Wittenwilers "Ring" in der Forschung nach 1989 - Würdigung und Wertung


Magisterarbeit, 2002

126 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

I Einleitung
1.1 Vorbemerkung
1.2 Erkenntnisziel/Methode

II Kurzvorstellung der einzelnen Beiträge
2.1 Plate, Roth, Dallapiazza (Ehedebatte)
2.2 Kopanski, Goheen, Ehlert, Weiss-Amer, Haug, Lienert (Hochzeitsmahl und Tagelied)
2.3 Röcke [Der groteske Krieg], Rocher [Rabelais], Könneker, Brunner [Reden, Blut, Trauer] (Krieg) S
2.4 Rocher [Bertschis letzter Kampf] (Schluss)
2.5 Bachorski, Arntzen, Hirschberg/Ortmann/Ragotzky, Fürbeth, Röcke [Das Lachen], Mülherr, M. Bräuer, Ogier, Tobler, Classen (Erzählhaltung)
2.6 Lutz, Tomasek, Mueller (Allegorie)
2.7 Laude, Cramer, M. Müller (Geistesgeschichte)
2.8 Händl, Sowinski, Jefferis, Huber (Literaturtradition)
2.9 Schmidt, Keller, Rocher [Frauenverständnis] (Sexualität)
2.10 Wiehl, Kokott, Wolf (Numerische Ordnung/Formalia)
2.11 Riha (Forschung)
2.12 Brunner [Gunterfai/Spielmann], Schmidt-Wiegand, Dallapiazza [La letteratura intorno], U. Müller, Szalai, R. Bräuer Classen [Krieg im Mittelalter], Tervooren, Beutin (kleinere Beiträge)

III Kritik der Forschungspositionen
3.1 „Neues“ vom Autor
3.2 Wittenwilers Publikum
3.3 Gründe für das Ausbleiben einer Rezeption des Rings
3.4 Motivtradition
3.5 Die Bauern: Ziel des Spotts oder Stellvertreter?
3.6 Die Farbgebung
3.7 Prolog
3.8 Die Briefe
3.9 Ehedebatte
3.10 Hochzeitsmahl
3.11 Streit/Krieg
3.12 Bertschis Weltflucht
3.13 Beziehung zwischen Lehre und Handlung

IV. Fazit

V. Schaubilder
5.1 Inhalt
5.2 Formales

Abkürzungen

Literatur

I Einleitung

1. 1 Vorbemerkung

Wenn es darum geht, den Ring[1] Heinrich Wittenwilers einzuordnen, ist die neuere Forschung nicht um Superlative verlegen: Vom „merkwürdigsten aller komischen Epen des Mittelalters“[2] ist da die Rede, von der „grandioseste[n], aber auch ungeheuerlichste[n] Replik“,[3] ja sogar als „literarische Gipfelleistung des deutschen Spätmittelalters“[4] wird er gehandelt. Der Autor, über den keinerlei gesicherte Erkenntnisse vorliegen, wird erstaunlich konkret, fast freundschaftlich, als „komischer Kauz“,[5] als „grandioser Verpackungskünstler“[6] charakterisiert. Die Gesamtbetrachtungen und, damit einhergehend, die Herangehensweisen an den Text könnten unterschiedlicher nicht sein, immerhin ist es ein nicht unwesentlicher Unterschied, ob ein Werk tatsächlich belehren und somit dazu beitragen soll, die Welt im Sinne des Autors konstruktiv zu gestalten, oder ob dem Dichter ausschließlich an der Destruktion der Regeln und Traditionen gelegen ist; beides sind Ansätze, die dem Werk unterstellt werden. In einem Punkt allerdings ist sich die Forschung einig: Dem Ring, dieser „eigenbrötlerischen Beschäftigung eines spätmittelalterlichen Advokaten“,[7] wird von allen Seiten ein hoher künstlerischer Wert beigemessen. Selten wurde ein Text mit so unzuvereinbarenden und immer weiter auseinander driftenden Interpretationsansätzen zu entschlüsseln versucht und doch oder gerade deshalb zweifelt niemand an dem besonderen Stellenwert und der Einzigartigkeit des Rings, und das nicht nur, weil „dieses „krude, obszöne, chaotische Werk (...) im Grunde ein „gattungsgeschichtliches Unding [ist].“[8]

1.2 Erkenntnisziel/Methode

In der vorliegenden Arbeit wird die Forschung zu Heinrich Wittenwilers Ring von 1989-2002 vorgestellt und gewertet. Es lag nahe, sich an Ortrun Rihas Forschungsbericht,[9] zu orientieren, in dem sie sich mit dem Zeitraum von 1851-1988 beschäftigt. Ursprünglich war geplant, Rihas Strukturierung zu übernehmen, um demjenigen, der sich mit dem Forschungsstand beschäftigt, eine Möglichkeit an die Hand zu geben, sich mit Hilfe einer einheitlichen Darstellungsweise ein wenig Arbeit zu ersparen. Es stellte sich aber bald heraus, dass mindestens zwei Gründe dagegen sprechen, Rihas rein systematischen Ansatz weiterzuverfolgen: Die Beiträge, die sich seit 1989 mit dem Ring beschäftigen, behandeln fast ausschließlich Einzelaspekte des Textes. Ganzheitliche Interpretationen, aus denen eine Einschätzung der Einzelbereiche hervorgeht, sind, mit Ausnahme von Lutz und Laude, nicht erschienen.[10] Manche dieser Einzelthemen finden in der Forschung vor 1988 keine Erwähnung, oder nehmen zumindest nicht genügend Platz ein, um von Riha ein eigenes Kapitel zugedacht zu bekommen, so etwa Wittenwilers Frauenbild. Andere wiederum, mit denen sich Riha beschäftigt, werden in der neueren Forschung nicht mehr so eingehend behandelt, um ihnen ein eigenes Kapitel zu widmen, zum Beispiel die Datierungsfrage. Auch deshalb, weil einfach keine neuen Erkenntnisse hinzugekommen sind (und wohl auch nicht mehr hinzukommen werden). Es wäre falsch, die neuere Forschung in das Korsett einer ihr unangemessenen Strukturierung zu stecken, nur um eine vermeintliche Einheitlichkeit erzielen zu wollen.

Die Vorgehensweise ist folgende: Es soll versucht werden, gewissermaßen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und die einzelnen Beiträge zunächst kurz vorzustellen. Bestimmte Argumente und Schlussfolgerungen werden leichter nachvollziehbar, wenn sie am Stück, innerhalb ihrer Herleitung nachgezeichnet werden. Dadurch, dass sich die meisten Aufsätze bestimmten Einzelthemen widmen, etwa der Motivtradition oder dem Verhältnis von Lehre und Handlung, macht es Sinn, bereits in diesem Stadium bestimmte Themenbereiche grob abzustecken und die Aufsätze diesen Teilbereichen zuzuordnen, also auf einen chronologischen Abriss zu verzichten. Dessen Nutzen läge ja hauptsächlich darin, bestimmte Veränderungstendenzen in der Fragestellung und Herangehensweise an den Text festzustellen, was angesichts des relativ kurzen Zeitrahmens von 14 Jahren ohnehin unwahrscheinlich ist. Um etwaige Tendenzen in der neueren Forschung ausloten zu können, sind Vergleiche und Zusammenfassungen einzelner Aspekte untereinander aber unumgänglich, und hier kommt die zweite Fliege ins Spiel:

Eine wertende Systematisierung der Einzelaspekte und Stellungnahme zu den Forschungspositionen schließt sich an Teil II an. Um die – mittlerweile bekannten – Argumentationen und Sichtweisen einzelner Autoren auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen zu können, werden sie erneut herangezogen und den Gegenthesen anderer Autoren gegenübergestellt und mit ihnen verglichen. Einzelne Themen können ja unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert werden: Die Neidhart-Figur zum Beispiel ist gleichzeitig Teil der motivgeschichtlichen Tradition, sie lässt damit einhergehend auch auf ein mögliches Publikum des Rings schließen, auch gehört sie zum Themenbereich „ Bauernturnier “.[11] Es stellt sich aber als ein außerordentlich schwieriges Unterfangen dar, solche Vergleiche und Gegenüberstellungen einzelner Thesen zu bewerkstelligen, ohne sich zuvor wenigstens kurz innerhalb ihrer eigenen Argumentation angenähert zu haben. Daher wird sich die Wertung (so weit wie möglich) auf Teil III der vorliegenden Arbeit beschränken.

II Kurzvorstellung der einzelnen Beiträge

2.1 Ehedebatte

Bernward Plate: Wittenwilers ´Ehedebatte` als Logik-Persiflage[12]

Plate untersucht die Ehedebatte unter dem Vorzeichen der Logik. Seine These besagt, dass in dieser Passage weniger die Rhetorik als vielmehr die Logik thematisiert und persifliert werde. Eine Persiflage auf die Logik wäre für Plate natürlich einfacher nachzuweisen, weil die logischen Gesetze immer gleich, also einfacher zu nachzuprüfen sind. Es galt immer: „Wer logisch redet, muß widerspruchsfrei reden.“[13] Plate sieht seinen Ansatz auch durch Nabelreibers Ausspruch in V. 3519f[14] bestätigt, den er als Hinweis auf die Ehedebatte als ein Thema der Logik, nicht als eines der Rhetorik einstuft.

Bereits für die einleitende Rede Bertschis weist Plate nach, dass sie nach formal-logischen und auch inhaltlichen Regeln vor Widersprüchen nur so strotzt. Allein aus der Exposition könne man also auf eine Logik-Persiflage schließen.

