Der Trail-Smelter-Fall und die Folgen


Seminararbeit, 2012

36 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A) Einführung

B) Darstellung der Trail-Smelter-Entscheidungen
I) Sachverhalt
II) Entscheidungen

C) Historische Entwicklung des Umweltvölkerrechts
I) DieAnfängebiszurUN-Umweltkonferenz
II) Von der Konferenz in Stockholm zur Konferenz in Rio de Janeiro
III) Die Zeit nach dem Erd-Gipfel in Rio de Janeiro
IV) Zusammenfassung

D) Die Prinzipien des Umweltvölkerrechts
I) Das völkerrechtliche Nachbarrecht
1) Das Verbot erheblicher grenzüberschreitender Umweltschädigung
a) Wichtige Folgeentscheidungen
aa) Der Lac-Lanoux-Schiedsspruch
bb) Der Korfu-Kanal-Fall
b) TatbestandlicheVoraussetzungen
aa) Umweltschädigung
bb) Grenzüberschreitung
cc) Erheblichkeit
(1) Immissionsbezogenheit der Erheblichkeit
(2) Das innerstaatliche Recht des betroffenen Staates
(3) Unüblichkeit als zusätzliches Merkmal
(4) Wirtschaftliche, technische und politische Entwicklung
dd)Kausalzusammenhang
c) Zusammenfassung
2) DasVerbotvon ultra-hazardous-activities inGrenznähe
3) Grundsatz der angemessenen Nutzung gemeinsamer natürlicher Ressourcen
II) Weitere Grundsätze
1) VerbotdesRechtsmissbrauchs
2) Das Prinzip der guten Nachbarschaft
3) Das Prinzip sic utere tu ut alienum non laedas
4) DasVorsorge- und Verursacherprinzip
III) Verfahrenspflichten
1) Pflicht zur Warnung in Notfällen
2) Informationspflicht
3) Konsultationspflicht
4) PflichtzurUmweltverträglichkeitsprüfung
IV) Zusammenfassung

E) Völkerrechtliche Verantwortlichkeit für erhebliche
grenzüberschreitende Umweltschädigungen
I) VölkerrechtlicheVerantwortlichkeit
II) Völkerrechtliche Gefährdungshaftung
III) Rechtsfolgender Verantwortlichkeit
IV) Durchsetzbarkeit völkerrechtlicher Ansprüche
V) Zusammenfassung

F) Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis I

A) Einführung

Die Staatengemeinschaft beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten, (vgl. Art. 2 Ziffer 1 UN-Charta) Diese grundlegende Feststellung zeigt zugleich ein wesentli­ches völkerrechtliches Problem auf. Ob ein Staat eine umweltbelastende Anlage in seinem Territorium errichtet, ist allein seine Entscheidung. Kommt es jedoch mit einem Nachbarstaat durch grenzüberschreitende Immissionen zu Differenzen, greift das Prinzip der territorialen Integrität ein. Der Grundstein dafür wurde in der Trail-Smelter-Entscheidung gelegt. Der Trail-Smelter-Fall zählt zu den “klassischen“ Entscheidungen im Völkerrecht. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Trail-Smelter-Fall und seinen Folgen.

Diese Ausarbeitung soll die Entwicklung von Anfangs einzelnen bilateralen Abkommen hin zur Entwicklung von völkergewohnheitsrechtlichen Prinzipien zeigen. Außerdem soll der Frage nachgegangen werden, ob die Trail-Smelter-Entscheidung das Völkerrecht beeinflusst hat.

Zuerst werden die entscheidenden Aspekte zur Trail-Smelter-Entscheidung erläutert. An­schließend gibt es einen Überblick zur Entwicklung des internationalen Umweltrechts. Da­nach wird vom völkerrechtlichen Nachbarrecht ausgehend detailliert das in der Trail-Smelter- Entscheidung entstandene Verbot der erheblichen grenzüberschreitenden Umweltschädigung erörtert. Im Anschluss werden weitere Prinzipien des internationalen Umweltrechts vorge­stellt, die eine Weiterentwicklung und Konkretisierung des Umweltschädigungsverbots dar­stellen. Zuletzt wird auf das Prinzip der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit in Bezug zu grenzüberschreitenden Umweltschädigungen eingegangen.

