf betrachtet ein stabiles Gleichge­wicht überhaupt erzielbar?

Antwortversuche

Antwortversuch zu Frage 1:

Das Spannungsfeld zwischen Fremd- und Selbstbestimmung ist eine stetige Herausforderung. Ein Rezept dafür gibt es nicht. Und nicht nur im Gene­rel­len sehen wir uns gezwungen, uns zu positionieren, sondern in jedem Be­reich unseres Seins und auch in allen Zeitabschnitten unserer Existenz. An­gemessen handhaben lässt sich dieses Spannungsfeld nur durch ein nicht nach­lassendes Bemühen um den rechten Weg, durch Lernen aus Erfahrung, sowie Hoffnung und Zuversicht.

Antwortversuch zu Frage 2:

EineEntfaltung der Persönlichkeit junger Menschen ohne Gefährdung ihrer Einbindung in soziale Gebilde lässt sich wohl am besten durch ein Bewusst­machen der Bedeutung von Entfaltung der Persönlichkeit und Selbst­ver­wirk­lichung einerseits, sowie Ein- und Rückbindung in soziale Ge­bilde ande­rer­seits, durch ein positives Vorbild und durch eine hilf­rei­che Beglei­tung auf dem Weg der Entwicklung bewerkstelligen.

Antwortversuch zu Frage 3:

Die Entfaltung der Persönlichkeit ohne Rücksicht und Wahrnehmung von Verantwortung für die genutzte Freiheit lässt sich wohl kaum rechtfertigen. Und der Missbrauch von Freiheit führt längerfristig betrachtet zum Verlust der Freiheit.

Antwortversuch zu Frage 4:

Ausufernde Egozentrik auf Kosten anderer lässt Widerstand der nicht hin­reichend Berücksichtigten und eine zunehmende Vereinsamung erwarten. Da wir allerdings immer wieder auf Andere angewiesen sind, führt uns aus­ufernde Egozentrik in aller Regel in eine Sackgasse.

Antwortversuch zu Frage 5:

Zwischen Entfaltung der Persönlichkeit und Rückbindung zu sozialen Gebil­den wird sich kaum ein stabiles Gleichgewicht bezogen auf den gesamten Lebenslauf bewerkstelligen lassen. Zum einen sind wir in stetiger Entwick­lung begriffen und andererseits haben wir uns immer wieder neue Schwer­punkte. Dies erfordert ein stetiges Ringen um Ausgleich.

Bildung und Entwicklung, zwei Seiten einer Medaille

mit steigendem Wert

Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung

In einer Zeit des globalen Wandels und dynamischer Veränderungen ist das individuelle Anschlusshalten Herausforderung und Aufgabe. Noch nie in der Geschichte war es so wichtig, durch Bildung und Selbstentfaltung Zeit- und Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Daher erscheint die Auseinandersetzung mit Bildung und Entwicklung nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, um uns in unserer Zeit richtig zu verstehen und Konsequenzen aus unserem Erkennen zu ziehen. Erst dann werden wir in der Lage sein, vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken, ab­ge­se­hen von Jenen, die auf Kosten anderer den einfachen Weg gehen.

Sind Letztgenannte aber ernst zu nehmen? Können sie als Maßstab heran gezogen werden? Wollen wir uns mit Ihnen auf gleiche Stufe stellen? Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir sind nichts besseres, aber wir haben aus unserer Verantwortung heraus höhere Ansprüche an uns, denen wir ge­recht werden wollen.

Bildung und Entwicklung sind so große Themenkreise, dass wir im Ernst nicht erwarten können, sie in einem kleinen Beitrag erschöpfend aufarbeiten zu können. So beschränken wir uns auf grundlegende Aussagen, die zum Weiterdenken und zur Konkretisierung anregen sollen.

Auch ist von der Bezogenheit auf unseren Teil der Welt, die entwickelten Staaten Westeuropas und unsere Zeit, die Zeit des globalen Wandels und der dynamischen Veränderungen aus­zugehen. Insoweit bleibt der überwiegende Teil der Welt außerhalb unseres Blickfeldes, auch wenn sich dessen nähere Betrachtung lohnt.

Nicht zuletzt bleibt unbeachtet, dass sich innerhalb unserer Gesellschaft ein Spektrum von Hochmotivierten und Demotivierten, von interessierten Bil­dungsnachfragern und Bildungsverweigerern, von Aktiven und Passiven er­gibt, welches es nicht gerade leicht macht, umfassend alle relevanten As­pek­te auszu­leuch­ten.

So wollen wir uns im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen Wissen über Bildung, Entwicklung und deren Wechselbeziehung erarbeiten und Perspek­tiven nachspüren. Wir wollen so Grundzüge für unser künftiges Verhalten iden­ti­fizieren, die im weiteren Verlauf zu konkretisieren sind und der Um­setzung harren.

Bildung und Entwicklung sind zwei Seiten einer Medaille und deren Wert steigt, gerade in unserer Zeit. So lautet die These, von der wir ausgehen. Und in der Tat spricht Vieles dafür, dass wir mit dieser Vermutung richtig liegen, dass wir uns auf richtigem Kurs bewegen und uns dadurch gegebene Chan­cen zur Bewältigung der auf uns zukommenden Herausforderungen be­wah­ren.

Ziel ist also Bewusstwerdung und Bewusstmachung von Gegebenheiten als Ausgangspunkt für das Verhalten – gewissermaßen ein erster Schritt, dem weitere zu folgen haben. Wir stehen mithin nach wie vor am Anfang unserer Reise, wenn wir nachfolgende Grundüberlegungen zu einem Abschluss ge­bracht haben.

Bildung

„Bildung … be­zeich­net die Formung des Menschen im Hinblick auf sein „Mensch­sein“, seine geistigen Fähigkeiten. Der Begriff bezieht sich sowohl auf den Prozess („sich bilden“) als auch auf den Zustand („gebildet sein“). Da­bei entspricht die zweite Bedeutung einem bestimmten Bildungsideal (zum Beispiel dem humboldtschen Bildungsideal), das im Laufe des Bil­dungs­prozesses angestrebt wird. Ein Zeichen der Bildung, das nahezu allen Bildungstheorien gemein ist, lässt sich umschreiben als das reflektierte Ver­hältnis zu sich, zu anderen und zur Welt, soweit es die Sphäre des Profanen betrifft.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3:

Elementarkompetenzen der Bildung

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bildung

Der moderne dynamische und ganzheitliche Bildungsbegriff steht für den lebensbegleitenden Entwicklungsprozess des Menschen, bei dem er seine geistigen, kulturellen und lebenspraktischen Fähigkeiten und seine per­so­na­len und sozialen Kompetenzen erweitert. Es kann aber keinen perfekten Men­schen geben; individuelle Anlagen sowie zeitliche, räumliche und soziale Bedingungen setzen der Verwirklichung eines wie auch immer definierten Bildungsideals Grenzen.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Bildung)

Und in der Tat haben wir heute die Einsicht, dass ein hohes Maß an Bil­dung anzu­stre­ben ist, um Freiraum und Handlungsmöglichkeiten zu schaf­fen und zu erhalten. Gleichzeitig sind unsere Möglich­keiten, dies zu er­rei­chen, durch vielfältige Faktoren beschränkt.

Wesenskern der Bildung ist Denken, Wissen und Kommunizieren. Das Den­ken weitet unseren Horizont.„Unter Denken werden alle Vorgänge zu­sam­mengefasst, die aus einer inneren Beschäftigung mit Vorstellungen, Erin­ne­rungen und Begriffen eine Erkenntnis zu formen versuchen. Bewusst wer­den dabei meist nur die Endprodukte des Denkens, nicht die Denkprozesse, die sie hervorbringen.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Denken)

Das Wissen eröffnet uns Einsicht. Es ist jeweils nur zeitlich gültig, be­schreib- und erforschbar. Es lässt sich auf soziokulturelle Wirklichkeiten be­z­iehen und ist mit einer Machtfunktion gegenüber Unwissenden verknüpft, die angemessen auszuüben eine sozialethische Pflicht darstellt. (vgl. http:// de.wikipedia.org/wiki/Wissen).