Im Folgenden untersucht Plate jedes einzelne Argument der Sprecher auf ihren logischen Gehalt hin und weist nach: Zwar versuchen die Bauern, nach logischen Regeln zu argumentieren (Syllogismen zu bauen, etc.), scheitern aber daran und verwickeln sich in Widersprüche. Leider verzichtet Plate darauf, die gewonnenen Erkenntnisse weiterzuverfolgen und in einen größeren interpretatorischen Rahmen zu stellen. So bleibt die Frage nach Wittenwilers Einstellung zur Logik und seinen Wirkungsabsichten ungestellt.

Detlef Roth: Von der dissuasio zur quaestio. Die Transformation des Topos An vir sapiens ducat uxorem in Wittenwilers `Ehedebatte´[15]

Roth diskutiert die Ehedebatte vor dem konkret-historischen Hintergrund ihrer textuellen Grundlage, des Topos’ „ An vir sapiens ducat uxorem “. Er legt zunächst dar, dass die literarische Tradition zu dem Thema nicht als Frage formuliert wurde, sondern als generelles Abraten von der Ehe, das sich vor allem an den Klerus richtete (dissuasio).

Dadurch, dass dieses Thema bei Wittenwiler als Frage formuliert werde (ein Genus, der den Philosophen, aber bestimmt nicht den Bauern vorbehalten war),[16] entstehe eine Absurdität, die dem damaligen Hörer habe auffallen müssen.[17]

Das eigentliche Verdienst der Ehedebatte ist, so Roth, die Konfrontation der Aussagen verschiedener historischer Quellen (männlich: theologische Ethik, weiblich: aristotelisch geprägte Ökonomieliteratur). Eine solche Konfrontation habe zuvor nicht stattgefunden, d.h. Wittenwiler produziere mit seiner Ehedebatte die Problematik überhaupt erst. Dieses „Aufeinanderprallen“ zweier bis dahin unabhängig voneinander gültiger lateinischer Spezialdiskurse führe in der Konsequenz zu einer völlig situationsinadäquaten Diskussion. Die vorgebrachten Argumente träfen auf Bertschi und Mätzli als Bauern natürlich nicht zu, was wiederum zur Komik beitrage. Durch die Gegenüberstellung der klerikal-theoretischen zur pragmatisch-weltlichen Sichtweise würden zudem beide Ansätze relativiert. Durchaus beabsichtigt, wie Roth meint, und doch spreche diese Relativierung der historischen Vorlagen keineswegs für modernes Gedankengut im humanistischen Sinne, sondern nur für eine praktische „Aneignung lateinischen Wissensgutes in neuen literarischen Kontexten und unter den veränderten Bedingungen der volkssprachlichen Literatur“[18]

Michael Dallapiazza: Sprechen über die Frau. Haushaltsdiskurse bei Wittenwiler und anderen

Auch Dallapiazza erkennt in der Ehedebatte – literaturhistorisch betrachtet – die Zusammenführung von traditioneller Ehedidaktik und der Ökonomielehre.[19] Er beschreibt die Ehedebatte als eine historische Entwicklung, die die klerikalen Ehediskurse und eine pragmatische, auf die Welt gerichtete Herangehensweise vereint und in der Volkssprache präsentiert, wodurch sich wiederum deren praktischer Nutzen erhöhe.

Dallapiazza wertet Nabelreibers Schiedsspruch im Gegensatz zu anderen als einen Sieg für die Frauen. Zudem sprächen verschiedene rhetorische Strategien für eine Überlegenheit der weiblichen Seite, so z.B. die Tatsache, dass sich diese nicht auf platte Sentenzen beschränkten, sondern, aus der Erfahrung schöpfend, kreativer seien und so die engstirnigen Argumente der Männer widerlegten.

Dallapiazza scheint vollauf begeistert von der Schlüssigkeit weiblicher Argumentation zu sein. Anhand des Beispiels der Gegenrede von Fro Laichdenman, deren Argumente „(...) so pragmatisch wie innovativ, so aggressiv wie revolutionär“[20] seien, stellt er klar, dass zwar die traditionelle Rollenverteilung im Haushalt nicht in Frage gestellt würde, der Status der Frau aber trotzdem sprunghaft ansteige.[21] Auch erhalte das Bild eines sich ändernden Familienbegriffs bereits hier erkennbare Strukturen. Durch die Aufwertung der Frau ohne Herabsetzung des Mannes werde eine Art „partnerschaftliches Modell“ eingeführt, dass „positiv gefühlt werden kann.“[22]

Zum einen zeichne sich die Ehedebatte also durch die Vermischung traditionell-klerikaler Ehelehre mit pragmatischerer Haushaltslehre aus, zum anderen (und für Dallapiazza entscheidender) durch den innovativen – weil aus weiblicher Sicht vorgetragenen – Entwurf einer „kleinfamiliale[n] Intimität“.[23] Gerade diese wäre aus den literarischen Vorlagen alleine nicht zu gewinnen gewesen, was als ein Hinweis auf Wittenwilers kritische Haltung gegenüber starren, traditionellen Sichtweisen gewertet wird.

2.2 Hochzeitsmahl

Frank Kopanski: „sam säw zum nuosch“ Anmerkungen zum Hochzeitsmahl in Heinrich Wittenwilers ´ Ring `[24]

Steckt hinter dem Hochzeitsmahl mehr als eine Lehre ex negativo ? Kopanski versucht in seinem Aufsatz, den Beweis für eine positive Antwort zu erbringen. Seinen Verdacht sieht er durch mehrere Hinweise bestätigt: Allein die Länge des Abschnitts und die Fülle der Regelverstöße in Verbindung mit einer „bewußten Steigerung der Brutalität (...) gespickt mit Ausdrücken aus dem [sic!] Bereichen der Fäkalsprache und des Obszönen“[25] sprächen für eine tiefere Absicht Wittenwilers.

Beim Vergleich der Stilmittel des Hochzeitsmahls im Ring und Friedrich Dedekinds „Grobianus“ (einem ca. 100 Jahre später entstandenem, eindeutig als Umkehrung höfischer Sitten zu lesenden Text) fallen Kopanski mehrere Ungereimtheiten auf, so zum Beispiel die Misshandlung des Hausherren durch die Dienerschaft,[26] die für eine rein grobianisch zu lesende Tischzucht unangemessen brutal wäre. Überhaupt würden die Folgen des Nicht-Beachtens von höfischen Tischsitten weitaus detaillierter dargestellt, als bei vergleichbaren grobianischen Tischzuchten.[27] Auch würde die Darstellung von Obszönem weitaus genauer geschildert, als dies für eine reine Negativdidaxe nötig wäre, sie würde in die Handlung integriert und ausgebaut.

Diese Umstände wertet Kopanski als Indizien für seine These, Wittenwiler sei es in Wirklichkeit um etwas ganz anderes (nicht: „mehr als“) gegangen, als die Adressaten seines Werkes im richtigen Verhalten bei Tisch zu unterrichten. Für ihn ermöglichen „die Tischzuchtvorschriften auch ex negativo keine Konstitution einer Ordnung“,[28] und zwar aufgrund der oben genannten Punkte, die er als Merkmale der Groteske liest. Es gehe Wittenwiler eben nicht um Belehrung, so Kopanski, sondern um die Darstellung einer Welt, die vom Dichter als chaotisch erfahren werde, mit den Mitteln der Groteske. Der eigentliche Charakter des „Hochzeitsfressens“[29] ist also für ihn kein lehrhafter, sondern ein beschreibender.

Jutta Goheen: Der feiernde Bauer im Ring Heinrich Wittenwilers. Zum Stil des mittleren Teils[30]

Jutta Goheen widmet sich in ihrem Aufsatz den sprachlichen Darstellungs-, bzw. Stilmitteln, nähert sich dem Thema also von einer anderen, weil nicht inhaltlich, sondern formal bestimmten Richtung.

Die Festbeschreibung sei gekennzeichnet durch den Darstellungsstil der Detaillierung, der evidentia. Stilistisch würden die handelnden Figuren auf zweierlei Art in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Rezipienten gerückt: Zum einen dadurch, dass die evidentia der Figuren den Inhalt ganz und gar beherrsche, zum anderen durch den völligen Verzicht expliziter Angaben zu Ort und Zeit.[31] Es wird (wie auch bei Kopanski) die berechtigte Frage aufgeworfen, weshalb Wittenwiler derart übertreibt und seine historischen Vorlagen „Meier Betz“ und „Metzen hochzit“ nicht nur im Umfang, sondern auch und vor allem in der Ausmalung der Details übertrifft.

Goheens Erklärungsversuch geht in die rezeptionsästhetische Richtung; sie ist der Meinung, dass die Stilmittel der detaillierten Beschreibung notwendig seien, um Effekte beim Leser/Hörer zu erzielen, die nur im Zusammenhang dieser sprachstilistischen Instrumente mit der inhaltlichen Darstellung möglich wären. Dies wird an einem konkreten Vergleich zwischen Meier Betz und dem Ring veranschaulicht: Im Bauernhochzeitsschwank würde die Alliteration bilabialer „p“– und „m“– Laute das Schmatzen der Lippen nachahmen. Die zügige Folge der einzelnen Gänge würde sich sprachstilistisch auf einer wenig kunstvollen parataktischen Ebene widerspiegeln.[32] Durch die Verquickung von inhaltlichen Ereignissen mit deren sprachstilistischer Gestaltung ergebe sich hier eine „Synästhesie grober Manieren“.[33] Bei Wittenwiler würde das (inhaltlich) chaotische Treiben der (sprachstilistischen) Kontrolle der Alliterationen unterliegen.[34] Eine komische Überzeichnung würde hier zum „kritischen Lachen“ auffordern, während drastische Verzerrungen auf eine „seelische Erschütterung“ abzielen würden,[35] zum Beispiel das Bild des gierig fressenden Bauern: „ Won die mäuler in warend weit/Und offen gar ze aller zeit “ (V. 5782-5782). Hier hat nicht einfach ein Bauer das Maß verloren, hier hat man fast das Gefühl, es mit einem monströsen Abbild eines Menschen zu tun zu haben, eine Vorstellung, die Unbehagen oder sogar Furcht wecken kann. Verbunden würden die Einzelepisoden durch die oben genannte evidentia, durch immer wiederkehrende Aufzählungen untereinander korrespondierender Beschreibungen.

