Das amerikanische Kino in Zeiten politischer Verfolgung

Zu Elia Kazan’s „Die Faust im Nacken“ (On the Waterfront)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

60 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Dramaturgie und Spannungskurve

2 Mise en Scène
2.1 Raum und Zeit
2.2 Set Design
2.3 Bildkomposition
2.4 Einstellungsgrößen
2.5 Brennweiten
2.6 Schärfe und Unschärfe
2.7 Perspektive
2.8 Kamerabewegungen
2.9 Licht und Schatten

3 Montage

4 Symbolik

5 Politische Hintergründe

6 Ton und Musik

7 PKS Modell

8 „Actor Studios“ Schauspieler und Methode nach Stanislawski

9. Synopse
9.1 Synopse 1. Exemplarische Stelle
9.2 Synopse 2. Exlemplarische Stelle

1 Dramaturgie und Spannungskurve

EXPOSITION

1 0:00:00 Titel und Kredits.

2 0:01:23 Die Gewerkschaftsleute verlassen

eine kleine Bude - ihr Hauptquartier im Hafen von New York. Der Boss Johnny Friendly verabschiedet sich von Terry Malloy.

3 0:01:57 In der Nacht kommt Terry unter das Fenster von Joey Doyles Wohnung. Er hat Joeys Taube in seinem Käfer gefunden und will ihm diese zurückgeben. Er will, dass er auf das Dach kommt. Es ist eine Falle, denn auf dem Dach warten schon zwei Männer von Friendly.

4 0:02:54 Aus der sicheren Entfernung unter der Lichtreklame „Johnny Friendlys Bar” beob- achten die drei Gewerkschaftsmänner das Geschehen. Unter ihnen ist auch Terrys älterer Bruder Charley. Terry kommt hinzu und stellt sich neben ihn.

EREIGNIS

5 0:03:12 Joey Doyle wird vom Dach gestoßen. Terry hat damit nicht gerechnet, er dachte, die wollten ihm nur einen „Denkzettel” verpassen.

6 0:04:14 Die Polizei ist vor Ort, aber keiner von den Nachbarn und Freunden hat den Mut die Wahrheit zu sagen. Joeys Schwester Edie kommt zur Unfallstelle. Sie ist wütend und verzweifelt. Pater Barry versucht sie zu beruhigen. Sie will aber keine „Predigt” hören, sie will wissen, wer ihren Bruder umgebracht hat.

7 0:05:38 Terry beobachtet aus der Distanz heraus. In ihm bewegt sich etwas. Er wird von einem Gewerkschaftsmann (Vorarbeiter „Big Mac”) auf einen Drink in die „Johnny Friendlys Bar” gerufen.

KLÄRUNG

8 0:05:44 In der Kneipe wird ein Boxmatch über TV verfolgt. Im Zentrum steht Johnny Friendly. Er emfängt Terry herzlich, gleich danach wäscht er sich die Hände. Terry bekommt ein „Geschenk”, 50 Dollar und eine neue leichtere Arbeitsstelle. Auf einem Billardtisch werden die Tagesumsätze gezählt.

9 0:10:37 Es ist wieder Tag. Terry ist auf dem Dach und beobachtet die Tauben. Ein kleiner Nachbarsjunge kommt zu ihm. Terry bemerkt, dass die Tauben ein gutes Leben haben: „ Ich möchte es auch so gut haben. Essen, schlafen und den ganzen Tag durch die Gegend fliegen.”

10 0:11:38 Auf dem Dock im Hafen haben sich Hunderte von Arbeitern versammelt. Sie warten auf die Arbeitsverteilung. Zwei Kriminalbeamte befragen Terry wegen der gestrigen Ereignisse erfolglos.

11 0:16:39 Bei der Jobvergabe kommt es zu einer Schlägerei um Marken. Terry mischt sich ein und kommt mit Edie ins „Gerangel”. Als er erfährt, dass sie Joeys Schwester ist, gibt er ihr die Marke. Sie bringt sie sofort zu ihrem Vater.

