Hintergründe der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung


Seminararbeit, 2003

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Aktuelle Meldungen

Die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Deutschland

Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute

Rahmenbedingungen und Eigenkapitalaufbringung

Die Haftungsmechanismen der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute

Die Anstaltslast

Die Gewährträgerhaftung

Aktuelle Situation

Modifizierung der Anstaltslast

Wegfall der Gewährträgerhaftung

Gründe für die Änderung der Haftungsgrundlage

Wettbewerbsposition der öffentlich-rechtlichen Banken

Verstoß gegen EU-Recht durch staatliche Beihilfe

Auswirkungen auf die Refinanzierungsbedingungen

Anlage

Ratingsymbole

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Internetverzeichnis

Aktuelle Meldungen

In den letzten Monaten und vor allem in den letzten Wochen und Tagen nehmen die Meldungen über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute zu. Dabei geht es um Themen wie z.B. Fusionen, negative Bilanzen, Rating der Landesbanken, Kapitalerhöhungen usw. Beim Lesen der Artikel wird immer wieder auf die Änderung der Staatsgarantien, die Modifizierung der Anstaltslast und auf den Wegfall der Gewährträgerhaftung ab Juli 2005 verwiesen. Allerdings wird selten erklärt, was genau hinter den Staatsgarantien Gewährträgerhaftung und Anstaltslast steht.

In der folgenden Ausarbeitung werden die Hintergründe für den Wegfall der Gewährträgerhaftung und die Modifizierung der Anstaltslast genauer untersucht. Diese Veränderungen wirken sich auch auf die Banken aus. Im zweiten Teil werden die Auswirkungen auf die Kundenerfolgsrechnung durch den Wegfall der Gewährträgerhaftung und Modifizierung der Anstaltslast konkret betrachtet.

Die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Deutschland Die Bankenlandschaft in Deutschland ist von drei großen Institutsgruppen geprägt: die Privatbanken, die Genossenschaftsbanken und die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute. Die Privatbanken, die hauptsächlich in der Rechtsform der Aktiengesellschaft (AG) fungieren, verfolgen primär das Ziel der Gewinnmaximierung. Die Genossenschaftsbanken orientieren sich in ihrer Rechtsform und Struktur nach den Mitgliedern. Die öffentlich-rechtlichen Banken richten sich nicht nach dem Ziel der Gewinnmaximierung, sondern der Erfüllung ihrer Aufgaben. Ein wesentliches Merkmal dieser Kreditinstitute ist die Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, die für die übrigen Institutsgruppen nicht gelten. Eine Betrachtung des Bankenmarktes in Deutschland lässt erkennen, dass die Sparkassen mit einem Marktanteil von 14,4 % und die Landesbanken mit 19,8 % deutlich den deutschen Markt dominieren. Insgesamt beherrschen die genannten Kreditinstitute 34,2 % des deutschen Marktes.[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Marktanteile der Sparkassen und Landesbanken.[2]

Als öffentliche Kreditinstitute werden öffentliche Unternehmen bezeichnet, die Bankgeschäfte betreiben und die organisatorisch einen abgrenzbaren Leistungsbereich im Sinne einer Wirtschaftseinheit bilden, deren Träger vollständig die öffentliche Hand ist.[3] In Deutschland gibt es mehrere verschiedene öffentlich-rechtliche Kreditinstitute: öffentliche Sparkassen, Landesbanken, öffentliche Bausparkassen, öffentliche Banken mit Sonderaufgaben (z.B. Deutsche Ausgleichsbank [DtA], Landwirtschaftliche Rentenbank) und öffentlichen Grundkreditanstalten.[4] In dieser Arbeit wird speziell auf die Sparkassen und Landesbanken eingegangen.

Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute

Die Aufgaben und Ziele eines öffentlichen Finanzinstituts werden seit den Sechziger Jahren als ‚öffentlicher Auftrag’ bezeichnet.[5] Der Begriff des öffentlichen Auftrags ist aber schwer zu definieren, da er einer laufenden Fortentwicklung durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen und Sachzwängen unterliegt. Die Fortentwicklung und Anpassung des öffentlichen Auftrags geschieht in ständigem Dialog zwischen Sparkassen, Landesbanken und den Trägern der Anstalten.[6]