В) Darstellung der Trail-Smelter-Entscheidungen

I) Sachverhalt

Eine seit 1896 betriebene Zink- und Bleischmelze in dem kanadischen Ort Trail1, der sich 16 Kilometer von der US-amerikanischen Grenze entfernt befindet, wurde zum Streitgegenstand dieses Falles. In den Jahren 1925 bis 1927 ist die Anlage um zwei Schornsteine erweitert worden. Das verursachte einen Anstieg der Schadstoffemissionen, vor allem eine Verdopp­lung des Schwefeldioxids. Dieses gelangte in Form von „sauren Regen“ auf amerikanischen Boden und verursachte Ernteausfälle und Schäden im Columbia River Valley (Washington)2. Zwischen 1927 und 1935 protestierte die US-Regierung bei der kanadischen Regierung gegen die Schäden im Columbia River Valley3. 1928 beauftragten beide Regierungen die Internati­onal Joint Commission by the United States and Canada ein Schlichtungsverfahren durchzu­führen.4Diese Kommission legte 1931 ihren Abschlussbericht vor, in dem einerseits vorge­schlagen wurde, dass die kanadische Regierung Schadensersatz i. H. v. USD 350.000 für die entstandenen Schäden zu leisten hat und andererseits die Emissionen der Anlage in Trail be­grenzen muss.5Kanada leistete die Schadensersatzzahlungen. Jedoch zeigten sich keine Ver­besserungen hinsichtlich der Schadstoffemissionen, so dass der Konflikt wieder begann. Aus diesem Grund wurde 1935 in der Convention for settlement of difficulties arising from opera­tion ofsmelter at Trail, B.C. vereinbart folgende Fragen schiedsgerichtlich klären zu lassen:

1. Wurde durch die Anlage in Trail dem Staat Washington seit 1932 ein Schaden zuge­fügt?
2. Wenn die erste Frage bejaht wird, soll dies in Zukunft unterbunden werden?
3. Kann die Anlage weiter betrieben werden? (Möglichweise unter Auflagen oder Be­dingungen)
4. Soll Kanada nach Beantwortung der Fragen 2 und 3 Schadensersatz leisten?6

II) Entscheidungen

Das Schiedsgericht legte in seiner ersten Entscheidung 1938 bezüglich der ersten Frage fest, dass Kanada Schadensersatz für die Jahre 1932 bis 1937 an die amerikanische Regierung zu leisten hat.7Diese Ersatzzahlung galt jedoch nur für die entstandenen Schäden im Boden des Columbia River Valley. Die Verschmutzung der Luft wurde nicht als Schaden betrachtet, sondern lediglich als Transportmedium der Abgase gesehen8. Die USA versuchten ebenso Schäden bei der Forst- und Landwirtschaft und bei den Nutztieren nachzuweisen, was das Schiedsgerichtjedoch aus Mangel an überzeugenden Beweisen ablehnte.9In seiner zweiten Entscheidung 1941 beantwortete das Schiedsgericht die anderen drei Fra­gen. Bezüglich der zweiten Frage stellte das Gericht grundlegend fest, dass: ,,[...] under the principles of international law, as well as of the law of the United States, no State has the right to use or permit the use of its territory in such a manner as to cause injury by fumes in or to the territory of another or the properties or persons therein, when the case is of serious consequence and the injury is established by clear and convincing evidence”10.

Mit dieser Feststellung hat der Trail-Smelter-Fall seine entscheidende Bedeutung erlangt. Das Schiedsgericht war der Auffassung, dass kein Staat das Recht habe sein Territorium in einer Art und Weise zu nutzen, dass einem anderen Staat dadurch ein Schaden entsteht. Dieses Prinzip leitete es sowohl aus dem amerikanischen Recht als auch aus dem Völkerrecht ab. Jedoch soll nicht jede grenzüberschreitende Umweltbeeinträchtigung völkerrechtswidrig sein, sondern nur solche, die schwerwiegende bzw. erhebliche Folgen nach sich ziehen und eindeu­tig beweisbar sind. Durch dieses Prinzip schaffte das Schiedsgericht die Grundlage für einen völkergewohnheitsrechtlichen Schadensersatzanspruch, der Kanada verpflichtete Schadenser­satz an die amerikanische Regierung zu leisten.