Und im Kom­munizieren – dem Austausch mit Anderen – werden schließlich

- unsere Gedanken vor einer verbalen Äußerung von uns selbst struktu­riert,
- unsere Aussagen im Rahmen einer Zweiwegkommunikation auf den Prüf­stand gestellt,
- durch Rückmeldungen Anderer ins rechte Licht gerückt, sodass wir
- die Richtigkeit und Angemessenheit unserer Positionen einzuschätzen in der Lage sind.

Gerade in Zeiten des Wandels und dynamischer Veränderungen sind wir auf diese Bildung in besonderer Art und Weise angewiesen, um mit der fort­schreitenden Ent­wick­lung unserer Institutionen, der sozialen Gebilde und unserer Gesellschaft insgesamt Schritt halten zu kön­nen.

Ist aber gesellschaftliche Realität in einem Entwicklungsprozess gefangen, so muss auch Bildung immer wieder neu hinterfragt werden, um deren Rele­vanz für eine sich fortlaufend verändernde Realität sicher zu stellen. Nur so lässt sich gewährleisten, dass wir auf der Höhe der Zeit und in der Lage sind, den Zumutungen des Seins in seiner Veränderung zu trotzen.

Wandel fordert insoweit Bildung. Er zwingt uns, im Bemühen um Erkennt­nis nicht nachzulassen, um nicht hinter den Entwicklungen unserer Zeit hinter­her zu hinken.

Individuelle Entwicklung

„Unter Entwicklung versteht man im Allgemeinen einen Prozess der Entste­hung, der Veränderung bzw. des Vergehens.“ (http://entwicklung.know-library.net/) In diesem Zusammenhang gibt es in der Entwick­lungs­psycho­lo­gie drei Prinzipien:

- das Prinzip des Wachstums,
- das Prinzip der Reifung und
- das Prinzip des Lernens.

Uns interessieren in diesem Zusammenhang vor allem die Prinzipien der Rei­fung und des Ler­nens, welche individuelle Entwicklung zur reifen, selbst­ver­antwortlich handelnden Persönlichkeit zum Ziele haben. Um mit Illichmann zu sprechen: „Im Verlauf des mensch­li­chen Lebens lassen sich fortwährend Ver­änderungen im Verhalten und Erleben be­ob­ach­ten. Diese Veränderungen wer­den als Entwicklung bezeich­net.“ (Illichmann 2000, S. 301)

Dazu gibt es in der Psychologie eine Vielzahl an Entwicklungstheorien (theo­ries of development), die es gilt, zu einem in sich widerspruchsfreien Ge­samt­­system zusammen zu fassen und zu grundlegenden Entwicklungs­ge­set­zen zu ver­allgemeinern.

Dass wir uns der individuellen Entwicklung nicht entziehen können, wenn wir im Konzert der Akteure mitspielen wollen, ist wohl einsichtig. Doch wo und wie wird die Zukunft aussehen? Wo müssen wir uns verändern? Wo gilt es unsere Bildung nachzu­be­ssern? Dies sind offene Fragen, auf die es keine einfachen und allgemeingültigen Antworten gibt.

Notwendig wird individuelle Entwicklung jedoch – und wir sind uns dessen gewiss – da

- die Welt um uns nicht stehen bleibt, sich verändert, im Zeitverlauf neue Herausforderungen mit sich bringt, die uns zwingen Stellung hierzu zu beziehen,
- da auch die sozialen Gebilde und andere Personen unserer Zeit der Ent­wicklung un­ter­worfen sind und sich daher unser Gegenüber verändert,
- da wir vom Entdeckerdrang animiert gar nicht anders können, als uns Fragen zu stellen und unsere Positionen fort­zuschreiben,
- da neue Entdeckungen, Erkenntnisse und Erfahrungen uns zur Revision bisheriger Positionen zwingen und nicht zuletzt,
- da Entwicklung letztlich in unserem menschlichen Sein angelegt ist.

Wer individuelle Entwicklung nicht zulassen will, der lebt in der Vergan­gen­heit. Er ist in Antworten von gestern gefangen und immer weniger in der La­ge, mit seiner Lebensumwelt angemessen zu kommunizieren und sich im Neuen zu Recht zu finden. Er entkleidet sich seiner Fähigkeit, Einfluss zu nehmen und wird damit zum Spielball im Wirken Anderer.

In diesem Zusammenhang entstehen Fragen hinsichtlich der auftauchenden Belastungen, sowie der Grenzen individueller Leistungs- und Ent­wicklungs­fähigkeit. Denn keiner von uns ist unbegrenzt flexi­bel – und dies in allen Phasen des Lebenslaufes. Niemand kann sich un­entwegt grundlegend ver­än­dern und aus der per­manenten Ver­änderung heraus glaubwürdig, ver­trau­enswürdig und über­zeugend handeln.

Weder uns selbst noch andere können wir mithin überfordern und doch sind wir da­zu bestimmt, eingebunden in den Strom globaler Veränderungen nicht als monolythischer Fels den uns umgebenden Kräften zu widerstehen. So ist letztlich eine Gratwanderung zwischen dem Bewahren der eigenen Iden­tität und der Verän­derung im Einklang mit den sich wandelnden Ver­hältnissen zu voll­führen.

Dies erscheint uns als eine Aufgabe, die uns in einer Zeit globaler Umwäl­zun­gen an die Grenzen unserer Leistungs­fähigkeit führt und uns manchmal gar über­fordert. So geht es letztlich darum, zu verändern was zu verändern ist, hinzunehmen was nicht zu ändern ist und zwischen beidem zu unter­schei­den. Dies ist natürlich leichter gesagt als getan. In der Konkretion des Alltages wird uns dies zuweilen gelingen, zuweilen auch nicht.

Wechselbeziehungen

Menschliche Bildung und individuelle Entwicklung sind insoweit mitei­nan­der verknüpft, sodass wir von zwei Seiten einer Medaille sprechen können.Bildung führt zu individueller Entwicklung und individuelle Entwicklung ist auf Bildung angewiesen.

Insoweit kann es sinnvollerweise eine Betrachtung des Einen ohne die Be­rücksichtigung des Anderen kaum geben. Dabei wird uns bewusst, dass wir aktiv zu werden haben und uns nicht alleine auf den „Nürnberger Trichter“ und das Tun Anderer (Eltern, Lehrer, Erzieher) verlassen können.

Eigenverantwortlichkeit ist insoweit ein Zeichen für die Reife des Menschen und dem Erwach­senen gemäß. Sie zeigt eine Zuwendung zur Realität, auch wenn uns diese nicht in allen Facetten gefällt. Wir anerkennen damit, dass wir eingebunden sind in unsere Zeit und unsere Gesellschaft, die sowohl fordert, als auch fördert – wenn auch nicht immer gerecht Leistung hono­riert.

Individuelle Entwicklung ist insoweit Resultat von Bildung – sowohl prozess- als auch ergebnisbezogen. Sie ist ein möglichst angemessenes Reifen, das Hoffnung gibt und Zuversicht verleiht, den Zumutungen von Gegenwart und Zukunft ge­wach­sen zu sein.

So besteht zwischen Bildung und Entwicklung eine deutlich erkennbare Wech­selbeziehung. Bildung ist auf individuelle Entwicklung hin angelegt. Sie hat zum Ziel, Individuen zeit-, orts- und sozialbezogen jenes „Know how“ an die Hand zu geben, das sie befähigt, in ihrer Zeit, an ihrem Ort und im Aus­tausch mit anderen bestehen zu können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4:

Wechselbeziehungen

Quelle: selbst erstellt

Insoweit kann von der Notwendigkeit einer wechselseitigen Bezogenheit von Bildung und individueller Entwicklung gesprochen werden. Dies deutet wiederum auf die Verantwortung des Einzelnen, aber auch gesellschaftlicher Kräfte (z.B. von Eltern, Lehrern, Erziehern, aber auch Arbeitgebern und Ge­sellschaft) hin.

Das sich entwickelnde Individuum ist eingeordnet in die Entwick­lung heu­tiger sozialer Gebilde und heutiger Gesellschaft insgesamt. Diese Einord­nung kann den Einzelnen bremsen, wie sie ihn auch zum Nachziehen ver­anlassen und verpflich­ten kann.

Vordenker, Querdenker und Handelnde können ein Lied davon singen, wie noch nicht für ihre Ideen reife soziale Gebilde und eine für ihre Lö­sungsan­ge­bote noch nicht reife Gesellschaft die Entwicklung von Institutionen bzw. der Lebensumwelt insgesamt behindern oder gar ver­hindern.

