Konsumenten und Konsummotive illegaler Drogen in der westlichen Welt im 20. Jahrhundert


Seminararbeit, 2009

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und thematischer Überblick

2. Der Begriff „Droge“ – Versuch einer Definition

3. Drogen im 20. Jahrhundert – Inkriminierung und Aufleben der Subkulturen

4. Konsumentengruppen und Konsummotive im späten 20. Jahrhundert
a) Subkulturelle Traditionen
b) Sozial integrierter und „unsichtbarer“ Konsum
c) Die Drogenszene

5. Der gesellschaftliche Umgang mit Drogen

6. Überlegungen und Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung und thematischer Überblick

‚Ich habe noch nie Drogen genommen!’ – Ein Satz, mit dem vermutlich viele Menschen auf die Frage, ob und welche Drogen sie in ihrem Leben bisher konsumiert haben, antworten würden. Allein aus diesem kurzen Satz kann man für die Thematik dieser Seminararbeit einige wichtige Aspekte ableiten. Drogen gelten in unserer heutigen, individualistisch geprägten Gesellschaft als etwas Schlechtes und Verpöntes. Mit Drogen möchte fast niemand direkt oder indirekt in Verbindung gebracht werden, zumal die Gefahr der Strafverfolgung in vielen Fällen gegeben ist. Dabei haben Drogen eine Geschichte die möglicherweise so alt ist wie die des Menschen. Drogen sind ein zeitloses und zugleich globales Phänomen.[1]

Der Konsum von Drogen gilt heute als eines der wenigen verbliebenen Tabuthemen unserer modernen Gesellschaft und wird allenfalls dann zum Thema, wenn die Massenmedien über Drogenmissbrauch, Drogentote und allgemein über das sogenannte „Drogenproblem“ berichten. Staat und Gesellschaft haben sich in einer Weise auf einen „kulturellen Code“[2] verständigt, welcher der Drogenszene einen äußerst niedrigen Stellenwert zuschreibt und alle Menschen, die vermeintlich dieser Szene angehören, als negative Bespiele dienen sollen.[3] Dabei wird der alltägliche, „unsichtbare“ Konsum nicht thematisiert oder in einer Weise stigmatisiert, wie es im Fall der Drogenszene geschieht. In der öffentlichen Wahrnehmung ist der Begriff „Droge“ zudem gleichgesetzt mit Stoffen, deren nicht-medizinischer Konsum nach geltendem Betäubungsmittelgesetz unter Strafe steht. Er ist „einseitig besetzt und ideologisch aufgeladen“[4] und schließt Wirkstoffe wie Koffein, Nikotin und Alkohol meist nicht mit ein.

Im Folgenden sollen daher die Konsumentengruppen und ihre Motive näher betrachtet werden. Dabei soll der Fokus auf die unterschiedlichen Gründe und die dahinterstehenden Bedürfnisse des Drogenkonsums gelegt werden. Dazu ist es zunächst einmal notwendig, die Frage nach der Bedeutung des Begriffs „Drogen“ zu klären und im Anschluss eine Definition zu versuchen, was Drogen sind und was nicht. Die Wirkung von einzelnen Stoffen kann hier auf Grund des Umfangs der Arbeit nicht näher thematisiert werden und spielt bei einer soziologisch-historischen Betrachtung auch eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr soll auf die ambivalente Haltung der Gesellschaft in Bezug auf „Drogen“, vom späten 20. Jahrhundert bis heute eingegangen werden und dabei auch der Frage nachgegangen werden, ob die Drogenpolitik der vergangenen Jahrzehnte eventuell auch zu einer Verstärkung des Drogenkonsums führten.[5]

2. Der Begriff „Droge“ – Versuch einer Definition

Bevor man sich bei gesellschaftlichen Phänomenen mit den Konsumentengruppen und den Konsummotiven beschäftigt, muss zunächst einmal eine Definition gefunden werden, die zum einen den relevanten Themen- und Personenkreis vom nicht-relevanten abgrenzt und zum anderen in Wissenschaft und wenn möglich auch in der Gesellschaft anerkannt wird. Im Falle des Themas „Drogen“ stößt man hier noch vor Beginn der Arbeit auf das erste Hindernis, nämlich dem Definitionsproblem.[6]