Hinsichtlich der dritten Frage legte das Schiedsgericht Rahmenbedingungen fest, unter denen die Anlage in Trail weiterbetrieben werden durfte. Dazu zählt die Installation von Geräten zur Messung der Windgeschwindigkeit und Apparaturen zur Messung des Schwefeldioxidge­halts.11Des Weiteren legte das Schiedsgericht Grenzwerte bezüglich der Konzentration des Schwefeldioxidgehalts in der Luft fest12.

Im Hinblick auf die vierte Frage hat das Schiedsgericht entschieden, dass Kanada eine Aus­gleichszahlung i. H. v. USD 7.500 pro Jahr an die amerikanische Regierung zu leisten hat, wenn die Bedingungen aus den Fragen zwei und drei nicht erfüllt bzw. die festgelegten Grenzwerte überschritten werden13.

C) Historische Entwicklung des Umweltvölkerrechts

Eine Darstellung der Entwicklung des völkerrechtlichen Umweltschutzes lässt sich generell in drei Abschnitte gliedern: Zuerst die Entwicklung bis zur UN-Umweltkonferenz von Stock­holm 1972, anschließend der Zeitraum von der Stockholmer Umweltkonferenz bis zum Rio- Umweltgipfel 1992 und schließlich die Entwicklung seit diesem Umweltgipfel.

I) Die Anfänge bis zur UN-Umweltkonferenz 1972

Die ersten vertraglichen Regelungswerke, die die Umwelt zum Gegenstand hatten, reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Hier sind vor allem der Grenzvertrag zwischen Österreich und Venedig vom 17. August 175414und der sog. Jay-Vertrag zwischen Großbritannien und den USA vom 19. November 179415zu nennen. Diese frühen Verträge haben jedoch noch nicht den Umweltschutz im heutigen Sinne als Regelungsgegenstand, sondern vielmehr eine ge­rechte Ressourcenaufteilung im Bereich der Fischerei und der Schifffahrt zwischen den Ver­tragsparteien.16Im 19. Jahrhundert sind weitere Verträge bezüglich der gemeinsamen Res­sourcennutzung geschlossen worden. Speziell der Grenzvertrag von Bayonne zwischen Frankreich und Spanien vom 26. Mai 186617 und der Vertrag betreffend die Regelung der Lachsfischerei im Stromgebiet des Rheins vom 30. Juni 188518 zeigen dies sehr deutlich. Die geschlossenen Verträge im 18. und 19. Jahrhundert sind in ihrem Regelungsgehalt eher punk­tuell und bilateral. Dies ändert sich erst ab den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Die nun geschlossenen Verträge sind einerseits von einer Internationalisierung und andererseits von einer immer umfangreicheren Regelungsdichte gekennzeichnet. Ausschlaggebend dafür wa­ren die zunehmende Erkenntnis der Endlichkeit der Ressourcen und das wachsende Bewusst­sein der Notwendigkeit einer stärkeren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.19Mitent­scheidend waren außerdem mehrere Umweltkatastrophen, vor allem die Zunahme des winter­lichen Smogs in London und New York und diverse Tankerunglücke in den 1950er und 1960er Jahren. In der Resolution 2398 stellte die Generalversammlung der Vereinten Natio­nen 1968 fest, dass der Umweltschutz eine internationale Gemeinschaftsaufgabe sei20. Des Weiteren wurde in dieser Resolution eine Umweltkonferenz für 1972 vorgeschlagen.21

