Die aggressive Form des Künstlerinterviews


Hausarbeit, 2009

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung - Gegenstand und Zielsetzung
1.1 Definitionsversuch Interview
1.2 Die Rolle des Interviews in den Massenmedien
1.3 Definition Aggression

2. Situativer Rang der am Kommunikationsakt beteiligten Sprecher
2.1 Rollenverteilung/ Rangskala
2.2 Angreifer und Opfer
2.3 Angriff mit der Umgangssprache

3. Die Wirkung Kinskis
3.1 Der Selbstdarsteller
3.2 Kinski talks

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

1. Einleitung- Gegenstand und Zielsetzung

Im Zeitalter der Massenmedien ist das Interview zu einer nicht mehr wegzudenkenden und mittlerweile eigenständigen Form der Informationsvermittlung geworden. Es gibt die unterschiedlichsten Arten von Interviews. Netzer beispielsweise unterscheidet das Interview zur Person von dem zur Sache.1 Lüger spricht von Sach- sowie Meinungsinterviews.2 Ebenso kann in Radio-, Fernseh- oder Presseinterview unterschieden werden. In der vorliegenden Untersuchung wird versucht ein Künstlerinterview anhand eines Beispiels genauer zu analysieren und im Fazit auf Parallelen bzw. Unterschiede zu politischen Interviews einzugehen. Die Untersuchung beschäftigt sich mit einem Fernsehinterview zwischen der Reporterin Helge Philipp des Fernsehsenders ZDF und dem Schauspieler Klaus Kinski für die Sendung Drehscheibe3 vom 24.November 1971. Das Gespräch findet draußen im Freien an einem frühen Sonntagmorgen statt. Das Thema des Interviews befasst sich mit Kinskis bevorstehender Tournee Jesus Christus Erl ö ser. Klaus Kinski war auf die Darstellung psychopatischer und getriebener Charaktere spezialisiert und zählte in diesem Rollenfach auch international zu den gefragtesten Schauspielern. Sein exzentrischer Charakter reichte von liebenswürdiger Sanftheit bis hin zu fürchterlichen Zornausbrüchen mit wüsten öffentlichen Beschimpfungen, wodurch er in diesem Zusammenhang auch immer wieder aufgrund seines äußerst delikaten Interviewstils auf seine Person aufmerksam machte.

Der arbeitshypothetische Ausgangspunkt dieser Analyse ist die Annahme, dass es sich hierbei um eine besonders aggressive Form des Künstlerinterviews handelt. Als Künstler anzusehen sind in dieser Untersuchung kreative Persönlichkeiten auf allen Gebieten der Kunst. Womit der Schauspieler Klaus Kinski, aufgrund seiner darstellenden Kunst durchaus in die Kategorie eines Künstlers einzuordnen ist.4 Zudem befasst sich diese Analyse, anders als in den Print- oder rein auditiven Medien, mit den gesamten Elementen, die ein Fernsehinterview ausmachen, das heißt sowohl mit audio- als auch visuellen Eindrücken, welche die direkte Beobachtung des gesamten Kommunikationsaktes ermöglichen.

Außersprachliche (non-verbale), sowie verbale Informationen werden dadurch ebenso übermittelt, auf welche in dieser Analyse auch gleichermaßen eingegangen wird und so eine wichtige Rolle im gesamten Verlauf der Analyse spielen.

1.1 Definitionsversuche Interview

Im journalistischen Bereich wird es zunehmend schwieriger das Interview innerhalb seiner spezifischen Medien und Teildisziplinen sauber zu trennen bzw. genau zuzuordnen, da man sich nicht über einen eindeutigen Gattungsbegriff einig ist und sich dieser zudem in diverse Subgenres unterteilen lässt.5 Der Brockhaus definiert das Interview als „eine Methode der Informationsvermittlung durch Gespräch zwischen einem Fragenden und einem Befragten.“6 Elementar für die meisten Definitionen sind die Begriffe ‚Gespräch’ und ‚Befragung’. Haacke beispielsweise bedauert, dass der Begriff ‚Gespräch’ durch ‚Interview’ abgelöst wurde.7 Eggert umschreibt das Fernsehinterview als „Befragung, die als Gespräch [...] stattfindet.“8 Ganz anders als bei der Fragetechnik des klinisch-diagnostischen Forschungsinterviews innerhalb der Psychologie, bei der das Interview äußerst präzise soziologische Daten übermittelt und dadurch eine eindeutige Zuordnung (des Gattungsbegriffs) ermöglicht, ist das journalistische Interview trennungs- wie zuordnungsunscharf.9 Eine spezielle Sonderform des journalistischen Interviews sieht Haller in dem sogenannten „Künstlerinterview“, und das wird wie folgt definiert:

„Es [das Künstlerinterview] soll Verhalten, Einschätzungen und Denkweisen einer bemerkenswerten Persönlichkeit aufzeigen. Die Idee: Prägnante Fragen, die auf Motive, Gründe und Hintergründe zielen, sollen die in Frage gestellte Seite dieser Persönlichkeit ausleuchten.“10

1.2 Die Rolle des Interviews in den Massenmedien

Mit dem stetig zunehmendem Interesse an Massenmedien, bei dem besonders große Aufmerksamkeit dem Medium Fernsehen zugesprochen wird, wächst auch die Popularität des Interviews.