Im Gegenzug werden Hinterherhinkende in die Pflicht genommen oder zu­rück gelassen. Ihnen ebenfalls gerecht zu werden ist eine Forderung an uns Alle, sofern wir den Anspruch einer sozialen Gesellschaft weiterhin auf­recht erhalten wollen.

Perspektiven

So zeigen sich die Wissenszunahme und die Zunahme des Könnens als ein Entwicklungsmotor und als trei­ben­de Kraft. Sie lassen uns nicht im Stich mit unseren Problemen und Stre­bun­gen und sie lassen uns Zusammen­hän­ge besser erkennen. So schaffen sie uns ein mögliches Wachsen in der Er­kenntnis und verbesserte Problemlösungsfähigkeiten.

Wenn wir die letzten einhundert Jahre betrachten, so kommen wir nicht um­hin anzuerkennen, dass gerade die Zunahme des Wissens und Könnens in diesem Zeitabschnitt quantitativ und qualitativ von früheren Zeitabschnitten deutlich abweicht. Wir werden in stärkerem Masse gefordert, als frühere Ge­nerationen.

Ungeachtet dessen ist es so, wie es ist. Wir können uns eben die Welt nicht ernsthaft schön träumen, ohne Schaden zu nehmen und Schaden für An­dere zu ver­ur­sachen. Insoweit sind die Zeichen der Zeit ein Datum und von uns allenfalls in Richtung einer weiteren Zunahme von Wissen und Können zu beeinflussen.

Zunahme des Wissens und Dynamik der Entwicklung sind insoweit For­de­rungen an den Einzelnen. Sie zwingen uns, in unserem Bildungs- und Ent­wick­lungsbemühen über den gesamten Lebenslauf betrachtet nicht nach­zu­lassen, sodass die Option auf eine Ver­bes­serung der individuellen Lage Rea­li­tät werden kann.

Die an den Einzelnen zu stellenden Forderungen korrespondieren mit dessen Mitverantwortung für andere Menschen und sind letztlich ethisch begrün­det. Damit kommen Werte und Wertungen ins Spiel. Demmer spricht hier davon, dass „die menschliche Natur als unmittelbares Kriterium sittlichen Handelns das Ergebnis eines komplexen Verstehensprozesses, von Deu­tun­gen und Werten (ist)“ (Demmer, zit. nach Schallenberg 2010, 114).

Wiederum sind wir gehalten, fortlaufend an uns zu arbeiten, um nicht hinter den bestehenden Erfordernissen zurück zu bleiben. Schließlich handelt der Mensch als Person „nach vorhergehenden und nachfolgenden Urteilen, er agiert aufgrund seiner persönlichen Talente, er bewährt sich in unvorherseh­baren und konkreten Situationen, er wird Selbst und Persönlichkeit durch die bewusste Wahl und Entscheidung für ein tragendes Lebensprojekt“ (Schal­­lenberg 2010, 115)

Aus individuellem Verhalten lassen sich denn auch Konsequenzen ableiten. Liegen sie im Falle der Annahme der Herausforderung zu Bildung und in­di­vidueller Entwicklung in der Chance der Teilhabe am Geschehen, so muss bei Bildungs- und individueller Entwicklungsverweigerung mit einem Still­stand gerechnet wer­den, der sich uns als Rückschritt präsentiert.

Das Individuum als Person tritt im Verweigerungsfalle die Würde, die ihm als vernunftbegabtem Wesen zukommt, mit Füssen und bleibt damit die Ent­wicklung zur Persönlichkeit letztlich schuldig. In seinem Verhalten, kommt des Menschen Entscheidungsfreiheit individuelle Substanz einer ver­nünf­tigen Geist­natur zum Tragen, die sich auch auf den falschen Weg bege­ben kann.

Die Folgen wird der Einzelne zu tragen haben. Er wird gewissermaßen „die Suppe auslöffeln müssen, die er sich eingebrockt hat“. Immerhin bleibt die Hoffnung, dass falsche Entscheidungen im Zeitablauf korrigiert werden kön­nen. Je länger man allerdings auf Abwegen geht, desto schwieriger wird ei­ne Revision des eingeschlagenen Weges sein.

Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick

Zusammenfassend kommen wir zu dem Ergebnis, dass eine Auseinan­der­set­zung mit Bildung und individueller Entwicklung geboten erscheint. Begriff und Begrifflichkeit sowie Wesenskern von Bildung führte uns zu Bildung und Wandel. Dem folgte eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen Ent­wicklung, dessen Notwendigkeit, sowie deren Belastungen und Grenzen.

Dies mündete in eine Thematisierung der Wechselwirkungen von Bildung und individueller Entwicklung, die uns zur Einordnung des Individuums in das globale Geschehen führte. Dabei ist der Mensch nicht nur Getriebener, sondern auch Treibender, wenn er die Zeichen der Zeit erkennt und dazu antritt Akzente zu setzen.

Dem schloss sich eine Skizzierung von Perspektiven an. In diesem Zusam­menhang

- war auf die Wissenszunahme als Entwicklungsmotor einzugehen, ferner
- auf Forderungen an den Einzelnen und schließlich
- auf die Konsequenzen aus jeweilig individuellem Verhalten.

Vorstehendes reflektierend kommen wir daher zu dem Schluss, dass wir in Selbstbestimmung unsere eigene Identität bestimmen und mit unserer hu­ma­nen Begrenztheit leben müssen. Uns ist ungeachtet des­sen aufge­tragen, das Unsere zu einer positiven Entwicklung zu tun und auf Fort­schritt im besten Sinne zu hoffen. Wenn Jeder das Seine dazu beiträgt, so kann uns die Reise in eine weiterhin lebenswerte Zukunft gelingen.

Ohne Bildung und individuelle Entwicklung geht dies nicht. Ein mittels Bil­dung und individueller Entwicklung im Einklang stehen mit den sich ab­zeichnenden Veränderungen steigert schließlich unseren Wert für uns selbst, für Andere und für unsere Ge­sellschaft. Es ist dies eine Option, die in der Regel nicht nur einen Mehrwert erwarten lässt, sondern im Dienste an Anderen und der eige­nen Person Sinn und Erfüllung vermittelt.

So bleibt als Ausblick noch zu ergänzen, dass uns niemand unsere Ent­schei­dungen abzunehmen in der Lage ist. Andere können bestenfalls raten und unter­stüt­zen. Sie können Orientierung geben und an den Ver­stand ap­pellieren, jedoch kaum mehr. Ein „gelungenes Leben“ scheint uns schluss­endlich als erstrebenswertes Resultat auf. Wohl dem, der dies er­reicht zu haben, an sei­nem Le­bensabend mit Recht von sich behaupten kann.

Literatur

Clauss G. ( 1995): Fachlexikon ABC Psychologie. Thun und Frankfurt am Main: Harri Deutsch.

Demmer K., zitiert nach Schallenberg P. (2010): Ethik, in: Gänswein G./ Lohmann M. (Hg.): Katholisch : Wissen aus erster Hand, Rheinbach : CMZ Verlag, sowie Freiburg Basel Wien : Herder Verlag

Dorsch F. (1994): Psychologisches Wörterbuch. Bern: Hans Huber.

Illichmann A. (2000): Arbeitsbuch Psychologie. Wien: Manz Verlag Schulbuch GmbH.

Schallenberg P. (2010): Ethik, in: Gänswein G./Lohmann M. (Hg.): Katho­lisch : Wissen aus erster Hand, Rheinbach : CMZ Verlag, sowie Freiburg Basel Wien : Herder Verlag

Zimbardo, P.G. (1983): Psychologie, Berlin, Heidelberg, New York. Tokyo : Springer-Verlag

http://de.wikipedia.org/wiki/Bildung

http://de.wikipedia.org/wiki/Denken

http://de.wikipedia.org/wiki/Wissen

http://entwicklung.know-library.net

Anfragen

Frage 1:

Bildung und Entwicklung hängen zusammen, beide beeinflussen und ergän­zen sich wechselseitig. Wie lässt sich aus diesem Zu­sam­men­hang lang­fris­ti­ger Nutzen für den Einzelnen, für soziale Gebilde und unsere Gesell­schaft zie­hen?