II) Von der Konferenz in Stockholm zur Konferenz in Rio de Janeiro

Im Juni 1972 fand die erste internationale Konferenz über die Umwelt des Menschen in Stockholm statt. Die Abschlussdeklaration22 enthält 26 rechtlich unverbindliche Grundsätze zum Umweltschutz. Prinzip 21 greift den Leitgedanken des Trail-Smelter-Schiedsspruches auf, dass kein Staat das Recht habe sein Territorium in einer Art und Weise zu nutzen, dass einem anderen Staat dadurch ein Schaden entsteht. Weiterhin wurde eine Resolution23 durch die Konferenz verabschiedet, in der institutionelle und finanzielle Maßnahmen zum Umwelt­schutz geregelt worden sind, die letztendlich zur Gründung des United Nations Environment Programme (UNEP) führten. In den Folgejahren sind zahlreiche multilaterale Umweltschutz­übereinkommen geschlossen worden, wobei vor allem das Genfer Übereinkommen über weit­räumige, grenzüberschreitende Luftverunreinigung24, das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht25 sowie die beiden Übereinkommen über frühzeitige Benachrichtigung bzw. Hilfeleistung bei nuklearen Unfällen26zu nennen sind. Des Weiteren trugen diverse staatliche und nicht-staatliche Akteure an einer Weiterentwicklung des Umweltvölkerrechts bei27. Hier sind speziell die International Law Association (ILA), die OECD, das Institut de Droit Inter­national und die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa zu nennen. Zehn Jahre nach der Umweltkonferenz in Stockholm wurde die UN-Weltcharta für die Natur in einer Resolution28 verabschiedet. Diese rechtlich unverbindliche Charta sieht den Schutz der Natur in ihrer Gesamtheit und ist in vielen Bereichen weitergefasst als die Stockholmer De­klaration29. Jedoch zeigte sich die Umsetzung zahlreicher Abkommen als nicht ausreichend und es wurden neue Gefahren, wie das Ozonloch und die Erderwärmung, als Probleme er­kannt, so dass eine stärkere internationale Kooperation notwendig geworden ist. Aus diesem Grund ist die World Commission on Environment and Development 1983 ins Leben gerufen worden, die ihren Abschlussbericht (Brundtland-Bericht 30) 1987 vorgelegt hat. In diesem Be­richt ist das Konzept der nachhaltigen Entwicklung entworfen worden. 1989 wurde die UN Conference on Environment and Development (UNCED) einberufen 31, die Leitlinien für die zukünftige Entwicklung des Umweltrechts unter besonderer Berücksichtigung der Entwick lungsländer aufstellen sollte. Als Anstoß der Arbeiten fand im Juni 1992 der Erd-Gipfel in Rio de Janeiro statt.

Auf dieser Umweltkonferenz sind fünf Dokumente erarbeitet wurden: die Rio-Deklaration, die Wald-Grundsatzerklärung, die Agenda 21, die Klimakonvention und die Konvention über biologische Vielfalt32 . In der rechtlich unverbindlichen Rio Deklarationen sind 27 Grundprin­zipien für eine dauerhaft umweltgerechte Entwicklung aufgestellt worden. Die Rio- Deklaration wird häufig als Beleg aufgrund der großen Anzahl der Unterzeichnerstaaten für die Existenz von Umweltvölkergewohnheitsrecht angenommen33. Die Agenda 21 ist als poli­tisches Umsetzungsprogramm für die Rio-Deklaration anzusehen. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Einführung des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung gelegt. Die Kli­makonvention hatte die Senkung der Treibhausgase auf das Niveau von 1990 zum Ziel.34Wie schon bei der Rio-Deklaration nimmt diese Konvention die Industriestaaten stärker in die Pflicht als die Entwicklungsländer35. Jedoch statuiert die Klimakonvention keine Reduzie­rungspflicht für die Staaten, sondern stellt nur den Willen der Unterzeichner dar.

Insgesamt werden die Ergebnisse der Rio-Konferenz als hinter den Erwartungen zurücklie­gend betrachtet, da sich die Staaten keine völkerrechtlich verbindlichen Pflichten, vor allem im Bereich der Klimakonvention, auferlegten, sondern nur Aktionsprogramme und Willens­äußerungen beschlossen haben.36

