Die Möglichkeit der Landesteilung als Lösung dynastischer Konflikte am Beispiel der Altenburger und Leipziger Teilung


Seminararbeit, 2011

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Allgemeine Formen der Herrschaftsweitergabe

3 Die Altenburger Teilung von 1445
3.1 Familienverhältnisse und Vorgeschichte
3.2 Die schweren Teilungsverhandlungen und der Bruderkrieg

4 Die Leipziger Teilung von 1485
4.1 Die Erbregelungen Friedrich II. und die Machtübernahme seiner Söhne
4.2 Die wettinische Hauptteilung und die Entstehung zweier Linien

5 Zusammenfassung

1 Einleitung

Die Wettiner gehörten zu den bedeutendsten mittelalterlichen Dynastien Mitteldeutschlands. Das Adelsgeschlecht, dessen Stammburg nördlich von Halle liegt, herrschten insgesamt mehr als 800 Jahre über die „meißnisch-sächsisch-thüringischen Lande“[1] und ist somit auch in Zusammenhang mit dem geschichtlichen Ursprung der heutigen Bundesländer Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu sehen.

Vor allem durch die Belehnung Heinrichs von Eilenburg mit der Mark Meißen durch Kaiser Heinrich IV. im Jahre 1089 und Anfall Thüringens sowie der Pfalzgrafschaft Sachsen infolge des Todes Heinrich Raspes 1247 konnte der Machteinfluss des Hauses Wettin deutlich gestärkt werden.[2] Zusammen mit der bereits vorher erworbenen Ostmark bestand die wettinische Hausmacht nunmehr aus vier Reichsfürstentümern und reichte „in einem weitgehend zusammenhängenden Territorialkomplex vom äußersten Westen des Thüringer Waldes über die Saale nach der Mittelelbe und von da über die Niederlausitz bis an die Oder“[3]. Mit der vorläufigen (1423) bzw. endgültigen (1425) Übertragung[4] des Herzogtums Sachsen-Wittenberg und der dazugehörigen Kurwürde stiegen die Wettiner endgültig zu einer der führenden Fürstenfamilien auf, die neben den Habsburgern, Hohenzollern und Wittelsbachern die Geschichte Deutschlands nachhaltig prägten.

Während des Herrschaftsausbaus galt es für die Wettiner wie für andere Dynastien auch stets für den Fortbestand der Familie zu sichern.[5] Gleichzeitig musste allen (männlichen) Nachkommen eine „standesgemäße Herrschaftsausstattung“[6] zugesichert werden. Deshalb etablierten sich im Laufe der Zeit verschiedene Formen der Herrschaftsweitergabe. Beispielsweise versuchte man den Ansprüchen mittels einer Teilung der Erblande gerecht zu werden. Jedoch wirkten sich etwaige „Lösungsversuche“ mitunter auf die Position und Stellung der Dynastie innerhalb des politischen Geschehens aus. So bestand zum Beispiel im Falle einer permanenten Herrschaftsspaltung ferner die Gefahr der Abschwächung des Machteinflusses. Nichtsdestotrotz ist die Wirkungszeit der Wettiner von eben solchen Teilungen geprägt. Im Folgenden sollen nach einer Überblicksdarstellung der allgemeinen Formen der Herrschaftsweitergabe die Vorgänge bei der Altenburger und der Leipziger Teilung beschrieben werden. Anhand dieser beiden Beispiele wird die Landesteilung als mögliche Lösung für dynastische Konflikte innerhalb des Geschlechts der Wettiner beleuchtet. Dabei soll insbesondere die Frage der Notwendigkeit eines solchen Vorgehens bzw. die Möglichkeit von Alternativen beantwortet werden. Die Schlussfolgerungen, welche aus den vorangegangenen Erläuterungen gezogen werden können, bilden den Abschluss der vorliegenden Arbeit.

2 Allgemeine Formen der Herrschaftsweitergabe

Im Zusammenhang mit den Versorgungsansprüchen gegenüber der nächsten Generation und dem stetigen dynastischen Strebens nach Macht ist die Form der Herrschaftsweitergabe von zentraler Bedeutung. Entscheidend ist dabei zunächst die Anzahl der männlichen Nachkommen. Während Töchter meist zum Zweck der Machterweiterung mit Erben anderer hochrangiger Familien verheiratet wurden, musste für die Söhne eine angemessene Lebensgrundlage geschaffen werden, um sowohl deren finanzielle als auch politische Zukunft zu sichern.[7] Geschah dies nicht, waren Erbstreitigkeiten unter den Brüdern, die dann nicht selten eskalierten, wahrscheinlich. Immerhin war die Primogenitur, also das Erstgeborenenrecht, trotz der Festlegungen in der Goldenen Bulle zu dieser Zeit noch nicht sehr verbreitet.[8] Die Notwendigkeit schon frühzeitig eine Erbregelung zu finden, war also gegeben.