Medium, Mehrzahl Medien, ist im Allgemeinen ein Träger oder ein Übermittler, Vermittler von Jemandem oder Etwas11 und dient der „Übertragung, Speicherung und Informationsverbreitung. “12

„Massenmedien sind jene Medien, die durch technische Vervielfältigung und Verbreitung mittels Schrift, Bild und Ton Inhalte an eine unbestimmte (weder eindeutig festgelegte, noch quantitativ begrenzte) Zahl von Menschen vermitteln und somit öffentlich an ein anonymes, räumlich verstreutes Publikum weitergeben“13

so die ausführliche Definition Burkharts.

Bereits 1963 definierte Gerhard Maletzke Massenkommunikation als „jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich durch technische Verbreitungsmittel indirekt und einseitig an ein disperses Publikum vermittelt werden. “14 Immer häufiger wird das Interview mittlerweile als eigenständige Form der Informationsvermittlung angesehen. Dieses Bestreben, Hörern und Zuschauern möglichst aktuell und lebendige Informationen und Meinungen zu übermitteln, trug maßgeblich zur Entwicklung des Interviews in den Massenmedien bei.15 Netzer ist der Auffassung „das Interview gehöre nicht in Zeitungen, sondern müsse gehört oder gesehen werden.“16, da bei Presseinterviews der authentische Charakter wegen der Verschriftlichung zum Teil verloren geht. Vor allem in Fernsehinterviews ist es den Reportern selten möglich das entstandene Material zu überarbeiten, vor allem nicht bei Live-Übertragungen. Auch wenn die Möglichkeit der Bearbeitung gegeben ist, würde es zu einer Art Verfälschung kommen und so an Authentizität verlieren. Die Möglichkeit den Interviewten bei der Entstehung zu erleben und zu beobachten ist dem Zuschauer durch das Fernsehinterview gegeben. Dennoch muss auch an dieser Stelle angemerkt werden, dass eine fiktive Form direkter Kommunikation durch Massenmedien geschaffen wird, da der Reporter/ die Reporterin den erwartbaren Kommunikationspart des Rezipienten übernimmt, indem die Fragen in erster Linie auf die Interessen der Rezipienten konzipiert sind, wodurch der Reporter quasi als Stellvertreter des aufgeschlossenen Bürgers steht.

1.3 Definition Aggression

Trotz großem Forschungsaufwand ist es noch nicht gelungen, endgültige Klarheit darüber zu gewinnen, woraus letztlich menschliche Aggression entspringt. Jüttemann definiert den Begriff Aggression wie folgt:

„Der Begriff ‚menschliche Aggression’ oder, ‚Aggression’ bezeichnet die Denkweise und darüber hinaus jede Handlungsweise, welche auf einer Denkweise beruht, die unter dem Gesichtspunkt allgemeiner oder besonderer menschlicher Verantwortung als erwartungswidrig beurteilt wird; für eine derartige Denkweise ist ein bewusstes Negieren oder Ignorieren menschlicher Verantwortung charakteristisch.“17

Aggressivität kann sich durch verbale, psychische oder tätliche Angriffe bzgl. menschlichen Verhaltens widerspiegeln. Verbale Aggression jedoch gilt als viel weiter verbreitet als physische. Nach der Lern-Theorie Franz Kieners besitze die menschliche Natur „eine fast unendliche Plastizität, weshalb sich bei richtiger Erziehung und entsprechender Gestaltung der Umwelt, sowie des Verstärkungssystems eine friedliche Menschheit heranbilden lasse.“18 Diese Theorie nimmt also an, alles feindselige Tun und Lassen sei gelernt. Gegensätzlich Banduras Auffassung, der bezüglich des Ursprungs aggressiven Verhaltens die Meinung vertritt, dass die genetische Ausstattung ein durchaus wichtiger Faktor sei.19 Wie bereits bei dem Zuordnungsversuch des Gattungsbegriffs Interview stößt man auch hier erneut an Grenzen einer spezifischen Definition. Fest steht jedoch, dass der Begriff Aggression eine soziale Interaktion voraussetzt, die einen Angreifer und ein Opfer kennt.

[...]


1 vgl. Netzer (1970), S. 33

2 vgl.Lüger (1995), S. 124f; 141ff

3 Die Drehscheibe war ein kombiniertes Ratgeber- und Boulevardmagazin, das vom 1. April 1964 bis 1982 im Vorabendprogramm lief (www.wikipedia.org/wiki/Drehscheibe_(Fernsehsendung))

4 vgl. BROCKHAUS 21. Auflage, Band 16

5 vgl. Hilger S. 161

6 Brockhaus, (1970), S. 196

7 vgl.Haacke (1969), S. 443

8 Eggert 1971 S. 46

9 vgl. ebd.

10 Haller, S.162

11 vgl. www.b-i-t-wiki.de/index.php/Medien (Zugriff 27.08.09)

12 Kittler, Friedrich A., S. 251

13 Burkhart (2002), S. 169-172.

14 Maletzke (1963)

15 vgl.Berens, S.13-14

16 Netzer

17 Jüttemann (1981)

18 Kiener, Franz (1983), S.12

19 vgl. Bandura (1973)

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die aggressive Form des Künstlerinterviews
Hochschule
Universität Passau
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
16
Katalognummer
V198525
ISBN (eBook)
9783656249474
ISBN (Buch)
9783656252481
Dateigröße
641 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprache, Zeichen, Kommunikation, Klaus Kinski
Arbeit zitieren
Anna Erika Harenz (Autor:in), 2009, Die aggressive Form des Künstlerinterviews, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198525

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