Ernährung und Diät bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa)


Ausarbeitung, 2012

35 Seiten


Leseprobe


Ernährungstherapie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen - Diät bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Von Sven-David Müller, MSc.

Seit Jahrzehnten beschäftigen sich weltweit Wissenschaftler damit zu ergründen, wie eine chronisch entzündliche Darmerkrankung entsteht. In der letzten Zeit haben insbesondere die Bereiche Darmflora und Zusatzstoffe eine große Bedeutung in der Forschung. Eine Zwillingsstudie hat gezeigt, dass Zusatzstoffe, von denen es heutzutage in unseren Lebensmitteln nur so wimmelt, die Erkrankung mitauslösen und sie verschlimmern. Konservierungsstoff, Farbstoffe, Geschmacksverstärker und Co. Sind für unseren Körper neuartig und fremd. Im Laufe der Evolution kamen viele davon einfach im Ernährungsverhalten von Menschen nicht vor. Scheinbar reagiert das Immunsystem darauf. Es kommt nicht immer zu allergischen Erscheinungen, sondern vielmehr zu Unverträglichkeitsreaktionen. Durch die Überreaktion des Immunsystems kommt es zu Entzündungen in der Darmschleimhaut. Aus der Studie lässt sich ableiten, dass Menschen, die unter chronisch entzündlichen Darmerkrankungen leiden strikt auf Zusatzstoffe verzichten sollten. Glücklicherweise sind diese in Deutschland - wie auch in der gesamten EU - und den meisten Ländern weltweit auf der Packung von Lebensmitteln mit einer E-Nummer, der Substanzklasse und/oder der chemischen Bezeichnung vermerkt, so dass sich leicht ausmachen lässt, welche Lebensmittel geeignet sind und welche nicht. Zudem muß aber nicht nur über Lebensmittel und Speisen nachgedacht werden, sondern auch über Arzneimittel, denn auch die können Zusatzstoffe enthalten. Aber inzwischen gibt es auch Medikamente für Crohn- und Colitis-Patienten, die ohne Zusatzstoffe auskommen. In jedem Fall sollten die Medikamente frei von Farb- und Geschmacksstoffe sowie frei von Laktose (Milchzucker) sein.

Der Einkauf für Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sollte Lebensmittel betreffen, die natürlich sind. Alle Fertigprodukte sollten gemieden werden. Der Pudding sollte also beispielsweise aus Milch, sofern diese verträglich ist, Speisestärke (beispielsweise Maisstärke) und Vanillemark sowie Zucker, Honig oder einem Dicksaft bestehen und selbstgekocht werden. Fertiges Puddingpulver sollte nicht verwendet werden, da es in der Regel naturidentische Aromastoffe und eine Vielzahl weitere Substanzen aus der Zusatzstoff-Industrie enthält. Und auch Süßstoffe sollten nicht verwendet werden. Das gleiche gilt auch für Zuckeraustauschstoffe (von Sorbit bis Fruchtzucker). Aber Zucker im Übermaß scheint sich ebenfalls nicht besonders gut auszuwirken. Insbesondere nicht bei Morbus Crohn. In jedem Falle sollten Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen möglichst auf reine Lebensmittel achten und diese dann selbst zubereiten. Fast Food, Fertiggerichte und Restaurantessen birgt immer die Gefahr von Zusatzstoffen.

Aber es sind natürlich nicht nur die Zusatzstoffe. Auch die Verarbeitung der Lebensmittelindustrie scheint sich bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nicht gut auszurwirke. Das trifft insbesondere für die Ballaststoffarmut, den Zuckerreichtum und die vielen industriellen Fette (gehärtete Fett und Transfettsäuren) zu. Eine solche Ernährungsweise wird international in Studien als „western Diet“, also westliche Ernährungsweise bezeichnet. Heute werden kaum noch Mahlzeiten ganz und gar selbst zubereitet. Hier ein Fertigmenue, dort ein Fruchtjoghurt, eine Fertigdressing für den Salat oder eine Würzmischung, ein Fleischsalat (mit Konservierungsstoffen) und so weiter. Überlegen Sie einmal kritisch, wie oft Sie Zusatzstoffe aufnehmen und in welcher Menge. Das kann Ihrem Darm nicht gut tun. Ohnehin ist Ihr Darm schon durch den Crohn oder die Colitis geschädigt. Eine Ursache dafür sind die Antworten unseres Körpers auf Zusatzstoffe.