Frage 2:

Entwicklungsstreben und Bildung zeitigen Auswirkungen auf die Entfaltung der Persönlichkeit. Wie lässt sich dieser Effekt auch bei bildungsferneren Schichten verstärken?

Frage 3:

In der Perspektive ist weiterhin mit einer Zunahme des Wissens und einer Dynamik der Entwicklung zu rechnen. Wie lässt sich dafür Sorge tragen, dass der Einzelne nicht überfordert wird?

Frage 4:

Bildungsverweigerung verschlechtert berufliche Chancen. Wie können bei tendenziell steigenden Anforderungen Minderqualifizierte zufriedenstellend in das Beschäftigungssystem integriert werden?

Frage 5:

Ausbildung alleine reicht heute nicht aus. Wie kann Kompetenzaufbau mit Einstellungs- und Verhaltensentwicklung angemessen verknüpft wer­den?

Frage 6:

Welche Rolle sollte im Zusammenhang mit Bildung und Entwicklung die Wirtschafts- und Sozial­ethik spielen?

Frage 7:

Was ist in der Turbulenz der vielfältigen Veränderungen noch Kern unseres Selbstverständnisses und unserer Kultur? Was hat für uns und unsere Ge­sell­schaft bleibenden Wert?

Antwortversuche

Antwortversuch zu Frage 1:

Nutzen für dem Einzelnen, für soziale Gebilde und für die Gesellschaft lässt sind dann aus dem Zusammenhang von Bildung und Ausbildung ziehen, wenn Ausbildung in Bildung eingebunden ist. Es geht mithin nicht nur um Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine Profession, sondern auch um das Entwickeln von angemessenen Einstellungen und das Einüben von verantwortungsbewussten und sozialverträglichen Verhaltensweisen.

Antwortversuch zu Frage 2:

Zur Entfaltung der Persönlichkeit erscheint in einer Zeit des Wandels Ent­wicklungsstreben und Bil­dung unverzichtbar. Präferenzen bei bildungs­fer­ne­ren Schichten liegen an­ders. Daher bedarf es der Überzeugung und der Un­terstützung, dass auch hier der Anschluss nicht verpasst wird.

Antwortversuch zu Frage 3:

Um den Einzelnen nicht zu überfordern bedarf es eines schrittweisen Ent­wick­lungsprozesses. Wir können also sowohl bei der Geschwindigkeit als auch bei der Permanenz von Entwicklung ansetzen. Ungeachtet dessen wird es bei jedem Einzelnen eine Grenze des nicht mehr Bewältigbaren geben – beim Einen früher, beim Anderen später.

Antwortversuch zu Frage 4:

Zufriedenstellende Integration von Bildungsverweigerern in das Beschäfti­gungs­system bei steigenden Anforderungen ist schwer. Hier lässt sich nur auf das Offenhalten von Entwicklungswegen, auf Beratung, Unterstützung und Hilfe, aber auch auf sanften Druck verweisen. Nimmt man die Würde des Menschen ernst, so schließt dessen Freiheit auch die Freiheit zu Fehl­entscheidungen mit ein.

Antwortversuch zu Frage 5:

Eine in Bildung integrierte Ausbildung erscheint als sinnvoller Weg. Wenn sich der Aufbau von Kompetenzen mit dem Erwerb von Erfahrungen verbin­det, und eine Reflexion des Geschehens stattfindet, dann lässt sich eine an­ge­messene Einstellungs- und Verhaltensentwicklung und damit auf eine wün­schenswerte Persönlichkeitsentfaltung erhoffen.

Antwortversuch zu Frage 6:

Wirtschafts- und Sozialethik kommt im Zusammenhang mit Bildung und Entwicklung eine herausragende Bedeutung zu. Sie sorgt dafür, die Grenzen des Vertretbaren nicht überschritten werden. Die Rückbindung von Bildung und Entwicklung zu Wirtschafts- und Sozialethik ist eine permanente He­rausforderung.

Antwortversuch zu Frage 7:

Die Turbulenz der vielfältigen Veränderungen und die Relativierung von Werten haben dazu geführt, dass der Kern unseres Selbstverständnisses und unserer Kultur verschwimmt. So tut eine Rückbesinnung not, wie auch eine Festlegung des für wichtig Erachteten im Konsens. Dies erfordert tradi­tionelle Werte vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen zu betrachten und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.

Entwicklungen, Einflussfaktoren, Ergebnisse

Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung

Gesellschaftliche Entwicklung geschieht jeweils als Folge des Wirkens von Vordenkern und aktiv Handelnden. Wie aber kommt deren Vorreiterrolle eine wichtige Funktion innerhalb sozialer Gebilde und der Gesellschaft, sowie eine ge­staltende Bedeutung zu? Wie gestaltet sich der Zusammenhang von deren Tun und erzieltem Ergebnis?

Sich damit auseinander zu setzen erscheint der Mühe wert. Denn der Ent­wick­lungsstand von sozialen Gebilden und Gesellschaft und deren Konkur­renzfähigkeit mit Anderen wird davon nicht unmaßgeblich bestimmt. Aus Sicht des Autors ist dieses Grund genug, die gewählte Themenstellung auf­zu­­grei­fen.

Denn das Wissen über und das Bewusstwerden von Zusammenhängen er­scheint als Voraussetzung dafür, die Rahmenbedingungen zukunftsfähig zu gestalten, sodass Vordenker und aktiv Handelnde ihre Funktion wahr­neh­men und ihrer Vorreiterrolle in vollem Umfange gerecht werden können.

Einschränkend muss eingangs allerdings auf die zeitliche und räumliche Gebunden­heit der getroffenen Aussagen hingewiesen werden, ebenso auf de­ren Cha­rakter als metatheoretische Betrachtung. Differenzierung und Aus­ge­staltung der Statements tut not, aber eine grundlegende Auseinander­setzung, ein Überblick, kann richtungsweisende Kraft entfalten.

Dies ist immerhin als ein Schritt in die richtig erscheinende Richtung zu betrachten. Wei­tere Schritte folgen zu lassen ergibt sich als logische Konse­quenz aus ersten Über­le­gun­gen. Jene weiteren Schritte müssen jedoch ge­sonderten Betrach­tungen vorbehalten bleiben.

So bemüht sich der vorliegende Beitrag darum, nachfolgenden Überlegun­gen den Weg zu bereiten und zum Weiterdenken anzuregen. Die Neugierde und das Entdecken von Zusammenhängen sind hier Fortschritt im posi­ti­ven Sin­ne und sollen dies auch gerne sein.

Im vorliegenden Beitrag geht es letztlich darum, die Funktion und die Pro­bleme von Vordenkern und aktiv Handelnden innerhalb sozialer Gebilde und der Ge­sellschaft offen zu legen. Es geht aber auch darum, Hintergründe und Rah­men­be­dingungen aufzugreifen, die ergebnismitbestimmende Kraft entfal­ten.

Damit werden Vordenker und aktiv Handelnde in einen Rahmen gestellt, der das betrachtete Bild zu seiner vollen Wirkung bringt – als Voraussetzung für die zu ziehenden Schlüsse und darauf basierenden, der zu treffenden Maß­nah­men.

So ist im Einzelnen einzugehen auf gesellschaftliche Entwicklungen, auf Vor­denker und aktiv Handelnden, auf Behinderungen und Verhinderungen, so­wie auf erzielte Ergebnisse. Zusammenfassung, Reflexion und Ausblick run­den unsere Betrachtung ab.

Gesellschaftliche Entwicklungen

Wenn wir die aktuellen Gegebenheiten gesellschaftlicher Entwicklungen be­trachten, so ist festzustellen, dass grundlegende Unterschiede zu früheren Zeitabschnitten bestehen. Tendenziell sind wir nicht Treibende, sondern Ge­triebene und die Grenzen individueller Bewältigungsfähigkeit der täglich neu­­en Herausforderungen werden bei der Einen und bei dem Anderen zu­weilen erreicht.

Gerade die Gleichzeitigkeit unterschiedlichster Veränderungen fordert un­se­re ganze Kraft, um den Überblick nicht zu verlieren, um Schritt halten und unseren Einfluss auf Entwicklungen geltend machen zu können. Im Ge­gen­satz zu geruhsameren früheren Zeiten müssen wir uns aktiv dafür einsetzen, dass Nichts aus dem Ruder läuft – weder individuell, noch bezogen auf so­zia­­le Gebilde in denen wir stehen, noch auf unsere Gesellschaft und auf die Welt­ge­meinschaft insgesamt.

