Unterrichtsstunde: Bewegungen beschreiben

Schreibkonferenz zu einem eigenen Sportparcours in der 7. Klasse


Unterrichtsentwurf, 2011

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Lerngruppenanalyse

Seit sechs Wochen hospitiere ich in der Klasse 7, seit vier Wochen unterrichte ich die Klasse im Wechsel mit deren Deutschlehrerin. Die Klasse besteht aus 28 SuS, darunter 15 männliche Schüler und 13 weibliche. Die Lerngruppe zeigt ein eher mäßiges Interesse am Fach Deutsch und ist gelegentlich sehr unruhig.

Besonders auffällig sind mehrere männliche Schüler, die durch lautes Rufen auf sich aufmerksam machen. Eine Regel in der Klasse ist das Verbot, Kaugummi zu kauen. Diese Regel kommt in fast jeder Stunde zum Einsatz. Die SuS werden dann von der Lehrkraft aufgefordert ihren Kaugummi ausspucken zu gehen. Die SuS scheinen in einem Prozess zu sein, in dem sie Lehrkräfte in Bezug auf Regeln und Belastbarkeit austesten. Gelegentlich fliegen auch Stifte und Papier. Eine gute Strategie schien es bisher in der Klasse gewesen zu sein, die SuS in Einzel- und Partnerarbeit Unterrichtsgegenstände erarbeiten zu lassen. Auf diese Weise zog sich der Lehrer aus dem Fokus und konnte sich mehr um die SuS kümmern ohne sich ihnen aufzudrängen. Problematisch ist allerdings, dass einige SuS in den Einzelarbeitsphasen nur spät oder gar nicht mit der Bearbeitung von Aufgaben beginnen. Insbesondere C sitzt oft minutenlang vor seinem Arbeitsblatt, ohne zu arbeiten. Bei vielen SuS in der Klasse habe ich den Eindruck, dass die Sprachaufgaben im Fach Deutsch sie erschrecken. Insbesondere diejenigen, die Deutsch nicht als erste und einzige Sprache im Elternhaus sprechen, sind meines Erarchtens überfordert und glauben, ohnehin nicht das nötige Sprachgefühl zu besitzen. Dies kam insbesondere in der gerade abgeschlossenen Grammatikeinheit über Satzgefüge zum Vorschein.

Es stellt sich die Frage, wie man diesen SuS weiter Hilfestellung anbieten könnte. Eine Beratung oder Fortbildung im Bereich Deutsch als Fremdsprache wäre hier sicher dienlich. Damit meine ich sowohl für die SuS insbesondere aber auch für mich als Lehrkraft.

Allerdings zeigen auch einige der deutschsprachigen SuS ein ähnliches Verhalten. Hier kann man eine klare Grenze zwischen dem Verhalten der Mädchen und Jungen ziehen. Viele der Jungen beginnen ihre Aufgaben nicht oder spät, melden dann am Ende der Arbeitsphase, sie hätten zu wenig Zeit gehabt.

Aufblühende Momente hatte die Klasse in kreativen Schreibphasen und in kurzen Gruppenarbeiten. Leider ist diese gesteigerte Motivation auch häufig mit noch verstärkter Unruhe verbunden. Ich glaube aber, dass dies der richtige Weg sein könnte, den Unterricht lebendiger zu gestalten. Die derzeit etwas isolierte, arbeitsheft­orientierte Arbeitsphase sollte nun auch durch kommunikative und präsentierende Arbeitsformen bereichert werden.

Präsentationen sind der Klasse nicht fremd. Vor ein paar Wochen konnte ich noch einzelne Buchbesprechungen der SuS miterleben. Die SuS gestalteten zu einem ausgesuchten Buch eigene Poster, lasen aus dem Buch vor und erzählten darüber. Die Mitschüler konnten danach Fragen stellen und gaben ein Feedback.

Das neue Unterrichtsthema, welches ich unterrichte, heißt Beschreibungen. Hier bieten sich zum Beispiel Schreibkonferenzen an oder das Anlegen von Kriterien für ein qualifiziertes Feedback. Auf diesem Weg könnten auch schwächere Schüler erleben, dass auch sie anderen Tipps geben können und dass auch andere Fehler machen. Vielleicht könnten sich auf diese Weise auch Tutoriensituationen ergeben, bei denen einige SuS die anderen anleiten. Hierbei denke ich besonders an die stärkeren SuS, in dieser Klasse überwiegend die weiblichen Schüler. Diese beenden derzeit Aufgaben deutlich schneller als ihre männlichen Mitschüler, sie beteiligen sich aktiver an der Mitarbeit und sind so gut wie nie an störendem Verhalten beteiligt.

