Der Einsatz von Facebook im Marketing von Organisationen der sozialen Arbeit - Chancen und Risiken


Masterarbeit, 2012

132 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Neue Formen des Marketings
2.1. Die Entwicklung von der Absatzpolitik zum Social Media Marketing
2.2. Die Besonderheiten im Marketing von sozialen Organisationen
2.2.1. Die besonderen Bedingungen bei der Erbringung von Dienstleistungen
2.2.2. Die besonderen Bedingungen des Marketings im sozialen Bereich
2.3. Kommunikation und Kommunikationspolitik im Marketing
2.4. Die Bedeutung des Dialoges in der Kommunikationspolitik
2.5. Was ist das „Social Web“?
2.6. Onlinemarketing

3. Soziale Netzwerke
3.1. Was sind soziale Netzwerke?
3.2. Das „Kleine - Welt - Phänomen“ und andere Gesetzmäßigkeiten sozialer Netzwerke
3.3. Soziale Netzwerke im Internet –
Definition und Charakteristika
3.4. Vernetzung - Trend der Zukunft oder nur ein Hype?
3.4.1. Statistische Zahlen zur Internetnutzung und der Digitale Graben
3.4.2. Statistische Zahlen zu sozialen Netzwerken im Internet
3.4.3. Motivation und sozialer Hintergrund der Nutzer
3.4.4. Kurze Geschichte der ersten Netzwerke im Internet

4. Facebook
4.1. Geschichte der Entwicklung von Facebook
4.2. Wie funktioniert Facebook?
4.3. Wer nutzt Facebook?
4.4. Facebook als Marketingunternehmen
4.5. Facebook und Datenschutz

5. Facebook als Marketinginstrument im sozialen Bereich
5.1. Entwicklung einer Marketingstrategie
5.2. Der Einsatz im Bereich der Werbung, Empfehlungsmarketing, Kundenbindung und das Beschwerdemanagement
5.2.1. Werbung
5.2.2. Empfehlungsmarketing
5.2.3. Kundenbindung
5.2.4. Negative Kommentare und Beschwerdemanagement
5.3. Der Einsatz im Bereich der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der Imagebildung der Organisation
5.4. Der Einsatz im Bereich der Kommunikation mit Kunden und Fachöffentlichkeit - Möglichkeiten für Dialog, Vernetzung und Beratung
5.4.1. Dialog mit dem Kunden und der Einsatz im Bereich der Beratung
5.4.2. Dialog mit der Fachöffentlichkeit und Vernetzung
5.5. Der Einsatz für die Ressourcenbeschaffung – Spenden- und Personalakquise
5.6. Was muss beim Erstellen und Betreiben einer Facebook-Seite beachtet werden?

6. Fazit

Anhang:

Interviewquellen

Quellen- und Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aktivität und Inhalte von Unternehmen und Organisationen im Social Web, Ergebnisse der Social Media Governance Studie 2011

Abb. 2: Sozialrechtliches Leistungsdreieck

Abb. 3: Zielgruppen/Stakeholder einer sozialen Organisation

Abb. 4: Klassifizierung der Instrumente der Online-Kommunikation

Abb. 5: Verkaufte Smartphones in Deutschland

Abb. 6: Anzahl der aktiven Nutzer von Facebook in Deutschland (Juli 2009 bis Juli 2010

Abb. 7: Altersverteilung bei Facebook im Dezember 2011

Abb. 8: Einstellung der Kunden zu persönlichen Produktempfehlungen und personalisierter Werbung

Abb. 9: Erwartungen der Nutzer von sozialen Netzwerken an Unternehmen

Abb. 10: Anzahl der Fans auf den Facebook-Seiten einiger sozialer Orga- nisationen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Soziale Netzwerke im Internet haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und sind inzwischen in aller Munde. Im Juli 2010 waren weltweit 945 Millionen Menschen in den verschiedenen sozialen Netzwerken aktiv[1], davon waren zwischen 600 und 700 Millionen bei Facebook. 2011 gibt Facebook schon allein die Zahl von 800 Millionen aktiven Nutzern an[2]. In Deutschland hat die Zahl der Nutzer 2011 die 20 Millionen Grenze überschritten[3], das heißt jeder vierte Deutsche hat ein Profil bei Facebook und viele Menschen sind in mehreren Netzwerken aktiv. Facebook, StudiVZ, SchülerVZ, Twitter, Youtube, Xing, LinkedIn prägen die Art der Kommunikation und die Erfahrungswelt ihrer Nutzer. Mehr und mehr entdecken auch Wirtschaftsunternehmen die Möglichkeiten dieser sozialen Netzwerke für Marketing und Werbung. Die meisten großen Unternehmen haben inzwischen in Ergänzung zum klassischen Marketing eigene Seiten bei Facebook, twittern und bloggen und zeigen Werbefilme bei Youtube.

In der sozialen Arbeit kommt dieser Trend jedoch erst langsam an. Fehlende Sachkenntnis, fehlende Personalkapazität für die Pflege der Seiten, aber auch die Sorge, möglicherweise veröffentlichte Kritik schade dem Ansehen des Unternehmens, könnten die Gründe dafür sein.

Angesichts der Entwicklung sollten wir jedoch darüber nachdenken, wie die sozialwirtschaftlichen Unternehmen und Organisationen die Generation der sogenannten “Digital natives“, der nach 1980 Geborenen, erreichen. Klassische PR, plakative Werbung und Flyer reichen nicht mehr aus, um in Kontakt mit Kunden und Klienten zu treten. Die veränderten Kommunikationsprozesse bringen mehr Partizipationsmöglichkeiten, in einigen Punkten auch mehr Transparenz und beschleunigen die Kommunikation. Sie ermöglichen den Wandel des Konsumenten zum sogenannten „Prosumer“, der die Informationen nicht nur konsumiert sondern weiterverarbeitet und dann aktiv neue Information und Inhalte ins Netz stellt. Immer mehr wird von Kunden eine individuelle, schnelle, interaktive und an ihren Bedürfnissen ausgerichtete Kommunikationsmöglichkeit eingefordert. Unternehmen, die diese Entwicklung nicht berücksichtigen, werden an Konkurrenzfähigkeit verlieren. Dabei genügt es nicht, die klassische Werbestrategie auf die Facebook-Seite zu übertragen, sondern es ist ein Umdenken in den Marketing und Öffentlichkeitsabteilungen notwendig. Die klassische Strategie der „Überredung“ oder im besseren Fall der „Überzeugung“ durch Werbung verändert sich in Richtung „direkter Dialog mit dem Kunden“ und „Management der Kundenbeziehung“.