Die Ursprünge des Begriffs „Droge“ reicht zurück bis in das 16. Jahrhundert und bezeichnete damals „mineralische oder getrocknete pflanzliche oder tierische Präparate, die als Arzneimittel, Genussmittel, Färbemittel .. Verwendung fanden.“[7] Später erst wurde die Begriffsbedeutung auf Stoffe eingeschränkt, die körperliche oder bewusstseinsverändernde Wirkung haben. Historisch betrachtet kann man sagen, dass das was Drogen definierte, unter dem Hintergrund der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation, durchaus variabel und veränderbar war.[8] Heute muss man zwischen mindestens drei verschiedenen Definitionen von „Drogen“ unterscheiden. Nach einer ersten Definition gelten alle Stoffe als Drogen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen und deren Konsum somit strafbar ist (Ausnahmen bestehen z.B. bei ärztlichen Behandlungen). Nach dieser Definition beurteilt und definiert die Mehrheit der Bevölkerung den Konsum von Drogen. Die Gesellschaft hat sich dieser Definition angenommen und unterscheidet ähnlich dem Betäubungsmittelgesetz in legale und illegale Drogen, wobei legale Drogen häufig positiv gesehen und zum Teil gar nicht als Drogen wahrgenommen werden. Eine weitaus unfassendere Definition beinhaltet alle Substanzen, die das Bewusstsein oder die Körperbefindlichkeit verändern. Dieser Definition zufolge kann und darf nicht unterschieden werden zwischen legalen und illegalen Drogen. Auch die sogenannten „Genussmittel“ wie Tabak, Alkohol und Kaffee sind danach als Drogen zu verstehen. Die dritte und unfassendste Definition schließt alles in den Kreis der Drogen mit ein, „was zu repetitivem Verhalten, zum Wiederholungszwang und schließlich zu psychischer (und/oder physischer Abhängigkeit führt“.[9] Folgt man dieser Definition, so sind auch intensives und häufiges „Shopping“, Computerspiele und andere materielle und immaterielle Dinge, die den Menschen dazu veranlassen etwas zu wiederholen, als Drogen zu bezeichnen.[10] Problematisch an dieser Definition dürfte sein, dass dementsprechend alles was sich entweder einer Wertschätzung erfreut oder zu einem Nachahmungseffekt führt eine Suchtdynamik entwickelt kann und damit als Droge definiert werden muss. Drogen werden demnach zu postmaterialistischen Phänomenen stilisiert.[11]

Diese Aufzählung ist nicht abschließend und lässt sich je nach Standpunkt beliebig weit ausdehnen oder eingrenzen. Zum besseren Verständnis des Themas orientiert sich diese Arbeit an der Definition von Benjamin Fässler: „Eine Droge ist eine Substanz, welche auf die Psyche, also auf Geist und Seele wirkt, also eine psychoaktive Substanz.“[12] Mit dieser grundlegenden Definition lässt sich der Kreis der Konsumenten zumindest theoretisch recht eindeutig von dem der Nichtkonsumenten abgrenzen und lässt somit auch ein näheres Eingehen auf die Motive des Drogenkonsums zu.

3. Drogen im 20. Jahrhundert – Inkriminierung und Aufleben der Subkulturen

Die Geschichte der Drogen im 20. Jahrhundert ist vielseitig und geprägt durch die um sich greifende Inkriminierung von vormals legalen und vor allem medizinisch genutzten Wirkstoffen, dem Aufkommen von neuen, synthetischen Drogen und dem Konsum in immer neu entstehenden (jugendlichen) Subkulturen. Das was wir heute unter Drogen verstehen wurde zum Großteil erst im Laufe des 20. Jahrhundert als solches definiert.