Goheen stellt fest, Wittenwiler identifiziere den Stand der Gäste mit der Art des Festes. Diese radikal bauernfeindliche Haltung wird mit Hilfe des Stilistikums des Vergleichs, hier des Tiervergleichs, begründet. Es gebe auffallend viele Tiervergleiche in der Darstellung des Hochzeitsmahls. Dieses der evidentia immanente Stilmittel sei eine durchgehend negative Kennzeichnung des Menschen durch die Assoziation mit dem Animalischen.

Aus den vorangegangenen Stilbeschreibungen, den Verfremdungen und Deformationen erkennt Goheen eine Ablehnung gegenüber dem Exemplum, dem Volksfest, dem Bauernstand. Mehr noch: Durch die Betrachtung der Stilmittel und deren Vergleich mit zeitgenössischer Literatur ließe sich eine Überzeugung des Dichters herauslesen, „daß der Teufel die Fäden in der mittelalterlichen Gesellschaft in der Hand hat.“[36]

Trude Ehlert: Doch so fülle dich nicht satt! Gesundheitslehre und Hochzeitsmahl in Wittenwilers „ Ring[37]

Um die Funktion des Hochzeitsmahls im Gesamtwerk genauer einschätzen zu können, unterscheidet Ehlert zunächst den Begriff der Parodie von dem der Satire. Das Ziel des Angriffs bei Wittenwiler seien nicht die episch als verkehrt dargestellt, also für richtig befundenen Regeln, sondern vielmehr diejenigen, die diese Lehren nicht beherzigen, so die Autorin. Das Hochzeitsmahl wäre dann eine Parodie, wenn Wittenwiler mit Hilfe der überzeichnenden Darstellung des Regelbruchs die Regeln selbst als unzulänglich aufdecken wollte,[38] wogegen im Übrigen auch die rote Farbmarkierung spreche. Das Hochzeitsmahl sei vielmehr als ein satirischer Angriff auf diejenigen zu verstehen, die die von Wittenwiler als richtig erachteten Regeln nicht umsetzen. Die Bauern erfüllen hier eine Doppelfunktion: Manche Regeln sind ihnen bekannt (die der Gesundheitslehre) und werden bewusst missachtet, andere sind ihnen nicht bekannt (höfische Tischsitten), können also gar nicht eingehalten werden. Ehlert sieht ihre These von Wittenwiler selbst gestützt: „ Wer ein hofman werden wil / Der hab einn pauren in dem sinn / Und, wes der gpäurisch im beginn, / so tuo daz widerwärtig schier: / Des wirt er hofleich und gezie “.[39]

Ehlert stellt fest, dass im Gegensatz zur Turnierszene beim Hochzeitsmahl die Bauern gerade nicht versuchen würden, höfische Sitten nachzuahmen, und das aus Unwissen. Daraus folgt, dass nicht das Nicht-Beachten der richtigen Tischzuchten aus Unkenntnis kritisiert würde, sondern die Unkenntnis selbst. Aus einer solchen Einschätzung verändert sich auch die Stoßrichtung der Satire in eine rein ständekritische. Um aber den Anspruch von allgemeiner Lehrhaftigkeit aufrecht erhalten zu können, versucht Ehlert, dieses sozial bedingte Fehlverhalten als eine Art Ansporn für das Publikum zu beschreiben, aus dessen Position der Überlegenheit die richtigen Regeln und Vorschriften für sich und seinen Stand leichter akzeptieren zu können.

Melitta Weiss-Amer: “Straubs Gesundheitslehre“: Wittenwilers „Ring“ im Kontext mittelalterlicher Fachliteratur[40]

Quellengeschichtliche Überlegungen zur Gesundheitslehre stehen im Zentrum von Weiss-Amers Betrachtungen des Hochzeitsmahls. Die von Wießner aufgestellte, heute noch gängige Lehrmeinung, das pseudo-aristotelische „ Secretum secretorum “ und das davon beeinflusste „ Regimen sanitatis Salernitanum “ hätten Wittenwiler als Vorlage für die Gesundheitslehre gedient, wird angezweifelt und durch genaue Vergleiche der formalen Strukturen und inhaltlichen Aspekte widerlegt. Wegen großer Übereinstimmung ganzer Abschnitte kommt Weiss-Amer zur Überzeugung, dass als Vorlage für Straubs Gesundheitslehre nur die der mittelalterlichen „ Regimen “-Literatur zuzuordnende pseudo-arnaldische „Regel der Gesundheit“ in Frage käme.[41] Die verblüffenden Parallelen der beiden Texte werden im Folgenden herausgearbeitet.

Abschließend wirft Weiss-Amer noch einen kurzen Blick auf das Hochzeitsmahl, das nicht, wie üblich, als Umkehrung, Parodie oder Dekuvrierung der Sinnlosigkeit höfischer Tischsitten, sondern in erster Linie als Verstoß gegen die erteilte Gesundheitslehre betrachtet wird. Praktisch jeder Einzelaspekt werde missachtet oder gar umgedreht, genau wie die Lehren der Tischzuchten, mit dem Unterschied aber, dass Bertschi in den Gesundheitslehren explizit unterwiesen wurde. Daher müssten Verstöße gegen diese Lehren anders bewertet werden, als diejenigen gegen Tischzuchten.

Walter Haug: Von der Idealität des arthurischen Festes zur apokalyptischen Orgie in Wittenwilers „Ring“

Der Ring ist für Haug die parodistische Reaktion auf eine konkrete geschichtliche Entwicklung, an deren Anfang das höfische Fest im mittelhochdeutschen Roman steht, allen voran in Hartmanns Erec. Die ursprüngliche Darstellung des Festes konstituiert sich folgendermaßen: 1) Das Spiel, das dem Fest seine Freiheit einbringt, dient der Stilisierung von Faktischem, so z.B. die reale Gewalt im Turnier, die beim Fest symbolhaft-stilisierenden Charakter habe. 2) Eine Deckungsgleichheit dieser beiden Bereiche kann nie erfolgen. Konkrete gesellschaftliche Ereignisse sind immer die Basis des Festes. 3) Die Folge aus 1 und 2: Da diese Präsenz die Basis für die spielerische Umsetzung darstellt, kann sie nie verschwinden, sondern ist immer notwendige Vorraussetzung für ihre eigene, nie erreichbare Negation, also für das Fest. 4) Das Wissen um diesen „Schwebezustand“, der in der Literatur seinen Ausdruck in der dichterischen Darbietung (der Figuren während des Festes) findet und 5) die Definition des Festes als theoretisches Ideal. Da aber auch der praktisch-reale Vollzug zum Wesen des Festes gehört, werde dieses Ideal also durch die konkrete Handlung des Feierns nicht dauerhaft, sondern – wenn überhaupt – nur kurzzeitig zugelassen.[42]

Parallel zu diesem hoch komplizierten Festbegriff habe sich ein Alternativmodell etabliert, an dessen Ende der Ring stehe, so Haug. Dieses wesentlich weniger komplexe Modell setze nicht auf das gespannte, einander bedingende Verhältnis von aventûre und höfischem Fest, sondern schlicht auf deren Gegensätzlichkeit. Alles Nicht-höfische werde hier als das Böse dargestellt, das es zu überwinden gelte. Da dies aber schnell langweilig zu werden beginne, müsse der Bereich der Welt immer drastischer, die Gegner immer monströser dargestellt werden. Für das arthurische Fest bedeutet das: Die spielerische Stilisierung des Antihöfischen verliert durch die scharfe Grenzziehung von Gut und Böse ihren Sinn, das reine Zeremoniell gewinnt die Oberhand und steht in seiner weiteren Entwicklung für das Gute, während formloses Verhalten als Kennzeichen des Bösen gilt.

Der Artusroman „interpretiert und problematisiert nicht mehr die höfische Idealität, sondern er gewinnt (...) Modellcharakter für das reale Leben.“[43] Es werde also versucht, die Wirklichkeit im Artusroman abzubilden und umgekehrt. Die historische Folge auf diesen Prozess sei die literarische Parodie. Höfische Verhaltensformen und Vorstellungen würden mit dem Kunstgriff der Überführung in einen für sie unangemessenen Rahmen karikiert, um somit deren Substanzlosigkeit zu entlarven.

Wie steht es aber um die Lehren im Ring ? Wozu überhaupt der umfangreiche Lehrkatalog, der ja für die Handlung noch nicht einmal notwendig ist? Was den Prolog angeht, so gibt Haug an, sei es schwierig, in dem Geltungsanspruch als Lehrroman „etwas anderes als eine prologtypische Simplifizierung zu sehen“.[44] Nicht die Vermittlung von Lehren sei das zentrale Anliegen des Dichters, sondern die Beschreibung des kompletten Zusammenbruchs der Welt. In der ungeheuren Wissensfülle im Ring erkennt Haug eine Kritik an den Lehren selbst. Jeder Position ließe sich eine Gegenposition entgegenstellen, was besonders am Beispiel der Ehedebatte deutlich würde. Dieser riesige Vorrat an Weisheiten sei im realen Leben nicht anwendbar – am Ende der Debatte herrsche totale Ratlosigkeit. Zwar seien die Lehren ihrem Inhalt nach korrekt, aber letztlich bedeutungslos.

