"Den alten, etwas eingerosteten Krummsäbel alla franca anschleifen". Die Militärmission Helmuth von Moltkes in der Türkei 1835-1839


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

43 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Literaturverzeichnis

2. Einleitung

3.1 Vita Moltkes
3.2 Moltkes Aufenthalt in der Türkei
3.3 Die „Türkischen Briefe“ Moltkes

4. Was passiert allgemein bei einem längeren Aufenthalt in der „Fremde“

5. Akkulturation

6. Persönlichkeit und Akkulturation Moltkes
6.1 Persönlichkeit Moltkes
6.2 Moltkes Umgang mit dem „Fremden“ in seinen Türkischen Briefen
6.3 Akkulturation Moltkes
6.4 Nach der Türkei

7. Ergebnis

1. Literaturverzeichnis

a) Quellen

Für diese Arbeit benutzte (Teil-)Ausgaben der Türkischen Briefe

Moltke, Helmuth von, Briefe aus der Türkei. Auswahl und Nachwort von Max Horst, München 1938.

Moltke, Helmuth von, Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von Dr. Gustav Hirschfeld, Berlin 61893 (Gesammelte Schriften und Denkwürdigkeiten des General-Feldmarschalls Grafen Helmuth von Moltke, Bd. 8).

Moltke, Helmut von, Unter dem Halbmond. Erlebnisse in der alten Türkei 1835-1839, hrsg. v. Helmut Arndt, Stuttgart, Wien 1984.

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Andere gesichtete und z.T. zitierte Schriften Moltkes

Briefe des General-Feldmarschalls Grafen Helmuth von Moltke – zweite Sammlung – und Erinnerungen an ihn, Berlin 1892 (Gesammelte Schriften und Denkwürdigkeiten des General-Feldmarschalls Grafen Helmuth von Moltke, Bd. 5).

Feldmarschall Graf Moltke’s Briefe aus Rußland, Berlin 1877.

Gesammelte Schriften und Denkwürdigkeiten des General-Feldmarschalls Grafen Helmuth von Moltke, 8 Bde., Berlin 1892-1893.

Helmuth von Moltkes Briefe an seine Braut und Frau und an andere Verwandte. Erster Band: Briefe aus den Jahren 1841 bis 1856, Berlin 1894.

Helmuth von Moltkes Briefe an seine Braut und Frau und an andere Verwandte. Zweiter Band: Briefe aus den Jahren 1857 bis 1890, Berlin 1894.

Helmuth von Moltke. Ein Lebensbild. Persönliche Aufzeichnungen, Briefe, Zeugnisse, Schilderungen, hrsg. vom Luftwaffenführungsstab Ic/VIII, Stuttgart 1943.

Moltke, Freiherr von, Der russisch-türkische Feldzug in der europäischen Türkei 1828 und 1829, Berlin 21877.

Moltke, H. Graf, Wanderbuch, Berlin 31879.

Moltke, Helmuth Graf v., Erziehung zum Soldaten, Leipzig o.A.

Moltke, Helmuth von, Erzählungen, hrsg. von Willy Krogmann, Schwerin 1938.

Moltke, Helmuth von, Gedanken von Moltke, ausgewählt und mit einem Geleitwort von General der Artillerie von Cochenhausen, Berlin 31941.

Moltke’s Military Correspondence 1870-1871, hrsg. von Spenser Wilkinson, ND Oxford 1991

Moltkes Militärische Korrespondenz. Aus den Dienstschriften des Jahres –1859-, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte I, Berlin 1902.

Moltkes Militärische Korrespondenz. Aus den Dienstschriften des Krieges –1866-, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte, Berlin 1896.

Moltkes Militärische Korrespondenz. Aus den Dienstschriften des Krieges 1870/71, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte, Berlin 1897.

Moltkes Militärische Korrespondenz –Krieg 1864-, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte, Berlin 1892.

Moltkes kriegsgeschichtliche Arbeiten. Der italienische Feldzug des Jahres 1859, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte I, Berlin 1904.

Moltkes kriegsgeschichtliche Arbeiten. Geschichte des Krieges gegen Dänemark 1848/49, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte, Berlin 1893.

Moltkes kriegsgeschichtliche Arbeiten. Kritische Aufsätze zur Geschichte der Feldzüge von 1809, 1859, 1864, 1866 und 1870/71, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte, Berlin 1899.

