Wortschatzförderung mehrsprachiger Kindergartenkinder. Theoretische und praktische Anregungen


Masterarbeit, 2012

191 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Wortschatzerwerb
2.1 Wortschatz und Wissen
2.2 Die Bedeutung symbolischer Prozeduren für das sprachliche Handeln
2.3 Die Organisation des mentalen Lexikons

3 Handlungsorientierte und mehrdimensionale Wortschatzarbeit: Ein Projekt zum Thema „Körper“ mit mehrsprachigen Kindern einer Kindertagesstätte in Dortmund
3.1 Projektziel
3.2 Zielgruppe
3.3 Thema des Projekts
3.4 Der zu erwerbende Wortschatz
3.5 Didaktisch-methodische Überlegungen
3.5.1 Zusammensetzung der Lerngruppe
3.5.2 Grundprinzipien
3.5.2.1 Vorwissen aktivieren – Motivierend planen
3.5.2.2 Vom Einfachen zum Komplexen
3.5.2.3 Mediales Lernen
3.5.2.4 Wertschätzung
3.5.3 Methodische Überlegungen
3.5.3.1 Wortschatz und Bewegung
3.5.3.2 Wortschatz und Musik
3.5.4 Einbezug der Eltern
3.5.5 Material
3.6 Voraussetzungen zur Durchführung und struktureller Rahmen der Lernszenarien
3.7 Anlage der empirischen Untersuchung
3.7.1 Planung des methodischen Vorgehens – Die Tests
3.7.2 Erhebungsverfahren
3.7.3 Gütekriterien
3.7.4 Datenaufbereitung
3.8 Auswertung der Daten
3.8.1 Einzelfallanalyse Arvid
3.8.2 Einzelfallanalyse Onur
3.9 Gesamtauswertung der Testergebnisse und des Projekts

1 Einleitung

Die Bedeutung sprachlicher Kompetenz ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend in den Fokus bildungstheoretischer wie pädagogischer Aufmerksamkeit geraten. Man ist sich inzwischen einig, dass Sprache nicht nur Kommunikationsmedium ist, sondern darüber hinaus den Schlüssel zum Wissen und damit zum Bildungserfolg darstellt. Die Grundlage dafür lieferten die Erkenntnisse aus den beiden PISA Studien aus den Jahren 2000 und 2009, bei denen der Schwerpunkt auf die Lesekompetenz von Jugendlichen im Alter von 15 Jahren gesetzt wurde. Schülerinnen und Schüler[1], die in Deutschland getestet wurden, zeigten in beiden Untersuchungen durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Leseleistungen. Diese drückten sich in der mangelnden Kompetenz aus, aus Texten Informationen zu entnehmen, die für das Verstehen erforderlich sind.[2] Fast ein Viertel dieser Schüler konnte 2000 lediglich auf einem elementaren Niveau lesen (ebd.), im Jahr 2009 waren es immerhin noch 18%.[3] Wenn man bedenkt, dass jegliches Wissen in der Schule in Form von Texten vermittelt wird, werden die weitreichenden Konsequenzen dieser Ergebnisse deutlich: Schülern mit mangelnder Lesekompetenz bleibt der Zugang zu neuem Wissen verwehrt.

Die Studien zeigten beide, dass es zum einen Kinder aus der Arbeiterschaft waren, die besonders desolate Ergebnisse erzielten. Schon in den 70ern hatte der Soziolinguist Basil Bernstein den Zusammenhang zwischen Schichtzugehörigkeit und Sprachkompetenz erkannt (vgl. Glinz 2003: 25). Auch 40 Jahre später scheint sich an dieser Tatsache wenig geändert zu haben. Darüber hinaus hat man weiterhin festgestellt, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders schlechte Ergebnisse erzielten.[4] Von allen getesteten Schülern wiesen sie den höchsten Anteil auf, wenn es um die Gruppe ging, deren Leseleistungen unterhalb der niedrigsten Kompetenzstufe lagen.[5] Interessant ist, dass sich der Unterschied relativiert, kontrolliert man die Lesekompetenz, was den Rückschluss zulässt, dass „die Sprachkompetenz die entscheidende Hürde in ihrer Bildungskarriere“ (ebd.) darstellt.

Die Bedeutung von Sprache für den Bildungsprozess sowie die Notwendigkeit zur frühen Förderung ist im Zuge dieser Studien erkannt worden. Kinder mit Migrationshintergrund haben aufgrund ihrer anderen Muttersprache einen besonderen Förderbedarf, wenn es um den Erwerb deutschsprachiger Kompetenzen geht. Wenn man bedenkt, dass in Deutschland ein Drittel aller Kinder unter fünf Jahren einen Migrationshintergrund haben, wird deutlich, dass es sich nicht um eine Minderheitengruppe handelt (vgl. Wilmes 2011: 66). Darüber hinaus konnten weitere Studien belegen, dass zweisprachig aufwachsende Kinder unter entsprechenden Bedingungen in der Zweitsprache muttersprachliches Niveau erreichen können, wenn eine Förderung bereits vor Eintritt in die Grundschule stattfindet (vgl. Grießhaber 2010: 181). Um etwaigen Benachteiligungen dieser Kinder frühzeitig entgegenzuwirken, wurden daher in den vergangenen Jahren bundesweit diverse Sprachstandserhebungsverfahren entwickelt, um sprachliche Kompetenzen, bzw. Förderbedarfe rechtzeitig zu erkennen.[6] Im Zuge dessen rückte der Elementarbereich immer mehr in den Vordergrund, denn man erkannte, dass Bildung nicht erst in der Schule beginnt, sondern die für das Lernen elementaren Grundsteine bereits im Kindergartenalter gelegt werden (vgl. Roth 2008: 22). Diesbezüglich wurde eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Schulen und Kindergärten gefordert, um Bildungschancen auszuschöpfen und dadurch rechtzeitig auf den Übergang in die Schule vorzubereiten. In NRW hat man 2003 entsprechende Bildungspläne aufgestellt, die u.a. „Sprache und Kommunikation“ als einen Bildungsbereich aufnahmen.[7] Ähnliche Rahmenvorgaben finden sich auch für die anderen Bundesländer.

Betrachtet man die Überlegungen sowie Veränderungen im Elementarbereich seit der Veröffentlichung der ersten PISA Studie, so ist es verwunderlich, dass sich hinsichtlich der Lesekompetenzen keine gravierenden Veränderungen gezeigt haben. Trotz vermehrter Sprachstandserhebungsverfahren sowie frühzeitiger Fördermaßnahmen bereits im Kindergartenalter haben sich deutsche Schüler hinsichtlich ihrer Leseleistungen nicht signifikant verbessert. Ein Grund ist möglicherweise die Tatsache, dass Kindergärten einen eigenständigen Bildungsauftrag haben und somit im Gegensatz zu Schulen zu so genannten „non-formalen Bildungssettings“ gehören (vgl. Briedigkeit 2011: 80f). Dies bedeutet, dass Bildungspläne, wie sie in NRW eingeführt wurden, eine Art Leitlinie darstellen, die jedoch nicht verbindlich ist. Hinzu kommen die mangelnden Kenntnisse der jeweiligen Fachkräfte darüber, was genau und wie gefördert werden soll. Es ist zwar immer wieder die Rede davon, Kinder in ihrem Handeln sprachlich zu begleiten (vgl. Leist 2003: 674), jedoch reicht dies insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund im Hinblick auf die Schule nicht aus. Dabei wurde bereits in weiteren Untersuchungen, die sich an die PISA Studien anschlossen, erkannt, dass der […] Rückstand der SuS mit Migrationshintergrund beim Leseverstehen in der Zweitsprache mit einem deutlich geringeren Umfang des Lexikons zusammenhängt (vgl. Reich 2008: 168).

Dennoch scheint der Fokus auf eine gezielte Wortschatzarbeit bislang wenig verbreitet. Aufgrund der hier erwähnten Unverbindlichkeit wie auch „Ziellosigkeit“ werden im Elementarbereich bis heute vielfach wertvolle Chancen vertan, was sich massiv negativ auf den weiteren Werdegang der betroffenen Kinder auswirken kann.

Die hier vorliegende Arbeit setzt sich vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse mit der Sprachförderung, insbesondere mit der Wortschatzarbeit im Elementarbereich auseinander. Da qualitative Untersuchungen zur Wortschatz- und Bedeutungsentwicklung nach wie vor „Desiderata der Forschung“ (vgl. Apeltauer 2006b: 30) sind, geht diese Arbeit folgender Frage nach:

Inwiefern kann der Wortschatz von Kindern mit Migrationshintergrund im Elementarbereich im Zuge handlungsbegleitender und mehrdimensionaler Lernszenarien verändert werden und somit zu sprachlicher Handlungskompetenz positiv beitragen?

Wie die Forschungsfrage deutlich macht, liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf dem Wortschatzerwerb. Grund dafür ist die Ansicht, dass der Wortschatz nicht nur für den Erwerb sprachlicher Kompetenzen wichtig ist, sondern auch für den Wissensaufbau im Allgemeinen. Damit kommt ihm gleichzeitig eine zentrale Rolle für das schulische Lernen zu, bei dem der Aufbau neuen Wissens zum Alltag gehört.

