Der Weg der Vergnügungsparks zur Kommerzialisierung


Hausarbeit, 2006

13 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Vergnügungsparks und Themenparks, wer kennt sie nicht?! Sie sind in der heutigen amerikanischen Kulturlandschaft verbreitet zu finden, stehen für Spaß und Unterhaltung und sind Symbol der US-amerikanischen Massenkultur. Doch diese Massenkultur entwickelte sich über die Jahrzehnte hin zur ausgedehnten Kommerzialisierung. Jedoch ist die heutige Kommerzialisierung der US-Vergnügungsparks zurückzuführen auf Wertewandel und Werteabbau innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft und hat sich seit langem fest in der amerikanischen Kultur verankert.

Der Ursprung aller Vergnügungsparks ist zurückzuführen bis ins 19. Jahrhundert. Dieses Jahrhundert wurde streng von viktorianischen Werten geprägt, denn die genteel reformers legten viel Wert auf „moral, integrety, self-control, sober earnestness, industriousness“ und waren der Meinung, dass Freizeit bzw. Urlaub nicht als bewundernswert anzusehen war, denn nur durch harte Arbeit und Fleiß konnte man im 19. Jahrhundert als Gesellschaft existieren (Kasson 4). Dennoch waren es die genteel reformers, die schon im 19. Jahrhundert die ersten intellektuellen Freizeitmöglichkeiten, wie Bibliotheken, Museen, Kunstgalerien und ähnliches gründeten und so einen Schritt nach vorne machten.

Trotz verschiedener Subkulturen und einer homogenen Bevölkerung, schafften es die genteel reformers nicht, ihren Erfolg in der amerikanischen Gesellschaft durchzusetzen und scheiterten an ihren Zielen, sich für eine bessere Gesellschaft, Gesundheit und Bildung einzusetzen. Sie schafften es nicht, die Kontrolle über die Gesellschaft zu bekommen und mussten sich gegenüber einer neu aufkommenden Elite geschlagen geben. Die genteel Kultur konnte sich durch Einmischung der Elite nicht aufrechterhalten und fing Anfang des 20. Jahrhunderts an zu bröckeln. Zu dem wurden Anfang des 20. Jahrhunderts neue Chancen in der neuen elitären Kultur gesehen und das Freizeitmotiv wurde von da an positiv begrüßt, das somit auch den Beginn des frühen amerikanischen Vergnügungstourismus einläutete.

Der Vergnügungstourismus fand seinen Anfang in den frühen Weltausstellungen in den USA. Der größte Einfluss war aber die Columbia World Exposition, die 1893 in Chicago stattfand. Diese Weltausstellung brachte auch den Midway Plaisance mit sich, wo man nicht nur unterschiedliche Architekturen und Exotik bewundern konnte, sondern auch viele technische Neuerungen, wie z. B. Personentransportmittel. Dieses war ein Schwerpunkt bei der Columbia World Exposition, denn der Midway galt sozusagen als Durchgangsstraße mit vielen verschiedenen Attraktionen, die den Besuchern Vergnügen bringen sollten. Dieses Vergnügen, das der Midway den Besuchern bescherte, ist zugleich der Bruch mit den traditionellen Werten, die früher von den genteel reformers so sehr gepflegt wurden. Das bedeutete wiederum, dass Werte wie Moral und Selbstkontrolle nicht mehr wichtig waren und man sich mehr nach Selbstverwirklichung sehnte, welches man in dem nun aufkommenden Phänomen des Vergnügungsparks fand.

Die neuen Vergnügungsparks waren der erste Schritt, um die amerikanische Kulturlandschaft drastisch zu ändern. Steeplechase Park auf Coney Island, der von George C. Tilyou kreiert wurde und 1897 öffnete, war einer von drei Vergnügungsparks, die innerhalb kurzer Zeit auf Coney Island entstehen sollten. Tilyou nahm sich vor allem den Midway zum Vorbild, um seinen Ideen eines Vergnügungsparks gerecht zu werden. Zuvor, 1895, öffnete der Sea Lion Park als erster Park auf Coney Island, der 1903 zum Luna Park umbenannt werden sollte, nachdem Tilyou sich des Parks angenommen hatte. Paul Boyton, Gründer des Sea Lion Parks, war der erste, der seinen Vergnügungspark unter einem ganz bestimmten Thema eröffnete. Es war ein „aquatic theme with forty trained sea lions, water races, an old-mill water ride [...]’’ (Kasson 57). Der dritte Vergnügungspark, der auf Coney Island 1904 öffnete, war Dreamland. Nach Rem Koolhaas sollte es der Park sein, der alle Parks vereinigen sollte und zugleich ein Platz für alle sozialen Schichten, denn die ersten zwei Vergnügungsparks wurden meist für Mittel- und Arbeiterschicht errichtet (45).

