Die Putin-Show - Ein Blick hinter die Kulissen

Strategien positiver (Selbst-) Darstellung Vladimir Putins in den Medien am Beispiel des Fernsehens


Magisterarbeit, 2010

126 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

II. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Einleitung

Kapitel 1: Politische Kultur Russlands im Zeitalter der elektronischen Medien
1.1 Massenmedien, politische Akteure und die Macht der Bilder
1.2 Die politische Bühne mit Putin als Hauptdarsteller
1.2.1 Inszenierung
1.2.2 Korporalität (Verkörperung)
1.2.3 Wahrnehmung
1.2.4 Performance
1.3 Das russische Volk und die Macht der Tradition
1.3.1 Byzantinische Prägung der russischen (politischen) Kultur
1.3.2 Die Größe Russlands als Bestandteil nationaler Identität
1.4 Das Phänomen Putin

Kapitel 2: Analyse der Sendung "Gespräch mit Vladimir Putin"
2.1 Zum Gegenstand der Untersuchung - Vorgehensweise und Methode
2.2 Analyse
2.2.1 Zum Hintergrund der Ausstrahlung
2.2.2 Verbale und nonverbale Techniken der Selbstdarstellung Putins
2.2.2.1 Methode: Verbale und nonverbale Selbstdarstellung
2.2.2.2 Analyse: Verbale und nonverbale Selbstdarstellung
2.2.3 Verbale und nonverbale Techniken der Darstellung Putins durch Dritte
2.2.4 Vorteilhafte Darstellung Putins mit Hilfe technischer und raumgestalterischer Mittel

Kapitel 3: Ein Blick hinter die Kulissen
3.1 Putin - Das mediale Produkt eines gelungenen Zusammenspiels
3.1.1 Zum Hintergrund der Ergebnisfindung
3.1.2 Strategien des Machterhalts Putins
3.2 Der Putin-Kult am Ende? - Eine abschließende Einschätzung

III. LITERATURVERZEICHNIS

IV. ANHANG: Transkription zur Sendung "Gespräch mit Vladimir Putin" in deutscher und in russischer Sprache

II. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Das US-Magazin Time kürte ihn zur Person des Jahres 20071 2. Im Jahr darauf veröffent­lichte die russische Stiftung Öffentliche Meinung (FOMf Ergebnisse einer Umfrage un­ter 1500 Bürgerinnen und Bürgern. Vierzig Prozent der Russen wählten ihn auch 2008 zur wichtigsten Persönlichkeit des Landes. Er gilt vor allem als sympathisch3, attraktiv4, dynamisch, willensstark und entschlossen5. Die unzähligen Bücher, Bilder, Porträts, Do­kumentationen und Reportagen sowie sonstige Darstellungen und Veröffentlichungen, in denen seine Person ins Zentrum des Geschehens gerückt wird, lassen keinen Zweifel daran, dass seine Popularität jeden Winkel des Landes erfasst hat. Seine Vermarktung gleicht der eines berühmten Schauspielers oder Sängers. Der Mensch, auf den diese Be­schreibung zutrifft ist aber kein geringerer als der ehemalige Präsident undjetziger Pre­mierminister der Russischen Föderation (RF6 ), Vladimir Vladimirovič Putin7.

Gerne präsentiert sich Putin als Judo-Kämpfer, als Tigerbändiger, als Pilot oder auch als Soldat8 - und immer wirkt er dabei selbstbewusst, jung und smart. Es ist ein Image, das Vova, wie ihn diverse russische Journalisten liebevoll nennen, und seine PR9 -Berater ge­zielt konstruiert haben. Seit seinem Amtsantritt als Ministerpräsident im August 1999 umgibt sich der ehemalige Geheimdienstler mit einer geheimnisvollen Aura der politi­schen Anonymität. So rätselhaft seine Vergangenheit als KGB10 -Mann ist, so undurch­sichtig sind auch seine politischen Ziele. Der Ausdruck "Putins Plan"11 (Plan Putina) wurde zum Slogan der führenden Partei Russlands Einiges Russland (Edinaja Rossija), deren Vorsitz seit Frühjahr 2008 in den Händen des neuen alten Ministerpräsidenten, Vladimir Putin, liegt. Welches konkrete Konzept dahinter steckt, ist den meisten Russen bis heute unklar12. Eindeutig sind gleichwohl die Umfrageergebnisse des international anerkannten russischen Meinungs- und Forschungsinstituts Levada-Centr: Trotz der am 07. Mai 2008 statt gefundenen Amtsübernahme durch den neuen Präsidenten der RF Dmitrij Anatol'evic Medvedev wird der ehemalige Kreml-Chef vom Volk auch weiter­hin als die Leitfigur der Nation wahrgenommen13. So würden 52 Prozent der Befragten eine dritte Amtsperiode Putins als Staatsoberhaupt begrüßen14. Weitere Erhebungen des Levada-Centr vom 20. Februar 2007 wie auch vom 14. Januar 2008 bestätigen, dass vor allem der Kandidat eine gute Chance hatte, vom Volk zum nächsten Präsidenten gewählt zu werden, der das Vertrauen Putins genießt15. Der amtierende Premierminister scheint die Bürger also nach wie vor in seinen Bann zu ziehen. Aus diesem Grund widmen sich seit 1999 unzählige Untersuchungen der Frage "Wer ist Putin?"16.

Gleichermaßen ungewöhnlich erscheint auch die Karriere des mit 46 Jahren ins Amt des Präsidenten berufenen und damit bis dahin jüngsten russischen Staatslenkers. Innerhalb von nur vier Jahren (1996-1999) stieg der zunächst kaum in der Öffentlichkeit bekannte Sohn eines Fabrikarbeiters zum stellvertretenden Leiter der präsidialen Geschäftsfüh­rung, dann zum Premierminister und schließlich zum wichtigsten Mann der RF auf. Der Großteil der Bevölkerung erblickte sein Gesicht zum ersten Mal bei seiner Vorstellung als neuer Ministerpräsidenten im August 1999. Binnen weniger Monate nach seiner Er­nennung durch El'cin zum Wunschnachfolger gelang es Putin, bis zu den Präsident­schaftswahlen im März 2000 eine breite Wählerschicht zu mobilisieren. Das Erstaunli­che dabei istjedoch, dass er gänzlich ohne ein Wahlprogramm antrat, von der Mehrheit der Bürger gleichwohl als die Person wahrgenommen wurde, die Russland dringend be­nötigte17.

Die Spekulationen darüber, warum ein kaum bekannter Präsidentschaftskandidat in so kurzer Zeit beim Volk eine so hohe Zustimmungsquote erreichte, sind zahllos (Annah­men über eine Beschneidung der Spielräume der Opposition, technische Wahlmanipula­tion und ähnliche Mutmaßungen sollen an dieser Stelle außer Acht gelassen werden). Zu den Eingängigsten gehört unter anderem die Erklärung des russischen Soziologen Lev Gudkov. Gudkov ging davon aus, dass der Nachfolger El'cins als leitender Politiker der militärischen Aktionen im zweiten Tschetschenien-Krieg seine Stärke und Entschlossen­heit im Kampf gegen die moslemischen Separatisten18 unter Beweis stellen konnte. Das ließ ihn in einer Zeit der ökonomischen, sozialen sowie wirtschaftlichen Krise Russ­lands, in der der Ruf nach Ordnung immer lauter wurde19, als "Retter des Vaterlandes"20 erscheinen. El'cin hingegen fand gegen Ende seiner zweiten Amtsperiode als Staatsober­haupt bei der Mehrheit der Russinnen und Russen kaum noch Akzeptanz. Sein gesund­heitlicher Zustand verschlechterte sich in der Zeit seiner Präsidentschaft zunehmend, so dass er in der Ausübung seines Amtes stetig beeinträchtigt war. Hinzu kamen Gerüchte über eine Alkoholabhängigkeit, öffentliche Auftritte, bei denen er offensichtlich unter Alkoholeinfluss stand wie auch schwer wiegende Vorwürfe von Korruption. Das Volk sehnte sich nach einer Figur an der politischen Spitze, die die Geschicke des Landes mit fester Hand (s tverdoj rukoj)21 zu lenken vermochte. Putins energisches Vorgehen im zweiten Tschetschenien-Krieg ließ bei ihm eben diese gesuchten Qualitäten erahnen. So lautete die These Gudkovs, dass sich die in Putin gesetzten Hoffnungen nicht aus dem konkreten Wissen um seine Vorzüge speisten, sondern vielmehr aus der Stärke des Be­darfs an positiven Veränderungen22.

Der Leiter der russischen Radioredaktion Deutsche Welle und Russlandexperte Ingo Mannteufel hingegen begründete Putins raschen Popularitätszuwachs mit dem Argu­ment, dass der angehende Präsident Russlands vor seinem Amtsantritt auf der politi­schen Bühne ein noch unbeschriebenes Blatt, ein neuer und junger Politiker unter den immer gleichen Funktionärsgesichtern war. Seine politischen Vorstellungen waren bei seiner Kandidatur zum Staatsoberhaupt fast unbekannt23. Putin hielt sich im Gegensatz zur Konkurrenz zurück. Er trat selten und überlegt in Erscheinung, was dazu führte, dass persönliche Angriffe gegen ihn kaum möglich waren. Ein dementsprechend wohl überlegter Schachzug kann das Gefühl eines souveränen, über den Dingen stehenden Vorab-Siegers vermitteln. Darüber hinaus hat es den Effekt, dass jeder in ihm das zu se­hen vermag, was er gerne sehen möchte.

Letztendlich führen beide Erklärungsansätze zu einer wesentlichen Erkenntnis: Putins Verhalten vor der Präsidentschaftswahl war gut durchdacht. Es trug zu einer positiven Imagebildung bei und verschaffte ihm damit in kürzester Zeit einen Vorsprung zur Kon­kurrenz. Doch genügte allein das, die Bürger von El'cins Günstling zu überzeugen?

Kaum ein Beobachter würde der Aussage widersprechen, dass das, was den jungen Prä­sidentschaftskandidaten von den restlichen Bewerbern vorwiegend unterschied und ihm damit einen enormen Vorteil verschaffte, etwas war, dass sich größtenteils im Hinter­grund abspielte. Mit einer von der Präsidialadministration ins Leben gerufenen gewalti­gen PR-Kampagne wurde die Person Putin gezielt in Szene gesetzt. Dies geschah mit der bedingungslosen Unterstützung eines Mittlers, der aus der heutigen politischen Rea­lität nicht mehr wegzudenken ist: den Massenmedien (MM24 ). Darunter soll die "Gesamtheit der technischen Mittel mitsamt ihrer Infrastruktur verstanden wer­den, die zur Verbreitung schriftlicher, bildlicher und akustischer Informationen unter einem großen, weit verstreuten und unterschiedlich zusammen gesetzten Publikum dienen."25

Als Wunschnachfolger El'cins genoss Putin die Unterstützung der Oligarchen26 und der mächtigen Wirtschaftselite, in deren Händen sich ein Großteil der Medien befand. Be­vor der amtierende Staatspräsident die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger übergab, ließ sich El'cin von Putin per Dekret unter anderem Immunität vor einer eventuellen Strafverfolgung sowie weitere Privilegien zusichern27. Die herrschende Gruppe ihrer­seits war darauf bedacht, nach dem Ende der formellen Dienstzeit des Präsidenten, mit möglichst geringen Verlusten den Status-quo sicher zu stellen. Ließe sich ein schwacher Nachfolger besser lenken? Die Ämter, die Putin innehatte, bevor er Staatsoberhaupt wurde, verlangten von ihm keine selbstständigen politischen Entscheidungen von großer Reichweite und kein strategisches Denken. Zudem war er gegenüber El'cin voll­kommen loyal. Wer ihn letztlich als Wunschkandidaten vorschlug, ist bis heute unklar. Auffällig ist nur, dass es in den wenigen Monaten vor der Präsidentschaftswahl zu einer massiven und einheitlichen Pro-Putin-Berichterstattung bei gleichzeitiger Diffamierung der politischen Gegenkandidaten kam. Mit Hilfe so genannter Imičmejker wurde der junge Präsidentschaftskandidat ins rechte Licht gerückt. Das Image Putins unterschied sich stark von dem Bild des kranken und schwachen El'cins. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger wirkte der ehemalige Geheimdienstler jung, stark und entschlossen.