Dazu noch die durchschnittliche Fehlernährung mit Fast Food und Co. Die Darmflora leidet und schon können viele Substanzen in den Körper eindringen. Wissenschaftler sprechen vom Leacky gut - also dem durchlässigen Darm. Eine ungesunde Darmflora ist dafür (mit)verantwortlich. Die Darmflora wird oftmals als der wichtigste Bestandteil des menschlichen Abwehrsystems bezeichnet. Andere sprechen sogar vom Gehirn im Darm. Das ist sicher übertrieben. Aber ich habe bei meinen Patienten in Aachen schon zu Probiotika geraten. Und auch heute empfehle ich in meiner Praxis die wichtigen Milchsäurebakterien, Kefirpilze oder andere probiotisch wirkende Mikroorganismen. Sie beugen dem Eindringen von Subtanzen in den Körper vor. Sie stärken die Abwehrkräfte auch im Kampf gegen Zusatzstoffe. Aber noch wichtiger ist es natürlich, erst gar keine davon aufzunehmen.

Dieses Buch gibt Ihnen vielfältige Informationen über aktuelle Erkenntnisse zur Ernährungstherapie bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Es kann und will die ärztliche Beratung und die Schulung und Information durch qualifizierte Ernährungsfachkräfte nicht ersetzen. Aber die hier gegebenen Details und Tipps können sie kongenial ergänzen.

Einführung: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen aus diätetischer Sicht Noch immer ist nicht geklärt, wie und warum eine chronisch entzündliche Darmerkrankung entsteht. Mit an Sicherheit handelt es sich aber bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nicht um klassische ernährungsbedingte Erkrankungen. Aber sowohl in der Auslösung, im Verlauf und natürlich der Behandlung des akuten Entzündungsschubes ist die Ernährungstherapie von großer Bedeutung. Eine Zwillingsstudie hat jetzt aber neues Licht ins Dunkel gebracht und gezeigt, dass Zusatzstoffe eine Bedeutung in der Entstehung der Erkrankung und scheinbar auch in der Auslösung von akuten Entzündungsschüben haben.

Manifestationsbedingt kommt es bei Morbus Crohn häufiger zu Malnutrition (Mangelernährung) und Untergewicht als bei Colitis ulcerosa. Bei beiden Erkrankungen ist ein Zinkmangel sehr häufig. Insgesamt ist die Versorgung mit Mikronährstoffen (Vitaminen und Mineralstoffen) oftmals unzureichend und eine bessere Versorgung oder die Einnahme von entsprechenden Präparaten erforderlich. Natürlich sollten auch die klassischen Medikamente, bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zur Behandlung des Entzündungsschubes gegeben werden und den symptomfreien Intervall möglichst lange erhalten frei oder arm an Zusatzstoffen sein. Das gleiche gilt für Nahrungsergänzungspräparate, Zusatznahrung oder sogenannte Astronautenkost.

CED-Patienten sollten einen normalen Ernährungszustand aufweisen und nicht untergewichtig sein. Sie brauchen mehr Eiweiß als Gesunde und sollten sich energiereich ernähren. Da die Unverträglichkeitsreaktionen bei den Patienten unterschiedlich sind, gibt es keine „CED-Diät“, sondern individuelle Diäten. Jeder Patient braucht eine Kost, die er vertragen kann. Aber er braucht eine gut verträgliche „naturnahe“ Kost ohne Zusatzstoffe und Industrienahrung. Dann drohen seltener Entzündungsschübe und Probleme können ausbleiben.

Die Gabe von Probionten (beispielsweise E.Coli, Laktobazillen oder Kefirpilze mit probiotischer Wirkung) scheint bei CED grundsätzlich sinnvoll. Der Verzehr von probiotikahaltigen Produkten (wie Joghurt, Kefir oder milchzuckerfreien Brottrunk) ebenfalls. Ob Omega-3-Fettsäuren (zu bevorzugen sind dabei Fischöl und Algenöl) einen Therapiebaustein bei Colitis ulcerose darstellen, ist noch nicht klar. Aber grundsätzlich haben Fischöle eine entzündungshemmende Wirkung. Im Rahmen einer zusatzstofffreien Ernährungsweise sollte Wildlachs, Makrele, Hering oder Tunfisch bevorzugt werden. Darin stecken auch die wertvollen Omega-3-Fettsäuren - aber keine Zusatzstoffe. Es gibt Hinweise, dass die Gabe von Lecithin sinnvoll ist. Viele Patienten leiden unter Milchzuckerunverträglichkeit (die Gabe von Laktase erleichtert dem Patienten die Diätetik) oder Milcheiweißallergie.

