Innerbetriebliche Maßnahmen zur Abmilderung des aufkommenden Fachkräftemangels in Deutschland


Bachelorarbeit, 2012

61 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Methode

3 Der Fachkräftemangel in Deutschland
3.1 Begriffsabgrenzung Faehkräftemangel
3.2 Ursachen des Faehkräftcmangcls
3.2.1 Veränderungen der Wirtsehaftsstruktur und der demografisehen Verhält­nisse
3.2.2 Räumliche, arbcitsbcdingungsbczogcnc und qualifikatorischc Diskrepanzen
3.2.3 Praxis der Personalrekrutierung
3.2.4 Veränderungen im Bereich der Bildung
3.3 Betroffene Branchen und geografische Bereiche
3.3.1 Branchen
3.3.2 Geografische Bereiche

4 Innerbetriebliche zielgruppenorientierte Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel
4.1 Relevante Maßnahmen im Allgemeinen
4.2 Die Situation der Frauen als Zielgruppe
4.2.1 Frauen und Familie
4.2.2 Frauen und Karriere
4.3 Die Situation der älteren Erwerbstätigen als Zielgruppe
4.4 Die Situation der Migranten als Zielgruppe

5 Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

3.1 Bevölkerungsentwicklung von 1910 bis 2060 in Etappen

3.2 Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials bis 2050

3.3 Altersstruktur des Erwcrbspcrsoncnpotcnzials bis 2050

3.4 Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis 2030 in Mio. Personen .

4.1 Hauptfokus Pcrsonalarbcit zur Abmilderung des Faehkräftcmangcls

4.2 Erwerbsformen und Tcilzcitquotcn 2010 nach Geschlecht und Alter

4.3 Familienfreundliehe Maßnahmen

4.4 Maßnahmen zur Karricrcfördcrung von Frauen

4.5 Maßnahmen für Älterer bis ins Rentenalter

4.6 Veränderungen der Leistungsvoraussetzungen im Alter

4.7 Maßnahmen zur Migranteninklusion

5.1 Ziclgruppcnoricnticrtc innerbetriebliche Maßnahmen zur Abmilderung des Faeh­kräftcmangcls in Deutschland

Tabellenverzeichnis

3.1 Die Engpassberufe für Akademiker

3.2 Die Top Ten Engpassberufe für beruflieh Qualifizierte

3.3 Arbeitskräftesaldo nach Fachrichtung von 2010 bis 2030

1 Einleitung

Eine Sonderumfrage des Informations- und Forschungsinstitutes (IFO) im Oktober 2010 ergab, dass bereits heute 37 Prozent der Unternehmen mittelmäßig bis stark vom Faehkräfteman- gel betroffen sind. Bis zum .Jahr 2020 erwarten sogar 71 Prozent der befragten Personallei­ter, dass ihr Unternehmen mittel bis stark davon betroffen sein wird.1 Entsprechend ernst zu nehmen ist die besorgniserregende Entwicklung von teilweise chronifizicrcndcn Engpässen in einigen Branchen des nationalen Arbeitsmarktes, sodass allein im Dienstleistungssektor, wie Arbeitsmarktprognosen belegen, bis 2030 eine Lücke von 5 Millionen Fachkräften vorherge­sagt wird.2 Weniger Arbeitskräfte führen zu einer Verteuerung des Produktes ’Qualifizierte Arbeitskraft’ sowie zum Absinken der Produktion von Gütern und Dienstleistungen aufgrund fehlender entsprechend qualifizierter Erwerbspersonen und würde damit die Wettbewerbsfähig­keit Deutschland auf Dauer in Frage stellen.3 Diese Aussichten haben nun die Politik aktiviert, sodass bereits zahlreiche politische Programme gegen den aufkommenden Faehkräftcmangcl erarbeitet wurden, um Wohlstandscinbußcn, die die Prognos AG auf 4,6 Billionen Euro im -Jahr 2030 beziffert4 5, abzumildcrn.0 Trotz der politischen und auch auch intensiven media­len Präsenz des Themas sind deutsche Arbeitgeber immer noch zögerlich in ihrer Reaktion.6 Während laut HR-Index 2012 Faktoren wie Arbeitgeberattraktivität und Rekrutierung infolge der antizipierten Engpässe am Arbeitsmarkt zu den Top-Themen der Pcrsonalarbcit gehören, stehen andere bcrciehsrclcvantc Aktionsbereiche, beispielsweise die angepasste Förderung von Frauen, Familien oder älteren Mitarbeitern im Unternehmen, noch immer zu weit unten auf die Prioritätcnlistc, werden nicht von der Chefetage vorgclcbt oder werden gänzlich ignoriert.7 Auch wenn einige Unternehmen schon Konzepte entworfen haben, wie zum Beispiel die Allianz durch eine strategische lü-jährigc Pcrsonalplanung mit einer digitalen Verknüpfung der Mit­arbeiterdatenbanken mit Altcrsstrukturanalyscprogrammcn8, haben andere Unternehmen das aufkommende Problem noch nicht erkannt oder schieben cs als zukünftige Erseheinung weit weg.9

Die folgenden Ausführungen sollen eine strukturierte Analyse des Faehkräftcmangcls in Deutschland geben. Nach einer kurzen Erläuterung der ausgewählten Literatur wird zunächst der Begriff ’Fachkräftcmangcl näher definiert und die Ursachen dessen akzentuiert dargcstcllt. Daraufhin erfolgt eine Abgrenzung der betroffenen Branchen sowie eine Darstellung geogra­fischer Entwicklungsprozesse der Knappheit auf dem Faehkräftemarkt und Besonderheiten in verschiedenen Regionen. Der genaueren Beleuchtung des Fachkräftcmangcls schließen sieh dann Maßnahmen an, die auf betrieblicher Ebene implementiert werden sollten, damit eben nicht je­ne Wachstums- und Wühlstandseinbußen vorgenannter verschiedener Prognosen cintrctcn und Unternehmen nachhaltig schädigen oder gar vom Markt verschwinden lassen. Dabei werden diese Maßnahmen im Anschluss an eine erste Erklärung von sinnvollen Instrumenten nach unterschiedliche Zielgruppen geordnet, die verschiedenartig angesprochen und cinbczogcn wer­den sollten. Hier werden Frauen als Zielgruppe näher gebracht mit ihrer doppelten Rolle in der Familie und Karriere. Anschließend werden Altere in den Fokus gerückt und daraufhin Migranten thematisiert. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung des Themengebietes und cs wird ein schlussfolgernder Ausblick vorgcstcllt. Die geforderten Maßnahmen beziehen sieh insgesamt nur auf die betriebliche Ebene und schließen notwendige gesetzliche Änderungen auf politischer Ebene wie beispielsweise Einwanderungsbestimmungen oder Bildungschanccn- vcrbcsscrungcn von Schülern mit Migrationshintergrund nicht mit ein, da diese bereits durch umfangreiche Maßnahmcnkatalogc der Bundesregierung und spezialisierte Arbeitsgruppen ab- gedeekt ist.