So bot sich zum einen die Möglichkeit, einem der Söhne eine geistliche Laufbahn nahezulegen und somit die Anzahl der erbberechtigten Söhne gewissermaßen zu reduzieren, da kirchlichen Würdenträger generell der (weltliche) Erbantritt verwehrt wurde. Zudem konnte man auf diese Weise zusätzlich Einfluss auf geistliche Belange der Machtausübung erlangen. Beispielsweise trat im Jahre 1437 Sigismund, der Sohn Friedrichs des Streitbaren und Bruder von Friedrich II. und Wilhelm III., die ihrerseits später die Altenburger Teilung veranlassten, in den geistlichen Stand ein.[9] Zwar wird als Begründung für seine Entscheidung nicht der väterliche Zwang sondern die Liebe zu einer Nonne angeführt, dennoch war sein Ausscheiden aus dem Kreis der späteren Erben gleichermaßen endgültig. Daran konnte auch sein späteres Begehren, nachdem ihm das übertragende Bistum Würzburg wieder entzogen wurde, nichts ändern.[10]

Ein anderer Weg der Erbregelung ist die testamentarische Festlegung, welcher Sohn die Nachfolge antreten soll bzw. wer auf seinen Herrscheranspruch verzichten muss. Auch die Option die Rechte der meist jüngeren Söhne zunächst einmal einzuschränken war durchaus gebräuchlich. In diesem Kontext war es ebenfalls möglich, eine Art „Brudergemeinschaft“ zu bilden, in der der älteste Sohn als „Senior“ sozusagen die vorrangige Position einnahm und die wichtigsten politischen Geschäfte übernahm.[11] Ein Beispiel für diese Art von Herrschaftsorganisation sind die Jahre 1351 bis 1379, in denen die Brüder Friedrich III., Balthasar und Wilhelm I. gemeinsam regierten und für den Vorsitz ein „Rotationsprinzip“[12] vereinbarten. Dieses Prinzip der gemeinsamen Herrschaft unter wechselnder Führung wird auch „Örterung“ oder „Mutschierung“[13] genannt. Darüber hinaus wird unter diesen Begriffen die Regierungsverwaltung des Ältesten aufgrund der Minderjährigkeit der anderen verstanden. Denkbar ist eine solche Konstellation außerdem durch das Einverständnis der übrigen Brüder, das zumeist aber nicht oder nur kurzzeitig vorlag. So „profitierte Kurfürst Friedrich II. [zunächst] sowohl von der Verzichtserklärung Sigismund als auch von der Unmündigkeit Wilhelms [und] regierte faktisch allein“[14] bis Wilhelms Forderungen nach Eigenständigkeit zunahmen und man sich schließlich auf eine Herrschaftsteilung einigte. In ähnlicher Weise konnte selbst die anfängliche „große Harmonie“[15] zwischen den Brüdern Ernst und Albert, den Söhnen Friedrichs II., die endgültige Teilung der wettinischen Lande nicht verhindern. Grundlage einer Übereinkunft waren meist feste Absprachen, die beispielsweise gemeinsame Einkünfte garantierten sowie die Nutzung der Münze und Bergwerke ermöglichten. Um den nichtregierenden Söhnen und Brüdern dennoch die Chance der politischen Machtausübung zu geben und gewissermaßen einen Ausgleich zum Verlust des Einflusses im Herkunftsgebiet zu schaffen, versuchte man häufig neue Gebiete zu erwerben. Dabei stützte man sich auf kriegerische Handlungen oder strebte gleichsam der bereits angesprochenen Heiratspolitik für Töchter eheliche Verbindungen zu anderen Herrscherhäusern an. Im Fall von Friedrich II. und seinem jüngerem Bruder Wilhelm III. hoffte man auf eine Erbschaft Luxemburgs sowie der Grafschaft Chiny seitens Wilhelms durch seine Ehe mit Anna von Österreich. Bereits 1441 besetzten thüringisch-meißnische Truppen einen Teil Luxemburgs, jedoch wurden die Ansprüche infolge das Vorstoßen Philipps von Burgund im Jahre 1443 wieder zunichtegemacht.[16] A