In der Ernährungstherapie muss zwischen symptomfreiem Intervall und akutem Entzündungsschub unterschieden werden. Im Entzündungsschub ist die Ernährung ein Therapiebaustein, der insbesondere zur mechanischen Entlastung des Magen-Darm-Traktes führen soll. Die enterale Ernährung ist der parenteralen Ernährung überlegen. Die enterale Ernährung sollte möglichst frei von Ballaststoffen sein. Im symptomfreien Intervall wirken sich gerade sogenannte Quellstoffe positiv aus. Bei Astronautenkost zur enteralen Ernährung sollte auf solche Produkte zurückgegriffen werden, die frei von Carrageen und anderen Zusatzstoffen wie Farb- und Aromastoffe sind. Optimal ist die neutrale Geschmacksrichtung. Parenterale Ernährung hat den Nachteil, dass sie leicht zur bakteriellen Translokation führt und die Darmschleimhaut durchlässig macht für Allergene oder Substanzen, die Unverträglichkeiten bis zum akuten Entzündungsschub auslösen. Natürlich sind dann Zusatzstoffe besonders gefährlich.

Die Ernährung außerhalb des entzündlichen Schubes sollte bedarfsgerecht sein und Speisen sowie Zubereitungen ausschließen, die Unverträglichkeiten hervorrufen. Da Unverträglichkeiten sehr individuell auftreten und niemand Ihnen sagen kann, was Sie wann vertragen, sollten Sie ein Ernährungs- und Beschwerdetagebuch führen. In diesem Buch habe ich für Sie aber auch eine Liste zusammengestellt, die Lebensmittel enthält, die bei vielen Patienten zur Unverträglichkeit führen. Diese sollten vorsichtshalber nach einem akuten Schub gemieden werden und erst nach und nach wieder in den Speiseplan einfließen. Die Führung eines Gewichts- und Stuhlprotokolls sowie eines Ernährungstagebuches ist grundsätzlich sinnvoll, denn sie erleichtert das Gespräch mit dem Arzt und dem Diätassistenten. Um den Ernährungszustand zu überwachen, sollte nicht nur das Körpergewicht, sondern auch die Körperzusammensetzung mit Hilfe einer bioelektrischen Impedanz Analyse (BIA) regelmäßig bestimmt werden. In meiner fast 25jährigen Praxis in der Diätberatung und Ernährungstherapie sind mir zwar tausende von Crohn- und Colitis- Patienten begegnet. Aber selten waren Übergewichtige darunter, auch wenn einige durch Wassereinlagerung - bedingt durch Cortisontherapie - so aussahen.

Wasserlösliche Ballaststoffe sind im symptomfreien Intervall als adjuvante Therapie anzusehen. Die Gabe von Plantago ovata Samenschalen hat sich bewährt. Bei Stenosen ist eine ballaststoffarme Kost notwendig. Zucker und Margarine sowie andere gehärtete Fette und natürlich Zusatzstoffe sind wahrscheinlich nicht die alleinigen Auslöser von CED. Aber sie wirken sich auch nicht positiv und im Falle der Zusatzstoffe sogar ausgesprochen negativ aus. Sie sollten daher gemieden werden. Eine nicht stattgehabte Muttermilchernährung führt häufig zu CED. Viele Patienten leiden unter Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa gehören zu den chronisch entzündlichen

Darmerkrankungen. Im Gegensatz zu akuten Erkrankungen handelt es sich um chronische, also lebenslang vorhandene, Erkrankungen. Der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa sind nicht heilbar. Spontanheilungen werden nur selten beschrieben und es kann sich in diesen Fällen auch um eine vorherige Fehldiagnose handeln.

