Die Saarbrücker Formel zur Humankapitalbewertung: Eine kritische Analyse


Masterarbeit, 2012

81 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung und Relevanz
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung
1.4 Vorgehen

2 Grundlagen der Humankapitalbewertung
2.1 Die geschichtliche Entwicklung des Humankapitalbegriffs
2.2 Grundlegende Definitionen und begriffliche Einordnung
2.3 Warum das HCM im Personalbereich zu verorten ist

3 Theoretische Grundlagen für eine kritische Analyse der Saarbrücker Formel
3.1 Die drei Paradigmen der Humankapitalbewertung
3.2 Systematisierung der Ansätze zur Humankapitalbewertung
3.3 Idee, Ziel und Voraussetzungen der Saarbrücker Formel

4 Kritische Analyse der Saarbrücker Formel
4.1 Das Untersuchungsschema
4.2 Kritische Untersuchung der einzelnen Formelkomponenten
4.2.1 Die Beschäftigtengruppe
4.2.2 Die HC-Wertbasis
4.2.3 Der HC-Wertverlust
4.2.4 Die HC-Wertsteigerung
4.2.5 Die HC-Wertänderung
4.2.6 Zusammenführung der Komponenten
4.3 Kritische Analyse des Gesamtkonzepts der Saarbrücker Formel
4.4 Wem kann die Saarbrücker Formel einen Nutzen stiften?

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Komponenten des Unternehmenswerts

Abbildung 2: Die drei Arten des Humankapitals

Abbildung 3: Die Wissensverlaufskurve und die Wissensrelevanzzeit

Abbildung 4: Die Ableitung des Wissenserosionsfaktors

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Kategorisierung der Wissensrelevanzzeiten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Einführung und Relevanz

„Why do I get a person when all I need is a pair of hands?“ Diese mit Henry Ford assoziierte Aussage ist kennzeichnend für das Industriezeitalter und das Menschenbild des Taylorismus.[1] Der Mensch wird hierbei als rein austausch- und ersetzbarer Produktionsfaktor gesehen. Rationalisierung und Produktivitätssteigerung stehen im Vordergrund, nicht der einzelne Mitarbeiter mit seinen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch Bedürfnissen.[2] Doch das von Maschinen und Prozessen geprägte Industriezeitalter wurde bereits in den 1990ger Jahren von der sogenannten „New Economy“ sukzessive abgelöst und neigt sich nun dem Ende zu.[3] Insgesamt vollzieht sich ein Wandel hin zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. In einer solchen werden Wissen und Informationen immer wertvoller, die Bedeutung geistiger Arbeit im Vergleich zu physischer steigt,[4] da wissensbasierte Branchen viel mehr auf Innovationen, Patente sowie das firmenspezifische und das individuelle Wissen der Mitarbeiter angewiesen sind.[5] Der Mensch nimmt dabei einen besonderen Stellenwert ein, da nur er aus materiellen beziehungsweise finanziellen Ressourcen einen Wert schaffen kann und durch Kreativität sowie Innovation das Generieren von Wettbewerbsvorteilen ermöglicht.[6] Da er als Gesamtheit nur schwer imitierbar und nicht frei ersetzbar ist, wird der Mensch zukünftig der einzige weiter entwickelbare Produktionsfaktor sein, durch welchen eine Differenzierung möglich ist.[7] Er wird zum Erfolgsfaktor für Unternehmen und gilt in Zukunft als die eigentliche knappe Ressource und somit als Nadelöhr des Unternehmenserfolgs.[8] Sowohl das Kapital- als auch das Sachvermögen, welche als die klassischen Vermögenswerte bezeichnet werden, verlieren im Zuge dessen zur Differenzierung im Wettbewerb an Bedeutung, da sie austauschbar sind und per se keinen Wert schaffen können.[9]

Um den Stellenwert des Menschen noch weiter zu unterstreichen, sollten die Mitarbeiter aber nicht nur als wertvolle Ressource im Sinne eines Human Ressource Managements,[10] sondern als Kapital betrachtet werden. Damit wird der Argumentation gefolgt, dass sich Ressourcen abnutzen und verbraucht werden,[11] Kapital hingegen als etwas darstellt, in das es sich zu investieren lohnt, da es anwachsen und weiterentwickelt werden kann. Diese begriffliche Differenzierung wird als wichtig erachtet, da sie die Abkehr der Betrachtungsweise des Personals als Kostenfaktor hin zum Investitionsobjekt unterstreicht.[12] Das Verständnis des Personals als Kostenfaktor kann sogar zu falschen Entscheidungen führen. So weisen Studien nach, dass es bei Personalabbau, beispielsweise durch Outsourcing oder Downsizing, nur selten gelingt, tatsächlich Kosten zu senken. Stattdessen entwickeln sich Ineffizienzen, es kommt zu Verunsicherungen, Gerüchten sowie zu sinkender Moral und Loyalität der verbleibenden Belegschaft.[13] Ein Verständnis des Personals als Investitionsgut hingegen soll nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens steigern, sondern letztlich auch Arbeitsplätze sichern. Unternehmen, die das Humankapital derart in ihre Überlegungen mit einbeziehen, sind Studien zufolge bereits heute erfolgreicher.[14]

1.2 Problemstellung

Immaterielle Vermögenswerte und somit auch deren Bewertung gewinnen somit zunehmend an Bedeutung.[15] Natürlich reicht ein reines Lippenbekenntnis dafür aber ebenso wenig aus wie eine unsystematische und unstrukturierte Auseinandersetzung mit dem eigenen Humankapital.[16] Da sich zusätzlich zu dem Wandel hin zu einer Wissensgesellschaft auch der Wettbewerb zunehmend verschärft, muss ein effektives sowie effizientes Management des Erfolgsfaktors Mensch praktiziert werden.[17] Entscheidend dafür ist, ein ganzheitliches, professionelles Human Capital Management mit Bezug zur Unternehmensstrategie zu etablieren, welches mit den passenden Methoden, Instrumenten und Prozessen ausgestattet wird, um Entwicklungen des Humankapitals frühzeitig erkennen und entsprechende Handlungen daraus ableiten zu können. Gefordert wird ein Art „Frühwarnsystem“.[18] Das geforderte professionelle Management zeichnet sich zusammengefasst somit durch das HC-Bekenntnis, die HC-Bewertung und die HC-Optimierung aus.[19]