Wir begreifen uns heute immer stärker als Individuen, die in einen Ent­wick­lungsprozess eingebunden sind, gegen den wir erfolglos ankämpfen, in dem wir uns mitentwickeln, oder den wir mitgestalten können. Insoweit sind wir nicht nur Getriebene, sondern ebenso gut auch Treibende, wenn wir an den rich­tigen Schräubchen drehen.

Eingebunden sind wir in einen globalen Wandel, der heute nicht nur die Globalisie­rung und den demographischen Wandel für uns bereit hält, son­dern ebenso eine ungeheure Zunahme des Wissens und vielfältige, sich überlagernde Veränderungen. Gerade die Gleichzeitigkeit des gefordert Wer­dens ist unser Problem.

Mit dem Globalen Wandel verbindet sich ein Orientierungsverlust vieler und eine Relativierung von Werten, obwohl ein tragfähiges Fundament an Über­zeu­gungen und Übereinstimmungen erst Gemeinschaft möglich macht und ihr Zukunftsfähigkeit gibt.

So ist der Globale Wandel, die Veränderung der Verhältnisse in nie gekann­tem Ausmaße, nicht nur erkennbare Chance zur Verbesserung, sondern ebenso auch permanente Aufgabe, der wir uns zu stellen haben. Damit ist der grundlegende Unterschied zu statischen Gesellschaften umrissen.

Zum Globalen Wandel tritt die bereits angesprochene Dynamik der Verände­rungen. Was in frü­heren Zeitabschnitten sich gemächlich entwickelte, hat heute eine Ver­än­derungsgeschwindigkeit erreicht, die uns erschreckt zu­rück­weichen lässt. Selbst Fachleute können heute nur noch auf einem be­grenzten Gebiet mit dem Ausmaß an Fortschritt mithalten.

Fortschritt ist dabei zunächst weder gut noch böse, sondern beides. Denn es muss sich erst heraus kristallisieren, was sich bewährt und auch künftig Bestand haben wird. Gerade die Gleichzeitigkeit von positivem und nega­ti­vem an Veränderungen bei gegebener Veränderungsgeschwindigkeit macht uns sprachlos.

Wäre da nicht immer wieder eine „Entschleunigung“ bei den Veränderungen wünschenswert, ein Innehalten und Prüfen, eine Zeit, die uns tragfähige Orientierung gewinnen lässt? Hektik des Alltages und Zeit der Muse sollten doch ein Gleichgewicht bilden. Menschen in früheren Zeitabschnitten waren sich dessen bewusst. Und auch heute finden wir entsprechende Möglich­kei­ten, z.B. im Rahmen von Kloster auf Zeit.

Vordenker, Querdenker und aktiv Handelnde

Dinge bewegen, können im Wesentlichen die Vordenker und die aktiv Han­deln­den. Sie sind ohne Zweifel eine kleine Minderheit in der Gesell­schaft, je­doch für deren Fortentwicklung von maßgeblicher Bedeutung. Zu dieser Gruppe zählen auch jene Querdenker, die manchmal lästig sind und Fragen stellen, uns aber dazu veranlassen, die Dinge aus einer neuen Per­spek­tive zu betrach­ten und dadurch die Qualität von Lösungen für die auf­tau­chen­den Herausforderungen zu verbes­sern.

Vordenker, Querdenker und aktiv Handelnde fordern uns vieles ab und manchmal schießen sie über das Ziel hinaus. Gut, wenn es da bremsende Faktoren und bremsende Mitmenschen gibt, sodass sich ein neues Gleich­gewicht der Kräfte einstellen kann. Ein Übergewicht der bremsenden Fak­to­ren oder aber der bremsenden Behinderer und Verhinderer ist von Übel. Be- oder Verhindern sie doch die Kon­kur­renzfähigkeit un­serer Einrichtungen und unserer Gesellschaft gegenüber anderen Einrichtungen und Gesell­schaf­ten.

Auf Zuschauer, Desinteressierte und Unbeteiligte näher einzugehen, erübrigt sich in diesem Zusammenhang, da diese keinen Einfluss auf die Ver­än­de­rungen, de­ren Umfang und deren Geschwindigkeit ausüben – ungeachtet der quan­titativ hohen Anzahl der diesen Gruppen zuzurechnenden Perso­nen. So sind Vordenker, Querdenker und aktiv Han­delnde, aber auch Be- und Verhinderer im Blickpunkt unseres Interesses.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5:

Differenzierung der Bezugspersonen

Quelle: selbst erstellt

Vorantreibende aber auch Bremser werden dabei von ihrer Mission getrie­ben, Positives zu bewirken bzw. Negatives zu verhindern und damit ver­knüpft sich Interesse und Neugier einerseits bzw. Angst vor Neu­em an­de­rer­seits.

Entscheidend ist wohl nicht nur die Kompetenz zur Einflussnahme, sondern auch der Wille etwas zu bewirken, sowie die Zuversicht dies auch tun zu kön­nen. Kompetenz, Wille und Zuversicht sind insoweit Triebfedern, die Fort­­schritt bewirken.

Vordenker, Querdenker und aktiv Handelnde bedürfen allerdings – wie bereits angesprochen – des Kor­rek­tivs der Realisten, um die Bodenhaftung nicht zu verlieren, Behinderer und Verhinderer der Einsicht und des Zu­trauens, dass Neues nicht per se nega­tiv zu werten und ausschließlich von Gefahr ist.

Auch bei sozialen Gebilden und der Lebensumwelt sind gewisse Erforder­nisse gegeben, eine Einrichtung oder Gesellschaft voran zu bringen. In erster Linie ist in diesem Zusammenhang auf die gepflegte Grund­hal­tung zu ver­weisen. Besteht Offenheit für Veränderungen, eine Bereitschaft, sich dem Wan­­del und den Veränderungen zu stellen?

So können wir ermessen, dass manche Einrichtung und manche Gesell­schaft die in Erstarrung verharrt, irgendwann ihre Zukunftsfähigkeit verliert und damit sich überlebt, sofern nicht in einem großen Veränderungsschritt der Anschluss an die Umwelt vollzogen wird.

Uns ist dabei bewusst, dass viele kleine, aufeinander folgende Schritte leich­ter zu verkraften sind, als ein grundlegender radikaler Wandel der Ver­hält­nisse in kurzer Zeit. Die vielen kleinen Schritte vermitteln im Übrigen fort­laufende Erfolgserlebnisse, die das Zu­trauen stärken und zu erneuter An­strengung ermuntern.

Behinderungen und Verhinderungen

Bei den Behinderungen und Verhinderungen sind in erster Linie bestehende Strukturen anzusprechen. Sie sind zumeist Ergebnisse früherer Bemühun­gen um die Lösung damaliger Herausforderungen. Lösungskonzepte aus der Vergangenheit haben allerdings das Manko, heutigen Gegebenheiten und Herausforderungen immer weniger gerecht werden zu können.

So war die Bürokratie einstmals ein Fortschritt gegenüber Willkür, Zu­fäl­lig­keit und Ungleichbehandlung. „Der Bürokratieansatz stellt (- wir wissen es -) auf Arbeits­tei­lung, Amtshierarchie, Regeln und Normen zur Aufgaben­erfül­lung sowie Ak­ten­mäßigkeit der Verwaltung ab … .“ (Schmidt 2011, 7)

Strukturen und Verfahrensabläufe sollten jedoch heute dem Grundsatz fol­gen: Soviel wie nötig und so wenig wie möglich, sodass einerseits Chaos ver­hindert, Orien­tierung gegeben, aber – gerade in einer Zeit des Wandels und der Verände­run­gen – andererseits auch bürokratische Erstarrung vermieden wird.

Auch Funktionsträger mit Entscheidungsmacht können neben der Behin­de­rung und Verhinderung des Negativen auch zu Behinderung und Ver­hin­derung des Positiven werden. Dies geschieht vor allem dann, wenn sie nach dem Peter-Prinzip hierarchisch die Stufe ihrer eigenen Kom­petenz über­schrit­­ten haben und nicht mehr auf der Höhe der Zeit und seiner Erforder­nisse sind.