Elisabeth Lienert: Das Tagelied in Wittenwilers Ring[45]

Außer dem Erzähler sei der Wächter im Tagelied die einzige Person, die sich außerhalb der Törpelwelt befinde und die auch nicht in diese hineintranspositioniert werde, was Lienert als Anzeichen für die Ernsthaftigkeit des Tagelieds einordnet. Als Gattungszitat finde das Tagelied sein Ende mit der Wächterstrophe, auf der narrativen Ebene aber werde es mit dem Aufwachen und der nochmaligen Vereinigung weitergeführt und vervollständigt. Eine genaue Untersuchung des Tageliedes auf seinen parodistischen Gehalt hin schließt sich an. Das Ergebnis: Bis auf Vers 7104 kann man keiner Zeile einen parodistischen Gehalt zuweisen, dieses Tagelied ist gewissermaßen „wasserdicht“ zitiert.[46] Die erzählerische Brechungstechnik folgt hier ähnlichen Regeln wie bei den Briefen, der parodistische Effekt ergibt sich aus der unangemessenen Situation, in denen die vermeintlichen Ideale vorgetragen werden. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass der Wächter eben kein Bauer mit diffamierendem Namen ist, aus dessen Mund eine Lehre ohnehin an Wert verliert. Dies alles seien Anzeichen dafür, dass hier nicht eine Gattung verhöhnt, sondern die Handlung mit der Wächterstrophe humorvoll-distanziert kommentiert werden soll.[47]

Für die Weiterführung des Tageliedes auf epischer Ebene gelte das nicht: Mätzli freut sich über den Weckruf, gibt dieser ihr doch Gelegenheit zur Fortsetzung „hochzeitsnächtlicher Aktivitäten“.[48] Mätzlis sexuelle Unersättlichkeit sei als Parodie auf die höfische Liebe, die hier auf den sexuellen Akt und auf dessen Wiederholbarkeit reduziert wird, zu verstehen, wobei dieser Wiederholbarkeit besonderes Augenmerk zukommt, denn gerade sie wird ja in den Tageliedern explizit als nicht ausreichend tröstlich beschrieben und kann den Schmerz der Trennung nicht lindern.

Eine weitere Ebene des Tageliedes ist für Lienert von zentraler Bedeutung: die der christlichen Symbolik. Der Kampf zwischen Sonne und Mond sei zu verstehen als „omnipräsente Symbolik von Christus als der Sonne“.[49] Und gerade der moralische Appell auf dieser Bedeutungsebene werde in der epischen Handlung mit Füßen getreten.

Zusammenfassend zählt Lienert die drei Funktionen auf, die das Tagelied erfülle und denen mit dem Begriff „Parodie“ nicht genüge getan werde: Zum einen die bildhafte Darstellung des luxuria -Begriffs, außerdem ein ernst gemeinter, sich an das Publikum richtender geistlicher Weckruf und nicht zuletzt eine Lehre ex negativo.[50]

2.3 Krieg

Werner Rö name="_ftnref51" title="">[51]

Röcke blendet in seiner Betrachtung das Thema „Gründe für Gewalt“ völlig aus. Schon die Nichtigkeit des Kriegsauslösers sei Hinweis genug, dass eine Logik der Kausalität von Gewalt nicht vorliege, vielmehr würde eine selbstständige Mechanik der Gewalt gezeichnet, deren Mechanismen Röcke aufzudecken versucht.[52]

Für diese Mechanismen sei der Begriff der Mimese in Verbindung mit dem der Steigerung konstitutiv. Stellvertretend für das Gesamtwerk zeichnet Röcke die Funktionsregeln der Gewalt am Beispiel des Hochzeitsmahls nach: Es werde stets nur eine Speise begehrt, die bereits ein anderer Tischgenosse für sich entdeckt habe. Zusätzlich müsse dieser Rivale übertrumpft werden. Röcke wählt als Beispiel den Kampf ums Kraut (V. 5731-5770): Erst wird mit Löffeln gekämpft, daraufhin wird eine ganze Hand voll Kraut in den permanent geöffneten Mund gestopft, woraufhin Chnotz anfängt, beidhändig zu arbeiten, im nächsten Schritt der gegenseitigen Übertrumpfung im Kampf versucht Geri, den verbliebenen Inhalt der Schüssel auf einmal aufzufressen.

Diese Mechanik stoße an einem bestimmten Punkt an ihre natürliche Grenze: Irgendwann ist die Schüssel leer, also müsse es im nächsten Schritt zur List und zum Ausbruch der Gewalt kommen, die ihrerseits zur totalen Zerstörung führe. Die Gewalt sei hier ein notwendiger Schritt, sie sei das adäquate Mittel, um das Gewünschte zu erreichen und den Rivalen zu übertrumpfen. Dass die Gewalt in Lappenhausen und Nissingen die Oberhand gewinnen würde, könnten auch die edelsten Erläuterungen über den gerechten Krieg nicht verhindern: Das Wissen um die Lehren existiere zwar noch, für die Welt allerdings sei es bedeutungslos und habe somit auch keine „Gewaltregulierfunktion“. Auch gebe es unter den Bauern niemanden, der als Schiedsrichter fungieren könne. Soziale Hierarchien existierten nicht, alle seien gleich töricht, auch Nabelreiber oder Strudel besetzen nach Röckes Ansicht keine Sonderposition.[53]

Das Aufdecken einer real vorhandenen Mechanik der Gewalt mit den Mitteln der Sprache sei der eigentliche „Vorzug von Wittenwilers ´Ring`“.[54]

Daniel Rocher: Rabelais, Wittenwiler und die humanistische Anschauung des Kriegs

Rocher stellt einen Vergleich thematischer Aspekte zwischen dem „ Ring “ und Rabelais’ „Gargantua“ auf. Auch ohne den übergeordneten Rahmen dieses Vergleichs kommen dabei interessante Überlegung zum dritten Teil des Rings zum Vorschein. Es werden die Unterschiede zwischen den beiden Kriegsparteien herausgearbeitet; so gebe es mehrere Hinweise darauf, dass Nissingen gegenüber Lappenhausen im Recht wäre: Dafür spreche schon allein die positive Darstellung von Strudel, die in der Forschung mehr oder weniger unbestritten sei.[55] Die Lappenhausener gerieten in Freudentaumel angesichts des bevorstehenden Krieges, ganz anders als die Nissinger.[56] Kriegslust werde hier mit Torheit gleichgesetzt. In dieser Kontrastierung meint Rocher, eine (beschränkte) Parteiergreifung Wittenwilers zugunsten der Nissinger auszumachen. Auch der Umstand, dass die Lappenhausener keine Beichte ablegten und somit gotteslästerlich agierten, spreche für einen solchen Ansatz. Weitere Argumente: Es seien die Lappenhausener, die damit anfingen, das fantastische Personal zu rekrutieren, und das „Wettrüsten“ zu initiieren.[57] Es seien die Lappenhausener, die – nicht mehr erzählerisch verschlüsselt, sondern offen und ungeschminkt – die Grenzen ihren Standes weit überschritten und sich zu „ kaiser “ und „ künig “ ausriefen.[58] Rocher erinnert daran, dass das Ende des Rings nicht nur den Untergang Lappenhausens und Bertschis Weltflucht beinhalte, sondern auch die Tatsache, dass Nissingen einen Krieg gewonnen hat, mehr noch: dass sie „ sälich und auch reich[59] nach Hause gingen (was sogar als „ happy end “ für die Nissinger betitelt wird)..[60]

Es scheine also nicht ausgeschlossen, dass Wittenwiler so etwas wie eine positive Alternative zeichnen wollte. Dagegen wäre natürlich einzuwenden, dass auch die Bewohner Nissingens nichts anderes als Bauern sind, die sich beim Hochzeitsmahl auch nicht gerade durch ein besonders hohes Maß an Kultiviertheit hervorgetan haben. Somit wären selbst die Vertreter der vermeintlich richtig handelnden Partei keine „idealen Figuren“, wie Rocher selbst eingesteht.[61] Trotzdem bleibt er bei seiner Tendenz, die er auch historisch abzusichern versucht: Wittenwiler habe quasi die „Keime der Vernunft“[62] geahnt, musste aber erkennen, dass diese Keime in seiner Welt (noch) nicht heranwachsen können.

Barbara Könneker: Dulce bellum inexpertis. Kampf und Krieg im Ring Heinrich Wittenwilers[63]

Drei Punkte sind es, an denen Könneker eine grundsätzlich kriegs-kritische und vorhumanistische Grundhaltung Wittenwilers abliest: 1) Die Tatsache der theoretischen Erörterung von Kampf. Krieg sei nicht nur Bestandteil der Handlung, er werde auch theoretisiert und problematisiert. 2) Ähnlich wie Röcke spricht sie von „Wirkungsmechanismen der Gewalt“,[64] die eine Unterscheidung von gerechtem und ungerechtem Krieg aufheben würden. 3) Die groteske Überzeichnung der Kriegshandlungen geschehe, um im Rezipienten eine Distanz zu schaffen, die ihm die „Einsicht in die Sinnwidrigkeit des gegenseitigen Sichabmetzelns im Krieg“[65] überhaupt erst ermögliche.

Zwar reihe sich Wittenwiler mit dem dritten Teil des Werkes in die epische Tradition der Darstellung von Krieg als notwendigem Bestandteil der Handlung ein, aber durch seine theoretischen Erörterungen und der damit einhergehenden (theoretischen) Unterscheidbarkeit von gerechtem und ungerechtem Krieg gebe der Dichter dem Leser wenigstens ein Mittel an die Hand, den Sinn von Krieg in Frage zu stellen, er unterwerfe ihn der Kontrolle der Vernunft, statt ihn, wie bisher in der literarischen Tradition geläufig, als einzige Möglichkeit der Bewährung darzustellen.