Dass die Bedeutung der Belegschaft in den Unternehmen zunehmend erkannt wird, zeigt die Tatsache, dass in der letzten Wirtschaftskrise das Instrument der Kurzarbeit so stark genutzt wurde, wie nie zuvor.[20] Das heißt, das Bewusstsein, dass Mitarbeiter einen strategischen Erfolgsfaktor darstellen und nicht nur als Kostenfaktor betrachtet werden dürfen, verstärkt sich in den Unternehmen. Doch die Bewertung und die Ableitung von Handlungsempfehlungen gestalten sich als schwierig.[21] Welchen Wert besitzt die Belegschaft? Wie soll das Humankapital zielgerichtet gesteuert werden, wenn es sich aufgrund der Vielzahl an sogenannten weichen Faktoren, wie Motivation, Zufriedenheit und Kompetenz,[22] nicht bewerten lässt? Manager verstehen sich als nüchterne, objektive und sachlich orientierte Entscheider. Gemäß dem Grundsatz „You can’t manage, what you can’t measure“ sträuben sich daher zahlreiche Unternehmen, das Personal von der Potenzialseite anstatt von der Kostenseite zu betrachten.[23] Der Fokus der Humankapitalforschung der letzten Jahre richtet sich daher darauf, eine genaue Quantifizierung des Humankapitals zu ermöglichen. Über das „Wie“ herrscht jedoch keine Einigkeit.[24] Eine Art Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung für Humankapital existieren nicht.[25] Zahlreiche Ansätze versuchen, einen entsprechenden Beitrag zu leisten, bisher nur mit mäßigem Erfolg hinsichtlich der Verbreitung in der Praxis. Das Ziel, Humankapital messbar zu machen und so eine weitere Grundlage für Entscheidungen zu schaffen, ähnlich den Finanzkennzahlen im Geschäftsbericht, konnte bis dato nicht erreicht werden.[26] Dies beweist auch eine österreichische Studie des Instituts für Managementkompetenz. Demnach bewerten zwar 61 % der befragten Unternehmen eine Auseinandersetzung mit dem Humankapital als wichtig, jedoch haben lediglich 13 % ein Human Capital Management bereits implementiert.[27] Damit wird ersichtlich, dass die Relevanz einer Humankapitalbewertung in der Praxis erkannt wurde, jedoch die notwendigen Instrumente noch fehlen.

Scholz, Stein und Bechtel haben eine Vielzahl an Ansätzen analysiert und behaupten nun, mit der Saarbrücker Formel deren Stärken integriert und die Schwachstellen der verschiedenen Methoden ausgemerzt zu haben.[28]

1.3 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Saarbrücker Formel einer ausführlichen, kritischen Untersuchung zu unterziehen. Es wird der Frage nachgegangen, ob sie einen Durchbruch oder lediglich nur einen weiteren Baustein in Bezug auf die Humankapitalbewertung darstellt. Durch eine strukturierte Analyse sollen die Stärken und Schwächen des Konzepts aufgedeckt und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge eruiert und formuliert werden. Dazu werden nicht nur die einzelnen Komponenten der Formel untersucht, sondern auch die Formel als Ganzes an verschiedenen Kriterien gemessen. Weiterhin wird in dieser Arbeit der Nutzen einer Anwendung der Saarbrücker Formel für verschiedene Anspruchsgruppen überprüft werden. Insgesamt soll damit der Frage nachgegangen werden, ob die Saarbrücker Formel ihrem Anspruch, ein ganzheitliches Human Capital Management zu ermöglichen, gerecht werden kann.

1.4 Vorgehen

Vor der eigentlichen, kritischen Analyse erscheint es sinnvoll, ein einheitliches Verständnis als Fundament der Untersuchung herzustellen. Dazu dienen sowohl Kapitel 2, welches die allgemeinen Grundlagen der Humankapitalbewertung thematisiert, als auch Kapitel 3, welches die notwendigen Grundlagen für das Verständnis der Saarbrücker Formel behandelt.

In Kapitel 2.1 wird zunächst eine Einführung in die Humankapitalforschung gegeben, indem deren geschichtliche Entwicklung dargestellt wird. Diese stellt die Grundlage für das folgende Kapitel 2.2 dar, da das heutige Verständnis des Unternehmenswerts auf dieser Entwicklung beruht. Darauf aufbauend, werden die Begriffe „Intellectual Capital“ und insbesondere „Humankapital“ definiert und abgegrenzt. In der Folge soll dann in Kapitel 2.3 geklärt werden, warum das Human Capital Management und damit auch die Anwendung der Saarbrücker Formel im Personalbereich zu verorten sind.

Kapitel 3 betrachtet die Grundlagen, welche explizit für das Verständnis und somit auch für die kritische Analyse der Saarbrücker Formel benötigt werden. Dabei werden in einem ersten Schritt in Kapitel 3.1 die Paradigmen thematisiert, welche einer Humankapitalbewertung zugrunde gelegt werden können. Aufgrund dessen, dass sich daraus zahlreiche verschiedene Ansätze entwickelt haben, wird im zweiten Schritt dieses Kapitels deren Systematisierung vorgenommen. Da die Saarbrücker Formel versucht, die Stärken und Schwächen anderer Ansätze zu berücksichtigen, stellt dies die Grundlage für Kapitel 3.3 dar. In diesem wird detailliert auf die Idee, die Intention und die Voraussetzungen für die Anwendung der Saarbrücker Formel eingegangen.

Nachdem damit ein einheitliches Verständnis sowohl hinsichtlich des Humankapitals als auch der Saarbrücker Formel vermittelt wurde, kann in Kapitel 4 die kritische Analyse der Formel vorgenommen werden. Diese erfolgt in drei Schritten. Zunächst wird in Kapitel 4.2 eine ausführliche Bewertung der einzelnen Formelkomponenten vorgenommen. Dazu wird im Vorfeld eine Art Kriterienkatalog hergeleitet. Nach der Analyse der Komponenten erfolgt in Kapitel 4.3 eine Bewertung der Formel als Ganzes. Im Anschluss daran wird überprüft, welchen Anspruchsgruppen die Anwendung der Saarbrücker Formel einen Nutzen stiften kann und wie sich dieser gestaltet.

Die Schlussbetrachtung in Kapitel 5 fasst zum einen die gewonnenen Erkenntnisse zusammen. Zum anderen soll eine Prognose hinsichtlich des zukünftigen Potenzials der Saarbrücker Formel formuliert werden.

2 Grundlagen der Humankapitalbewertung

Fälschlicherweise wird Human Capital Management vielmals mit kapitalistischen, mitarbeiterfeindlichen und entsubjektivierenden Sichtweisen in Verbindung gebracht. Der Mensch würde demnach nur als Mittel zum Zweck verstanden und zu einem kostenverursachenden Produktionsfaktor degradiert werden.[29] Dieses Missverständnis zeigt auch die von einer institutionell unabhängigen Jury getroffene Wahl des Begriffs „Humankapital“ als Unwort des Jahres 2004.[30] Für eine breite Akzeptanz sind somit von den Vertretern des Human Capital Managements nicht nur zahlreiche Zugeständnisse zu machen. Zusätzlich bedarf es umfangreicher Kommunikations- und Überzeugungsarbeit,[31] um die wahre Intention und den Nutzen einer Humankapitalbewertung zu vermitteln. Infolgedessen werden im nächsten Abschnitt zunächst die Entwicklung des Humankapitalbegriffs dargestellt und die Intention nochmals verdeutlicht. Im Anschluss daran werden die wichtigsten Begriffe klar definiert sowie die primäre Verortung der Thematik im Bereich des Personalmanagements hergeleitet.