Ich werde mich in dieser Arbeit mit der Fragestellung beschäftigen, ob und in welcher Art und Weise soziale Netzwerke in Organisationen der sozialen Arbeit für Marketingfelder wie Öffentlichkeitsarbeit, Kundenkommunikation, Kundenbindung und (Dienstleistungs-) Angebotsentwicklung genutzt werden können, welche neuen Möglichkeiten und Chancen sich durch sie bieten, und welche Risiken für Unternehmen und Nutzer bestehen und berücksichtigt werden müssen.

Ich möchte mich dabei auf das zur Zeit in Deutschland am weitesten verbreitete und am schnellsten wachsende Netzwerk Facebook beziehen und an diesem Beispiel aufzeigen, was bei der Planung und Konzeption inhaltlich beachtet werden muss.

Zunächst möchte ich die Entwicklung des Marketing hin zum Onlinemarketing sowie die Besonderheiten des Marketing im sozialen Bereich kurz skizzieren, um zu verdeutlichen, welche neuen Möglichkeiten und Anforderungen dadurch entstehen, und wie sich diese Entwicklung auf die Kommunikationspolitik und die Formen der Kommunikation mit den Stakeholdern auswirkt.

Anschließend sollen soziale Netzwerke und ihre Gesetzmäßigkeiten im Allgemeinen, das Social Web und Soziale Netzwerke im Speziellen dargestellt werden sowie ein Blick auf die Entwicklung von Nutzerzahlen, sozialem Hintergrund und Motivation der Nutzer und ein kurzer Abriss der Entwicklungsgeschichte von sozialen Netzwerken im Internet einen tieferen Einblick in den Trend der Vernetzung ermöglichen.

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit dem sozialen Netzwerk Facebook, seiner Entwicklung und seinen technischen Möglichkeiten. Ein Unterpunkt beschäftigt sich dabei mit dem Thema Datenschutz bei Facebook, da dies beim Einsatz in sozialen Organisationen besonders zu berücksichtigen ist.

Im folgenden fünften Kapitel werde ich mich dann mit den Möglichkeiten und Risiken beschäftigen, die der Einsatz von Facebook sozialen Organisationen bietet.

2. Neue Formen des Marketings

Die technischen Möglichkeiten für das Marketing haben sich in den letzten Jahren sehr schnell weiterentwickelt. Der Einsatz von Onlinemarketing und Social Media Marketing ist inzwischen in den meisten großen Wirtschaftsunternehmen zur Normalität geworden. Unter dem Begriff des Social Web, den ich im weiteren noch genauer definieren werde, sind Anwendungen und Plattformen, wie beispielsweise die sozialen Netzwerke im Internet entstanden, die neue Formen der interaktiven Kundenkommunikation ermöglichen und das Marketing verändern.

2.1. Die Entwicklung von der Absatzpolitik zum Social Media Marketing

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Begriff des Marketing ständig erweitert. Beschrieb er Anfang des letzten Jahrhundert noch die reine, am Produkt orientierte Absatz- und Vertriebspolitik, die sich überwiegend über den Preis regelte und dies auch zunächst noch unter dem Begriff „Absatzwirtschaft“, so entwickelte sich mehr und mehr ein an den Bedürfnissen der Kunden orientiertes Konzept für den Bereich Marketing. Die heute allgemein verwandte Definition des amerikanischen Marketingverbandes AMA (American Marketing Association) bezeichnet Marketing als „die Aktivitäten, Institutionen und Prozesse zur Schaffung, Kommunikation, Bereitstellung und zum Austausch von Angeboten, die einen Wert haben für Kunden, Auftraggeber, Partner und die Gesellschaft insgesamt“.[4] Dabei wird überwiegend von Marketing als einem „marktorientierten Führungskonzept“ gesprochen, das alle Abläufe des Unternehmens an den Zielen und Entwicklungen des Marketings orientiert und sie in die Aufgaben des Managements integriert. Neben Absatz- und Kundenorientierung gehören dazu auch innerbetriebliche Aufgaben wie die interne Kommunikation und die Personalentwicklung.

„Marketing dient der Bedürfnisbefriedigung der am Austauschprozess beteiligten Gruppen (Kunden bedürfnisse und Unternehmens ziele). Unter einem Austauschprozess versteht man die auf einem Markt ablaufenden Transaktionen von Ressourcen von verschiedenen Marktteilnehmern (Kunden, Lieferanten etc.). Dabei stellt der Markt die wirtschaftlich relevante Umwelt eines Betriebes dar, in der diese Austauschbeziehungen zwischen Anbietern und potentiellen und tatsächlichen Kunden realisiert werden.[5]

Bruhn[6] beschreibt die Veränderung des Marketings als eine Entwicklung

von der reinen Produktorientierung in den 1950ern ( auf der Grundlage der hohen Nachfrage in der Nachkriegszeit)

über die Verkaufsorientierung in den 1960ern (von der Produktion zum Vertrieb, Entwicklung von Verkaufs und Werbestrategien) und

die Marktorientierung in den 1970ern (Marktsegmentierung; Spezialisierung auf einzelne Bedürfnisse, stärkere Beobachtung von Kundeninteressen und Marktentwicklungen)

hin zur Orientierung auf den Wettbewerb zwischen den Anbietern (verstärkte Dienstleistungsorientierung, Einbeziehung von Unternehmenskultur, Image und Corporate Identity in die Marketingstrategie) in den 1980ern,

der Orientierung auf die Umwelt der Unternehmen in den 1990ern (Reaktion auf ökologische, politische, technologische oder gesellschaftliche Veränderungen)

bis zur heutigen Dialogorientierung (ab 2000: interaktive Ausrichtung der Kommunikation durch Internet, E-Mails) und

