Mensch-Umwelt-System als geographisches Paradigma

Systemtheoretische und komplexitätstheoretische Ansätze


Hausarbeit (Hauptseminar), 2010

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Vorwort

1. Systemtheorien als Ansätze einer theoretischen Basis integrativer Projekte in der Geographie?
1.1 Die Rolle des Beobachters
1.2 Komplexität

2. Moderne Systemtheorie
2.1 Autopoiesis, Form, Beobachtung
2.2 Grenzen der Steuerung
2.3 Integration der Geographie über Systemtheorie?

3. Komplexitätstheorie
3.1 Komplexität und Emergenz
3.2 Adaptives Management
3.3 Das Integrationspotential

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung von Labilität, Indifferenz, Stabilität und dynamischer Instabilität

Abbildung 2: Schematische Darstellung des Doppelpendels

Vorwort

Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich im Rahmen des Hauptseminars „Integrative Ansätze in der Geographie“ mit Systemtheorien und ihrem Integrationspotential für Physio- und Humangeographie.

Zunächst wird zur Fragestellung hingeleitet, ob systemtheoretische und
komplexitätstheoretische Ansätze als mögliche Kandidaten für die theoretische Basis in der Geographie in Frage kommen, und worin ihr möglicher Nutzen für die Arbeit von Geographen und Geographinnen besteht. Einhergehend damit werden die mit den dargestellten Systemtheorien verbundenen Grundüberlegungen aufgezeigt. Im Hauptteil werden die Theorie sozialer Systeme von Niklas Luhmann und die Komplexitätstheorie anhand von Schlüsselbegriffen vorgestellt. Es wird versucht die Begriffe System und Umwelt darzustellen, da sie „den Kern der theoretischen Erforschung gekoppelter sozialer und physisch-materieller Systeme [darstellen]“ (Dikau 2008: 7). Das Beispiel für eine systemtheoretische Betrachtung im Luhmann‘schen Sinne bezieht sich auf die begrenzte Steuerbarkeit von Systemen und ihrem Verhalten, das Beispiel für die Anwendung einer komplexitätstheoretischen Betrachtung bezieht sich auf Planungsprozesse. Es wird jeweils das Integrationsvermögen dargestellt. Im Fazit folgt eine Zusammenstellung von möglichen Nutzen und damit verbundenen weiteren Forschungs- und Diskussionspunkten. Bei meinen Ausführungen werde ich mich hauptsächlich auf die Arbeiten der Autoren beziehen, die im Gesprächskreis „Integrative Projekte in der Geographie“, ein Gemeinschaftsprojekt vom Leibnitz-Institut für Länderkunde e.V. mit dem Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien, mitwirken.

1. Systemtheorien als Ansätze einer theoretischen Basis integrativer Projekte in der Geographie?

Man spricht als Geograph häufig von Systemen; Ökosystem, Wirtschaftssystem, GIS usw. Im Alltagsverständnis des Geographen erscheint die Welt aus gekoppelten Systemen zu bestehen, sodass in diesem Sinne alles durch Wechselwirkungen miteinander verbunden ist. Ferner besteht die Meinung, dass die Systeme nach Gleichgewichtszuständen streben (Egner 2006).

Die ersten systemtheoretischen Arbeiten entwickelten sich in den 1940er Jahren durch den Zusammenschluss der Themenfelder wie Informationstheorie, Kybernetik und Theorien der Organisation sowie der Operation. Der erste Ansatz für eine Metatheorie bildete die von Bertalanffy entwickelte Allgemeine Systemtheorie. Seither werden systemtheoretische Begriffe in gesellschaftliche und wissenschaftliche Bereiche importiert. Wie selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass es verschiedene Systeme mit festen Grenzen gibt, wobei die Frage der Grenzziehung keine triviale ist. Die Grenze wird von wem gezogen? Was ist die Umwelt eines Systems (Egner 2006)?

