Diversity. Responsibility. Public Relations

Vorschlag zur praxisnahen Betrachtung einer sozio-ökonomischen Triade


Forschungsarbeit, 2012

32 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Diversity Management (DM)
2.1 Definitorische Annäherung
2.2 Historische Verortung
2.3 Gender und Diversity im Spannungsverhältnis

3 Public Relations (PR)
3.1 Definitorische Annäherung
3.2 Historische Verortung

4 Corporate Social Responsibility (CSR)
4.1 Definitorische Annäherung
4.2 CSR als Schnittstelle zwischen Gender, Diversity und PR?

5 Analyseteil
5.1 Kurzanalyse: Website Daimler
5.2 Kurzanalyse: Website Ford
5.3 Synoptische Betrachtung

6 Fazit und Ausblick

Literatur

Analysequellen

1 Einleitung

Neuere gleichstellungs- bzw. personalstrategische Konzepte wie Gender Mainstreaming und Diversity Management haben nicht nur den Diskurs um das Verhältnis zwischen Geschlechterforschung, Frauenbewegung und institutionalisierter Frauenpolitik neu belebt[1], sondern zu Kontroversen über die gleichstellungspolitischen Potenziale und ethisch-moralischen Begründungsrahmen der praktizierten Gleichstellungspolitik in Wirtschaft und Verwaltung geführt.[2]

Besonders heftiger Kritik ausgesetzt sehen sich Ansätze des Diversity Managements, denen nicht nur die inhärente Gefahr einer Vernachlässigung geschlechtsbezogener Gleichstellungsbestrebungen attestiert, sondern gar jegliches kritisches Potenzial in Bezug auf die Analyse und Bekämpfung sozialer Ungleichheit abgesprochen wird.[3] Es fällt dabei auf, dass vor allem Kritiker(innen) aus der wissenschaftlichen Geschlechterforschung zwar umfassende Analysen und stichhaltige Diskussionen der theoretischen Konzepte von Diversity Management liefern, seiner konkreten Verankerung innerhalb der – strategischen – Unternehmenspraxis aber nur wenig Beachtung zukommen lassen. Dies wiederum birgt die Gefahr einer praxisfernen Diskussion eines konkret angewandten Konzepts von sozio-ökonomischer Wirkmacht.

An diesem Punkt möchte die vorliegende Arbeit ansetzen und versuchen, Diversity-Politiken im Handlungsfeld ihrer strategischen Einbindung in die moderne Unternehmensführung zu betrachten. Als bedeutsamer Ansatzpunkt wird vor diesem Hintergrund die anzunehmende strukturell-strategische Verknüpfung von Public Relations, Corporate Social Responsibility und Diversity Management im Kontext von Unternehmensführung gesehen, die im Folgenden einer näheren Betrachtung unterzogen werden soll. Dabei ist zu hoffen, dass sich durch die Anwendung dieses spezifischen Blicks neue Einsichten in die organisationale Verankerung von Diversity-Aktivitäten ergeben und es dadurch möglich sein wird, neue Ansatzpunkte für eine gleichstellungspolitische Kritik an Diversity Management zu lokalisieren.

2 Diversity Management (DM)

Im Folgenden soll der Versuch einer definitorischen Annäherung an das Phänomen Diversity Management (abgekürzt: DM) unternommen werden, in deren Rahmen zunächst diskutiert werden soll, wie „Diversity“ im Kontext personalpolitischer DM-Konzepte begrifflich konturiert wird. Im Anschluss daran sollen unterschiedliche Ansätze des strukturierten Umgangs mit Vielfalt in Unternehmen und nicht-Profit-orientierten Organisationen dargestellt werden. Auf eine kurze Darstellung der historischen Entwicklung von Diversity Management in den USA und Deutschland folgt eine Betrachtung des Spannungsverhältnisses zwischen Geschlechterforschung, -politik und Diversity Management, wie es in kritischen Texten aus den Bereichen Gender Studies und Geschlechterphilosophie deutlich wird.

2.1 Definitorische Annäherung

Um sich dem Begriff „Diversity Management“ annähern zu können, ist es zunächst nötig, das Verständnis von „Diversity“, wie es innerhalb der vorliegenden Fachliteratur Konzepten des DM zu Grunde gelegt wird, zu betrachten. Häufig konnotiert mit Begriffen wie „Variation“, „Heterogenity“, „Difference“ oder „Contrast“[4], kann Diversity in Ermangelung einer allgemein gültigen und etablierten Definition konsensual als Konglomerat der individuellen Unterschiede und Ausprägungen von Menschen beschrieben werden.[5] Vor dem Hintergrund des Diversity Management, das sich mit Heterogenität innerhalb sozialer Systeme wie Unternehmen und anderen nicht-Proft-orientierten Organisationen befasst, definiert Cox Diversity als „a mixture of people in one social system who have distinctly different, socially relevant group affiliations.“[6]

Entstanden in den USA der 1960er Jahre wurde Diversity zunächst als Verschiedenheit in Bezug auf „alle sichtbaren Unterschiede“ verstanden, wie die „Equal Opportunity Commission“, eine staatliche Kommission gegen Diskriminierung, formulierte. Ein solches Diversity-Verständnis fokussierte somit vor allem Attribute des Personenstands wie ethnische Herkunft, biologisches Geschlecht und Alter.[7] Neuere Diversity-Konzepte hingegen betrachten über die genannten Merkmale hinaus individuelle Unterschiede bezüglich sozioökonomischer und soziokultureller Faktoren.