Gerade das Erkennen der Grenzen eigener Kompetenzen wird hier nicht sel­ten zum Pro­blem – zumal wenn die Unterstellten und Kooperierenden in­nerhalb autoritärer Grundorientierung zum Selbstschutz Führungsentschei­dungen abnicken. Das Wirksamwerden eines hohen Reifegrades bei den Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern würde im Interesse der Bezugspersonen, Ein­richtung und des Gemeinwohls ande­res erwarten lassen.

So zählen heute die Entfaltung der Persönlichkeit, die Entwicklung vorhan­de­ner Kom­petenzen und die Vermittlung von Erfahrungen ebenso zu denAuf­gaben von Führungskräften, wie die Einflussnahme auf Einstellungen, die Ausgestaltung von Verhaltensweisen, die Einbindung in eine überzeu­gen­de und ethisch ver­­ant­wortbare Unterneh­menskultur, aber auch die Be­wahrung eigener Boden­haftung.

Letztlich sind an dieser Stelle mögliche diffuse Widerstände anzusprechen, denen mittels angemessenem Führungsverhalten, welches die Ängste nimmt und unterstützend wirksam wird, vor­ge­beugt werden. Widerstände ent­ste­hen schließlich nicht aus einer Laune heraus. Sie sind in aller Regel durch bisherige Erfahrungen und bestehende Befürchtungen subjektiv wohl be­grün­det.

Dies sollte Führungskräfte veranlassen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Entwicklung einzubeziehen und ihnen Hilfestellung zu bieten. Als Neben­effekt erschließen sich so zusätzliche Kompetenzen und Erfahrungen, die hel­fen, eine bestmögliche Lösung bestehender Herausforderung zu bewerk­stel­ligen.

Widerstände sind so gesehen Kennzeichen eines unangemessenen Füh­rungs­­verhaltens, das es im Interesse der Aufgabenerfüllung und aller Be­tei­ligten abzustellen gilt. Nicht die Widerstand Leistenden sollten mithin durch Sanktionen gefügig gemacht werden. Es geht vielmehr darum, diese bei der Reise in die Zukunft mitzunehmen.

Erzielte Ergebnisse

Erzielte Ergebnisse sind multifaktoriell bestimmte Phänomene. Dies bedeu­tet, dass nicht nur wir alleine für die Ergebnisse verantwortlich gemacht werden können. Mitentscheidend sind in diesem Zusammenhang

- neben uns als Handelnde und/oder Verantwortliche,
- der Grad an Angemessenheit der Aufgabenzuordnung,
- die Lösbarkeit der gestellten Aufgabe,
- die gegebenen Rahmenbedingungen,
- das Handeln anderer Beteiligten,
- das Bereitstehen erforderlicher Ressourcen,
- die Verfügbarkeit von hinreichend Zeit,
- der Zugang zu notwendigen Informationen, aber auch
- externe Faktoren usw.

Wenn viele Faktoren mitentscheidend sind, so stellt sich die Frage, ob die Schwächen bei einzelnen Faktoren durch andere Faktoren kompensiert wer­den können. In dem einen Fall wird dies wohl gehen, in dem anderen Fall wird – bildlich gesprochen – die Kette beim Schwächsten Glied auseinander brechen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neue Heraus- im Zeitablauf Entwicklungen

forderungen erzielte Ergebnisse

Abbildung 6:

Wirkungskette

Quelle: selbst erstellt

Schlimm, wenn dann die nicht Beteiligten belobigt, die Unschuldigen zur Re­chenschaft gezogen und der Kausalität nicht ernsthaft auf den Grund ge­gan­gen wird. Die bestehende Chance aus Gewesenem für die Zukunft zu lernen wäre letztlich vertan. Wird allerdings das Ergebnis als Zwischenergebnis be­griffen, so ist das Spiel möglicherweise noch offen, sind die bestehenden Möglichkeiten vielleicht nur noch nicht in vollem Umfange ausge­schöpft.

Positive Entwicklung hat – wie wir wissen – viele Väter. Jeder will Anteil am Er­folg haben. Und in der Tat ist Erfolg dem Zusammentreffen günstiger Um­stände, von aufgewandter Mühe, aber zuweilen auch Glück oder Zufall zu ver­danken.

So gilt es, im Rahmen positiver Entwicklung nicht übermütig zu werden. Es gilt, durch fortgesetztes Bemühen und einem „nicht nachlassen“ den für die Zukunft angestrebten Erfolg zu begünstigen – aller Freude über den Zwi­schen­erfolg zum Trotz.

Auf einer positiven Entwicklung lässt sich aufbauen. Sie lässt sich ver­ste­tigen und absichern. Und dies jenseits der Frage, wer denn letzt­lich den Ge­winn aus der positiven Entwicklung zieht. Denn es gibt auch Werte jenseits des Profits – Gott sei Dank.

Im öffentlichen Bewusstsein ist eine negative Entwicklung ein Waisenkind. Aber auch hier besteht eine Gesamtverantwortung aller Beteiligten. Die Kausalität sollte jedenfalls nicht ohne eingehende Analyse auf einen Sünden­bock geschoben werden, damit sich alle anderen als „nicht verantwortlich“ betrachten können.

Größe zeigt der, der nicht nur zu seinen Erfolgen, sondern auch zu seinem Scheitern steht. Mag er es selbst verschuldet haben oder nicht. Realistischer Weise gehört Erfolg und Misserfolg zu jedem menschlichen Leben. Entschei­dend erscheint nur, wie man damit umgeht. Ist eine negative Entwicklung gleich die große Katastrophe, das ungerechte Schicksal, das „Aus“ für alle Zeit, oder nicht doch eine neue Herausforderung, die es zu bewältigen gilt?

Das Bohren dicker Bretter sollte jedenfalls nicht bereits bei ersten Wi­der­ständen aufgegeben und die Gegebenheiten widrigen Umständen zugescho­ben werden. Es ist eben „nicht Alles so maßlos traurig“. Denn im punktuel­len Scheitern liegt die Möglichkeit zu einem neuen Anfang, der auf gemachte Erfahrungen zu­rückgreifen kann.

Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Entwick­lun­gen unser Leben be­einflussen – heute mehr denn je. Sie sind mitentscheidend dafür, ob wir, ob unsere sozialen Gebilde und unsere Gesellschaft Zukunft haben. So folg­ten den Aussagen zu aktuellen Gegebenheiten Ausführungen zum globalen Wandel und zur Dynamik der Veränderungen.

Anschließend gingen wir aufVordenker und aktiv Handelnde, auf Erforder­nis­se bei den Vorantreibenden, sowie bei sozialen Gebilden und Lebens­um­welt ein, um schließlich Behinderungen und Verhinderungen in den Blick zu nehmen. In diesem Zusammenhang thematisierten wir Strukturen, Funk­tions­trä­ger und Widerstände.

Im Zuge einer Ergebnisbetrachtung wurden Ergebnisse als multifaktoriell bestimmte temporäre Phänomene identifiziert, die nicht nur von Vordenkern und Handelnden bestimmt werden. So ließen sich positive und negative Ent­­wicklungen näher beleuchten und deren Bestimmungsfaktoren aufzei­gen. Dies mündete ein in die Zusammenfassung, die Reflexion und den Aus­blick.

Dies alles berücksichtigend kommen wir zu dem Schluss, dass wir uns heu­te den heutigen Gegebenheiten, der Globalisierung und dem Wandel nicht entziehen können. Diese sind prägend für unsere Zeit und zu berück­sich­ti­gende Faktoren bei der Siche­rung von Zukunftsfähigkeit.

Bestehende Strukturen, übergeordnete Funktionsträger und aufkeimende Wi­­derstände können den positiven Einfluss der Vordenker und aktiv Han­deln­den nicht nur berichtigen, sondern auch be- oder gar verhindern. Dass sich das letztlich negativ auf Einzelne, soziale Gebilde und die Gesellschaft auswirkt, muss wohl nicht näher ausgeführt werden.

So wissen wir um die vielfältigen Einflüsse, die zu gewünschten oder nicht gewünschten Ergebnissen führen. So lassen sich denn auch positive und negative Entwicklungen in Abhängig­keit von personalen, strukturellen und sonstig beeinflussenden Faktoren als Zwischenergebnisse der Entwicklung konstatieren.

