Das Asturische – Eine Varietät mit Anspruch auf einen offiziellen Status?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2010

20 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Asturische als Varietät des Kastilischen
2.1 Einordnung des Asturischen
2.2 Sprachliche Besonderheiten des Asturischen

3 Das Asturische – ein Relikt oder immer noch aktuell?
3.1 Ausbau der Varietät
3.2 Öffentliche Meinung
3.2.1 Regionalumfrage von 1985
3.2.2 Encuesta sobre el asturiano – eine aktuelle Befragung

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Dialektzonen, vereinfacht nach:

Promotora Española de Lingüística: Anon.

www.proel.org/index.php?pagina=lenguas/bable (13/01/11).

1 Einleitung

Das Asturische ist eine der Varietäten in Spanien, die in ihrer Region keinen offiziel­len Status innehat. Die spanische Regierung überlässt den Autonomen Regionen die Befugnis über die Entscheidung, der in ihrer Region vorhandenen Varietät einen kooffiziellen Status zu verleihen. Daraus ergibt sich unweigerlich die Frage, warum dies in Asturien nicht der Fall ist. Ist das Asturische veraltet, nur noch ein historisches Relikt und findet im Alltag keine Verwendung mehr? Oder ist es dem Kastilischen – der Standardsprache – so nahe, dass es keinen Anspruch hat, sich als eigene Sprache zu bezeichnen?

Diesen Fragestellungen soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Dahingehend werden einleitend eine begriffliche Einordnung, sowie die geographische Situierung des Asturischen vorgenommen, um einen ersten Über­blick zu verschaffen. Die anschließende Darstellung der sprachlichen Besonderheiten zeigt die Unterschiede zum Kastilischen auf. Kapitel 3 beschäf­tigt sich zunächst mit dem Ausbau der Varietät, um im Anschluss daran darzulegen, inwieweit das Asturische verbreitet ist. Daran anknüpfend wird eine Zusammenfassung einer offiziellen Umfrage von 1985 die damalige Meinung der Bevölkerung wiedergeben. Um gleichermaßen aktuelle Stand­punkte mit einbeziehen zu können, wurde überdies eine Umfrage ausgearbeitet und vor Ort durchgeführt. Die daraus gewonnenen Daten werden abschließend ausgewertet und erläutert.

Die Argumentation der vorliegenden Untersuchung beschäftigt sich mit der zentralen These, ob aufgrund des geringen Ausbaus sowie dem marginalen Interesses der Bevölkerung keine Rechtfertigung gegeben ist, dem Asturischen einen offiziellen Status zuzusprechen. Die obige Vorgehensweise ist geeignet, um die genannte These zu überprüfen und intersubjektiv nachvollziehbar zu machen, da die theoretischen Überlegungen anhand der Umfragen veranschaulicht und gleichzeitig überprüft werden.

2 Das Asturische als Varietät des Kastilischen

2.1 Einordnung des Asturischen

Taucht der Begriff Asturisch oder Asturianisch auf, so wird er zunächst mit Asturien, einer der Autonomen Regionen Spaniens, assoziiert. Im geographischen oder politischen Gebrauch, ist diese Zuordnung zum Fürstentum Asturien auch völlig legitim. Wird er indes verwendet, um den Dialekt asturiano, also eine Varietät des Kastilischen zu bezeichnen, so darf er keinesfalls nur mit dem Fürstentum verbunden werden, denn: „Die sprachlichen Grenzen der Asturianischen Dialektgruppe fallen nicht mit den Grenzen der Autonomen Region Asturien zusammen.“ (Bauske 1995, S. 7) Das Fürstentum Asturien liegt im Nordwesten der Iberischen Halbinsel:

El Principado de Asturias se encuentra situado en el noroeste de la Península, en la costa cantábrica, y comprende una superficie de 10.565 km², lo que corresponde al 2,09 % del territorio español […] (Herreras 2006, S.112)