Moltkes Kriegslehren. Die operativen Vorbereitungen zur Schlacht, hrsg. v. Großen Generalstabe, Kriegsgeschichtliche Abteilung I, Berlin 1911.

Moltkes Kriegslehren. Die Schlacht, hrsg. Vom Großen Generalstabe, Kriegsgeschichtliche Abtheilung I, Berlin 1912.

Moltkes Taktische Aufgaben aus den Jahren 1858 bis 1882, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte, Berlin 1892.

Moltkes Taktisch-Strategische Aufsätze aus den Jahren 1857 bis 1871, hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte I, Berlin 1900.

Moltke und Polen, hrsg. von der Moltke-Stiftung und Jürgen Arndt, München 1990 (Moltke-Almanach; Bd. 2)

Zur Lebensgeschichte des General-Feldmarschalls Grafen Helmuth von Moltke, Berlin 1892 (Gesammelte Schriften und Denkwürdigkeiten des General-Feldmarschalls Grafen Helmuth von Moltke, Bd. 1) [besonders: S. 19 Moltke im Orient und S. 21-29 Selbstbiographie].

b) Sekundärliteratur

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Als Lektor ins Ausland. Das Lektorenprogramm des DAAD – Zielsetzung und Verfahren, hrsg. vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, Bonn 21997.

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Wallach, Jehuda L., Anatomie einer Militärhilfe. Die preußisch-deutschen Militärmissionen in der Türkei 1835-1919, Düsseldorf 1976. [darin besonders: 1. Kapitel: Die Vorläufer und die Moltke-Mission, S. 15-29]

Wallach, Jehuda L., Kriegstheorien. Ihre Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt/M. 1972. [darin besonders: 3. Kapitel: Moltke der Ältere, 69-88.]

Wallach, Jehuda L., Zur Moltke-Legende in der Türkei, in: Festschrift für Eberhard Kessel zum 75. Geburtstag, hrsg. von Heinz Duchhardt und Manfred Schlenke, München 1982, 156-165.

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Winge, Vibeke, Deutsch und Deutsche in Dänemark, in: Deutsch – eine Sprache? Wie viele Kulturen?. Vorträge des Symposions abgehalten am 12. und 13. November 1990 an der Universität Kopenhagen, hrsg. von Bjørn Ekmann, Hubert Hauser, Peter Porsch und Wolf Wucherpfennig, Kopenhagen, München 1991, S. 67-72.

Zimmerer, H., Moltke und der Orient, in: Beiträge zur Kenntnis des Orients, hrsg. v. Hugo Grothe, X. Band 1913, Halle 1913, S. 1-15.

Zwengel, Otto, Generalfeldmarschall Graf Helmuth von Moltke, in: Wehrwissenschaftliche Rundschau, hrsg. v. Arbeitskreis für Wehrforschung, Jahrgang 1960, Berlin, Frankfurt/M. 1960, S. 555-560.

Zwingmann, Charles und Maria Pfister Ammende, Uprooting and after..., Berlin, Heidelberg, New York 1973.

2. Einleitung

Helmuth von Moltke ist vor allem als Generalfeldmarschall und Sieger der Schlachten von Sedan und Königgrätz und als einer der erfolgreichsten Feldherren des 19. Jahrhunderts.[1] Weniger bekannt ist, dass sich Moltke von 1835 bis 1839 im Osmanischen Reich, oder mit seinen eigenen Worten, in der „Türkei“ als Müsteschar (militärischer Berater) des osmanischen Sultans aufhielt.

Diese Arbeit will zum einen die Umstände und den zeitlichen Ablauf der Militärmission Helmuth von Moltkes in der Türkei darstellen und sich zum anderen allgemein und anhand seiner während des Türkeiaufenthalts geschriebenen Briefe der Frage annähern, was mit einem „Fremden“ in der „Fremde“ passiert. Besonderer Wert wird hierbei auf den Aspekt der „Akkulturation“ gelegt, die bei einem „Kulturkontakt“ auftreten kann.

