Zur Rolle der audiovisuellen Medien in Jean Echenoz' "Les grandes blondes"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1. Einleitung

2. Kurze Zusammenfassung des Romaninhalts

3. Der postavantgardistische Roman
3.1. Charakteristika/Hintergründe
3.2. "Les grandes blondes" als Beispiel

4. Filmische Schreibweise
4.1. Kennzeichen
4.2. Präzisierung durch "Les grandes blondes"

5. Schluss

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In meiner Hausarbeit zu dem Thema "Zur Rolle der audiovisuellen Medien in Jean Echenoz' 'Les grandes blondes' " möchte ich nach einer kurzen Zusammenfassung des Inhalts zunächst die Eigenschaften des postavantgardistischen Romans im allgemeinen erläutern und anschließend den Roman von Echenoz als Beispiel anbringen. Danach werde ich auf die filmische Schreibweise eingehen, wobei zunächst theoretische und allgemeine Erklärungen als Erläuterung gegeben werden sollen, bevor ich die filmische Schreibweise auf den Roman von Echenoz anwende. Durch die Präsentation der filmischen Schreibweise sollen die unterschiedlichen Rollen der audiovisuellen Medien im Roman dargestellt und herausgestellt werden.

2. Kurze Zusammenfassung des Romaninhalts

In dem Roman "Les grandes blondes" von Jean Echenoz heuert der TV-Produzent Paul Salvador einen Privatdetektiv an, um Gloria Stella, den ehemaligen Star des Pariser Show-Business aufzuspüren, da er eine TV-Serie mit den Titel "Die großen Blondinen" plant, bei der eine Sendung über Gloria gedreht werden soll. Gloria scheint wie verschollen, da sie nach einer Anklage wegen Mordes gegen sie völlig von der Bildfläche verschwunden ist und seit jeher nicht mehr aufgefunden worden ist. Der erste Detektiv, Jean-Claude Kastner, der sich in der Bretagne auf die Suche nach ihr macht, bezahlt dies mit seinem Leben, da er sie nicht erkennt, sie ihn betrunken macht, dann umbringt indem sie ihn von einer Klippe stößt und schließlich sein Auto im Meer versenkt. Auch der zweite auf sie angesetzte Detektiv, Boccara, scheitert an seiner Aufgabe, da er mit der von Gloria in die Windschutzscheibe seines Autos gestoßenen Axt flüchtet. Daraufhin wird Personnettaz losgeschickt. Die Suche nach Gloria erweist sich als äußerst diffizil, da sie ständig ihr äußeres Erscheinungsbild ändert, in dem sie sich bewusst häßlich herrichtet und keinen Kontakt zu Menschen pflegt. Ihr einziger Begleiter ist der Homunkulus Béliard, der ihr ständig, auf ihrer rechten Schulter sitzend, mit Rat und Tat zur Seite steht. Sie flüchtet von der Bretagne aus nach Australien und Indien, doch Personnettaz ist ihr stets auf den Fersen, stellt sie schließlich bei ihrer Rückkehr in Frankreich und überzeugt sie von einem Fernsehauftritt. Am Ende wird die TV- Sendung über Gloria ausgestrahlt.

3. Der postavantgardistische Roman

3.1. Charakteristika/Hintergründe

Der postavantgardistische Roman, der die Nachfolge des Nouveau Roman und des avantgardistischen Roman antrat, wurde häufig auch als postmoderner Roman bezeichnet, wobei man diese Titulierung weniger nutzte. Auf die Avantgarde folgte in Frankreich diese Strömung, bei der man "das Ich und die Welt im Roman wieder neu (er)finden"[1] wollte und zu dem Erzählen zurückkehrte, was meint, dass die "Jüngeren als Impetus hatten, mit dem Schreiben wieder Geschichten über die Welt zu erzählen"[2], da man in eine Art Krise geraten war und das zuvor Genutzte für ausgereizt hielt. Außerdem sahen sich diese Autoren nicht mehr gezwungen einen Anwalt oder Kämpfer zu mimen, der gegen die literarische Tradition ankämpfen will, sondern konnten sich wieder ganz dem "Erzählen" widmen. Die Themen Gesellschaft, Alltag und Arbeitswelt erlangten in den postavantgardistischen Romanen somit wieder eine bedeutende Rolle zurück. Die Autoren kehrten also zu traditionellen Formen der Fiktionsbildung zurück und wandten sich gleichzeitig von "den Kategorien des Engagements, der Originalität, der Wahrheit und der Authenzität"[3] ab, was schließlich zu einer ludischen Attitüde führte.