Bereits El'cin nahm die Dienste der Image-Berater bei den Duma-Wahlen im Jahr 1995 erfolgreich in Anspruch. Doch erst unter Putins Regentschaft wurden sie omnipräsent. So gestanden erste Umfragen einem möglichen Präsidentschaftskandidaten Putin zu­nächst nur knapp ein Prozent der Wählerstimmen zu. Einige Monate darauf erzielte der kaum bekannte Kandidat bereits im ersten Wahlgang 52,52 Prozent der abgegebenen Stimmen. Wie sich an diesem Beispiel belegen lässt, kann eine einheitliche Medienbe­richterstattung zu Gunsten einer bestimmten Person einen hohen Einfluss auf das Den­ken und Handeln der Menschen ausüben28. Da im Unterschied zur traditionellen Herr­schaft die heutige Machtvertikale aber stets weiterer Mechanismen bedarf, um als legi­tim zu gelten, drängt sich die Frage auf, wie es Putin gelingen kann, auch heute noch jede Aufmerksamkeit auf sich zu lenken?

In der Literatur existieren verschiedene analytische Ansätze, die der Frage nachgehen, weshalb der Premierminister in der Vorstellung der Bürger auch weiterhin einen zentra­len Platz einnimmt. Dabei soll im Wesentlichen geklärt werden, ob und warum sich die politische, soziale und wirtschaftliche Situation im Land nach dem Amtsantritt Putins zum Positiven oder auch zum Negativen hin verändert und welchen Einfluss sie auf das Verhalten der Wähler hat29. Des Weiteren ist auch der Politikstil des amtierenden Minis­terpräsidenten ein zentraler Untersuchungsgegenstand der Forschung. Viele Wissen­schaftler sind sich einig, dass Putins Reformen bei der Mehrheit der Bevölkerung des­halb so viel Akzeptanz fanden, weil sie mit einem Rückgriff auf alte Traditionen ein Ge- fühl der Vertrautheit und damit auch der Sicherheit hervorriefen30. Russland schrumpfte nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Imperiums auf die Größe vor den Erobe­rungen Peters des Großen zusammen. Überdies verlor es allmählich seinen Einfluss über die ehemaligen Gebiete in Mittel- und Osteuropa. Eine solche Situation wirkt sich bei einer Bevölkerung wie der russischen negativ auf das Identitätsempfinden aus, wenn bereits die Zugehörigkeit zu einem riesigen Land seitjeher als selbstbestätigend emp­funden wird31. Demzufolge erzeugt die Erniedrigung, die man durch den territorialen Verlust erfährt, einen Minderwertigkeitskomplex. Putin konnte diesen Verlust nicht rückgängig machen. Jedoch, so lautet die These, gelang es ihm im Laufe seiner Präsi­dentschaft, durch das Zurückgreifen auf bereits Bekanntes wie auch durch die Rhetorik eines Großmachtpatriotismus, das Land aus seiner Identitätskrise herauszuholen. Er ver­söhnte die Menschen mit ihrer sowjetischen Vergangenheit. Putin entlastete jene, die einst an ein positives, auf eine lichte kommunistische Zukunft ausgerichtetes Ge­schichtsbild gewöhnt waren, sich nach dem Zerfall der Sowjetunion (SU32 ) aber plötz­lich mit einer Dämonisierung dessen konfrontiert sahen33. Viele mit dem tradierten so- vjetischen Identifikationsmuster eng verbundene Biografien und Lebensläufe drohten sinnlos zu werden. Viele Russen sehen in ihm noch heute den Menschen, der das russi­sche Volk mit seiner Vergangenheit versöhnte und ihm damit seine Identität zurück gab.

Ein dritter Erklärungsansatz untersucht die Einstellung der Zivilgesellschaft zur politi­schen Sphäre. Die These hierbei lautet, dass viele Bürger davon ausgehen, bei der Wahl des Präsidenten nicht wirklich wählen zu können. Ein Alternativkandidat zu Putin wür­de fehlen. Ferner gaben achtzig Prozent der Befragten an, dass der Wahlkampf sie nichts anginge34. Warum die Wahl zum Präsidenten im Frühjahr 2004 erneut auf Putin fiel, be­antworteten viele mit dem Argument, dass der derzeit amtierende Premier in der Zeit seiner Präsidentschaft in der Lage war, im Land wieder Ordnung herzustellen und ihm seinen gebührenden Respekt wieder zu verschaffen. Trotz der Beschneidung demokrati­scher Errungenschaften wie zum Beispiel der Meinungs- und Pressefreiheit fand sein autoritärer Führungsstil dennoch eine breite Zustimmung. Soziologische Befragungen des Allrussischen Meinungsforschungszentrums (VCIOM 35) zeigten zudem, dass 75 bis 80 Prozent der Bürger bereit wären, zu Gunsten von Ordnung und Stabilität, ihre Frei­heit aufzugeben36, um sie für einen längeren Zeitraum in die Hände einer Person zu übertragen - nämlich Putin37. Denn nur ein über eine längere Zeit amtierendes Staats­oberhaupt sei in der Lage, Russland auf Dauer zu stabilisieren. Im Hinblick darauf er­hält der Ausdruck "Putins Plan" einen bitteren Beigeschmack. Die internationalen Medi­en kürten Vladimir Vladimirovic bereits, mit einem leicht besorgten Unterton, zum Za­ren - eine Anspielung auf einen Rückschritt Russlands hin zum traditionell autoritären Herrschaftsstil? Dass es sich um einen Massengehorsam gegenüber der Staatsmacht qua Tradition handeln könnte, soll nur angedeutet bleiben.

Fest steht: Alle drei Ansätze erklären Putins enormen und stabilen Popularitätsgrad nur teilweise. Unberücksichtigt bleibt, dass eine Politikvermittlung in der heutigen Gesell­schaft ohne die Unterstützung der MM nicht mehr möglich ist. Sie sind, um es mit den Worten des berühmten Pioniers der Medientheorie Marshall McLuhans zu sagen, "das zentrale Nervensystem der modernen Gesellschaft"38, das selbst den kleinsten Winkel des großen Russlands zu erfassen scheint. Das Image des Ministerpräsidenten, auf das der Protagonist meiner Magisterarbeit seit seinem Amtsantritt als Präsident großen Ein­fluss nimmt, wurde vorrangig durch das Fernsehen aufgebaut39. Noch heute bleibt Putin der unumstrittene Protagonist der russischen Gesellschaft. Auffällig ist, dass er nicht nur in den Nachrichten, sondern auch in kommerziellen Beiträgen viel Raum in Anspruch nimmt. Besonders deutlich wurde das bei einem TV-Auftritt am 4. Dezember 2008: Pu­tin trat im russischen Fernsehen in einer Sendung auf, die bislang nur dem Präsidenten vorbehalten war. Dabei stellte er sich ausgewählten Fragen der Bevölkerung zu ver­schiedenen politischen, wirtschaftlichen, religiösen und sozialen Themen. Aus diesem Grund lautet meine These, dass es sich beim Phänomen Putin um eine von Anfang an gezielt und kontinuierlich in Szene gesetzte mediale Vermarktung seiner Person handeln muss, die ihm beim russischen Volk auch heute noch eine dauerhafte Anerkennung zusi­chert. Doch wie schafft er es, den Menschen ein Bild von sich zu vermitteln, welches je­den Gedanken verwirft, es könne im Land einen besseren "Zaren" geben als Putin?

Spätestens seit dem ersten Femseh-Präsidenten John F. Kennedy40, der sich nahezu per­fekt dieses Mediums bediente, richtete sich die Aufmerksamkeit der Medienforschung unter anderem auch auf das Verhältnis zwischen Medien, Politiker und Publikum. Das Interesse wurde in den letzten Jahrzehnten um so größer als sich ein enormer Wandel der MM vollzog, der vor allem eine rapide und explosionsartige Durchdringung nahezu aller gesellschaftlichen Bereiche durch die Medien mit sich brachte. Russland blieb da­von nicht ausgeschlossen. Neutrale Beobachter wie das Europäische Medieninstitut ka­men Mitte der 1990er Jahre zum Schluss, dass bereits El'cin ohne die Unterstützung der MM die Präsidentschaftswahlen 1996 verloren hätte41. Doch speziell Putin hat die unge­teilte Aufmerksamkeit vieler nationaler und internationaler Medienforscher. Wie bereits angedeutet, wurden seit seinem Amtsantritt im Jahr 2000 unzählige Schriften publiziert, die zu erklären versuchen, warum Putins Popularität aufrecht erhalten wird42. Die Frage nach dem Wie bleibt aber unbeantwortet. In meiner Arbeit gilt es, diese Forschungslücke zu schließen. Daher soll am Beispiel des Fernsehens die zentrale Frage beantwortet wer­den, mit welchen Mitteln und Methoden der Darstellung Putin mit Hilfe der russi­schen MM an der Aufrechterhaltung seines Images arbeitet, so dass er auch in der Gegenwart als die Leitfigur der Nation wahrgenommen wird.

Zur Beantwortung der zentralen Frage wird die Arbeit in drei Kapitel gegliedert: einen methodischen, einen analytischen und einen dritten Teil, der die Ergebnisse des Zweiten in Bezug setzt zum Ersten. Dabei wird insgesamt auf eine kulturwissenschaftliche Kon­textanalyse zurück gegriffen. Sie beruht hauptsächlich auf unterschiedlichen wissen­schaftlichen Beiträgen und Analysen, Biografien sowie Statistiken zum Thema Putin und der russischen Gesellschaft. Das erste Kapitel der Arbeit liefert dem Leser einer­seits ein theoretisches Fundament im Umgang mit Begrifflichkeiten, mit denen im zwei­ten Kapitel gearbeitet werden soll. Andererseits ist es für den späteren Verlauf der Arbeit notwendig, das Image, das der Premier beim Volk zu wahren pflegt, vorzustellen. Dar­über hinaus wird anhand einer kurzen Schilderung der spezifischen traditionellen, kultu­rellen und politischen Vorstellungen des russischen Volkes ein Kontextwissen aufge­baut, das für die Einordnung der im zweiten Kapitel herausgearbeiteten Analyseergeb­nisse von wesentlicher Bedeutung ist. Dabei ist es wichtig, die politische Kultur als einen festen Bestandteil der gesamtnationalen russischen Kultur zu begreifen, die ihrer­seits ein besonderes Normensystem mit bestimmten Regeln, Werten und Stereotypen hervorbringt und bei der Mehrheit der Bevölkerung Zustimmung findet. So rücken der Einfluss der byzantinischen Kultur wie auch die unmittelbare Verbindung der Größe Russlands mit dem Großmachtdenken in den Fokus der Betrachtung. Die Biografie des derzeitigen Premiers wird nur insofern Bestandteil des methodischen Vorgehens sein, als gezeigt werden soll, dass bestimmte Stationen in Putins beruflicher Laufbahn, ihm einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz beim Werben um die Zustimmung der russi­schen Bevölkerung verschaffen.