Im ersten Teil der Arbeit wird das Leben und die Militärmission Helmuth von Moltkes abrissartig dargestellt. Im zweiten Teil sollen zwei Fragestellungen näher beleuchtet werden: Zum einen die Frage, wie sich das „Fremde“ in Moltkes „Türkischen Briefen“ widerspiegelt, wie er die fremde Umgebung und Kultur wahrnimmt. Zum anderen die Frage, ob und wie sich Moltke während seiner Militärmission „akkulturiert“ hat und wie sich dies in seinen Briefen und in sonstigen Texten von ihm und über ihn widerspiegelt. Außerdem wird der Begriff der „Akkulturation“ behandelt. Ferner wird am Ende des zweiten Teils noch beschrieben, was nach dem Ende der Militärmission mit Moltke passiert, welche Aus- und Nachwirkungen der fünfjährige Aufenthalt in der Türkei auf ihn hatte.

Nur kurz sei angemerkt, dass bei geographischen Bezeichnungen und Personennamen in dieser Arbeit i.d.R. Moltkes Ausdrucks- und Schreibweise übernommen wurde. (z.B. „Türkei“, „Konstantinopel“ etc.). Dies ist dann stellenweise historisch nicht ganz korrekt.

3.1 Vita Moltkes

Gemäß der Fragestellung dieser Arbeit soll hier vor allem auf die Zeit von Moltkes Geburt bis zum Ende seiner Mission in der Türkei eingegangen werden, also etwa auf die Zeit von 1800 bis 1840. Für den weiteren Lebenslauf Moltkes sei auf die einschlägigen Biographien verwiesen.[2]

Helmuth Karl Bernhard von Moltke wurde am 26.10. 1800 in Parchim, Mecklenburg-Schwerin geboren. Sein Vater, Friedrich Philipp von Moltke war preußischer Leutnant gewesen, hatte sich als Gutsbesitzer versucht und ging dann in die dänische Armee. Er wird als „unsteter Charakter“[3] beschrieben und seine Frau trennte sich bald von ihm, so daß Helmuth und seine sieben Geschwister in Abwesenheit des Vaters aufwuchsen.

Helmuths Mutter, Henriette von Moltke, geb. Paschen, entstammte einer alteingesessenen Familie aus Lübeck. Sie zog ihre acht Kinder alleine groß und wurde wegen ihrer Zuneigung und Liebe von den Kindern auch später noch geschätzt und verehrt.[4]

1805 siedelten die Moltkes nach Lübeck über, damit wurden sie dänische Staatsangehörige.[5] Ab 1809 wurde Helmuth von dem Pädagogen und Pastor Knickebein erzogen. Hier las er zum ersten Mal in der Lutherbibel und eine deutsche Übersetzung der Ilias von Homer.[6] 1811 wurde Moltke vom Vater in die Königliche Dänische Landkadettenakademie in Kopenhagen geschickt, wo er bis 1817 eine militärische Ausbildung erhielt. Er hatte dort eine harte Zeit, entdeckte aber auch sein Interesse für die Antike.[7] Nach dem besten Pagenexamen seines Jahrgangs[8] diente er von 1818 bis 1819 als Page beim König von Dänemark und 1819 bis 1822 als Sekondeleutnant im dänischen Infanterieregiment Oldenburg. Auch hier erhielt er wieder ein hervorragendes Abschlusszeugnis.[9]

Dann entschied sich Moltke zu dem zu der Zeit nicht ungewöhnlichen Wechsel in die preußische Armee, weil ihm das einen schnelleren Aufstieg versprach.[10] Am 19. Februar 1822 bekam er seine Anstellung in der preußischen Armee als Sekondeleutnant, zunächst in Frankfurt an der Oder. Von dort aus bewarb er sich für die Allgemeine Kriegsschule in Berlin, zu der er – schneller als üblich – 1823 abkommandiert wurde. Von 1827 bis 1828 war er als Militärausbilder in Frankfurt an der Oder tätig, 1828 bis 1831 war er in der Topographischen Abteilung des Großen Generalstabes tätig. 1832 erhielt er sein Kommando zum Großen Generalstab. Nach seiner Beförderung zum Hauptmann 1835 ließ er sich zunächst für sechs Monate beurlauben, um eine größere Bildungsreise zu unternehmen.[11] Tatsächlich kommt es dann aber von 1835 bis 1839 zu der Militärmission in der Türkei (siehe nächstes Kapitel). Nach seiner Rückkehr aus der Türkei bekam er 1839 die Auszeichnung „Ritter des Ordens Pour le mérite“[12]. Nach 1840 durchlief er die Generalstabslaufbahn, war von 1858 bis 1888 Chef des Generalstabs der Armee, 1864 Oberbefehlshaber der preußisch-österreichischen Armee im Deutsch-Dänischen Krieg. Im Deutschen Krieg 1866 und im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gab er alle Weisungen für die Heeresführung. 1867 bis 1891 war er als konservativer Abgeordneter im Reichstag und seit 1872 erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses. Kinder hatte Moltke keine, was er auch am Ende seines Lebens einmal in einem Brief an seine Frau beklagt.[13] Moltke starb am 24.04.1891 Tod im Alter von 91 (!) Jahren.