Morbus Crohn (Enteritis regionalis)

Definition

Der Name Morbus Crohn kommt aus dem lateinischen Morbus (was soviel bedeutet wie Krankheit) und von Dr. Burrill Bernard Crohn1, der das Krankheitsbild zum ersten Mal 1932 beschrieb.2 Morbus Crohn ist eine chronische entzündliche Erkrankung, die alle Abschnitte des Verdauungstraktes von der Mundhöhle bis zum After befallen kann. Am häufigsten ist der Abschnitt zwischen Dünn- und Dickdarm betroffen. Die Erkrankung kann auch an zwei nicht zusammenhängenden Stellen auftreten. Es können alle Schichten der Darmwand betroffen sein. Der Krankheitsverlauf vollzieht sich in Schüben, wobei man von einer akuten Phase und einer Remissionsphase (= vorübergehendes Zurückgehen von Krankheitserscheinungen) spricht. Diese Phase wird auch als symptomfreier Intervall bezeichnet. Diesen gilt es durch eine ausgeklügelte Ernährungstherapie und Medikamente möglichst lange zu erhalten.

Ab etwa 1960 gab es einen starken Anstieg der vorher selten auftretenden Morbus Crohn Krankheit. Da sich nach dem 2. Weltkrieg die Ernährungsweise änderte, nimmt man an, dass das zusammen mit einer genetischen Veranlagung ein Grund für die Erkrankung sein könnte. Ab dieser Zeit hat sich aber auch die Ernährungsweise der Menschen immer in richtig Industrienahrung mit Zusatzstoffen (Farb-, Aroma- und Konserierungsstoffe) entwickelt. Zudem hat der Zuckergehalt zugenommen und der Ballaststoffgehalt abgenommen. Außerdem wurden immer mehr gehärtete Fette und Transfette zugeführt. Jährlich gibt es 2 bis 4 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern. Gehäuft erkranken Menschen zwischen 20 und 30 Jahren und um das 60. Lebensjahr. Morbus Crohn findet man vermehrt familiär, daneben aber auch doppelt so oft bei der weißen als bei der schwarzen Rasse. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. In Deutschland liegt die Zahl der Betroffen laut Schätzungen bei 300.000.345

Ursachen

Die Ursachen sind unklar. Möglicherweise kommen folgende Faktoren in Betracht:

- Hoher Zuckerkonsum
- Niedrige Nahrungsfaseraufnahme
- Zusatzstoffe
- Transfettsäuren
- Carrageen
- Antikörper gegen Bäckerhefe (saccharomyces cerevisiae) finden sich häufig bei Morbus Crohn Erkrankten
- Genetische Veranlagung
- Störungen der Immunabwehr
- Veränderung der Darmflora - Mangel an Probiotika
- Mangelernährungszustände
- Menschen, die im Säuglingsalter nicht gestillt wurden. Durch die Muttermilch erfolgt eine optimale Darmbesiedlung mit Bifidobakterien.6

Symptome7

Symptome sind immer wieder kehrende Durchfälle, häufig mit Bauchschmerzen, Fieber und Gewichtsverlust. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es oft zu Fisteln, Abszessen (= Eiteransammlungen in nicht vorgebildeten Gewebshöhlen) und einem Darmverschluss (= Ileus). Letzteres kommt durch die Narbenbildung oder eine entzündliche Schwellung zustande.8 Die Erkrankung wechselt zwischen symptomfreien Intervall und akutem Entzündungsschub. In Fällen des Darmverschlusses oder massiver Stenosen und anderer Hindernisse hilft eine Operation. Weitere Komplikationen sind schwere Darmblutungen, Darmdurchbruch (Perforation) und Konglomerattumoren (= Verkleben von entzündeten Darmschlingen). Morbus Crohn Patienten leiden oft an einer Malnutrition, die durch Appetitlosigkeit, einseitige Ernährung, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Erbrechen, Darmfisteln (= Verbindung zwischen dem Darmlumen und der Körperoberfläche oder anderen Hohlorganen oder zwischen zwei oder mehreren Darmschlingen9 ), verkleinerte Resorptionsfläche, starke Besiedlung des Dünndarms durch Bakterien, Verlust an Gallensäure und Medikamente entstehen kann. Colitis Patienten leiden seltener unter ausgeprägtem Untergewicht, da am Ort der Entzündung keine energieliefernden Stoffe (Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette) mehr aufgenommen werden. Dafür leiden sie durch starke Blutverluste oftmals unter deutlichem Eisenmangel. Bei allen Patienten ist der Bedarf an Energie (Kalorien), Eiweiß (Proteinen) sowie bestimmte Vitamine und Mineralstoffe erhöht. Durch eine Malnutrition bei Kindern und Jugendlichen kann es zu einem verringerten Längenwachstum sowie zu einer später eintretenden Pubertät kommen. Hier helfen vor allem eine enterale oder parenterale Ernährung, um genügend Energie und Nährstoffe zuzuführen.10 Morbus Crohn Erkrankte leiden auch häufig unter einem Fettstuhl (Steatorrhö), das heißt Fett kann nicht richtig resorbiert werden und wird mit dem Stuhl ausgeschieden. Ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen kann auftreten. Abhilfe kann die Aufnahme der leichter verdaulichen MCT-Fette schaffen.11