Die Medienanalyse, als eine der drei zentralen Arbeitsfelder der Medienwissenschaft43, befasst sich mit dem Medium an sich aus verschiedenen Perspektiven, die sich aus der Dreieckskonstellation Medium-Politik(er)-Publikum ergeben. Da sich die zentrale Frage hauptsächlich auf die Wirkung Putins auf das Publikum beschränkt und die dritte Kom­ponente "Medien" als Mittler in den Hintergrund rückt, kann von einer rezipienten-ori- entierten44 Medienanalyse gesprochen werden, in der es darum geht, die Bedeutung von medialen Botschaften und ihre Wirkung auf die Zuschauer zu untersuchen. Das Fernse­hen gehörte bereits in den 1990er Jahren zur primären Ausstattung eines jeden russi­schen Haushalts45. Die Botschaften des Ministerpräsidenten erreichen insbesondere mit Hilfe des Fernsehens eine breite Bevölkerungsschicht. Da sich die Arbeit zum Ziel ge­setzt hat, den Mythos Putin zu entmystifizieren, liegt es demnach nahe, sich im zweiten Kapitel ausschließlich auf das Medium Fernsehen zu beschränken. So wird anhand der am 04. Dezember 2008 ausgestrahlten Sendung "Gespräch mit Vladimir Pu­tin" (Разговор с Владимиром Путиным) ein konkretes und aktuelles Beispiel herange­zogen, an dem deutlich gemacht werden soll, wie genau der derzeitige Premierminister in Szene gesetzt wird bzw. sich in Szene setzt und welche Assoziationen damit beim Zu­schauer ausgelöst werden können. Weil die Sendung jedoch nur ein Bruchstück aus der Gesamtheit der medialen Inszenierung Putins ist, muss zunächst der Hintergrund der Ausstrahlung erklärt werden. Nachdem dies geschehen ist, werde ich mich einerseits den technischen Verfahren wie beispielsweise dem Bühnenbild und der Kameraperspek­tive zuwenden, die ihren eigenen Beitrag zur Aufrechterhaltung von Putins Image leis- ten. Andererseits richtet sich meine Aufmerksamkeit auf die Person Putin. Demnach werden unter anderem Fragen zum verbalen (zum Beispiel zu sprachlichen Äußerungen, die dabei helfen, sein Image zu bestätigen) und zum nonverbalen Auftreten (zum Bei­spiel zum Tonfall, zur Mimik und Gestik) wie auch zur Darstellung des Protagonisten durch Dritte gestellt. Neben der erwähnten kulturwissenschaftlichen Kontextanalyse wird zur Beantwortung der zentralen Frage eine zweite Methode herangezogen, die je­doch allein im analytischen Teil zum Einsatz kommen soll: die Fernsehanalyse. Da es sich bei der dargestellten Sendung um eine Ausstrahlung im Format einer Talkshow handelt, in der der Premier als Ehrengast auftritt, habe ich mich für eine personenkon­zentrierte Talkshowanalyse46 unter anderem nach Christian Schicha entschieden.

Die Ergebnisse der Analyse werden im dritten Kapitel der Arbeit mit den im ersten Ka­pitel beschriebenen kulturellen und traditionellen Vorstellungen, Werten und Stereoty­pen der russischen Bevölkerung in Bezug gesetzt. Dabei ist es notwendig, die im zwei­ten Kapitel erarbeiteten wesentlichen Thesen in einer kurzen Zusammenfassung zu wie­derholen, um zur Beantwortung der zentralen Fragestellung überzugehen. Weil davon ausgegangen wird, dass die Botschaften Putins, die durch das Fernsehen an die Zu­schauer übermittelt werden, nicht willkürlich gewählt sind, soll ein Vergleich mit dem Inhalt des ersten Kapitels Aufschluss darüber geben, aus welchem Grund der Minister­präsident sich bestimmter Mittel bzw. Methoden der (Selbst-) Darstellung bedient. Schlussendlich soll ein kleiner Ausblick die Ergebnisse abrunden. Das ist insofern inter­essant, weil derzeit stark darüber spekuliert wird, ob aus dem personellen Wechsel an der Staatsspitze im Frühjahr 2008 auch ein Machtwechsel stattgefunden hat oder ob Pu­tin auch weiterhin im Zentrum der Macht bleibt. Was für die letztere Annahme spricht, sind die Kompetenzerweiterungen des Ministerpräsidenten, die in den Monaten nach der Amtsübergabe an Medvedev nach und nach erfolgten. Jedoch sprechen auch einige wesentliche Fakten dagegen. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden dabei helfen, die De­batte um ein weiteres Pro- bzw. Kontra-Argument zu bereichern.

Kapitel 1: Politische Kultur Russlands im Zeitalter der elektronischen Medien

1.1 Massenmedien, politische Akteure und die Macht der Bilder

Politikvermittlung ist in der heutigen modernen Gesellschaft weitgehend eine mediale47. Medien und Politik befinden sich in einer Symbiose. Das eine ist ohne das andere nicht mehr denkbar. Der politische Akteur ist auf das Fernsehen, den Hörfunk, die Zeitung, das Magazin oder auch das Internet angewiesen, weil sie eine Plattform zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe fast jeder Bürger des Landes erreicht werden kann. Umgekehrt suchen Medien die Nähe zur Politik, da sie gemäß ihrer Eigenlogik und ihres ökonomi­schen Bestrebens an möglichst exklusiven und kontinuierlich fließenden Informationen interessiert sind.

Als äußerst effektiv zur Vermittlung politischer Informationen erweisen sich neben den klassischen Printmedien wie zum Beispiel Zeitung und Zeitschrift, die elektronischen Medien. Sie nehmen im Tagesablauf der meisten Menschen einen erheblichen Raum ein48. Dem Fernsehen kommt unterdessen eine besondere strategische Bedeutung zu. Dieser Mittler profitiert speziell von der "Macht der Bilder"49. Politische Ereignisse werden im Fernsehen in der Regel intensiver wahrgenommen als beispielsweise in Zei­tungen. Ein Grund dafür ist, dass (bewegte) Bilder den Vorteil haben, unmittelbarer ver­mitteln zu können als Wörter, Sätze oder Reden. Mit Hilfe unterschiedlicher technischer Methoden können politische Prozesse, Positionen oder auch Konfliktlinien in kompri­mierter Weise veranschaulicht werden. Was dem Zuschauer nicht auf der Ebene ver­nünftiger Überlegungen mitzuteilen ist, lässt sich seinem Bewusstsein mit Hilfe einer Kombination von Bildern übermitteln. Bereits vereinzelte Schlüsselbilder50 reichen aus, um beim Fernsehzuschauer Assoziationen, Emotionen, Affekte oder auch (Vor-) Urteile hervorzurufen. So kann er zum Beispiel bei der Betrachtung eines ölverschmierten Kor­morans auf Umweltverschmutzung schließen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Individuum in der Lage ist, das Gezeigte in einen sozialen, kulturellen oder historischen Kontext einzuordnen. Ist dies der Fall, spricht man von einer Akzentverlagerung der sachlichen Bedeutung eines Ereignisses zur Visualisierbarkeit51. Sprachlich abstrahie­rende Zusammenhänge und Vorgänge weichen dabei einer visuellen, simultanen und in­tegralen Präsentation. Das bedeutet, dass sich das Medium Fernsehen stärker auf Vor­gänge, Personen und Resultate fokussiert als auf sachliche Bezüge. Denn es ist leichter zu zeigen, was jemand macht, wie jemand aussieht oder worüber jemand spricht als zu zeigen, wie eine Vielzahl von Menschen überlegen oder interagieren.

Da Bilder als visuelle Reize Emotionen stärker auslösen als Worte52, wirken sie nachhal­tiger. Zusätzlich wird der Fernsehzuschauer mit scheinbar realitätsnahen Bildern kon­frontiert, was dazu führen kann, dass das Gezeigte als authentisch wahrgenommen wird. Dabei fungiert nach Marshall McLuhan die Kamera als die technische Verlängerung des Auges53. Sie bringt Ereignisse auf eine Weise in Augennähe des Betrachters, die das Ge­schehen wie ein Stück Eigenerfahrung erscheinen lässt. Jedoch kann es zwischen dem, was das Auge eines Individuums erfasst und dem, was die Kamera fokussiert, einen ent­scheidenden Unterschied geben. Der Zuschauer sieht im Fernsehen nur das, auf was sich die Kamera richtet. Alles andere wird ausgeblendet. Das "proxemische und gesti- sche Verhalten der Fernsehzuschauer"54 wird nicht adäquat abgebildet, was wiederum zur Folge hat, dass bestimmte Gegebenheiten sich bis zur Unkenntlichkeit verändern lassen. Die Grenzen zwischen der Abbildung und dem Abgebildeten verschwimmen.

Problematisch wird es nicht nur dann, wenn sich das Urteilsvermögen des Adressaten der Information den Emotionen unterwirft, die durch das Gezeigte ausgelöst werden, sondern insbesondere in dem Moment, in dem durch die suggestive Kraft der Bilder die kritische Distanz gegenüber den angebotenen Inhalten verloren geht. Der Wahrheitsan­spruch einer übermittelten Information kann vom Zuschauer nur selten überprüft wer­den. In den meisten Fällen nimmt das Individuum das Gezeigte als gültig hin. Aus die­sem Grund könnte dieser Authenzitätseffekt als Mittel der Manipulation eingesetzt wer­den. Dabei lässt sich etwas Unwahres als wahr darstellen. So bezeichnet man Massen­medien als Vermittlungsinstanzen. Dies täuscht allerdings darüber hinweg, dass bereits durch die visuelle Anordnung des zu Zeigenden, durch die Art der akustischen Präsenta­tion und durch weitere Mittel der Darstellung einer Person bzw. eines Sachverhalts nicht nur vermittelt, sondern auch eine subjektive Position eingenommen werden kann. Die Anordnungen könnten ebenso auf eine andere Weise weiter gegeben werden, was folg­lich eine andere Perspektive eröffnet. Daher muss man mit dem Gezeigten, das den An­spruch erhebt, die Struktur der realen Welt abzubilden, vorsichtig umgehen.