2 Methode

Der Faehkräftemangel in Deutschland ist keineswegs ein neues Thema, sondern ist schon seit Mitte 2009 ein dauerhaftes Thema öffentlicher Diskussion.10 Während der ersten Recherchen, die durch die cdu-Suchfunktion11 von google unternommen wurden, stellte sieh heraus, dass bisher hauptsächlich politische Institutionen und Arbeitgeberverbände die Thematik aufgegriffen ha­ben, jedoch erfolgte die Auseinandersetzung damit nahezu ausschließlich auf politischer Ebene. Nachdem ein Grundverständnis durch diese ersten Nachforschungen zum Thema angelegt war, ermöglichte dann eine umfangreiche Benutzung von Datenbanken der Universitätsbibliothek Rostock, der Nicdcrsächsischcn Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und der Hoch­schule Harz eine Erweiterung des Quellenspektrums und des Verständnisses des Gesamtzusam­menhangs zum Thema Faehkräftemangel in Deutschland. Die durch die Hochschuldatcnbankcn ermöglichte Nutzung von konkreten Fachbüchern und Faehzcitsehriftartikcln begründete eine noch intensivere Beleuchtung des Sachverhaltes und ging einher mit der fortwährend parallel dazu geführten Online-Reehor ehe über den googlc-Scrvcr. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Themengebiet Faehkräftemangel in Deutschland zeigte, dass sieh auch nicht-politisch mo­tivierte Fachautoren hauptsächlich mit rechtlichen und politiseh-orientierten Thcmcnbcrciehcn befassen oder, wenn sic tatsächlich handfeste Handlungsprämissen Vorschlägen, diese nur einige wenige Organisationsbcrciehc berühren und somit konzeptionell gesehen nicht implementierbar sind, weil sic nicht umfassend, systematisch und zusammenhängend sind. Es fiel auf, dass nur vereinzelt wirklich umfangreiche Konzepte vorlicgcn, die den deutschen Unternehmen helfen können, entsprechend angemessen auf die Nachricht „Zukünftiger Faehkräftemangel“ zu reagie­ren. Daher wurde der Fokus weiterer Recherchen dann eben genau auf diese Unzulänglichkeit gesetzt und cs wurden daraufhin die in den Fachqucllcn genannten Literaturverweise auf weitere neue Fachtexte genutzt und auf eine vielschichtige und mchr-pcrspcktivisehc Litcraturuntcrsu- ehung ausgeweitet. Anhand dieser Lit erat ursuchc konnte schließlich ein zusammenhängendes Inhaltsverzeichnis erstellt werden, um die zu diskutierenden Gesichtspunkte zusammen zu stel­len und darüber hinaus eine gezielte abschließende Recherche zu den noch nicht ausreichend beleuchteten Punkten zu ermöglichen.

3 Der Fachkräftemangel in Deutschland

3.1 Begriffsabgrenzung Fachkräftemangel

Damit ein klar umrisscncs Bild des Fachkräftcmangcls in Deutschland dargestellt werden kann, gilt cs den Begriff Faehkräftcmangcl als solches inhaltlich abzugrenzen. Ein Faehkräfteman- gel besteht dann, wenn Stellen in Unternehmen dauerhaft nicht besetzt werden können.12 Im Gegensatz zu konjunkturbedingten kurzzeitigen Engpässen am Arbeitsmarkt, die auch diffus in verschiedenen Branchen aufkommen können, ist von dem sieh zukünftig manifestierenden Faehkräftcmangcl ein konjunkturunabhängiger, stark mit Lücken durchsetzter Arbeitsmarkt zu erwarten.13 Auch wenn der Begriff ’Engpass’ im Verlauf dieses Textes in synonymisierter Form für den Faehkräftcmangcl verwandt wird, deutet er streng genommen nur auf eine zeitlich absehbare Vakanz hin, die sieh dauerhaft nicht verfestigt.14 Im Gegensatz zum Terminus ’Faeh- kräfteengpass’ bezieht sieh der Ausdruck ’Faehkräftcmangcl’ nicht etwa auf eine kurzfristige Vakanz von qualifiziertem Personal die cs zu besetzen gilt, sondern auf ein sieh manifestierendes mittel- und langfristiges Andauern oder gar eine Intensivierung eines Engpasses in bestimmten Berufen.15