Netzwerkorientierung (ab 2010: Web 2.0, soziale Netzwerke, Word-of-Mouth).[7]

Das 1960 von McCarthy entwickelte Konzept der vier P´s des Marketing-Mix (Produkt, Price, Place, Promotion) wurde nach und nach durch weitere für das Marketing zentrale Begriffe erweitert (People, Process, Physical Evidence), die besonders für Dienstleistungsunternehmen bedeutsam sind.[8] Hinzu kamen auch einige Elemente, die durch die Veränderung der Umwelt der Unternehmen an Bedeutung gewannen (Physics – das Bild des Unternehmens, Public Voice, Politics). Mehr und mehr rückte der Kunde und seine Bedürfnisse in das zentrale Interesse und mit Zunahme der technischen Möglichkeiten des Social Web zum interaktiven Dialog fordern Kunden diesen in wachsendem Maße ein. Es hat eine Entwicklung von der „Pushkommunikation“, der Beeinflussung des Kunden durch die Werbung, hin zur „Pullkommunikation“ stattgefunden, bei der der Kunde selbsttätig und gezielt Informationen und Werbung anfordert.[9]

Während sich die Marketingforschung zunächst ausschließlich mit Sachgütern (Konsum- und Investitionsgütern) beschäftigte, entwickelte sich etwa seit den siebziger Jahren mit der wachsenden Bedeutung des tertiären Sektors[10] ein zunehmendes Interesse an Marketingkonzepten für Dienstleistungsunternehmen, die die Besonderheiten der Vermarktung von Dienstleistungen, um die es sich häufig im sozialen Bereich handelt, berücksichtigen. Seit den 90ger Jahren gibt es eine intensive theoretische Auseinandersetzung mit dem Bereich des Dienstleistungsmarketing[11], sowohl bezogen auf kommerzielle Dienstleistungsunternehmen sowie auch zunehmend auf Nonprofit-Organisationen (NPOs). Letztere entdecken mehr und mehr die Notwendigkeit eines integrierten Marketingkonzeptes, um in dem wachsenden Markt der Interessensgruppen und Verbände in der Konkurrenz um Mitglieder, politischen Einfluss und Finanzierungsquellen bestehen zu können. Sowohl kommerzielle als auch nichtkommerzielle Unternehmen nutzen dazu zunehmend auch Methoden des Online-Marketings sowie die Möglichkeiten des Social Web. Laut der Studie „Social Media Governance 2011“ ist die Zahl der Unternehmen und Organisationen, die Social Media nutzen, von 43% in Jahr 2010 auf 71% im Jahr 2011 gestiegen. Die befragten Unternehmen stellen zwar etwas ernüchtert fest, dass der Zeitaufwand für die Durchführung doch relativ hoch ist und es noch an Fachkenntnissen und Mitteln für die Erfolgskontrolle mangelt. Trotzdem stieg der Anteil der Unternehmen, die eine Facebook-Seite haben, von 2010 auf 2011 von 31,4% auf 53,4%, und weitere 20,6% der Organisationen und Unternehmen planten, noch im Verlauf des Jahres 2011 eine solche Seite einzurichten.[12]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Aktivität und Inhalte von Unternehmen und Organisationen im Social Web, Ergebnisse der Social Media Governance Studie 2011, Quelle: Schmidt, 2011

Auch in den Organisationen und Unternehmen der Sozialwirtschaft wächst das Bewusstsein, dass jetzt in Zeiten der wachsenden Verknappung der finanziellen Mittel das Marketing eine immer größere Rolle spielt, um die Ziele der Organisation zu erreichen. Aber die meisten der sozialen Unternehmen entwickeln erst langsam eine eigene Strategie für die Öffentlichkeitsarbeit, die Kundenkommunikation und die Vermarktung. Dabei kommt auch das Marketing mit Social Media Angeboten nur zögerlich zur Anwendung. Häufig wird der Interneteinsatz wenig strategisch geplant, dies ist aufgrund der rasanten Entwicklung der technischen Möglichkeiten auch nicht einfach und erfordert eine kontinuierliche Beschäftigung mit den aktuellen Entwicklungen im Bereich Social Media und Onlinemarketing.[13]

2.2. Die Besonderheiten im Marketing von sozialen Organisationen

Beim Marketing von sozialen Organisationen sind einige besondere Rahmenbedingungen zu beachten. Bei den Angeboten handelt es sich in den meisten Fällen um Dienstleistungen, die häufig in einem besonderen Leistungsdreieck zwischen Kunde, Leistungserbringer und Leistungsträger erbracht werden, da Dienstleistungen im sozialen Bereich oft aufgrund sozialrechtlicher Vorgaben von staatlichen Stellen finanziert werden.

Bei vielen der sozialen Organisationen handelt es sich zudem um Organisationen des Nonprofit-Sektors, wenn auch der Anteil der kommerziellen Unternehmen, aufgrund der Verknappung finanzieller Ressourcen im sozialen Bereich und dem Paradigmenwechsel hin zu zunehmender marktwirtschaftlicher Konkurrenz, wächst.

Diese Bedingungen prägen die Marketingplanung sozialer Organisationen und erfordern eine besondere Berücksichtigung der Kommunikation mit den Stakeholdern[14].

