Pädagogische Interventionsmöglichkeiten bei Drogenkonsum und die zugrunde liegenden Menschenbilder


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

15 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Überblick und Definitionen
2.1 Definition Dogen
2.2 Definition Sucht

3. Eine Frage der Freiheit: abhängig oder selbstbestimmt?

4. Pädagogische Interventionen und Menschenbild
4.1 Primärprävention
4.1.1 Das Menschenbild in der Primärprävention
4.2 Streetwork - aufsuchende Drogenarbeit
4.2.1 Das Menschenbild in der aufsuchenden Drogenarbeit

5. Fazit

6. Quellen
6.1 Literatur
6.2 weitere Quellen

7. Weiterführende Literatur

1. Einleitung

„ Der erste Schritt ist einzusehen, dass man süchtig ist, dass man Hilfe braucht “ (Jimmy 2011, Gespräch a).

Diese Arbeit soll sich grundlegend mit dem Thema Drogen, Sucht und Abhängigkeit beschäftigen. Sie soll einen groben Überblick über den Stand in der wissenschaftlichen Forschung, einige ausgewählten pädagogischen Interventionsmöglichkeiten und deren Sicht auf den Menschen geben.

Die Motivation zu dieser Arbeit resultiert aus einem dreiwöchigen Praktikum in einer Drogenhilfeeinrichtung in Düsseldorf Oberbilk, während dem ich erstmals intensiver mit der Thematik in Kontakt kam. Viele offene Gespräche mit den Klienten der Einrichtung und den Mitarbeitern weckten mein Interesse daran, wie ich in meiner späteren Profession als Pädagogin Menschen mit einer Suchtproblematik, beziehungsweise Menschen in Abhängigkeit nachhaltig und sinnvoll helfen könnte.

Der Rahmen der Arbeit ist das Modul „Grundfragen der Pädagogik“ und so soll es im das Menschenbild von Abhängigen gehen. Ist ein drogenabhängiger frei selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen? Insbesondere wird das Menschenbild der Ansätze und der Professionellen gegenüber der Klientel anhand zwei konkreter Interventionsformen reflektiert werden. Daraus ergibt sich die präzisierte Leitfrage für die Arbeit: Was wollen Suchtprävention und Streetwork als aufsuchende Drogenarbeit leisten und mit welchen Annahmen über den Menschen arbeiten sie?

Dazu wird unter Punkt 2 ein einführender Überblick über das Themengebiet und die Literatur gegeben und erläutert was unter Drogen, Sucht und Abhängigkeit zu verstehen ist. Punkt 3 wird sich mit der Frage nach der Freiheit von abhängigen Menschen beschäftigen und auf diese Weise die Ebene der gesellschaftlichen Konstruktion von Anhängigkeit berücksichtigen. In Punkt 4 werden zwei verschiedene Interventionen betrachtet. Zum ersten die Präventionsarbeit als einen Ansatz, dessen Ziel es ist Menschen vor einem Kontakt mit Drogen zu erreichen. Zum zweiten die aufsuchende Drogenarbeit, deren Zielgruppe Menschen sind, die momentan Drogen konsumieren. Bei den jeweiligen Ansätzen wird auf das zugrunde liegende Menschenbild eingegangen. Die Arbeit schließt mit einem zusammenfassenden Fazit in dem die Leitfrage nochmals aufgegriffen und beantwortet wird.

Ich werde mich um eine Schreibweise bemühen, die sich den praktischen Bezügen nähert und daher auch persönliche Erfahrungen aus dem Praktikum und aus weiterführenden Gesprächen berücksichtigen und einfließen lassen. Die Zitate, die häufiger zu Beginn eines Abschnittes zu finden sind sollen keine repräsentative Wahrheit darstellen, sondern den weiteren Ausführungen gegenübergestellt werden und zum Nachdenken anregen.

2. Überblick und Definitionen

Bemerkenswert ist, dass fast jedes Buch über Drogensucht, Abhängigkeit und Drogentherapie mit einer Ausführung darüber beginnt wie lückenhaft, unübersichtlich und unbefriedigend der Stand der wissenschaftlichen Forschung und dementsprechend auch der Literatur auf diesem Gebiet ist. Es gibt eine Fülle von Theorien zu Entstehung und Behandlung von Sucht, aber nur Versuche einer Systematisierung dieser. So muss sich der Ratsuchende selbst einen Überblick über das konkrete Gebiet seines Interesses verschaffen und aus vielen unterschiedlichen Meinungen und Ansätzen die für ihn passenden herausfiltern. (vgl. Arnold/ Schille 2002, S.41-42,44,45 und Schay/ Liefkte 2009, S.16)

2.1 Definition Dogen

„ Was, was richtig tief wirkt, wenn man nichts mehrüber seine inneren Schmerzen wissen will, nichts mehr merken will. Man betäubt sich. Etwas, auf das man nicht verzichten kann “ (Jimmy 2011, Gespräch a).