In den Sparkassengesetzen der Bundesländer sind die Aufgaben im Wesentlichen verankert. Die vom Gesetzgeber gestellten Aufgaben werden unter dem Begriff ‚öffentlicher Auftrag’ den Sparkassen übertragen oder subsumiert. Heinrich Haasis, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg und erster Vizepräsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, hat den öffentlichen Auftrag wie folgt erklärt: „Zu den gesetzlichen Aufgaben zählen unter anderem die Versorgung der Bevölkerung, der öffentlichen Hand und der Wirtschaft, insbesondere der mittelständischen Unternehmen, mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen im jeweiligen Geschäftsgebiet, die Förderung des Sparsinns und der Vermögensbildung breiter Bevölkerungskreise sowie die Wirtschaftserziehung der Jugend.“[7] Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, definiert den öffentlichen Auftrag in der heutigen Zeit im Wesentlichen wie folgt: „Präsenz in der Fläche mit einem breiten Angebot von kreditwirtschaftlichen Leistungen für alle Kundengruppen sowie eine besonders aktive Rolle in der Partnerschaft zum Mittelstand und den Kommunen. Zu dessen Erfüllung ist eine an marktwirtschaftlichen Grundsätzen orientierte Geschäftspolitik erforderlich, bei der Gewinnerzielung weder alleiniges Unternehmensziel noch Unternehmenszweck ist.“[8] Dabei ist zu betonen, dass die Sparkassen und Landesbanken nicht dem Ziel der Gewinnmaximierung unterliegen, sondern die Erfüllung der Aufgaben steht an vorderster Stelle. Den Sparkassen wurde verboten, die Gewinnmaximierung als Ziel ihrer Geschäftstätigkeit zu verfolgen. Sie sind somit gemeinwohlorientiert. Die öffentlichen Banken sind angehalten, unter dem primären Aspekt der Erfüllung ihrer Aufgaben die Geschäfte nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu führen und eine angemessene Rendite zu erwirtschaften.[9]

Rahmenbedingungen und Eigenkapitalaufbringung

Der öffentliche Auftrag entspricht dem Auftrag des Grundgesetzes an Bund und Länder, für weitgehend gleichartige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu sorgen. [10] Sparkassen und Landesbanken tragen somit zur Erfüllung dieses staatlichen Auftrags bei, wodurch allen Bundesbürgern alle Finanzdienstleistungen uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

Eine staatliche Aufgabe kann auf einen selbständigen Verwaltungsträger, in Form eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts übertragen werden.[11] So werden fast alle Sparkassen in der Anstalt des öffentlichen Rechts geführt, dessen Träger Gemeinden, Ämter, Kreise, Zweckverbände und Bundesländer sind. Nur ein kleiner Teil, die freien Sparkassen, werden als Aktiengesellschaft (AG), Stiftung oder wirtschaftlicher Verein geführt. Als Anstalt des öffentlichen Rechts und somit als juristische Person, benötigt die Anstalt des öffentlichen Rechts eine Legitimation für ihre Gründung und für ihre Geschäftstätigkeit. Diese Legitimation wird von dem bereits beschriebenen öffentlichen Auftrag abgeleitet, den sie zu erfüllen hat.[12]

Die Träger der Sparkassen und Landesbanken entsprechen nicht einem Eigentümer wie bei privatwirtschaftlichen Unternehmen. So haben die Gewährträger keine Einlagen in Form von Stamm- oder Haftungskapital in die Anstalt des öffentlichen Rechts eingebracht. Die Sparkassen und Landesbanken haben kein Grundkapital, wie es bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der Fall ist. Nur in seltenen Fällen statten die Träger die Sparkassen und Landesbanken mit Eigenkapital aus, das dann als Dotationskapital bezeichnet wird. Das bilanzierte Eigenkapital der Sparkassen und Landesbanken besteht aus Sicherheitsrücklagen, welche die öffentlichen Banken im Laufe der vergangenen Jahre aus einem Teil der Jahresüberschüsse in Form von Rücklagen aufgebaut haben.[13] Den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten fehlt somit eine grundlegende Haftungsbasis, wie es im privatwirtschaftlichen Sektor vorgeschrieben ist.

Die Haftungsmechanismen der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute

Im Deutschen Bankensystem sind alle Banken nach § 10 KWG[14] verpflichtet, genügend Eigenkapital zur Gläubigersicherung zur Verfügung zu stellen. Den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten steht kein Eigenkapital in Form von Stamm- oder Haftungskapital zur Verfügung und die Vorschriften des § 10 Abs. 2a KWG erkennen bei den öffentlich-rechtlichen Sparkassen auch nur die Rücklagen als haftendes Eigenkapital an.[15] Für die öffentlichen Banken gelten andere Haftungsmechanismen als bei Genossenschaftsbanken und Privatbanken, nämlich: Anstaltslast und Gewährträgerhaftung. Beide Haftungsmechanismen sollen einmal die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Anstalt sicherstellen und zum anderen die Haftung für die Verbindlichkeiten des Kreditinstituts an die Gläubiger regeln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Wirkungsweise der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung.