Da systemisches Denken sowohl bei Physio- wie auch bei Humangeographen verbreitet ist, scheint es interessant sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Systemtheorie als Hintergrundtheorie in Frage kommt und worin der Mehrwert für die Geographie besteht (Egner 2006). Da eine Annäherung von Physio- und Humangeographie nur auf theoretischer Basis erfolgen kann, muss nach Anknüpfungspunkten gesucht werden, die für natur- wie sozialwissenschaftlich denkende Wissenschaftler gleichermaßen attraktiv und gewinnbringend sind (Egner 2008d). Es wird von der These ausgegangen, „dass integrative Projekte im Rahmen einer ‚geographischen Gesellschaft-Umwelt-Forschung‘ nur dann realisiert werden können, wenn es gelingt, neue Hintergrundtheorien der Gesellschaft-Umwelt-Interaktion zu finden oder zu entwickeln. Dabei müsste es sich um aktuelle Theorien handeln, die eine hohe ‚Anschlussfähigkeit‘ an gegenwärtige Theoriesysteme der Sozial- und Naturwissenschaften aufweisen oder mit diesen zumindest kompatibel sind“ (Wardenga 2006: 18). Es bietet sich eine Chance auf eine gemeinsame Sprache durch „eine Reihe von Verallgemeinerungen und Schlüsselkonzepten der Systemperspektive“ (Wardenga 2006: 27). So kann vermieden werden, dass auf beiden Fachseiten dieselben Gegenstände unterschiedlich verstanden werden. Ferner muss für inter- und transdisziplinäre Projekte das Wissen und Können bereitgestellt werden, um die erforderlichen Kommunikationsprozesse gestalten zu können. Es kommt demnach auch auf eine gemeinsame Problemsicht und Denkweise an, damit das Ganze mehr ist als die reine Addition der Forschungsergebnisse (Egner 2008c).

1.1 Die Rolle des Beobachters

Damit eine gemeinsame Sprache entwickelt und ein gemeinsamer Forschungsgegenstand konstituiert werden kann, müssen die Geographen und Geographinnen noch einige Denkschritte gehen. Dazu zählt die Verabschiedung von der Auffassung, es gäbe einen statischen Punkt, von dem aus etwas grundlegend und objektiv bestimmt werden könne. Der sogenannte archimedische Punkt existiert nicht. Denn Welt kann nie als eine Einheit beobachtet werden, das bedeutet, man kann nie alles gleichzeitig beobachten. Beobachtung findet somit immer nur innerhalb von Welt statt. Es müssen folglich Grenzen gezogen werden und dies geschieht durch eine Unterscheidung. In diesem Sinne findet Beobachtung immer innerhalb eines Systems statt, also in Selbstreferenz zum entsprechenden System. Daher kann es keinen allgemeinen Wahrheitsanspruch geben. Die Verabschiedung von Objektivität gilt demnach gleichermaßen für die Natur- und Sozialwissenschaften (Wardenga 2006).

Die Benutzung einer Systemtheorie als Metatheorie enthält daher zusätzlich immer die Reflexion, „für welches System die mittels Beobachtung getroffenen Aussagen gelten“ (Wardenga 2006: 27). Für die beiden Disziplinen folgt daraus, dass man nicht mehr die Systemforschung betreiben kann, die sich auf systemtheoretische Erkenntnisse aus der Mitte des 20. Jahrhunderts bezieht. Die Abwendung von der Allgemeinen Systemtheorie ist klar zu betonen, denn beispielsweise ist die Vorstellung Systeme strebten nach selbstregulierenden Gleichgewichten, also nach Homöostase, nicht mehr angemessen (vgl. Egner 2008d: 10 und Wardenga 2006: 29).

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Mensch-Umwelt-System als geographisches Paradigma
Untertitel
Systemtheoretische und komplexitätstheoretische Ansätze
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
21
Katalognummer
V199963
ISBN (eBook)
9783656261865
ISBN (Buch)
9783656262480
Dateigröße
539 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mensch-umwelt-system, paradigma, systemtheoretische, ansätze
Arbeit zitieren
Martin Loose (Autor:in), 2010, Mensch-Umwelt-System als geographisches Paradigma, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199963

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