Im Folgenden beschreibt Könneker den Hergang des Streits und den Ausbruch des Krieges. Es wird dargelegt, aus welchen Gründen sich die Gewaltspirale buchstäblich von selbst weiterdreht und nach welchen Mechanismen[66] dies geschieht, aus welchen Gründen die Ratschläge der Alten, die vor dem Krieg warnen, in den Wind geschlagen werden, wegen des Wahns der Unbesiegbarkeit nämlich, der den Blick auf die Realität versperre.

Die Schaffung von Distanz, die mit der grotesken Überzeichnung der Kampfhandlungen geleistet werde, führt Könneker vor allem auf zwei Beobachtungen zurück: Zum einen fehle eine Haupt- oder Identifizierungsfigur, die als Orientierungspunkt im Schlachtgetümmel herhalte. Die Blutflüsse stiegen einfach immer weiter an, so dass die Überzeichnungen immer bezugs- und somit sinnloser (bzw. „in ihrer Sinnlosigkeit offensichtlicher“) würden. Zum anderen fehle die Totenklage. Durch ihr Fehlen könne so etwas wie Heldenruhm als sinnstiftende Komponente der Schlacht gar nicht erst aufkommen; dadurch werde die Distanz des Rezipienten gegenüber dem Geschehenen immer größer und die Voraussetzung zu einer kritischen Reflexion geschaffen.

Horst Brunner: Reden, Blut, Trauer: Das Bild des Krieges in Heinrich Wittenwilers Der Ring[67]

Auch Horst Brunner attestiert Wittenwiler eine ablehnende Haltung gegenüber dem Krieg. Anders als Rocher sieht Brunner aber keine Parteiergreifung für die Nissinger, vielmehr habe man es hier mit zwei Gruppen zu tun, die sich auf grotesk-aggressive Weise abschlachten. In diesem von blinder Raserei geprägten Krieg habe keine Unterscheidung von bellum iustum zu bellum iniustum Bestand, hier regiere die totale Sinnlosigkeit.

Brunner wertet gerade diese Nicht-Unterscheidbarkeit als Anzeichen für eine pazifistische Grundhaltung Wittenwilers und fragt nach den Gründen. Reine Menschenliebe scheint ihm unwahrscheinlich, wenn man sich vor Augen hält, wie Wittenwiler mit seinem Personal umspringe. Auch die Überlegung, dass eine solche Haltung christlich inspiriert sein könnte, schließt Brunner aus, „Religiosität erschöpft sich bei ihm in der Einhaltung der äußerlichen Formen des Christentums.“[68] Brunner ist der Meinung, dass es Wittenwiler letztlich um die Beschreibung der Welt ginge. Die Darstellung des grausamen Kriegsgemetzels füge sich da nahtlos ein: Sie stelle den Höhepunkt einer zum Irrenhaus verkommenen Welt dar.

2.4 Schluss

Daniel Rocher: Bertschis letzter Kampf und Flucht in den Schwarzwald in Wittenwilers Ring und Simplicissimus’ Einsiedelei: Bedeutung einer ähnlichen conclusio[69]

Ein Vergleich der Schlussszenen im Simplicissimus und im Ring ist das Thema von Rochers Aufsatz, wobei uns hier nur die Überlegungen, die den Ring betreffen, interessieren sollen.

Bertschis Entschluss, der Welt den Rücken zu kehren, liest Rocher als eine Parodie, die sich nahtlos in Wittenwilers Erzählung einfüge. Das Ziel dieser Parodie sei ein altbekannter Bekehrungstopos der ritterlichen Dichtung und daher nicht anders zu verstehen oder zu behandeln als die vielen anderen parodistischen Elemente im Ring.[70]

Im Folgenden versucht Rocher, sich den historischen Vorlagen, die Wittenwiler beeinflusst haben könnten, zu nähern. Das Vorbild für Bertschis Weltflucht sei der französische „ moniage “ gewesen, eine Untergattung der „ Chanson de geste “. Zumindest unbewusst sei Wittenwiler von diesem „ moniage “ beeinflusst worden, dies schließt Rocher aus der starken Verbreitung des „Prosa-Lanzelots“ im Mittelalter, der für ihn als eine Art Bindeglied fungiert. Dass dieses Werk starken Einfluss auf die Darstellung von Wittenwilers conclusio gehabt habe und dass das Original hier parodiert werde, ist für Rocher mehr als wahrscheinlich.[71]

Er arbeitet mit dem Begriff der „ vita contemplativa “. Aus der parodistischen Grundhaltung des Schlusses meint er eine Kritik an ihr, an einem sich wandelnden Wertebegriff (der Einsiedelei), an der „Pervertierung einer religiösen Idee“[72] abzulesen.

2.5 Erzählhaltung

Hans-Jürgen Bachorski:[73] Heinrich Wittenwiler[74]

Bachorski versucht sich auf drei Ebenen (der narrativen, derjenigen der theoretischen Lehren und der Erzählerebene) dem Ring anzunähern, bzw. seine präjudizierte Hypothese der Sinndekonstruktion zu bestätigen.

Für die narrative Ebene stellt er fest: Alle Versuche der Bauern, Lehrhaftes umzusetzen, sind zum Scheitern verurteilt. Auf der Handlungsebene existiere überhaupt keine Möglichkeit, die Lehren korrekt anzuwenden, dafür sprächen allein schon die sprechenden Namen der Lehrverkünder und die Unfähigkeit der Bauern, ihre Triebe unter Kontrolle zu halten.

Für die Lehren selbst gelte, dass sie auch kontextunabhängig weit weniger angreifbar seien, als allgemein angenommen: Gerade in der Ehedebatte fehle es den Argumenten gänzlich an theologischen Begründungen, einzig weltlich-pragmatische Überlegungen spielten eine Rolle und sehr fragwürdige dazu. Von einer grundsätzlichen Lehrhaftigkeit könne hier keine Rede sein. Auch die Haushalts- und Tugendlehren sind für Bachorski eher eine ungeordnete, monologisch vorgetragene, also nicht hinterfragte „Fülle von pragmatischen Ratschlägen“,[75] denen keine gemeinsame Ethik zugrunde liegt.

Die totale Sinndekonstruktion schließlich offenbart sich für Bachorski in der Zusammenführung der inhaltlichen Ebene (inklusive der Lehren) mit der Erzählerstrategie. In dem Wust der zitierten Gattungen und Traditionen lasse sich kein Favorit ausmachen, im Gegenteil: Sämtliche Rekurse auf Traditionen würden entweder lächerlich gemacht oder mit anderen Mechanismen als nutzlos enttarnt. (Z. B. durch den Kontext der allen Regeln der Kunst entsprechenden Minnebriefe, der den Anspruch einer Allgemeingültigkeit gnadenlos destruiere). Auch der Vorschlag der Lesart als „ mär “, der nur der Verwirrung diene wie auch die keiner inneren Logik folgenden Farbmarkierung ließen viel eher auf die Dekonstruktion von jeglichem Sinn als auf dessen Verbreitung schließen.

Hans-Jürgen Bachorski: Der Ring: Dialogisierung, Entdifferenzierung, Karnevalisierung[76]

Bachorski weist dem Ring einen Eigenwert zu, der sich gerade durch dessen Uneinheitlichkeit definiere. Eine wie auch immer geartete, homogene Grundposition zu unterstellen, würde dem Text nicht gerecht werden. Es wird versucht, diese These anhand der vier wesentlichen Ebenen des Textes zu untermauern. 1) narrative Ebene, 2) didaktische Ebene, 3) intertextuelle Ebene, 4) Erzählerdiskurs.

1) Auf der ersten Ebene arbeitet Bachorski mit dem Begriff der Groteske, der sich durch den gesamten Text ziehe. „Groteske“ beschreibt er als eine Weltsicht, „in deren Optik Körper in erster Linie durch ihre Öffnungen und Auswüchse bestimmt sind, so daß sich die Grenze zwischen Ich und Welt auflöst (...)“,[77] was vor allem beim Hochzeitsmahl und bei der Kriegsdarstellung zu Tage trete. Das bedeutet auf narrativer Ebene, dass eine Entdifferenzierung des Individuums und damit einhergehend der Gesellschaft entworfen werde, für die keinerlei Regeln mehr gelten, sich also auch nicht negativ ableiten ließen. Bachorski hält fest, dass Wittenwilers Weltentwurf im Zeichen der totalen Zerstörung stehe. Die Handlung sei aber nicht darauf angelegt, als Quelle eines konstruktiven oder positiven Gegenentwurfes zu dienen, ein solcher lasse sich aus ihr schlicht nicht herleiten.[78]

2) Bachorski bezweifelt die Gültigkeit der Lehren. Im Kontext der Handlung würden sie „komisch gebrochen“.[79] Die Lehren im Ring seien Figurenrede, nicht Autorenrede, und als solche sei auch ihr Gültigkeitsanspruch zu bewerten.

3) Eine wichtige Funktion der intertextuellen Bezugnahmen sei die des Tabubruchs, etwa, wenn Bertschi ein Bibelzitat anführt und damit eindeutig sexuelle Absichten umschreibt.[80] Diese „ungehörige Nachbarschaft“ eines Bibelzitats habe zum einen den Effekt, dass das Sexuelle aufgewertet werde, zum anderen, dass gleichzeitig die Distanz zum heiligen Wort verringert werde. Eine weitere Funktion der zitierten Literatur sei deren Entlarvung als sinnleer, z.B. die Minnebriefe. Deutlich werde dies an der Tatsache, dass die hehrste Minnebekundung zu den niedersten Zwecken missbraucht werden könne.