„ Drogen wirken befriedigend, lenken ab von Problemen, die man eigentlich beseitigen sollte. Ein Raum zum hineinflüchten “ (Mike 2011, Gespräch).

Das Wort ‚Droge’ kommt von dem Französischen ‚drougue’, was trocken bedeutet und wurde ursprünglich für getrocknete Pflanzenteile verwendet (vgl. Arnold/ Schille 2002, S.79). Bei der Diskussion um eine zeitgemäße Definition davon, was genau denn nun Drogen sind, herrscht in der Fachliteratur keine Einigkeit. Die Komplexität der psychologischen, physiologischen und gesellschaftlichen Aspekte ist zu groß um eine befriedigende allgemeingültig Definition für alle Fachgebiete verfassen zu können. Drogen als Substanzen zu bezeichnen, die die „ k örperlichen und psychischen Funktionen verändern k önnen “ (Wolf 2003, S.3) ist eine sehr weit gefasste Definition und würde somit Nahrungs- und Genussmittel einschließen. Bei engeren Definitionen ist die Gefahr groß, dass gesellschaftlich akzeptierte Substanzen wie Alkohol und Nikotin heraus fallen und nur die nach Betäubungsmittelgesetzt (BtMG) als illegal bezeichneten Substanzen als Drogen gelten. Die Einteilung des BtMG sagt aber nichts über die Gefährlichkeit oder das Suchtpotential der Substanzen aus, sondern informiert nur über die aktuelle Bewertungs- und Sanktionsweise in unserer Gesellschaft. Das BtMG unterscheidet zwischen (1) nicht-verkehrsfähigen, (2) verkehrsfähigen, aber nicht verschreibungsfähigen und (3) verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln. (vgl. Arnold/ Schille 2002, S.79) Neueren Definitionen zu Folge sind Drogen „ Substanzen mit psychoaktiver Wirkung “ (Wolf 2003, S.2). Wobei auch hier die konkrete Einteilung schwierig und strittig ist.

Betrachtet man die Möglichkeit der Erweiterung des Drogenbegriffes auch auf den nicht- stoffgebundenen Bereich, so könnten auch Computer, X-Box. Fernsehn, Spielautomaten, Risiko, Geschwindigkeit, Sex, usw. als Drogen bezeichnet werden. Hier wird ganz besonders die Schwierigkeit deutlich Genuss- und Entspannungsmittel gegenüber Drogen abzugrenzen. Was für den Einen eine harmlose Substanz oder eine harmlose Gewohnheit ist, ist für den Anderen eben eine Droge. Die subjektive, persönliche Facette des Individuums, des Einzelnen gewinnt also schon bei dem Versuch einer Definition von ‚Drogen’ an Bedeutung.

Des Weiteren sollte noch berücksichtigt werden, dass sich die Definitionen und Sichtweisen, die in dieser Arbeit geschildert werden auf den westlich geprägten Kulturkreis beziehen und keineswegs in andere Kulturen übertragbar sind. In anderen Gesellschaftsformen gelten andere Definitionen für das was in unserer Gesellschaft als Drogen bezeichnet wird.

2.2 Definition Sucht

„ Sucht ist, ein Mittel zu finden vor seinen Problemen wegzulaufen. Wohin zu gehen wo einem niemand etwas sagen kann, wo niemand dazwischen reden kann und ich alleine bestimmen kann, was ich mache “ (Jimmy 2011, Gespräch a).