Die Fachliteratur zieht für die Definition der vom Faehkräftcmangcl betroffenen Berufe zwei Indikatoren zu Rate: die Arbeitslosen je Stelle und die Vakanzzeit.16 Wenn eine genauere Ana­lyse der Arbeitsmarktsituation für einen bestimmten Beruf darzustellen ist, werden die Anzahl der Arbeitslosen und die Anzahl der gemeldeten vakanten Stellen verglichen. Sofern ein Gleich­gewicht zwischen Angebot und Nachfrage vorlicgt, wird dieser jeweilige Beruf als Engpassberuf eingestuft, da Berechnungen der Bundesagentur ergeben haben, dass zumeist nur jede dritte offene Stelle tatsächlich gemeldet wird. Dadurch ergibt sieh eine Glcichgcwichtsvcrändcrung der Knappheitssituation um den Faktor drei, was bedeutet, dass einer vakanten Stelle drei gemel­dete Arbeitslose dieses Berufszweiges gegenüb erstehen. Neben diesem Indikator wird jedoch zusätzlich eine zweite Kennzahl benötigt, um eine noch realistischere Darstellung der Eng­passsituation zu gewährleisten, da sieh aus der einseitigen Betrachtung verschiedene Probleme ergeben: Die Bundesagentur hat ermittelt, dass bei steigenden Qualifikationsanforderungen die Mcldcquotc sinkt. Zum Beispiel sind bei An- und Ungelernten 50 Prozent der Vakanzen offiziell, wogegen nur 17,7 Prozent bei Technikern gemeldet werden und 8,5 Prozent bei Mathematikern. Zudem werden Substituierungseffekte zwischen verwandten Berufen nicht statistisch erfasst, beispielsweise könnten Elektroingenieure auch Teelmikerstellen bekleiden und umgekehrt. Au­ßerdem werden die Vakanzen nicht geografisch differenziert, was einer absoluten Mobilität der Erwerbstätigen entspräche. Wenn also ein arbeitsloser Elektroingenieur aus Brandenburg theo­retisch eine Stelle im Rheinland annehmen könnte, bedeutet dies nicht automatisch, dass dies passieren wird. Dieser Fakt verdeutlicht einmal mehr, dass der aufkommende Faehkräftcmangcl nicht zu einer gänzlich versehwindenden Arbeitslosigkeit führen wird. Diese sehr unterschiedli­chen Problcmbcrciehc zeigen, dass nicht allein die Kennziffer Arbeitslose je Stelle ausreichende Informationen über Faehkräftccngpässc oder gar -mängcl gibt, sondern hier Verzerrungen der Informationen in die eine oder andere Richtung erfolgen. Um diese Verzerrungen zu minimieren, wird ein zweiter Indikator zu Rate gezogen: die Vakanzzeit. Sic „misst den Zeitraum zwischen dem gewünschten Besetzungstermin und der Abmeldung der Stelle bei der Bundesagentur für Arbeit“17 Die Vakanzzeit eines Berufes wird zur Ermittlung eines potenziellen Engpasses oder gar eines Mangels mit dem Durchschnitt der Vakanzzeit für alle Berufe verglichen. Da cs zum Teil starke Unterschiede zwischen den Vakanzzeiten verschiedener Berufe gibt, stellt sieh aller­dings auch hier die Frage, ob ein zuverlässiges Ergebnis zu erwarten ist, wenn die Berechnung eine Relation der jeweiligen Vakanzzeit zum allgemeinen Durchschnitt der Vakanzzeit aller Berufe darstellt. Insgesamt geben beide Indikatoren dann zusammen Aufschluss über die Ar­beitsmarktsituation und definieren den jeweiligen Beruf schließlich als Engpassberuf und somit als gefährdet für einen Faehkräftcmangcl, je nach tatsächlicher Vakanzzeit.18

Dass cs schon heute einen Faehkräftcmangcl gibt, wird kontrovers diskutiert. Von der Hand zu weisen ist jedoch nicht, dass dieser zwischen 2015 und 2020 kommen wird, weil verschiedene unumkehrbare Entwicklungen auf Deutschland eingewirkt haben und einwirken werden, die im folgenden Kapitel 3.2 erläutert werden.19

3.2 Ursachen des Fachkräftemangels

Da die Ursachen für den Faehkräftcmangcl sehr vielfältig und umfangreich sind und auch je nach Literatur verschiedenartige Gewichtung erhalten, werden im Folgenden nur die zentralen Entwicklungen und Ursachen dargestellt. Die anschließende Erläuterung von innerbetriebli­chen Maßnahmen wird anhand der aufgeführten Strategien eine weitere Vielzahl von Ursachen erwähnen und entsprechend thcmcnspczifisch herausarbeiten.

3.2.1 Veränderungen der Wirtschaftsstruktur und der demografischen Verhältnisse

Nach .Jahrzehnten mit steigender Arbeitslosigkeit und Personalüberhänge,n die zu Maßnahmen wie dem Frühverrentungstrend in den 1980 er und 1990er .Jahren führten, zeigen Prognosen seit einigen .Jahren sieh umkehrende Trends.20 Fachleute sprechen sogar von einem Paradig­menwechsel, der sich in Folge des Überangebots an Arbeitskräften seit den 1960er .Jahren umzukehren droht.21 Auch ist das Phänomen Fachkräftcmangcl nicht ganz neu, denn schon in den 1980er .Jahren brachte die Einführung der Mikroelektronik zeitweilige Fachkräfteengpässe mit sich. Trotzdem ist der derzeitige mediale Aufschrei über dauerhafte Engpässe in einigen Branchen ein langfristigeres und ernster zu nehmendes Problem, welches mitunter gewachsenen historischen und institutioneilen Ursachen geschuldet ist, die im Folgenden erläutert werden.22

Der Fachkräftemangel ist längst kein rein deutsches Phänomen, denn es zeigen sich in ganz Europa zwei Kernentwicklungen, die die Volkswirtschaften und die Arbeitsmärkte in mittcl- und langfristiger Zukunft prägen werden: strukturelle Veränderungen und demografische Ver­änderungen.23 Die strukturellen Veränderungen, die im Rahmen der Globalisierung stattfinden, bewirken eine tiefgreifende wirtschaftliche Umstrukturierung hin zu einer komplex vernetzten Wissensgesellschaft, die qualifizierte Kräfte zukünftig weniger denn je entbehren kann24. Mehr noch: Wissensintensive Tätigkeiten und insbesondere Dienstleistungen werden zunehmen, da Deutschland sich zukünftig noch stärker auf seine forschungs- und entwicklungsbezogene Rol­le im Globalisierungsprozess spezialisieren wird, um wettbewerbsfähig zu bleiben.25 Im Zuge dessen kommt es „zu deutlichen Verschiebungen der Beschäftigungsstruktur zwischen den Bran­chen“26, da Dienstleistungen eine höhere Einkommenselastizität der Nachfrage als industrielle Waren besitzen und komparative Vorteile Deutschlands im Zuge ländcrübcrgrcifcndcr Han­delsliberalisierungen größtenteils verloren gegangen sind.27 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich die Nachfrage nach qualifiziertem Personal entsprechend erhöhen wird, sowohl auf der Ebene der Mittel- als auch auf der Ebene der Hochqualifizicrung.28 '