2.1 Die geschichtliche Entwicklung des Humankapitalbegriffs

Im klassischen Sinne definierten Ökonomen drei Produktionsfaktoren – Arbeit, Kapital und Boden. Hierbei wurde der Faktor Arbeit als Masse gesehen, welche ihren Wert durch die reine Verrichtung physischer Arbeit erhält. Die Kenntnisse und Fähigkeiten des Einzelnen wurden dabei als unwichtig erachtet.

Anders sah dies beispielsweise Adam Smith im 18. Jahrhundert. Er bewertete eben diese Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten[32] als Kapital in einer Person, welches einen Ertrag bringen kann und in welches somit Investitionen möglich sind.[33] Doch die Auseinandersetzung mit dem Verständnis des Menschen als Kapital reicht noch weiter zurück. So gehen erste Untersuchungen auf Sir William Petty zurück, welcher bereits in seinem 1676 erschienenen Buch „Political Arithmetic“ versuchte, einen monetären Wert für die Menschen in Großbritannien zu ermitteln.[34] Es folgten namenhafte Ökonomen, wie der bereits erwähnte Adam Smith, Jean-Baptiste Say, Friedrich List, Johann von Thünen und Ernst Engel. Historisch können insgesamt sechs Motive für die Forschungen im Bereich des Humankapitals konstatiert werden. So wurde beispielsweise versucht, die Stärke einer ganzen Nation zu demonstrieren, die ökonomischen Effekte von Bildung, des Gesundheitswesens und von Migration zu ermitteln oder die Kosten für Kriege zu beziffern. Aber auch für die Steuerpolitik oder die Justiz sollten wichtige Erkenntnisse erbracht werden.[35] Es wird deutlich, dass erste Untersuchungen im Bereich des Humankapitals vor allem die volkswirtschaftliche Perspektive verfolgten.

Trotz dieser frühen Wurzeln wurde die Humankapitalidee in der jüngeren Geschichte ausführlich erst wieder in den 1950er Jahren von dem späteren Nobelpreisträger Gary S. Becker mit seinem Werk „Human Capital“ aufgegriffen.[36] Damit wurde die zweite Phase nach den Arbeiten der Nationalökonomen und Neoklassiker in der Humankapitalforschung eingeleitet, welche als „Renaissance des Humankapitalkonzepts nach dem Zweiten Weltkrieg“ bezeichnet wird.[37] Becker gilt zusammen mit dem amerikanischen Ökonom Theodore Schultz als erste Vertreter der Humankapitaltheorie.[38] Im Jahr 1964 veröffentlichte Becker seine umfangreichste empirische Studie, deren Ergebnisse bis heute als grundlegend angesehen werden.[39] Der Begriff des „Human Resource Accounting“ wurde erstmalig im Jahr 1968 von Brummet, Flamholtz und Pyle verwendet.[40] Damit wurde der Humankapitalgedanke von der volkswirtschaftlichen Sichtweise, welche Humankapital als Quelle für gesellschaftlichen Wohlstand betrachtete,[41] auf den Unternehmensbereich erweitert. Mitarbeiter wurden nun auch vonseiten der Arbeitgeber als Investitionsgut bewertet.[42]

In Deutschland gilt diesbezüglich das im Jahr 1974 von Dr. Herbert Schmidt herausgegebene Buch „Humanvermögensrechnung“ als richtungsweisend.[43]

In den 1980er und 1990er Jahren rückte im Zuge der Phase des „Intellectual Capital Movement“ zunehmend das gesamte intellektuelle Kapital in den Fokus der Betrachtungen.[44] Besonders hervorzuheben sind hierbei die Arbeiten von Leif Edvinsson an dem von ihm entwickelten Skandia-Navigator.[45] Die Untersuchungen in dieser Zeit haben auch das heutige Verständnis geprägt, wonach sich der Unternehmenswert eben nicht nur aus dem Bilanzvermögen ergibt, also aus dem finanziellen und physischen Kapital, sondern auch das intellektuelle Kapital berücksichtigt werden muss.[46] Selbst Vertreter der klassischen Unternehmensbewertung haben erkannt, dass dieses zu berücksichtigende Erfolgsfaktoren beinhaltet.[47] Damit wird der Versuch unternommen, dem eingangs erläuterten Wandel von der Industrie- hin zur Wissensgesellschaft und dem damit verbundenen Stellenwert des Personals auch in der Bewertung der Unternehmen gerecht zu werden.

2.2 Grundlegende Definitionen und begriffliche Einordnung

Das intellektuelle Kapital eines Unternehmens setzt sich nach gegenwärtigem Verständnis aus drei Komponenten zusammen – aus dem Beziehungs- oder Sozialkapital, dem Organisationskapital und dem Humankapital.[48] Das Sozialkapital umfasst beispielsweise die Kunden- und Lieferantenbeziehungen.[49] Unter das Organisationskapital fallen insbesondere Markenwerte und geistiges Eigentum, aber auch die Unternehmenskultur.[50]

Die folgende Abbildung verdeutlicht das dieser Arbeit zugrunde liegende Verständnis des Unternehmenswerts:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Komponenten des Unternehmenswerts[51]

Das Humankapital wird von der OECD als die Gesamtheit von „Wissen, Qualifikationen, Kompetenzen und sonstige[n] Eigenschaften, die dem Einzelnen eigen sind und es ihm ermöglichen, persönliches, soziales und wirtschaftliches Wohlergehen zu erzeugen“ definiert.[52] In Ergänzung dieser Definition sind neben dem geistigen auch das körperliche Potenzial und, damit verbunden, die Gesundheit der Mitarbeiter als Bestandteile des Humankapitals zu berücksichtigen.[53] Zum besseren Verständnis kann Humankapital in Analogie zum Eigen- und Fremdkapital gesehen werden.[54] Demnach ist der Mitarbeiter vergleichbar mit einem Kapitalgeber. Als Gegenleistung für das Einbringen des eigenen Kapitals wird eine Art Rendite erwartet. Diese kann beispielsweise aus der Bedürfnishierarchie nach Maslow abgeleitet werden, nach der die Grund-, Sicherheits-, Sozial- und Ich-Bedürfnisse sowie die Selbstverwirklichung als zu erfüllende Erwartungen von Mitarbeitern zu definieren sind.[55] Teilweise lassen sich diese durch eine finanzielle Vergütung befriedigen. Selbstverwirklichung jedoch erfordert beispielsweise fordernde Aufgaben und demnach eine passgenaue Stellenbesetzung.[56] Können die Renditeerwartungen nicht in ausreichendem Maße befriedigt werden, besteht die Gefahr, dass sich der Kapitalgeber, also der Mitarbeiter, ein anderes Investitionsobjekt im Sinne eines Arbeitgebers sucht. Das bedeutet, der Mitarbeiter bringt sein Wissen, seine Fähigkeiten, seine Kompetenzen, seine Zeit und so weiter nur solange in das Unternehmen ein, wie seine Renditeerwartungen erfüllt werden. Es ist somit zwingend auch Aufgabe des Human Capital Managements, die Belegschaft als Anspruchsgruppe zu sehen und entsprechende Maßnahmen daraus abzuleiten.[57]