Dies führt uns zur Erkenntnis, daß unermütliches Bemühen durch Nichts zu ersetzen ist. Denn Stillstand ist Rückschritt. Und immer wieder neu ste­hen wir vor Herausforderungen. Wir stehen vor ihnen als Getriebene, als Mit­schwimmende oder als Treibende. Um unseren Part spielen zu können, scheint letztlich erforderlich, dass wir auf der Höhe der Zeit bleiben und uns unsere Kompetenzen unter ver­än­der­ten Gege­ben­hei­ten bewahren. Ohne eigene Anstrengung wird dies sicherlich nicht gelingen kön­nen. Unsere ei­ge­ne Entscheidung und unser eigener Einsatz werden mit darüber ent­schei­den, ob wir leben und mitgestalten oder ob wir gelebt wer­den. Sich „richtig“ zu entscheiden ist der Mühe wert.

Literatur

Groth A./Plaßmann Th. (2011): Führungsstark im Wandel, Campus Ver­lag, Frank­­furt/Main New York

Salber D. (2009): Wirklichkeit im Wandel, Bouvier Verlag, Bonn

Schmidt A. M. (2011): Organisation, Personalmanagement, Personalfüh­rung, Verlag Wissenschaftliche Scripten, Auerbach

Winkels R. S. (2007): Wandel : Herausforderungen und Chancen für Per­sonalentwicklung und Betriebliche Weiterbildung, Lit Verlag, Berlin Mün­s­ter Wien Zürich London

Anfragen

Frage 1:

Wie können wir Einfluss darauf nehmen, dass uns und unsere Mitarbeiter der globale Wandel und die Dynamik der Veränderungen nicht überfordern?

Frage 2:

Welche Grundhaltung gegenüber Kooperationspartnern erscheint angemes­sen, um im Miteinander die sich ergebenden Herausforderungen zu bewälti­gen?

Frage 3:

Eine Reihe von Einflussfaktoren lassen sich durch uns beeinflussen, eine andere Reihe leider nicht. Wie können wir jene Schräubchen identifizieren, an denen wir drehen können?

Frage 4:

Wenn stetes Bemühen in Zeiten der Veränderungen erforderlich und die Geruhsamkeit verloren gegangen ist, bedarf es da nicht neuer Refugien der Regeneration und von Auszeiten, um langfristig leistungsfähig zu sein und zu bleiben?

Frage 5:

Verstehen wir uns als Getriebene oder als Treibende? Und welche Auswir­kungen hat in diesem Zusammenhang unsere Grundeinstellung?

Antwortversuche

Antwortversuch zu Frage 1:

Wir können den Versuch unternehmen, Entwicklung zu beeinflussen, denn nicht Dinge zwingen, sondern Menschen, die hinter den Dingen stehen. Da­rüber hinaus können wir Unterstützung gewähren und bei Rückfragen hilf­reich zur Seite stehen.

Antwortversuch zu Frage 2:

Bei dem wechselseitig aufeinander angewiesen sein, der notwendigen Bün­delung von Kompetenzen um Herausforderungen trotzen zu können, er­scheint wohl nur eine Grundhaltung sinnvoll. Es ist dies die Grund­hal­tung, die auf Zusammenarbeit setzt, ungesunde Rivalität und „Null-Sum­men-Spie­le“ vermeidet.

Antwortversuch zu Frage 3:

Ein identifizieren der Schräubchen an denen wir drehen können geschieht zumeist durch den Versuch. So wird sich zeigen, was geht und was nicht. Da wir allerdings nicht alles das tun sollten was wir könnten, erscheint eine vor­hergehende Abschätzung der Folgewirkungen angebracht. Wir sprechen hier von einer Berücksichtigung der handlungstheoretischen Verantwortungsstu­fen. Gefordert ist letztlich Professionalität, Legalität und Legitimität.

Antwortversuch zu Frage 4:

In Zeiten der Veränderungen und eines Verlustes von Geruhsamkeit sind neue Refugien der Regeneration und Auszeiten Hilfen dafür, nicht dem „Burn-Out-Syndrom“ zu verfallen. Ob nun „Kloster auf Zeit“ oder feste Zei­ten des Rückzugs, ob Wanderungen in der freien Natur oder die Konzentration auf Familie und Freundeskreis: wichtig erscheint der Ausgleich, damit nicht gesundheitliche Schäden der Preis der Überlast sind.

Antwortversuch zu Frage 5:

Die Grundeinstellung des Einzelnen ist für diesen eine maßgebliche Größe. Sie hat prägenden Einfluss auf dessen individuelles Ver­halten. Treibende nehmen selbstbewusst die Dinge in die Hand, Getriebene sind Spielball des Geschehens. Handelnde setzen selbst Akzente, während Passive tendenziell „gelebt werden“. Mit der Grundeinstellung und dem Grad der Aktivität ver­bindet sich gerade in einer Zeit des Wandels die Ausprägung der Zufrie­den­heit. Diese wiederum ist Zeichen dafür, in welchem Ausmaße individuelles Selbstverständnis mit der vorfindlichen Lebensumwelt korrespondiert.

Person, Persönlichkeit und Selbstverständnis

aus christlicher Sicht

Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung

Eine Auseinandersetzung mit Person, Persönlichkeit und Selbstverständnis reflektiert individuelles Sein und gibt damit Bewusstsein, das hilft, den Per­sonen und Dingen gegenüber die für richtig erachteten Weg konsequent zu gehen. Sie ist damit eine Klärungshilfe mit nachfolgenden Auswirkungen und soll dies auch sein.

Denn nicht als Getriebener, sondern als Treibender setzt man Akzente und hat die Möglichkeit, in freier Selbstbestimmung verantwortungsbewusst zu handeln. Gerade dies zeichnet das Menschsein aus. Der Einzelne wird damit zur Besonderheit in all den Facetten seines Seins.

Warum eine Auseinandersetzung mit der aufgeworfenen Thematik gerade heute wichtig erscheint, lässt sich rasch darstellen und nachvollziehen. Es ist dies die in unserer Gesellschaft vorzufindende Re­la­tivierung von Werten und ein damit ein­hergehender Orientierungsver­lust, der gerade angesichts der vielfältigen Wand­­lungsprozesse und einer Dynamik globaler Entwicklung der Bewältigung bedarf.

Die nachfolgende Betrachtung kann natürlich nicht auf den Einzelfall ein­ge­hen. Insoweit ist eine Beschränkung auf das Grundsätz­liche gegeben und muss es auch sein. In der Erkenntnis vom Allgemeinen zum Besonderen vor­zugehen erscheint denn auch als sinnvoller Weg, der mit den nach­fol­gen­den Ausführungen nicht abgeschlossen ist und auch nicht sein kann.

Kontextgebundenheit schränkt die nachfolgend getroffenen Aussagen in ih­rem Erläuterungswert weiter ein. Insoweit ist Bescheidenheit angesagt. Und doch soll zum Ausdruck kommen, welcher Standpunkt für uns überzeugend er­scheint und uns von da her Orientierung zu geben vermag.

Nicht zuletzt ist darauf zu verweisen, dass eine interdisziplinäre Betrach­tung Schwächen aufweist, dafür aber einen Gesamtüberblick über den gewählten Themenkreis ermöglicht. Darauf aufbauend können themenbezogene Aus­füh­rungen aus fachwissenschaftli­cher Sicht vertiefend wirksam werden.

So unternehmen wir den Versuch, Person, Persönlichkeit uns Selbstver­ständ­­nis aus christlicher Sicht zu beleuchten und deren Verhältnis zueinan­der zu klären. Im Einzelnen soll deren Wesen und Inhalt thematisiert und schlussendlich resultierende Konsequenzen für das individuelle Handeln auf­gezeigt wer­­den.

Wir sind mithin bemüht, aus fortschreitender Erkenntnis, einem Bewusst­wer­den und Bewusstmachen von Gegebenheiten resultierende Schlüsse zu ziehen, die individuell verarbeitet, beim Rezipienten angemessen erschei­nen­de Einstellungen und Verhaltensweisen begün­sti­gen sollen.