Letzten Endes sind die soeben vorgestellten Konstellationen aber lediglich Möglichkeiten etwaigen schwerwiegenden Konflikten unter den Erben vorzubeugen, keinesfalls boten sie eine Garantie zur erfolgreichen Fortführung der individuellen Familiengeschichte. Zwar konnte über viele Generationen hinweg – meist durch Kombination der verschiedenen Formen – eine positive Bilanz der Herrschaftsweitergabe verzeichnet werden; in einigen Fällen jedoch, wenn beispielsweise die Aneignung eines zusätzlichen Gebietes nicht gelang, blieb mitunter nur die Option einer endgültigen Teilung des Stammgebietes – einem Schritt, der ebenfalls einige Gefahren birgt. Im Gegensatz zur bereits beschriebenen „Mutschierung“ als eine Art Nutzungsteilung handelt es sich bei einer Haupt- bzw. „Totteilung“[17] um eine definitive Aufteilung des Herrschaftsgebietes mit der sich die Gefahr des Potentialverlustes in politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht infolge des dann kleineren Terrains eindeutig erhöhte.[18] Zudem entsteht nahezu zwangsläufig eine Art konkurrierende Situation zwischen den dann getrennten Landesteilen, die meist auf den bereits bestehenden „alten“ Streitigkeiten der herrschenden Fürsten basierte. Dabei ist der Begriff der „Landesteilung“[19] eigentlich irreführend, da von „Ländern“ im heutigen Sinne bei Weitem noch nicht gesprochen werden kann. Vielmehr wird eine vertragliche Teilung der jeweiligen Rechte zur Machtausübung im Gebiet vereinbart. In den im Folgenden beschriebenen Beispielen von wettinischen Landesteilungen legten die Erben selbst eine Teilung der ihnen nach dem Tod des Vaters übertragenen Landesteile fest, wobei im Falle der Leipziger Teilung stets die Begründung einer Herrschaftsregelung für die Nachkommen angeführt wird.[20] Beide Male gingen Jahre der gemeinsamen Herrschaft voraus, die schließlich durch Streitigkeiten hinsichtlich der Machtaufteilung beendet wurden.

[...]


[1] Helfricht, J., Die Wettiner. Sachsens Könige, Herzöge, Kurfürsten und Markgrafen, Leipzig 42007, 5.

[2] Bereits im Jahre 1243 erfolgte die Eventualbelehnung Heinrichs dem Erlauchten von Meißen durch Kaiser Friedrich II. mit den bis dahin ludowingischen Gebieten. Im Thüringischen Erbfolgekrieg konnten die Ansprüche dann endgültig gesichert werden.

[3] Groß, R., Die Wettiner, Stuttgart 2007, 49.

[4] CDS I B 4, Nr. 244, 432.

[5] Streich, B., Politik und Freundschaft. Die Wettiner, ihre Bündnisse und ihre Territorialpolitik in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Tacke, A. (Hrsg.), Kontinuität und Zäsur. Ernst von Wettin und Albrecht von Brandenburg, Göttingen 2005, 11-33, 11f.

[6] Blaschke, K., Die Leipziger Teilung der wettinischen Länder 1485, in: Sächsische Heimatblätter 31 (1985), 277-280, 277.

[7] Vgl. Thieme, A., Die Leipziger Teilung der wettinischen Lande, in: Eigenwill, R. (Hrsg.), Zäsuren sächsischer Geschichte, Beucha/Markleeberg 2010, 69-93, 70.

[8] Vgl. Graupner, V., Die Leipziger Teilung von 1485, in: Hoffmeister, H./Wahl, V. (Hrsg.), Die Wettiner in Thüringen. Geschichte und Kultur in Deutschlands Mitte (= Schriften des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar 2), Arnstadt/Weimar 1999, 87-92, 87.

[9] Rogge, J., Konflikt, Kommunikation, Konsens. Zur Regelung innerdynastischer Konflikte bei den Wettinern in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Emig, J. (Hrsg.), Der Altenburger Prinzenraub 1455. Strukturen und Mentalitäten eines spätmittelalterlichen Konflikts, Beucha 2007, 17-28, 24.

[10] Groß, R., Wettiner, 74.

[11] Rogge, J., Die Wettiner. Aufstieg einer Dynastie im Mittelalter, Ostfildern 2009, 104.

[12] Groß, R., Wettiner, 60.

[13] Blaschke, K., Art. Mutschierung, in: LexMA VI (1993), 975f.

[14] Rogge, J., Herrschaftsweitergabe, Konfliktregelung und Familienorganisation im fürstlichen Hochadel. Das Beispiel der Wettiner von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters 49), Stuttgart 2002, 158.

[15] Thieme, A., Leipziger Teilung, 77.

[16] Naumann, M., Die wettinische Landesteilung von 1445, in: NASG 60 (1939), 171-213, 178f.

[17] Blaschke, K., Sächsische Heimatblätter 31 (1985), 279.

[18] Rogge, J., Zur Praxis, Legitimation und Repräsentation hochadliger Herrschaft im mitteldeutschen Raum. Ergebnisse und Perspektiven, in: Ders./Schirmer, U. (Hrsg.), Hochadlige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 bis 1600). Formen – Legitimation – Repräsentation, Leipzig 2003, 465-506, 473.

[19] Ders., Herrschaftsweitergabe, Konfliktregelung und Familienorganisation, 323.

[20] z.B. Thieme, A., Leipziger Teilung, 82f.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Möglichkeit der Landesteilung als Lösung dynastischer Konflikte am Beispiel der Altenburger und Leipziger Teilung
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Historisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V200287
ISBN (eBook)
9783656264651
ISBN (Buch)
9783656265030
Dateigröße
528 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wettiner, Landesteilung, Dynastie, dynastische Konflikte, Altenburg, Leipzig, Ernestiner
Arbeit zitieren
Cordula Zierold (Autor:in), 2011, Die Möglichkeit der Landesteilung als Lösung dynastischer Konflikte am Beispiel der Altenburger und Leipziger Teilung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200287

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