Der Human-Capital-Club geht bei der Definition des Humankapitals noch einen Schritt weiter und bezeichnet neben den Mitarbeitern selbst auch die Prozesse sowie die Systeme und Strukturen als die Säulen des Humankapitals.[58] Gemäß dem sogenannten Summenmodell von Wucknitz setzt sich das Humankapital eines Unternehmens demnach aus personengebundenem, prozessgebundenem und strukturellem Humankapital zusammen.[59] Die folgende Abbildung verdeutlicht das dieser Arbeit zugrunde gelegte Verständnis von Humankapital:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die drei Arten des Humankapitals[60]

Unter das personengebundene Kapital fallen das Wissen, die Erfahrungen, die Motivation und die Loyalität, aber auch die Gesundheit der Mitarbeiter.[61] Es lässt sich folglich nochmals zwischen Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft differenzieren, welche für eine maximale Gesamtleistung stets zusammen ins Kalkül gezogen werden sollten.[62] Das Prozesskapital[63] umfasst zum Beispiel die Art und Weise der Zusammenarbeit oder die Unternehmenskultur, das Strukturkapital beispielsweise die Personal- und Organisationsstruktur oder die proaktive Personalentwicklung.[64] Damit wird der Versuch unternommen, dem Umstand gerecht zu werden, dass das Leistungspotenzial der Belegschaft nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern auch von der sich wandelnden Struktur und den dynamischen Zielen des Unternehmens abhängt. Der Wert der Belegschaft muss demnach als kontextabhängig verstanden werden.[65] Das personengebundene Kapital stellt somit eine Art Potenzialwert dar und kann bei fördernden Rahmenbedingungen einen Mehrwert schaffen. Ein Garant für den Erfolg eines Unternehmens kann es per se aber nicht sein.[66]

Aus den Definitionen wird ersichtlich, dass sich intellektuelles Kapital aus zahlreichen weichen und somit nur schwer quantifizierbaren Faktoren zusammensetzt.[67] Dies hat zur Folge, dass das Intellectual Capital und somit auch das Humankapital nur sehr zögerlich in die Rechnungslegung aufgenommen werden. Auf die Problematik, die mit der Bewertung von immateriellen Vermögenswerten verbunden ist, wird im folgenden Abschnitt detailliert eingegangen.

2.3 Warum das HCM im Personalbereich zu verorten ist

Bei der Frage nach dem Unternehmenswert kann nicht mehr einfach auf den Buchwert verwiesen werden, da Markt- und Buchwert[68] gerade in wissensintensiven Branchen verstärkt auseinanderdriften und so ein Bild entstehen würde, welches nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht.[69] Wie in den vorangegangenen Abschnitten verdeutlicht wurde, stellen die immateriellen Vermögenswerte und somit auch das Humankapital einen immer bedeutsameren Anteil am tatsächlichen Unternehmenswert dar. Es stellt sich somit die Frage, warum Humankapital nicht Bestandteil des Jahresabschlusses ist.[70]

Grundsätzlich verlangt der Jahresabschluss nach § 246 Abs. 1 HGB, alle Vermögenswerte in der Bilanz auszuweisen.[71] Die Fokussierung des Gläubigerschutzes und damit verbunden die strikte Anwendung des Niederstwertprinzips, das heißt, nur das zu bewerten, was selbst bei einer Insolvenz noch einen Wert hätte, führen jedoch dazu, dass die Aktivierung von immateriellen, nicht entgeltlich erworbenen Vermögensgegenständen durch § 248 Abs. 2 HGB untersagt wird.[72]

Die IAS/IFRS, welche alle kapitalmarktorientierten Unternehmen seit dem Jahr 2005 für ihre Konzernabschlüsse verwenden müssen, stellen eine realistische und periodengerechte Bewertung, die sogenannte fair presentation, stärker in den Vordergrund. Daher stehen diese der Bewertung der immateriellen Vermögenswerte in den IAS 38 vergleichsweise offen entgegen, verbinden diese jedoch nach IAS 38.9 – 38.17 mit Identifizierbarkeit, Beherrschung und einem künftigen wirtschaftlichen Nutzen.[73]

Im Gegensatz zum Finanz- und Sachkapital besitzen Unternehmen an ihren Mitarbeitern jedoch keine Eigentumsrechte, das heißt, Mitarbeiter können weder vollständig kontrolliert noch verkauft werden.[74] Die verbreitete Bezeichnung der Belegschaft als „wichtigster asset“ ist daher irreführend.[75] Vielmehr muss in Bezug auf die Belegschaft von Verfügungs- und Nutzungsrechten gesprochen werden.[76]

Insgesamt dürfen Mitarbeiter damit weder nach deutscher Rechnungslegung gemäß § 246 HGB noch nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften gemäß IAS 38 aktiviert werden.[77] Als Grund für das Bilanzierungsverbot von Humankapital wird auch der Mangel an zuverlässigen und fundierten Bewertungsmethoden angeführt.[78]

Lediglich der Personalaufwand und die Pensionsrückstellungen finden in der Gewinn- und Verlustrechnung gemäß § 275 Abs. 2 Nr. 6 HGB beziehungsweise in der Bilanz gemäß § 266 Abs. 3 B. 1. HGB Berücksichtigung im Jahresabschluss.[79] Damit wird man dem geschilderten Stellenwert des Mitarbeiters und der realistischen Humankapitalbewertung jedoch nicht gerecht, da hierbei die Mitarbeiter nur als Kostenfaktor und nicht als Investition betrachtet werden. Die für die Bewertung der Belegschaft so wichtigen weichen Faktoren, wie Motivation oder Kreativität, bleiben ebenfalls unberücksichtigt.[80]

Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass die traditionellen Rechenwerke, wie Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung, kein realistisches Abbild des Unternehmenswerts präsentieren können.[81] Zwar besteht die Möglichkeit, im Sozialbericht im Zuge des für große und mittelgroße Kapitalgesellschaften gesetzlich vorgeschriebenen Lageberichts gemäß § 264 Abs. 1 HGB nach § 289 beziehungsweise § 315 HGB Aussagen über die Belegschaft zu tätigen. Diese unterliegen jedoch keinen gesetzlichen Vorgaben, sodass eine objektive Beurteilung und die Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen nicht möglich sind.[82]

Damit wird deutlich, dass das Human Capital Management in erster Linie nicht die Aufgabe des Rechnungswesens sein kann.