Wie bei allen historischen Forschungsfeldern, stellt sich auch bei der Betrachtung der Drogengeschichte die Frage, wie und an welchen Ereignissen man verschiedene Epochen festmacht und unterscheidet. Der Beginn der Drogengeschichte des 20. Jahrhunderts lässt sich relativ gut an einem Ereignis fixieren. Mit dem Ersten Internationalen Opium-Abkommen von Den Haag im Jahr 1912 begann das Zeitalter der Inkriminierung. Diese Konvention kann als „Grundlagendokument der modernen Prohibitionspolitik“[13] gelten. Zwar gab es auch schon im Laufe des 19. Jahrhunderts erste Versuche den Konsum (vor allem von Opium) zu unterdrücken oder verbieten, die Wirkung des Den Haager Abkommens war jedoch viel weitreichender und hat bis heute Auswirkungen auf unseren Umgang mit Drogen.[14] Dabei traten vor allem die Vereinigten Staaten als Vorreiter bei dem beginnenden war on drugs auf. Zunächst aus rassistischen und wirtschaftlichen Motiven gegenüber eingewanderten Asiaten (Chinesen) und den Handelspartnern im Pazifikraum motiviert, setzte sich diese Politik der Prohibition zunehmend auch auf andere Drogenarten durch und bestimmte von nun an den Umgang mit Drogenkonsumenten.[15] Als Folge der beiden Weltkriege kam es zwar zu einem enormen Anstieg der Produktion von Alkaloiden (Morphin u.ä.), die allgemeine Tendenz zeigte jedoch weiter zu einer strikten Anti-Drogen-Politik. Auch vermeintlich „leichte“ Drogen wie Cannabis wurden im Laufe der Jahre illegalisiert. Die „UNO- Single Convention on Narcotic Drugs“ von 1961 ersetzte die Internationale Drogenkonvention von 1912 und gilt bis heute als wegweisend für den rechtlichen Rahmen im Umgang mit Drogen.[16] Die Realität sieht heute wie gestern freilich anders aus. Bereits kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bildeten sich in amerikanischen Großstädten jugendliche Subkulturen aus, deren gemeinsames Erlebnis der Konsum von Drogen war. Die Menge der konsumierten Drogen und deren Verbreitungswege wurden durch die Prohibition keinesfalls gemindert. Stoffe die bisher zwar diskret, aber im Allgemeinen öffentlich konsumiert wurden, gerieten in die Illegalität. Das Klischee vom drogensüchtigen, gescheiterten Individuum liegt unter anderem in dieser Entwicklung begründet.[17]

[...]


[1] Vgl.: Menninger, Annerose, Niemeyer, Katharina, Einführung, 2009, Abschnitt 1

[2] Renggli, René, Tanner, Jakob, Das Drogenproblem, 1994, S. 3

[3] Vgl.: Renggli, René, Tanner, Jakob, Das Drogenproblem, 1994, S. 3-5

[4] Menninger, Annerose, Niemeyer, Katharina, Einführung, 2009, Abschnitt 1

[5] Umfassende Informationen zur Wirkung von Drogen und deren Gebrauch, sowie historische Überblicke zum Drogenkonsum in verschiedenen Epochen finden sich in:

Kupfer, Alexander, künstliche Paradiese, 1996

Lewin, Louis, Phantastica, 2000

[6] Vgl.: Renggli, René, Tanner, Jakob, Das Drogenproblem, 1994, S. 6-7

[7] Fässler, Benjamin, Drogen, 1997, S. 107

[8] Vgl.: Tanner, Jakob, Drogenprohibition, 2009, Abschnitt 1

[9] Renggli, René, Tanner, Jakob, Das Drogenproblem, 1994, S. 12

[10] Vgl.: Fässler, Benjamin, Drogen, 1997, S. 107

[11] Vgl.: Renggli, René, Tanner, Jakob, Das Drogenproblem, 1994, S. 13

[12] Fässler, Benjamin, Drogen, 1997, S. 108

[13] Tanner, Jakob, Drogenprohibition, 2009, Abschnitt 8

[14] Weitere Informationen und Auszüge aus dem Originaltext des Abkommens finden sich in: Renggli, René, Tanner, Jakob, Das Drogenproblem, 1994, S. 92-111

[15] Vgl.: Tanner, Jakob, Drogenprohibition, 2009, Abschnitt 23

[16] Vgl.: Tanner, Jakob, Drogenprohibition, 2009, Abschnitt 36

[17] Vgl.: Tanner, Jakob, Drogenprohibition, 2009, Abschnitt 21

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Konsumenten und Konsummotive illegaler Drogen in der westlichen Welt im 20. Jahrhundert
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
14
Katalognummer
V199147
ISBN (eBook)
9783656254775
ISBN (Buch)
9783656255567
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
konsumenten, konsummotive, drogen, welt, jahrhundert
Arbeit zitieren
Dirk Sippmann (Autor:in), 2009, Konsumenten und Konsummotive illegaler Drogen in der westlichen Welt im 20. Jahrhundert , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199147

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