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle: Symptome bei Morbus Crohn und deren Häufigkeit12

Häufig tritt bei Morbus Crohn Erkrankten ein Vitamin B12, Folsäuremangel und ein Zinkmangel auf.13

Diagnose

Mit Hilfe von Darmspiegelung, Röntgen, Ultraschall und Laboruntersuchungen (von Blut, Stuhl und Urin) wird die Diagnose erstellt.14 Durch Endoskopie und Biopsie werden Lokalisation und Schweregrad der Erkrankung festgestellt. Histologisch erkennt man eptitheloidzellige, nicht verkäsende Granulome mit Riesenzellen.15

Therapie

Als Therapie gibt es die Möglichkeiten der parenteralen Ernährung oder der Formeldiät. Bei bis zu 70 Prozent der Erkrankten erfolgt dadurch eine Besserung. Außerdem kann Morbus Crohn mit entzündungshemmenden Medikamenten, beispielsweise mit Corticosteroiden, behandelt werden, um die Entzündungen zu lindern und die Remissionsphase zu verlängern. Leider treten bei langer Anwendungsdauer Nebenwirkungen auf wie die Gefahr einer Osteoporose. Deswegen sollten Steroide nur im akuten Schub eingenommen werden.1617 Morbus Crohn ist nicht heilbar, die Rezidivrate ist hoch, das heißt die Krankheit kehrt immer wieder. Es lassen sich nur die Remissionsphasen verlängern.

Ernährungstherapie

Es gibt keine spezielle Kostform bei Morbus Crohn. In akuten Schüben oder vor Operationen wird parenteral ernährt. Eine chemisch definierte Formeldiät per Sonde wird nur in besonderen Fällen verabreicht. Die Rückfallsrate (= Remissionsrate) ist bei beiden Ernährungsformen gleich. Eine künstliche Ernährung wirkt sich nicht auf die Entzündung aus, ist aber gerade bei mangelernährten Patienten von Vorteil. Ansonsten kann der Patient eine leichte Vollkost zu sich nehmen. Bei Nahrungsmittelintoleranzen werden die Beschwerden verursachenden Lebensmittel weggelassen. Dazu zählen häufig Weizen, Milch und Milchprodukte, Hefe und Mais. Eine nahrungsfaserhaltige Kost wird im allgemeinen gut vertragen, ist aber nicht angebracht, wenn der Patient Stenosen (= Verengungen) am Darm aufweist. Dann können Nahrungsfasern im schlimmsten Fall zu einem Darmverschluss führen. Bei Fettstühlen ist meist eine fettarme eiweißreiche Kost hilfreich. Damit genügend Energie aufgenommen wird, kann das Fett teilweise durch die leichter verdaubaren MCT- Fette ausgetauscht werden. Morbus Crohn-Patienen leiden oft an Mangelzuständen - und die betreffen nicht nur das Gewicht.