Auch das Controlling besitzt nicht die notwendigen Instrumente und Kennzahlen, um die Aufgabe einer Humankapitalbewertung ohne Weiteres übernehmen zu können.[83]

Es ist somit notwendig, andere Möglichkeiten der Bewertung zu eruieren. Dazu sollte zunächst von einer wirtschaftsprüfungsnahen Finanzsichtweise Abstand genommen und sich stattdessen personalwirtschaftlich-führungsorientiert an die Problematik angenähert werden.[84]

So ist das Human Capital Management primär als Aufgabe des strategischen Personalmanagements zu verstehen.[85] Professionelle Personalexperten eignen sich dafür besonders, da sie mit der Spezifität der Menschen bereits vertraut sind und es bislang stets der Zweck der Personalarbeit war, erfolgsorientiert zu koordinieren, ohne dabei die verschiedenen Anspruchsgruppen aus dem Auge zu verlieren.[86] Da es bisher vom Personalmanagement versäumt wurde, einen klar erkennbaren Wertschöpfungsbeitrag zu leisten und damit Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu nehmen, sollte das Human Capital Management von diesem auch als eine Chance wahrgenommen und bewusst nicht dem Rechnungswesen, dem Controlling oder gar externen Unternehmensberatungen überlassen werden.[87] So kann die Aufgabe des Personalmanagements zukünftig nicht nur in der Aus- und Weiterbildung bestehen, sondern auch darin, durch die Steigerung des Humankapitals einen proaktiven Wertschöpfungsbeitrag zu leisten.[88] Das Personalmanagement erhält damit die Möglichkeit, sich nicht nur als hauseigener Dienstleister, sondern als Business Partner zu etablieren.[89] Scholz, Stein und Bechtel fassen als Quintessenz zusammen: „Im Ergebnis kann das Human Capital Management für das Personalmanagement das werden, was die Investitionsrechnung für die Finanzplanung und die Bilanzerstellung für die Rechnungslegung bereits heute sind.“[90] Die Verwendung konkreter, hoch aggregierter Kennzahlen wird dafür, bedingt durch die sogenannte universale Sprache der Zahlen, als essenziell bezeichnet.[91] Durch eine transparente Bewertung erhält die Personalabteilung Argumentationshilfen auch für kostenverursachende Maßnahmen.[92] Die Saarbrücker Formel soll diesen wichtigen Baustein auf dem Weg zu diesem professionellen Human Capital Management darstellen, da es dem Personalmanagement die Möglichkeit zur monetären Bewertung eröffnet.[93]

Der Frage, ob dies gelingt, wird insbesondere in Kapitel 4.4 nachgegangen, da dieses den Nutzen der Saarbrücker Formel für verschiedene Anspruchsgruppen thematisiert. Zunächst ist es jedoch notwendig, die theoretischen Grundlagen für die Saarbrücker Formel zu klären. Diese werden im folgenden Kapitel thematisiert.

3 Theoretische Grundlagen für eine kritische Analyse der Saarbrücker Formel

Um ein Konzept fundiert beurteilen zu können, ist es unerlässlich, zunächst die ihm zugrunde gelegten Annahmen beziehungsweise das verfolgte Paradigma zu kennen. Daher werden diese im folgenden Abschnitt erläutert. Im Anschluss daran lassen sich auf Grundlage dessen bereits bestehende Bewertungsansätze systematisieren. Dies stellt die Basis für das Verständnis der Saarbrücker Formel, auf welches in Kapital 3.3 detailliert eingegangen wird, dar.

3.1 Die drei Paradigmen der Humankapitalbewertung

„Ein Paradigma ist die grundlegende Orientierung, unter der man sich mit einem Thema in der Wissenschaft methodologisch auseinandersetzt und das dann die herrschende Umsetzungspraxis bestimmt.“[94] Die drei grundlegenden Paradigmen für die Humankapitalbewertung können hierbei auch als historische Entwicklungsstufen interpretiert werden.[95] Das Kostenverrechnungs- und das Überschussverteilungsparadigma stellen die klassischen Ansätze dar und versuchen, die Grundsätze der Gewinn- und Verlustrechnung auf das Humankapital zu adaptieren. Als innovativer gilt das Ertragspotenzialparadigma.[96]

Das Kostenverrechnungsparadigma interpretiert das Humankapital als Summe der Personalkosten. Das heißt, alle Investitionen in das Personal, wie beispielsweise Entgelte, Weiterbildungskosten, Kosten für zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel, aber auch die durch die Personalarbeit selbst verursachten Kosten, werden in einem Wert erfasst.[97] Aufgrund dieses Vorgehens kann das Kostenverrechnungsparadigma als inputorientiert bezeichnet werden.[98] Vorteilhaft dabei ist, dass die Komponenten relativ einfach ermittelt werden können, da die Investitionen in der Regel abgeschlossen und nachweisbar sind.[99] Eben dieser Vorteil führt zu einer hohen Akzeptanz dieses Paradigmas, obwohl verbreitet die Meinung vertreten wird, dass keine Beziehung zwischen den Kosten und dem tatsächlichen Wert besteht, dass eine vergangenheitsorientierte Bewertung nicht ausreichend für eine Bewertung des zukünftigen Nutzens ist, dass Aussagen über die Chancen und Risiken nicht möglich sind und dass die tatsächlichen Wirkungen nicht untersucht werden.[100] Das Kostenverrechnungsparadigma lässt die Mitarbeiter weiter unter dem Licht eines Kostenfaktors stehen[101] und scheint somit nur wenig geeignet, das Ziel zu unterstützen, den Mitarbeiter als Investitionsgut zu betrachten. Der ermittelte Wert entspricht nicht dem tatsächlichen Wert des Humankapitals und kann somit nicht als ökonomische Entscheidungshilfe dienen.[102]

Gemäß dem Überschussverteilungsparadigma sind die Erträge des Unternehmens anteilig auf die Mitarbeiter zurückzurechnen. Damit soll ermittelt werden, inwieweit das Humankapital erfolgreich eingesetzt werden konnte.[103] Es kann demnach als vergangenheitsorientiert und bezüglich der Steuerung als finanziell ausgerichtet bezeichnet werden.[104] Der Hauptkritikpunkt lautet, dass der Ertrag auch von zahlreichen anderen Faktoren, wie der Konjunktur, dem Marketingerfolg oder dem Käuferverhalten, abhängt.[105] Auch lässt sich mögliche Willkür bei der anteilsmäßigen Verteilung der Erträge nicht ausschließen.[106] Somit verändert sich entsprechend auch der Wert des Humankapitals, was gemäß der in Kapitel 2.2 präsentierten Definition von Humankapital als nicht tragbar bezeichnet werden muss.