[...]


[1] Vgl. Moltke. Vom Kabinettskrieg zum Volkskrieg. Eine Werkauswahl, hrsg. von Stig Förster, Bonn, Berlin 1992, 1. [im folgenden: Moltke. Vom Kabinettskrieg zum Volkskrieg]

[2] U.a. Herre, Franz, Moltke. Der Mann und sein Jahrhundert. Stuttgart 1984. [im folgenden: Herre, Moltke]; Kessel, Eberhard, Moltke, Stuttgart 1957. [im folgenden: Kessel, Moltke]

[3] Herre, Moltke, 21.

[4] Vgl. Herre, Moltke, 23.

[5] Vgl. Kessel, Moltke, 10.

[6] Vgl. Herre, Moltke, 26, Kessel, Moltke, 11.

[7] Vgl. Herre, Moltke, 28.

[8] Vgl. Herre, Moltke, 29.

[9] Abdruck des Textes in: Helmuth von Moltke. Ein Lebensbild. Persönliche Aufzeichnungen, Briefe, Zeugnisse, Schilderungen, hrsg. vom Luftwaffenführungsstab Ic/VIII, Stuttgart 1943, 4-5. [im folgenden: Moltke. Ein Lebensbild]

[10] Vgl. Herre, Moltke, 30; Kessel, Moltke, 23-25; Zwengel, Otto, Generalfeldmarschall Graf Helmuth von Moltke, in: Wehrwissenschaftliche Rundschau, hrsg. v. Arbeitskreis für Wehrforschung, Jahrgang 1960, Berlin, Frankfurt/M. 1960, 555-556. [im folgenden: Zwengel, Generalfeldmarschall Moltke]. Einige biographische Texte (z.T. aus der Zeit des Dritten Reichs) meinen, Moltke habe sich für den Wechsel entschieden, weil er so beeindruckt gewesen sei von der preußischen Disziplin und aus Verbundenheit zu seiner Heimat. So z.B. bei Jähns, Max, Feldmarschall Moltke. Erster Teil: Lehr- und Wanderjahre, Berlin 1894, 21.

[11] Vgl. Kessel, Moltke, 111.

[12] 1740 von Friedrich II. gestiftet, 1810-1842 rein militärische Auszeichnung, erst wieder ab 1842 um eine Friedensklasse erweitert. Vgl. hierzu: Straub, Eberhard, Um edlen Seelen vorzufühlen, in: FAZ, 01.06.02, S. 57.

[13] Vgl. Moltke, Helmuth Graf v., Erziehung zum Soldaten, Leipzig o.A, 399.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
"Den alten, etwas eingerosteten Krummsäbel alla franca anschleifen". Die Militärmission Helmuth von Moltkes in der Türkei 1835-1839
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Historisches Seminar und Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients)
Veranstaltung
Hauptseminar: "Kulturkonflikt und Akkulturation. Deutsche im Osmanischen Reich (1835-1918)"
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
43
Katalognummer
V19887
ISBN (eBook)
9783638239165
ISBN (Buch)
9783638700597
Dateigröße
551 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Krummsäbel, Militärmission, Helmuth, Moltkes, Türkei, Hauptseminar, Kulturkonflikt, Akkulturation, Deutsche, Osmanischen, Reich
Arbeit zitieren
Andre Kahlmeyer (Autor:in), 2002, "Den alten, etwas eingerosteten Krummsäbel alla franca anschleifen". Die Militärmission Helmuth von Moltkes in der Türkei 1835-1839, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19887

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