Das asturische Sprachgebiet reicht jedoch bis an die an Asturien angrenzenden Regionen Kalabrien und León und schließt darüber hinaus Teile der Extremadura und Portugals, genauer gesagt Miranda, mit ein. Dort wird es aus diesem Grund als mirandesisch bezeichnet und besitzt heute eine eigene Norm. (vgl. Radatz, Torrent i Alamamny-Lenzen 2006, S.33) Die Ursache für diese Ausbreitung des Sprachge­biets ist historisch bedingt, denn Asturien gilt als Keimzelle der Reconquista. (vgl. Breuer 2008, S. 29) Mit der im Norden beginnenden Reconquista verlagerte sich das Asturische weiter nach Süden. Die Ausdehnung des Sprachgebiets bis nach León erklärt die weiteren Bezeichnungen, die für das Asturische existieren. So werden in sprachwissenschaftlichen Untersuchungen die Bezeichnungen asturiano, asturleonés und leonés weitestgehend synonym gebraucht. (vgl. Herreras 2006, S.113) Darüber hinaus existiert der Begriff bable, der zunächst ausschließlich von den Muttersprachlern selbst verwendet wurde. Später fand er hingegen Einzug in die Literatur und steht heute als Oberbegriff für die einzelnen Mundarten des Asturischen. (vgl. Dietrich, Geckeler 2007) Die Variationen des Asturischen außer­halb der Grenzen von Asturien sollen an dieser Stelle jedoch keine weitere Vertiefung finden, da sie für die vorliegende Arbeit nicht von Relevanz sind. In Asturien selbst können vier Dialektgruppen unterschieden werden (vgl. Abb.1):

Siguiendo las estimaciones de los filólogos, podemos dejar constancia de que las hablas de Asturias se encuentran repartidas en cuatro áreas o zonas lingüísticas: "oriental", "central", "occidental" y "astur-galaica". (Novo Mier 1980, S.41–42)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1

Wie in Kapitel 2.2 anhand der jeweiligen Merkmale näher erläutert wird, unterscheiden sich diese sehr wohl voneinander. Nichtsdestotrotz wird in Kapitel 3 der Begriff Asturisch verallgemeinernd für die vier genannten Dialektgruppen verwendet, da eine Unterscheidung dort nicht sinnvoll erscheint.

Im Gegensatz zu vielen anderen Varietäten des Spanischen, die auf der Iberischen Halbinsel existieren, hat das Asturische im Fürstentum selbst nicht den Status einer kooffiziellen Sprache inne. Ungeachtet dessen, genießt das Asturische, im Vergleich zu anderen regionalen Dialekten in Spanien, die ebenfalls keinen offiziellen Status haben, einen hohen Rückhalt in Asturien, denn die Sprecherzahl beträgt ca. 600.000. (vgl. Bollée, Neumann-Holzschuh 2008, S.151)

2.2 Sprachliche Besonderheiten des Asturischen

Zwar unterscheidet sich das Asturische durchaus von der Standardsprache, jedoch ist der Abstand des Asturischen gegenüber dem castellano nicht übermäßig, das heißt die gegenseitige Verständlichkeit ist durchaus noch gegeben. Dies resultiert aus der Tatsache, dass sich das Asturische, ebenso wie das castellano aus dem Vulgärlatein entwickelt hat. „Das Asturianische ist ein zum Teil stark vom Spanischen abweichendes Idiom, aber dennoch für Spanischsprecher nur selten völlig unverständlich [...]“ (Radatz 2006: S. 33)

Die folgenden ausgewählten Beispiele sollen einen kurzen Überblick über die Charakteristika dieses Dialekts bieten.

Eines der auffälligsten Merkmale des Asturischen sind die Endvokale. Während die unbetonten Auslautvokale erhalten bleiben, werden -e und -o häufig zu -i und -u geschlossen: ‚pelo‘ > ‚pilo‘; ebenso werden -as, -ais und -an zu -es, -eis, und -en: ‚cantabais‘ > ‚cantabeis‘, ‚cantan‘ > ‚canten‘. Ein auslautendes -i oder -u hat häufig Umlautungen zur Folge: ‚pelu‘(pelo) > ‚pilu‘, ‚tsubo‘(lobo) > ‚tsubu‘. Es fin­det eine Diphthongierung von vulgärlateinischem é und ó in jeder Stellung statt: ‚teneo‘ > ‚tiengo‘, ‚folia‘ > ‚fueya‘, nocte > ‚nueche‘. Ein betontes á und í bleiben als Diphthong éi erhalten: ‚vaqueiru‘, ‚cordeiro‘. Der lateinische Ursprung ist im anlautenden f- festzustellen; es wird im Gegensatz zum castellano bewahrt: ‚hijo‘ > ‚fiyo‘, ‚hambre‘ > ‚fame‘. Im nördlichen und westlichen Teil Asturiens hat es sich hingegen mittlerweile zum aspirierten [h] oder [x] entwickelt, so wie es im Kastilischen gebräuchlich ist. Darüber hinaus wird der Nexus -kt- und -(u)lt- beibehal­ten: ‚palomba‘, ‚chumbo‘. (vgl. Dietrich, Geckeler 2007: S.39-40)

