Vergleich der Gretchenhandlung in Goethes „Faust. Frühe Fassung“ (1775), „Faust. Ein Fragment“ (1790) und „Faust I“ (1808)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführende Bemerkungen
1.1. Fragestellung
1.2. Die Entstehung

2. Darstellung und Vergleich in szenischer Reihenfolge
2.1. Auerbachs Keller
2.1.1. Inhaltliche Besonderheiten
2.1.2. Historischer Kontext
2.1.3. Stilistische Besonderheiten
2.2. Land Strase
2.3. Hexenküche
2.3.1. Wirkung von Margarete auf Faust-Bedeutung für die Handlung
2.3.2. Bedeutung der Verjüngung im historischen Kontext
2.4. Strase bis Ein Gartenhäusgen
2.5. Gretgens Stube bis Zwinger
2.6. Wald und Höhle
2.7. Dom
2.8. Nacht. Vor Gretgens Haus
2.9. Walpurgisnacht, Walpurgisnachtstraum
2.10. Faust. Mephistopheles/ Trüber Tag. Feld. Nacht. Offen Feld
2.11. Kerker
2.11.1. Unterschied des Endes
2.11.2. Unterschied der Sprache

3. Schlussbetrachtung

4. Literaturverzeichnis
4.1. Primärliteratur
4.2. Sekundärliteratur

1. Einführende Bemerkungen

1.1. Fragestellung

„Mein schönes Fräulein darf ich wagen/ Meinen Arm und Geleit ihr anzutragen?“[1]

Mit dieser Frage Fausts beginnt die Gretchentragödie. Diese Arbeit soll sie separiert von dem übrigen Fauststoff in den drei benannten Fassungen vergleichen. Dabei werden Kenntnisse des Inhalts der Szenen vorausgesetzt und nur auf Besonderheiten und Unterschiede zwischen den Fassungen eingegangen. Die Fragestellung, die diese Arbeit zu beantworten sucht, kann folgendermaßen gestellt werden:

Worin unterscheiden sich die drei Fassungen und womit sind die inhaltlichen und sprachlichen Änderungen begründet?

Der Aufbau dieser Arbeit folgt den Szenen der Gretchenhandlung. Es werden bei den relevanten Szenen die Inhalte der verschiedenen Fassungen gegenübergestellt, um inhaltliche Doppelungen zu vermeiden.

Bevor mit dem Szenenvergleich begonnen wird, soll kurz die Entstehungsgeschichte des Faust dargestellt werden.

1.2. Die Entstehung

Im Herbst 1775 las Goethe aus Skizzen zu einem Faust-Drama in Weimar vor. Das Hoffräulein Luise v. Göchhausen lieh sich die Skizzen aus und schrieb sie ab. Die damaligen Manuskripte Goethes sind nicht mehr erhalten. Diese Abschrift, die Faust. Frühe Fassung genannt wird, wurde erst 1887 im Nachlass des Hoffräuleins entdeckt und veröffentlicht. Goethe veränderte seine Manuskripte und veröffentlichte sie 1790 als Faust. Ein Fragment. (vgl. „Goethe’s Schriften“ bei Göschen in Leipzig). Er ließ hier einige Szenen aus der nicht erschienenen Urfassung weg, so dass das Fragment mit der Szene Dom endete. Auf Drängen verschiedener Zeitgenossen arbeitete Goethe seit 1797 weiter am Fragment und konnte 1808 die Endfassung Faust. Eine Tragödie, auch Faust I genannt, publizieren. Der zweite Teil des Faust wird 1832 publiziert.

2. Darstellung und Vergleich in szenischer Reihenfolge

2.1. Auerbachs Keller

2.1.1. Inhaltliche Besonderheiten

Die Gretchentragödie wird durch die Szene Auerbachs Keller in Leipzig eingeleitet, denn hier wird der zurückhaltende Gelehrte, zwar noch im Umkreis der Universität, aus der Sphäre der Wissenschaft entfernt. Sein Umgang ist nun von selbst- und menschheitsvergessenen Saufgesellen geprägt.

Mephisto will Faust solche Gesellschaft „Nacht nächtlich“[2] verschaffen und ihn damit zum Selbstverlust führen und mit Genuss betrügen.

In der Frühen Fassung veranstaltet Faust selbst den Weinzauber und die Traubenillusion. Hier ist sie lediglich als Zauberkunststück zu sehen.

Die Französische Revolution (siehe Abschnitt 2.1.2.) hat ihre Auswirkungen auf Goethe und seine Änderungen in dieser Szene seit dem Fragment: Nun führt Mephisto den Weinzauber durch. Faust hingegen ist die ganze Zeit über unbeteiligt und sagt nur: „Ich hätte Lust, nun abzufahren.“[3] Es zeigt sich, dass es Mephisto nicht gelungen ist, Faust in eine Umgebung zu bringen, die seinen Wünschen entspricht.