Die zweite Kernentwicklung, die Deutschland vor große Herausforderungen stellen wird, ge­rade in Bezug auf die zukünftige Fachkräftebasis, ist demografischer Natur und verzeichnet einen besorgniserregenden Trend, der gegenläufig zum erhöhten Fachkräftebedarf durch die Globalisierung ist.29 Wenn auch Deutschland nicht das am schlimmsten vom demografischen Wandel betroffene Land dieser Welt ist, so ist es doch nach dem Spitzenreiter .Japan eines der am schnellsten alternden Nationen und wird durch eben diese starke Bevölkerungsalterung ab 2015, wenn die noch geburtenstarken .Jahrgänge der 1950er in Rente gehen, große Probleme im Fachkräftebereich bekommen, der weder durch eine verstärkte Zuwanderung noch durch eine steigende Erwerbsbeteiligung der Frauen aufgefangen werden kann.30 Schon seit dem Jahr 1997 ist das Arbeitskräfteangebot31 in Deutschland rückläufig, geschuldet der stetig gesunke­nen Fertilität der Frau seit dem sogenannten Pillenknick Mitte der 60er Jahre.32 Ein anhalten­der Wertewandel hin zum selbstbezogenen Individuum mit der neu gewonnenen Freiheit der Frau, eigene Entscheidungen über die Familienplanung treffen zu können, hat zu einer unum­kehrbaren demografischen Entwicklung mit stetig abfallenden Geburtenzahlen und steigender Kinderlosigkeit geführt, sodass Deutschlands Reproduktionszahlen seit nunmehr 40 Jahren ein Drittel unterhalb des Bevölkerungserhalts liegen.33 Im Jahr 2012 werden voraussichtlich in Deutschland nur 1,41 Kinder pro Frau34 geboren35, während im unmittelbaren Nachbarland Frankreich bevölkerungsreproduzierende 2,08 Kindern pro Frau für das Jahr 2012 erwartet wer­den.36 Die unverkennbaren Folgen der demografischen Veränderungen sind in Abbildung 3.1 für den Zeitraum 1910 bis 2060 in einzelnen Etappen dargestellt.

Ausgehend von einer gesunden Bevölkerungspyramide aus dem Jahr 1910, die Sozialsys­teme und Unternehmen gleichermaßen stützt aufgrund von vielen jungen und wenigen alten Menschen, entwickelt sich die deutsche Gesellschaft zunehmend zu einer urnenförmigen Bevöl­ kerungspyramide, die sich bis 2060 verschärft und problematische Entwicklungen, insbesondere für den Arbeitsmarkt, mit sich bringt.

Entsprechend alarmierend sind Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsfor­schung (IAB), die der Abbildung 3.2 zu entnehmen sind und einen starken Abfall des Erwerbs­personenpotenzials (EPP) verdeutlichen, bedingt durch die demografische Entwicklung.37

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.2: Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials bis 2050

Quelle: Entnommen aus Puchs et al. (2011b), S. 2.

In allen drei dargestellten Szenarien wird ein deutlicher Abfall des EPPs erwartet, egal ob im positiv optimistischen Szenario drei oder in den weniger optimistischen Szenarien eins und zwei, bei welchen kein Wanderungszuwachs eingerechnet wird. Im gravierendsten Fall, dargestellt durch Szenario 1, wird ein Defizit von 3 Millionen Fachkräften bis zum Jahr 2020 erwartet.38 Bis 2050 ist sogar ein Absinken des EPPs von 44,95 Millionen in 201239 auf rund 26,7 Millionen Menschen zu erwarten, wenn es keine Zuwanderung gibt und die Erwerbsquoten gleichbleibend sind.40 Das entspräche einem Verlust von knapp 40 Prozent der Erwerbspersonen im Vergleich zum Jahr 2010 und es ist ein Fachkräftemangel vorprogrammiert, egal wie optimistisch die Prognose ausfällt.

Zudem sorgt eine drastische Alterung der Erwerbspersonen, bedingt durch die allgemeine demografische Entwicklung, für eine zweite arbeitsmarktpolitische Entwicklung, welche durch die aufgeführte Abbildung 3.3 auf der nächsten Seite deutlich gemacht wird, bei der von einer gleich bleibenden Fertilität von 1,4 Kindern pro Frau ausgegangen wird.41

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.3: Altersstruktur des Erwerbspersonenpotenzials bis 2050

Quelle: Entnommen aus Puchs et al. (2011b), S. 5.

Der erkennbare Trend hin zum steigenden Anteil älterer Arbeitnehmer ab 49 Jahren steht einem sich im Verlauf stark reduzierenden Anteil jüngerer Arbeitnehmer bis 49 Jahren gegen­über, einhergehend mit einer ansteigenden Zahl von Menschen zwischen dem 65. und dem 74. Lebensjahr, demnach ergo vorwiegend Ruheständlern. Dies resultiert aus der oben genannten Fertilitätsabnahme der deutschen Frauen, die Mitte der 60er Jahre mit der Erfindung der Pille einsetzte.42 Der Anstieg der 60 bis 64-Jährigen um 1,6 Millionen Menschen bis 2030 im Ver­gleich zu 2011 legt darüber Zeugnis ab, dass nicht nur die Reduktion der Arbeitskräfte sondern vielmehr die Alterung innerhalb der arbeitenden Bevölkerung in mittelfristiger Zukunft und die starke Zunahme an Rentnern ab 2020 zu starken Umwälzungen des deutschen Arbeits­markts führen werden.43 Daher wird der zu erwartende Fachkräftemangel ab 2020 nicht eine vorübergehende Erscheinung aufgrund konjunktureller Abschwächungen sein, sondern Folge eines strukturellen demografischen Problems sowie der zunehmenden Tertiarisierung.44