4) Bachorski ist der Überzeugung, der Erzähler treibe ein selbstironisches Spiel mit dem Leser. Eindeutige Aussagen würden in widersprüchliche Zusammenhänge gestellt.[81] Damit würden Paradoxa geschaffen, die für Bachorski programmatisch für die Gesamtkonstruktion des Textes sind. Auch die Farblinien mit ihren eher verwirrenden als erklärenden Brüchen seien ein Indiz für einen ironischen Verweis Wittenwilers, dass es eben nicht so einfach sei, zwischen gut und böse zu unterscheiden. Auf sprachlicher Ebene melde sich der Erzähler vielfach zu Wort: Sei es durch komische Sprachfügungen („esler pauren“), die tief blicken lassen, (und – ganz nebenbei – für einen erstaunlich souveränen Umgang mit Sprache sprechen), sei es durch Wortspiele oder Reime, deren zweites Glied das erste auffällig oft in einen niederen Zusammenhang stellten.[82] Von Wittenwiler als Didaktiker könne also keine Rede sein.

Hans-Jürgen Bachorski: „per antiffrasin“. Das System der Negationen in Heinrich Wittenwilers „Ring“[83]

Anstatt ein „Hauptanliegen“ Wittenwilers vorauszusetzen oder erarbeiten zu wollen, sei es angemessener, die Bestandteile des Textes als Systeme zu begreifen, die in bestimmten Negationsverhältnissen zueinander stehen. Dieser Ansatz ist neu: Bachorski bedient sich der Sprache der Systemtheorie, um so einem Bild auf die Schliche zu kommen, das aus vielen, gleich wichtigen Bestandteilen besteht.[84]

Die Systeme können in drei Negierungsverhältnissen zueinander stehen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3) asymmetrische Negation:

System B System A

Diese Negationsarten wendet Bachorski im Folgenden auf den Ring an:

1) symmetrische Negation: Sie bezeichne generell das Verhältnis der Lehren zu den Handlungen. (1a) Die Bauernhandlung sei nicht zur Unterstützung der Lehren gedacht, sondern sie denunziere und widerlege ihre Inhalte permanent und mache sie somit ungültig. Das liege nicht an der Unfähigkeit der Bauern, die Lehren umzusetzen, sondern an den Lehren selbst, die schlicht nicht umsetzbar seien.

Die symmetrische Negation strukturiere aber auch die lehrhaften Passagen selbst, z. B. die Ehedebatte: (1b) Beiden Parteien würden sich gegenseitig ausschließende Positionen in den Mund gelegt und so zwei geschlossene Kommunikationssysteme gebildet.

2) rekursive Negation I) Beschreibung der Hauptpersonen a) Bertschi: Er werde mit adeligen Aspekten bedacht. Die Trennschärfe der einzelnen Stände-Systeme sei somit aufgehoben. b) Mätzli: Durch die Positivierung von Mätzlis Hässlichkeit verliere das System „Schönheit“ alle Differenzierungs- und somit Sinnbildungsmöglichkeiten. II) Hochzeitsfest: Durch die groteske Überzeichnung verschwömmen Grenzen, die Unterscheidungsmöglichkeiten der höfischen Tischkultur würden in einer Unkultur (nicht etwa in einer „Gegenkultur“) aufgehoben.

3) Spuren asymmetrischer Negation kann Bachorski nicht ausfindig machen. Ein kommunikativer Austausch verschiedener Systeme scheint also wohl nicht Wittenwilers Absicht gewesen zu sein.

In der Verkettung und Überlagerung dieser Negationsarten in Verbindung mit der „letzte[n] Instanz der Sinnverwirrung“,[85] der Farbmarkierung, sieht Bachorski die Negativierung, zumindest aber die Relativierung der Negationen, die in der Folge eine Sinnstiftung jeglicher Art ausschließe.

Helmut Arntzen: Satire in der deutschen Literatur[86]

Dem komplizierten Verhältnis von Lehre und Handlung widmet sich Arntzen in seinem Beitrag. Dabei weigert er sich strikt, eindeutig Position zu beziehen, bzw., Wittenwiler eine solche zu attestieren. Um der Klärung einer möglichen didaktischen Grundhaltung näher zu kommen, sei es unumgänglich, so Arntzen, die Rolle der Bauern zu definieren. Er spricht von den Bauern als „Repräsentanten“ des unrechten, weil unhöfischen Lebens und bezieht sich dabei auf die Autorenaussage (V. 43f).

Das Wesen des Rings bestehe erstens im Kontrast zwischen den beiden Textebenen und zweitens in deren oft absurder Bezugnahme aufeinander. Diese Absurdität (hervorgerufen durch den unwürdigen Kontext) sei der eigentliche, konstituierende Bestandteil der Satire im Ring. Die Lehren würden von den Bauern wahrgenommen, sie versuchten, sie umzusetzen (Bauernturnier), sie beherrschten ja auch das Vaterunser. Aber die Lehren seien gleichsam nur Worthüllen für die Bauern, besäßen keine „regulative Kraft“[87] und seien somit dysfunktional (was die grüne Farbmarkierung an den wortgetreuen Gebeten erklären würde). Diese Dysfunktionalität könne letztlich nur dazu führen, dass die Bauern beim Versuch der Umsetzung der Lehren scheitern, dass selbst das (nach den Lehren gestaltete) alltägliche Leben unlebbar wird und sich im Chaos auflöst. Es sei falsch, so Arntzen, die Handlung nur als Träger der Lehren zu sehen, es stimme aber auch nicht, dass die Handlung umgekehrt die Lehre parodistisch aufhebe.

Für Arntzen ist Wittenwiler in erster Hinsicht weder Didaktiker noch Sinndekonstrukteur, sondern Satiriker. Er schreibt der Wittenwiler’schen Satire eine „eigentümliche poetische Kraft“[88] zu, die sie gerade aus dem nicht harmonisierbaren Widerspruch der beiden Textebenen beziehe.

Dagmar Hirschberg, Christa Ortmann, Hedda Ragotzky: törpel, gpauren und der welte lauff. Zum Problem der Bestimmung närrischer Lehre in Wittenwilers Ring[89]

Die drei Autorinnen beschäftigen sich mit dem alles entscheidenden Verhältnis von Lehre und Handlung. Alles entscheidend deshalb, weil dieses Verhältnis besonders aufschlussreich ist für eine wie auch immer geartete Grundhaltung Wittenwilers.

Der Ordobegriff ist für die Autorinnen von zentraler Bedeutung. Die Prologäußerung in Vers 43f[90] ziele eindeutig auf die Überschreitung der Standesgrenzen. Die Beschreibung der Folgen dieser Überschreitung als Prozess ist der eigentliche Handlungsbegriff, mit dem die Autorinnen arbeiten.

Mit welchen Methoden werden im Ring (vermeintliche) Lehrinhalte vermittelt? Dieser Frage widmen sich die Autorinnen im Folgenden am Beispiel des Hochzeitsmahls. Zunächst wird eine Umkehrung geltender Tischsitten und somit eine Lehre ex negativo festgestellt. Die eigentliche Funktion dieser in Handlung gebetteten Negativlehre läge aber nicht darin, das gegenteilige Verhalten als richtig zu demonstrieren, sondern eine Art „Absprungbasis“ zu schaffen, von der aus wiederum Lehren verkehrt und pervertiert würden. Durch die endlosen Übertreibungen und Verkehrungen und durch die Verwebung mit der Handlung werde die ursprünglich als eindeutig wahrgenommene Lehre wiederum in Frage gestellt.[91] Das Bild einer Leiter wird gezeichnet, an deren Sprossen sich die Handlung immer weiter „emporhangelt“, und zwar dadurch, dass Wittenwiler das bereits Verkehrt-Perverse immer wieder umkehren und übertreiben würde. Am Ende der Leiter stehe dann eine Welt, in der „Regelhaftes vollständig aus den Angeln gehoben ist“.[92] Mit dem weiteren Fortschreiten der Handlung und der immer absurder werdenden Ausschmückung der Szenen verselbstständige sich die beschriebene Welt immer mehr. Mit dem Erreichen und Überschreiten der letzten Sprosse sei die komplette Leiter, inklusive ihrer ersten Sprosse, also allen Tischzuchten, ob richtig oder falsch, obsolet.

Eine Bestätigung ihrer These für die Etablierung einer chaotischen Welt meinen die Autorinnen auch auf der Ebene der theoretisch vorgetragenen Lehren zu erkennen: Die Lehrinhalte blieben völlig wirkungs- und somit ja auch funktionslos. In diesem Lichte betrachtet wäre die Einschätzung Wittenwilers über den Wahrheitsgehalt der Lehrinhalte völlig uninteressant, denn ihre eigentliche Funktion läge im Beitrag für die Etablierung einer verkehrten Welt.[93]

Der Verkehrungsprozess (als Handlung) schreite weiter voran, so die Autorinnen, im dritten Teil betreffe er schon unmaskiert die Ständeordnung, wenn sich die Lappenhausener kurzerhand zu Königen krönen, um Krieg führen zu dürfen. Im Folgenden werde die Unterscheidbarkeit von gerechtem und ungerechtem Krieg aufgehoben, es gehe nur noch um die reine Orgie der Gewalt. Auch die Kriegsdarstellung selbst sei ein Indikator für eine Pervertierung von Regeln bis ins Sinnlose, die in ihrer reinsten Form vom wilden Mann verkörpert werde, der überhaupt keine Motive außer purer Aggression und Tötungslust hat.