Das Fernsehen eröffnet also in Form ausgewählter Bilder, Situationen, Orte, Objekte und Musik ein Repertoire an Strategien und Mitteln der Suggestion. Seine machtvolle Wirkung ist nicht zu unterschätzen. Es kann unbewusst Einfluss auf unser Denken und Handeln ausüben. Wie bedeutsam das Schlüsselmedium Fernsehen für die Politikver­mittlung sein kann, lässt sich bereits daran erkennen, dass in der RF alles daran gesetzt wurde bzw. wird, die wichtigsten Fernsehsender unter staatlichem Einfluss zu halten undjene zu beseitigen, die der Regierung zuwider handeln55. Sind also speziell die elek­tronischen Medien wie das Fernsehen "Machttechniken"56 der Manipulation von Bür­gern? Dieser Gedanke ist nicht unumstritten. Allerdings ist er im Hinblick auf Russland nicht unbedingt abwegig, haben wir es doch in der RF mit einer Gleichstellung der MM, einer Einschränkung der Pressefreiheit durch gezielt gesteuerte Selektion und einer Qualifizierung und Unterdrückung von Meldungen zu tun57. Doch welche Rolle über­nehmen die russischen MM hinsichtlich der Vermarktung der Person Putins?

Wie zu Beginn angedeutet, scheint der Ministerpräsident eine hohe Medienpräsenz zu besitzen58. Er kann in der Medienlandschaft auch heute noch als Hauptakteur identifi­ziert werden, was wiederum seine soziale Position bzw. Bedeutsamkeit klassifiziert. Das Fernsehen ist seine stärkste Waffe im Werben um die Zustimmung der Öffentlichkeit. Dies wurde bereits am Anfang seines Amtsantritts als Präsident Russlands im Jahr 1999 deutlich. Es ist seine Plattform, auf der der Protagonist Putin in einer Weise agiert, die ihm dabei hilft, ein Image zu erschaffen bzw. aufrecht zu erhalten, das ihn zur Leitfigur der RF empor hebt. Als Image soll hierbei ein aus sachlichen und affektiven Einzelhei­ten zusammen gesetztes Gesamtbild einer Person bzw. ein Eindruck von einer Person verstanden werden. Es kommt zustande durch eigene wie auch durch fremd vermittelte Informationen und Wahrnehmungen und wird mit bestimmten Assoziationen verknüpft. Die Einzelheiten, verstanden als prägnante Merkmale und Eigenschaften einer Person, werden dabei im Vorstellungsbild stark vereinfacht und verdichtet59.

Weil aber die Ausübung von politischer Macht seit jeher aufs Engste verbunden ist mit der Zurschaustellung von Körpern, mit der Theatralität und der Dramaturgie, schließt die politische Machtausübung zur Legitimation politischen Handelns neben der Sach- und Inhaltsorientiertung immer auch eine Darstellungskomponente mit ein60. Besonders in der Zeit vor dem Erscheinen der elektronischen Medien waren es beispielsweise Herrscherauftritte vor dem Volk, die Verherrlichung der Herrscher durch Gemälde und Skulpturen, Abschreckungsrituale der öffentlich zur Schau gestellten Hinrichtungen und andere Formen der Darstellung politischer Macht, die im Vordergrund standen. Wie ist es aber heutzutage und speziell in der RF, die trotz kritischer Stimmen offiziell als ein demokratischer Staat gilt, um die (Selbst-) Darstellung und Konstitution von Politik bzw. von politischen Akteuren gestellt?

Auf Grund der Tatsache, dass die Vermittlung politischer Inhalte in der heutigen moder­nen Gesellschaft hauptsächlich über die MM erfolgt, muss sich der politische Akteur den Präsentationsregeln der Medien61 unterwerfen. Er muss sein Handeln an den Struk­turen des Mediensystems ausrichten, um Aufmerksamkeit beim Rezipienten62 zu erlan­gen. Diese Normen sind weitestgehend dieselben, mit denen das Theater als kulturelles Modul seine Wirkung erzielt. Es handelt sich dabei vor allem um aufmerksamkeitsstif­tende Dramatisierungsstrategien, die in einer Aufführung Verwendung finden und in verschiedenen Ausprägungen und Formen dem Phänomen der Theatralität zugeordnet werden. Theatralität versteht sich in diesem Sinne als die Gesamtheit aller Materialien und Zeichensysteme in einer Aufführung (zum Beispiel der Körpereinsatz, die Raumge­staltung, das Licht, die Requisiten).

Theatralität außerhalb der Reichweite des Theaters wird wiederum als ein Grundele­ment menschlichen Handelns sowohl in alltagspraktischen als auch in kommunikativen Situationen gesehen. Der Soziologe Erving Goffman beispielsweise geht soweit, dass er das gesamte gesellschaftliche Leben, die sozialen Rollendefinitionen und die Formen der Einübung öffentlichen Verhaltens mit dem Theater in Bezug setzt63. Goffman unter­sucht soziale Interaktionen nicht als ein Reflex oder eine Natürlichkeit, sondern als ein Konstrukt, das aus Elementen des Theaters besteht. Der menschliche Körper und die Objekte seiner Umwelt können einen Zeichencharakter annehmen, der sinnhaft und be­deutungsgeladen ist, jedoch nur dann gedeutet werden kann, wenn die Zuschauer in der Lage sind, die Zeichen in einen zum Beispiel kulturellen, medialen oder geschichtlichen Kontext einzuordnen. Als Zeichen wird hierbei eine bilaterale Einheit definiert, die aus einer wie auch immer gearteten Form bzw. Ausdruck und einem aus diversen Bedeu­tungsmerkmalen zusammen gesetzten Inhalt besteht64. Dazu gehören zum Beispiel Sym­bole, Rituale, aber auch verbale und nonverbale Äußerungen. Sie sind Träger einer ent­weder auf objektive Elemente verweisenden oder aber unterschwelligen, komprimierten Botschaft, die Emotionen wecken und Assoziationen hervorrufen kann. Theatralität in diesem Zusammenhang schafft somit eine Brücke zwischen dem Theater als kulturelles Modul und dem theatralen Prozess außerhalb des Theaters. Folglich lassen sich Begrif­fe, die ursprünglich dem semantischen Feld des Theaters zugeordnet werden, auf reale Ausprägungen des anthropologischen Verhaltens übertragen.

Die Theaterwissenschaftlerin Erika Fischer-Lichte unterteilt den Oberbegriff Theatrali­tät, welcher im letzteren Sinne verstanden werden soll, in vier Grundelemente des menschlichen Verhaltens. Es handelt sich dabei um die Inszenierung, die Korporalität, die Wahrnehmung und die Performance65. Sie sollen bei der späteren Analyse als Orien­tierungspunkte dabei helfen, der zentralen Frage nachzugehen, mit welchen Strategien der (Selbst-) Darstellung Putin mit Hilfe der MM, im vorliegenden Fall mit Hilfe des Fernsehens, an der Aufrechterhaltung seines Images arbeitet.

Das allein genügt jedoch nicht, um zu verstehen, warum der Ministerpräsident in der Sendung "Gespräch mit Vladimir Putin" bestimmte Mittel und Methoden einsetzt. Um zu erkennen, welche Wirkung beim Fernsehzuschauer durch den Einsatz von eben die­sen Strategien erreicht werden soll und eventuell auch erreicht wird, muss gleicherma­ßen im Vorfeld geklärt werden, welche kulturellen, traditionellen und politischen Vor­stellungen, welche Werte und Stereotypen des russischen Volkes bestehen. Diesbezüg­lich wird der Einfluss der byzantinischen Kultur auf die Vorstellungen des russischen Volkes, und in diesem Zusammenhang auch die unmittelbare Verbindung der Größe Russlands mit dem Großmachtdenken, Teil meiner Vorüberlegungen sein. Diese beiden Faktoren können als wesentliche Einflussfaktoren benannt werden, die die russische Na­tion stark geprägt haben und noch immer prägen.

Anschließend soll das Image des Ministerpräsidenten vorgestellt werden. Dieser Schritt ist insofern wichtig, als er bei der späteren Analyse des Gesprächs einen Bezugspunkt schafft, der darüber Auskunft gibt, ob Vladimir Putin tatsächlich seinem Image gerecht wird. Dadurch soll die grundlegende These untermauert werden, dass es sich beim Phä­nomen Putin um eine von Anfang an gezielt und vor allem kontinuierlich in Szene ge­setzte mediale Vermarktung seiner Person handelt, die ihm beim russischen Volk auch heute noch eine dauerhafte Anerkennung zusichert.

1.2 Die politische Bühne mit Putin als Hauptdarsteller

Der weltliche Wandel in Form von Globalisierung und Internationalisierung erfasst nicht nur den Einzelnen, sondern die Gesellschaft insgesamt und damit auch alles, was mit ihr in Zusammenhang steht: Politik, Wirtschaft, Kultur. Die Welt, in der wir leben, wird immer komplexer und unübersichtlicher. Empirische Befunde haben ergeben, dass sich die Auswahl und Verarbeitung von Informationen daher im Wesentlichen an folgen­den vier Kriterien orientiert: Verkürzung, Verallgemeinerung, Schlussfolgerung und Ste­reotypisierung66. Um die unüberschaubare Vielfalt von Eindrücken in eine geordnete Struktur zu überführen, ersetzt der Mensch komplexe Strukturen durch einfache Wahr­nehmungsschemata, durch Zuspitzungen auf einfache und einleuchtende Formen. Die­ses Verfahren hat sich im Alltag stets bewährt. Es erklärt auch das Phänomen, warum komplizierte politische Prozesse oft mit konkreten politischen Handlungsakteuren gleichgesetzt werden. Die Verkörperung abstrakter Vorgänge durch konkrete Personen wird im Rahmen der Politikvermittlung unter der Bezeichnung Personalisierung disku­tiert. Das bedeutet, dass Persönlichkeiten mit prägnanten Merkmalen versehen werden, wodurch politische Vorgänge hinter der dargestellten Person verschwinden können67. Die Personalisierung spielt aber auch im Theatralitätskonzept eine wesentliche Rolle.

"Die Theatralisierung des Politischen vollzieht sich auch durch die Verkörpe­rung politischer Gegenstände auf konkrete Personen. Gemeint ist die Verbin­dung von Informationen über politische und soziale Sachverhalte mit szeni­schen Situationen, Körpersprache, Stimme, Musik- und Geräuschelementen so­wie verschiedenen anderen visuellen Reizen."68

Das Phänomen der Personalisierung lässt sich besonders gut am russischen Premiermi­nister beobachten. Die körperlich-sprachlichen Äußerungen Putins haben einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung der Zuschauer. Sie entscheiden darüber, welche Eigen­schaften, Motive, Kompetenzen oder zu erwartenden Handlungen ihm vom Publikum zugeschrieben werden. Ausgestattet mit diesen Eigenschaften verkörpert er spezifische Inhalte und Positionen der RF, die auf Grund ihres Bekanntheitsgrades dem Volk nicht näher erläutert werden müssen69. Folglich muss Putins strategisches Handeln, seine In­szenierung darauf ausgelegt sein, seine Absichten durch beispielsweise Kleidung, Ton­fall und Körpergesten widerspruchsfrei zu synchronisieren. Auf diese Weise kann der Ministerpräsident die Bürger von seiner Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Souveränität überzeugen. Dabei wird die Präsentation durch den Körper zum Ausdrucksrahmen für unterschiedliche Strategien der Darstellung. Die Gesamtbewertung Putins setzt sich also hauptsächlich aus der Vermittlung politischer Inhalte wie auch aus seiner körperlichen Präsenz zusammen. Es handelt sich dabei um einen Darstellungsvorgang durch den Körper und durch die Stimme vor einem Publikum, um eine so genannte Performance.