Ernährungsdefizite bei Morbus Crohn (fettgedruckt = besonders häufig)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Geschwürige Dickdarmentzündung (Colitis ulcerosa)

Definition

Colitis ulcerosa (Colon = Darm, -itis = Entzündung, Ulcus = Geschwür) ist eine in Schüben verlaufende chronische Entzündung, die im Gegensatz zu Morbus Crohn nur den Dickdarm betrifft. Die Schleimhaut ist granuliert (= körnig zusammengeschrumpft) und punktförmige Blutungen sowie Geschwürbildung (Ulzerationen) sind zu erkennen.1819 Entweder ist der ganze Dickdarm betroffen oder nur einzelne Stellen. Das Rektum (Mastdarm) ist aber immer mit einbezogen und von dort breitet sich die Krankheit aus. Es ist lediglich die oberste Schicht der Schleimhaut befallen. Man unterscheidet zwei Formen der Kolitis: Die fulminante Kolitis geht mit einem hohen Sterblichkeitsrisiko einher. Sie ist durch sehr häufige Durchfälle, Dehydratation und Fieber gekennzeichnet. Es kann zu einem Kolondurchbruch (= Perforation) und zu einer Lähmung des Kolons kommen. Eine tiefe Geschwürbildung ist charakteristisch. Hier hilft eine operative Entnahme des Kolons. Bei der chronisch- rezidivierenden Kolitis, die weiter verbreitet ist, bewirken Medikamente, das Entzündungen an der Dickdarmwand größtenteils verheilen. Nach symptomlosen Zeitabschnitten kann diese Form wiederkehren. Die nicht heilbare und nicht ansteckende Colitis ulcerosa kann in jedem Alter erscheinen, meistens tritt sie aber zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf.20 Die Häufigkeit beträgt etwa 40 bis 80 Erkrankte pro 100.000 Einwohnern. Es gibt etwa 3 bis 7 Neuerkrankte pro Jahr und 100.000 Einwohnern.21

Ursachen

Wie bei Morbus Crohn ist die genaue Ursache unklar. Es gibt einige Faktoren, die möglicherweise in Betracht kommen:

- Genetische Prädisposition
- Zusatzstoffe
- Veränderungen der Darmflora
- Autoimmunreaktion
- Viren
- Bakterien
- Kommt familiär gehäuft vor22
- Colitits ulcerosa tritt in Bevölkerungen mit hoher Nahrungsfaseraufnahme seltener auf. Vor allem die wasserlöslichen Nahrungsfasern sowie die resistente Stärke werden von den Dickdarmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut, die, besonders Butyrat, den Zellwänden Energie liefern. Bei Patienten mit Colitis ulcerosa ist der Prozess der Metabolisierung des Butyrat eingeschränkt. Damit können sie vermutlich einer bösartigen Schleimhautveränderung entgegenwirken. Dagegen wirken sich schwefelhaltige Aminosäuren ungünstig aus. Beim bakteriellen Abbau entstehen Sulfide, die die Schleimhaut schädigen können. Schwefelhaltige Aminosäuren kommen beispielsweise in Eiern, Milch, Käse und Nüssen vor.
- Säuglinge, die nicht gestillt wurden, haben ein erhöhtes Risiko an Colitis ulcerosa zu erkranken. Wahrscheinlich hat eine frühe Gabe von Kuhmilch eine Veränderung der

Darmflora und die Bildung von Antikörpern gegen die Milchproteine und Bakterienantigene hervorgerufen.23

Symptome

Es kommt zu schleimig-blutigen Durchfällen und schmerzhaftem häufigem Stuhlgang. Durch den Verlust von Blut, Wasser und Mineralstoffen können, je nach Schweregrad, Dehydratation, Gewichtsabnahme, Anämie und Fieber auftreten. Besonders bei Kalzium, Magnesium, Eisen, Zink, Vitamin B12 und Folsäure kann ein Mangel entstehen. Eine weitere Komplikation ist das toxische Megakolon. Hierbei dehnt sich das Kolon aus und es entsteht die Gefahr eines Durchbruches. Man sollte auf Zeichen wie abdominelle Schmerzen, Aufblähung des Bauches, Fieber, hohe Stuhl- und Pulsfrequenz achten.24 Bei langwierigem Verlauf von über 10 Jahren nimmt das Risiko für Kolonkarzinome zu.25

Diagnose

Zum einen lässt sich mit einem Kolon-Kontrasteinlauf der Dickdarm beim Röntgen erkennen. Außerdem können anhand einer Darmspiegelung Schleimhautproben entnommen und untersucht werden. Histologisch sind vermehrt Lymphozyten und Histeozyten und vermindert Becherzellen zu erkennen.26 Ebenso sind Ultraschalluntersuchungen sowie Stuhluntersuchungen üblich. Letzteres dient dem Ausschluss von Darmentzündungen, die durch Erreger hervorgerufen werden.27