Die Anstaltslast

Die Anstaltslast fungiert im Innenverhältnis zwischen Gewährträger (Stadt, Kreis Zweckverband oder Bundesland) und dem öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut[16]. Die Anstaltslast besagt, dass der Träger „verpflichtet ist, die wirtschaftliche Basis einer Anstalt zu sichern, sie für die gesamte Dauer ihres Bestehens funktionsfähig zu erhalten und etwaige finanzielle Lücken durch Zuschüsse oder auf andere geeignete Weise auszugleichen“.[17] D. h. der Träger eines öffentlichenrechtlichen Kreditinstituts ist verpflichtet, z. B. bei einer Unterbilanz des Kreditinstituts diese auszugleichen. [18] Der Träger ist aber nicht verpflichtet, dauerhaft eine unrentable Sparkasse oder Landesbank durch Zuschüsse zu finanzieren. Generell ist eine Sparkasse oder Landesbank nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu führen, obwohl ihnen die Gewinnmaximierungsabsicht verboten ist und sie primär die Erfüllung ihres Auftrages zu verfolgen hat.[19] Die Anstaltslast ist in den Sparkassengesetzen verankert und hat keine zeitlichen und betragsmäßigen Beschränkungen. Öffentlich-rechtliche Kreditinstitute sind somit nicht insolvenzfähig.[20]

[...]


[1] Bundesverband deutscher Banken (bdb): Marktanteile der Bankengruppen, 2002 3

[2] vgl. Mußler, Hanno: Landesbanken: Dem Teufelskreis entrinnen, 26.08.2003

[3] vgl. Hadeler, Thorsten, Winter, Eggert, Wirtschaftslexikon, 2000, S. 2289 ff

[4] vgl. Hadeler, Thorsten, Winter, Eggert, Wirtschaftslexikon, 2000, S. 2289

[5] vgl. Deutscher Sparkassenverlag, Weiterbildungskonzeption, 2003, S. 62 4

[6] vgl. Hasselmann, Anja, Ausschlusstatbestände, 2001, S. 188

[7] Haasis, Heinrich: Die Sparkassen: zeitgemäße Interpretation des öffentlichen Auftrags

[8] Haasis, Heinrich: Die Sparkassen: zeitgemäße Interpretation des öffentlichen Auftrags

[9] vgl. Gerlach, Rolf, Grundlagen der Sparkassenarbeit, 1999, S. 310 f

[10] vgl. Schmidt, Dirk, öffentlich-rechtliche Unternehmensform, 2000, S. 23 5

[11] vgl. Löhr, Christian, gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfe, 2000, S. 19

[12] vgl. Isensee, Josef: Versicherer, 2000, S. 24 f

[13] vgl. Grill, Hannelore, Percynski, Hans, Wirtschaftslehre,2001, S. 45 f

[14] Gesetz über das Kreditwesen in der Fassung vom 09.09.1998, Rechtsstand vom 01.11.2003

[15] Kemmler, Iris, Anstaltslast, 2001, S. 119 f

[16] vgl. Stern, Klaus, Grundlagen der Sparkassenorganisation, 1999, S. 471

[17] Monti, Mario, Staatliche Beihilfe Nr. E 10/2000 - Deutschland: Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, S. 4

[18] vgl. Monti, Mario, Staatliche Beihilfe Nr. E 10/2000 - Deutschland: Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, S. 4

[19] vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Anstaltslast und Gewährträgerhaftung - Eine Kurzübersicht, S. 3

[20] vgl. Monti, Mario, Staatliche Beihilfe Nr. E 10/2000 - Deutschland: Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, S. 4 7

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Hintergründe der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Ingolstadt  (Fachbereich Wirtschafts- und Allgemeinwissenschaften)
Veranstaltung
Seminar Banken und Portfoliomanagement
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V19899
ISBN (eBook)
9783638239288
Dateigröße
683 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit behandelt die Modifizierung der Anstaltslast und den Wegfall der Gewährträgerhaftung der öffentlich-rechtlichen Kreditinstute in Deutschland, sprich der Sparkassen und Landesbanken. Es wird der Sinn und die Gründe für diese Haftungsfunktionen erklärt, es wird auf das Beihilfeverfahren der Europäischen Kommission, auf den Fall WestLB und auf die Refinanzierungsvorteile dieser Banken im Wettebewerb eingegangen.
Schlagworte
Hintergründe, Anstaltslast, Gewährträgerhaftung, Seminar, Banken, Portfoliomanagement
Arbeit zitieren
Andreas Weiß (Autor:in), 2003, Hintergründe der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19899

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