Zielvorstellungen finden ihre Begrenzung durch das autonome Entschei­dungs­­recht des Menschen. Er hat letztlich zu entscheiden, ob er nach­fol­gen­de Ausführungen als Orientierungsgröße für sich anerkennt und sein künf­tiges Verhalten an ihnen ausrichtet.

Person und Persönlichkeit

„Der Mensch ist Person und hat Natur. Insoweit bildet er eine Person-Natur-Einheit. … Dabei fällt es der biologischen Natur zu, personale Natur zu schützen, wie zu begrenzen. Die Natur gibt zu denken und zu deuten; sie fordert zu Wertung und Urteilsbildung heraus.“ (Schallenberg 2011, 114)

Innerhalb der gesetzten Grenzen hat die Person Freiraum, der zu gestalten ist. Und innerhalb dieses Könnens kann der Einzelne auch nach dem Sollen fra­gen. Diese Fähigkeit zeichnet ihn gegenüber den übrigen Geschöpfen aus. Nach christlichem Glauben ist Gott Schöpfer und Urbild, der Mensch hin­ge­gen Ge­schöpf und Abbild. (vgl. Schallenberg 2010, 127) Damit wird Huma­nis­­mus, der den Menschen zum Maß aller Dinge setzt, relativiert und eine trans­zendentale Dimension erschlossen.

Aus dem Abbildtatbestand resultiert, dass „die menschliche Natur als un­mit­telbares Kriterium sittlichen Handelns das Ergebnis eines komplexen Ver­ste­hens­pro­zesses, von Deuten und Wer­ten (ist).“ (Demmer zit. nach Schal­len­berg 2011, 114)

„Als Individuum ist jeder Mensch einzigartig und von unvergleichlicher Wür­de bestimmt. Und zugleich kommt dieses Individuum zu einzigartigen und unverwechselbaren Lebensentscheidungen und Handlungsweisen, die erst aus der Person eine Persönlichkeit erwachsen lassen.“ (Schallenberg 2010, 115)

Damit wird klar, dass man Person ist und sich im Laufe der individuellen Entwicklung zur Persönlichkeit entfaltet. Denken und Fühlen bestimmt das Handeln des Einzelnen. Nicht aus sich selbst heraus, sondern als Abbild vom Urbild ist man dabei Empfangender und doch herausgefordert.

„In der christlichen Glaubenslogik besteht die Würde des Menschen darin, so von Gott anerkannt und gesucht zu werden, dass er in der Geschichte in Selbstbestimmung seine Identität gestalten darf, und dass er von Gott hierin unendlich wertgeschätzt wird und umfangen bleibt.“ (Striet 2010, 141)

Letztlich führt uns die innerliche Erkenntnis individueller Bestimmung zur Frage nach deren Umsetzung, zur Frage nach der Nutzung aller Talente und Möglichkeiten für ein gutes und gelingendes Leben. (vgl. Schallenberg 2010, 127)

„Der Begriff Persönlichkeit umfasst die einzigartigen psychologischen Ei­gen­schaften eines Individuums, in denen es sich von anderen unter­schei­det.“ (Asendorpf 1999, 5) Sie ist stetige Aufgabe, unter Nutzung von ererbten An­la­gen und erwor­be­ner Umwelterfahrungen, seiner Bestimmung als Subjekt ge­recht zu wer­den.

Insoweit ist die Persönlichkeit des Menschen eine Werdende und sich Ent­fal­tende. Sie ist eine lebenslange Baustelle, deren Grundstrukturen zwar bald erkennbar sind, deren Vollendung jedoch – wie es so schön heißt – auf sich warten lässt.

Sich entfaltende Persönlichkeit impliziert dafür die Fähigkeit, neue Wege zu gehen und sich zu verändern. Und dies betrifft nicht nur den individuellen Wandel vom Kind zum Erwachsenen mit kind- bzw. erwachsenengemäßen Ansich­ten und Einsichten.

Stellenwert und Selbstverständnis aus christlicher Sicht

Menschliches Sein ist in seiner Vielfältigkeit – entgegen teilweise vorzufind­­dender menschenverachtender Gepflogenheiten – erst einmal ernst und an­zu­neh­men. Denn gegenüber den Mitgeschöpfen ist die Vernunftbegabung des Individuums kenn­zeich­­nen­des Charakteristikum und differenzierende Besonderheit. Insoweit kommt dem Menschen die Stellung als „Krönung der Schöp­fung“ zu – nicht aus des­sen Verdienst, sondern aus ge­schenkter Gna­de.

Dies anerkennend ergibt sich resultierend eine Grundhaltung, die über das „eigene Ich“ hinaus denkt und auch entsprechend handelt. Wenn wir zu­weilen hinter unseren eigenen Ansprüchen zurück bleiben, so ist dies letzt­lich der mensch­lichen Un­vollkommenheit geschuldet.

Und doch ist das stete individuelle Bemühen, dem eigenen Selbstverständnis ge­recht zu werden schlussendlich ausschlaggebend. Mehr als unser Bestes zu geben kann niemand verlangen und unsere Grenzen können wir so ohne weiteres auch nicht überschreiten.

Wenn wir das Selbstverständnis eines Menschen betrachten, so zeigt sich in ihm die individuelle Sicht und der individuelle identifizierte Wesenskern der eigenen Persönlichkeit. Inwieweit subjektives Empfinden jedoch mit den re­alen Gegebenheiten und der Sicht Anderer übereinstimmt, bleibt in diesem Zusammenhang offen.

Ein christlich geprägtes Selbstverständnis resultiert aus der Überzeugung, als Ebenbild Gottes geschaffen zu sein.Damit kommt dem Menschen Würde zu. So wird der Glaube zu einem tragenden Fundament individuellen Seins und eines christlich Selbstverständnisses.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Handeln

Abbildung 7:

Wirkkette und Einflüsse

Quelle: selbst erstellt

Dieses hat Einfluss auf individuelle Verhaltensweisen. Denn das eigene Selbst­verständnis ist treibende Kraft. Und Jeder ist wohl bemüht, eine in­ne­re Zer­rissenheit zu vermeiden und mit sich im Reinen zu sein.

Wenn einem Selbst Würde zukommt, so gilt dies auch für andere. Ihnen gegenüber ist also auch deren Würde Rechnung zu tragen, sodass man deren Anerkennung der eigenen Würde einfordern kann. Die Frage des Um­gangs miteinander steht damit im Raum.

Solidarität und Subsidiarität sind Konsequenzen aus dieser Würde. Solidari­tät lässt den Nächsten in der Not nicht im Stich, Subsidiarität sichert ihm Frei­heit und Freiraum zu selbstbestimmtem Leben. Insoweit ist einem Weg­se­hen ebenso entgegen zu treten, wie einer entmündigenden Überversor­gung.

Das angemessene Maß zu finden und zu berücksichtigen stellt sich uns dabei als stetige Herausforderung für Einzelne, soziale Gebilde, Gesellschaft und Weltgemeinschaft dar, die auch die Mitschöpfung berücksichtigen sollte. Eine Vernachlässigung des Bemühens um dieses rechte Maß würde – und dessen können wir gewiss sein – uns längerfristig alle ärmer machen.

Konsequenzen

Dies führt uns zu Forderungen aus eigenem Erkennen. Diese sind individu­ell bestimmt und abhängig

- von Anlagen und familiären Hintergrund,
- von den jeweiligen Umwelteinflüssen,
- vom Ausmaß des Reflektierens der eigenen Person, der Optionen und Wert­vorstellungen,
- der Positionierung zwischen Egozentrismus und Altruismus,
- aber auch dem Nachdenken über Erwartungen und Ziele,
- der Einsatzbereitschaft, sowie
- der Definition des für gut Erachteten und
- der Ausprägung des Verantwortungsbewusstseins.

[...]

Ende der Leseprobe aus 189 Seiten

Details

Titel
Wandel, sozialer Bezug, Umwelt
Untertitel
Reflexionen zu aktuellen Herausforderungen und Bewährungsfeldern
Autor
Jahr
2012
Seiten
189
Katalognummer
V203584
ISBN (eBook)
9783656302315
ISBN (Buch)
9783656302421
Dateigröße
3069 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Wandel, sozialer Bezug, Umwelt, Herausforderungen, Bewährungsfelder
Arbeit zitieren
Prof. Dr. Alfons Maria Schmidt (Autor:in), 2012, Wandel, sozialer Bezug, Umwelt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203584

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