Die Zensur im Vormärz - Kommunikationswege und Reaktion der betroffenen Autoren


Hausarbeit, 2010

18 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

I. Einleitung

II. Die Zensur im Vormärz
1. Die Bedeutung von Zensur
2. Gründe für die Zensur
3. Mittel und Wege der Zensoren

III. Die Betroffenen
1. Reaktionen
2. Wege der Kommunikation während der Zensur

IV. Exemplarische Analyse verschiedener Briefe der Autoren

V. Schlusswort

VI.Bibliographie

I. Einleitung

Der kritische Impuls, der von den Jungdeutschen ausging und in kürzester Zeit in Deutschland eine die Schranken der Literatur überwindende öffentliche Debatte auslöste, war mit dem Verbot und den Widerrufen nicht verloren. Er mündete ein in jenen eher unterirdisch fließenden Strom kritischer, subversiver Tradition, die es in der deutschen Literaturgeschichte immer auch gegeben hat, der nur gegen das laute und z.T. laue Plätschern der offiziell kanalisierten Traditionsgewässer nie recht ankam.1

Durch das Verbot der literarischen Bewegung Junges Deutschland im Dezember des Jahres 1835 wurden der Literatur öffentlich schwer überwindbare Grenzen gesetzt, die den politischen und vor allem sozialkritischen Inhalt der Schriften diverser Autoren auf ein Minimum reduzierten, beziehungsweise jenen vollständig aus den Schriften tilgten. Die Zensur jedoch konnte die Meinung der Autoren nur oberflächlich unterdrücken. In dieser Arbeit ist es das Ziel, anhand von Briefen, zeitgenössischen Berichten und ausgewählten Texten herauszufinden, wie die betroffenen Autoren zu jener Zeit mit dem Verbot bis in die 1840er Jahre umgingen, und ihre Ambitionen durch das Talent des Schreibens auch durch nicht- öffentliche Wege zum Ausdruck brachten. Mithilfe von Briefen der zensierten Schreiber, die amtlicherseits zu den Mitgliedern des Jungen Deutschlands gehörten, soll am Ende der Arbeit das erlernte Grundwissen über Zensur und die Reaktion der Autoren verifiziert werden. Um das genannte Grundwissen zu festigen muss jedoch zunächst erörtert werden, warum die Schriften der Autoren Heine, Gutzkow, Laube, Wienbarg und Mundt durch den Frankfurter Bundestag verboten wurden und wie es dazu kam. Ferner ist es wichtig zu wissen, wie sich die Zensur in den Augen der Öffentlichkeit ausbreitete und ausdrückte. War es den Menschen bewusst, dass sie nicht alles lasen, was die Autoren ihnen sagen wollten? War es möglich, auch zwischen den Zeilen zu erkennen, was ein Autor der Bewegung dem Leser durch sein Werk mitgeben wollte? Diese Fragen sollen im Verlaufe der Arbeit geklärt werden und anhand diverser Textbeispiele möglichst genau belegt werden. Zu Beginn muss jedoch der Begriff der Zensur untersucht werden und die unmittelbaren Folgen für betroffene Werke aufgezeigt werden, sowie der Versuch einer Erklärung für die Gründe der Regierung von 1835 gemacht werden.

II. Zensur im Vormärz

1. Die Bedeutung von Zensur

Zensur ist ein, von Staat und Kirche oftmals gleichermaßen etabliertes, Mittel zur Kontrolle von Medien aller Art. Wo früher nur Schriften und Bilder eingeschränkt wurden, gibt es in der heutigen Zeit wesentlich vielfältigere Möglichkeiten der Zensur. Nach Edda Ziegler ist Zensur „im engeren Sinne verstanden als der Komplex aller prohibitiven Steuerungsmaßnahmen.“2 Das bedeutet, dass Zensur als Oberbegriff diverser Eingriffe in die Meinungsfreiheit des Bürgers gesehen werden kann.

Die Einschränkung der Publikationsrechte in Deutschland ist für den Raum Großdeutschland und die heutige Bundesrepublik am besten in den Jahren 1770 bis 1848 nachzuvollziehen. Zwar gibt es auch heute noch Zensur im weitesten Sinne, aber zu dieser Zeit waren die Auswirkungen wahrscheinlich wesentlich deutlicher wahrnehmbar. Bis einschließlich 1874, dem Jahr des ersten überregionalen In-Kraft-Tretens eines Gesetzes zur Pressefreiheit zog sich die literarische Kontrolle des Staates und der Kirche.