3.2.2 Räumliche, arbeitsbedingungsbezogene und qualifikatorische Diskrepanzen

Neben demografischen Alterungsprozessen unserer Gesellschaft verursacht noch ein anderer Faktor Krisenstimmung auf dem zukünftigen Fachkräftemarkt, dieser ist jedoch nicht demo­grafischer sondern geografischer Natur.45 Da Deutschland auf infrastruktureller Ebene regional sehr unterschiedlich ausgebaut ist und neben einigen Wachstumsgegenden vielerorts eher peri­phere ländliche Areale hat, sind geografische Diskrepanzen auf dem Arbeitsmarkt entstanden, auch genannt „räumliches Mismatch“30.46 47 Inhaltlich bedeutet dieses räumliche Mismatch, dass es auf die gesamte Nation bezogen zwar Arbeitskräfte gibt, doch befinden sich diese nicht im­mer dort, wo sie gebraucht würden und somit entstehen mitunter chronifizicrcndc Vakanzen.48 ' Während beispielsweise der Norden des Landes sogar arbeitslose Ingenieure besitzt, suchen im Süden des Landes Metall- und Elektroindustrie händeringend nach Fachkräften.49 Warum die von der Arbeitslosigkeit betroffenen Fachkräfte nicht in ein anderes Bundesland mit besserer Arbeitsmarktsituation abwandern, hat nicht ausschließlich berufliche Gründe, denn potenzielle qualifizierte Arbeitskräfte von heute legen nicht nur Wert auf die berufliche Beschäftigung, sondern haben ein starkes Ausgleichsbedürfnis durch Familie und Freizeit neben ihrem Beruf entwickelt, die sogenannte ,,Work-Life Balance“50.51

Auf der anderen Seite bewirken die gebotenen Arbeitsbedingungen eine Diskrepanz zwischen Vakanz und verfügbarer Arbeitskraft, sodass der potenzielle Arbeitnehmer trotz Stellenange­bot keinen Arbeitsvertrag schließt, weil er mit den Konditionen nicht zufrieden ist, wie bei­spielsweise Bezahlung oder Arbeitszeiten. Diese Diskrepanz wird als Mismatch aufgrund der Arbeitsbedingungen bezeichnet.52 Somit existieren zwar Fachkräfte, nur gehen diese kein Ar­beitsverhältnis ein, da sie mit den gebotenen Arbeitsbedingungen nicht zufrieden sind und ein Mangel an Fachkräften ist die Folge. Ein aktuelles Beispiel ist das Gesundheitswesen, welches mit großen Lücken im Arbeitsmarkt konfrontiert ist, gerade im Arzte- und Pflegebereich. Viele potenzielle Fachkräfte sind mit den gebotenen Bedingungen wie Vergütung oder Arbeitszeit nicht einverstanden und treten die Stelle daher gar nicht erst an.53 Daher wundert es auch we­nig, dass mittlerweile zahlreiche Fachkräfte sogar abwandern, insbesondere Hochqualifizierte, um nach besseren Arbeitsbedingungen außerhalb von Deutschland zu suchen.54 '3 Im .Jahr 2010 wanderten laut statista 670.605 Menschen aus55 56, davon 141.000 Deutsche, was einer Verdreifa­chung des Anteils Deutscher seit den 70er .Jahren entspricht.40 Es entstehen langfristige Lücken in der Fachkräftedecke, die Über- oder Fehlregulierungen des speziellen Sektors geschuldet sind oder aus nicht zufriedenstellenden angebotsseitigen Arbeitsbedingungen erwachsen.57

Neben räumlichen und arbcitsbcdingungsbczogcncn Mismatchen existiert noch eine dritte Art von Diskrepanz, welche in der Fachliteratur als qualifikatorischcs Mismatch bezeichnet wird und den Fachkräftemangel in Deutschland mit verursacht.58 Dieses Mismatch geht einher mit der demografischen Entwicklung der deutschen Bevölkerung und beschreibt das allgemei­ne Fehlen von spezifischen Qualifikationsprofilen auf dem Fachkräftemarkt wie Ausbildung oder Berufserfahrung.59 Diese besondere Spezifikation von Berufsbildern führt zu einer weite­ren Ursache des problematischen Arbeitsmarktes in Deutschland und wird in Abschnitt 3.2.3 diskutiert.

3.2.3 Praxis der Personalrekrutierung

Das in Abschnitt 3.2.2 auf der vorherigen Seite genannte qualifikatorischc Mismatch, welches den deutschen Unternehmen bereits heute die Suche nach geeigneten Fachkräften schwer macht, führt zu einem weiteren Problem, das den nationalen Faehkräftcmangcl mit verursacht: die Praxis der Pcrsonalrckruticrung. Die heutigen Unternehmen richten die für die Stellenbeset­zung geforderten Berufsbilder geradezu unflexibel an formalen Kriterien aus und bieten damit Quereinsteigem oder ähnlich Qualifizierten kaum die Möglichkeit, die jeweilige Anstellung zu bekommen, nur weil sic statt eines Ingenieurtitels eine Technikerqualifikation haben.60 Die Durchlässigkeit zwischen den Berufen ist in Deutschland nahezu gar nicht vorhanden und lässt dadurch eine langfristige Lücke in Bereichen entstehen, die möglicherweise aus rein qualifika- torischcr Sieht nicht derart massiv, sondern durch die Rekrutierungspraxis der Unternehmen verstärkt wird.61 Der Chef der Arbeitsagentur Neumünster beschreibt dieses Phänomen wie folgt: „Arbeitgeber suchen Mitarbeiter, die hundert Prozent genau auf den .Job passen. Aber die haben wir nicht mehr. Und die, die cs tun, die haben meist die Auswahl unter mehreren Arbeitgebern.“62. Bisher beziehen die wenigsten Firmen tatsächlich Stellung zum zukünftig aufkommenden Faehkräftcmangcl und reagieren entsprechend. Mit Ausnahme von wenigen Fir­men wie beispielsweise der bereits erwähnten Allianz Deutschland AG befassen sieh nur wenige Firmen mit Konzepten zur angepassten und nachhaltigen Pcrsonalrckruticrung, um zukünfti­ge Arbcitsmarktcntwicklungcn abzumildcrn.63 Diese bisherigen untcrnchmcnscigcncn Rekru­tierungspraktiken verstärken das Faehkräftcproblcm in Deutschland und verlangen zusehends nach nachhaltigeren HR-Operationen sowie Anpassungen an Fachkräfteprofile, die durch Naeh- qualifizicrung von Zweitkandidaten und Verzieht auf starre Formalkritcricn umgesetzt werden mussen.