III) Die Zeit nach dem Erd-Gipfel in Rio de Janeiro

Um die Umsetzung der Ziele aus dem Erd-Gipfel zu kontrollieren und die Zusammenarbeit zu verbessern wurde noch 1992 die Commission on Sustainable Development gegründet37 . Infol­ge der Arbeiten dieser Kommission stellte die UN-Generalversammlung 1997 fest, dass eine Verschlechterung des Zustandes der Umwelt zu verzeichnen ist38 . Als Weiterführung der Rio- Klimakonvention wurde im Dezember 1997 das Kyoto-Protokoll unterzeichnet, das eine ver­bindliche Reduktion von vier Treibhausgasen auf das Niveau von 1990 festlegt. 2001 wurde eine weitere Verschlechterung des Zustandes der Umwelt festgestellt 39, so dass ein dringender Handlungsbedarf bestand. Aus diesem Grund fand 2002 als Folgegipfel für Rio de Janeiro eine weitere Umweltkonferenz in Johannesburg statt. Auf diesem Gipfel wurden zwei recht­lieh unverbindliche Absichtserklärungen verabschiedet. Diese Deklarationen legten abermals die Betonung auf die Nachhaltigkeit und forderten eine stärkere Partnerschaft zwischen Staa­ten, Internationalen Organisationen, Wirtschaftsunternehmen und Individuen.40Im Jahr 2005 stiegen die USA aus dem Ratifizierungsprozess des Kyoto-Protokolls aus. 2007 fand eine Klimakonferenz auf Bali statt, auf der die Entwicklung eines Nachfolgeabkommens für das Kyoto-Protokoll beschlossen wurde.4142Auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen 2009 sind keine verbindlichen Abkommen entstanden, sondern nur eine politische Absichtserklärung. Ursprüngliches Ziel dieser Konferenz war jedoch ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto­Protokoll. Dieses Ziel sollte auf der Konferenz in Cancún 2010 erreicht werden. Auf diesem Gipfel wurde ein Rahmenwerk für ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls ausgehan­delt. Dabei wurden Ziele zur Kohlenstoffdioxidreduzierung in Zusammenarbeit zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern festgelegt. Im Dezember 2011 fand ein weiterer Klimagipfel in Durban statt. Dort wurde die Erarbeitung eines Weltklimavertrages bis 2015 beschlossen, der spätestens 2020 in Kraft treten soll.43

IV) Zusammenfassung

Die Entwicklung des internationalen Umweltrechts zeigt, dass es sich innerhalb der letzten 200 Jahre von vereinzelt bilateralen Abkommen zu einer Aufgabe der Staatengemeinschaft entwickelt hat. Jedoch verhalten sich die Staaten beim Beschließen von verbindlichen Zielen zur nachhaltigen Entwicklung und zum Klimaschutz zögerlich. Es ist dennoch zu hoffen, dass die Staatengemeinschaft ihre Verantwortung erkennt und als ersten Schritt einen rechtlich verbindlichen Weltklimavertrag zustande kommt.

D) Die Prinzipien des Umweltvölkerrechts

Die Trail-Smelter-Entscheidungen stellen einen Meilenstein in der Entwicklung völkerrechtli­cher Prinzipien dar. Trotz der inter-partes Wirkung der Schiedssprüche werden heute viele Prinzipien als Völkergewohnheitsrecht anerkannt. Nun sollen die verschiedenen Grundsätze des gewohnheitsrechtlichen Prinzips des Nachbarrechts sowie weitere völkerrechtliche Prin­zipien dargestellt werden und zum anderen die formellen Verfahrenspflichten.

I) Das völkerrechtliche Nachbarrecht

Das Nachbarrecht existiert seit es Staaten gibt und umfasst die Gesamtheit der rechtlichen Beziehungen zwischen benachbarten Staaten.44Es soll dabei einen Interessenausgleich zwi­schenstaatlicher Konflikte herstellen. Bei einem solchen Konflikt widerstreitet die territoriale Souveränität des einen Staates mit der territorialen Integrität des anderen Staates. Das Nach­barrecht stellt eine Balance zwischen den beiden Interessen her, da die Souveränität der Staa­ten dahingehend eingeschränkt wird, dass Handlungen an der Grenzregion des eigenen Staatsgebiets keine schädlichen Auswirkungen auf das Territorium des Nachbarstaates verur­sachen dürfen45.Unter Nachbar wird jedoch nicht nur der tatsächliche Nachbarstaat umfasst, sondern jeder Staat, der durch die schädigende inländische Handlung betroffen ist.46Das Nachbarrecht wird als Völkergewohnheitsrecht anerkannt 47. Es wirdjedoch erst seit der Trail- Smelter-Entscheidung ebenfalls für Umweltschäden angewendet48. Nach Art. 2 Ziffer 1 UN-Charta beruht das System der Vereinten Nationen auf der souveränen Gleichheit seiner Mitglieder. Das bedeutet einerseits, dass jeder Staat gleich und unabhängig ist und auf seinem Staatsgebiet die territoriale Herrschaft innehat und nach Belieben handeln kann. Dies entspricht dem Prinzip der absoluten Souveränität. Andererseits jedoch auch, dass ein Staat allein und ausschließlich über sein Territorium bestimmen kann und damit auch frei vonjeglichen Einwirkungen anderer Staaten ist. Das ist das Prinzip der absoluten territorialen Integrität. Eine besonders extreme Ausprägung des Prinzips der absoluten territorialen Souve­ränität war eine im 19. Jahrhundert von General Harmons vertretene Auffassung. Dieser meinte, dass die Souveränität eines Staates so weit reicht, dass er sein Territorium ohne Rück­sicht auf Andere nach Belieben nutzen konnte.49Diese Doktrin wurde jedoch schnell wieder