Die Autorinnen wären somit dem Lager derer zuzuordnen, die eine Verbreitung von Lehren als Wittenwilers Hauptanliegen ablehnen. „Wären“, weil sie im Ziel der Außerkraftsetzung von allgemeinen Lehren, dem Erreichen der übergeordneten Position selbst eine Art „Metalehre“ sehen, Wittenwiler also doch ein didaktische Grundhaltung zuschreiben. Leider verzichten sie darauf, den Inhalt dieser „Metalehre“ positiv zu bestimmen.[94]

Frank Fürbeth: nutz tagalt oder mär. Das wissensorganisierende Paradigma der philosophia practica als literarisches Mittel der Sinnstiftung in Heinrich Wittenwilers Ring

Fürbeth wagt den Versuch einer Gesamtinterpretation. Zunächst richtet er das Augenmerk auf die Gliederung der lehrhaften Teile des Rings. Er stellt fest, dass bereits im Prolog eine handlungsunabhängige Hierarchie (zumindest aber eine Abfolge) der einzelnen Lehraspekte postuliert werde. Fürbeth versucht, Wittenwiler von anderer Seite zu fassen: Die Bauernhandlung wird zunächst ausgeklammert und den zweifelsfrei als lehrhaft gedachten Teilen ihre historische Vorlage gegenübergestellt. So entsteht eine nach historischen Literaturquellen aufgeschlüsselte Liste. Mit dieser versucht Fürbeth nun, die von Wittenwiler im Prolog postulierte Hierarchie der Lehren nachzuweisen. Das Zwischenergebnis: 1) Die Lehrinhalte haben (inhaltlich) nichts miteinander zu tun. 2) Sie sind außerordentlich breit gefächert. 3) Formal bestimmen alle (bis auf 2)[95] Verhaltensmaßregeln.[96]

Um ein literarisches Vorbild für Wittenwilers sachorientierte Systematik zu finden, wird eine seiner Literaturquellen ausgewählt, auf deren Systematik hin überprüft und das Ergebnis mit dem Ring verglichen.[97] Nach ausführlichen, inhaltlich bestimmten Betrachtungen der „Bücher von Haushaben“ kommt Fürbeth zu dem Ergebnis, dass sich Wittenwiler aufgrund der fast exakten Übereinstimmung der (Kern-)Lehrbereiche des zweiten Teils mit hoher Wahrscheinlichkeit an diesem Handschriftentypus orientiert habe. Dieses Vorbild könne sich allerdings nur auf den 2. Teil bezogen haben. Eine alle Teile des Rings umfassende Sammelhandschrift, die Wittenwiler als Vorbild gedient haben könnte, wird nicht ausgemacht.

Fürbeth schlägt also eine neue Strategie vor: Es soll versucht werden, statt einer sachorientierten, eine „abstrakte Systematik der Lehre des richtigen Verhaltens in den Texten des Mittelalters, die sich mit der Einteilung des Wissens beschäftigen“[98] ausfindig zu machen. An dieser Stelle folgt die zentrale These Fürbeths: Er stellt fest, die Dreiteilung der Wittenwiler’schen Lehre folge dem Muster 1) Lehren für den Menschen selbst, 2) Lehren für den Wirkungskreis der Familie, 3) Lehren für den die Familie überschreitenden Wirkungskreis. Genau diese Dreiteilung (ethica, oeconomica, politica) sei, wie historisch hergeleitet wird, mit Rückgriff auf antike Modelle geläufiges Gedankengut im Mittelalter.[99]

Wittenwilers Terminologie versteht Fürbeth als juristisch fachspezifisch. „ Taiding “, (V. 54), das für gewöhnlich mit „Geschichte, Erzählung“ übersetzt wird, sei auch ein juristischer Begriff, der „Verhandlung“, „Vortrag“ oder „Urteil“ heiße, und in diesem Zusammenhang sei der Ring zu verstehen. Das Objekt dieser Verhandlung seien die Lehren, von deren Richtigkeit der Leser überzeugt werden müsse. Die Mittel zur Überzeugung seien bekannt: gerichtsähnliche Debatten, an deren Ende ein Urteil stehe (z.B. Ehedebatte) oder auch die Lehre ex negativo (z.B. Hochzeitsmahl). Diese Überzeugungsmittel sind nach Fürbeth mit „ tagalt “ gemeint. „ Schimpfes sag “ als Pendant zu „ tagalt “, die Bauernhandlung also, erscheine in diesem Licht nicht als reine Unterhaltung und Spaßangelegenheit, sondern diene, trotz inhaltlich unterhaltendem Charakter, sehr ernsthaft der Überzeugungsarbeit, die Wittenwiler zu leisten versucht.[100]

Das „ mär “-Problem versucht Fürbeth nun folgendermaßen aufzulösen: Er verweist noch einmal auf den fachterminologischen Charakter der im Prolog verwendeten Begriffe. Die in einer Gerichtsrede am exemplum veranschaulichte narratio müsse, um überzeugend zu sein, einen bestimmten Wahrheitsanspruch erfüllen. Dieser könne drei Wege einschlagen: 1) historia - ist aufgrund ihrer Faktizität als Wahrheitsträger besonders gut geeignet, 2) argumentum - ist zwar nicht wahr, nicht wirklich passiert, aber immerhin denk- und vorstellbar und somit auch als potenzieller Wahrheitsträger geeignet (genau hier siedelt Wittenwiler die Handlung an: Die (höfischen) Regeln waren natürlich nie für Bauern gedacht, trotzdem ist es denkbar, dass sie versuchen, diese zu erfüllen), 3) fabula - kann weder geschehen noch überhaupt möglich sein, ist daher per se unwahr.

Falls der Leser nun also weder an den Lehren noch an der Beweisführung für ihre Gültigkeit interessiert gewesen sei, so habe der Ring den ihm primär zugedachten Sinn verfehlt. „ Mär “ als Pendant zu fabula, das von Nicht-Faktischem und Unmöglichem erzählt, werde jeder Wahrheitsgehalt abgesprochen, und doch könne mit ihr moralische Wahrheit transportiert werden, „(...) besonders metaphysische Wahrheiten, denen wir uns nicht durch direktes Wissen nähern können (...).“[101] Und eine solche Wahrheit als eine Art „Metasinn“ versucht Fürbeth im Folgenden auszumachen: Wittenwiler unterlege seine sachsystematischen Lehren in einen Handlungskontext. Durch die handlungsgebundene fortlaufende Geschichte, in der die Lehren verbreitet werden, würden die Lehren selbst Teil der Geschichte. Damit verändere sich ihr Charakter, sie erhielten ein „’Mehr’ an Sinnhaftigkeit“,[102] das über den sie veranschaulichenden „ tagalt “ hinausgeht; et voilà: die „ mär “. Die Summe der Beispiele der die Lehren nicht beachtenden Bauern ergebe ein neues, von den Lehren unabhängiges Beispiel einer Bauerngemeinschaft, die versucht, ihren „(...) Stand zu transzendieren, (...) indem [sie] den Verhaltenslehren des Adelsstandes folgt, kurz: eine fabula von der superbia des Bauernstandes.“[103]

[...]


[1] Zitiert wird nach der auf Wießners Ausgabe basierenden Edition von Brunner.

[2] Hartmann, Sieglinde: Heinrich Wittenwiler in Konstanz und „Der Ring“. Eine Tagung veranstaltet von der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft und dem Institut für deutsche Philologie der Universität Würzburg 1993, in: ZfdPh 113 (1994), S. 88-93, hier S. 88.

[3] Haug, Walter: Von der Idealität des arthurischen Festes zur apokalyptischen Orgie in Wittenwilers „Ring“, in: Das Fest. Hrsg. v. Walter Haug und Rainer Warning. München 1989, S.157-179, hier S. 171.

[4] Hahn, Reinhard: Rezension zum Ring. Hrsg. v. Horst Brunner (Reclam-Ausgabe), Stuttgart 1991, in: Mediävistik 5 (1992), S. 423.

[5] Szalai, Lajos: Heinrich Wittenwiler und sein „Ring“, in: “Im Zeichen der ungeteilten Philologie“. Festschrift für Professor Dr. sc. Karl Mollay zum 80. Geburtstag. Hrsg. v. Peter Bassola. Budapest: Universität Germanistisches Institut 1993 VII (Budapester Beiträge zur Germanistik 24), S. 341–354, hier S. 353.

[6] Schulz-Grobert, Jürgen: Autor in fabula. Selbstreferentielle Figurenprofile im Ring Wittenwilers?, in: Brunner, Horst (Hrsg.): Wittenwiler in Konstanz und „Der Ring“ (Tagung Konstanz 1993). In: JOWG 8 (1994/1995), S. 13-26, hier S. 25.

[7] Rocher, Daniel: Rabelais, Wittenwiler und die humanistische Anschauung des Kriegs, in: Festschrift für Walter Haug und Burgart Wachinger II. Hrsg. v. Johannes Janota. Tübingen 1992, S. 641–659, hier S. 641.

[8] Dallapiazza, Michael: Sprechen über die Frau. Haushaltsdiskurse bei Wittenwiler und anderen, in: Haushalt und Familie in Mittelalter und früher Neuzeit. Vorträge eines interdisziplinären Symposions vom 6.-9. Juni 1990 an der rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn. Hrsg. v. Trude Ehlert. Sigmaringen 1991, S. 167 – 180, hier S. 167.

[9] Riha, Ortrun: Die Forschung zu Heinrich Wittenwilers „Ring“ 1851-1988. Würzburg 1990.

[10] Bachorskis Habilitationsschrift „Irrsinn und Kolportage. Studien zum ‚Ring’, zum ‚Lalebuch’ und zur ‚Geschichtsklitterung’“ und Fürbeths „nutz tagalt oder mär. Das wissensorganisierende Paradigma der philosophia practica als literarisches Mittel der Sinnstiftung in Heinrich Wittenwilers Ring “ lagen bei der Endredaktion nur als Typoskript vor.

[11] Um Wiederholungen zu vermeiden, wurde auf ein eigenes „Turnierkapitel“ verzichtet. Einzelne Aspekte der Beiträge, die sich mit dem Turnier beschäftigen, wurden anderen Bereichen zugeordnet, da die Passage oft nur exemplarisch für eine vermeintliche Grundhaltung herangezogen wird.

[12] In: Festschrift für Paul Kopsch (1988). Göppingen 1988, S. 370-383.