12 0:18:54 Am Rande bildet sich eine Gruppe um Pater Barry, der weiter versucht den Fall

„Joey Doyle und die Gewerkschaft” aufzuklären. Ein Arbeiter über Johnny Friendly: „ Seit Johnny, ist das keine Gewerkschaft, sondern ein Ringerverein”. Ein anderer Arbeiter: „Wo kann man hier ungestört reden, ohne erwischt zu wer- den.” Pater Berry: „ Wir können in der Kirche reden. In der Kirche sind wir ungestört

13 0:19:15 Die Brüder Charley und Terry in der Lagerhalle. Terry soll sich die Versammlung in Motor des Films: Behauptung des Individuums in einer korrupten Gesellschaft der Kirche „genauer ansehen”.

14 0:20:21 In der Kirche vor einer kleinen Gruppe redet Pater Barry gegen Mob und Korruption und verlangt mehr Courage und Moral. Terry wird von Dugan als „Spitzel” bezeichnet.

15 0:23:19 Die Kirche wird von den Gewerkschaftsleuten und ihren „Schlägern” umkreist. Terry flieht mit Edie durch die Hinter- Treppe nach draußen. Es kommt zu blutigen Auseinandersetzungen, Dugan wird schwer ver- prügelt, Pater Barry will, dass er vor der Krisenkommission aussagt. Dugan ist endgültig dafür bereit.

16 0:25:08 Terry begleitet Edie nach Hause. Ein verarmter Bettler erkennt Terry und Edie. Er hat ihn gesehen in der Nacht als Joey Doyle umge- bracht wurde. Er nennt Terry einen „Lump”. Terry schluckt dies und versucht das Thema zu wechseln. Edie fragt ihn, auf welcher Seite er steht. Er antwortet, auf seiner. Sie unterhalten sich über die Kindheit. Während die beiden spa- zieren, entwickelt sich gegenseitiges Interesse.

17 0:29:42 Als Edie nach Hause zurückkommt, hat ihr Vater schon ihre Koffer gepackt. Sie schaut sich im Spiegel an und spricht über Terry. Vater „Pop” warnt sie, dass er nur ein Lump ist, so wie sein Bruder Charley. Sie entscheidet sich, gegen den Willen des Vaters, zu bleiben: „Ich bleibe so lange, bis ich den Schuldigen für Joeys Tod finde”.

18 0:31:58 Edie trifft Terry auf dem Dach. Sie unterhalten sich über Tauben. Terry lädt sie auf ein Bier in die Bar ein. Sie nimmt die Einladung an.

19 0:36:05 Terry und Edie in der Bar. Terry über seine Lebensregel: „Zuschlagen bevor der andere zuschlägt”. Edie will, dass er ihr hilft den Mörder seiner Brüder zu finden. Terry kann/will es nicht. Edie verlässt ihn und Terry bleibt traurig und nachdenklich allein zurück.

20 0:41:23 Edie kommt in einen anderen Barraum, wo sich eine Feier abspielt. Alle sind glücklich und voller Lebensfreude. Edie fühlt sich bedrängt und will nach draußen fliehen. Sie passt nicht hierher. Terry kommt zu ihr und nimmt sie in den Arm. Die beiden tanzen.

21 0:43:44 Die beiden verlassen das Podium und gerade, als sie sich küssen wollen, kommt ein Gewerkschaftsmann zu Terry: „ Der Boss sucht dichüberall”. Gleich danach kommen die Kriminalbeamten mit einer Einladung für Terry. Edie will wissen, ob er mit den Gewerkschafts- leuten unter eine Decke steckt. Terry fühlt sich bedrängt, er will seinen Bruder und andere nicht verraten. Edie verlässt ihn. Terry schaut voller Schmerz hinterher.

22 0:46:06 Terry allein auf der Straße in der Nacht. Ein Wagen mit Johnny Friendly und Charley kommt auf ihn zugefahren. Die beiden sind sauer auf Terry, weil er sie nicht gewarnt hat, dass Dugan vor der Kommission aussagen wird. Terry wusste von nichts. Die beiden mei- nen, er hat sich von der „Kleinen” blenden las- sen. Als Konsequenz dafür hat er keine Privilegien mehr. Er muss ab morgen unten im Laderaum arbeiten.

23 0:48:30 Terry mit Dugan und den anderen. Sie tragen Kartons mit Whiskey. Terry versucht Dugan zu warnen, aber er schiebt ihn weg von sich und nennt ihn einen Lump. Auf Anweisung von Johnny Friendly „verunglückt” Dugan töd- lich .

24 0:50:18 Pater Barry hält im Frachtraum eine moralische Predigt. Er wird mit einer faulen Banane und einer leeren Bierdose beworfen. Er vergleicht Doyles und Dugans Mord mit Jesus Kreuzigung. Die beiden sind für Wahrheit und Gerechtigkeit umgebracht worden. Terry schlägt den Gangster nieder, als der versucht den Pater erneut zu bewerfen.

25 0:55:08 In der Nacht kommt Edie zu Terry auf das Dach. Terry hat Angst um seine Tauben, denn Habichte sind in der Nähe. Sie gibt ihm Joeys Jacke, die vorher auch Dugan getragen hat. Die beiden küssen sich.

PERIPETIE

26 0:56:35 Terry geht in der Kirche zu Pater WENDE Barry. Er will ihm die Wahrheit sagen. Pater Barry will, dass er vor der Kommission aussagt. Terry weigert sich, er kann seinen Bruder nicht verraten. Unter Beobachtung von Pater Barry geht Terry auf Edie zu. Er will ihr die Wahrheit über seine Rolle in Joeys Mord sagen. Edie flieht entsetzt von ihm weg.

27 1:01:02 Der Kriminalbeamte geht auf dem Dach zu Terry. Er bringt ihn dazu, über seinen Boxkampf gegen Wilson zu reden. Es wird klar, dass er wegen einer Wette verloren hat: „ Ich habe ein paar Freunden einen Gefallen getan”.

28 1:04:45 Johnny Friendly verlangt von Charley Terry zu überreden oder ihn zum schwei- gen zu bringen. Er hat Angst, dass Terry vor der Kommission aussagen wird. Charley kommt ins Schwitzen, denn es handelt sich schließlich um seinen Bruder.

29 1:07:33 Charley und Terry im Taxi. Charley bietet Terry einen leichteren Job und 400 Dollar pro Woche an, wenn er schweigt. Er muss sich entscheiden, bevor der Wagen in der 437 River Street anhält. Er droht Terry mit einem Revolver. Terry schiebt den Revolver sanft auf die Seite, er ist entsetzt über seinen Bruder. Er wirft ihm vor, dass er seine Boxkarriere ruiniert hat: „ Du hättest auf mich aufpassen müssen aber du hast mich für ein paar dreckige Dollar verkauft. Ich konnte jemand sein, ich hätte das Zeug dafür gehabt, und was ist aus mir geworden, nichts als ein Lump!” Charley wird sich seiner Schuld bewusst und gibt ihm den Revolver: „ Du wirst ihn brau-chen. Ich werde Johnny sagen, ich konnte dich nicht finden. Er wird mir nicht glauben.”

30 1:13:08 Edie zu Hause, in weißer Unterwäsche. Terry klopft an die Tür, er will mit ihr reden. Er bricht die Tür auf und kommt her- ein: „ Du kannst von mir alles verlangen, aber nicht, dass ich jemanden verrate”. Die beiden kommen wieder zusammen und küssen sich. Terry wird von draußen gerufen: „ Terry, dein Bruder wartet auf dich!” Er geht nach draußen und Edie folgt ihm nach.

31 1:16:01 Ein Fahrzeug rast auf Edie und Terry zu. Terry schlägt ein Fenster an einer Tür ein und beide springen hinein. Das Fahrzeug fährt knapp TIEFPUNKT vorbei. In der nächsten Straße hängt Charley tot DER an der Wand an einem Haken. Terry nimmt ihn HAUPTFIGUR vorsichtig runter und legt ihn auf den Boden. Er nimmt den Revolver und will Charley rächen.

32 1:18:47 Terry sucht vergebens Johnny Friendly in seiner Bar. Pater Barry schafft es, mit viel Mühe, Terry zu überreden, nicht mit dem Revolver sondern mit der Wahrheit zu kämpfen, .

33 1:23:10 Im Gerichtssaal. Terry macht seine Aussage gegen Friendly.

37 1:25:26 Der „Big Boss” verfolgt den Gerichtsprozess vor seinem Fernsehen. Er gibt seinem Butler Bescheid, dass er für Johnny Friendly in der Zukunft nicht mehr zu Hause ist. 38 1:25:56 Johnny Friendly droht Terry in dem Gerichtsaal, dass er nie wieder einen Job finden wird und dass er so gut wie tot ist.

39 1:26:54 Terry kommt nach Hause, aus Sicherheitsgründen von zwei Polizisten gefolgt. Seine Nachbarn reden nicht mehr mit ihm.

40 1:28:19 Terry geht auf das Dach und findet alle Tauben tot vor. Der Junge schreit ihn an: „ Du bist ein Verräter!” Terry ist fassungslos, dass der Junge keine Taube am Leben gelassen hat.

41 1:29:51 Edie hat Angst um Terry, sie will nicht, dass er zurück in den Hafen zum Arbeiten geht: „ Du willst den Kampf nicht aufgeben, weil Johnny Friendly dir gedroht hat. Und du willst ihm zeigen, dass du keine Angst vor ihm hast. Dann geh doch hin ... und lass dich von ihm umlegen. Du eigensinniger Kerl! Glaubst du, die setzen dir ein Denkmal?” „ Man nannte mich immer einen Lump. Aber ich bin kein Lump, Edie. Keine Bange, ich tue nie- manden was. Aber ausbooten lasse ich mich nicht. Ich will nur mein Recht”. Er nimmt Joeys Jacke und geht.

NEU- 42 1:31:18 Terry ist im Hafen angekommen. TRALISIERUNG Alle wenden sich von ihm ab. Bei der Verteilung DER bekommen alle außer ihm Arbeit. Terry geht GEGENSÄTZE wütend auf die kleine Gewerkschaftsbude zu. Er fordert Johnny Friendly auf: „ Mich selbst habe ich verraten und wusste es nicht einmal. Ich bin stolz auf meine Tat!”. Es kommt zur Schlägerei zwischen ihm und J. Friendly. Friendly ruft um Hilfe und Terry wird von der Mehrzahl niederge- schlagen.

43 1:37:09 Pater Barry und Edie kommen. Die Arbeiter weigern sich, ohne Terry, zu arbeiten. Terry steht auf und geht allein seinen „Kreuzigungsweg“ zur Arbeit. Die Arbeiter fol- gen ihm. Johnny Friendly hat seine Autorität verloren, keiner hört mehr auf ihn. 44 1:42:04 Das Hallentor geht runter und die Arbeiter verschwinden in der Dunkelheit der Halle.

2 Mise en Scène

2.1 Raum und Zeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Faust im Nacken Abb. 2 © 1954 renewed, 1982 Columbia Pictures

Der Film spielt in seiner Gegenwart-Zeit, also Anfang der 50er Jahre.

Kazan gelingt es zum ersten Mal, einen Teil der amerikanischen Realität zum Thema eines Kinofilms zu machen. Er hat schon früher zusammen mit Arthur Miller an einem Hafenarbeiter Drama unter dem Namen „The Red Hook” gearbeitet, bevor das Projekt aus politischen Gründen in den Sand gesetzt wurde. Später, nach seiner Aussage bei der HUAC Kommission1 ), will Kazan sich von Fox und Hollywood lösen. Er schlägt sein Hauptquartier in New York auf und will nur noch „On Location“ drehen. In dem Drehbuchautor Budd Schulberg findet er einen engen Freund, der aus den HUAC-Verhören ähnlich beschädigt hervorgegan- gen ist.

Als Schulberg auf eine interessante Artikelserie2 ) über die kriminellen Machenschaften der Gewerkschaftsführer in dem New Yorker Hafen stößt, erkennt er in dem Thema das Material für sein zukünftiges Filmprojekt. Schulberg: „ Beim Schreiben des Drehbuchs schlug ich einen ziemlich unorthodoxen Weg ein, indem ich nicht einen oder zwei Monate sondern Jahre meines Lebens damit zubrachte, so viel wie möglich über das Hafenviertel herauszufinden, in den Kneipen von West Side Manhattan und Jersey Stammgast zu werden, mit den Anführern der Hafenarbeiter-Gewerkschaften und den furchtlosen und direkten Arbeiterpriestern von St. Xaviers im Hells Kitchen Viertel zu sprechen.” Besonders fasziniert ist Schulberg von Father John Corridan, einem „hochge-

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Die Faust im Nacken Abb. 3-4 © 1954 renewed, 1982 Columbia Pictures

wachsenen, rotwangigen, schnell sprechenden, harten, gelegentlich profanen” römisch-katholichen Priester. Er wird zum Vorbild für Pater Barry, der im Film von Karl Malden gespielt wird. Kazan will ursprünglich, dass Darryl Zanuck den Film produziert, aber der redet nur von Breitband und Technicolor bis er schließlich den Film ablehnt, mit der Begründung: „ Wer interessiert sich schon für einen Haufen verschwitzter Hafenarbeiter!

Den Film produziert letztlich Sam Spiegel der finanziell am Boden ist und dringend guten Stoff braucht, der ihm aus der finanziellen Not her- ausbringen soll. Nachdem die Drehorte gefunden sind, sollen auch die Schauspieler genauso real wie die Orte sein, gegen die sie antreten müs- sen. Kazan findet in Brando den mehr als realistischen Darsteller. Sam Spiegel braucht viel Überredungskunst, um Marlon Brando für die Hauptrolle zu verpflichten, denn der eigenwillige Star will nicht mehr mit Elia Kazan zusammenarbeiten, weil dieser im McCarthy-Ausschuss angebliche Kommunisten in der Branche denunziert hat. Während Spiegel Brando weiter bearbeitet, erklärt sich Frank Sinatra dazu bereit, die Hauptrolle zu übernehmen, aber bevor er den Vertrag unterschreiben kann, ändert Brando seine Meinung und nimmt die Rolle an. Um dem Film so viel Realität wie möglich zu geben, wird er über 36 Tage vor Ort in extrem kalten Straßen, Gassen und Docks von Hoboken New Jersey gedreht. Alle Orte sind authentisch und „Originalschauplätze”: Docks, Arbeiter Vorort, Bars, Wohnungen, Dach ... Auch die Statisten sind mei- stens Hafenarbeiter, direkt vor Ort gefunden und angeheuert. Sogar die „Schauspieler” Abe Simon als Barney, Tony Galento als Truck und Tami Mauriello als Tullio sind in Wirklichkeit Ex-Profi Boxer. Es sind schließlich zwei Szenen, die im Studio gedreht werden: Die Taxi Fahrt (Siehe Dramaturgie Szene 29 und Synopse 2) und eine klei- ne Szene in der der “Big Boss” den Gerichtsprozess vor seinem Fernsehen verfolgt (siehe Dramaturgie Szene 37). Kazan will eine Filmästhetik, die stark nach italienischem Neorealismus aus- sieht und Kameramann Boris Kaufman macht schonungslose Abbilder der

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Die Faust im Nacken Abb. 5-7 © 1954 renewed, 1982 Columbia Pictures

Realität des Slums von New York. Die Art seiner direkten Darstellung hat einen starken neorealistischen Touch, der für seine Zeit an einem fast dokumentarischen Stil grenzt. Das größte Problem beim Dreh ist die Kälte, die bei den Dreharbeiten herrscht, ein besonders rauer New Yorker Winter.

Kazan meint später, dass die schwierigste Sache für ihn als Regisseur ist, dafür zu sorgen, dass die Darsteller zur Arbeit kommen, denn es ist extrem kalt. Der Film kommt am 29. Juli 1954 in die Kinos und wird ein Riesenerfolg.

2.2 Set Design / Ausstattung

Kazan meint: „ Selbst in der realistischsten Hollywood-Produktion sehen die Leute rosig gebräunt und gesund wie Filmstars aus.” Er will die verhärmte Blässe dieser Menschen, während sie gegen Kälte kämpfen, weil sie auf der selben Straßen im selben miserablen Wetter sind.

Authentisch wie möglich ohne jegliche Schminke oder Makeup. Richard Day ist der Mann, der für die Ausstattung des Filmes zuständig ist.

Bei der Taxiszene muss improvisiert werden, denn Sam Spiegel ist nicht bereit eine Rückprojektion zu bezahlen. Jemand kommt auf die Idee eine Auto- Jalousie im hinteren Auto Fenster einzu- bauen und so wird die Szene gedreht. Viele Ausstattungsideen kommen direkt aus dem Drehbuch von Budd Schulberg,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Faust im Nacken Abb. 8-9 © 1954 renewed, 1982 Columbia Pictures

wie die Aufschrift „Golden Warriors” auf den Jacken der zwei Jungs. Eigentlich sollen diese eine geschlossene uniformierte Umgebung darstellen. Eine Gesellschaft, die nur Ihres Gleichen akzeptiert und nur ihre Lebensregeln und eigene Konventionen kennt. Es ist der junge Jimmy, der am Anfang Terry noch so idealisiert und verherrlicht. Und es ist auch Jimmy, der später alle Tauben umbringt, weil Terry seine „Freunde” verraten hat. Johnny Friendly ist nur ein Prototyp dieser korrupten gewaltsamen Umgebung. Während er einen Kinderwagen in seiner Bar schaukelt, erzählt er über seine verlore- ne Kindheit. In dem dunklen Raum

sehen wir Betrunkene und trostlose Gesichter der Gangster sowie die Bilder von Schiffen und Boxern in Posen. Schließlich zeigt er uns eine Narbe am Hals als Andenken für das Erkämpfen seiner Position als Gewerkschaftsboss. Er kann nicht anders, denn genau wie diese zwei Jungen in uniformierten Jacken, so ist auch er in so einer Gesellschaft aufgewachsen und hat nie eine andere Welt kennengelernt. Der

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Faust im Nacken Abb. 10-11 © 1954 renewed, 1982 Columbia Pictures

[...]


1) Kazan ist einer der namhaftesten Prominenten, die während der Kommunistenjagd der frühen fünfziger Jahre zu Informanten werden. Bei seinem ersten Termin vor dem „Ausschuß für unamerikanische Umtriebe" (HUAC) am 14. Januar 1952 weigert er sich noch „Namen zu nennen"; jedoch am 10. April erscheint Kazan erneut vor dem Ausschuß und identifiziert außer einigen Parteifunktionären acht seiner Kollegen, darunter auch Arthur Miller, die Mitte der dreißiger Jahre mit ihm zusammen in der Kommunistischen Partei Mitglied waren. Seine Aussage zerstört die Karriere und das Leben mehrerer Personen und trägt dazu bei, dass die schwarze Liste von Hollywood erstellt wird. Kazans Entscheidung, mit dem HUAC zusammenzuarbeiten, veranschaulicht den Teufelspakt, den ein bedeutender Teil der Filmgemeinde und der amerikanischen liberalen Intelligenz in dieser Periode eingeht.

2) Die Artikel werden 1948 in New York Sun veröffentlicht und stammen von Malcolm Johnson. Die 24 Artikel bringen dem Reporter den Pulitzer-Preis ein und machen die amerikanische Öffentlichkeit, bestärkt durch die Ermordung eines New Yorker Hafenarbeiters auf die Morde, harten Arbeitsbedingungen13 und Erpressungen aufmerksam, die im New Yorker Hafenviertel zum Alltag gehören.

Ende der Leseprobe aus 60 Seiten

Details

Titel
Das amerikanische Kino in Zeiten politischer Verfolgung
Untertitel
Zu Elia Kazan’s „Die Faust im Nacken“ (On the Waterfront)
Hochschule
Fachhochschule Dortmund
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
60
Katalognummer
V201617
ISBN (eBook)
9783656281283
ISBN (Buch)
9783656281566
Dateigröße
4199 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Elia Kazan, Marlon Brando, Viktor Gasic, On the Waterfront, Faust im nacken, Eva Maria Saint, Budd Schulberg, Boris Kaufman
Arbeit zitieren
Viktor Gasic (Autor:in), 2006, Das amerikanische Kino in Zeiten politischer Verfolgung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201617

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