Anstelle der Gruppe -mbr- tritt ein einfaches –m- wie in ‚llume‘, ‚fame‘, ‚home‘. Das Possessiv ‚mío‘, ‚mió‘, ‚tó‘, ‚só‘, welches ursprünglich maskulin war, wird heute auch feminin gebraucht: ‚mío madre‘, ‚tó casa‘. Eine Eigenheit, die im Zentrum von Asturien auftaucht, ist das auslautende -a, dass sich in ein -e verwandelt: ‚las casas‘ > ‚les cases‘, ‚guapas‘ > ‚guapes‘, ‚tu cantas‘ > ‚tu cantes‘. Im nördlichen Teil wurden noch Besonderheiten wie die Palatalisierung des Anfangs- l- bewahrt, z.B. ‚llobu‘ oder ‚lluna‘, zum Teil wird auch das -l- mitten im Wort palatalisiert: ‚allegriya‘, ‚baillar‘. In manchen Gebieten kommt es dazu, dass sich das n- zu Beginn eines Wortes zum ñ verändert: ‚ñariz‘.

Im astur-galaica ist eine weitere Auffälligkeit festzustellen. Ähnlich wie im Portugiesischen werden die Diphthonge -ei und -ou meist beibehalten: ‚cantei‘, ‚roubar‘. Das Suffix -oiro (paradoira) und das -e zum Wortende sind ebenfalls zu finden: ‚necesidade‘, ‚rede‘, ‚partire‘. (vgl. Lapesa Melgar, Menéndez Pidal 2005, S. 467–470).

3 Das Asturische – ein Relikt oder immer noch aktuell?

Nach der groben Einordnung des Asturischen und der einhergehenden Hervorhebung wesentlicher Merkmale dieser Varietät, soll nun der Frage nachgegangen werden, ob das Asturische ausstirbt und nur noch als Relikt existiert oder immer noch aktuell gebräuchlich ist. Aus diesem Grunde wird zunächst der Ausbau dieser Varietät in Asturien untersucht. Anschließend sollen eine offiziell durchgeführte Umfrage und eine inoffizielle Befragung einen Überblick über das gegenwärtige öffentliche Meinungsbild der asturischen Bevölkerung in Bezug auf das Asturische verschaffen.

3.1 Ausbau der Varietät

Um den Ausbau einer Varietät zu untersuchen, müssen die externen Faktoren betrach­tet werden. Ein wichtiges Kriterium ist der Status über den eine Varietät ver­fügt. „Die spanische Verfassung hatte grundsätzlich die Mehrsprachigkeit des Landes anerkannt. Die weitere Regelung wird in die Autonomiestatuten verwiesen.“ (Bauske 1995, S.233) Mit dieser Regelung wurde die Entscheidung, einer Varietät offiziellen Status zuzusprechen von der spanischen Regierung an die jeweiligen Autonomen Regionen abgegeben. Wie bereits zu Beginn erwähnt, genießt das Asturische im Fürstentum jedoch keinerlei offiziellen Status. Damit steht es hinter dem Katalanischen, Baskischen und Galicischen zurück, die in ihren jeweiligen autonomen Regionen den Status einer kooffiziellen Sprache, neben dem Kastilischen, besitzen. (vgl. Radatz, Torrent i Alamamny-Lenzen 2006) Im Estatuto de Autonomía de Asturias wird die Varietät als bable erwähnt und als ‚ Modalidad lingüística ‘ bezeichnet. (vgl. Herreras 2006, S.113)