Insgesamt macht die Klasse keinen Eindruck als zusammenhängende Gruppe. Das Verhältnis untereinander scheint eher von Gleichgültigkeit geprägt zu sein, was sicher auch mit der Einzelarbeit als vorherrschender Arbeitsform zusammenhängt. Interessant wäre zu Überlegen, inwiefern man die Interaktionsebene in der Klasse auch zum Bestandteil des Themas „Beschreibungen“ werden lassen kann. Denkbar wäre zum Beispiel das Verhalten von Mitschülern zu Beschreiben oder die Wahrnehmung der ganzen Klasse. Vorbereitend und nachbereitend muss dann aber auch in anderer Weise Beziehungsarbeit mit der Klasse geleistet werden.

In den kommenden Wochen möchte ich die SuS der Klasse noch genauer kennenlernen. Das Thema „Beschreibungen“ bietet mir dazu Gelegenheit. Es ist zum Beispiel denkbar, dass die SuS Gegenstände, die ihnen wichtig sind oder etwas besonderes symbolisieren beschreiben und mitbringen. In Form von Ratespielen kann man den Unterricht so auflockern und bewirken, dass auch die SuS untereinander ein tiefgründigeres Bild ihrer Klassenkameraden erhalten. Es ist zu hoffen, dass der lebendige Unterrichtsinhalt die Bereitschaft zu Aufmerksamkeit und Wissbegierde steigert und den SuS ein positives Verhältnis zum Fach Deutsch bringt.

Da die Buchvorstellungen als Ritual gut funktioniert haben, könnte man auch das Vorstellen einer Beschreibung als Ritual ausbauen und dies mit einem Rätsel verbinden. Vorteilhaft ist auch, dass die Klasse in diesem Jahr keine Klassenarbeit in Deutsch mehr schreibt, was den Leistungsdruck von den SuS nimmt. Denkbar als Beschreibung wäre auch eine Traumreise, in Form der Beschreibung eines besonders schönen Ortes. Vielleicht auch eines Ortes in der Türkei? Hier können alle SuS ihre eigenen Vorerfahrungen mitbringen und in der Klasse bereichernd einsetzen.

Die anderen SuS könnten widerspiegeln wie sie der Beschreibung folgen konnten und wie sie sich auf der präsentierten Traumreise gefühlt haben.

1. Didaktische Überlegungen

Das Thema der heutigen Deutschstunde ist die Beschreibung des Vorganges einer sportlichen Bewegung. Die SuS[1]sollen eine solche verfassen, ausprobieren, reflektieren und überarbeiten. Der Lehrplan Deutsch des hessischen Kultusministeriums sieht den Unterrichtsinhalt „Beschreiben“ für die 7. Klasse verbindlich vor. Aufgabe ist es unter anderem, Vogänge geordnet darzustellen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, die Abfolgelogik zu berücksichtigen und Fachausdrücke zu verwenden.[2]

Die Wahl des Sportparcours als Schreibanlass knüpft an das direkte Umfeld und die Interessen der SuS an. Viele SuS der Klasse betätigen sich sportlich, die meisten spielen Fußball oder tanzen. Ein Gespräch mit dem Sportlehrer ergab, dass den SuS auch im Sportunterricht das Beschreiben und das Verstehen von Beschreibungen eher schwer fällt. Somit hat die Stunde auch fächerübergreifende Relevanz.

Die ausgewählten Kriterien, die zum Einsatz kommen, entsprechen den Kriterien des Hessischen Lehrplans für Beschreibungen (S. 25), sowie für allgemeine schriftliche Kommunikation (S. 8f)[3], der Checkliste für Texte in der Textwerkstatt nach Angelika Steets[4]und dem Informationskasten „Vorgänge beschreiben und erklären“ des verwendeten Lehrbuchs[5].

Das Thema „Beschreibung“ verlangt von den SuS genau zu beobachten und klar wiederzugeben. Auch schult es die Fähigkeit, sich in eine andere Person hineinzuversetzen, insbesondere in den Leser der fertigen Beschreibung, für den der Bewegungablauf noch unbekannt ist. Bei vielen SuS ist zu bemerken, dass diese Fähigkeit noch nicht stark ausgeprägt ist; deshalb ist die intensive Beschäftigung mit diese Einheit für die SuS besonders wichtig.

In vielerlei Hinsicht haben die SuS Einfluss auf Entscheidungen der Stundenplanung getroffen. Sie haben auf didaktisch-inhaltlicher Ebene den Wettbewerb ausgesucht (Alternative war, die Übungen als Sportparcours für Lehrer zu entwerfen) und haben außerdem Übungen für die Bilder eingebracht. Ich habe lediglich Vorschläge präsentiert, von denen wir dann aber abgewichen sind. Die SuS haben sich selbst für die Fotos zur Verfügung gestellt; sie haben damit die Aufgabenstellung und die eingesetzten Unterrichtsmaterialien beeinflusst. Auf methodisch-organisatorischer Ebene haben die SuS Methode der Schreibkonferenz gewählt, da sie die neue Art zu reflektieren interessant fanden.