3.2.4 Veränderungen im Bereich der Bildung

Gerade der Problcmbcrcieh der Nachqualifizicrung von Mitarbeitern wirft einen unmittelbar damit verknüpften weiteren Grund des zunehmenden Faehkräftcmangcls auf: den Bildungsbe- rcich, sowohl in Bezug auf Weiterqualifizierungen im Berufsleben als auch in puncto Sehul- und Hochschulbildung.64 Die sieh wandelnde Wirtschaftsstruktur mit einem Trend hin zu einer Wisscnsgcscllsehaft wird den Arbeitnehmer im Berufsleben fortwährend dazu zwingen sieh wei- tcrzubildcn, jedoch ist die Weiterbildungstendenz der Unternehmen nicht ausreichend hoch.65 An Weiterbildungen nehmen bisher noch zu wenige Erwerbspersonen teil.66 Nicht aussehlicfb- lich, aber vor allem Altere stagnieren oft auf einem veralteten Wissenslevel, das allein durch Berufserfahrung nicht auszuglciehcn ist, sondern cs ist hier vielmehr eine rcgclmäfbigc Kenntni­serweiterung gefordert, um mit den schnelllebigen Veränderungen im Technik- und im Wissens­bereich der modernen Wirtschaft mitzuhalten.67 Dieser Tendenz folgen langfristig betrachtet nicht optimal weitergebildete Fachkräfte, die dem Unternehmen internationale Wettbewerb- seinbufben bringen.

Aufbcrdcm zeichnen sieh neben der Wcitcrciualifikation im Berufsleben auch Problcmsehwcr- punktc im Bildungsbcrcieh vor dem Berufseintritt ab. Auf der einen Seite vcrzcidmctc das deutsche Hochschulwesen zu geringe Absolvcntcnzahlcn, vor allem in der 1990er .Jahren, um das demografisch bedingte Ausscheiden des älteren Arbcitskräftcpotcnzials aufzufangen, auf der anderen Seite hinken die Ergebnisse des allgemeinen Schulwesens und warten mit zu geringen Sehulabsehlusszahlcn auf.68 Aktuelle Zahlen belegen, dass, obwohl jährlich zwischen 100.üüü und 110.üüü Hoehciualifizicrtc im Naturwisscnsehafts-, Ingenieur- und Informatikbcrcieh benö­tigt werden, das Hochschulwesen nur aktuell 88.000 Absolventen jährlich bereitstellt, was sieh in den Folgcjahrcn bis 2020 und darüber hinaus bedrohlich kumulieren wird.69 Zudem verzeichnen deutsche Hochschulen zu hohe Studicnabbrcehcrzahlcn, sodass Hochqualifizicrungspotcnzialc ungenutzt verloren gehen.60 Beispielsweise lag die Quote im .Jahr 2010 bei 27 Prozent.70 Stu­dien der OECD bestätigen, dass Deutschlands Hochschulabsolvcntcnantcil abgenommen hat: im .Jahr 1970 war die Nation noch auf Platz neun unter den 30 Industriestaaten, 2008 war cs nur noch Platz 23.71

Das demografisch bedingte Nachwuchsproblcm für den Arbeitsmarkt spiegelt sieh neben den unzureichenden Absolvcntcnzahlcn im Hochqualifizicrtcnbcrcich auch in einem Überange­bot von Ausbildungsstellen wider, das sieh zukünftig noch verschärfen wird.72 Jedoch hängt das Überangebot nicht mit einem unzureichenden Ausbildungswillen der Unternehmen zusam­men.73 Im .Jahr 2009 konnten bereits 21 Prozent der Unternehmen nicht ausreichend viele Auszubildende akquirieren, obwohl Deutschlands schwache Konjunktur in Folge der Finanz­krise nach wie vor beeinträchtigt war.74 Dies verdeutlicht einmal mehr, dass cs sieh bei dem aufkommenden Faehkräftcmangcl nicht um ein konjunkturbedingtes Problem handelt.75

Ungleichgewicht auf dem Ausbildungsmarkt wird zudem noch verstärkt durch die hohe Abbrc- chcrquotc von 21 Prozent und die nicht vorhandene Berufsreife vieler Sehulabsolvcntcn, sodass, wenn eine Ausbildung überhaupt ermöglicht werden kann, diese erst in Folge einer Berufsvor- bcrcitung stattfindet.6' Die besorgniserregende Notwendigkeit dieser Bcrufsvorbcrcitung zeigt sieh darin, dass schon im .Jahr 2008 über 255.000 Jugendliche diese Option wahrnahmen, was allerdings bei einer Zahl von 64.000 Jugendlichen ohne Schulabschluss eine logische Schlussfol­gerung ist.76 Im Umkchrschluss wirft dieser Sachverhalt auch die Frage auf, ob das deutsche Bildungssystem in dieser Form angesichts des aufkommenden Faehkräftcmangcls noch tragbar ist, wenn die wenigen zukünftigen Sehulabsolvcntcn zum Teil nicht einmal ausbildungsfähig sind.77 Hinzu kommt die Tatsache, dass junge Mensehen mit Migrationshintergrund'0, was im­merhin bei einem Fünftel der deutsehen Bevölkerung zutrifft, doppelt so häufig wie deutsche Jugendliche nur einen Hauptschulabschluss haben und mehr als 40 Prozent der 15-jährigen Mi­granten nicht ausbildungsfähig sind.78 Insgesamt ist die problematische Entwicklung im Schul- und Hochschulbildungsbcrcich neben der allgemeinen demografisch bedingten Verringerung des Nachwuchses ein Bereich, den cs vor allem auf politischer Ebene zu verändern gilt. Da dies nicht dem Maßnahmenkatalog auf innerbetriebliche Ebene zugeredmet werden kann, wird dieser politische Aspekt im Verlauf dieser Arbeit nicht weiter vertieft.