Therapie

Es können entzündungshemmende Medikamente verschrieben werden. In schweren Fällen kann eine Operation mit Entfernung des Dickdarms nötig sein, wobei anschließend ein künstlicher Darmausgang angelegt wird.28

Ernährungstherapie

- Ein vorübergehendes Abklingen (Remission) der Erkrankung kann durch parenterale Ernährung oder einer Formeldiät erreicht werden. Die enterale Ernährung sollte wegen der geringeren Nachteile bevorzugt werden (siehe Kapitel künstliche Ernährung). Danach sollte ein langsamer Kostaufbau mit zunächst Flüssigkost und flüssig breiiger Kost erfolgen.

- Bei anhaltendem Durchfall kann eine mit Eiweiß angereicherte Schleimdiät zusammen mit einer Pektinkost helfen. Ansonsten muss wieder auf eine Formeldiät umgestiegen werden. Für die Schleimdiät 1 bis 1,5 Liter Schleimsuppe in 6 bis 8 Portionen über den Tag verteilt aufnehmen. Der Schleim kann beispielweise mit Haferflocken, Reis oder Stärkemehlen mit einem Obstsaftzusatz oder mit einer Beigabe von Gemüsebrühe hergestellt werden. Bei der Pektinkost können beispielsweise 300 g rohe geriebene Äpfel oder 300 g rohe pürierte Bananen oder eine Möhrensuppe aus 250 g Möhren über den Tag verteilt verzehrt werden.29

- Bei Fettstühlen (Steatorrhoe) weniger Fett verzehren und dafür MCT-Fette aufnehmen sowie fettlösliche Vitamine substituieren.

[...]


1 http://www.astrazeneca.no/images/medica/ga_99041_burrill.jpg

2 http://de.wikipedia.org/wiki/Morbus_Crohn

3 http://www.m-ww.de/krankheiten/innere_krankheiten/morbus_crohn.html

4 Kasper, 2004, S. 159

5 http://www.hdm-stuttgart.de/~jk10/colitis/colitisulcerosa.html

6 Biesalski, 2004, S. 354

7 Pschyrembel, 1997, S. 430

8 http://www.m-ww.de/krankheiten/innere_krankheiten/morbus_crohn.html?page=2

9 Pschyrembel, 1997, S. 320

10 Biesalski, 2004 S. 355

11 http://www.ernaehrung.de/tipps/morbuscrohn/morbus11.htm

12 Pschyrembel, 1997, S. 430

13 Biesalski, 2004, S. 355/356

14 http://www.m-ww.de/krankheiten/innere_krankheiten/morbus_crohn.html

15 Kasper, 2004, S. 159

16 http://www.dccv.de/news/article577.html

17 http://www.dccv.de/crohncolitis/grundlagen/erstinfo/medikamente.php

18 Pschyrembel, 1997, S. 294

19 http://www.gastroenterologe.de/patient/erkrankungen/darmtrakt/colitis_ulcerosa.html

20 Kasper, 2004, S. 198/199

21 http://de.wikipedia.org/wiki/Colitis_ulcerosa

22 Pschyrembel, 1997, S. 294

23 Kasper, 2004, S. 198

24 http://www.dccv.de/faq/#1.2.3

25 Pschyrembel, 1997, S. 294

26 http://de.wikipedia.org/wiki/Colitis_ulcerosa

27 http://www.m-ww.de/krankheiten/innere_krankheiten/colitis.html

28 http://de.wikipedia.org/wiki/Colitis_ulcerosa

29 Heepe, 2002, S. 209, 589, 599,600

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Ernährung und Diät bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa)
Autor
Jahr
2012
Seiten
35
Katalognummer
V202970
ISBN (eBook)
9783656288930
ISBN (Buch)
9783656289494
Dateigröße
644 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diät und Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa)
Schlagworte
Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, CED, Sven-David Müller, Diätassistent, Diätetik, Ernährungsberatung, Diätberatung, Ernährung bei Morbus Crohn, Diät bei Morbus Crohn, richtig essen bei Morbus Crohn, richtig essen bei Colitis ulcerosa, Ernährung bei CED
Arbeit zitieren
Sven-David Müller (Autor:in), 2012, Ernährung und Diät bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202970

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