Der Methodenstreit zwischen dem Kostenverrechnungsparadigma und dem Überschussverteilungsparadigma lässt sich bereits in der erläuterten langen Geschichte der Humankapitalforschung erkennen.[107]

Da sich dieser Streit zunehmend als Sackgasse erweist, wird der Versuch unternommen, ihn mit einem Paradigmenwechsel zu umgehen.[108] Als zukunftsweisender wird daher das Ertragspotenzialparadigma bezeichnet, da dieses den Wert der Belegschaft unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen und Erträgen des Unternehmens und somit unabhängig vom Erfolg des Unternehmens in den Fokus nimmt. Stattdessen soll ein Potenzial ermittelt werden, welches die Mitarbeiter in der Lage sind zu erwirtschaften.[109] Man folgt damit der Auffassung, dass eine hohe Leistungsfähigkeit auch mit einem hohen Wirkpotenzial und somit letztlich mit der Erreichung der ökonomischen Ziele des Unternehmens in Verbindung steht.[110] Dass dieser Paradigmenwechsel eine gewisse Immunität gegen Kritik von Vertretern der klassischen Paradigmen bewirkt, wird in Kapitel 4.1 nochmals aufgegriffen. Dem Ertragspotenzialparadigma gemäß erfolgt eine Wertermittlung unabhängig vom tatsächlichen Einsatzgebiet des Mitarbeiters. Dass eine derartige Annahme jedoch wenig praxistauglich ist, wurde bereits in Kapitel 2.1 verdeutlicht. Das personengebundene Kapital kann nur dann einen Wert generieren, wenn das Prozess- und das Strukturkapital entsprechende Rahmenbedingungen ermöglichen.[111] Dazu gehören auch eine anforderungsbezogene Mitarbeiterauswahl oder eine effektive Personalpositionierung. Denn nur dann, wenn der richtigen Person die richtigen Aufgaben anvertraut werden, kann sich das Potenzial dieser Person voll entfalten.[112] Insbesondere Kapitalgeber sind nicht nur daran interessiert, was die Mitarbeiter grundsätzlich in der Lage sind zu leisten, sondern auch daran, was in dem untersuchten Unternehmen konkret an Leistung erbracht wird. Dafür ist es unausweichlich notwendig, die Rahmenbedingungen mit einzubeziehen.

Damit bleibt festzuhalten, dass alle drei Paradigmen eine gewisse Berechtigung haben. Für eine professionelle Humankapitalbewertung wird es notwendig sein, die Kosten beispielsweise für Personalbeschaffung, Personalauswahl und Personaleinsatz,[113] das Potenzial und letzen Endes auch den Ertrag der Mitarbeiter zu ermitteln.[114] Die errechneten Werte sind im Anschluss daran einander gegenüberzustellen. Erst dadurch wird die geforderte Frühwarnfunktion einer Humankapitalbewertung möglich.[115] Es empfiehlt sich entsprechend, die Paradigmen nicht als konkurrierend, sondern als komplementär zu verstehen. Bereits daran wird ersichtlich, dass ein fest dem Ertragspotenzialparadigma folgender Ansatz niemals als alleiniges Instrument zur Bestimmung des Humankapitals herangezogen werden sollte, sondern stets als weiterer Baustein zu verstehen ist.

Die vorgestellten Paradigmen stellen die Grundlage für zahlreiche Ansätze zur Humankapitalbewertung und somit auch für das folgende Kapitel dar.

[...]


[1] Vgl. Aldisert (2002), S. 5 und Schanz (1992), S. 408f. Zum Thema „Scientific Management“ beziehungsweise „Taylorismus“ siehe weiterführend Taylor (1977).

[2] Vgl. Aldisert (2002), S. 5 und Wolters (2007), S. 7.

[3] Vgl. Aldisert (2002), S. 4, Daum (2002), S. 15 und Marschlich/Menninger (2007), S. 7.

[4] Vgl. Dürr (2007), S. 10, Gebauer/Wall (2002), S. 685, Keeley (2010), S. 25, Marschlich/Menninger (2007), S. 7 und Stein (2009), S. 306.

[5] Vgl. Dürr (2007), S. 15.

[6] Vgl. Likert (1975), S. 9, Schütte (2004), S. 99 und Stein (2009), S. 306.

[7] Vgl. Breuer/Kampkötter/Sliwka (2009), S. 18, Dürndorfer (2004), S. 125, Dürr (2007), S. 10 und Schütte (2005), S. 20.

[8] Vgl. Becker (2011), S. 375, Ivey (2002), S. 19, Schmidt (1996), S. 104 und Schütte (2004), S. 99. Zur Wettbewerbsrelevanz von Humanressourcen siehe beispielsweise die Ausführungen von Kaiser (2001), S. 19ff. Dabei werden die strategische Relevanz, die Knappheit, die Nicht-Imitierbarkeit und die Nicht-Substituierbarkeit des Menschen belegt.

[9] Vgl. Dürr (2007), S. 10, Pietsch (2007), S. 8 und Schütte (2004), S. 99.

[10] Bereits mit der Erweiterung des market based view, welcher beispielsweise in Porters Branchenstrukturanalyse erkennbar war (siehe dazu beispielsweise Porter (1980), S. 3ff.), durch den resource based view und dessen Adaption auf den Personalbereich, konnte die Bedeutung der Mitarbeiter stärker verdeutlicht werden. Vgl. Becker/Labucay/Rieger (2007), S. 39 und Wright/Dunford/Snell (2001), S. 701ff. Zum Thema „market based view“ und „resource based view“ siehe auch beispielsweise Bechtel (2007), S. 210ff.

[11] Vgl. Gebauer (2005), S. 17.

[12] Vgl. Rachbauer/Welpe (2004), S. 157 und Wucknitz (2009), S. 7.

[13] Vgl. Heller (1998), S. 54, Ivey (2002), S. 21, Regnet (2004), S. 51f. und Scholz/Bechtel (2005), S. 32.

[14] Vgl. Aldisert (2002), S. 3f. und Friederichs (2004), S. 43.

[15] Vgl. Becker (2009), S. 62, Marschlich/Menninger (2007), S. 3 und Müller (2009), S. 121.

[16] Vgl. Scholz/Bechtel (2005), S. 35f.

[17] Vgl. Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 20 und Schütte (2005), S. 20.

[18] Vgl. Althauser (2004), S. 62f., Dürndorfer (2004), S. 125, Dürr (2007), S. 14, Scholz/Stein (2006a), S. 52 und Schütte (2004), S. 101.