3.3 Betroffene Branchen und geografische Bereiche

3.3.1 Branchen

„Im Norden und Osten Deutschlands laufen sieh selbst Ingenieure und IT-Spezialisten die Hacken wund, um einen neuen .Job zu finden. In Bayern und Baden-Württemberg dagegen kämpfen die Arbeitgeber tatsächlich um jeden, der das Wort Elektronik einigermaßen buchstabieren kann.79

Auch wenn jeder Beruf einer differenzierten Veränderung von Angebot und Nachfrage unter­liegt, existieren in Deutschland branchcnspczifischc Tendenzen des aufkommenden Faehkräf­tcmangcls, wobei sic entsprechend des geografischen Mismatches auch absolut konträr sein kön­nen, wie Dommer im oben genannten Zitat eindringlich darstellt. Die von der Fachkräftcknapp- heit betroffenen Berufszweige sind aber nicht nur auf den Qualifizicrungsbcrcieh der Hochschul- ausbildung beschränkt, sondern betreffen genauso auch Fachkräfte mit Berufsausbildungen.80 Die Branchen, die zukünftig wohl am stärksten vom Mangel an qualifizierten Erwerbspersonen betroffen sein werden, lassen sich als die MINT-Berufe zusammenfassen.81 Dies ist schon zu ei­nem geflügelten Begriff in der öffentlichen Diskussion geworden und steht zusammengefasst für die Branchen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.82 Laut Thomas Sat­telberger, dem Personalvorstand der Deutschen Telekom, sind gerade diese Branchen „der Kern der deutschen industriellen Wertschöpfungskette“83, der schon im Dezember 2011 ein Personal­defizit von mehr als 179.000 Personen aufweist, was einmal mehr die Wichtigkeit der sofortigen Reaktion auf diese Entwicklung verdeutlicht, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auch in Zukunft zu erhalten.84 Die Arbeitskräftelücke im MINT-Bereich wird sich aufgrund des al­tersbedingten Ausscheidens in den nächsten Jahren stark vergrößern, was dem Fakt geschuldet ist, dass derzeit über 21 Prozent der Ingenieure älter als 55 Jahre sind.85 Bereits jetzt wird die jährliche Lücke der MINT-Professionals86 auf 50.000 bis 60.000 geschätzt und manifestiert sich zukünftig hauptsächlich „im Maschinenbau, im Fahrzeugbau, in der Elektrotechnik sowie in der Metallerzeugung und -bearbeitung“87.88 Die Lücke verschärft sich sogar noch mehr, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre um Zeitraum von 2020 bis 2030 sukzessive in den Ruhestand verabschiedet werden und die Entwicklung des Bildungsbereiches, wie im Abschnitt 3.2.4 auf Seite 11 beschrieben wurde, abnehmend ist.89 Trotz der steigenden Stu­dierendenzahlen im MINT-Bereich Elektrotechnik und Bauingenieurwesen bleibt die Prognose, dass der Akademikernachwuchs in diesen stark gefährdeten Hochqualifizierten-Branchen die Verrentungs-Prozesse der geburtenstarken Jahrgänge nicht ausgleichen kann.90

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3.1: Die Engpassberufe für Akademiker

Quelle: Entnommen aus Erdmann u. Seyda (2012), S. 4.

[...]


1 Vgl. Sudor et al. (2011), S. 13.

2 “Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 11: Gramke et al. (2008), S. 10: Sudor et al. (2011), S. 12.

3 'Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 95: Sonnenberg (2012), S. 11: Sudor et al. (2011), S. 11.

4 Diese Einbußen kommen laut Gramke et al auf Seite 8 einer Gesamtwirtscliaftsleistung der Bundesrepublik von 20 Monaten gleich.

5 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 9: Gramke et al. (2008), S. 8.

6 Vgl. Düthmann (2011), S. 44.

7 Vgl. Buhr u. Ehnert (2011), S. 67: Kirch u. Prinz (2012), S. 5.

8 “Vgl. Brezina (2011), S. 46.

9 Vgl. Sudor et al. (2011), S. 29.

10 Vgl. Dommer or (2011a), S. 25.

11 “Die normale Google-Suchfuukt.iou wurde mit Hilfe der Domain-Einstellung „edu“ (educated=wissenscliaft.licli) erweitert, und limitierte die Suche somit, auf wissenschaftliche Quellen.

12 Vgl. Kay et al. (2010), S. 2.

13 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011), S. 10.

14 Vgl. Erdmann u. Seyda (2012), S. 3-4.

15 Vgl. Erdmann u. Seyda (2012), S. 3.

16 Vgl. Erdmann u. Seyda (2012), S. 3-4.

17 Erdmann u. Seyda (2012), S. 4.

18 Vgl. Erdmann u. Seyda (2012), S. 3-4; Gramke et al. (2008), S. 9; Suder et al. (2011), S. 13.

19 Vgl. Brenke (2010), S. 1: Kay et al. (2010), S. 2: Urban u. Sattelberger (2011), S. 25.

20 Vgl. Gramke et al. (2008), S. 20: Suder et al. (2011), S. 11.

21 Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 25: Kay et al. (2010), S. 2: Losse et al. (2010), S. 16.

22 Vgl. Gramke et al. (2008), S. 20.

23 Vgl. Gramke et al. (2008), S. 17.

24 Vgl. Bulir u. Elinert (2011), S. 65-66: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011), S. 8: Sclireyer u. Gaworek (2007), S. 2.

25 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 102: Gramke et al. (2008), S. 17: Suder et al. (2011), S. 11.

26 Gramke et al. (2008), S. 2.

27 Vgl. Gramke et al. (2008), S. 30.

28 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 102: Gramke et al. (2008), S. 6: Sclireyer u. Gaworek (2007), S. 2.

29 Vgl. Suder et al. (2011), S. 11.

30 Vgl. Holz u. Da-Cruz (2007), S. 237: Kay et al. (2010), S. 2: Schmitz (2011), S. 6: Sclireyer u. Gaworek (2007), S. 2.

