Historische Methode des Herodot


Hausarbeit, 2012

12 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Die Untersuchung der historischen Methoden
1.1 Das Prooimion
1.2 Formen der historischen Untersuchung
1.3 Intention und Motivation
2. Der Umgang mit den Quellen am Beispiel des Exkurses über Ägypten
2.1 Die Schilderung über Land und Leute
2.2 Die frühere Geschichte Ägyptens
2.3 Die neuere Geschichte Ägyptens

III. Fazit

IV. Bibliographie

I. Einleitung

Herodot aus Halikarnasso wird oft als „Vater der Geschichtsschreibung“ bezeichnet. Er zeichnete antike Geschichte nach und legte somit die Grundlinie der Geschichtsschreibung – nämlich die Beschreibung von Vergangenem – fest. Aus dem Blickwinkel des Historikers ist es nun interessant, das Handwerkzeug und die Vorgehensweise des antiken Geschichtsschreibers zu untersuchen. Im Rahmen des Seminars „Mythos und Geschichte im antiken Griechenland“ wird in dieser Arbeit also das Werk von Herodot aus Halikarnassos in Bezug auf die historische Methode, die Herodot anwandte, und seinen Umgang mit den Quellen untersucht. Folgende Fragen sollen anhand von Beispielen diskutiert werden: Welche historischen Methoden lassen sich bei Herodot erkennen und welchen Umgang mit Quellen bevorzugt er?

Herodot war einer der ersten, der die mündliche Überlieferung schriftlich fixierte. Sein universalhistorisch ausgerichtetes Werk bezeichnete den Anfang der griechischen Geschichtsschreibung.

Vorab soll geklärt werden, was unter einer „historischen Quelle“, sowie einer „historischen Methode“ zu verstehen ist. Paul Kirn definiert den Begriff „Quelle“ folgendermaßen: „Quellen sind alle Texte, Gegenstände oder Tatsachen, aus denen Kenntnis der Vergangenheit gewonnen werden kann“.[1] Als Quellen dienten Herodot jedoch insbesondere die oral tradition, die mündliche Überlieferung, und seine eigenen Erkundungen vor Ort. Auf schriftliche Materialien stütze er sich kaum.

Eine „historische Methode“ ist eine bestimmte Vorgehensweise mittels derer Informationen über Vergangenes festgehalten werden und somit nicht in Vergessenheit geraten.

Herodot stütze sich vor allem auf eigene Erkundungen, die er ortsnah auf Reisen einholte. Befragungen von Augenzeugen und Sachkennern, die er meist namentlich als Quelle nannte, untermauern seine Beschreibungen und Thesen.

Herodots Werk hat eine universalhistorische Ausrichtung. Er wollte nicht nur die politischen Geschehnisse niederschreiben, sondern genauso Erklärungen zur Natur, Kultur und Religion geben. Das Ziel, das er als Geschichtsschreiber verfolgte, war es, seine Behauptungen, im Gegensatz zum Mythos, auf der Grundlage von gesichertem Wissen darzulegen.

Diese Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Zuerst sollen die historischen Methoden von Herodot herausgearbeitet werden. Hier wird sich auf seine Einleitung, das Prooimion, gestützt. Dieses weist außerdem auf Herodots Intention und Motivation, solch ein Werk zu verfassen, hin. Im zweiten Teil geht es darum, Herodots Umgang mit Quellen aufzuzeigen. Als Beispiel soll sein Exkurs über Ägypten herangezogen werden.

In diesem Zusammenhang wäre es sicherlich interessant aufzuzeigen, welche Methoden andere Historiker in der Antike angewandt haben und wie sie mit Quellen umgingen. Von einem Vergleich wird jedoch aus Zeit- und Platzgründen abgesehen. Ganz allgemein kann hierzu jedoch gesagt werden, dass die Historiker entweder die Methoden ihrer Vorgänger übernahmen und diese weiter entwickelten oder aber ihre eigenen Methoden anwandten.