2.2.1. Die besonderen Bedingungen bei der Erbringung von Dienstleistungen

Meffert und Bruhn definieren Dienstleistungen als „selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung (z.B. Versicherungsleistungen) und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten (z.B. Frisörleistungen) verbunden sind (Potentialorientierung). Interne (z.B. Geschäftsräume, Personal, Ausstattung) und externe Faktoren (also solche, die nicht im Einflussbereich des Dienstleistungsanbieters liegen) werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen (z.B. Kunden) und deren Objekten (z.B. Auto des Kunden nutzenstiftende Wirkungen (z.B. Inspektion beim Auto) zu erzielen (Ergebnisorientierung).“[15]

In Abgrenzung zu Sachleistungen sind Dienstleistungen also durch ihre Immaterialität und Nichtlagerfähigkeit, die Notwendigkeit der Integration eines externen Faktors, die kontinuierliche Bereitstellung der Leistungsfähigkeit des Anbieters gekennzeichnet.[16]

Die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Anbieters

Um eine Dienstleistung anbieten zu können, muss der Anbieter zunächst in Vorleistung seine Leistungsfähigkeit als internen Produktionsfaktor bereitstellen. Diese Leistungsfähigkeit beinhaltet seine personelle Möglichkeiten und Fähigkeiten ebenso, wie die sachlichen Voraussetzungen der Produktion.[17]

„Das Absatzobjekt ist die Leistungsbereitschaft zur Verrichtung einer Dienstleistung. Da das Absatzobjekt bei Vertragsabschluss nicht in konkreter Form vorliegt, wird dem Nachfrager ein Leistungsziel bzw. Leistungsergebnis versprochen. Im Gegensatz zu Produktions- und Handelsbetrieben können Dienstleistungsbetriebe somit nur ihre Fähigkeiten anbieten, durch einen Verrichtungsprozess eine Bedürfnisbefriedigung des Kunden herbeizuführen. Niemals kann jedoch ein fertiges oder zu fertigendes Sachgut angeboten werden.“[18]

Die Integration eines externen Faktors

Erst in der Kombination mit dem durch den Kunden zeitlich begrenzt eingebrachten externen Faktor (zu reparierende Maschine, die eigene kranke Person, die Frage, die in der Beratung geklärt werden soll) kann der Anbieter unter Nutzung seiner Ressourcen Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit die Dienstleistung erstellen.

Dadurch erhält die Kommunikation mit dem Kunden eine besonders große Bedeutung. Das Ergebnis des Produktionsprozesses ist abhängig von dem Gelingen der Interaktion zwischen Kunde und Dienstleister.

Die Dienstleistung muss immer mehr oder weniger stark individuell an den eingebrachten externen Faktor angepasst werden und kann somit schwer standardisiert werden. Bei einigen Dienstleistungsangeboten, beispielsweise therapeutischen Beratungsprozessen, wird der Kunde durch Einbringung des externen Faktors sogar zum Mitproduzenten der Dienstleistung.

Dies erfordert eine hohe Flexibilität des Personals und erschwert die Beibehaltung einer gleichbleibend konstanten Qualität des Angebots.[19]

„Die Notwendigkeit der Integration externer Faktoren macht die Dienstleistungserstellung zu einem interaktiven Prozess zwischen Anbieter und Nachfrager. Der Dienstleistungsprozess wird dabei stark von der Wechselbeziehung zwischen Anbieter und Kunde im Erstellungsprozess beeinflusst.“[20]

Die Immaterialität

Dienstleistungen können aufgrund ihrer Immaterialität zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde die Entscheidung dafür oder dagegen fällt, nicht auf ihre Qualität überprüft werden. Erst nach dem Kauf der Dienstleistung erfolgt die eigentliche Leistungserbringung. Dadurch entsteht für den Kunden ein höheres Risiko, und im Kontakt zwischen Anbieter und Kunde erhält das Vertrauen des Kunden zum Anbieter eine hohe Bedeutung.

„Der Kunde muss darauf vertrauen, dass das vom Anbieter abgegebene immaterielle Leistungsversprechen auch zufriedenstellend erbracht werden kann.“[21]

Umso wichtiger werden Empfehlungen anderer Kunden, ein positives Image des Unternehmens und externe Qualitätsprüfungen, deren Ergebnisse öffentlich gemacht wurden. Vertrauensbildende Marketingmaßnahmen und kontinuierliche Qualitätssicherungsmaßnahmen sind deshalb Kernpunkte im Marketing von Dienstleistungen.

Es findet kein Wechsel im Besitz statt. Produktion und Marketing erfolgen gleichzeitig, das „Produkt“ entsteht erst in der Servicesituation und die Interaktion zwischen dem Servicepersonal und den Kunden verkörpert den „Produktionsprozess“. Aufgrund der hohen Bedeutung des personellen Faktors können leicht Schwankungen in der Qualität auftreten.[22]

Dienstleistungen erfordern somit aufgrund ihrer spezifischen Merkmale eine erhöhte Notwendigkeit der Einbindung des Kunden in den Prozess der Dienstleistungserstellung und ein schwerpunktmäßiges Relationship Marketing, einem Managementansatz, der sich seit den neunziger Jahren entwickelt hat und verstärkt die Relevanz der Beziehungen zu den verschiedenen Anspruchsgruppen in den Vordergrund stellt.[23]

Die große Bedeutung der Interaktion zwischen Kunde und Anbieter/Mitarbeiter macht die interne und externe Kommunikation von Dienstleistungsbetrieben und die Personalplanung und –entwicklung zu Schwerpunkten der Marketingplanung. Kommunikation ist im Marketing von Dienstleistungen ein essentieller Erfolgsfaktor.[24]

Aufgrund der Immaterialität und der Synchronizität von Dienstleistungserstellung (sog. „Uno-Actu-Prinzip“) und –inanspruchnahme ist eine vorherige Prüfung des Produktes durch den Kunden erschwert, wodurch der Aufbau einer Vertrauensbasis zwischen Kunden und Anbieter und die Entwicklung eines positiven öffentlichen Images eine besondere Bedeutung erhält.

Aus diesem Grund sind vor allem auch die Möglichkeiten des schnellen, unkomplizierten und interaktiven Kundendialogs durch Onlinekommunikation und die neuen Medien des Social Web, insbesondere die sich durch schnell wachsende Mitgliederzahlen auszeichnenden sozialen Netzwerke im Internet als Chance zum verbesserten Dialog mit dem Kunden zu prüfen.