[13] Ebda., S. 372.

[14]Ir habt gereimet und geticht/Chluogeu sach will reimens nicht “.

[15] In: Euphorion 91 (1997), S. 377-396.

[16] Vgl. ebda., Fußnote 39 (S. 384).

[17] Vgl. ebda., S. 384.

[18] Ebda, S. 396.

[19] Vgl. Dallapiazza [wie Fußnote 8 (Teil I, S. 5)], S. 167.

[20] Ebda., S. 174.

[21] Vgl. besonders V. 3385-3390.

[22] Ebda., S. 176.

[23] Ebda., S. 179.

[24] In: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 41. Amsterdam 1995, S. 185–198.

[25] Ebda., S. 190.

[26] V.5827–5836.

[27] Sofern bei einem 100 Jahre später entstandenem Text von Vergleichbarkeit die Rede sein kann.

[28] Kopanski, S. 193.

[29] Ebda., S. 197.

[30] In: Brunner, Horst (Hrsg.): Wittenwiler in Konstanz und „Der Ring“ (Tagung Konstanz 1993), in: JOWG 8 (1994/1995), S. 39-58.

[31] Ebda. S. 43.

[32] Vgl. ebda., S. 47.

[33] Ebda.

[34] V. 5791-5795.

[35] Ebda., S. 44.

[36] Ebda., S. 57.

[37] In: ZfdPh 109 (1990), S. 68–85.

[38] Vgl. ebda., S. 76.

[39] V. 4862-4866.

[40] In: Medieval germanic literature (ed. by Albrecht Classen, Göppingen 1989) (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 507), S. 171-180.

[41] Vgl. ebda., S. 174.

[42] Vgl. Haug, S. 164f.

[43] Ebda., S. 166.

[44] Ebda., S. 178.

[45] In: Brunner, Horst (Hrsg.): Wittenwiler in Konstanz und „Der Ring“ (Tagung Konstanz 1993), in: JOWG 8 (1994/1995), S. 109-124.

[46] Vgl. ebda., S. 114f.

[47] Vgl. ebda., 115.

[48] Ebda., 117.

[49] Ebda., S. 120.

[50] Lienerts Arbeit verdeutlicht, dass längst noch nicht alle Facetten des Rings behandelt wurden. So handelt Riha in ihrem immerhin 137 Jahre umfassenden Forschungsbericht das Tagelied mit gerade einmal elf Zeilen und zwei Möglichkeiten ab: Entweder sei es als Parodie zu verstehen oder es sei der Vollständigkeit halber verarbeitet worden (vgl. Riha [1851-1988], S. 153, 263).

[51] In: Studia Germanica Posnaniensa. 25 (1999), S. 13-27.

[52] Vgl. ebda., S. 14f.

[53] Vgl. Schulz-Grobert.

[54] Röcke, S. 27.

[55] Vgl. Rocher [wie Fußnote 7 (Teil I, S. 4)], S. 646f. Zur Forschung: Riha [1851-1988], S. 163f.

[56] V. 7602f.

[57] V. 7889ff.

[58] V. 7260-7283.

[59] V. 9537. „sälich“ wird von Brunner mit „glücklich“ übersetzt; die klerikale Ebene wird dabei völlig ausgeblendet. Wenn statt „glücklich“ „selig“ im Sinne von „gesegnet“ übersetzt wird, bekommt die Stelle, und somit auch Rochers Argumentation, neues Gewicht (vgl. Hennig, Beate: Kleines Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Tübingen 1998, S. 269).

[60] Rocher [Rabelais], S. 659.

[61] Vgl. ebda., S. 657.

[62] Ebda, S. 659.

[63] In: Brunner, Horst (Hrsg.): Wittenwiler in Konstanz und „Der Ring“ (Tagung Konstanz 1993), in: JOWG 8 (1994/1995), S. 59-77.

[64] Ebda., S. 64.

[65] Ebda.

[66] Vgl. Röckes Terminologie der„Mechanik der Gewalt“.

[67] In: Zwischenzeiten, Zwischenwelten. Festschrift für Kozo Hirao. Hrsg. v. Josef Fürnküs, Itzumi Masato, Ralf Schnell. Frankfurt 2001, S. 221-241.

[68] Ebda., S. 239.

[69] In: Grimmelshausen und die Dichtungslehren der frühen Neuzeit: wissenschaftliches Kolloquium der internationalen Grimmelshausen-Gesellschaft an der katholischen Universität Eichstätt. Bern, Berlin 1993, S. 253-259.

[70] Vgl. ebda., S. 255f.

[71] Ebda. S. 258.

[72] Ebda.

[73] Bachorski vertritt eine Extremposition in der Wittenwiler-Forschung. Er ist der Ansicht, dem Ring liege weder eine didaktische noch eine deskriptive Intention zugrunde. Wittenwiler sei es vielmehr um die totale Dekonstruktion von jeglichem Sinn gegangen, vermeintlich sinnstiftende traditionelle Elemente würden in ihrer Untauglichkeit entlarvt, ohne allerdings, und damit unterscheidet sich sein Ansatz von denen anderer Forscher, selbst eine mögliche Alternative aufzuweisen. In seinen drei Aufsätzen versucht er, diese These mit verschiedenen Strategien zu untermauern. (In seine bisher nur als Typoskript vorliegende Habilitationsschrift „Irrsinn und Kolportage. Studien zum ‚Ring’, zum ‚Lalebuch’ und zur ‚Geschichtsklitterung’“ konnte leider keine Einsicht genommen werden.)

[74] In: Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte. Band 2: Von der Handschrift zum Buchdruck. Spätmittelalter – Reformation – Humanismus. 1320-1572. Hrsg. v. Ingrid Bennewitz, Ulrich Müller. Reinbeck bei Hamburg 1991, S. 196-202.

[75] Ebda., S. 200.

[76] In: Brunner, Horst (Hrsg.): Wittenwiler in Konstanz und „Der Ring“ (Tagung Konstanz 1993), in: JOWG 8 (1994/1995), S. 239-258.

[77] Vgl. ebda., S. 243.

[78] Vgl. ebda., S. 245.

[79] Ebda., S. 246.

[80]Beschlossen prot, wie süess du pist! “ (V. 1559).

[81] „Ir habt gereimet und geticht/Chluogeu sach will reimes nicht;“ (V 3519f).

[82] Mist – jurist (V. 311f), wissen – beschissen (V. 622f, 2999f, 6462f), etc.

[83] In: Monatshefte 80 (1988), S. 469-487.

[84] Um diesem Ansatz folgen zu können, müssen die Begriffe kurz erläutert werden: Nach Luhmann ist die Umwelt bestimmt durch ein „beständiges Überangebot an sinnlich wahrgenommener Welt“. Um dieses Gewirr zu strukturieren, werden Systeme herausgebildet, die dazu dienen, Komplexität zu verringern (also Sinn zu stiften), wobei sowohl Individuen, Gruppen, Kulturen, Maschinen und vieles andere als Systeme gelten. Ein System besteht sowohl aus den es konstituierenden (selegierten) Kategorien (etwa „Gefühl“ für das System Liebe) als auch – zumindest potenziell – aus gegenläufigen (negierten) Bestandteilen. (z.B. „Kalkül“ für das gleiche System). Dieses „Nicht-Bestehen-aus“ lässt die negative Kategorie quasi als „negativen Bestandteil“ weiterhin bestehen.

[85] Vgl. Bachorski [per antiffrasin], S. 482.

[86] In: Geschichte und Theorie. 1. Band: Von 12. bis zum 17. Jahrhundert. Darmstadt 1989, S. 84-98.

[87] Ebda., S. 89.

[88] Ebda., S. 90.

[89] In: Brunner, Horst (Hrsg.): Wittenwiler in Konstanz und „Der Ring“ (Tagung Konstanz 1993), in: JOWG 8 (1994/1995), S. 201-219.

[90] „Er ist ein gpaur in meinem muot/Der unrecht lept und läppisch tuot“.

[91] Vgl. Hirschberg/Ortmann/Ragotzky, S. 206.

[92] Ebda., S. 206.

[93] In diese Betrachtungsweise passen auch die Liebesbriefe: Die kunstvolle Inszenierung von Chrippenchras Liebesbrief und die daraus entwickelte, dem Lehrwissen entsprechende Minnelehre dient ja nur dem Betrug. Sie ist also, obwohl sie als Gegenteil des Schlechten inszeniert wird, selbst nicht gut. (Vgl. ebda, S. 210).

[94] Vgl. Hirschberg /Ortmann /Ragotzky, Fußnote 18 (S. 216f).

[95] 1: Schönheitspreis (Beschreibung Mätzlis), 2: Städtekatalog.

[96] Vgl. Fürbeth, S. 15.

[97] Wie Fürbeth selbst einräumt, ist dieses Verfahren rein exemplarisch und müsste mit allen anderen (einigermaßen eindeutig nachgewiesenen) Texten durchgespielt werden.

[98] Vgl. Fürbeth, S. 21.

[99] Vgl. Ebda., S. 22-25.

[100] Vgl. ebda., S. 33.

[101] Ebda., S. 37.

[102] Ebda., S. 41.

[103] Ebda., S. 42.

Ende der Leseprobe aus 126 Seiten

Details

Titel
Wittenwilers "Ring" in der Forschung nach 1989 - Würdigung und Wertung
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Deutsche Sprache und Literatur II)
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
126
Katalognummer
V19920
ISBN (eBook)
9783638239479
ISBN (Buch)
9783638700603
Dateigröße
984 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wittenwilers, Ring, Forschung, Würdigung, Wertung, Mittelalter, Wittenwiler, Grobianismus
Arbeit zitieren
Jan Taussig (Autor:in), 2002, Wittenwilers "Ring" in der Forschung nach 1989 - Würdigung und Wertung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19920

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