[19] Vgl. Scholz (2004), S. 10f. und Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 6f.

[20] Vgl. Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 16.

[21] Vgl. Ivey (2002), S. 19.

[22] Vgl. Wolters (2007), S. 2.

[23] Vgl. Schütte (2005), S. 20.

[24] Vgl. Gebauer (2005), S. 2, Pietsch (2007), S. 8 und Wolters (2007), S. 2f.

[25] Vgl. Kolb (2006), S. 15.

[26] Vgl. Marschlich/Menninger (2007), S. 8, Pietsch (2007), S. 8 und Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 18.

[27] Vgl. Müller/Wurnig (2007), S. 29.

[28] Vgl. Becker/Labucay/Rieger (2007), S. 53.

[29] Vgl. Becker (2011), S. 411, Dürndorfer (2004), S. 129 und Scholz/Stein (2005a), o. S.

[30] Vgl. Marschlich/Menninger (2007), S. 7, o. V. (2011), o. S. und Scholz/Stein (2005a), o. S.

[31] Vgl. Gebauer (2005), S. 17.

[32] Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sind voneinander zu differenzieren. Unter Kenntnissen wird jegliches explizite und implizite Wissen zusammengefasst. Fähigkeiten werden sowohl auf angeborene Attribute als auch umweltbedingte Einflüsse zurückgeführt und stellen die kognitive, psychische und physische Grundlage für Fertigkeiten dar. Diese umschreiben das anwendungs- und funktionsbereite Können einer Person, welches durch Lernprozesse entsteht. Zusätzlich können Fähigkeiten und Fertigkeiten hinsichtlich der Ausführung einer bestimmten Handlung unter Kompetenz zusammengefasst werden. Vgl. Becker (2009), S. 7ff.

[33] Vgl. Keeley (2010), S. 30ff., Kiker (1966), S. 485 und Schultz (1961), S. 2.

[34] Vgl. Gebauer/Wall (2002), S. 686 und Kiker (1966), S. 482.

[35] Vgl. Kiker (1966), S. 481 und Schultz (1961), S. 2ff.

[36] Vgl. Friederichs (2004), S. 28.

[37] Vgl. Hüfner (1970), S. 12.

[38] Vgl. Bechtel (2007), S. 209, Erbeldinger (2006), S. 12 und Zacher (2003), S. 14.

[39] Vgl. Zacher (2003), S. 17.

[40] Vgl. Bechtel (2007), S. 209 und Gebauer (2005), S. 18. Im deutschsprachigen Raum wird zumeist der Begriff „Humanvermögensrechnung“ verwendet. Vgl. Jerrentrup/Terhorst (2008), S. 7 und Becker/ Labucay/Rieger (2007), S. 39.

[41] Vgl. Schultz (1961), S. 2 und Zacher (2003), S. 15.

[42] Vgl. Becker (2011), S. 375.

[43] Vgl. Becker/Labucay/Rieger (2007), S. 39 und Friederichs (2004), S. 29.

[44] Vgl. Bechtel (2007), S. 209, Jerrentrup/Terhorst (2008), S. 7, Wucknitz (2009) S. 6 und Wolters (2007), S 8. Synonym wird auch der Begriff „geistiges Kapital“ verwendet. Vgl. Dürr (2007), S. 13.

[45] Vgl. Wolters (2007), S. 8. Zum „Skandia-Navigator“ siehe weiterführend Edvinsson/Brünig (2000),
S. 35ff.

[46] Vgl. Jerrentrup/Terhorst (2008), S. 7 und Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 54.

[47] Vgl. Ballwieser (2007), S. 41f. und Popp (2005), S. 107.

[48] Vgl. Deser/Hudak (2006), S. 24, Dürr (2007), S. 12ff. und Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 54.

[49] Daher ist auch der Begriff „Kundenkapital“ zu finden. Vgl. Edvinsson/Brünig (2000), S. 31.

[50] Vgl. Deser/Hudak (2006), S. 24 und Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 54. Diese beiden Dimensionen des Intellectual Capitals sind nicht Bestandteile der Saarbrücker Formel und werden somit in dieser Arbeit nicht weiter erläutert. Dennoch soll damit deutlich werden, dass die Messung des Humankapitals allein nicht ausreichen kann, um den geschilderten Veränderungen hin zu einer Wissensgesellschaft gerecht zu werden. Bestrebungen hinsichtlich Mess- und Steuerbarkeit sind in allen drei Teilbereichen essenziell. Vgl. Deser/Hudak (2006), S. 26.

[51] Eigene Darstellung in Anlehnung an Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 54.

[52] Vgl. Keeley (2010), S. 33.

[53] Vgl. Becker (1962), S. 27, Edvinsson/Brünig (2000), S. 28 und Schütte (2005), S. 19.

[54] Vgl. Kiker (1966), S. 486.

[55] Für eine genaue Erläuterung der Bedürfnisse siehe weiterführend Maslow (1970), S. 35ff. oder Scholz (2011), S. 372.

[56] Eine detaillierte Übersicht über die Formen von Anreizen und damit Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung vermitteln Ringlstetter/Kaiser (2008), S. 175.

[57] Vgl. Rachbauer/Welpe (2004), S. 146f.

[58] Vgl. Friederichs (2004), S. 34 und Schütte (2005), S. 19.

[59] Vgl. Wucknitz (2009), S. 55. Für das personengebundene Humankapital wird auch die Bezeichnung „individuelles Humankapital“ verwendet. Vgl. Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 136.

[60] Eigene Darstellung in Anlehnung an Wucknitz (2009), S. 55 in Verbindung mit Wolters (2007), S. 61.

[61] Vgl. Friederichs (2004), S. 35 und Schütte (2004), S. 100.

[62] Vgl. Wolters (2007), S. 61. Zur Veranschaulichung kann die sogenannte „Will-skill-Matrix“ dienen. Siehe dazu beispielsweise Kaiser (2001), S. 4.

[63] Prozesskapital wird in der Literatur synonym zu „Dynamisches Humankapital“ verwendet. Vgl. Wucknitz (2009), S. 55.

[64] Vgl. Dürr (2007), S. 12, Friederichs (2004), S. 34 und Wucknitz (2009), S. 55.

[65] Vgl. o. V. (2007), S. 95, Schmidt (1996), S. 178f. und Wendt (2004), S. 83.

[66] Vgl. Dürndorfer (2004), S. 133 und Schütte (2004), S. 100.

[67] Vgl. Schultz (1961), S. 8 und Schütte (2005), S. 22.

[68] Der Marktwert lässt sich bei börsennotierten Unternehmen durch die Multiplikation der Anzahl an ausgegebenen Aktien mit dem Preis einer Aktie ermitteln. Der Buchwert wird durch das Eigenkapital gemäß der Bilanz dargestellt. Vgl. Kock (2010), S. 15.