2.2.2. Die besonderen Bedingungen des Marketings im sozialen Bereich

Der soziale Bereich ist gekennzeichnet durch die große Bandbreite und Verschiedenheit sozialer Dienstleistungsorganisationen. Er umfasst Angebote im Bereich Erziehung, Jugendarbeit, Behindertenarbeit, Beratung in besonderen Problemlagen, Altenarbeit, Gemeinwesenarbeit, Betriebssozialarbeit, Suchthilfe und andere mehr, und weist dabei in vielen Arbeitsfeldern auch Überschneidungen zum Gesundheitsbereich auf. Zudem finden sich aufgrund der Entwicklung hin zur Marktorientierung und Privatisierung in vielen Bereichen der sozialen Arbeit neben den Nonprofit-Organisationen auch zunehmend gewinnorientierte, gewerbliche Unternehmen sowie Organisationen, in denen nichtkommerzielle und kommerzielle Arbeitsfelder nebeneinander existieren (Behindertenwerkstätten, etc.) . Eine genaue Definition und Abgrenzung ist dadurch schwierig. Christa schlägt als Abgrenzungsmerkmal „die leistungsrechtliche Vorgabe nach dem Sozialgesetzbuch und/oder die faktische Leistungserbringung durch einen anerkannten Träger der freien Wohlfahrtspflege“ vor.[25]

Personenbezogene Dienstleistungen des sozialen Bereichs werden, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, größtenteils nicht direkt vom Kunden bezahlt, sondern von einem Leistungsträger und befinden sich dadurch in einem sogenannten „Leistungsdreieck“, in dem neben dem Kunden und verschiedenen konkurrierenden leistungserbringenden Anbietern noch der Leistungsträger in einer Wechselbeziehung zu Kunde und Anbietern steht.[26]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: sozialrechtliches Leistungsdreieck

Quelle: Christa, 2010, S.31/32

Dies impliziert, das der Begriff des „Kunden“ für den Leistungsempfänger in der sozialen Arbeit nicht ganz zutreffend ist und vielfach diskutiert wird. Der Leistungsempfänger hat häufig nicht die volle Wahlfreiheit bezüglich des Leistungsanbieters, es besteht eine asymmetrische Informationsverteilung und der Kunde kann nur zwischen den Anbietern wählen, die vom Leistungsträger finanziert werden. Eventuell ist der Kunde im Prozess der Leistungserbringung aufgrund persönlicher Einschränkungen gar nicht oder nicht mehr in der Lage, seine Wahl eigenverantwortlich zu treffen. In vielen Fällen ist der Kunde selbst der „externe Faktor“ der Dienstleistungserbringung und in manchen Beziehungen zwischen Leistungsempfänger und Leistungserbringer, zum Beispiel in therapeutischen Beratungen, kann der Kunde sogar als Mitproduzent der Dienstleistung bezeichnet werden.

Und es impliziert ebenfalls, dass die leistungserbringende Organisation in der sozialen Arbeit mit zwei oder mehr „Kunden“ als Interessensgruppen konfrontiert ist, da der Adressat der Dienstleistung nicht der einzige „Kunde“ des Leistungserbringers ist, sondern der Leistungsträger ebenfalls die Rolle eines „Monopolkunden“ innehat, da die Leistung aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen zumeist nur von einem Leistungsträger finanziert wird, abgesehen von meist nur geringfügigen Zusatzfinanzierungen durch Spender und Sponsoren.[27]

Einschränkungen in diesem Kontext des sozialrechtlichen Leistungsdreiecks ergeben sich zudem aus den von Politik und Verwaltung festgelegten gesetzlichen Grundlagen für die Finanzierung und Leistungserbringung.

Organisationen der sozialen Arbeit befinden sich also in einem komplizierten Beziehungsgeflecht zu ihren Stakeholdern und müssen die unterschiedlichen Ansprüche und Ziele dieser Anspruchsgruppen koordinieren. Dadurch erhält der Begriff der „Kundenorientierung“ im Marketing sozialer Organisationen eine wesentlich differenziertere Bedeutung, müssen doch häufig gänzlich gegensätzliche Bedürfnisse, Ziele und Ansprüche verschiedener Stakeholdergruppen gleichzeitig berücksichtigt und in die Dienstleistungserbringung integriert werden.

Die Marketingziele sozialer Organisationen liegen sowohl im ökonomischen (Umsatz und Absatzsteigerung bzw. Auslastung der Einrchtung, Steigerung des Marktanteils, Ausschöpfung des Marktpotentials und Rentabilitätssteigerung) als auch im psychografischen Bereich (Erhöhung des Bekanntheitsgrades und Bildung eines positiven Images)[28].

Daneben kommen, besonders bei Nonprofit-Organisationen[29] weitere Ziele hinzu, wie

die Beschaffung zusätzlicher Ressourcen (Spender, Förderer, neuer Leistungsträger als Vertragspartner),

den Aufbau eines Netzwerks von Beziehungen zu anderen Fachkräften und möglichen Unterstützergruppen sowie politischen und gesellschaftlichen Interessensgruppen zur gesellschaftspolitischen Einflussnahme und

die Freiwilligen- und Ehrenamtlichenanwerbung (auch ehrenamtliche Experten).[30]

Gerade in nichtkommerziellen sozialen Organisationen liegen die Ziele manchmal sehr heterogen und weitgefächert in politischen, sozialen oder ethischen Bereichen. Nonprofit-Organisationen bewegen sich in einem komplexen Beziehungsgeflecht, das neben den Beziehungen zwischen Kunden und Organisation auch noch die Beziehungen zu den Spendern, Leistungsträgern, kundenvermittelnden Stellen, Behörden, Politikern, Bürgern, etc. berücksichtigen muss.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Zielgruppen/Stakeholder einer sozialen Organisation

Quelle: Christa, 2010, S.42

Oft orientiert sich die Zielsetzung nicht ausschließlich an den Bedürfnissen der Nachfrager, sondern versucht sogar im Gegenteil, den Kunden zu beeinflussen und sein Verhalten in eine bestimmte Richtung zu verändern. Dies impliziert, dass die verschiedenen Anspruchsgruppen der Organisation durchaus schwerpunktmäßig verschiedene Zielsetzungen verfolgen können, die dann jedoch entsprechend miteinander kommuniziert und koordiniert werden müssen, was ein besonders gut koordiniertes Relationship Management erfordert.