Aus heutiger Sicht kann die Zensur in drei größere Phasen unterteilt werden. Während die erste Phase zwischen 1770 und den folgenden Jahren bis ins 19. Jahrhundert andauerte und lediglich das Interesse von Kirche und Politik an einer Kontrolle der Veröffentlichungen zeigte, jedoch aufgrund von komplexen Machtverhältnissen keine einheitliche Form der Zensur erkennen ließ, deutet die zweite Phase, welche jedoch ohne Einflüsse aus dem Ausland kaum solche Ausmaße angenommen hätte, auf eine schwere Zeit für Autoren hin. Während sich auch die Zensur (übrigens parallel zur Entwicklung der modernen Literaturgesellschaft3 ) erst langsam entwickelte, wurde sie mit der Zeit ähnlich stark wie auch ihr Ziel, die meinungsäußernde Literatur.

Auf ihrem Zenit in den 1830er Jahren wirkte die Zensur dem Wunsch nach Partizipation am Staat durch das Volk mit allen Mitteln entgegen. Doch Zensur ist keinesfalls ein lokales Phänomen. Die eben genannte zweite Phase wurde beispielsweise eingeläutet, beziehungsweise verstärkt, durch die Franzosen in der Zeit der Besatzung. Die vom Staat als „Schutzmaßnahme“ wahrgenommene Form der Einschränkung freier Selbstentfaltung zwang die Betroffenen vor allem zur Tarnung ihrer oppositionellen Haltung. Durch Zensur, so könnte man es durchaus sagen, entstand mit der Zeit sogar eine vollkommen neue Form der Literatur.

Im 21. Jahrhundert wird Zensur von der deutschen Bevölkerung nur mehr als „Empfehlung“ angesehen. Zensur dient in Deutschland heute in erster Linie dem Schutz von Minderjährigen vor Gewalt und Pornographie, wenn auch die Beschaffung der Medien nicht annähernd so kontrollierbar ist wie zu Beginn der medialen Kontrolle durch den Staat. Andere Länder, wie zum Beispiel China und Nordkorea, haben auch im Jahre 2010 noch eine extreme Form der Zensur. Dort gelingt es auch trotz Internet und globaler Kommunikation, dass zumindest die Einheimischen an einen großen Teil der „verbotenen Medien“ niemals gelangen werden. Aus Sicht eines modernen Europäers dürfte dies auf Unverständnis stoßen, auch wenn unsere Vorfahren ganz ähnlichen Einschränkungen unterlagen.

2. Gründe für die Zensur

Die Gründe des Staates mögen vielschichtig sein, jedoch ist es zum Teil möglich, diese Maßnahmen der Einschränkung auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Wichtig ist, dass der Staat die Medien als Apparat zur Normvermittlung ansah. Aus Sicht des Staates war es damals möglich, das gemeine Volk durch die Kontrolle der Medien zu lenken und die eigenen Interessen durch gezielten Medieneinsatz in den Köpfen der Bürger zu festigen. Die Presse und die schreibenden Künstler wurden damals als „Organ der weltanschaulichen politischen Opposition“4 und die „Literatur als Plattform der Auseinandersetzung“5 angesehen.

Die Zensur war also in der Hauptsache ein Mittel zur Stilllegung oppositioneller Kanäle und zur Kontrolle des Volkes. Im Prinzip wäre es also nicht falsch zu sagen, dass Zensur vor allem aus einer Angst vor mündigen Bürgern und einer starken Opposition entstand. Die Erziehung durch den Staat ist also das oberste Ziel der Zensur. Wie eben angedeutet, ist auch die Zensur in der heutigen Zeit vor allem eine Erziehungsmaßnahme dritter Instanz, wird jedoch kaum mehr als maßgeblich wahrgenommen. Doch der Zwist zwischen Zensur und Zensiertem ist eine ausweglose Situation. Der Zensierte antwortet auf ein Verbot im Normalfall mit einer Unterwanderung dessen, während der Zensor daraufhin mit noch schärferer Kontrolle versucht, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Doch dazu später mehr.