31,Das Arbeitskräfteangebot (Erwerbspersonenpotenzial) setzt sich zusammen aus den Erwerbstätigen [...], den Arbeitslosen [...] und der sogenannten Stillen Reserve. Zur Stillen Reserve gehören [...]: Personen, die beschäf­tigungslos [...] sind und Arbeit suchen, ohne als Arbeitslose registriert zu sein; Personen, die die Arbeitssuche entmutigt aufgegeben haben, aber bei guter Arbeitsmarktlage Arbeitsplätze nachfragen würden; Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und in Warteschleifen des [...] Ausbildungssystems und [...] die aus Arbeitsmarktgründen vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind.“ Entnommen aus Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Hessen (2010).

32 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 101; Flecke (2011), S. 3; Jürgens (2011), S. 348.

33 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 12; Klauk (2008), S. 11; Niewerth (2012), S. 18.

34 Die Geburtenziffer wird auch als Total Fertility Rate bezeichnet und „bezieht sich auf alle Frauen, die im betrachteten Jahr im Alter von 15 bis 49 Jahren waren“, entnommen aus Bundesministerium des Innern (2011), S. 13.

35 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 12, 14; Central Intelligence Agency (2012).

36 Vgl. Central Intelligence Agency (2012).

37 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011), S. 11; Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitge­berverbände e.V. (2010), S. 11; Fuchs et al. (2011a), S. 7.

38 Vgl. Suder et aí. (2011), S. 12.

39 Vgl. Fuchs et aí. (2012), S. 7.

40 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 76.

41 Vgl. Fuchs et al. (2011b), S. 1.

42 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 12.

43 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 105; Gramke et al. (2008), S. 5.

44 Vgl. Urban u. Sattelberger (2011), S. 25.

45 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 227; Demmer (2011b), S. 28.

46 Gramke et al. (2008), S. 23.

47 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 6: Bundesministerium des Innern (2011), S. 227: Deminer (2011b), S. 28.

48 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 44: Gramke et al. (2008), S. 23.

49 Vgl. Demmer (2011a), S. 27.

50 "Flecke (2011), S. 9.

51 Vgl. Flecke (2011), S. 4^9: Losse et al. (2010), S. 16: Niewertli (2012), S. 19: Sperk (2012), S. 62.

52 Vgl. Gramke et al. (2008), S. 23.

53 Vgl. Sudor et al. (2011), S. 11.

54 Agi. Gramke et al. (2008), S. 19.

55 Vgl. statista (2012).

56 “Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 26.

57 Vgl. Honert. (2010): Sudor et al. (2011), S.ll.

58 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 6: Dommer (2011b), S. 28.

59 Vgl. Gramke et al. (2008), S. 23.

60,Vgl. Demmer (2011a), S. 27: Gramke et al. (2008), S. 19.

61 Vgl. Demmer (2011a), S. 27: Jürgens (2011), S. 348.

62 Demmer (2011a), S. 27.

63 Vgl. Brezina (2011), S. 46.

64 "Agi. Demmer (2011a), S. 27: Jürgens (2011), S. 348. r,4Vgl. Gramke et al. (2008), S. 18-19.

65 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 15: Gramke et al. (2008), S. 5.

66 (>Gramke et al. (2008), S. 5.

67 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011), S. 30.

68 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011), S. 26: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitge­berverbände e.V. (2010), S. 11.

69 HVgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 12.

70 Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 12—39.

71 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 14: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 12-39.

72 Vgl. Losse et al. (2010), S. 16.

73 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011), S. 27: Werner et al. (2010), S. 3: Werner et al. (2011), S. 2-3.

74 Vgl. Erdmann u. Seyda (2012), S. 5-6.

75 Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 14-15.

76 Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 14.

77 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 14: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 14—22: Werner et al. (2010), S. 4.'

78 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011), S. 26: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitge­berverbände e.V. (2010), S. 14—22.

79 Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 14: Werner et al. (2010), S. 4.

80 Das Statistische Bundesamt bezieht diese Angaben auf Menschen mit Migrationshintergrund im engeren Sin­ne und meint damit „alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumin­dest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“. Bundesministerium des Innern (2011) S. 47.

81 Vgl. Bundesministerium des Innern (2011), S. 47—85: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 35: Schmitz (2012), S. 4.

82 Dommer (2011a), S. 27.

83 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 7; Brandenburg u. Domsclike (2007), S. 89-90; Erdmann u. Seyda (2012), S. 3.

84 Vgl. Demmer (2011a), S. 25; Mesaros et al. (2009), S. 10.

85 Vgl. Urban u. Sattelberger (2011), S. 25.

86 Urban u. Sattelberger (2011), S. 25.

87 Vgl. Erdmann u. Seyda (2012), S. 1.

88 Vgl. Sonnenberg (2012), S. 11.

89 Der Begriff MINT-Professionals bezieht sich auf die hochqualifizierten Fachkräfte in den Berufszweigen Ma­thematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

90 Gramke et al. (2008), S. 11.

91 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2011), S. 6; Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (2010), S. 12; Urban u. Sattelberger (2011), S. 25; Diithmann (2011), S. 44.

92 Vgl. Schreyer u. Gaworek (2007), S. 3.

93 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011), S. 29.

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Innerbetriebliche Maßnahmen zur Abmilderung des aufkommenden Fachkräftemangels in Deutschland
Hochschule
Hochschule Harz Hochschule für angewandte Wissenschaften  (Fachbereich Wirtschaftswissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
61
Katalognummer
V203199
ISBN (eBook)
9783656296829
ISBN (Buch)
9783656296980
Dateigröße
50250 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fachkräftemangel, Maßnahmen, Betrieb, Firma, innerbetrieblich, Deutschland, Umsetzung, Anwendung, Abmilderung, Abpuffern, Verbesserung, Fachkräfte
Arbeit zitieren
Sarah Herz (Autor:in), 2012, Innerbetriebliche Maßnahmen zur Abmilderung des aufkommenden Fachkräftemangels in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203199

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