Das was hier beschrieben wird, soll nach Erika Fischer-Lichte unter dem Oberbegriff Theatralität zusammengefasst werden. Im Folgenden werden die vier wesentlichen Ele­mente, auf die es im späteren Verlauf der Arbeit zu achten gilt, vorgestellt.

1.2.1 Inszenierung

Die Ausübung von Macht ist untrennbar verbunden mit der Darstellung von Macht. Nur derjenige politische Akteur erscheint als mächtig und kompetent, der das erfolgreich darzustellen vermag, was er zu sein beansprucht70. Aus diesem Grund wird das politi­sche Verhalten in vielerlei Hinsicht auch mit der Schauspielkunst verglichen71. Politik ist somit nicht nur ein instrumentelles Entscheidungs-, sondern auch ein dramaturgisches Darstellungshandeln, mit dem Ziel, Aufmerksamkeit und Resonanz zu erlangen.

"Unter Dramaturgie versteht man die Verteilung von Höhepunkten; sie ist ein Spiel mit Spannung und Entspannung. [...] Dramaturgie heißt aber auch, Hand­lungsstränge zu schaffen und Entwicklungen auszuarbeiten."72

Das Fernsehen fungiert dabei als mediale Bühne, auf der Putin eine Vorführung bestrei­tet. Er wird zum Darsteller, bei dem ein Wille erkennbar ist, Anordnungen für das Sehen zu schaffen, die das Denken und Handeln der Zuschauer beeinflussen. Inszenierung in diesem Sinne versteht sich daher als ein

„kalkuliertes Auswählen, Organisieren und Strukturieren von Darstellungsmit­teln, welches strategisch auf eine Wirkung angelegt ist“73.

Die Definition umfasst sowohl die Medieninszenierung, die im Rahmen einer politi­schen Veranstaltung stattfindet, als auch die so genannte Selbst-Inszenierung (auch Selbstdarstellung genannt) eines politischen Akteurs, welcher sich bei dieser spezifi­schen Form der Zeichenverwertung in Produktion zum Selbstzweck in Szene setzt.

Das dramaturgische Handeln setzt jedoch voraus, dass der Ministerpräsident Kontrolle über das eigene Erscheinungsbild verfügt, um beim Publikum gezielt ein bestimmtes Bild bzw. einen bestimmten Eindruck von sich hervorzurufen. Bei der Vermittlung die­ses Bildes ist es von wesentlicher Bedeutung, dass ihm durch unterschiedliche Strategi­en der Darstellung außeralltägliche Qualitäten attestiert werden (zum Beispiel außeror­dentlich kompetent zu sein), um ihn dadurch vor dem Publikum in seiner Funktion zu legitimieren. Dabei erweisen sich im Inszenierungsprozess speziell jene Bilder als hilf­reich, die die Gefühle und Sinne der Rezipienten ansprechen. Sie wirken nachhaltiger und überzeugender als sachliche Argumente und können zudem eine Grundlage bilden, auf der die Zuschauer ihre Entscheidungen über ihre politische Loyalität treffen.

Der Ausdruck Inszenierung muss, wie auch der Theatralitätsbegriff, differenziert be­trachtet werden. So wird er einerseits, im Gestaltungsrahmen des Theaters, als ästheti­scher Begriff verstanden. Im Zentrum dabei steht das Zur-Schau-Stellen des dramaturgi­schen Werkes, um die Intention des Dichters zu ergänzen und damit die Wirkung des Dramas zu verstärken74. In Abgrenzung dazu steht andererseits der anthropologische Terminus. Er beschreibt die öffentlichen Handlungen von politischen Akteuren, die auf eine Effektdramaturgie hin konzipiert werden. Vor allem in letzterem Sinne soll der Ausdruck hinsichtlich der zentralen Frage gebraucht werden. Im Gegenteil zum Theater, in dem Inszenierung ihre Wirkung entfaltet, obwohl oder vor allem, weil sie als solche wahrgenommen wird, ist das sorgfältig inszenierte Verhalten des politischen Akteurs im Alltag darauf ausgerichtet, als natürlich empfunden zu werden. Dadurch kann die Au- thenzität und damit auch die Glaubwürdigkeit des Akteurs gewahrt bleiben. Nichtsde­stotrotz steht bei beiden Bedeutungsebenen gleichsam der schöpferische Prozess, in dem etwas entworfen und zur Erscheinung gebracht wird, im Zentrum der Definition.

1.2.2 Korporalität (Verkörperung)

Neben der Inszenierung konzentriert sich die Theatralität als Korporalität (Verkörpe­rung) auf den Körper mit seinen spezifischen Darstellungsmitteln75. Die unverwechsel­baren Ausdrucksformen eines Menschen wie zum Beispiel seine Bewegung und Kör­perhaltung, die vor dem Aufkommen der audiovisuellen MM auf die unmittelbare phy­sische Gegenwart beschränkt waren, können nun dank des Fernsehens orts- und zeitun­abhängig in jedes Wohnzimmer übertragen werden. Dabei sind für die Dramaturgie vi­suell, emotional und sentimental aufgeladene Bilder bzw. narrative Versatzstücke, wie zum Beispiel die Großaufnahme eines verärgerten Politikers, der seinen Missmut durch eine geballte Faust ausdrückt, von großer Bedeutung. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der medialen Inszenierung, um die Aufmerksamkeit der Rezipienten aufrecht zu halten.

Nonverbale Kommunikationskanäle wie das äußere Erscheinungsbild, die Mimik oder auch die Gestik sind wesentlich für die interpersonelle Eindrucksbildung76. Die Darstel- lung des Politikerkörpers kann zum Einen Einfluss auf sein Image ausüben. So konnte empirisch nachgewiesen werden, dass nonverbale Gestaltungsmittel die Wahrnehmung von Personen und die Vermutungen der Betrachter über die Verhaltensweisen, Kompe­tenzen und Motive des dargestellten Akteurs maßgeblich beeinflussen77. Ein politischer Akteur, der stets mit blassem und eingefallenem Gesicht gezeigt wird, erweckt eher den Eindruck, dass er als Amtsträger überfordert zu sein scheint als ein sportbegeisterter Po­litiker wie Putin, der Gesundheit und Lebensfreude auszustrahlen vermag. Zum Ande­ren kann der Körper eines politischen Akteurs als Projektionsfläche für Wünsche und Vorstellungen, als Werbeträger oder als Botschafter von Nachrichten eingesetzt werden. Das äußere Erscheinungsbild bzw. das Auftreten des Premier übertragen demnach Infor­mationen, die dem Protagonisten entweder schaden oder aber helfen können. So muss er stets darauf achten, dass der Inhalt seiner Aussagen und Absichten mit seiner Körper­sprache und seinem äußeren Erscheinungsbild übereinstimmen, wobei die sozialen und politischen Gegebenheiten wie auch die kulturellen und traditionellen Eigentümlichkei­ten des Landes, in dem er agiert, mit berücksichtigt werden sollten. Im besten Fall kann er seine Äußerungen damit unterstreichen. Im schlimmsten Fall könnte eine sprachliche Aussage, die nicht im Einklang mit seinen nonverbalen Signalen steht, den Ministerprä­sidenten unglaubwürdig erscheinen lassen.

Unter dem Einfluss des Fernsehens findet also eine Verbindung von Informationen über politische und soziale Sachverhalte mit konkreten Personen statt. Doch obwohl die Ver­körperung abstrakter Vorgänge durch konkrete Personen (Personalisierung) komplexi­tätsreduzierend wirken soll, so kann doch die Konzentration der Massenmedien auf prägnante, unter anderem auch körperliche Merkmale des politischen Akteurs, dazu füh­ren, dass politische Handlungsvorschläge weniger anhand ihres Inhalts, sondern viel­mehr anhand ihrer visuell als kompetent und sympathisch wahrgenommenen Vertreter bewertet werden. Der gezielte Einsatz des Körpers ist daher eine wesentliche Strategie, die die Wahrnehmung des Rezipienten beeinflussen und damit zur Herstellung und Auf­rechterhaltung eines Images beitragen kann.

1.2.3 Wahrnehmung

Theatralität als Wahrnehmung fokussiert den Zuschauer in seiner Beobachterfunktion und -perspektíve. Dabei muss man zwischen dem Zuschauer, der in ein Geschehen in­volviert ist undjenem, der in einer distanzierten Form am Geschehen teilnimmt, diffe­renzieren78. Im ersten Fall kann es zum Beispiel eine Person sein, die im Publikum einer Talkshow sitzt. Dabei kann das Saalpublikum zum Bestandteil der Inszenierung werden, wobei seine Funktion von Fall zu Fall unterschiedlich ausfällt und daher erst in der Ana­lyse genauer betrachtet werden soll. Im zweiten Fall rückt speziell der Fernsehzuschauer in den Fokus der Betrachtung. Obwohl er zumeist kaum angesprochen wird, außer mög­licherweise in der Begrüßungsformel des Moderators, ist er weitgehend der eigentliche Adressat einer Fernsehausstrahlung.

Die Rezipienten nehmen beim Betrachten des Fernsehbildschirms nur selten Einzelhei­ten wahr. Vielmehr fallen die Dinge ins Auge, die auffällig, reizvoll, interessant, beunru­higend oder bedrohlich wirken. Die komplexe Ansammlung von Einzelinformationen wird in eine einfache und regelhafte Verallgemeinerung überführt. Schon während der Informationsaufnahme werden Probleme und Sachverhalte in enge semantische Katego­rien eingeordnet79. Die Informationen werden verkürzt und vereinfacht. Aus dieser se­lektiven Wahrnehmung bildet sich das Urteil. Daher ist es ein wesentliches Zieljene Ei­genschaften Putins durch bestimmte Strategien der Darstellung besonders hervorzuhe­ben, die ihn beim Fernsehzuschauer in einem positiven Licht erscheinen lassen. Sie sind maßgeblich dafür verantwortlich, wie er wahrgenommen wird.

Es gibt keine allgemein gültigen Regeln, die dem Protagonisten dabei helfen, ihn als sympathische, kompetente und/ oder interessante Persönlichkeit darstellen zu lassen. Man kann allerdings davon ausgehen, dass die Botschaften des politischen Akteurs den Adressaten insbesondere dann erreichen, wenn das "Schauspiel" als "einfallsreich" be­zeichnet werden kann. Was bedeutet das?