So beschreiben Loden/Rosener Diversity als Diversitäts-Indikatoren Merkmalsausprägungen innerhalb primärer und sekundärer Dimensionen.[8] Primäre Dimensionen umfassen dabei Unterscheidungsmerkmale, die angeboren bzw. unveränderbar seien. Dazu zählen die Autorinnen Alter (Age), Ethnie (Ethnicity), Sex/Gender, physische Fähigkeiten/Behinderungen (physical Abilities), Rasse (Race) sowie sexuelle Orientierung (sexual Orientation)[9], wobei vor allem die Konzeption von Sex, Gender und sexueller Orientierung als angeborene und/oder unveränderbare Persönlichkeitsmerkmale (be)streitbar bleibt. Unter Unterscheidungsmerkmalen sekundärer Dimension verstehen Loden/Rosener sozioökonomische und soziokulturelle – biografisch erworbene – Faktoren. Als Beispiele nennen sie unter Anderem Ausbildungshintergrund (Educational Background), Einkommen (Income), Familienstand (Marital Status), Religionszugehörigkeit (Religious Beliefs) und geografische Herkunft/derzeitiger Wohnort (Geografic Location).[10] Gardenswartz und Rowe erweiterten das Konzept Lodens und Roseners um eine weitere Kategorie, die organisationale Dimension. Sie umfasst die soziale, hierarchische und funktionale Stellung eines Individuums innerhalb der Organisation, für die es beruflich tätig ist.[11]

Vor diesem Horizont einer inhaltlichen Ausgestaltung der Worthülse „Diversity“ definiert Cox Diversity Management als „planning and implementing organizational systems and practices to manage people so that the potential advantages of diversity are maximized while its potential disadvantages are minimized.”[12] Aretz und Hansen beschreiben DM als ein Instrument zur systematischen und gezielten Nutzung der Unterschiedlichkeiten von Individuen, Kulturen, Strategien und Funktionen als strategische Ressource zur Realisierung der vielfältigen Unternehmensziele.[13] Dementsprechend ist die Annahme, Diversity Management sei ein rein ethisch-moralisches Instrument zur Erreichung gleichstellungspolitischer Ziele eine Utopie: „Die Berücksichtigung der Diversität der Beschäftigten erfolgt nicht primär aus sozialen Erwägungen heraus, sondern aus der Verfolgung einer ökonomischen Logik.“[14]

Vedder hingegen betont, dass die Verfolgung gleichstellungspolitischer Ziele, mit der Verfolgung ökonomischer Ziele synergetisch zusammenwirken kann.[15] So solle DM einerseits dazu beitragen, Formen der sozialen Diskriminierung oder Unter-drückung von Minderheiten in Organisationen zu reduzieren, wobei er als häufigste Diskriminierungsmechanismen Sexismus, Rassismus, Xenophobie, Altersdiskriminierung, religiöse Diskriminierung, Homophobie sowie die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung identifiziert.[16]

Andererseits verspreche DM aus einer ökonomischen Begründungslogik heraus Markt- und Konkurrenzvorteile in Bezug auf Mitarbeiter(innen)motivation und -produktivität durch Antidiskriminierungsprogramme, Marketingeffekte durch die kultursensible Ansprache einer kulturell diversen Kundschaft (mittels eines kulturell diversen Personals), Steigerung der Attraktivität der spezifischen Organisation als Arbeitgeber(in) in Bezug auf Personalrekrutierung sowie eine Steigerung der Innovationskraft von Mitarbeiter(innen)-Teams, die heterogen zusammengesetzt sind.[17]

Dementsprechend unterscheidet Vedder in Anlehnung an Thomas und Ely[18] drei grundlegende Ansätze von Diversity Management: Der Fairnessansatz verstünde DM primär als Gleichstellungsinstrument, das eine gerechte Behandlung des diversen Personals sicherstellen solle. Dabei beriefe er sich vor allem auf gesetzliche und moralische Aspekte als Grundlage aller Bemühungen um Gerechtigkeit am Arbeitsplatz.[19] Im Gegensatz hierzu sähen Unternehmen, die einen Markzutrittsansatz verfolgten, DM als strategisches Instrument zur Erschließung neuer Segmente auf den Absatz- und Arbeitsmärkten an und zielten dabei auf Wettbewerbsvorteile ab, die sich auch durch ein verbessertes Arbeitgeberimage ergäben.[20] Als synergetisches DM-Konzept nennt Vedder schließlich den Lern- und Effektivitätsansatz, dessen Ziel es sei, ökonomische, ethische und juristische Aspekte in ein ganzheitlichen Verständnis von Diversity zu integrieren, wobei der Fokus auf langfristigen organisationalen Lerneffekten und der Förderung des Pluralismus innerhalb der Mitarbeiter(innen)schaft unter Einbeziehung ökonomischer Ziele liege.[21]