In den Artikeln 4 und 10 des 1982 erlangten Autonomiestatuts wurde bestimmt, dass dem bable als spezifische Sprache Asturiens voller Schutz in Medien und Bil­dungswesen zukommen soll und die Autonome Region für Verbreitung und Schutz des Asturianischen in seinen Varietäten zuständig ist. Wichtig ist dabei, dass die lokalen Varietäten und der freie Wille der Asturianer, die Sprache zu lernen, zu respektieren sind. (Radatz, Torrent i Alamamny-Lenzen 2006)

Hiermit wurde dem Asturischen Schutz zugesprochen und gleichzeitig der asturianischen Bevölkerung die Möglichkeit gegeben, es in Schule und Universität zu erlernen. Allerdings hat „Schon (schon) das Autonomiestatut für Asturien […] bei seiner Formulierung einen Kompromiß [sic] dargestellt, insofern darin zwar der Schutz des bable, aber nicht dessen offizieller Status festgeschrieben worden war.“ (Bauske 1995, S.233–234) In der Folge gab es weitere Bemühungen in Asturien, dem Asturischen einen kooffiziellen Status zu verleihen. „Regierungsintern war das Gesetz zum Schutz des bable am 26. April 1988 fertiggestellt, [...] gelangte jedoch erst am 16. Mai 1988 zur Vorlage. […] Im Folgenden lebte die Diskussion immer wieder auf [...] offensichtlich fehlte jedoch bei der führenden Regierungspartei der politische Wille, das Gesetz parlamentarisch durchzusetzen.“ (Bauske 1995, S.234–235) Zwischen 1982, dem Verkünden des Autonomiestatuts und 1990 kamen immer wieder pro-asturische Bestrebungen auf, die jedoch nie zu einem positiven Abschluss führten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt hinsichtlich des Ausbaus ist das Vorhandensein einer Normierung und einheitlichen Orthographie. 1974 wurde der Conceyu bable gegründet. Seine Mitglieder forderten die Überwindung der Diglossie. (vgl. (Radatz, Torrent i Alamamny-Lenzen 2006, S.34) Um dies zu erreichen war ihr erklärtes Ziel eine Normierung sowie eine einheitliche Ortographie des Asturischen zu schaffen. „Die 1976 veröffentlichte Gramática bable ist der Versuch einer synchronen Beschrei­bung des Asturianischen des zentralen Sprachgebiets mit Ansätzen zur Normierung.“ (Bauske 1995, S.99)

„1978 erschienen dann in Broschürenform die Normes Ortográfiques del Bable des Conceyu Bable. Im Unterschied zur Gramática Bable sind diese Normen ganz auf Asturianisch redigiert und kommen damit einer wichtigen Forderung der Sprachminderheitenbewegungen nach: In der Minderheitensprache selbst über diese zu reden.“ (Bauske 1995, S.106) Die Academia de la Llingua asturiana wurde 1980 gegründet, vor dem Hintergrund das Asturianische zu normieren und zeitgleich die Sprache auszubauen. (vgl. Radatz, Torrent i Alamamny-Lenzen 2006, S.34) Noch im gleichen Jahr erarbeitete die Academia orthographische Normen. (vgl. Bollée, Neumann-Holzschuh 2008, S.152) Seit ihrer Gründung 1984, fordert die Xunta pola Defensa de la Llingua Asturiana eine Verbesserung der Situation und darüber hinaus Offizialität für das Asturische. Auf ihrer Homepage beschreiben sie ihr Bestreben wie folgt:

La Xunta pola Defensa de la Llingua Asturiana ye una organización social, independiente y apartidista que tien como únicu ámbitu d’actuación el de la defensa de la llingua asturiana y de los derechos llingüísticos de les persones falantes d’asturianu. (La Xunta pola Defensa de la Llingua Asturiana)

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Das Asturische – Eine Varietät mit Anspruch auf einen offiziellen Status?
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Dialektologie des Spanischen
Autor
Jahr
2010
Seiten
20
Katalognummer
V199597
ISBN (eBook)
9783656259060
ISBN (Buch)
9783656260394
Dateigröße
767 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Asturien, Asturisch, Asturianisch, Dialektologie, Varietät des Spanischen, bable
Arbeit zitieren
Katharina Hansen (Autor:in), 2010, Das Asturische – Eine Varietät mit Anspruch auf einen offiziellen Status?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199597

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