Kapitel 2 gibt zunächst einen Überblick über die theoretischen Grundlagen und stellt diesbezüglich folgende Thesen auf:

1. Der Wortschatz stellt den wichtigsten Bereich sprachlicher Handlungskompetenz dar, da er Zugang zum Wissen und damit zur Welt schafft. (Kapitel 2.1)
2. Einzelne Wörter sind, je nach dem, welche Funktion sie erfüllen, unterschiedlich bedeutsam für die sprachliche Handlungskompetenz. (Kapitel 2.2)
3. Das mentale Lexikon weist eine inhärente Struktur auf, die für die Gestaltung von Lernszenarien bei der Wortschatzarbeit eine bedeutsame Rolle erfüllt. (Kapitel 2.3)

Das 3. Kapitel stellt eine praktische Umsetzung vor, die auf den in Kapitel 2 dargestellten theoretischen Grundlagen sowie den daraus resultierenden Thesen gründet. Im Zuge dessen soll dabei auch die dieser Arbeit zu Grunde liegende Forschungsfrage erörtert werden:

Welche Veränderungen im Wortschatz lassen sich bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache im Elementarbereich nach gezielter und mehrdimensionaler Wortschatzarbeit feststellen?

Diesbezüglich stellen Kapitel 3.1 bis 3.6 ein Wortschatzprojekt zum Thema „Körper“, das über 6 Wochen mit Kindern mit Migrationshintergrund in einer Dortmunder Kindertagesstätte durchgeführt wurde, sowie alle diesbezüglich gemachten Umsetzungsüberlegungen vor. Die empirischen Erhebungen zur Messung von Wortschatzveränderungen werden in Kapitel 3.7 erläutert. Nach der Auswertung der Testergebnisse, die in Kapitel 3.8 exemplarisch in Form von zwei Einzelfallanalysen präsentiert werden, wird in Kapitel 3.9 eine Gesamtauswertung des Projekts sowie der Testergebnisse dargestellt. Abschließend gibt Kapitel 4 einen Ausblick auf Umsetzungsmöglichkeiten der Wortschatzarbeit in der Schule und grundsätzliche Überlegungen zum Umgang mit DaZ-Lernern.

2 Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Wortschatzerwerb

Die folgenden Kapitel geben einen Überblick über die bisherigen Forschungsergebnisse zum Wortschatzerwerb. Diesbezüglich stellt Kapitel 2.1 vor, wie Wörter erworben werden und in welcher Weise sich Wissen über die Welt im Wortschatz widerspiegelt. Kapitel 2.2 beschäftigt sich anschließend mit der Frage, inwiefern einzelne Wörter bzw. Wortarten eine besondere Rolle im Wortschatzerwerb übernehmen. Es verweist auf die Felderlehre Karl Bühlers und stellt vor dem Hintergrund dieser Theorie bedeutsame Wörter und deren Funktionen vor. Abschließend gibt Kapitel 2.3 einen Einblick in die Struktur und Organisation des mentalen Lexikons und beschreibt, wie neue Wörter in unserem Gedächtnis abgespeichert werden. Gemeinsam stellen die folgenden Kapitel die theoretische Basis für die Überlegungen zur praktischen Umsetzung dar, die anschließend in Kapitel 3 vorgestellt werden.

2.1 Wortschatz und Wissen

Der Wortschatz als der Kern sprachlichen Handelns (vgl. Ulrich 2011b: 19) gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Interesse der Forschung. Dies ist nicht immer so gewesen. Das komplexe System „Sprache“ setzt sich aus vier verschiedenen Ebenen - der Grammatik, der Semantik, der Prosodie und der Pragmatik - zusammen (vgl. Selimi 2010: 17). Lange Zeit waren Sprachtheoretiker der Ansicht, dass die Grammatik im Zentrum erfolgreichen sprachlichen Handelns stünde. Dies hatte zur Folge, dass in erster Linie grammatikalische Phänomene untersucht und die Satzlehre in den Didaktiken der Unterrichtssprache fokussiert wurden (vgl. Ulrich 2011b: 18). Im angehenden 21. Jahrhundert fand schließlich ein Wandel statt. Nicht mehr die Grammatik, sondern die Semantik, das heißt die Bedeutungslehre und damit einhergehend der Wortschatz rückten zunehmend ins Zentrum der Betrachtung von Sprache und Sprachkompetenz. Man geht davon aus, dass sich die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks aufbaut aus der Bedeutung der Teile und der Art, wie der komplexe Ausdruck daraus gebaut ist. (Linke/Nussbaumer/Portmann 2004: 157)

Die syntaktischen Beziehungen, das heißt die Art der Anordnung der Wörter, sind daher von großer Bedeutung. Allerdings heißt es weiterhin: „Das impliziert, dass es Grund-Bauelemente geben muss“ (ebd.: 158). Diese Grund-Bauelemente sind die Wörter selbst. Sie setzen ein reales Objekt mit einer Vorstellung in Beziehung (vgl. ebd. 153).

Man besinnt sich damit zurück auf den im Ursprung von de Saussure im Jahre 1916 dargestellten Kern der Sprache - der arbiträren Zuordnung von einem Lautbild zu einer Vorstellung (vgl. De Saussure 1916: 49) - den Linke/Nussbaumer/Portmann (2004: 153) folgendermaßen darstellen:

Das zentrale Charakteristikum von Sprache, ihr Existenzgrund sozusagen, liegt in ihrer Bedeutsamkeit: in der Tatsache, dass Sprachzeichen Bedeutung haben und dass wir im Sprechen oder Schreiben etwas mitteilen können.

Während de Saussure in seinem Zeichenmodell die reale Welt noch ausblendet, wird diese später im semiotischen Dreieck von Odgen und Richards mit einbezogen. Damit verdeutlichen sie, inwiefern die Welt in der Sprache eine bedeutsame Rolle spielt. Das, was wir in der Welt und in der Auseinandersetzung mit der Welt wahrnehmen, wird in Form einer mentalen Repräsentation gespeichert. Diese ist eine „kognitive oder geistige Struktur“ (Szagun 2006: 132), in der sich „kategoriales Wissen über die Welt“ (Jeuk 2003: 78) spiegelt. Man bezeichnet diese mentale Struktur auch als „Begriff“. Durch die Zuordnung eines sprachlichen Ausdrucks einem Begriff wird es den Sprechern einer Sprache möglich, miteinander zu kommunizieren. Dass dies sogar ohne Beachtung syntaktisch-morphologischer Ausdifferenzierungen möglich ist, zeigt der kindliche Spracherwerb. Kinder benutzen diejenigen Wörter zuerst, die sich auf ihre Erfahrungen mit Personen oder Gegenständen des unmittelbaren Umfeldes beziehen (vgl. Szagun 2006: 115). Das tun sie meist in unflektierter Form. Dennoch ermöglicht diese rudimentäre Art der Verständigung den aktiven Einstieg in die Sprachgemeinschaft, da sie auf der Basis gemeinsamer konzeptueller Repräsentationen erfolgt (vgl. Komor 2008: 51). Dies verdeutlicht die Bedeutung des Wortschatzes gegenüber der Grammatik.

Das Wort setzt somit das reale Objekt mit einer Vorstellung über dieses Objekt in Beziehung (vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 2004: 153). Diese Vorstellungen bilden sich individuell aufgrund unserer Erfahrungen mit der Welt aus und werden in Form von Wissen gespeichert (vgl. Apeltauer 2006b: 20). Je mehr Erfahrungen wir in der Welt sammeln, desto größer ist unser Weltwissen und desto größer auch das daran gebundene sprachliche Repertoire. Sprache ist jedoch nicht bloß erforderlich, um Gedachtes zu artikulieren, sondern auch für das Denken selbst. Wann immer wir denken, operieren wir mit Bedeutungen (vgl. Bohn 1999: 27), so dass Wörter unser „Denkwerkzeug“ (Steinhoff 2009: 12) darstellen. Auf diese Weise wird der Zusammenhang zwischen Sprache, Denken und Welt deutlich. Wann immer wir also etwas zum Ausdruck bringen wollen, haben wir eine Vorstellung, einen Begriff von einer Sache, die wir auf der Basis einer gemeinsamen Vorstellung mit unserem Gegenüber in Form eines sprachlichen Ausdrucks kommunizieren können.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass es sich beim Wortschatz wahrhaftig um eine Art „Schatz“ handelt. Der Duden definiert „Schatz“ als „wertvolles (materielles oder geistiges) Gut, wertvoller Bestand an (materiellen oder geistigen) Gütern“ (Duden 1999). Dass Wörter einen wertvollen Bestand an geistigen Gütern darstellen, wurde ebenfalls bereits von de Saussure erkannt und folgendermaßen umschrieben:

Wenn wir die Summe der Wortbilder, die bei allen Individuen aufgespeichert sind, umspannen könnten, dann hätten wir das soziale Band vor uns, das die Sprache ausmacht. Es ist ein Schatz, den die Praxis des Sprechens in den Personen, die der gleichen Sprachgemeinschaft angehören, niedergelegt hat […] (De Saussure 1916: 45)

Dass diesem „Wort-Schatz“ eine besondere, wertvolle Bedeutung zukommt, wird daran deutlich, dass, wann immer wir mit Sprache konfrontiert werden, zuallererst ein Zugriff auf diesen erfolgt. Unser mentales Lexikon speichert alle Wörter, die uns bekannt sind (vgl. Apeltauer 2010: 239). Jegliche Information, die wir erhalten, wird hier zunächst dekodiert, d.h. die Bedeutung der Wörter, die in der Information enthalten sind, wird entschlüsselt. Auf dieser Basis findet dann die Informationsverarbeitung statt. Problematisch wird es, und das macht den Wert des Wortschatzes aus, wenn die Bedeutung der Wörter nicht entschlüsselt werden kann, das heißt ein Wort nicht Teil des Lexikons ist. In einem solchen Fall wird die entsprechende Information nicht verarbeitet. Ein größerer Begriffsvorrat ist demnach von Vorteil, um neues Wissen aufnehmen und verarbeiten zu können (vgl. ebd.: 240).