II. Hauptteil

1. Die Untersuchung der historischen Methoden

1.1. Das Prooimion

Um genauer auf die Intention und die historischen Methoden Herodots eingehen zu können, soll das Prooimion, die Einleitung, untersucht werden. Die Historiker Reinhold Bichler und Robert Rollinger beschreiben das Prooimion als den Schlüssel zum Verständnis des gesamten Werkes.[2]

Herodots Werk beginnt folgendermaßen:

„Dies ist die Darlegung der Erkundung des Herodot aus Halikarnaß, auf daß, was von Menschen geschehen, nicht mit der Zeit verblasse, noch Taten, groß und des Staunens wert, vorgewiesen von Hellenen wie von Barbaren, ihres Ruhmes verlustig gehen – manches andere und so auch, warum sie Krieg geführt miteinander“[3]

In diesem kurzen Resümee stellt Herodot neben seiner Person auch Vorhaben und Inhalt seines Werkes vor. Herodot verfolgte mit seinem Werk hauptsächlich das Ziel, die Taten, die von den Menschen in der Vergangenheit vollbracht wurden, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Er hielt es aber nicht nur für wichtig über die historischen Geschehnisse zu berichten, sondern wollte darüber hinaus den Ruhm bewundernswerter Werke der Griechen und Barbaren festhalten und Gründe der Kriegsführung nennen. Diese Ziele werden von Klaus Meister in eine dreifache Thematik gebracht: Menschheitsgeschichte, große Taten der Griechen und Barbaren und die Ursache des Konflikts zwischen diesen.[4] Genauso geht aus dem Buch „Einführung in die griechische Geschichtsschreibung“ von Otto Lendle hervor, dass das Werk Herodots mehr leisten sollte, als nur die Darlegung von Vergangenem.[5]

1.2 Formen der historischen Untersuchung

Herodot war der erste Historiker, der die Geschichte von Menschen[6] - und nicht nur bloße Ereignisse - in den Vordergrund stellte, indem er den Konflikt zwischen Griechen und Nicht-Griechen und dessen Ursachen aufzeigte. Er beschrieb das, „was von Menschen geschehen ist“[7]. Darunter sind im weiteren Sinn die menschliche Geschichte und die menschliche Kultur zu verstehen.[8]

Herodot selbst nennt sein Werk eine Darlegung der „Historie“. Den Begriff „Historie“ verwende Herodot für seine Erkundungen und Nachforschungen. Er bedeutet, „die direkte Erforschung dessen, was man sieht und hört“[9].

Herodot stützt sich auf verschiedene Quellen, um dem Leser eine genaue Sicht der Situation darzustellen. Seine Hauptquelle sind mündliche Überlieferungen. Das Ziel, das er hierbei, neben der Nutzung der mündlichen Berichte als Quellen verfolgte, war es, diese zu bewahren.

Er wollte die Überlieferungen schriftlich festhalten, damit sie im Laufe der Zeit nicht vergessen und vollständig ausgelöscht werden würden.[10] Aus diesem Grund führte er fortwährend Befragungen von Augenzeugen oder Sachkennern durch. Bei seinen Nachforschungen nennt er unterschiedliche Aussagen zu bestimmten Ereignissen. Herodot stellt diese Aussagen einander gegenüber und vermeidet es, eine bestimmte Aussage als richtig oder glaubhaft einzustufen.[11] Er überlässt die Glaubwürdigkeit dem Leser und machte dies an mehreren Stellen deutlich:

„Und sie haben etwas erzählt, was ich zwar nicht recht glauben kann, aber vielleicht ein anderer, […].“[12]

„Ich aber bin gehalten zu berichten, was berichtet wird, alles zu glauben aber bin ich nicht gehalten; und dies Wort soll gelten für meine ganze Darstellung.“[13]

Seine Informationen sammelte Herodot auf seinen vielen Reisen. Er suchte hierzu gebildete Männer, die er zu Land und Leuten befragen konnte.[14] Herodot notierte die Aussagen der Befragten in dem Wortlaut, in dem sie ihm vorgetragen wurden und versah sie mit Quellenangaben. Das Beispiel: „Wie ich aber gehört habe von Tymnes, dem Vormund des Ariapeithes, […]“[15] zeigt, dass Herodot in seinem Werk Einzelpersonen, Berufsgruppen wie die Priester im Allgemeinen oder einzelne Tempel, Landesbewohner wie „die Ägypther“ und „die Skyten“, sowie Bewohner von Städten wie „die Athener“ oder „die Korinther“ nennt.[16]

Auf schriftliche Quellen konnte er sich kaum stützen, da es nur sehr wenige gab.