2. Methodische Überlegungen

In der heutigen Stunde geht es insbesondere darum, die SuS zum aufmerksamen Arbeiten zu motivieren. Es ist die elfte Stunde der Unterrichtseinheit „Beschreibungen“, die zweite Stunde zur Beschreibung von Vorgängen. Im Vorfeld haben wir Gegenstands- und Bildbeschreibungen erstellt, Kriterien erarbeitet und Texte auf unterschiedliche Arten überarbeitet.

Einen langen Block mit Grammatikeinheiten haben die SuS in der vorangegangenen Einheit beendet, dabei die Wortarten, Satzglieder und Satzarten wiederholt und gefestigt. Dennoch sind die SuS, was die Verwendung der deutschen Sprache anbelangt, auf sehr unterschiedlichem Niveau. 11 der 29 SuS sprechen im Elternhaus eine weitere Sprache neben Deutsch oder kein Deutsch. Deshalb ist für einige SuS die Verwendung der korrekten Artikel, Präpositionen, Konjunktionen und Kollokationen schwierig. Das Thema „Beschreibungen“ wurde in der 6. Klasse erstmals behandelt. Die hier gewonnenen kommunikativen Fähigkeiten müssen weiterhin gefestigt werden, sodass die SuS ein Bewusstsein für die Prozesse erlangen. Aus diesen Gründen widmen wir uns den Beschreibungen sehr intensiv und legen den Schwerpunkt auf die Fehleraufmerksamkeit, die Rückmeldung und die Überarbeitung.

Der Stundeneinstieg ist informierend-zusammenfassend gewählt, um schnell zur Aufgabenstellung zu führen und den SuS ein hohes Maß an aktiver Lernzeit zu gewährleisten. Thematisch ist er dennoch motivierend. Die SuS haben sich ausgesucht, die Ergebnisse ihrer Erarbeitung beim Wettbewerb „Eine Klasse besser! - Wettbewerb für Schüler, die mehr wollen“ des Vereins Sonnen-Sprosse e.V. einzureichen. Hierbei besteht die Möglichkeit einen Geldbetrag für die sportliche Gestaltung des Schulhofes zu beantragen.

In der ersten Erarbeitungsphase erstellen die SuS in Dreier-Gruppen eine Vorgangsbeschreibung zu einer Übung. Die Übung sehen sie auf Bildern, die ihre Klassenkameraden z.B. bei Kniebeuge, Kopfkreisen oder Balanceakten zeigen. Diese Bilder werden einen hohen motivierenden Effekt haben: Schon seit einigen Tagen wollen die SuS die Bilder endlich sehen. Es wird daher nötig sein, sie darauf aufmerksam zu machen, zuerst nur die Bilder der eigenen Gruppe zu betrachten. In vorangehenden Gesprächen haben sich die SuS Gruppenarbeit als Sozialform für die Erarbeitung gewünscht. Auch ich ziehe die Gruppenarbeit in diesem Fall der Einzelarbeit vor, weil sie ein sprechen über den Schreibprozess bewirkt und so SuS voneinander lernen können. Die Gruppen sind heterogen von mir zusammengestellt; ich erhoffe mir davon, der Indifferenz, die in dieser Klasse vorherrscht, entgegen zu wirken. Um zu verhindern, dass einzelne SuS sich nicht an der Arbeit beteiligen, habe ich eine kleine Gruppengröße gewählt. Dennoch werde ich diesem Punkt besondere

[...]


[1] Im Folgenden werden Schüler und Schülerinnen als SuS, einzelne Schüler als S bezeichnet.

[2] Vgl. Hessisches Kultusministerium. Lehrplan Deutsch. Jahrgangsstufen 5 bis 13. Wiesbaden 2008. S. 25.

[3] Lehrplan Deutsch.

[4] Vgl. Beste, Gisela. Deutsch Methodik. Handbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin: Cornelsen 2007. S. 72.

[5] Vgl. Schurf, Bernd u. Wagener, Andrea. Deutschbuch. Sprach- und Lesbuch. Berlin: Cornelsen. 2006. S. 52.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsstunde: Bewegungen beschreiben
Untertitel
Schreibkonferenz zu einem eigenen Sportparcours in der 7. Klasse
Hochschule
Studienseminar für Gymnasien Wiesbaden
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
21
Katalognummer
V198650
ISBN (eBook)
9783656349174
ISBN (Buch)
9783656349808
Dateigröße
674 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Schüler haben durch das Einreichen der Produkte beim Wettbewerb "Eine Klasse besser" eine Kletterwand für die Schule gewonnen.
Schlagworte
Schreibkonferenz, Prozessorientierung, Texte überarbeiten, Sportparcours, Beschreibungen, Gruppenarbeit
Arbeit zitieren
Mareike Hachemer (Autor:in), 2011, Unterrichtsstunde: Bewegungen beschreiben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198650

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