Über die Einheiten des Wortschatzes herrschen unterschiedliche Ansichten vor. Steinhoff spricht von „einem Spektrum von Ausdrücken unterschiedlicher Kerngröße“ und nimmt damit Wörter ebenso wie Wendungen und Konstruktionen in den Wortschatz mit auf (vgl. Steinhoff 2009: 57). Schindler spricht je nach Grundeinheit von unterschiedlichen Schätzen (vgl. Schindler 2002: 38). Als Sprachschatz bezeichnet er, was Steinhoff unter Wortschatz versteht, wohingegen er für den Terminus Wortschatz das Lexem als Grundeinheit betrachtet (ebd.). Ebenso wie bei Schindler und Ekinci-Kocks (2011: 23) wird im Zuge dieser Arbeit das Lexem als Grundeinheit des Wortschatzes betrachtet. Dabei ist ein Lexem […] eine Menge, eine Zusammenfassung (man sagt auch Paradigma) verschiedener syntaktischer Wörter, die gewisse wesentliche Dinge gemeinsam haben (Linke/Nussbaumer/Portmann 2004: 63).

Der Wortschatz gleicht damit einem Wörterbuch, das die Wörter einer Sprache, d.h. die Lexeme und nicht die syntaktischen Wörter, auflistet. Unterschiedliche syntaktische Wortformen eines Lexems sind gleichermaßen konzeptuell repräsentiert und werden daher als ein Wort erkannt.

Dieser Schatz umschließt also Wörter, die wir aufgrund von Erfahrungen mit bzw. in unserer Umwelt gesammelt haben und zeichnet dadurch unser Wissen über die Welt aus. Weltwissen und Sprachwissen sind auf diese Weise aneinander gekoppelt: „Wer viel weiß, kennt viele Wörter; und wer einen großen Wortschatz besitzt, verfügt auch über ein umfangreiches Wissen“ (Ulrich 2007: 29). Es sei an dieser Stelle die Bedeutung der Interaktion hervorgehoben, die für die Wissens- und Spracherweiterung erforderlich ist (vgl. Apeltauer 2006b: 17). Als begriffliches Wissen kann nur gespeichert werden, was im Zuge der Interaktion mit der Welt erlebt wurde. Da das begriffliche Wissen die Voraussetzung für die Versprachlichung ist, kann nur „versprachlicht werden, was begrifflich erfasst wurde“ (Apeltauer 2010: 240). Wissen kann also bereits vorhanden sein, wenn eine Versprachlichung noch nicht gegeben ist. Dieses Wissen ist als passiver Wortschatz gespeichert. Will man den Wortbestand einer Person messen, muss man zwischen diesem und dem aktiven Wortschatz unterscheiden, um das Wissen des Sprechers nicht zu unterschätzen.

Für den schulischen Erfolg ist der Wortschatz von großer Bedeutung, was jedoch bislang noch nicht ausreichend berücksichtigt wird. Gerade das begriffliche Wissen wird bei Kindern mit Migrationshintergrund häufig verkannt, da Unterricht ausschließlich in der Zweit- bzw. Fremdsprache Deutsch stattfindet. Haben sie in ihrer Muttersprache bereits konzeptuelle Repräsentationen ausgebildet, so kann es sein, dass ihnen „lediglich“ der entsprechende deutsche Ausdruck dazu fehlt. Die Folge ist, dass solchen Kindern eine geringe kognitive Kompetenz zugesprochen wird – eine self-fulfilling prophecy[8], denn der Zugang zu neuem Wissen bleibt verwehrt, was sich schließlich auf die kognitive Entwicklung tatsächlich negativ auswirkt (vgl. Apeltauer 2010: 240). Ein Bezug zur Muttersprache ist daher wichtig, um das begriffliche Wissen anzuregen und solche Fehlinterpretationen zu vermeiden. Gleichzeitig ist es erforderlich, dass Schüler mit Migrationshintergrund die deutschsprachigen Ausdrücke erwerben, denn andernfalls kann neues Wissen nur schwer erfasst werden. Dies ist gerade mit dem Übergang in die Grundschule von Bedeutung, denn ab diesem Zeitpunkt wird der bis dahin sinnlich-wahrnehmbare Wissenszugang durch einen Wissenszugang abgelöst, der sich durch die Arbeit am Text auszeichnet. Diesbezüglich hat Apeltauer in einer Studie herausgefunden, dass bereits drei Prozent unverstandene Wörter das Textverständnis blockieren (Apeltauer 2010: 240). Lernchancen im Unterricht können auf diese Weise trotz vorhandener kognitiver Kompetenzen in allen Unterrichtsfächern nicht genutzt werden.

Der hier dargestellte Zusammenhang zwischen Wortschatz und Weltwissen soll verdeutlicht haben, dass Wörter keineswegs Lückenfüller syntaktischer Strukturen sind (vgl. Steinhoff 2009: 3), sondern sie im Gegenteil „Aktivposten sprachlicher Kommunikation“ (ebd.) darstellen und damit das „Tor zur Welt“ (Michalak 2009: 34) eröffnen. Das bedeutet, dass ohne einen ausreichenden Wortbestand eine Teilhabe an der Welt unmöglich ist, da der Zugang zu ihr verwehrt bleibt.

Für Schüler kann dies massive Auswirkungen auf die gesamte Schullaufbahn und das sich daran anschließende Berufsleben haben. Sie bleiben trotz ausreichender kognitiver Kompetenzen von einer aktiven Teilhabe am Unterricht ausgeschlossen, was sich im weiteren Verlauf negativ auf die sprachliche und kognitive Entwicklung auswirkt. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass der bisherige Fokus auf die Satzlehre im Unterricht auf den Wortschatz verlagert werden muss, um Lernchancen im Alltag, im Unterricht sowie im Kindergarten entsprechend nutzen zu können.

2.2 Die Bedeutung symbolischer Prozeduren für das sprachliche Handeln

Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Bedeutung des Wortschatzes für das sprachliche Handeln herausgearbeitet wurde, soll nun die Sprache hinsichtlich ihrer Struktur und Funktion betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund soll anschließend die Bedeutung bestimmter Wörter bzw. Wortarten für das sprachliche Handeln abgeleitet werden.

Wie bereits in Kapitel 2.1 dargestellt setzt sich der individuelle Wortschatz einer Person aus den Wörtern zusammen, mit denen diese im Laufe ihres Lebens Erfahrungen gemacht und denen sie eine Bedeutung zugeschrieben hat. Dieser individuelle Wortschatz umfasst einen kleinen Teil dessen, was den gesamten Bestand an Wörtern einer Sprache ausmacht. Hätte der Wortschatz keine inhärente Struktur, die die einzelnen Wörter bündelt, so wäre es für den Sprecher schwer, sich in der großen Menge an Einzelwörtern zurechtzufinden und sich zu verständigen. Die Unterteilung des Wortschatzes in Wortarten ermöglicht es, verschiedene Wörter aufgrund von ähnlicher Form und Funktion zusammenfassen (vgl. Hoffmann 2005: 28). Es gibt in der deutschen Sprache insgesamt 24 verschiedene Wortarten (vgl. Hoffmann 1997: 23). Diese Vielzahl an Wortarten kann man in Strukturwortarten und lexikalische Wortarten unterteilen (vgl. Hoffmann 2007: 3). Die lexikalischen Wortarten, auch Inhaltswortarten genannt, stellen dabei eine offene Gruppe dar, die jederzeit durch neue Wörter erweitert werden kann. Dazu zählen alle Substantive, Verben und Adjektive, die die Hauptwortarten des Deutschen sind (vgl. Eichinger 2007: 143). Sie werden in der genannten Reihenfolge erworben (vgl. Kilian 2011c: 101). Die benennende Funktion, die diesen Wortarten eigen ist, ist ein Grund dafür, weshalb das Inventar ein offenes ist. Als Beispiel seien hier die Substantive genannt. Sie verweisen in der Regel auf Objekte aus der Wirklichkeit (ausgenommen Abstrakta), das heißt sie stellen einen sprachlichen Ausdruck für dieses bereit. Der Terminus „App“ beispielsweise existiert erst, seitdem Mobiltelefone derart weiterentwickelt wurden, dass eine sprachliche Bezeichnung für die technische Neuerung geschaffen werden musste. Als Abkürzung für „Applikation“ wurde der Begriff zur Bezeichnung von Anwendungsprogrammen geschaffen, die auf bestimmte Mobiltelefone heruntergeladen werden können. Die Gruppe der Substantive wurde folglich um das Wort „App“ erweitert.

Den offenen Wortklassen sind Strukturwortarten gegenübergestellt. Alle Wörter außer Substantive, Verben und Adjektive zählen zu diesen so genannten Struktur- oder Funktionswörtern. Anhand der Artikel als Beispiel wird deutlich, warum diese Gruppe ein begrenztes Inventar an Wörtern hat. Die deutsche Sprache verfügt über drei Formen des bestimmten Artikels im Nominativ Singular zur Bestimmung von Nomen, die dem Hörer bereits bekannt sind: der, die und das. Eine Hinzufügung weiterer Formen ist nicht möglich und nicht nötig, da die zuvor genannten Formen für alle Substantive jeglichen grammatikalischen Geschlechts gültig sind.

Die Hauptwortarten Substantiv, Verb und Adjektiv sind Nennwörter, die zumeist eine charakterisierende Funktion erfüllen. Der Sprachtheoretiker Karl Bühler hat sich mit der Funktion der Sprache auseinandergesetzt und diesbezüglich in den 30er Jahren eine Axiomatik eingeführt, die für alle Sprachen der Welt gleichermaßen an Gültigkeit besaß und in ihren Grundzügen bis heute besitzt. Seine Annahme bestand darin, dass Sprache ein „organum“ (Bühler 1965: 25) ist – ein Werkzeug also, mit dessen Nutzung ein Sprecher bestimmte Ziele verfolgt. Er ging von der Existenz zweier Felder aus, die er als Zeigfeld einerseits, bzw. Symbolfeld andererseits bezeichnete. Je nach Ziel, das ein Sprecher mit seiner Äußerung verfolgte, teilte er die sprachlichen Ausdrücke gemäß ihrer Zwecke in eines dieser beiden Felder ein (vgl. ebd: 149f). Die Axiomatik Bühlers ist bis heute gültig, wenngleich sie von Konrad Ehlich dahingehend überarbeitet wurde, dass dieser die bestehende Lehre um drei weitere Felder ergänzte.