Zensur ist das Gegenteil von Freiheit. Doch Zensur ist auch menschlich. Der Wunsch nach Kontrolle und vor allem der Wunsch nach Ordnung ist es, welcher die Zensur so menschlich macht. Aus Sicht eines Staates ist es schlicht einfacher zu regieren, wenn man weiß, was die Bürger wissen. Ein schönes Beispiel liefert der Film „Das Leben der Anderen“, in welchem die eingeschränkte Pressefreiheit in der DDR thematisiert wird. Während der Staat potenzielle Unruhestifter beobachtet um festzustellen, welche Maßnahmen gegen diese Form der Meinungsäußerung ergriffen werden müssen, erfährt der Zuschauer etwas über die Wege der betroffenen Schreiber um ihre Meinung trotz Zensur äußern zu können. Die Gegenwehr der Künstler (ob nun Autoren oder Maler) ist daher ebenfalls gut nachvollziehbar. Denn nicht nur Rezipienten legen wert auf die Verfügbarkeit aller Informationen, sondern auch den Kommunikatoren erheben einen völlig natürlichen Anspruch auf das Recht sich äußern zu können, unabhängig von dem, was gesagt werden soll.

Und genau diese Tatsache macht es so schwierig das Thema Zensur im Falle einer Entscheidung für oder gegen jene rational zu begründen. Denn beide Positionen, ob nun Zensor oder Zensierter, sind vollkommen menschlicher Natur und somit an für sich gleichwertig. Jedoch darf man an dieser Stelle nicht vergessen, dass es lediglich der Zensor ist, welcher gegen das Grundrecht eines jeden, nämlich die freie Meinung, verstößt.

3. Mittel und Wege der Zensoren

Prinzipiell sind dem Zensor zunächst keine Grenzen gesetzt. Die eben angedeutete Entwicklung der Zensur weist auch zahlreiche Mittel zur Durchsetzung jener auf.

Das literarische System unterliegt ab etwa 1770 zwei Arten von Steuerungsmechanismen: der prohibitiven Steuerung durch Vor- und Nachzensur, Verbot, Privilegien- und Konzessionierungswesen[,] sowie der fördernden Lenkung durch Reglementierung der Lektürewahl und Regulierung des Lesevorgangs.6

Doch eine Erarbeitung der Mittel und Wege der Zensoren fällt nicht leicht, eben weil nur die offensichtlichen Aufsichtsbehörden, beziehungsweise die institutionellen Zensoren nachweisbar sind. Denn nicht nur Staat und Kirche verfolgen eine wirksame Zensur. Auch „politische, religiöse, berufsständische und ökonomische Interessengruppen und Parteien“7 versuchen Einfluss zu gewinnen.

Generell kann man als Mittel der Zensur einige grundlegende Komponenten benennen: Angst, Gewalt, Machtmissbrauch und Drohung, in der heutigen Zeit auch bekannt in Form von Abmahnungen. Natürlich kann man die genannten Attribute nicht immer unmittelbar auf die angewandte Methode münzen, jedoch steckt in jeder Form der Zensur mindestens eine Spur dieser Mittel. Während bei der prohibitiven Steuerung, also der gewollten und gezielten Behinderung von Veröffentlichung und Diskussion eindeutig der Missbrauch von Macht deutlich wird, kann es bei besonders engagierten Oppositionellen auch zum Einsatz von Gewalt kommen. Natürlich sind jene Situationen nicht urkundlich festgehalten worden, aber vielleicht entdeckt man Hinweise in den Briefen, welche im späteren Teil der Arbeit Thema werden sollen.

[...]


1 Kruse, Joseph A. (Hrsg.): Das Junge Deutschland - Kolloquium zum 150. Jahrestag des Verbots vom 10. Dezember 1835. Hamburg 1987, S. 11.

2 Ziegler, Edda: Literarische Zensur in Deutschland 1819 - 1848. München 1983, S. 98.

3 Ebd., S.99.

4 Ziegler, Edda: Literarische Zensur in Deutschland 1819 - 1848. München 1983, S. 100.

5 Ebd.

6 Ziegler, Edda: Literarische Zensur in Deutschland 1819 - 1848. München 1983, S. 98.

7 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Zensur im Vormärz - Kommunikationswege und Reaktion der betroffenen Autoren
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Literaturgeschichte in exemplarischen Beispiel: Anette von Droste-Hülshoff
Note
1,7
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V199269
ISBN (eBook)
9783656257387
ISBN (Buch)
9783656258810
Dateigröße
405 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zensur, vormärz, kommunikationswege, reaktion, autoren
Arbeit zitieren
Anonym, 2010, Die Zensur im Vormärz - Kommunikationswege und Reaktion der betroffenen Autoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199269

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