2.1.2. Historischer Kontext

Seit dem Fragment kommt noch ein weiteres inhaltliches Element hinzu, nämlich das der revolutionären Freiheitsbestrebungen des Volkes, hervorgerufen durch die Französische Revolution. Diese hatte für die Änderungen im Vergleich zur vorrevolutionären Frühen Fassung eine große Bedeutung. Eine Anspielung auf die Französische Revolution findet sich im Ausspruch: “Es lebe die Freiheit, es lebe der Wein!“[4] Hier wird durch den Vergleich des Freiheitsdurstes mit dem Weindurst der „grölenden“ Studenten das Freiheitspathos lächerlich gemacht.

Ebenso spricht die neu hinzugekommene Äußerung Mephistos auf die grölende Studentenrunde die Ereignisse in Frankreich auf sarkastische Weise an: „Das Volk ist frei, seht an, wie wohl’s ihm geht!“[5]

2.1.3. Stilistische Besonderheiten

In der Frühen Fassung ist die Szene Auerbachs Keller in Leipzig noch in Prosa verfasst. Durch die Prosa werden in der Sturm-und-Drang-Zeit das Natürlich-Unmittelbare und das Herbe zum Ausdruck gebracht. So traktiert Goethe satirisch durch die Zechlieder der Studenten auch den Klerus und das Höflingswesen. Die in der Frühen Fassung eingestreuten Lieder, wie zum Beispiel das Volkslied und das politisch-historische Lied, werden schnell unterbrochen und stattdessen grobianische Liebeslieder und ein Lied gegen die Neffenwirtschaft des Adels gesungen.[6]

Die beiden später veröffentlichten Fassungen des Fragments und des Faust I sind im Unterschied zur Frühen Fassung in Versform umgearbeitet und werden der Schaffensphase des „klassischen Goethe“[7] zugeordnet. “Für den klassischen Goethe sind die Stimulierung des Freiheitsdrangs und die soziale Weinspende im Wortsinn Teufelswerk!“[8]

2.2. Land Strase

Die kurze Szene Land Strase ist nur in der Frühen Fassung enthalten. Hier werden durch die Bühnenanweisungen die zentralen Probleme des Gretchendramas angedeutet. Dies sind zum einen die sozialen Spannungen durch die Opposition vom alten Schloss und dem „Bauernhäusgen“, die in der Ferne zu sehen sind. Diese Spannungen wird es später auch in der Liebe zwischen Margarete und Faust geben, da erstere dem Kleinbürgertum, Faust jedoch dem Bildungsbürgertum angehört. Zum anderen besteht eine religiöse Spannung, die durch die Unterhaltung über das Kruzifix am Wege, das Mephisto zuwider ist, angedeutet wird. Die religiöse Dimension wird später wieder aufgenommen, indem Margarete versucht, durch die berühmte Gretchenfrage herauszufinden, wie Faust es mit der Religion habe.[9]

2.3. Hexenküche

Die Szene Hexenküche ist in der Frühen Fassung noch nicht vorhanden. Sie steht in den späteren Fassungen an der Stelle der Szene Land Strase.

[...]


[1] Johann Wolfgang Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil, in: ders.: Faust, hrsg. v. Erich Trunz, 15. durchges. Aufl., München 1993, S. 84.

[2] Johann Wolfgang Goethe: Faust Texte, in: ders.: Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche, Bd. 7/1: Faust. Frühe Fassung, hrsg. v. Albrecht Schöne, Frankfurt a. M. 1994, S. 486, V. 55.

[3] Johann Wolfgang Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil, in: ders.: Faust, hrsg. v. Erich Trunz, 15. durchges. Aufl., München 1993, S. 74.

[4] Ebd. S. 72.

[5] Ebd. S. 74 .

[6] Vgl. Ulrich Gaier: Goethes Faust-Dichtungen, Ein Kommentar, Bd. 1: Urfaust, Stuttgart 1989, S. 192.

[7] Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 144.

[8] Ebd. S. 148.

[9] Vgl. Goethe. Faust. Frühe Fassung, S. 520.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Vergleich der Gretchenhandlung in Goethes „Faust. Frühe Fassung“ (1775), „Faust. Ein Fragment“ (1790) und „Faust I“ (1808)
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
13
Katalognummer
V203295
ISBN (eBook)
9783656298779
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bürgerliche Trauerspiele, Gretchentragödie, Goethe, Faust, Goethes Faust
Arbeit zitieren
Christian Osterfeld (Autor:in), 2008, Vergleich der Gretchenhandlung in Goethes „Faust. Frühe Fassung“ (1775), „Faust. Ein Fragment“ (1790) und „Faust I“ (1808), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203295

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