Ausgaben für das Marketing sozialer Organisationen sind meist nicht durch Leistungsträger mitfinanziert, sie werden von Spendern und Förderern mit besonderem Argwohn betrachtet und tendenziell als Verschwendung gesehen. In vielen sozialen Organisationen stehen deshalb nur geringe Budgets für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing zur Verfügung.[31]

Eine abschließende Erfolgsmessung ist in der sozialen Arbeit häufig schwierig, da bei den Stakeholdergruppen unterschiedliche Zielsetzungen bestehen, die stark divergieren können (finanzielle Einsparungen, Disziplinierung, freie Entfaltung, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, etc.).

Die Wirkungskontrolle und somit die Qualitätskontrolle personenbezogener Dienstleistungen im sozialen Bereich ist aufgrund der geringen Standardisierungsmöglichkeit eingeschränkt und sehr vom Gelingen der Kommunikation und dem Kontakt zwischen Mitarbeitern und Stakeholdern abhängig.

2.3. Kommunikation und Kommunikationspolitik im Marketing

Mit den wachsenden Anforderungen an das Marketing und Kundenkommunikation vollzog sich in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Wandel der Kommunikationspolitik in den Unternehmen. Das sich technisch und bezogen auf die Nutzerzahlen schnell entwickelnde Internet ermöglichte neue Formen der Kommunikation, die von den Kunden zunehmend eingefordert werden. War Werbung früher weitestgehend eindimensional und monologorientiert und nach dem Motto „Viel hilft viel“ gestaltet[32], so können heute im Onlinemarketing ohne großen finanziellen und technischen Aufwand interaktive und dialogorientierte Mittel der Kundenkommunikation und Vernetzung sowie zielgerichtete personalisierte Werbemöglichkeiten genutzt werden.

Kommunikation bezeichnet den Austausch, die Vermittlung und die Aufnahme von Informationen, auch nonverbaler Art, zwischen Menschen zur Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen und hat somit eine wichtige Funktion für die Koordination arbeitsteiliger Prozesse und Beziehungen innerhalb und außerhalb der Organisation sowie für die Kommunikation mit den Stakeholdern im Marketing.[33]

Die Kommunikationspolitik im Unternehmen hat die Aufgabe, die verschiedenen Kommunikationsinstrumente eines Unternehmens zielgerichtet einzusetzen und eine Strategie der Darstellung seiner Angebote sowie der Kommunikation mit den verschiedenen Anspruchsgruppen (Kunden, Mitarbeiter, Leistungsträger, etc.) zu entwickeln, zu gestalten, zu koordinieren und zu evaluieren.[34] Sie ist den Entscheidungen der Angebots-, Preis- und Distributionspolitik nachgeordnet, da sie ausgehend von Entscheidungen in diesen Bereichen eine Kommunikationsstrategie entwickeln muss.[35]

Besonders in den durch die Immaterialität des Produktes geprägten Dienstleistungsbereichen der sozialen Arbeit sowie in Nonprofit-Organisationen hängt die Darstellung des Unternehmens und des Angebotes für den Kunden entscheidend von der Art und Weise und der Qualität der verschiedenen Instrumente und Formen der Kommunikation ab.[36] Die besonderen Kompetenzen und Fähigkeiten des Anbieters in der Dienstleistungserbringung müssen kommuniziert werden, ebenso wie die Angebote zur Integration des externen Faktors in Form von Kommunikationsprozessen (z.B. Beratung) und die Angebote der interaktiven-dialogischen Kommunikation zur Abstimmung von Angebot und Kundenbedürfnis. Weiterhin muss die Dienstleistung (Räume, Mitarbeiter, etc.) visualisiert und kommuniziert werden und können neue Angebote dargestellt sowie deren Akzeptanz beim Kunden erfragt werden.[37]

Christa weist darauf hin, dass die spezifischen Merkmale von Dienstleistungen, auch spezifische Leistungen der Kommunikationspolitik erfordern, welche auch auf den sozialen Bereich übertragbar sind:

Sie muss im besonderen Maße Vertrauen schaffen für das „Vertrauensgut“ Dienstleistung

Sie muss Formen finden, um das immaterielle Produkt Dienstleistung und die Kompetenzen des Dienstleistungserbringers darzustellen

Sie muss die Komplexität der zu kommunizierenden Dienstleistung auf einige typische und spezifische Charakteristika reduzieren.

Sie muss die Grenzen der Standardisierbarkeit in der Außendarstellung berücksichtigen (Garantieversprechen sind deshalb problematisch) und kann wenig auf Vergleiche mit Konkurrenten zurückgreifen.