Die Definition von Sucht ist eng mit den Begriffen ‚Droge’ und ‚Abhängigkeit’ verknüpft. Die „ Abhängigkeit von Suchtstoffen bezeichnet einen Zustand psychischer und/oder physischer Anhängigkeit von einer Substanz mit zentralnerv öser Wirkung, die zeitweise oder fortgesetzt eingenommen wird, um durch bestimmte Reize oder Reaktionen Lustgefühle oder Lustzustände herbeizuführen bzw. Unlustgefühle zu vermeiden “ (Schay/ Liefke 2009, S.15). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 1985 Sucht als „ unbezwingbares, gieriges, seelisches Verlangen mit der Einnahme der Droge fortzufahren “ (Schay/ Liefke 2009, S.15) definiert. Diese beiden Definitionen werden in der Literatur häufig verwendet. Die WHO ersetzt bei stoffgebundenen Süchten den Begriff der Sucht durch den Begriff „drug addiction“ und unterscheidet in ihrem Klassifikationssystem (DSM-III-R) nach Gebrauch/ Konsum, schädlichem Gebrauch/ Missbrauch und Anhängigkeit von psychotropen Substanzen. Auch das andere international anerkannte Klassifikationssystem (ICD-10) unterscheidet Missbrauch und Anhängigkeit. Man differenziert zwischen stoffgebundenen Süchten wie zum Beispiel Alkohol, Nikotin, Coffein als legale Substanzen dagegen Cannabis, Halluzinogene, Kokain und Opiate als illegale Substanzen und nicht-stoffgebundenen Süchten, wie zum Beispiel Arbeitssucht, Magersucht, Reinlichkeitssucht, Spielsucht, Risikosucht und Vergnügungssucht.

Sucht und Abhängigkeit werden immer als Krankheit angesehen. Sucht wird als psychisch bedingtes Problem aufgefasst, welches sich früher oder später in weiterführenden sozialen, und gesundheitlichen Folgen niederschlägt. Die zerstörerischen Wirkungen von Sucht auf das Selbst, auf die Umwelt und auf soziale Beziehungen werden hervorgehoben, aber auch, dass Sucht immer ein Symptom für verschieden Ursachen ist und für das Individuum stets einen zum Teil lebenswichtigen Sinn hat. Schay/ Liefke (2009, S.16-17) argumentieren, dass Abhängigkeit unter anderem auch von genetischen Dispositionen abhängig ist und sehen - vom Standpunkt der Integrativen Therapie kommend - Abhängigkeit als „ dysfunktionalen Versuch der Konflikt- und Probleml ösung in einem supportarmen Kontext durch eine geschädigte Pers önlichkeit mit einem defizienten Selbst, einem schwachen Ich und einer sich selbst entfremdeten Identität “ (Schay/ Liefke 2009, S.17). (vgl. Arnold/ Schille 2002, S.41-45 und Schay/ Lieke 2009, S. 15-17)

Breit diskutiert wird ebenfalls die Entstehung von Abhängigkeit. Welche Faktoren entscheiden ob ein Jugendlicher1 nach erstem Kontakt zu Drogen den Gebrauch fortsetzt und dieses Verhalten habitualisiert oder ob es nach und nach wieder abklingt und anderen Verhaltensweisen weicht? Auch hier gibt es vielerlei theoretische Ansätze zur Suchtentstehung. Einigkeit herrscht darüber, dass es sich immer um ein „ multifaktorielles Geschehen “ (Arnold/ Schille 2002, S.46) handelt. Es gibt nicht ‚den Suchtgefährdeten’ oder ‚den Drogenabhängigen’. Sucht entsteht durch ein Zusammenspiel von individuellen Erfahrungen und Ressourcen, wie das Zitat zu Beginn dieses Abschnitts deutlich macht. Dabei fördern das ungünstige Aufeinandertreffen von Risikofaktoren und (nicht vorhandenen) Protektiven Faktoren die Genese von Abhängigkeit.

[...]


1 in dieser Arbeit wird generell zur Vereinfachung nur die männliche Form benutzt, gemeint sind stets beide Geschlechter

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Pädagogische Interventionsmöglichkeiten bei Drogenkonsum und die zugrunde liegenden Menschenbilder
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Insitut für Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Grundfragen der Pädagogik
Note
2,5
Autor
Jahr
2011
Seiten
15
Katalognummer
V198503
ISBN (eBook)
9783656247753
ISBN (Buch)
9783656252146
Dateigröße
459 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Suchthilfe, Drogen, Abhängigkeit, Sucht, Primärprävention, Suchtprävention, aufsuchende Drogenarbeit, akzeptierende Drogenarbeit, Streetwork, Abhängigkeit und Selbstbestimmung, Drogenabhängige, Menschenbild
Arbeit zitieren
Svenja Thrams (Autor:in), 2011, Pädagogische Interventionsmöglichkeiten bei Drogenkonsum und die zugrunde liegenden Menschenbilder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198503

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