Zum heutigen Zeitpunkt umfasst die Felderlehre folglich fünf Felder, innerhalb derer die zugeordneten sprachlichen Ausdrücke unterschiedliche Prozeduren realisieren. Ehlich definiert Prozeduren dabei als „unterschiedliche Typen sprachlicher Tätigkeit […] durch die die Sprecher Verständigung mit den Hörern erzielen“ (Ehlich 2007: 91). Je nach Sprache sind die Wörter verschieden auf die Felder verteilt, die einzelnen Felder selbst hingegen sind sprachübergreifend vorhanden (vgl. Hoffmann 2007: 7). Im Zuge dieser Arbeit interessieren insbesondere die (deutschen) Symbolfeldausdrücke, da sie eine besondere Rolle im Spracherwerb übernehmen. Sie werden häufig durch sprachliches Zeigen, das heißt deiktische Ausdrücke erfasst (vgl. Hoffmann 2005: 1). Daher sollen im Folgenden nur das Zeig- und das Symbolfeld näher beschrieben, das Operations-, Lenk- und Malfeld hingegen nicht näher erläutert werden (Ehlich 2007: 91ff).

Das Zeigfeld wurde in seiner Ursprungsdefinition von Bühler als ein so genanntes „hier-jetzt-ich System der subjektiven Orientierung“ (Bühler 1965: 149) bezeichnet. Damit sind alle Ausdrücke deiktischer Natur gemeint, die sich auf die konkrete Sprecher-Hörer-Situation beziehen (vgl. Hoffmann 2005: 1). Mit der Benutzung eines deiktischen Ausdrucks, wie z.B. hier, richtet der Sprecher die Aufmerksamkeit des Hörers (auch mittels Zeigen) auf ein Objekt, das sich im „gemeinsamen Verweisraum“ (Ehlich 2007: 91) der Interaktanten befindet. Aus diesem Grund realisieren solche Wörter eine zeigende Prozedur.

Des Weiteren sei das Symbolfeld erwähnt, das so genannte Nennwörter umschließt, die den Kontext einer Äußerung herstellen und auf Gegenstände oder Sachverhalte verweisen (vgl. Bühler 1965: 149). Vor diesem Hintergrund realisieren symbolische Ausdrücke benennende Prozeduren, indem sie auf Objekte der Wirklichkeit referieren. Es sind die Autosemantika, darunter in erster Linie Substantive, Verben und Adjektive, die im Deutschen in aller Regel zu den symbolischen Ausdrücken zählen (vgl. Hoffmann 2007: 6). Bühler beschreibt diese als Stämme, die sich aufgrund ihrer grammatikalischen Eigenschaften dem Symbolfeld zuordnen lassen:

1. Stämme mit Genus, die selbständig auftreten können (also als freie lexikalische Morpheme) – SUBSTANTIVE
2. Stämme ohne Genus, die selbständig auftreten können (ADJEKTIVE)
3. Stämme ohne Genus, die nicht selbständig, d.h. nicht ohne Fusion mit operativen oder deiktischen Prozeduren oder Intonationskonturen (Imperativ) auftreten können (VERBALSTÄMME) (Thielmann 2007: 803)

Insbesondere die Symbolfeldausdrücke sind von zentraler Bedeutung für den Spracherwerb und die Wissensverarbeitung (vgl. Hoffmann 2005: 1). Wann immer wir etwas zum Ausdruck bringen möchten, bedienen wir uns Symbolfeldausdrücken, die die Basis unserer Äußerung darstellen (vgl. ebd.: 7). Umgekehrt können wir die Bedeutung eines syntaktisch komplexen Satzes bereits ansatzweise erahnen, wenn uns ausschließlich die Symbolfeldausdrücke bekannt sind.

Studien zum Erstspracherwerb haben gezeigt, dass Kinder bis zum beginnenden vierten Lebensjahr eine Präferenz für Nomen aufweisen, die symbolische Prozeduren realisieren (vgl. Komor 2008: 57), Das bedeutet, dass der Großteil aller Wörter, die von Kindern dieses Alters gesprochen werden, Substantive sind, die sich auf Objekte der unmittelbaren Umgebung beziehen. Diese sind visuell sichtbar. Die Aufmerksamkeit des Kindes kann durch Zeigegesten des Sprechers auf diese Objekte gerichtet werden, wodurch eine gemeinsame Aufmerksamkeit hervorgerufen wird, die zentral für den Spracherwerb ist (vgl. Tomasello 2002: 77ff). Mit dem Benennen der Objekte wird das Wahrgenommene kategorisiert und die nennende Prozedur deutlich. Das Kind erhält Einsicht in die kommunikativen Absichten des Gesprächspartners, das heißt es registriert, dass dieser mit seiner lautlichen Produktion ein Ziel verfolgt. Des Weiteren realisiert es darüber hinaus, dass es selbst sprachlich tätig werden und sich darüber mitteilen kann. Der Erwerb von Symbolfeldausdrücken ist folglich maßgeblich durch die Fähigkeit zur gemeinsamen Aufmerksamkeit und die Einsichten in Intentionalität und Reziprozität gesteuert.

Symbolische Ausdrücke sind in der Kommunikation deshalb so wichtig, weil sie einen Bezug zur Wirklichkeit herstellen (vgl. Hoffmann 2007: 6). Der Hörer kann, indem bei ihm durch die lautlichen Produktionen des Sprechers Vorstellungen aktiviert werden, an seine Erfahrungen anknüpfen und dadurch ein Verständnis für das Gesagte aufbauen. Substantive benennen in diesem Zusammenhang Gegenstände, bzw. wie in Kapitel 2.1 dargelegt „Vorstellungen oder Begriffe von Dingen bzw. Gegenständen“ (Thielmann 2007: 791). Erwähnt werden sollte an dieser Stelle, dass jedes Substantiv ein grammatikalisches Geschlecht hat. Dies ist beim Spracherwerb zu beachten, da es aus zweierlei Gründen ein Hindernis darstellen kann. Zum einen ist das Geschlecht in den wenigsten Fällen semantisch motiviert, das heißt, es kann nicht aufgrund der Bedeutung des Substantivs erschlossen werden (vgl. ebd.: 800f). Stattdessen erfolgt die Zuordnung über abstrakte Kriterien, womit phonologische oder morphologische Eigenschaften des Wortes gemeint sind. Zum anderen müssen Unterschiede zwischen den Sprachen in Bezug auf die Wortarten bewusst sein. Einige Sprachen kennen weder Artikel, noch das grammatikalische Geschlecht, so zum Beispiel das Türkische (vgl. Jeuk 2003: 19). Solche Lerner haben beim Erwerb des Deutschen einen erhöhten Lernaufwand und können aufgrund mangelnder Kenntnisse über das Genus bereits einfache Texte nicht verstehen (vgl. Thielmann 2007: 800).

Neben den Substantiven zählen auch die Adjektive zu den Symbolfeldausdrücken. Sie beschreiben Gegenstände in ihren Eigenschaften genauer und werden deshalb umgangssprachlich auch als Eigenschaftswörter bezeichnet. Problematisch ist dieser Terminus insofern, da er die Trennlinie zwischen Adjektiv und Adverb, das ebenfalls auf Eigenschaften verweist, unkenntlich macht (vgl. Eichinger 2007: 144). In seiner Form orientiert sich das Adjektiv immer am Substantiv, auf das es sich bezieht. Es stimmt daher in Kasus, Numerus und Genus mit diesem überein. Man unterscheidet weiterhin relative von absoluten Adjektiven, wobei die relativen an einer Skala gemessen werden (vgl. Hoffmann 1997: 46ff). Eine Ameise kann dann im Vergleich zu einer Schnecke als schnell, verglichen mit einem Gepard hingegen als langsam klassifiziert werden. Da diese Adjektive immer in Bezug auf die im jeweiligen Kontext gültige Skala betrachtet werden müssen, sind sie schwieriger zu erwerben. Absolute Adjektive hingegen beschreiben Eigenschaften, die entweder vorhanden sind oder nicht, z.B. „schwanger“ (vgl. Eichinger 2007: 163). Die Steigerbarkeit, die ein Merkmal von Adjektiven darstellt, ist bei diesen absoluten Formen aufgrund ihrer Bedeutung restringiert (vgl. Grammatik der deutschen Sprache 1997: 47). Entweder man ist schwanger oder man ist es nicht, ein bisschen schwanger kann man nicht sein.

Abschließend seien die Verben erwähnt, die die dritte Wortart mit symbolischer Funktion darstellen. Sie verweisen vorwiegend auf Ereignisse, Vorgänge oder Zustände und können hinsichtlich ihrer Bedeutung in so genannte semantische Subklassen unterteilt werden (vgl. Bredel/Töpler 2007: 828). Kinder gebrauchen beim Erwerb ihrer Muttersprache zunächst solche Verben, die Eigenaktivität beinhalten, wie z.B. gehen, laufen, usw. (vgl. Szagun 2006: 115). Erst mit voranschreitender kognitiver Entwicklung können sie von der eigenen Person absehen und Beziehungen zwischen Tätigkeiten und anderen Personen außer sich selbst erkennen. Dies stellt die Basis für den Erwerb weiterer Subklassen, wie Prozess- oder Zustandsverben dar (ebd.). Je nachdem, welche Flexionsmorpheme dem Stamm angehangen werden, können Verben auch andere Prozeduren als die symbolische realisieren (vgl. Bredel/Töpler 2007: 824). Der Stamm als solcher allerdings hat einen benennenden Charakter.