[69] Vgl. Gebauer/Wall (2002), S. 686 und Schmeisser (2007), S. 1ff.

[70] Vgl. Dürr (2007), S. 16.

[71] Vgl. Becker (2011), S. 411.

[72] Vgl. Becker (2011), S. 411, Schmeisser (2007), S. 3 und Zawacki-Richter (2004), S. 302f.

[73] Vgl. Schmeisser (2007), S. 3ff.

[74] Vgl. Breuer/Kampkötter/Sliwka (2009), S. 18, Schultz (1961), S. 2 und Wolters (2007), S. 8.

[75] Vgl. Aldisert (2002), S. 7.

[76] Vgl. Stein (2008), S. 24 und Müller (2009), S. 121. Dieser Argumentation folgend, erscheint die synonyme Verwendung des Begriffs „Humanvermögen“ stellvertretend für den Begriff „Humankapital“ als unpassend, da damit eine Art Eigentum suggeriert wird. Vgl. Gebauer (2005), S. 17.

[77] Vgl. Dürr (2007), S. 16f. und Schmeisser (2007), S. 16f. Die aufgeführte Argumentation ist für den Zweck der vorliegenden Arbeit ausreichend. Für eine tiefergreifende Auseinandersetzung mit der Thematik sind die ausführlichen Ausführungen von Schmeisser (2007) und Mindermann (2009) zu empfehlen.

[78] Vgl. Schmeisser (2007), S. 18.

[79] Vgl. Becker/Labucay/Rieger (2007), S. 39, Schmeisser (2007), S. 17 und Schütte (2005), S. 21.

[80] Vgl. Schmeisser (2007), S. 17, Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 31 und Schütte (2005), S. 21f.

[81] Vgl. Becker (2011), S. 375 und Schütte (2005), S. 21.

[82] Vgl. Dürr (2007), S. 17, Schmeisser (2007), S. 13 und Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 31.

[83] Vgl. Daum (2002), S. 18f.

[84] Vgl. Scholz/Stein/Müller (2007a), S. 7.

[85] Vgl. Scholz (2004), S. 11.

[86] Vgl. Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 32f. und S. 244. Hierbei wird ersichtlich, dass gerade für kleine und mittlere Unternehmen, welche oftmals keine expliziten Personalexperten beschäftigen, die Etablierung eines professionellen Human Capital Managements eine große Herausforderung darstellen kann. Vgl. Wolters (2007), S. 37.

[87] Vgl. Kolb (2006), S. 16, Scholz (2003a), S. 149, Scholz (2005a), S. 19 und Wendt (2004), S. 77.
Human Capital Management sollte dabei jedoch nicht als eine geschlossene Abteilung verstanden werden, sondern auch als in die Gesamtorganisation eingebettete Philosophie. Es kann nur dann zum Erfolg führen, wenn das Humankapitalverständnis in alle Ebenen und Bereiche vordringen kann. Vgl. Rachbauer/Welpe (2004), S. 157.

[88] Vgl. Wendt (2004), S. 77ff.

[89] Vgl. Gertz (2011), S. 26, Rachbauer/Welpe (2004), S. 159 und Scholz/Bechtel (2005), S. 35.

[90] Siehe Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 24.

[91] Vgl. Brast/Krüger (2010), S. 734, Breuer/Kampkötter/Sliwka (2009), S. 18, Gertz (2011), S. 26 und Wolters (2007), S. 17.

[92] Vgl. Becker (2011), S. 411.

[93] Vgl. Dürr (2007), S. 52.

[94] Siehe Scholz/Stein (2006a), S. 52.

[95] Vgl. Scholz/Stein (2006b), S. 38.

[96] Vgl. Müller (2009), S. 122 und Scholz/Stein (2006a), S. 52.

[97] Vgl. Müller (2009), S. 122, Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 232 und Scholz/Stein/Müller (2007a), S. 6.

[98] Vgl. Brast/Krüger (2010), S. 732 und Wucknitz (2009), S. 3.

[99] Vgl. Gebauer (2005), S. 7, Schultz (1961), S. 11 und Wucknitz (2009), S. 3.

[100] Vgl. Becker (2011), S. 396, Gebauer (2005), S. 7, Kiker (1966), S. 489, Meyer-Ferreira (2010), S. 48, Pietsch (2007), S. 9 und Wucknitz (2009), S. 3.

[101] Vgl. Brast/Krüger (2010), S. 732.

[102] Vgl. Dürndorfer (2004), S. 119.

[103] Vgl. Müller (2009), S. 122 und Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 232.

[104] Vgl. Pietsch (2007), S. 9.

[105] Vgl. Müller (2009), S. 122 und Scholz/Stein/Müller (2007a), S. 6.

[106] Vgl. Brast/Krüger (2010), S. 732.

[107] Vgl. Kiker (1966), S. 481.

[108] Vgl. Scholz (2006), S. 32.

[109] Vgl. Marschlich/Menninger (2007), S. 17, Müller (2009), S. 122, Scholz (2008a), S. 76 und Stein (2009), S. 307.

[110] Vgl. Schmidt (1996), S. 168 und Scholz (2008a), S. 76.

[111] Vgl. Wendt (2004), S. 83.

[112] Vgl. Aldisert (2002), S. 7 und Becker (2011), S. 384f.

[113] Würde dies nicht getan, wäre die Folge die unsinnige und praxisferne Handlungsempfehlung einer unendlichen Maximierung des Humankapitalwerts. Vgl. Scholz/Stein/Bechtel (2011), S. 245.

[114] Vgl. Brast/Krüger (2010), S. 749, Dürr (2007), S. 65, Ortner/Thielmann-Holzmayer (2007), S. 13, Pietsch (2007), S. 8 und Schmidt (1996), S. 172f.

[115] Vgl. Breuer/Kampkötter/Sliwka (2009), S. 18 und Stein (2009), S. 307f.

Ende der Leseprobe aus 81 Seiten

Details

Titel
Die Saarbrücker Formel zur Humankapitalbewertung: Eine kritische Analyse
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Personalmanagement & Organisation)
Veranstaltung
HRM/HCM
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
81
Katalognummer
V202374
ISBN (eBook)
9783656301318
ISBN (Buch)
9783656301554
Dateigröße
1304 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personal, Personalmanagement, Humanresourcenmanagement, HRM, Human Resource Management, Humankapital, Human Capital Management, HCM, Scholz, Humankapitalbewertung, intangible Vermögenswerte, intellektuelles Kapital, Intellectual Capital
Arbeit zitieren
M. Sc. Eric Gleß (Autor:in), 2012, Die Saarbrücker Formel zur Humankapitalbewertung: Eine kritische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202374

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Saarbrücker Formel zur Humankapitalbewertung: Eine kritische Analyse



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden