Die Entwicklung des Ironieverständnisses und seine Bedeutung für den pädagogischen Kontext


Seminararbeit, 2012

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1 Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Ironie - eine Einordnung und Definition

3 Die Entwicklung des Ironieverständnisses
3.1 Die Variablen des Ironieverständnisses
3.2 Die Grundkomponenten des Ironieverständnisses
3.2.1 Das Gehirn
3.2.2 Das soziale Lernen
3.3 Die Prozesse des Ironieverständnisses
3.4 Der sozial-kommunikative Aspekt – nett, gemein, witzig
3.5 Der weitere Forschungsbedarf

4 Der Pädagogischer Kontext der gewonnenen Erkenntnisse

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

7 Anhang

1 Einleitung

Zwei Menschen reden. Sie bedienen sich derselben Sprache und sie sprechen über das gleiche Thema. Plötzlich sagt einer der beiden das genaue Gegenteil dessen was er eigentlich meint. Dennoch will er den anderen nicht täuschen, sondern will sogar verstanden werden. Das bemerkenswerteste an dieser Situation: der andere versteht trotz der gegenteiligen Worte, was sein Gesprächspartner ihm eigentlich sagen will. Die Ironie des anderen, wurde als solche aufgefasst.

Das Abweichen der eigentlichen Botschaft von der wörtlichen Aussage des Sprechers macht diese Form der Kommunikation nicht nur für die Linguistik, Soziologie und Sprachpsychologie interessant. Gerade durch die Herausbildung des Ironieverständnisses im Kindesalter fällt diese Thematik auch ins Forschungsgebiet der Entwicklungspsychologie und der Pädagogik. Ironieverständnis ist dem Menschen nicht angeboren und doch wird es bei vielen Menschen tagtäglich gefordert. Doch eben aufgrund des Gegensatzes zwischen wörtlicher Botschaft und tatsächlicher Meinung besteht die Gefahr, vollkommen falsch verstanden zu werden. In vielen sozialen Beziehungen ist Ironie dennoch etwas vollkommen Normales. Das gilt auch für die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern oder von Schülern untereinander.

Diese mit der Normalität Hand in Hand gehende Gefahr, wirft Fragen auf, deren Beantwortung sich diese Arbeit zum Ziel gesetzt hat. Die zentrale Fragestellung ist dabei folgende: Wie entwickelt sich das Ironieverständnis im Kindesalter bis in die Schulzeit hinein? Dabei soll geklärt werden, ob die Entwicklung geradlinig oder stufig verläuft. Was weiß die Wissenschaft über das Zustandekommen des Ironieverständnisses beim Menschen und gibt es Unterschiede zwischen internen Variablen? Da diese Arbeit auch den Anspruch erhebt, einen pädagogischen Nutzen aus den gewonnenen Erkenntnissen abzuleiten, wird ebenfalls geklärt, worauf beim Umgang mit Ironie im Kontext pädagogischen Handelns geachtet werden muss. Beginnend muss daher jedoch zuerst eine grundsätzliche Frage beantwortet werden: Was ist überhaupt unter Ironie zu verstehen?

Auf den Einfluss des Gehirns auf die Entwicklung des Ironieverständnisses wird hingegen nur sehr kurz eingegangen und die Sprachentwicklung im Allgemeinen bleibt vollkommen unbehandelt in dieser Arbeit.

Die Literatur- und Forschungslage hierzu ist breit und wurde auch in den letzten Jahren durchaus ausgeweitet. Gerade aufgrund dieses anhaltenden und auch aktuellen Interesses an der Thematik stützt sich diese Arbeit deshalb vorrangig auf zwei aktuelle Studien von Pexman und Glenwright (2007) bzw. von Filippova und Astington (2010), die das Ironieverständnis im Kindesalter untersuchten. Dank dieses Forschungszweiges liegen bis zum heutigen Zeitpunkt bereits sehr viele Erkenntnisse zum Ironieverständnis vor, die als gesichert gelten können. Trotzdem bleiben noch immer Lücken zu füllen und weiterführende Fragestellungen zu untersuchen.

Diese Fragestellungen werden am Ende der Betrachtung der Entwicklung des Ironieverständnisses zusammengetragen. Zuvor erfolgt jedoch eine Definition des Ironiebegriffs, indem er operationalisiert und gegen den Begriff der Lüge abgegrenzt wird. Um im Anschluss daran die Entwicklung des Ironieverständnisses nicht nur als Gesamtkonzept, sondern auch im Detail betrachten zu können, folgt eine Darstellung der entscheidenden Variablen. Schließlich wird eine Einordnung der Erkenntnisse zum Ironieverständnis in den pädagogischen Kontext vorgenommen, um Gefahren und Chancen der Ironie aufzuzeigen, bevor die Ergebnisse in einem Schlusskapitel noch einmal zusammengefasst werden.

2 Die Ironie – Eine Einordnung und Definition

Um sich mit dem Ironieverständnis auseinanderzusetzen, muss zunächst geklärt werden, was genau unter Ironie verstanden wird und wo sie psychologisch einzuordnen ist.

Ironie stellt einen wichtigen Teil der menschlichen Konversation dar und wird täglich (zumindest in der Welt der Erwachsenen) gebraucht und verstanden (vgl. Filippova & Astington, 2010). Psychologisch gesehen fällt sie in das Feld der sozialen Kognition, wie diese von Silbereisen und Ahnert (2002) nach Shantz (1982) definiert wurde. Dabei werden sowohl vom Produzenten als auch vom Rezipienten der ironischen Aussage „maximale kognitive Aktivität“ (Groeben & Scheele, 1984, S. 11) gefordert. Schließlich ist es nicht nur erforderlich die Gedanken eines anderen in sich selbst zu repräsentieren, sondern sie auch noch zu interpretieren (vgl. Filippova & Astington, 2010).

Dabei wird Ironie in dieser Arbeit als eine ganz bestimmte sprachliche Handlung verstanden, die zwischen mindestens zwei Menschen stattfinden muss. Sonderformen von Ironie bleiben in dieser Arbeit unbetrachtet und müssen von der behandelten Thematik abgegrenzt werden.

Deshalb werden alle Phänomene einer ironischen Relation, die nicht sprachlicher Natur sind, wie die sogenannte „Ironie des Schicksals“ (vgl. Groeben & Scheele, 1984), ausgeschlossen.

Selbstironie stellt hierbei einen besonderen Fall dar. Sie kann sich auf zwei Arten äußern: dialogisch[1] und nichtdialogisch[2] . Ob sich diese beiden Arten tatsächlich unterschiedlich auswirken oder aber die Selbstironie ein ganz eigenes Feld darstellt, ist unklar und bislang nicht eigenständig untersucht worden. Um eine eventuell fälschliche Generalisierung zu vermeiden, wird die Selbstironie deshalb in dem hier gewählten Kontext vernachlässigt, bzw. wird davon ausgegangen, dass selbstironische Fähigkeiten in dem Moment erworben sind, da auch das Ironieverständnis herausgebildet ist.

Von Interesse ist stattdessen die Ironie in alltagssprachlicher Kommunikation. Um die Ironie abzugrenzen bieten Groeben und Scheele (1984) nach Knox (1973) vier Hauptversionen der Definition:

„[1] das Gegenteil von dem zu sagen, was man meint; [2] etwas anderes sagen, als man meint; [3] tadeln durch falsches Lob und Lob durch vorgeblichen Tadel; [4] jede Art des Sich-Lustigmachens und Spottens“ (S. 3).

Abgesehen von jenem vierten Punkt, welcher bezogen auf Ironie ganz eindeutig falsch ist[3] , stellen diese Punkte auch in aktuellen Studien noch die Indikatoren für ironische Aussagen dar (vgl. Pexman & Glenwright, 2007; Filippova & Astington, 2010). Dies zeigt, dass der Begriff Ironie seit beinahe vierzig Jahren in seiner Bedeutung für die Gesellschaft konsistent geblieben ist, weshalb jene Kriterien zur Entwicklung einer passenden Instrumentalisierung des Begriffs geeignet erscheinen.

Der Begriff der Ironie ist dabei vor allem vom Begriff der Lüge zu unterscheiden. Lallis (2009) hat sich aus pädagogischer Sicht umfänglich mit der Lüge auseinandergesetzt und folgende Definition dabei zugrundegelegt:

„Die Lüge ist eine Äußerung, die nicht der Wahrheit entspricht und mit der Absicht zu täuschen gemacht wird. Die falsche Behauptung weicht dabei vom Wissensstand des Aussagenden ab.“ (S. 1)

Dies ist eine kurze Definition, die als Spannungsbegriff zur Wahrheit auf den ersten Blick auch der Ironie entsprechen mag, jedoch einen wichtigen Unterschied beinhaltet. Die Täuschungsabsicht ist das entscheidende Kriterium, um die Lüge von der Ironie abzugrenzen. Eine ironische Äußerung bezweckt im Gegenteil zu einer Lüge nämlich die Enthüllung und sogar die ausdrückliche Betonung der Wahrheit. Darüber hinaus simuliert ein Lügner eine propositionale Einstellung, während Ironie nur die Simulation sprachlicher Handlung umfasst, wie Krüger (2011) nach Lapp (1997) feststellt.

Unter Ironie wird deswegen ein Akt des Informationsaustausches verstanden, dem ein Informationsinput vorausgeht, der nicht zwingend sprachlicher Natur sein muss (Bsp.: Eine Filmszene wird gezeigt, in der ein Junge ausgesprochen schlecht oder eben gut Fußball spielt), dem aber ein dialogisch sprachlicher Ironie-Output folgt. Dieser Output definiert sich als eine Aussage, welche die eigentliche Meinung nicht wörtlich wiederspiegelt, jedoch implizit oder unterschwellig offenbaren und betonen will. Das Interesse dieser Arbeit liegt dabei auf dem Verständnis des Rezipienten dieses Outputs.

Nun bleibt die Frage, weshalb Menschen sich überhaupt die Mühe machen, sich mit Ironie auseinanderzusetzen, bzw. weshalb ihr Verstand nicht einfach die wörtliche Botschaft übernimmt, ohne nachzudenken. Eine Erklärung hierfür ist, dass eine Aussage nichtwörtlicher Natur eine Diskrepanz und Dissonanz zu ihrem Kontext auslöst. Dies ruft im Menschen die Motivation hervor, die Diskrepanz aufzulösen (vgl. Filippova & Astington, 2010).

3 Die Entwicklung des Ironieverständnisses

3.1 Die Variablen des Ironieverständnisses

Der Entwicklung des Ironieverständnisses in der Kindheit haben sich sowohl Pexman und Glenwright (2007), als auch Filippova und Astington (2010) gewidmet. Sie testeten dabei Kinder in unterschiedlichen Altersklassen, wobei Filippova und Astington noch eine Kontrollgruppe aus Erwachsenen hinzuzogen. Während Pexman und Glenwright jedoch mit Kindern im Alter von sechs Jahren begannen, untersuchten Filippova und Astington bereits Kinder im Alter von fünf Jahren. Wie unter 2. bereits erwähnt, nutzten Pexman und Glenwright dabei ironische Komplimente sowie ironische Kritik, welche von Filippova und Astington noch in Aussagen unterteilt wurden, die entweder der tatsächlichen Meinung entgegenstanden oder aber diese als Indikatoren für ironische Aussagen in übertriebener Form darstellten. Ironische Komplimente meinen hierbei eine negative Aussage gegenüber einer anderen Person, hinter der sich ein Kompliment verbirgt. Ironische Kritik bezeichnet demnach eine positive Aussage, die eine Kritik verschleiert.

[...]


[1] Person 1: „Du bist echt wahnsinnig langsam.“; Antwort Person 2: „Ja. Ich habe auch wirklich Mühe nicht ausversehen stehenzubleiben.“

[2] Eine Werbung für die Automarke Renault: Ein Renault Auto soll im Windkanal vermessen werde, doch noch bevor dies geschehen kann, wir das Auto nach hinten weggeblasen, womit gezeigt werden soll, wie leicht der Wagen ist.

[3] Spotten oder Sich-Lustigmachen umfassen auch schlichte Beleidigungen, die keinerlei Ironie beinhalten, sondern oftmals einfach nur Tatsachen in einem negativen Zusammenhang darstellen.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung des Ironieverständnisses und seine Bedeutung für den pädagogischen Kontext
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Psychologie)
Veranstaltung
Kognitive Entwicklung im Kindes- und Jugendalter
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
20
Katalognummer
V201107
ISBN (eBook)
9783656270652
ISBN (Buch)
9783656271314
Dateigröße
558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Psychologie, Entwicklung, Entwicklungspsychologie, Ironie, Ironieverständnis, Kindesalter, Jugendalter, soziales Lernen, Gehirn, sozial, kommunikativ, Kommunikation, sozial-kommunikative Aspekte, Pädagogik, Lehrer, Schule, Schüler
Arbeit zitieren
Jan Seichter (Autor:in), 2012, Die Entwicklung des Ironieverständnisses und seine Bedeutung für den pädagogischen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201107

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