Einerseits spielt die rhetorische Fähigkeit des Protagonisten eine wichtige Rolle. So sind es in der Regel folgende Dinge, die öffentliche Aufmerksamkeit im positiven Sinne fin­den und das Image maßgeblich beeinflussen können: Es ist interessant, jemandem zuzu­hören, der in der Lage ist, seinen Standpunkt darzulegen. Dieser Standpunkt müsste im besten Fall etwas ansprechen, was in der gegenwärtigen Situation ein breites Interesse findet - aktuelle Themen, Ereignisse, Diskurse oder Probleme. Das sollte in einer einfa­chen und verständlichen Form geschehen. Der Rezipient muss dem Gedankengang also folgen können. Dabei helfen anschauliche Beispiele, Parallelen, Parabeln, Stereotypen und Zuspitzungen. Darüber hinaus ist es ebenfalls hilfreich, wenn die Rede durch auf­merksamkeitsstiftende Strategien aufgelockert wird. Zum Beispiel kann eine rhetorische Frage, die Erhebung der Stimme oder eine Pause das Gesagte betonen. Der Ton des Redners sollte im besten Fall also nicht zu monoton gehalten werden, um auch über eine längere Zeit hinweg die Aufmerksamkeit der Zuschauer aufrecht zu halten. Auch die Mimik und Gestik des Darstellers sollte das Gesagte unterstreichen. Dabei konzentriert sich der Mensch vor allem auf den Oberkörper und speziell auf das Gesicht und die Hände. Wichtig dabei ist, dass der Redner einen Stil wählt, der seine Position entspre­chend bekräftigt. So kann ein politischer Akteur, der stets umgangssprachliche Aus­drücke verwendet, zwar menschlicher und damit auch volksnaher wirken als jemand, der sich in einer Weise artikuliert, die den meisten Bürgern auf Grund der fachsprachli­chen Termini unverständlich ist. Jedoch muss er dabei stets bedenken, dass er mit seiner Wortwahl auch die Wahrnehmung seiner Person beeinflussen kann.80

Letztlich sind es andererseits auch technische Tricks, die den Darsteller in einem positi­ven Licht erscheinen lassen können. Zahlreiche visuelle Reize lösen Emotionen stärker aus und können das Gesagte zusätzlich hervorheben. Dabei müssen auch die Sehge­wohnheiten der Fernsehzuschauer im Blick behalten werden. Medienereignisse, bei de­nen ein attraktives Bildmaterial vorhanden ist, werden mit einer höheren Wahrschein­lichkeit berücksichtigt als beispielsweise statische Aufnahmen von Politikerkörpern. Wie das genau funktioniert, soll ebenfalls erst in der Analyse näher betrachtet werden.

1.2.4 Performance

Performance, der vierte Punkt der Theatralität, bezeichnet den Vorgang einer Darstel­lung bzw. den Vollzug einer Handlung durch den Körper und durch die Stimme vor ei­nem Publikum. Es ist das Gesamtverhalten einer Person, welches darauf ausgerichtet ist, die Zuschauer in irgendeiner Weise zu beeinflussen81. Dabei tritt der politische Ak­teur im politischen Alltag nicht, wie im traditionellen Theatralitätsbegriff, als Rollen­charakter, sondern als Darsteller (Performer) auf. Die Ausdrucksmittel reichen in die­sem Fall von Staatssymbolen über die Kleidung bis zur Körperhaltung und den verbalen Ausdrucksformen.

Eine Performance wird dann zum Ereignis, wenn sie hochgradig inszeniert ist und be­stimmten dramaturgischen Regeln folgt. Dieses Ereignis ist eine besondere Situation, die auf Grund ihrer besonderen Atmosphäre aus dem alltäglichen Rahmen fällt. Schicha bezeichnet sie als eine "abgegrenzte, durchstrukturierte soziale Veranstaltung"82, die ih­ren Teilnehmern eine Plattform zur Selbst-Inszenierung bieten kann und gleichzeitig eine breite Öffentlichkeit erreicht. Dabei unterscheidet man zwischen einer Live- und einer mediatisierten Performance. Der erste Terminus umfasst alle Arten von Aufführun­gen (im Theater, im Sport, in der Politik) vor einem realen Publikum, die in Echtzeit stattfinden. Der zweite Begriff beschreibt eine Performance, die über technische Auf­zeichnungsgeräte ans Publikum herangetragen wird. Dieses Medienereignis hat für den (Fernseh-) Zuschauer eine andere Wahrnehmungsqualität, da durch die mediale Vermitt­lung eine Distanz zum Geschehen vorhanden ist. Das Medium Fernsehen rückt zwi­schen die Wahrnehmung des Rezipienten und die Aufführung, so dass das Geschehen dadurch nicht adäquat abgebildet wird. Es wird geprägt von der Kameraperspektive, von Kommentaren der Moderatoren, von Untertiteln und weiteren Faktoren, die bei ei­ner körperlich an dem Ereignis beteiligten Person nicht oder nur teilweise mitwirken.

Anzumerken bleibt, dass sowohl die Inszenierung als auch die Korporalität und Wahr­nehmung sich auf die verschiedenen Bestandteile der Performance beziehen:

"die Inszenierung auf die ästhetische Überformung, die Korporalität auf den zentralen Ausdrucksmodus und die Wahrnehmung auf die Reziption der Dar­stellung in einer Performance durch das Publikum."83

Alle vier Elemente bestimmen in ihrer Gesamtheit und in je wechselnden Konstellatio­nen den Begriff der Theatralität. Ich werde mich in meiner Analyse an diesen vier Fak­toren orientieren. Umjedoch die Wirkung zu begreifen, die durch den Einsatz bestimm­ter Strategien bei der Aufrechterhaltung Putins Image erreicht werden soll, wird der fol­gende Punkt die kulturellen, traditionellen und politischen Vorstellungen, die Werte und Stereotype des russischen Volkes vorstellen. Denn es sind die Bürger, die bei der Sen­dung "Gespräch mit Vladimir Putin" in der Funktion der Fernsehzuschauer als Rezipi­enten fungieren. Sie sind die eigentlichen Adressaten der Ausstrahlung.

1.3 Das russische Volk und die Macht der Tradition

Die Ostslaven gelten bei den Europäern seitjeher als seltsam und eigentümlich. Die Be­ziehung zwischen dem Westen und Russland ist stets spannungsreich: mal offen und freudig, dann wieder verkrampft und abweisend84. Speziell nach dem Zusammenbruch der SU erschienen eine Vielzahl von Veröffentlichungen, in denen sich bemüht wurde, zu unterschiedlichen Bereichen Auskunft über das Rätsel Russland und sein Volk zu ge­ben. Sie reichten von Russisch-Sprachführern über Anleitungen zum richtigen Umgang mit russischen Geschäftsleuten bis hin zu Schlüsseln zum besseren Verständnis des rus­sischen Wesens. Die Rätselhaftigkeit und Einzigartigkeit des russischen Menschen ist aber wohl nicht mehr als ein Erbe der tief verwurzelten Vorstellungen. Das rätselhafte Wesen könnte demnach ebenso auch auf andere Nationalitäten übertragen werden. Man muss also hinter die Fassade schauen, um zu begreifen, weshalb das russische Volk be­stimmte Anschauungen hat, bestimmten Denkweisen folgt sowie bestimmte Ideale und Werte vertritt. Erst dann erschließt sich der Zusammenhang zwischen dem, was die rus­sischen Bürger schätzen, anstreben und/ oder fordern und dem, wie sich ein politischer Akteur dem gegenüber darzustellen bzw. zu entsprechen versucht.

Zwei wesentliche Dinge rücken an dieser Stelle ins Zentrum meiner Betrachtung: Der erste Punkt, den es zu beachten gilt, ist der Einfluss Byzanz und damit die Entscheidung für die Orthodoxie, die die russische und somit auch die politische Kultur in Russland geprägt haben. Als politische Kultur soll im engeren Verständnis die Gesamtheit der Werte, Einstellungen und Glaubensüberzeugungen der Bürger zu den politischen Insti­tutionen, den politischen Vorgängen und der Staatstätigkeit verstanden werden85. Sie be­einflusst bestimmte Verhaltensnormen und Spielregeln im politischen Bereich und gilt als ein untrennbarer Teil der gesamtnationalen Kultur. Deren Werte, Normen und Ste­reotypen werden in der Regel von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt86. Der zweite Punkt bezieht sich auf den geografischen Raum. Er ist unmittelbar mit dem Großmachtdenken Russlands verbunden und Teil der Identifikation der meisten russi­schen Bürger. Beide Faktoren prägen das russische Volk ganz entscheidend.

1.3.1 Byzantinische Prägung der russischen (politischen) Kultur

Die über viele Jahrhunderte entstandene spezifische politische Kultur der russischen Gesellschaft prägt nicht nur das Volk an sich, sondern auch die Vorstellung der Men­schen darüber, wie Russland zu regieren sei. Um an der Macht zu bleiben und sie zu konsolidieren, ist es daher notwendig, auch die kulturelle traditionelle Verankerung des russischen Volkes zu berücksichtigen. In Russland ist der Einfluss der byzantinischen Kultur bis in die Gegenwart zu spüren.

Die kulturelle Verbundenheit mit dem griechischen Byzanz, von dem die Christianisie­rung der Kieva Rus' im 10. Jahrhundert ausgegangen war, ist, neben der fast 300-jähri­gen Fremdbestimmung durch die Tataren, eine wesentliche Ursache dafür, dass das Land die Entwicklungsstufen, wie sie das mittelalterliche Europa kennzeichneten, erst spät und nur teilweise beschritt. Bis ins 16. Jahrhundert waren es allein die Mönche, die als Kulturträger fungierten. Seit der Christianisierung bis zur Petrinischen Zeit war die russisch-orthodoxe Kirche die einzige Trägerin von Bildung. So hat es in Russland bis Anfang des 18. Jahrhunderts keine Universitäten, keine weltliche Gelehrtenschicht und keine dementsprechenden Wissenschaften gegeben. Seit der Regentschaft Peter I. fand eine Übernahme westlicher Vorstellungen und Institutionen durch die russischen Herr­scher statt. Das "Fenster nach Europa" wurde geöffnet. Nach langer Zeit begann der Austausch von Ideen und Erkenntnissen und damit auch die Reformierung und Moder­nisierung Russlands. Dies geschah jedoch gegen den Widerstand vieler Bevölkerungs­schichten, da zahlreiche Neuerungen nicht mit den althergebrachten Traditionen verein­bar schienen. Auch heute noch existiert nach Gudkov ein gewisser Widerstand der russi­schen Bürger gegen vor sich gehende Veränderungen87. Reformer in Russland haben

"es vonjeher mit einer geschichtlich geformten Kultur in einer archaischen Va­riante zu tun gehabt, mit einer traditionellen Zivilisation, die auf Reproduktion von aus der Vergangenheit überlieferten Werten ausgerichtet war, die als absolut und unveränderlich betrachtet wurden."88

Neben dem Festhalten an Traditionen kommt eine weitere Konstante hinzu, die das Re­gieren in einem solch großen Staat zu etwas Besonderem macht: die Multinationalität89. Auch sie ist Teil der russischen Kultur - eine Kultur, in der das Nationalbewusstsein der Menschen nicht auf der ethnischen Traditionsbildung gründet90, sondern, wie im späte­ren Verlauf näher erklärt wird, auf der territorialen. Es ist eine Kultur, die über eine sehr lange Zeit von der Orthodoxie, als der christlichen Hauptkonfession, geprägt wurde. Die russisch-orthodoxe Kirche erwies sich in Russland über viele Jahrhunderte hinweg als erfolgreicher Stifter von Konsens und nationaler Einheit. Als fester Bestandteil der na­tionalen Identität91 kann der russisch-orthodoxe Glaube daher auch bis in die Gegenwart als ein effizientes Mittel zum Zusammenhalt der Nation betrachtet werden.