[...]


1UNRIAA, Bd. III, 1941, S. 1945.

2Ebenda, S. 1945.

3Ebenda, S. 1917.

4Ebenda, S. 1918.

5Ebenda, S.1918f.

6Ebenda, S. 1907 f.

7Ebenda, S. 1933.

8Heinegg in: Ipsen, §58Rn 12.

9UNRIAA, Bd. III, 1941, S. 1928 ff.

10Ebenda, S. 1965.

11Ebenda, S. 1967.

12Ebenda, S. 1974 ff.

13Ebenda, S. 1980.

1440 CTS 215.

1552 CTS 243.

16Hobe JA 1997, S.161; Proelß in: Vitzthum, Rn 92.

17 132 CTS 359.

18RGBl 1886, 192.

19Hobe, VR, S. 512.

20G. A. Res. 2398 (1968) para. 6.

21Ebendapara. 14.

22 11 ILM 1416 (1972).

23G. A. Res. 2997 (1972) para. 1ff.

24BGBl 1982 II, 374.

25BGBl 1988 II, 902.

26BGBl 1989 II, 435.

27Proelß in: Vitzthum, Rn 103.

28UN Doc. A / 37/ 7v. 28. 10. 1982.

29Kloepfer, §9Rn 24.

30Hauff, S. 1ff.

31G.A. Res. 228 (1989) para. 1ff.

32BMU, S. 7, 25, 43, 49.

33Kloepfer, §9Rn 25; Malanczuk in: FS Bernhradt, S. 999f.

34Malanczuk in: FS Bernhradt, S. 997.

35Beyerlinin: ZaöRV 1994, S. 138.

36Vgl. Beyerlin in: ZaöRV 1994, S. 146 f.

37UN Doc A / 47/ 191 v. 22. 12. 1992.

38Proelß in: Vitzthum, Rn 108.

39Kloepfer USR, §6Rn 43.

40Proelß in: Vitzthum, Rn 108.

41Kloepfer USR, §6Rn 45.

42Kloepfer USR, §6Rn 45.

43http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/klimagipfel-die-farce-von-durban- 11558772.html (Stand 26.03.2012).

44Odendahl, S. 110.

45Randelzhofer / Simma in: FS Berber, S. 395f.

46Odendahl, S. 113.

47Randelzhofer / Simma in: FS Berber, S. 396; Proelß in: Vitzthum, Rn 93; Hinds In: AVR 1992, S. 298; Epiney JuS 2003, S. 1068f.; Klein, S. 117; Schmidt/Kahl,§9 Rn 20; Beyerlin in: FS Doehring, S. 54.

48Odendahl, S. 114.

49Proelß in: Vitzthum, Rn 93.

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Der Trail-Smelter-Fall und die Folgen
Hochschule
Universität Leipzig
Veranstaltung
Die Bedeutung des Richterrechts im Völker- und Europarecht
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
36
Katalognummer
V201873
ISBN (eBook)
9783656281603
ISBN (Buch)
9783656282341
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umweltvölkerrecht, Trail-Smelter, Völkerrecht, Umweltrecht, Lac Lanoux
Arbeit zitieren
LL.B. Marcus Fellert (Autor:in), 2012, Der Trail-Smelter-Fall und die Folgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201873

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