Auffällig ist, dass insbesondere eine dieser wenigen schriftlichen Quellen Eingang in sein Werk gefunden hat. Aussagen seines Vorgängers Hekataios, die Herodot so übernahm, lassen sich an mehreren Stellen finden. So zeigt Herodots Bericht über den Vogel Phönix, das Nilpferd und die Krokodiljagd, dass er diesen fast wörtlich von Hekataios übernimmt.[17]

Außerdem gebrauchte er Orakelsprüche, welche er im Wortlaut zitierte, Urkunden und Inschriften.[18]

Neben mündlichen Berichten und schriftlichen Zeugnissen stützte sich Herodot auf seine eigenen Beobachtungen und Schlussfolgerungen. Er grenzt dabei für den Leser seine eigenen Ausführungen von Erzähltem und Gehörtem ab, um dem Leser die Möglichkeit zu bieten, sich verschiedene Versionen der Ereignisse durchzulesen und sich selbst für eine zu entscheiden. Dies ist aus folgendem Zitat zum ägyptischen Logos zu entnehmen:

„Bis hierher hab ich berichtet, was ich mit meinen Augen gesehen, mit meinem Urteil abgewogen, mit meinem Erkunden festgestellt habe, von nun an aber werde ich ägyptische Geschichten erzählen, so wie ich sie gehört habe. Doch wird auch das eine oder andere dabei sein, was ich selber gesehen habe.“[19]

Gehörtes und Erzähltes kennzeichnete Herodot an verschiedenen Stellen im Werk mit folgenden Ausdrücken: „man sagt“, „es geht die Rede“, „ich höre“ oder auch „ich erfahre“.

Das Obiges Zitat beschreibt die historische Methode Herodots: Er möchte mittels schriftlicher und mündlicher Berichte und eigenen Erkundigungen vor Ort der historischen Wahrheit nähern. Er präsentiert dem Leser ein Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln und überlässt es diesem selbst sich eine Meinung dazu zu bilden.

[...]


[1] Kirn Paul: Einführung in die Geschichtswissenschaft, Berlin 4 1963, S. 29f.

[2] Vgl. Bichler, Reinhold/ Rollinger, Robert: Herodot, Hildesheim 2001, S.14.

[3] Herodot: Geschichten und Geschichte. Übersetzt von Marg, Walter, Zürich/München 1973,

Prooimion.

[4] Vgl. Meister, Klaus: Die griechische Geschichtsschreibung. Von den Anfängen bis zum Ende des

Hellenismus, Stuttgart 1990, S. 27.

[5] Vgl. Lendle, Otto: Einführung in die griechische Geschichtsschreibung. Von Hekataios bis Zosimos,

Darmstadt 1992, S. 42.

[6] Vgl. Lateiner, Donald: The Historical Method of Herodotus, Toronto 1989, S.14f.

[7] Meister: Die griechische Geschichtsschreibung. S. 28.

[8] Ebd. S. 28.

[9] Luce, Torry J.: Die griechischen Historiker, Düsseldorf 1998, S. 33.

[10] Vgl. Lateiner: The Historical Method of Herodotus. S. 13.

[11] Vgl. Lendle: Einführung in die griechische Geschichtsschreibung. S. 44f.

[12] Hdt. IV, 42.

[13] Hdt. VII, 152.

[14] Vgl. Lateiner: The Historical Method of Herodotus. S. 147.

[15] Hdt. IV, 76.

[16] Vgl. Lendle: Einführung in die griechische Geschichtsschreibung. S. 44.

[17] Vgl. Hdt. II, 70-73.

[18] Vgl. Näf, Beat: Antike Geschichtsschreibung. Form-Leistung-Wirkung, Stuttgart 2010, S. 98.

[19] Hdt. II, 99.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Historische Methode des Herodot
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Note
2,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V198711
ISBN (eBook)
9783656251699
ISBN (Buch)
9783656253037
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herodot, historische Methode
Arbeit zitieren
Rita Steinke (Autor:in), 2012, Historische Methode des Herodot, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198711

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