Betrachtet man die Wortarten nun zusammenfassend hinsichtlich ihrer symbolischen Funktionen, so lässt sich folgendes festhalten: Substantive dienen dazu, dass Sprecher und Hörer erkennen, worauf sie sich beziehen (vgl. Eichinger 2007: 183). Zwischen den Objekten, die durch die Substantive benannt werden, herrschen Beziehungen oder es finden Ereignisse statt, die mit Hilfe von Verben versprachlicht werden können (ebd.). Diese beiden Wortarten sind aufgrund ihrer Unabhängigkeit offener als Adjektive, die eng mit dem zugehörigen Substantiv verbunden und daher syntaktisch von diesem anhängig sind (ebd.). Abschließend bleibt zu sagen, dass uns Wörter mit Symbolcharakter einen Zugang zur Welt eröffnen (vgl. Hoffmann 2011b: IV). Damit sie ihre symbolische Funktion erfüllen können und dadurch als Verständigungsmedium zwischen zwei Sprechern funktionieren, müssen sie sinnlich manifestiert werden (vgl. Bühler 1965: 178). Mit der Erkenntnis der symbolischen Funktion entwickeln Kinder dann ein Verständnis für die semantische Seite von Sprache, das die Basis für den Grammatikerwerb darstellt (vgl. Leist 2003: 678). Es geht beim sprachlichen Handeln schließlich nicht nur darum, Dinge benennen zu können, sondern auch darum, ein formal-abstraktes System handhaben zu können (ebd.). Wörter des Symbolfelds stellen folglich den Grundstein sprachlichen Handelns dar, wie Bates et al. (1992: 85) folgendermaßen formuliert haben: “[…] the move to sentencehood does depend (at least in part) on the emergence of predicative or relational meanings“.

2.3 Die Organisation des mentalen Lexikons

Im vorangegangenen Kapitel wurde bereits beschrieben, wie einzelne, insbesondere deutsche Wörter, unter Beachtung bestimmter Aspekte strukturiert werden können. In diesem Kapitel soll es nun darum gehen, aufzuzeigen, in welcher Form die sprachlichen Einheiten mental gespeichert werden und inwiefern sich die in Kapitel 2.2 dargestellte Strukturierungsmöglichkeit in der mentalen Organisation widerspiegelt. In diesem Zusammenhang soll der Einfluss der Erst- auf die Zweitsprache hervorgehoben werden, der beim Wortschatzerwerb von zentraler Bedeutung ist.

„Das mentale Lexikon enthält das gesamte Wissen der Sprachbenutzer hinsichtlich der Wörter seiner Sprache“ (Matzke / Römer 2010: 76). Die Lexeme, die hierin angeordnet werden, werden keineswegs in alphabetischer Reihenfolge gespeichert, sondern auf komplexe Weise netzwerkartig organisiert und strukturiert (vgl. Kühn 2010: 65). Man geht von insgesamt 7 Teilmodulen aus, in die das mentale Lexikon untergliedert werden kann. Matzke und Römer (2010: 76) geben folgende Übersicht:

„1. Das phonologische Modul […]
2. das artikulatorische Modul […]
3. das orthographische Modul […]
4. das lexisch-grammatische Modul […]
5. das lexisch-grammatische Kodierungsmodul […]
6. das lexikalisch-konzeptuelle System […]
7. das lexikalisch-pragmatische System […]“

Unterschiedliche Informationen bezüglich der Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik und Pragmatik werden hier entsprechend abgelegt. Aufgrund der Problematik, wie sie für Schüler mit Migrationshintergrund in der Einleitung sowie in Kapitel 2.1 dargestellt wurde, wird das lexikalisch-konzeptuelle System als besonders wichtig erachtet. Es speichert Bedeutungswissen, das heißt gemachte Erfahrungen mit ihren adäquaten sprachlichen Ausdrücken und liegt damit „an der Schnittstelle von sprachlichem und allgemeinem Weltwissen“ (Glück 2007: 47). Da es die Bedeutungen von Wörtern sind, die über Verstehen oder Nicht-Verstehen von Äußerungen und Texten entscheiden, steht die semantisch-konzeptuelle Ebene im Zuge dieser Arbeit im Fokus.

Der Schwierigkeitsgrad, mit dem ein Wort erworben wird, ist von den auf die genannten Teilmodule bezogenen Eigenschaften abhängig (vgl. Grießhaber 2008: 31). Auf semantischer Ebene wird dies anhand abstrakter Wörter deutlich, die im Gegensatz zu konkreten Wörtern in einem längeren Prozess erworben werden. Das Wort „Sehnsucht“ zum Beispiel hat keinen Bezug zu einem konkreten Gegenstand und kann daher nur schwer ohne Zuhilfenahme anderer sprachlicher Ausdrücke erklärt, bzw. erfasst werden (vgl. Szagun 2006: 132).

Das lexikalisch-konzeptuelle System lässt sich in zwei weitere Teilmodule unterteilen, von denen das eine Ausdrücke des produktiven Wortschatzes, das andere Ausdrücke des rezeptiven Wortschatzes umfasst (vgl. Apeltauer 2010: 240). Bevor ein Wort aktiv gebraucht wird, muss es verstanden werden. Dazu wird es zunächst in einen „rezeptiven Puffer“ (Michalak 2009: 36) aufgenommen, bevor es in den aktiven Wortschatz übernommen werden kann. Bezogen auf das sprachliche Handeln kommt dem mentalen Lexikon folglich eine zentrale Rolle zu, denn wann immer wir mit Sprache konfrontiert werden, bzw. uns selbst sprachlich ausdrücken wollen, greifen wir auf dieses zu (vgl. Selimi 2010: 38).

Die Art und Weise, wie die Wörter im mentalen Lexikon angeordnet sind, bestimmt, wie schnell wir aus einer Fülle von gespeicherten Wörtern und Begriffen die jeweils richtigen auswählen. Das bedeutet, dass eine Wortauswahl umso schneller gelingt, „je umfangreicher das Lexikon ist und je besser die Einträge organisiert und untereinander vernetzt sind“ (Glück 2007: 4). Diese Struktur ist nicht nur von Individuum zu Individuum eine andere (vgl. Michalak 2009: 35), sondern verändert sich auch intraindividuell immer dann, wenn neue Wörter in den Bestand aufgenommen werden (vgl. Steinhoff 2009: 20). Dies liegt daran, dass ein Wort immer im Vergleich zu anderen Wörtern betrachtet und in Relation zu diesen eingeordnet wird, was folglich zu einer Umstrukturierung des mentalen Lexikons auf verschiedenen Ebenen führt (vgl. Grießhaber 2008: 37).

Aufgrund der vielen Aspekte, unter denen Sprache und damit Wörter betrachtet werden können, bedeutet „Wortschatzerwerb“ nicht nur das Wissen um die Bedeutung eines Wortes. Vielmehr handelt es sich dabei um eine mehrdimensionale Wissenserweiterung in Form semantischer, syntaktischer, morphologischer und phonologischer Kenntnisse (vgl. Glück 2007: 5). Dieses Wissen wird auf zwei Ebenen, der Lemma- und der Wortform-Ebene gespeichert (vgl. ebd.). Auf der Lemma-Ebene sind ebenso (semantische) Informationen zur Bedeutung des Wortes gespeichert, wie auch (syntaktische) Informationen bezüglich der Eingliederung des Wortes in einen Satz. Diese Informationen ermöglichen es, Wörter hinsichtlich ihrer Bedeutungsrelationen zueinander zu ordnen, wie es die Wortfeldtheorie besagt (vgl. Bachmann-Stein 2011: 61). Als Wortfeld bezeichnet man dabei „die gegliederte bzw. strukturierte Menge sinnverwandter, d.h. inhaltlich zusammengehörender Lexeme gleicher Wortklasse“ (vgl. ebd.). Als Beispiel hierfür seien Lexeme wie Tulpe, Rose, Nelke, usw. genannt, die zum Wortfeld „Blume“ gehören. Das dem Feld übergeordnete Lexem „Blume“ wird dabei auch als Archilexem bezeichnet, welches dem Feld bestimmte Bedeutungsmerkmale, hier z.B. +Stängel und +Blüte[9], wie auch die Wortart, in diesem Fall Substantiv, vorschreibt. Darüber hinaus werden phonologische und morphologische Informationen auf der Wortformebene gespeichert, was sich ebenfalls auf die Struktur des mentalen Lexikons auswirkt (vgl. Glück 2007: 5).

Gemäß dieser Ordnungsprinzipien werden im jungen Erwerbsprozess die Wörter zunächst nach semantischen, wie auch phonologischen Kriterien angeordnet (vgl. Grießhaber 2008: 42f.). Bedeutungsähnliche Wörter und solche, die ähnlich klingen, werden somit nah beieinander abgelegt. Darüber hinaus werden einzelne Wörter hinsichtlich ihrer syntaktischen Funktionen gebündelt. Das bedeutet, dass Wörter dergleichen Wortart, so z.B. Substantive ebenso wie Verben, Adjektive und dergleichen mehr als Gruppen gespeichert werden (vgl. Apeltauer 2006b: 20). Die Struktur der Sprache im Allgemeinen schlägt sich in gewisser Weise also auch in der Struktur des mentalen Lexikons nieder. Ulrich (2011a: 35) verweist darauf, dass ein Vergleich von kindlichem und erwachsenem Lexikon unterschiedliche Beziehungen zwischen den Wörtern erkennen lässt. Während Kinder ihren Fokus auf syntagmatische Beziehungen richten und dementsprechend solche Wörter erwerben und speichern, die häufig als Einheiten in Sätzen erscheinen, sind es bei Erwachsenen eher „komplexere paradigmatische Assoziationen“ wie z.B. Ober- und Unterbegriffe, die den Wortschatzerwerb und damit die Struktur des mentalen Lexikons beeinflussen (vgl. ebd.).