2.2 Historische Verortung

Die historischen Wurzeln des Diversity Management liegen in der US-amerikanischen Human-Rights-Bewegung der 1950er und 1960er Jahre, in deren Kontext Bürgerrechtler(innen)n vehement gegen soziale Diskriminierungen wegen Hautfarbe, Religion, Geschlechts, sexueller Identität oder nationaler Herkunft stritten. Sie erreichten die Verabschiedung des bis heute wesentlichen Antidiskriminierungsgesetzes, des Civil Rights Act Title VII im Jahr 1964 sowie die Einrichtung der Equal Opportunity Commission, einer staatlichen Kommission zur Überwachung und Ahndung von Verstößen gegen die Antidiskriminierungsgesetzgebung.[22] Vor diesem Hintergrund sahen sich Unternehmen und andere Arbeit gebende Organisationen erstmals gezwungen, sich mit dem Thema personelle Diversität zu befassen und die Chancengleichheit innerhalb ihrer Belegschaften angesichts eines wachsenden öffentlichen Drucks zu fördern.[23]

Doch erlebte Diversity Management als umfassendes und systematisches Konzept der Personalführung seinen historischen Boom erst zwanzig Jahre später im Zuge der vielbeachteten sozial-ökonomischen Zukunftsstudie Workforce 2000[24] des Hudson Institutes. Diese prognostizierte die künftige Abnahme des Anteils weißer Männer an der Erwerbsbevölkerung, den steigenden Anteil von Minderheitengruppen an der Kohorte hochqualifizierter Arbeitnehmer(innen) und die damit einhergehenden Rekrutierungsprobleme für Unternehmen, deren Personalpolitik auf den Erfordernissen einer isomorphen, hegemonial männlich-weißen Belegschaft basiert. So wurden und werden seit Beginn der 1990er Jahre eine Vielzahl unterschiedlicher Diversity-Management-Konzepte entwickelt, die Möglichkeiten zum organisationalen Umgang mit einem heterogenen Personal fokussieren.[25]

[...]


[1] Vgl. Meuser, Riegraf (2010), S. 189f

[2] Vgl. ebenda, S. 197ff

[3] [3] Vgl. Kapitel 2.3

[4] Vgl. Zeiß (2007), S. 24

[5] Vgl. Neuß (2008), S. 16f

[6] Cox (1993), S. 6

[7] Vgl. Neuß (2008), S. 18

[8] Vgl. Loden, Rosener (1991), S. 18ff

[9] Vgl. ebenda S. 18f

[10] Vgl. ebenda, S. 20f

[11] Vgl. Gardenswartz, Rowe (1998), S. 25ff

[12] Cox (1991), S. 11

[13] Vgl. Aretz, Hansen (2003), S. 31

[14] Becker (2006), S. 209

[15] Vgl. Vedder (2006), S. 12ff

[16] Vgl. ebenda, S. 12

[17] Vgl. ebenda, S. 14ff

[18] Vgl. Thomas, Ely (1996)

[19] Vgl. Vedder (2006), S. 18

[20] Vgl. ebenda, S. 19

[21] Vgl. ebenda

[22] Vgl. Neuß (2008), S. 18

[23] Vgl. Vedder (2006), S. 3f

[24] Vgl. Johnston, William; Packer, Arnold E. (1987)

[25] Vgl. Vedder (2006), S. 5f

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Diversity. Responsibility. Public Relations
Untertitel
Vorschlag zur praxisnahen Betrachtung einer sozio-ökonomischen Triade
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Fakultät für Sozialwissenschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
32
Katalognummer
V203095
ISBN (eBook)
9783656291978
ISBN (Buch)
9783656294467
Dateigröße
589 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
PR, Public Relations, Gender Studies, Gender, Diversity, Diversity Management, CSR, Social Responsibility, Corporate Social Responsibility, Geschlecht, Geschlechterforschung, Gleichstellung, Gleichstellungspolitik, Feminismus, Corporate, Corporate Citizenship, Frauenpolitik, Geshlechterpolitik, Wirtschaft, Betriebswirtschaft, Unternehmensführung, Personalwesen, Personal
Arbeit zitieren
Andreas Brüser (Autor:in), 2012, Diversity. Responsibility. Public Relations, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203095

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