Die Entscheidung für die Orthodoxie hat neben der kulturellen aber auch die politische Entwicklung Russlands beeinflusst. Nach dem Untergang von Konstantinopel 1453 er­hob die russische Autokratie den Anspruch, das geistige Erbe von Byzanz anzutreten. Die Moskauer Großfürsten begannen sich als Nachfolger in der Rolle des Beschützers der Christenheit zu sehen. Im Gegensatz zum byzantinischen Recht hatte die Thronfolge Russlands aber keine festen Grundsätze, sondern unterlag einer ständigen Entwicklung. Diese selbstständige Entwicklung Russlands führte zu einem eigenen Hierarchiever­ständnis, in dem der russische Herrscher direkt von Gott auserwählt und legitimiert wur­de. So kam es nach der vollständigen Befreiung Russlands vom Tatarenjoch am Ende des 15. Jahrhunderts zu einer uneingeschränkten Machtfülle der russischen Herrscher in Moskau sowie zu einem Aufstieg der Moskauer Großfürsten und ihren Nachfolgern zu wahren Autokraten. Die Herrscher Russlands waren nach der Befreiung in ihrer Macht nicht eingeschränkt und von niemandem abhängig. Die Macht war sakral und so scheint sie auch heute noch zu sein. Wie ist das zu verstehen?

Demokratische Rechte und Freiheiten wurden nicht von der Gesellschaft errungen. Sie gingen zumeist von den Herrschern aus. Auch das Leben in der Provinz sowie der Orts-

Wechsel von Adligen waren bis ins 18. Jahrhundert vom Willen der Monarchen anhän­gig. Die Leibeigenschaft, die erst im Jahre 1861 abgeschafft wurde, hat im Bewusstsein der Menschen tiefe Spuren hinterlassen. Die Konsequenzen daraus sind unterschiedlich: Eine davon ist, dass eine regionale Selbstständigkeit, die bedeutsam für die politische und soziale Entwicklung unter anderem auch in Deutschland war, sich in Russland nicht behaupten konnte. Häufig findet man die These, dass es sich beim russischen Volk um einen Massengehorsam gegenüber der Staatsgewalt handelt, der sich aus der Tradition ergibt92. Es wird angenommen, dass eine Zivilgesellschaft, die ihre Rechte einzufordern versteht und zur Selbstorganisation fähig ist, gar nicht existiert93. Die Menschen seien mit der Demokratie und damit auch mit der Möglichkeit, ihren Willen frei zu äußern, überfordert94. Liegt es vielleicht auch daran, dass sie den Begriff'Freiheit", als Bestand­teil fast aller moderner Demokratiedefinitionen, qua Tradition anders definieren als ihre europäischen Nachbarn? Ist es möglich, dass sie den Terminus in erster Linie mit der Möglichkeit der Erschließung des Raumes verbinden und erst an zweiter Stelle mit dem Gedanken, frei wählen zu können?95 Was ist das für ein Volk, das einem autoritären Führungsstil seine breite Zustimmung erteilt, diesen sogar begrüßt96 ?

Von der Kieva Rus' über das Moskauer Zarentum und das Petersburger Reich bis hin zur kommunistischen und post-kommunistischen Periode gehören der autoritäre Charakter der Macht, der Vorrang des Herrschers bzw. des Staates vor der zivilen Gesellschaft wie auch die schwachen Vermittlungsinstitutionen der Gesellschaft zu den vorrangigen Merkmalen Russlands97. Das autokratische Prinzip setzt sich stets von neuem im russi­schen System durch. Es ist ein System, in dem die Macht zentralisiert und vor allem auch personalisiert ist98. Auch heute noch spricht man in der RF von einer "Vertikale der Macht". Die strikte Kommando-Kette erstreckt sich, vom Kreml ausgehend, über alle staatlichen Organe. Der Befehl zur Ein- und Unterordnung trifft alle wichtigen Einrich­tungen der staatlichen Macht. Kurz: in der traditionellen politischen Kultur Russlands wird den obersten Amtsträgern stets eine überragende Autorität zugeschrieben, was aber nicht bedeutet, dass allein dieses Konzept in Russland Realisierungschancen hat99.

[...]


1 Vgl. Focus Online: Putin zum Mann des Jahres gekürt, München 2007 (online).

2 Vgl. Fond „Obščestvennoe mnenie“(a): Celovek goda - 2008, Moskva 2008 (online).

3 Das Levada-Zentrum führte in den Jahren 2003 bis 2008 mit 1600 russischen Bürgerinnen und Bür­gern eine Umfrage durch, in der es darum ging, den ehemaligen Präsidenten Russlands (Putin) zu be­schreiben. Durchschnittlich vierzig Prozent der Befragten kennzeichneten ihn mit der Eigenschaft „sympathisch“. (Vgl. Levada-Centr (i): Ličnye Kacestva - Kakimi Slovami vy by mogli oboznačit' svoe otnošenie k Vladimíru Putinu?, Moskva 2005-2008 (online)).

4 Untersuchungen, die am Lehrstuhl für politische Psychologie in der Abteilung für Politikwissenschaft an der Lomonosov-Universität von 1993 bis 2007 durchgeführt wurden, belegen diesen Befund an­hand empirischer Daten (Vgl. Shestopal, H.: Die Personifikation der Staatsgewalt im postsowjetischen Russland, in: Buzogany, A.; Frankenberger, R. (Hg.): Osteuropa - Politik, Wirtschaft und Gesell­schaft, Baden-Baden2007, S. 102.)

5 Vgl. Levada, J.: Analiz Rezul'tatov oprosov, Moskva 2000, S. 14 (online); Fond „Obščestvennoe mne- nie“(b): Obraz V. Putina, Moskva2004 (online); Shestopal, H.: a.a.O., S. 104.

6 Siehe Abkürzungsverzeichnis.

7 Im Weiteren werden russische Namen und Begriffe, sofern sie nicht kyrillisch geschrieben sind, wis­senschaftlich transliteriert.

8 Vgl. Engelfried, A.: Das Porträt des Präsidenten - Vladimir Putin zwischen Kunst, Kultur und Kom­merz, in: Osteuropa (Hg.), 56 (2006) 10, Berlin, S. 51-67; Quiring, M.: Putin tanzt Tango mit Medve­dev - und führt, in: Welt Online(Hg.), Berlin 2008 (online).

9 Siehe Abkürzungsverzeichnis.

10 Siehe Abkürzungsverzeichnis.

11 Mehr dazu u.a. bei: Orlov, D.: Plan Putina, in: Ria Novosti (Hg.), Moskva 2007 (online).

12 Vgl. Edinaja Rossija: VCIOM - Rossija živet po Planu Putina, Moskva 2007 (online).

13 Vgl. Levada-Centr (m): Sen'tjabr'skie rejtingi rossijskich liderov, Moskva 2008 (online).

14 Vgl. Levada-Centr (l): Rossijane o vyborachprezidenta, Moskva2008 (online).

15 Vgl. Levada-Centr (g): Kakovy sil'nye storony, Moskva 2007 (online); Levada-Centr (f): Kakovy, na vas vzgljad, sil'nye storony Dmitrija Medvedeva?, Moskva 2008 (online).

16 Zu den ersten Veröffentlichungen zu diesem Thema gehört u.a. die erfolgreiche Putin-Biografie des Autors Aleksander Rahr, die erstmals im Jahr 2000 in deutscher Sprache erschien (vgl. Rar, A.: Vladi­mir Putin - Nemec v Kr'eml'e, Moskva 2002.)

17 Vgl. Bossen, G. D.: Präsidentschaftswahlen in Russland I, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hg.): Län­derberichte, Berlin 2000 (online).

18 Offizieller Anlass für die russische Militärintervention im Kaukasusgebiet war der Einfall islamisti- scher Rebellen in die Nachbarrepublik Dagestan. Hinzu kamen Sprengstoffanschläge auf Wohnhäuser u.a. in Moskau. Bis heute ist jedoch umstritten, wer die Explosionen auslöste (Vgl. Meyer Lexikon Online (b): Wladimir Putin, Mannheim 2008 (online)).

19 Vgl. Gudkov, L. (c): Staat ohne Gesellschaft - Zur autoritären Herrschaftstechnologie in Russland, in: Osteuropa (Hg.), 58 (2008) 1, Berlin, S. 8.

20 Gudkov, L. (c): a.a.O., S. 4.

21 Vgl. Levada-Centr (e): Kakoj Prezidentnužen sejcas Possii?, Moskva2005 (online).

22 Vgl. Diligenskij, G. G.: Putin und die russische Demokratie, in: Osteuropa (Hg.), 51 (2001) 6, Berlin, S. 651; Gudkov, L. (c): a.a.O., S. 4.

23 Vgl. Mannteufel, I.: Rußlands Interimpräsident Vladimir Putin - Biographie und politische Vorstellun­gen, in: Osteuropa (Hg.), 50 (2000) 2, Berlin, S. 123.

24 Siehe Abkürzungsverzeichnis.

25 Schmidt, G. M.: Wörterbuch zur Politik, 2. Aufl., Stuttgart 2004, S. 435.

26 Als „Oligarch“ soll ein in den 1990er Jahren mit neuer Bedeutung versehener Begriff verstanden wer­den, der russische Geschäftsleute bezeichnet, von denen die Allgemeinheit annimmt, dass sie nach dem Zerfall der Sovjetunion durch u.a. kriminelle Methoden zu großem Reichtum sowie politischem Einfluss gelangen (Vgl. Gorschkow, M. K. u.a.: Russlands 'Oligarchen' - Die Russen und ihre Wirt­schaftselite, Moskau 2004 (online)).

27 Vgl. Meyer Lexikon Online (a): Boris Nikolajewitsch Jelzin, Mannheim 2008 (online).

28 Siehe dazu die Analyse von Maier, J.: Die üblichen Verdächtigen oder zu unrecht beschuldigt? - Zum Einfluss politischer Skandale und ihrer Medienresonanz auf die Politikverdrossenheit in Deutschland, in: Bamberger Beiträge zur Politikwissenschaft (Hg.), (2000) 11-12, Bamberg, S. 18 ff.

29 Vgl. u.a. Sevcova, L. (a): Das Putin-Regime vor den Wahlen, in: Osteuropa (Hg.), 53 (2003) 11, Ber­lin, S. 1694 ff; Furman, D.: Russland am Scheideweg - Logik und Ende der 'imitierten Demokratie', in: Osteuropa (Hg.), 58 (2008) 2, Berlin, S. 10 ff.

30 Vgl. u.a. Furman, D.: a.a.O., S. 10; Enker, B.: Sowjetgeschichte und Identitätsfindung heute - Histori­sches Erbe und Politik in Russland, in: Buzogany, A.; Frankenberger, R. (Hg.): Osteuropa - Politik, WirtschaftundGesellschaft, Baden-Baden2007, S. 116 ff.

31 Vgl. Orlov, B.: Das Problem des 'Großmachtdenkens' in der russischen Geschichte, in: Osteuropa (Hg.), 51 (2001) 6, Berlin, S.661.

32 Siehe Abkürzungsverzeichnis.

33 Vgl. Keghel, I.: Die Rekonstruktion der vorsowjetischen Geschichte - Identitätskurse im neuen Russ­land, Bd. 38, Tübingen 2006, S. 12.

34 Vgl. Gudkov, L. (c): a.a.O., S. 4.

35 Siehe Abkürzungsverzeichnis

36 Vgl. Ognev, A. V: Čestnosť Umiraet, kogdaprodaetsja, Tver' 2001, S. 3.

37 Vgl. Levada-Centr (h): Komu dolžna prinadležať verchovnaja vlast' v Possii?, Moskva 2007 (online).

38 McLuhan, M. (a): Das Medium ist die Botschaft, Dresden 2001, S. 197.

39 Vgl. Veremej, N.: Putins Bild in den russischen Medien, in: Südosteuropäisches Medienzentrum (Hg.): Medien und interkulturelle Kommunikation, Frankfurt an der Oder 2005, S. 3.