Es gibt also nicht die eine Struktur des mentalen Lexikons, vielmehr gestaltet sich dieses in Form mehrerer Teilnetze, die je nach kognitiver Entwicklung und Erfahrung mit und in der Welt unterschiedlich strukturiert sind und sich stets verändern (vgl. Selimi 2010: 39). Ein Wort ist zugleich immer auch Teil verschiedener Netze. Als Beispiel sei das Lexem „Frau“ genannt. Als Substantiv ist es einerseits in Abgrenzung zu den Funktionswörtern Teil der Inhaltswörter. Darüber hinaus kann es zum Wortfeld „Geschlechter“ gehören oder als Antonym zum Lexem „Mann“ gespeichert sein. Es kann auch, wie im Ausdruck „Mann und Frau“, Teil eines syntagmatischen Netzes sein. Es gibt neben den genannten Teilnetzen noch weitere, die die Vielzahl an Wörtern, denen wir begegnen, ordnen. Diese strukturieren weiterhin nach:

- Umfang
- Wortbildung
- Herkunft
- Wortfamilien (Wörter mit gleichem Stamm)
- stilistischen, sozialen und regionalen Varianten (vgl. Bohn 1999: 21).

Das mentale Lexikon kann also, wie die Auflistung der verschiedenen Teilnetze zeigt, einerseits quantitativ verändert werden, was als „Wortschatzerweiterung“ bezeichnet wird. Andererseits kann es ebenso auch qualitativ verändert werden. Damit ist die Einsicht in Beziehungen der Wörter untereinander gemeint, die ein Lerner in der vielfältigen Begegnung und Auseinandersetzung mit einem Wort bzw. dessen Begriff erhält. Man spricht in diesem Fall von „Wortschatzvertiefung“. Beide Aspekte sind bedeutsam „für das sprachliche Lernen, die sprachliche Bildung und darüber hinaus für die Befähigung von Schülerinnen und Schülern zur Bewältigung kommunikativ und kognitiv anspruchsvoller Aufgaben“ (Kilian 2011c: 139). Sie sollten daher gleichermaßen berücksichtigt werden.

Für einsprachig aufwachsende Kinder bedeutet Wortschatzerwerb folglich, dass sie die in der Welt gemachten Erfahrungen als konzeptuelle Repräsentationen speichern und zu einem späteren Zeitpunkt mit einem muttersprachlichen Ausdruck versehen. Der Ausdruck wird dann wiederum im mentalen Lexikon abgelegt, indem er in Beziehung zu bereits vorhandenem Wissen gesetzt und entsprechend im Sinne der oben genannten Ordnungsprinzipien eingeordnet wird. Über die Art und Weise, wie das mentale Lexikon bei zwei- bzw. mehrsprachig aufwachsenden Kindern organisiert ist, ist man sich bislang nicht einig (vgl. Ekinci-Kocks 2011: 25). Faktoren, die die Struktur beeinflussen, sind unter anderem das Alter des Lerners, die daran gebundenen Erfahrungen mit der Welt in Form von Wissen, sowie das Erwerbsalter der Zweitsprache (vgl. Apeltauer 2010: 247). Denkbar sind laut Schindler folgende lexikalische Organisationen:

(i) ein gemeinsames Lexikon („Komplexikon“)
(ii) zwei relativ autonome Lexika
(iii) ein Komplexikon, das sich in zwei Lexika ausdifferenziert
(iv) zwei Lexika, die immer dichter miteinander vernetzt werden / zusammenwachsen (vgl. Schindler 2002: 41).

Wenngleich man sich also über die genaue Struktur noch nicht einig ist, sind Forscher dennoch der Ansicht, dass enge Beziehungen zwischen den lexikalischen Einheiten zweier Sprachen bestehen (ebd.).

Cummins hat versucht die Beziehung zwischen Erst- und Zweitsprache mit dem Bild eines Eisbergs zu verdeutlichen, der zum Großteil von Wasser bedeckt ist. Dieser Teil symbolisiert das konzeptuelle System, in dem alle Erfahrungen in Form von Wissen gespeichert sind. Es ist die Basis sowohl für die Erst- als auch für die Zweitsprache, die Cummins in Form zweier Eisspitzen andeutet. Beide Sprachen sind folglich über dieses konzeptuelle System miteinander verbunden (vgl. Apeltauer 2006b: 13). Vor diesem Hintergrund ist es möglich, dass ein zweisprachig aufwachsendes Kind bereits die Bedeutung eines Ausdrucks in Form einer mentalen Repräsentation kennt, die an die Muttersprache gebunden ist, ihm jedoch die zielsprachliche Formulierung fehlt. Der Wortschatzerwerb wird in einem solchen Fall unter Umständen begünstigt, da zu dem neuen sprachlichen Ausdruck bereits ein Konzept vorliegt. Zu bedenken ist allerdings, dass Bedeutungen und damit einhergehend die Konzepte zu verschiedensprachigen Ausdrücken nicht immer identisch sind. Der Lerner versucht also zunächst die Bedeutung eines neuen Wortes mit der eines bereits vorhandenen (muttersprachlichen) gleichzusetzen (vgl. Apeltauer 2006b: 23). Im Zuge vielfältiger Erfahrungen mit dem neuen Wort ist es jedoch möglich, dass dieses in seiner Bedeutung noch einmal differenziert und an anderer Stelle im mentalen Lexikon verankert wird.

Die Erstsprache wird jedoch nicht nur aktiviert, wenn es um den Erwerb von Bedeutungen bzw. neuer sprachlicher Ausdrücke geht. Sie ist grundsätzlich Basis für alle weiteren Lernprozesse, da im Zuge ihres Erwerbs neuronale Verknüpfungen entstanden sind, die die Verarbeitung jeglicher neuer Information beeinflussen (vgl. Apeltauer 2006b: 11). Insofern werden also nicht nur semantische Merkmale übertragen, sondern auch phonologische, syntaktische und morphologische Muster. Wörter, die in Erst- und Zweitsprache phonologische Ähnlichkeit besitzen, wie z.B. apple (engl.) und Apfel (dt.) lassen sich leichter erwerben und werden im mentalen Lexikon nah beieinander abgespeichert. Sind sie sich nur lautlich ähnlich in ihrer Bedeutung hingegen verschieden, bezeichnet man sie als „falsche Freunde“, da sie häufig verwechselt werden. Ein klassisches Beispiel dafür ist folgender Interferenzfehler, der häufig von deutschsprachigen Englischlernern gemacht wird: * I become a beer. Hier wird die semantische Struktur des Deutschen „bekommen“ auf das englische, lautlich und orthographisch ähnliche „become“ übertragen und damit falsch gebraucht. Grundsätzlich ist der Zweitspracherwerb somit ein Erkenntnisprozess in die Struktur einer Sprache, der immer auf der Basis der bereits vorhandenen muttersprachlichen Struktur stattfindet.

Bezogen auf den Wortschatzerwerb lässt sich zusammenfassend Folgendes festhalten: je größer der muttersprachliche Wortschatz, desto mehr Wissen liegt bereits in Form konzeptueller Repräsentationen vor, an die beim Zweitspracherwerb angeknüpft werden kann. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Kinder mit geringem Wortschatzumfang beim Zweitspracherwerb einen höheren Lernaufwand haben. Sie müssen zwei Aufgaben bewältigen: einerseits ein Konzept erstellen und andererseits diesem einen sprachlichen Ausdruck zuordnen (vgl. Apeltauer 2010: 247). Es sind insbesondere junge Kinder und auch Kinder mit Migrationshintergrund, die am häufigsten dieser Doppelaufgabe ausgesetzt sind. Bei jungen Kindern ist der Grund die mangelnde Erfahrung mit der Welt aufgrund ihres Alters, bei Kindern mit Migrationshintergrund ist der Grund häufig (wenngleich nicht immer) ein anregungsarmes Umfeld (ebd.). Beides kann und sollte durch Unterstützung der allgemeinen kognitiven Entwicklung im institutionellen Rahmen gefördert werden (vgl. Reich 2008: 168). Bei allen Zweitsprachenlernern sollte die Muttersprache immer miteinbezogen werden, da durch sie vorhandenes Wissen aktiviert wird, auf die die Lerner im weiteren Lernprozess anknüpfen können. Hoffmann sieht im mentalen Lexikon der Erstsprache, vor allen Dingen in den darin gespeicherten symbolischen Ausdrücken, die Basis für die Teilhabe am Unterricht (vgl. Hoffmann 2011b: IV).

Die in diesem Kapitel dargelegten Erkenntnisse zur Struktur des mentalen Lexikons einerseits, sowie zur Bedeutung der Erstsprache andererseits führen zu folgenden Forderungen für die Wortschatzarbeit:

1. Wortschatzarbeit muss, in Anlehnung an die Struktur des mentalen Lexikons, ebenfalls strukturiert erfolgen. Auf diese Weise kann die Einsicht in Beziehungen untereinander und damit eine vernetzte Speicherung positiv unterstützt werden.
2. Wortschatzarbeit bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache muss immer unter Bezugnahme zur Erstsprache stattfinden, um bereits vorhandenes Wissen zu aktivieren und damit den Lernprozess positiv zu begünstigen.