Sie muss die Integration der externen Faktors Kunde darstellen und die Notwendigen Rahmenbedingungen(z.B. Mitarbeit des Kunden) für eine erfolgreiche Dienstleistungserbringung.[38]

Im sozialen Bereich muss darüber hinaus die Besonderheit des doppelten Kundenverhältnisses gegenüber Kostenträger und Leistungsempfänger bei der Entwicklung einer Kommunikationsstrategie berücksichtigt werden (Darstellung der Kostengünstigkeit und der hohen Qualität der Angebote gegenüber dem Kostenträger, Darstellung der Attraktivität und Bedürfnisorientierung der Angebote gegenüber dem Leistungsempfänger). Eine besondere Herausforderung ist auch die Darstellung der in der Öffentlichkeit oft negativ besetzte sozialer Problemlagen, die in der Sozialen Arbeit in manchen Bereichen im Mittelpunkt der zu erbringenden Dienstleistung stehen (Sucht, Kriminalität, Krankheit, etc.).[39]

Luthe beschreibt insgesamt die Öffentlichkeitsarbeit einer Organisation vorrangig als Beziehungsarbeit, d.h. Kommunikation zwischen den Stakeholdern unter Berücksichtigung des jeweils unterschiedlichen Kommunikationsbedarfs und der sich aufgrund der verschiedenen Interessen unterscheidenden kritischen Konfliktpunkte.[40]

Die Vielzahl heute möglicher Kommunikationsmittel macht eine zielgerichtete Kommunikationsstrategie notwendig. Sie muss sich differenziert an alle Stakeholder des Unternehmens wenden und das Angebot sowie die Leistungsfähigkeit des Unternehmens an die verschiedenen Interessensgruppen vermitteln. Dabei kann der Einsatz von Onlinekommunikation neue Möglichkeiten des Marketing und der Kommunikation eröffnen, die auch eine verstärkte Dialogorientierung ermöglichen.

2.4. Die Bedeutung des Dialoges in der Kommunikationspolitik

Der Dialog in der sprachlichen Kommunikation ist gekennzeichnet durch seine Wechselseitigkeit und seine Ergebnisoffenheit.[41] Dies bedingt die geringe Planbarkeit eines solchen Prozesses und macht ihn für Unternehmen und Organisationen zu einem Risikofaktor. Als Mittelweg zwischen dem idealtypischen ergebnisoffenen reflexiven Dialogverständnis und dem fassadenhaften Einsatz von dialogischen Techniken zur Ablenkung von konfliktträchtigen Entscheidungen und zur zielgerichteten Beeinflussung und Persuation nennt Szyszka die dialogorientierte Auseinandersetzung auf argumentativer und fachlicher Ebene unter Berücksichtigung der Organisationsinteressen und Ziele, ohne diesen das Kennzeichen der Ergebnisoffenheit vollständig zu opfern, sondern im Einzelfall zu prüfen, ob die eingebrachten Argumente, Meinungen oder Sichtweisen eine grundlegende Veränderung der Unternehmensstrategie erfordert.[42]

Dialogkommunikation kann dann in solchen Situationen, in denen eine Strategieänderung auf der Grundlage der in den Dialog eingebrachten Argumente erfolgt, der Auslöser für innovative Veränderungen und Weiterentwicklungen im Unternehmen und der Gesellschaft sein.[43] Zudem kann sie, durch die Einbeziehung kritischer Haltungen und die offene Kommunikation über Problematisches, Transparenz bezüglich der Entscheidungen einer Organisation schaffen, heutzutage eine Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens.[44] Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Transparenz außerhalb eines Unternehmens auch Transparenz innerhalb dieses Unternehmens und eine, dies ermöglichende und unterstützende Unternehmenskultur voraussetzt.[45]

Der Einsatz dialogischer Kommunikationmittel muss unter den Gesichtspunkten der Effizienz und Effektivität kritisch geprüft und geplant werden. Besonders die rasante Entwicklung immer neuer Online-Technologien und die dadurch entstehenden neuen Formen von Öffentlichkeit erfordern eine flexible Anpassung der Kommunikationsstrategie an sich schnell verändernde Anforderungen und Entwicklungen.[46]

Die neuen technischen Möglichkeiten des Dialoges mit dem Kunden, die das Internet, das Social Web und insbesondere auch soziale Netzwerke im Internet bieten, können bezüglich ihrer Dialogfähigkeit deutlich über den klassischen Medien eingestuft werden.

Allerdings ist nicht jede interaktive Technik und jede Form von Onlinemarketing ein Garant für einen Dialog: sprachgesteuerte Telefonsysteme ermöglichen noch keinen Dialog, ebenso wenig wie Online-Bestellung oder „Gefällt mir“-Buttons.[47] Zudem sind dialogorientierte Kommunikationskonzepte nicht der ausschließliche“ Königsweg“, sondern sollten in ein Gesamtkonzept, das auch persuasive und informative Ansätze beinhaltet, integriert werden und sich situativ angepasst an den aktuellen Anforderungen der Stakeholder ausrichten.[48]

2.5. Was ist das „Social Web“?

Mit der rasanten Entwicklung der technischen Möglichkeiten im Internet ist in den letzten Jahren eine Vielzahl von Anwendungen entstanden, die die Vernetzung ihrer Nutzer und den Austausch von verschiedenen Ressourcen und Informationen ermöglichen und häufig unter dem Begriff Web 2.0[49] oder auch „Social Web“ zusammengefasst wird. Was aber genau kennzeichnet das Social Web?

Ebersbach, Glaser und Heigl definieren „Social Web“ folgendermaßen:

„Das „Social Web“ besteht aus:

(im Sinne des WWW)webbasierten Anwendungen,

- die für Menschen,
- den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und deren Pflege, die Kommunikation und die

kollaborative Zusammenarbeit
- in einem gesellschaftlichen oder gemeinschaftlichen Kontext unterstützen,

sowie

den Daten, die dabei entstehen und

den Beziehungen zwischen Menschen , die diese Anwendungen nutzen.“[50]

Dabei kann anhand der inhaltlichen Schwerpunkte der Anwendungen unterschieden werden in

Wissenscommunities, wie Wikis oder Bookmarking-Dienste, die (eventuell auf der Grundlage einer speziellen Software) das gemeinschaftliche Sammeln, Schreiben und Systematisieren von Informationen und Texten verschiedene Nutzer ermöglichen, beispielsweise Wikipedia oder Mister-Wong, und dabei auf die Akkumulation von Wissen vieler Menschen und die sich gegenseitig korrigierenden Nutzer bauen,

Social Sharing Dienste, die den Austausch digitaler Inhalte ermöglichen, wie Flickr (Austausch von Bildern/Fotos) oder Youtube (Austausch von Videos),

Konsumentencommunities, in denen sich Konsumenten über Produkte austauschen, wie tripadvisor.de oder ciao.de,

Mikrobloggingdienste wie Twitter,

[...]