Das Hauptziel der Vergnügungsparks lag nicht nur darin, die Menschen zu unterhalten und ihre Freizeit zu gestalten, sondern ihnen auch eine Art Urlaub zu beschaffen. Besonders Coney Island war und ist heute noch ein Erholungs- und Badeort, der viele Leute anlockt, um sich zu amüsieren. Die vielen Menschenmassen kamen vor allem, weil sie in den Parks neue Sachen sehen und erleben konnten, die nicht alltäglich waren und für die damalige Zeit als besonders galten. Als einer der ersten Parks, stellte Steeplechase selbst eine Attraktion da, denn:

„a major attraction of Steeplechase was simply the sanctioned opportunity to witness the wholesale violation of dominant social proprieties. Momentary disorientation, intimate exposure, physical contact with strangers, pratfalls, public humiliation [...] became richly entertaining” (Kasson 61).

“It is meant to be an infantile world, in order to make us believe that the adults are elsewhere, in the ‘real’ world, and to conceal the fact that real childishness is everywhere, particularly among those adults who go there to act the child in order to foster illusions of their real childishness” (Baudrillard 529).

Was viele nicht wissen, ist, dass Coney Island nicht nur als Erholungsort, sondern auch als Wohnort genutzt wurde und immer noch wird. Für die Menschen, die dort in der damaligen Vergnügungspark-Zeit lebten, war es sozusagen „Urlaub zu Hause“. Für die, die von außerhalb kamen und extra anreisen mussten, um ihren Urlaub in einem Erholungsort zu verbringen, rückte der Tourismus an Stelle für die Natur. Das heißt, dass nun Anfang des 20. Jahrhunderts der Naturaspekt nicht mehr so im Mittelpunkt stand, wie der Tourismus und somit das Reisen selbst. Obwohl Anfang des 20. Jahrhunderts der Gebrauch des Autos noch nicht so verbreitet war, war es auch wichtig, reisen zu können und so rückte das Reisemotiv in den Mittelpunkt, der besonders für Disney Parks wichtig werden sollte.

Wichtig für den Erfolg der frühen Vergnügungsparks waren auch die Lage und die Nähe zu Manhatten. Da Coney Island in Lower Brooklyn und nahe am Atlantik lag, war das der optimale Ort zum Urlaub machen. Besonders Familien waren dort sehr häufig anzutreffen, weil der Strand und die vielen verschiedenen Erholungsmöglichkeiten, aber auch Attraktionen der Vergnügungsparks zum Familientourismus einluden. Bei der Kombination von Erholung, Spaß und Unterhaltung fand man auch das Grundkonzept der späteren Disney Themenparks. Denn die Disney Parks haben sich zur Aufgabe gemacht, die ganze Familie zu unterhalten. Das konnte nur durch Kombination vieler verschiedener Komponenten erfolgen, die die ganze Familie ansprechen würden. Allerdings sind die Komponenten für den heutigen Urlaub in einem Themenpark damals noch nicht so ausgeweitet gewesen. Denn damals hatte man sich noch nicht so sehr auf Kommerzialisierung konzentriert, weil die Möglichkeiten, wie Fernsehen oder Film, wodurch man hätte expandieren können, noch nicht ausgereift waren, um erstens, Promotion für Parks und Umgebung und vor allem Urlaub in diesen machen zu können und zweitens, das Interesse an „vorhersehbaren“ Urlaub auch noch nicht verbreitet war.

Die Stadt selbst spielt auch eine große Rolle. Die Stadt ist sozusagen der Ort des Widerstandes und Symbol für Flucht, denn man musste sich gegen bestimmte Normen und Werte stellen um zu existieren. Im Vergnügungspark dagegen konnte man so sein, wie man wollte und durfte seine Fantasien ausleben. Vor allem aber konnte man seinen Wunsch nach Neuem und Fremdem nachgehen und seine Sehnsucht befriedigen. Dort konnte man eine Gegenbewegung zu den genteel reformers erkennen, denn die strengen Werte wurden mit der Zeit durch bedeutsamere Werte, wie z. B. Technologie, ersetzt, die noch später in den Disney Themenparks eine große Rolle spielen sollte.

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Der Weg der Vergnügungsparks zur Kommerzialisierung
Hochschule
Freie Universität Berlin  (John-F.-Kennedy-Institut)
Veranstaltung
The Poetics and Politics of Space in American Culture
Note
2,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
13
Katalognummer
V202232
ISBN (eBook)
9783656284932
ISBN (Buch)
9783656287926
Dateigröße
394 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Architektur, Technologie, Disneyland, Disney World, Fun Fairs, Kommerzialisierung von Themenparks, Themenparks, Coney Island, Werte, Moral, Veränderung der Werte und Moral in den USA, USA Themenpark, Utopia, Fahrgeschäfte, Realitätsflucht, Escapismus, Escapism, Symbol des Widerstandes und Flucht, Stadtkonzept, Main Street USA, Mickey Mouse, Vergnügen, Spaß, Urlaubs- und Freizeitmöglichkeiten
Arbeit zitieren
Magister Anke Werckmeister (Autor:in), 2006, Der Weg der Vergnügungsparks zur Kommerzialisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202232

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