Innerhalb dieses Kreises von Autoren, die in der Postavantgarde publizierten, existierte die Strömung der Minimalisten, deren Schreibweise oft als "lakonisch-leer" bezeichnet wird[4], was wohl mitunter an der Tatsache liegt, dass die erzählten Geschichten oberflächlich leicht zu durchschauen und wenig inhaltsvoll scheinen, jedoch bei genauerer Analyse zeigt sich die ludische Sprachstruktur, bei der gleichzeitig profundere Fragestellungen aufgeworfen werden. Die Genre, die die Autoren hauptsächlich für ihre Romane wählten, waren der Spionage- oder Agentenroman sowie der Kriminalroman, wobei man hervorheben muss, dass es sich dabei dann nicht um Kriminalgeschichten der klassischen Art handelte, denn oftmals parodisierten die Autoren diese Gattungsmuster durch klischeehafte Erzählmomente oder sie destabilisierten das Genre, in dem sie entscheidende Informationen außen vor ließen. Besonders kennzeichnend für die Postavantgarde sind des Weiteren die häufige Verwendung intertextueller und intermedialer Verfahren, auf die ich später genauer eingehen möchte.

Was ebenfalls auffällt, ist die Gestaltung einer äußerst heterogenen Erzählebene mit mehreren parallel verlaufenden Handlungssträngen, die in einigen Romanen recht unübersichtlich und zunächst schwer durchschaubar wirken und von Müller als "Abkehr von einer homogenen, einer geordneten, leicht faßbaren und übersichtlichen Gestaltung der Erzählebenen"[5] bezeichnet wird. Die Heterogenität zeigt sich auch in den Unstimmigkeiten und absichtlich evozierten Widersprüchen, welche die aufgebauten Erwartungen des Lesers stets wieder irreführen und die Übersichtlichkeit des Erzählten hemmen.

Die Autoren der Postavantgarde lehnten sich nicht vollends gegen die vorangegangene Art von Literatur auf, sondern erweiterten vielmehr dieses Repertoire, indem sie es in ihr Schreiben integrierten und die Tradition teilweise als "ironischen und spielerischen Rückgriff" oder als "experimentelle Transformation" fortführten[6].

3.2. "Les grandes blondes" als Beispiel

Jean Echenoz' Roman "Les grandes blondes" weist einige der oben genannten Charakteristika postavantgardistischen Schreibens auf, denn gerade diese postavantgardistische Einstellung ist seit Anfang der achtziger Jahre spürbar und prägte stark die Autoren dieser Zeit. Allerdings muss man hinzufügen, dass Echenoz zwar postavantgardistisch geprägt schreibt, jedoch genauso Formen und Verfahren des Nouveau Roman aufweist. Echnoz gilt als der "wichtigste und innovativste Autor der Literatur der achtziger und neunziger Jahre in Frankreich"[7], was wohl sicherlich mit seinem ludisch-ironischen Schreibstil sowie der guten Lesbarkeit seiner Werke zusammenhängt sowie den intermedialen Bezügen mit ihren Hinweisen auf die Zusammenhänge von Film und Literatur, die das Lesen bereichern. Er macht sich über konventionelle, literarische Verfahren lustig, wodurch diese in einem für den Leser ungewohnten Licht erscheinen. Jean Echenoz betont immer wieder in seinen Werken die Scheinhaftigkeit der filmischen Schreibweise, indem er die Intermedialität ironisiert. Gleichzeitig zeigt er dadurch, dass bei dem filmischen Schreiben nicht alles möglich ist, dies also begrenzt ist durch das Mittel mit dem es realisiert werden soll, der Sprache. Das starke Berücksichtigen der Bildmedien wie zum Beispiel dem Fernsehen ist auch als Kennzeichen für den Einfluss der Postavantgarde zu werten, da man sich als Autor eines postavantgardistischen Romans allen Einflüssen offen zeigte und somit auch nicht diese Medien und deren Einfluss außer Acht lassen wollte. Des Weiteren gibt Echenoz auch nicht vor, eine reale Wirklichkeit zu Grunde zu legen, auf die er sich bezieht, sondern er bewegt sich im Bereich der Fiktion, so wie es für postavantgardistische Autoren typisch ist.

[...]


[1] Müller, 122

[2] Müller, 126

[3] von Tschilschke (in Mecke/Roloff), 221

[4] Müller, 123

[5] Müller, 128

[6] vgl. Müller, 136

[7] Müller, 128

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Zur Rolle der audiovisuellen Medien in Jean Echenoz' "Les grandes blondes"
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Literatur und Film in Frankreich
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V199040
ISBN (eBook)
9783656254393
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jean Echenoz, les grandes blondes
Arbeit zitieren
Christina Müller (Autor:in), 2007, Zur Rolle der audiovisuellen Medien in Jean Echenoz' "Les grandes blondes", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199040

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