[1] Vgl. Comscore, 2010

[2] Vgl. Facebook

[3] Vgl. Allfacebook, 2011a

[4] Kuß/Kleinaltenkamp, Marketing, Wiesbaden 2009, 5.Auflage, S.11; zitiert nach: Christa, H. (2010), S.20

[5] Bieberstein, 1995/2001, S. 22

[6] Bruhn, 2009, S.5-7

[7] Vgl. Christa, 2010, S.14-17

[8] Vgl. Bruhn, 2005, S.292

[9] Vgl. Renker, 2008, S.19

[10] Vgl. Götzfried 2003, S.1 “Im Jahr 2003 waren in EU-25 etwas mehr als 120 Mio. Menschen im Dienstleistungssektor und 34 Mio. im Verarbeitenden Gewerbe beschäftigt. Dies entspricht 62,4% bzw. 17,7% aller Beschäftigten“. Der Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungssektor wächst durchschnittlich jährlich um 1,7%, der Anteil derer, die im Verarbeitenden Gewerbe tätig sind, sinkt dagegen um 1,2% .

[11] Vgl. Bieberstein, 2001, S.32

[12] Vgl. Schmidt, 2011

[13] Vgl. Zerfass/Fietkau, 1997, S.36

[14] „Als Bezugsgruppen oder Stakeholder bezeichnet man jene Rollenträger im gesellschaftspolitischen Umfeld der Unternehmung, mit denen Kommunikationsbeziehungen angestrebt oder aufgenommen werden.“ Zerfass /FIetkau, 1997, S.16

[15] Meffert/Bruhn,2006, S.33; Die Autoren weisen aber auch darauf hin, dass aufgrund der großen Heterogenität von Dienstleistungen und der Kopplung von Verkauf von Sachleistung und dabei angebotenen Dienstleistungen (Beratung, Kundendienst, etc.)eine klare Abgrenzung zwischen Sachleistungen und Dienstleistungen sowie eine eindeutige Definition schwierig ist.

[16] Vgl. Velev, 2009, S.13

[17] Vgl. Velev, 2009, S.17.; Meffert/Bruhns,2006, S.64

[18] Bieberstein, 2001, S.30

[19] Vgl. Bieberstein, 2001, S.32.; Vgl. Meffert/Bruhn, 2006, S.65

[20] Bieberstein, 2001, S.32

[21] Bieberstein, 2001, S.53

[22] Vgl. Bieberstein, 2001, S.28

[23] Vgl. Meffert/Bruhn, 2006, S.73-75; Der Managementansatz des Relationship Marketing beschäftigt sich mit dem Marketing von Kundenbeziehungen sowie den Beziehungen zu den anderen Stakeholdern und beinhaltet die Entwicklung von Strategien zur Kundenbindung, Kundenakquisition und Kundenrückgewinnung.

[24] Vgl. Bieberstein 2001, S.36

[25] Vgl. Christa, 2010, S.26

[26] Vgl. Christa, 2010, S.31

[27] Vgl. Christa, 2010 S.31/32

[28] Vgl. Bieberstein, 2001, S.140/141

[29] Bruhn, 2005, S.33; Bruhn definiert eine Nonprofit-Organisation als „eine nach rechtlichen Prinzipien gegründete Institution(privat, halbstaatlich, öffentlich), die durch ein Mindestmaß an formaler Selbstgestaltung, Entscheidungsautonomie, und Freiwilligkeit gekennzeichnet ist und deren Organisationszweck primär in der Leistungserstellung im nichtkommerziellen Sektor liegt.“

[30] Vgl. Bruhn, 2005, S.90-93

[31] Vgl. Bruhn, 2005, S.46-65

[32] Vgl. Renker, 2008, S.13

[33] Vgl. Staehle, 1990, S.275; Vgl, Zerfass/Fietkau, 1997, S.10/11

[34] Vgl. Velev, 2009, S.22

[35] Vgl. Christa, 2010, S.222/223

[36] Vgl. Bruhn, 2005, S.98

[37] Vgl. Meffert/Bruhn, 2006, S.467-469

[38] Vgl. Christa, 2010, S.224

[39] Vgl. Christa, 2010, S.225

[40] Vgl. Luthe, 1995, S.34

[41] Vgl. Szyszka, 1996, S.88

[42] Vgl. Szyszka, 1996, S.102/103

[43] Vgl. Röglin, 1996, S.234/235

[44] Vgl. Röglin, 1996, S.135

[45] Vgl. Röglin, 1996, S.238/239

[46] Vgl. Zerfaß, 1996,S.53-55; Vgl. Zerfaß, 2004, S.393

[47] Vgl. Bentele/ Steinmann/ Zerfaß, 1996, S.455; Vgl. Zerfass/Fietkau, 1997, S.14

[48] Vgl. Bentele/ Steinmann/ Zerfaß, 1996, S.456/457

[49] erstmals verwandt von Tim O´Reilly 2004, vgl. Schmidt, 2008, S.18

[50] Ebersbach/ Glaser/ Heigl, 2008, S.31

[51] Kurzform von Weblogs

Ende der Leseprobe aus 132 Seiten

Details

Titel
Der Einsatz von Facebook im Marketing von Organisationen der sozialen Arbeit - Chancen und Risiken
Hochschule
Alice-Salomon Hochschule Berlin
Veranstaltung
Sozialmanagement
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
132
Katalognummer
V202907
ISBN (eBook)
9783656320074
ISBN (Buch)
9783656320487
Dateigröße
1085 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialarbeit, Soziale Netzwerke, Marketing, Facebook, Sozialmanagement, Soziale Organisationen
Arbeit zitieren
Jutta Niesbach (Autor:in), 2012, Der Einsatz von Facebook im Marketing von Organisationen der sozialen Arbeit - Chancen und Risiken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202907

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