3 Handlungsorientierte und mehrdimensionale Wortschatzarbeit: Ein Projekt zum Thema „Körper“ mit mehrsprachigen Kindern einer Kindertagesstätte in Dortmund

Nachdem in Kapitel 2 die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Wortschatzerwerb herausgestellt wurden, beschäftigt sich Kapitel 3 mit der praktischen Umsetzung dieser theoretischen Grundlagen. Die folgenden Kapitel stellen ein Wortschatzprojekt vor, das in einer Dortmunder Kindertagesstätte mit mehrsprachigen Kindern zum Thema „Körper“ durchgeführt wurde. Es erforscht, ob der Wortschatz bei Kindern mit Migrationshintergrund im Elementarbereich bei entsprechender Gestaltung der Lernszenarien erweitert, bzw. vertieft werden kann. Vor dem Hintergrund dieser Leitfrage werden das Ziel der Arbeit, die Zielgruppe, das Thema, der zu erwerbende Wortschatz, didaktische und methodische Überlegungen, die Voraussetzungen zur Umsetzung des Projekts sowie die Untersuchungsmethode beschrieben. Am Ende des Kapitels wird auf der Basis von empirischen Befunden, die im Zuge der Arbeit erhoben wurden, die Leitfrage der Arbeit beantwortet.

3.1 Projektziel

Ziel des Projekts, das für den Elementarbereich angelegt wurde, ist eine Erweiterung bzw. Vertiefung des deutschen Wortschatzes auf semantischer Ebene. Diese soll durch eine Wortschatzarbeit erreicht werden, die gezielt auf das im Unterricht des ersten Schuljahres genutzte Vokabular vorbereitet.

3.2 Zielgruppe

Das Projekt ist für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache konzipiert. Sie gelten im deutschen Bildungssystem nach wie vor als besonders benachteiligt (vgl. Kapitel 1), was u.a. von Chaudron (1988: 119f) bereits 1988 folgendermaßen formuliert wurde:

There is clear evidence that in mixed classrooms, second language learners risk being less involved in exchanges with the teacher, and possibly less involved in instructionally relevant interactions.

Der Grund für diese Benachteiligung ist nicht nur das mangelnde Wissen um die Bedeutungen der Wörter, sondern auch fehlendes Wissen über Wortbildungs- oder morphologische Regeln, mit deren Hilfe sich die Bedeutung unbekannter Wörter erschließen lässt (vgl. Apeltauer 2010: 245). Ein Blick in die Lehrwerke hat gezeigt, dass das genutzte Vokabular an Alltagserfahrungen anknüpft. Kindern mit Migrationshintergrund mangelt es häufig an diesen Kenntnissen. Grund dafür ist, dass sie oft erst mit dem Eintritt in den Kindergarten einen deutschsprachigen Alltag erleben. Dieser ist zudem auf den Vormittag begrenzt, da vielfach im häuslichen Umfeld außerhalb des Kindergartens Erfahrungen in der Muttersprache kommuniziert werden. In der Grundschule bleiben sie somit von der aktiven Teilnahme am Unterrichtsgeschehen ausgeschlossen, denn die Alltagserfahrungen werden hier in der deutschen Sprache vorausgesetzt und dienen als Grundlage für den Erwerb weiterer, komplexerer Wörter.

Vor diesem Hintergrund ist das Projekt so angelegt, dass die Lerner alltägliche Erfahrungen machen können, die sie mit Wörtern der deutschen Sprache verknüpfen, so dass dadurch der deutsche Wortschatz erweitert, bzw. vertieft wird (vgl. Hoffmann 2011b: IV). Auf diese Weise sollen die mehrsprachigen Lerner gezielt auf den Übergang in die Grundschule vorbereitet werden.

3.3 Thema des Projekts

Um das Thema für das Projekt festzulegen, wurden die für das Land NRW zugelassenen Grundschullehrwerke der ersten Klasse betrachtet.[10] Insbesondere in den Werken des Sachunterrichts zeigte sich eine Orientierung an Sachfeldern, wie sie auch im Lehrplan der Grundschulen in NRW festgehalten sind.[11] „Der Körper“ ist ein Thema, das im Lehrplan einen Schwerpunkt innerhalb des Bereiches „Natur und Leben“ darstellt.[12] Die Erkenntnis, dass Grundschulen und Kindergärten in ihren Bildungsinhalten stärker miteinander verknüpft werden müssen, hat dazu geführt, dass das Thema 2010 ebenfalls als ein Bildungsbereich für Kindertagesstätten in NRW festgehalten wurde.[13] Es stellt somit ein die beiden Bildungsinstitutionen übergreifendes Thema dar.

Innerhalb des Themas „Körper“ haben die Kinder die Möglichkeit, Alltagserfahrungen zu sammeln, die sie zum einen für die Arbeit mit den Lehrwerken des Sachunterrichts benötigen. Darüber hinaus ist die Kenntnis des dazugehörigen Wortschatzes auch in anderen Fächern und Lebensbereichen hilfreich. Aufgabenstellungen im Mathematikunterricht können Wörter zum Körper enthalten, wenn es zum Beispiel um das Messen geht und Kinder verschiedene Körperteile mit einer Längenangabe versehen sollen. Bei einer Personenbeschreibung im Deutschunterricht oder einem Steckbrief ist die Kenntnis über das entsprechende Vokabular ebenfalls hilfreich. Nicht zuletzt können sich die Lerner auch im Alltag durch einen größeren Wortbestand zum Thema „Körper“ differenzierter ausdrücken, wenn es zum Beispiel um die Lokalisation von Schmerzen oder Verletzungen geht.

Für die Sprachförderung im Allgemeinen ist es wichtig, diese nicht isoliert zu betreiben, so dass sie zum Selbstzweck wird. Stattdessen muss Sprache in sinnvolle Zusammenhänge eingebettet und auf die „Entwicklung der Sprachhandlungskompetenz der Schüler hin ausgerichtet sein“ (Kühn 2010: 61). Es bietet sich auch für die Wortschatzarbeit an, Wörter in Sachfeldern zu vermitteln, da in ihnen Sprach- und Weltwissen miteinander verknüpft werden (vgl. ebd.: 65).

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wurde das Thema „Körper“ mit dem dazugehörigen Wortschatz für das Projekt ausgewählt.

3.4 Der zu erwerbende Wortschatz

Für die konkrete Wortauswahl wurde der Wortschatz betrachtet, der in den zuvor genannten Sachunterrichtslehrwerken der ersten Klasse zum Thema „Körper“ genutzt wurde. Die Überlegung, sich an den Lehrwerken zu orientieren, stützt sich auf die Aussage Gerekes et. al. (2005: 28), die fordern, dass die Sprachförderung im Elementarbereich „bildungsbegleitend“ angelegt sein muss um auf die „schulspezifische[n] Sprache“ vorzubereiten. Bezogen auf das hier vorgestellte Projekt meint dies neben dem Erwerb von Alltagsbedeutungen (Beispiel: das Bein) auch die Auseinandersetzung mit seltener verwendeten Ausdrücken (Beispiel: der Oberschenkel), wie sie später in den Lehrwerken genutzt werden. Darüber hinaus sollen auch Wortbildungsverfahren bereits im Kindergarten thematisiert werden, da sie bei der Entschlüsselung unbekannter Wörter in der Grundschule helfen.

Um erfolgreich am Unterricht teilnehmen zu können, müssen die Kinder beim Übergang in die Grundschule den Wortschatz der Lehrwerke zumindest größtenteils beherrschen. Ekinci-Kocks (2011: 30) spricht im Zusammenhang mit diesem notwendigen Wissen von einem funktionalen Wortschatz, den sie als

Menge an Wörtern, die das Kind, bzw. der Mensch in seiner jeweiligen Lebenssituation benötigt und von denen er Gebrauch macht, um sich zu verständigen bezeichnet. Dabei liegt die Betonung nicht auf der „Menge“, sondern auf der „Funktion“ der Wörter. Es ist wichtig solche Wörter zu kennen, die zur Verständigung benötigt werden. Daher ist eine gezielte Auswahl des zu erwerbenden Vokabulars erforderlich. Diese orientiert sich an der jeweiligen Lebenssituation der Lerner, zu deren Bewältigung sie den Wortschatz benötigen. Im vorliegenden Fall ist dies die Bewältigung des Schulalltags.

In Kapitel 2.2 wurde anhand der Felderlehre die Bedeutung von Nomen, Verben und Adjektiven für das sprachliche Handeln erläutert. Die Wortauswahl sollte sich für das Projekt folglich auf diese Wortarten konzentrieren. Aus zeitlichen Gründen sowie aufgrund der Fülle an Wörtern insgesamt, die das Sachfeld „Körper“ umfasst, wurden für das Projekt ausschließlich Nomen und Verben ausgewählt. Von den Nomen wurden solche ausgesucht, die die Körperteile wie z.B. „Schulter“, „Oberschenkel“, u.ä. benennen. Nennwörter für innere Organe (z.B. „Lunge“) wurden ebenso ausgelassen wie fachspezifisches Vokabular (z.B. „Pupille“), da die Bezeichnungen für die äußerlich sichtbaren Körperteile bereits eine Anzahl von 36 Nomen ergeben. Bei den Verben wurde die Auswahl auf Verben der Bewegung (z.B. „gehen“, „springen“, etc.) sowie Sinnesverben (z.B. „sehen“, „riechen“, etc .) beschränkt, da diese beiden Gruppen jeweils für sich genommen ein Sub-Sachfeld bilden, anhand dessen der Wortschatz strukturiert erarbeitet werden kann. Die Entscheidung, die Adjektive auszulassen, wird damit begründet, dass sie größtenteils für das Alter der Projektteilnehmer das Kriterium Lernbarkeit nicht erfüllen, das Neuner als eines von 3 Auswahlkriterien für eine lernerorientierte Wortschatzauswahl und –vermittlung vorschlägt (vgl. Bohn 1999: 18f). Im Zusammenhang mit dem Sachfeld „Körper“ wird den Adjektiven ein besonderer Schwierigkeitsgrad zugesprochen, da es sich bei Adjektiven wie „groß“, „klein“, „nah“, „fern“, u.ä., um graduelle Adjektive handelt. Diese sind, wie in 2.2 beschrieben, aufgrund der sich wandelnden Relation uneindeutig und damit schwerer zu erwerben.

Vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass ein Wort 20mal wiederholt werden muss, um ihm eine Bedeutung zuschreiben zu können, sowie 50mal, um es aktiv gebrauchen zu können, stellt der folgende für das Projekt ausgewählte Wortschatz eine ausreichende Menge bereit (vgl. Apeltauer 2010: 248).

Funktionaler Wortschatz zum Sachfeld „Körper“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.5 Didaktisch-methodische Überlegungen

Es gibt verschiedene Erkenntnisse, wie der Wortschatz im Elementarbereich effektiv erworben werden kann. Im Folgenden sollen diese Erkenntnisse sowie weitere Überlegungen unter den Punkten „Zusammensetzung der Lernergruppe“, „Grundprinzipien“, „Methodische Überlegungen“, „Einbezug der Eltern“ und „Material“ vorgestellt werden.

3.5.1 Zusammensetzung der Lerngruppe

Der oben genannte funktionale Wortschatz sollte einer Gruppe von Kindern vermittelt werden, die mehrsprachig aufwachsen. Die Arbeit in sprachhomogenen Gruppen, in denen alle Kinder die gleiche Muttersprache haben, stellt dabei die günstigste Arbeitsbasis dar. Dies entspricht jedoch nicht der Realität, wie man sie in Kindergärten und Grundschulen häufig vorfindet. Die hier dargelegte Arbeit versucht nicht sich dieser Realität zu entziehen sondern im Gegenteil Möglichkeiten aufzuzeigen, sich dieser sprachheterogenen Herausforderung des Alltags zu stellen. Für das Projekt wurden somit zunächst alle vier- und fünfjährigen Kinder fokussiert, die Deutsch als Zweitsprache sprechen. Dies waren insgesamt sieben Kinder. Ihr Wortschatzwissen wurde in Form eines Tests abgefragt, welcher in Kapitel 3.7.1 genauer dargestellt wird. Über das Testverfahren sollte eine überschaubare, relativ sprachstandshomogene Gruppe erzeugt werden, da insbesondere im Spracherwerbsprozess die Möglichkeit zu dyadischer Kommunikation von zentraler Bedeutung und damit wichtige Voraussetzung für den Lernerfolg ist (vgl. Auernheimer 2003: 23).

Nach Durchführung des ersten Tests wurden von den insgesamt sieben getesteten Kindern fünf ausgewählt.[14] Darunter befand sich ein fünfjähriger Junge mit Persisch als Muttersprache, die anderen Kinder waren im Alter von vier Jahren und hatten Türkisch, Griechisch oder Tamilisch als Muttersprache. Alle Kinder verständigten sich im familiären Umfeld in der Muttersprache und erwarben erst mit dem Übergang in den Kindergarten die deutsche Sprache. Der tamilisch sprechende Junge war erst einen Monat vor Projektbeginn mit seiner Familie nach Deutschland gekommen und sprach zum Zeitpunkt des Projektbeginns kein Wort Deutsch.

3.5.2 Grundprinzipien

Im Verlauf des gesamten Projekts galten vier Prinzipien, die eine Art Leitfaden für jedes Lernszenario darstellten. Sie werden im Folgenden vorgestellt.

3.5.2.1 Vorwissen aktivieren – Motivierend planen

Ob ein Lernszenario erfolgreich ist oder nicht, hängt zu einem Großteil davon ab, ob es auf die Schüler, bzw. Kinder motivierend wirkt und dadurch positive Gefühle erzeugt oder nicht. „Ereignisse, die wir mit positiven Emotionen verbinden“ werden „besser behalten als solche, die negative oder keine Gefühle in uns auslösen“ (Apeltauer 2010: 248). Insofern ist der Ansatzpunkt jeglicher Planung zunächst die Lernergruppe. Die Motivation ist zum einen davon abhängig, inwiefern ein Lernszenario so gestaltet ist, dass die Kinder sich mit ihren bereits vorhandenen Fähigkeiten daran beteiligen können. Zum anderen müssen gleichzeitig neue Reize geschaffen werden, die das Interesse der Kinder wecken und Lust auf Lernen bereiten (vgl. Holstein/Wildenauer-Jósza 2010: 83). Wygotski (1986: 240ff) spricht in diesem Zusammenhang von der „Zone der nächsten Entwicklung“ und meint damit eine Gestaltung von Lernszenarien, die die Kinder weder über- noch unterfordern. Das Thema „Körper“ bot sich an, da es erlaubte, einen starken Bezug zur eigenen Person herzustellen. Der Körper war zu jeder Zeit präsent, da er Teil der Projektteilnehmer war. Die Lerner erarbeiteten somit das Thema, indem sie ihre eigenen Körper benutzten. Sie konnten ihn spüren und waren damit emotional in jede körperliche Aktivität konkret eingebunden. Darüber hinaus konnten sie einzelne Körperteile bewegen und für das Ausführen von Tätigkeiten nutzen (z.B. die Nase zum Riechen, etc.). Somit ließ sich das Thema auf vielfältige Weise bearbeiten und ermöglichte immer wieder neue Anreize.

[...]


[1] Aus stilistischen Gründen wird im Folgenden ausschließlich die maskuline Form verwendet. Diese schließt weibliche Personen immer mit ein.

[2] Vgl. http://www.mpib-berlin.mpg.de/Pisa/PISA_im_Ueberblick.pdf: 9

[3] Vgl. http://pisa.dipf.de/de/de/pisa-2009/ergebnisberichte/PISA_2009_Bilanz_nach_einem _Jahrzehnt.pdf: 46

[4] Vgl. http://www.mpib-berlin.mpg.de/Pisa/PISA_im_Ueberblick.pdf: 14

[5] Vgl. http://pisa.dipf.de/de/de/pisa-2009/ergebnisberichte/PISA_2009_Bilanz_nach_einem_ Jahrzehnt.pdf: 48f

[6] Vgl. http://www.dji.de/bibs/271_2232_ExpertiseFried.pdf

[7] Vgl.https://services.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/download/1343/bildungsvereinbarung.pdf

[8] Der Ausdruck „self-fulfilling prophecy“ stammt aus der Psychologie und meint den Effekt, dass sich eine Erwartung, die man gegenüber einer Person oder einem Ereignis hat, bestätigt. Meist trägt derjenige, der die Erwartung hat, unbewusst durch sein Verhalten zur Erfüllung der Prophezeiung bei (vgl. Ben-Shahar 2007: 107).

[9] Eine solche Notation stammt aus der Komponentialsemantik. Sie betrachtet vor allen Dingen Inhaltswörter dahingehend, inwiefern ihnen bestimmte Bedeutungsmerkmale zugeschrieben werden können. Ist ein Merkmal vorhanden, wird dies durch ein „+“ gekennzeichnet (vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann: 166ff).

[10] Da das Projekt in einer Kindertagesstätte in Dortmund (NRW) durchgeführt wurde, sollten die Kinder optimal auf die Bedingungen vorbereitet werden, denen sie beim Übergang in die Grundschule begegnen. Daher wurde ausschließlich der Lehrplan NRW beachtet, da die Projektteilnehmer mit großer Wahrscheinlichkeit künftig in einer Grundschule in NRW beschult werden. Die Lehrwerke, die im Zuge dieser Arbeit betrachtet wurden, sind im Literaturverzeichnis gesondert aufgeführt.

[11] Vgl. Lehrplan Grundschule NRW unter: http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/ lehrplaene/upload/klp_gs/LP_GS _2008.pdf: 40f

[12] Vgl. ebd.

[13] Die Ministerien für Schule und Weiterbildung sowie für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW haben 2010 die Notwendigkeit eines gemeinsamen Bildungskonzepts von Kindergärten und Grundschulen in Form eines Entwurfs zu gemeinsamen Bildungsbereichen beider Institutionen erkannt. Eine stärkere Vernetzung soll den Übergang vom Elementar- in den Primarbereich erleichtern. Diese Bereiche orientieren sich an den Lehrplänen der Grundschulen. Im Gegensatz zu den verbindlichen, landesweit einheitlichen Lehrplänen hängt die Gestaltung von Bildungsangeboten in den Kindergärten von träger- oder einrichtungsspezifischen Konzepten ab und variiert daher stark. Vgl. dazu (1) die Bildungsbereiche unter: http://www.bildungsgrundsaetze.nrw.de/fileadmin/dateien/PDF/Mehr_Chancen_durch_Bildung.pdf. (2) KiBiz (Kinderbildungsgesetz), §13 (1) unter: http://www.mfkjks.nrw.de/web/media_get.php?mediaid=17223&fileid=50840&sprachid=1

[14] Die beiden Kinder, die gute Ergebnisse erzielten und somit nicht in das Projekt aufgenommen wurden, kannten mehr als 15 Wörter (von insgesamt 48) aktiv und mindestens 25 passiv, so dass bereits fast alle Wörter als bekannt verzeichnet werden konnten.

Ende der Leseprobe aus 191 Seiten

Details

Titel
Wortschatzförderung mehrsprachiger Kindergartenkinder. Theoretische und praktische Anregungen
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Note
1,5
Autor
Jahr
2012
Seiten
191
Katalognummer
V200339
ISBN (eBook)
9783668103948
ISBN (Buch)
9783668103955
Dateigröße
1144 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wortschatzförderung, kindergartenkinder, theoretische, anregungen
Arbeit zitieren
Nadine Schmickler (Autor:in), 2012, Wortschatzförderung mehrsprachiger Kindergartenkinder. Theoretische und praktische Anregungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200339

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