40 Vgl. McLuhan, M. (a): a.a.O., S. 194.

41 Vgl. European Institute for the Media (Hg.): Monitoring the Media coverage of the 1996 Russian pre­sidential elections, Final Report, Düsseldorf 1996, S. 39.

42 Vgl. dazu u.a. Dubin, B. (d): Simulierte Macht und zeremonielle Politik, Elemente der politischen Kultur in Rußland, in: Osteuropa (Hg.), 57 (2007) 3, Berlin, S. 25 ff.; Engler, B.; Klaiber, I.: Kulturel­le Leitfiguren - Prozesse und Strategien ihrer Funktionalisierung, in: Ders. (Hg.): Kulturelle Leitfigu­ren - Figuration und Refiguration, Bd. 30, Berlin 2007, S. 18f.

43 Bei den anderen beiden handelt es sich um die Mediengeschichte und die Medientheorie.

44 Vgl. Lippert, H.: Rezipienten-orientierte Medienwirkungsforschung - Grundlegung und Modell einer rezipienten-orientierten Medienanalyse, Münster 1987, S. 73.

45 Vgl. Dubin, B. (d): a.a.O., S. 23.

46 Vgl. Schicha, C. (d): Legitimes Theater? - Inszenierte Politikvermittlung für die Medienöffentlichkeit am Beispiel der „Zuwanderungsdebatte“, Marburg 2006.

47 Vgl. Sarcinelli, U.: Politische Inszenierung im Kontext des aktuellen Politikvermittlungsgeschäfts, in: Arnolld, S. u.a. (Hg.): Politische Inszenierung im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 1998, S. 146 ff.

48 Vgl. Schicha, C.; Tenscher, J.: Talk auf allen Kanälen - Eine Einführung, in: Dies. (Hg.): Talk auf al­len Kanälen - Angebote, Akteure und Nutzer von Fernsehgesprächssendungen, Wiesbaden 2002, S. 61.

49 Meyer, T.; Ontrup, R.: Das Theater des Politischen - Politik und Politikvermittlung im Fernsehzeital­ter, in: Willems, H.; Jurga, M. (Hg.): Inszenierungsgesellschaft - Ein einführendes Handbuch, Wiesba­den; Opladen 1998, S. 536.

50 Gemeint sind bestimmte Bilder innerhalb von Bildbeiträgen, die zu unterschiedlichen Zeiten in einem bestimmten Zusammenhang immer wieder hervor geholt werden, um komplexe Informationen in komprimierter Weise zu vermitteln und sich dadurch einprägen (Vgl. Hickethier, K.; Bleicher, J. K.: Die Inszenierung der Information im Fernsehen, in: Willems, H.; Jurga, M. (Hg.): Inszenierungsge­sellschaft - Ein einführendes Handbuch, Wiesbaden; Opladen 1998, S. 378.).

51 Vgl. Meyer, T.; Ontrup, R.: a.a.O., S. 536 f.

52 Vgl. Schicha, C. (e): Politik auf der Medienbühne - Zur Rhetorik politischen Informationsprogramme, in: Schicha, C., Ontrub, R. (Hg.): Medieninszenierungen im Wandel, Münster 1999, S. 146.

53 Vgl. McLuhan, M. (b): Understanding Media, New York 1964, S. 4 ff.

54 Burger, H.: Sprechende Köpfe im Fernseh-Raum. in: Michael, P. (Hg.): Symbolik von Ort und Raum, Bd. 11, u.a. Bern; Berlin; Frankfurt am Main; New York 1997, S. 139.

55 Dazu gehören beispielsweise die russischen Fernsehsender NTW, TW6 oder TWS, die kurz nach Pu­tins Amtsantritt 1999 abgeschaltetwurden.

56 Bublitz, H.: Verschwindende Identitätspolitiken in der 'Politik desVergnügens', in: Göttlich, U.; Win­ter, R. (Hg.): Politik des Vergnügens - Zur Diskussion der Populärkultur in den Cultural Studies, Bd. 3, Köln 2000, S. 288.

57 Vgl. Brunmeier, V.: Das Internet in Russland - eine Untersuchung zum spannungsreichen Verhältnis von Politik und Runet, Bd. 24, München 2005, S. 15; Eimermacher, K.: Staatsmacht ohne Volk - Das System Putin und die Zukunft Rußlands, in: Osteuropa (Hg.), 54 (2004) 3, Berlin, S.60.

58 Vgl. Fruchtmann, J.: Putins Image - Präsident der Einheit in der Not, in: Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (Hg.): Russlandanalysen, (2004) 15, Bremen, S. 26.

59 Vgl. Hügel, H.-O.: Handbuch Populärer Kultur - Begriffe, Theorien und Diskussionen, Stuttgart; Wei­mar 2003, S. 259 f.

60 Vgl. Schicha, C. (d): a.a.O., S. 141.

61 Vgl. Meyer, T.; Ontrup, R.: a.a.O., S. 533.

62 Dieser Ausdruck soll im Sinne der Kommunikationswissenschaft verstanden werden als diejenige Per­son, die in einem medialen Kommunikationsprozess als Empfänger bzw. Adressat von bestimmten In­halten und Informationen fungiert.

63 Vgl. Meyer, T.; Ontrup, R.: a.a.O., S. 525.

64 Vgl. Dörner, A. (b): Politischer Mythos und symbolische Politik - Sinnstiftung durch symbolische Formen, Opladen 1995, 45.

65 Vgl. Fischer-Lichte, E.: Inszenierung und Theatralität, in: Willems, H.; Jurga, M. (Hg.): Inszenie­rungsgesellschaft-Ein einführendes Handbuch, Wiesbaden; Opladen 1998, S. 86.

66 Vgl. Schicha, C. (d): a.a.O., S. 196.

67 Vgl. Ebenda, S. 156.

68 Ebenda, S. 157.

69 In Punkt 1.4 wird auf Putins Image näher eingegangen.

70 Vgl. Soeffner, H.-G. (b): Erzwungene Ästhetik - Repräsentation, Zeremoniell und Ritual in der Poli­tik, in: Willems, H. Jurga, M. (Hg.): Inszenierungsgesellschaft - Ein einführendes Handbuch, Wiesba­den; Opladen 1998, S.217.

71 Vgl. Schicha, C. (d): a.a.O., S. 140; Soeffner, H.-G. (b): a.a.O., S. 229 f.

72 Philippi, R.: 30 Minuten für Veranstaltungsdramaturgie, Offenbach 2003, S. 39.

73 Schicha, C. (d): a.a.O., S. 144.

74 Vgl. Fischer-Lichte, E.: a.a.O., S. 84.

75 Vgl. Schicha, C. (d): a.a.O., S. 155.

76 Vgl. Brosda, C.: Emotionen und Expressivität in Polit-Talks - Die emotionale Dimension von Politi-

ker-Diskussionen im Fernsehen, in: Tenscher, J.; Schicha, C. (Hg.): Talk auf allen Kanälen - Angebo­te, Akteure und Nutzer von Fernsehgesprächssendungen, Wiesbaden 2002, S. 374.

77 Vgl. Vgl. Meyer, T.; Ontrup, R.: a.a.O., S. 531.

78 Vgl. Schicha, C. (d): a.a.O., S. 193.

79 Vgl. Schicha, C. (c): Die Theatralität der politischen Kommunikation - Medieninszenierungen am Beispiel des Bundestagswahlkampfes 2002, Münster 2003, S. 16.

80 Mehr dazu u.a. bei: Hägg, G.: Die Kunst, überzeugend zu reden - 44 kleine Lektionen in praktischer Rhetorik, München 2003; Sassurski, I.: Die Mediatisierung der Politik - Die Präsidentschaftswahlen von 1996, in: Schmid, U. (Hg.): Russische Medientheorien - Facetten der Medienkultur, Bd. 6, u.a. Bern 2005, S. 179.

81 Vgl. Goffman, E.: Wir alle spielen Theater - Die Selbstdarstellung im Alltag, 7. Aufl., München 1998, S. 18.

82 Schicha, C. (d): a.a.O., S. 164

83 Ebenda, S.163.

84 Vgl. Mommsen, M.; Nußberger, A.: Das System Putin - Gelenkte Demokratie und politische Justiz in Russland, Bd. 678, Bonn 2007, S. 12.

85 Vgl. Schmidt, G. M.: a.a.O., S. 549 f.

86 Vgl. Ljubin, V.: Autoritarismus oder Demokratie - Zur politischen Kultur im heutigen Russland, in: Osteuropa (Hg.), 52 (2002) 2, Berlin, S. 163.

87 Vgl. Gudkov, L. (a): Cecenskajavojna i razvalivšiesja "my" - Stat'ja vtoraja: K antropologii "zritelja" cecenskoj vojny, in: Neprikosnovennyj zapas (Hg.), Moskva 2001, S. 32 ff.

88 Ljubin, V.: a.a.O., S. 192.

89 Vgl. Margolina, S.: Na poljach zapisok iz podpol'ja - Po povodu stat'i L'va Gudkova "Cecenskaja voj­na i "my", in: Neprikosnovennyj zapas (Hg.), Moskva 2001, S. 59.

90 Die Staatenbildung war in Russland vor der Nationenbildung abgeschlossen, ehe sich überhaupt eine russische Nation auf natürlichem Wege etablieren konnte.

91 Als "Nationale Identität" soll eine besondere Form der kollektiven Identität verstanden werden, deren charakteristisches Merkmal die Verbundenheit bzw. Identifikation eines Individuums mit einem politi­schen Territorium (Staat) und mit der auf diesem Gebiet lebenden Gemeinschaft (Nation) ist, welche wiederum bestimmte Werte und Vorstellungen vertritt.

92 Vgl. Gudkov, L. (c): a.a.O., S. 4.

93 Vgl. Eimermacher, K.: a.a.O., S. 60.

94 Vgl. Ljubin, V.: a.a.O., S. 182.

95 Vgl. Goes, G.: Einführung in den russischen Kulturraum (Vorlesung) - Kulturraum, Kulturauffassun­gen, Erster Vortrag, Magdeburg 2009.

96 Vgl. Levada-Centr (e): a.a.O. (online).

97 Vgl. Ljubin, V.: a.a.O., S. 184.

98 Vgl. Mommsen, M.; Nußberger, A.: a.a.O., S.31.

99 Die Ära Evgenij Primakovs (1998-1999) zeigt, dass es für eine semipräsididentielle Verfassungsord

Ende der Leseprobe aus 126 Seiten

Details

Titel
Die Putin-Show - Ein Blick hinter die Kulissen
Untertitel
Strategien positiver (Selbst-) Darstellung Vladimir Putins in den Medien am Beispiel des Fernsehens
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (IPW)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
126
Katalognummer
V202494
ISBN (eBook)
9783656321361
ISBN (Buch)
9783656327554
Dateigröße
1134 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine Analyse der Erfolgsfigur Putin oder "Was macht einen Politiker erfolgreich?"
Schlagworte
putin-show, blick, kulissen, strategien, selbst-, darstellung, vladimir, putins, medien, beispiel, fernsehens
Arbeit zitieren
Magistra Artium Weronika Schmidt (Autor:in), 2010, Die Putin-Show - Ein Blick hinter die Kulissen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202494

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