Skill Lifecycle Management: Ein angewandtes künstliches neuronales Netz im Projektstaffing


Masterarbeit, 2012

144 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Gliederung und Aufbau

2 Skill Lifecycle Management
2.1 Die Phasen des Skill Lifecycles
2.2 Definition der betrieblich genutzten Fähigkeiten (Skills)
2.3 Definition Skill Lifecycle Management
2.4 Definitionen und Nutzen einer Skill Matrix Datenbank
2.5 Die Struktur und Pflege der Skill Matrix Datenbank
2.6 Initialisierung der Skill Matrix Datenbank
2.6.1 Ressourcenportfolio
2.6.2 Skillportfolio
2.6.3 Attributbewertung

3 Einführung in die angewandten naturanalogen Verfahren
3.1 Simulation durch ein künstliches neuronales Netz
3.1.1 Typisierungen eines künstlichen neuronalen Netzes
3.1.2 Fuzzifizierung zur Verarbeitung unscharfer Werte
3.1.3 Lernverhalten von künstlichen neuronalen Netzen
3.2 Das Self-Enforcing Network
3.2.1 Parametrisierung des SEN
3.2.2 Ausgaben des SEN

4 Anwendung der Skill Matrix Datenbank
4.1 Modellhafte Implementierung der SMDB
4.1.1 Ressourcenportfolio
4.1.2 Skillportfolio
4.1.3 Attributbewertung
4.2 Beispielprojekt

5 Optimierung des Projektstaffings
5.1 Anforderungsdefinition im Activity Skills Inventory
5.2 Ressourcenvorschläge durch das Self-Enforcing Network
5.3 Ermittlung der Ressourcenvorschläge im Projektstaffing
5.3.1 Parametrisierung des SEN
5.3.2 Erstellung der Ressourcenvorschläge
5.3.3 Nutzung der Ressourcenvorschläge

6 Modellentwurf eines neuronalen Netzwerks für das SLM
6.1 Modifikationseffekt „Projektcontrolling“ (ϕPC)
6.1.1 Die Neuronen des Input Layers
6.1.2 Die Neuronen des Hidden Layers
6.1.3 Anwendungsbeispiel Projektcontrolling
6.2 Modifikationseffekt „Lessons Learned“ (ϕLL)
6.2.1 Neuronen des Input Layers
6.2.2 Neuronen des Hidden Layers
6.2.3 Anwendungsbeispiel Lessons Learned
6.3 Modifikationseffekt „Weiterbildung und Lehrgänge“ (ϕWB)
6.3.1 Neuronen des Input Layers
6.3.2 Anwendungsbeispiel Weiterbildung
6.4 Modifikationseffekt „Alterung von Wissen“ (ϕA)

7 Ergebnisse des SLM-Modells im Output-Layer
7.1 Die Propagierungsfunktionen der Ausgabeneuronen
7.1.1 Projektcontrolling ϕPC
7.1.2 Lessons Learned ϕLL
7.1.3 Weiterbildung ϕWB
7.1.4 Aging ϕAR
7.2 Rekurrente Aktivierung durch σt-1 und ϕAS
7.3 Die Aktivierungsfunktion der Ausgabeneuronen
7.4 Zusammenfassung der Anwendungsbeispiele

8 Das Training der inneren Topologie
8.1 Lernen bei der Initialisierung
8.2 Lernen durch die Mitarbeiterbeurteilung
8.3 Angewandte Prozesse im Training des KNN

9 Resümee und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Gliederung der vorliegenden Arbeit

Abbildung 2: Die vier „A“ des Skill Lifecycles

Abbildung 3: Skill Lifecycle Management

Abbildung 4: Biologisches Modell eines neuronalen Netzes [ERTE09, S. 245]

Abbildung 5: Künstliches Neuron [angelehnt an ERTE09, S. 247]

Abbildung 6: Vereinfachte Darstellung eines KNN

Abbildung 7: Informationsflussrichtung in KNN [KLKL11, S. 48]

Abbildung 8: FULLÉRs erstes Modell eines Neuro-Fuzzy-Systems [FULL00, S. 172]

Abbildung 9: FULLÉRs zweites Modell eines Neuro-Fuzzy-Systems [FULL00, S. 173]

Abbildung 10: Grafische Darstellung einer trapezoidalen Mitgliedsfunktion

Abbildung 11: Vereinfachtes Perzeptron

Abbildung 12: Pseudo-Code eines Perzeptron-Lernverfahrens [KRIE11, S. 78]

Abbildung 13: Mögliche Fehler bei der Suche nach Minima [KRIE11, S. 66]

Abbildung 14: Trainingsverfahren Backpropagation

Abbildung 15: Initialisierung des SEN

Abbildung 16: Simulationsoberfläche des SEN

Abbildung 17: Gewichtsmatrix als Ergebnis der SEN-Simulation

Abbildung 18: Expertenansicht des SEN

Abbildung 19: Cluster und Skills der Humanressourcen

Abbildung 20: Exemplarischer initialer Datenbestand der SMDB

Abbildung 21: Projektstrukturplan des Beispielprojekts

Abbildung 22: Abfrageformular für den Staffing-Prozess

Abbildung 23: Die SMDB als semantische Matrix im SEN

Abbildung 24: Ausschnitt aus dem Input-Vektor für das Cluster „Entwicklungsteamleiter“

Abbildung 25: SEN-Ergebnis bei linearer Berechnungsfunktion

Abbildung 26: Originale SEN-Simulation zur Staffing Query für den „Entwicklungsteamleiter“

Abbildung 27: Expertenansicht zum SEN „Entwicklungsteamleiter“

Abbildung 28: Modifizierte SEN-Simulation zur Staffing Query

Abbildung 29: Erste SEN-Simulation für MA_Fach_PB

Abbildung 30: Expertenmodus des SEN

Abbildung 31: Zweites SEN-Ergebnis für MA_Fach_PB

Abbildung 32: Dritte SEN-Simulation für MA_Fach_PB

Abbildung 33: Drittes SEN-Ergebnis für MA_Fach_PB

Abbildung 34: SEN-Ergebnis für SoftwareEntwickler

Abbildung 35: SEN-Ergebnis für den MA_Fach_CB

Abbildung 36: Zweites SEN-Ergebnis für MA_Fach_CB

Abbildung 37: Veränderung des Skillwerts

Abbildung 38: Zusammenspiel zwischen der SMDB und dem KNN

Abbildung 39: KNN-Modell für das Projektcontrolling

Abbildung 40: Erfassungsmaske Projektcontrolling

Abbildung 41: Eingabeformular zum Mitarbeitereinfluss im Projektcontrolling

Abbildung 42: Die zweite Schicht des KNN

Abbildung 43: Die dritte Schicht des KNN

Abbildung 44: Semantik-Funktion von linguistischen Eingaben [angelehnt an HEHE00, S. 71]

Abbildung 45: Mögliche Defuzzifizierung mittels Schwerpunktmethode

Abbildung 46: Die vierte Schicht des KNN

Abbildung 47: Befüllte Erfassungsmaske Projektcontrolling für SE

Abbildung 48: KNN-Modell für die Lessons Learned

Abbildung 49: Webformular „Lessons Learned“ Seite 1

Abbildung 50: Webformular „Lessons Learned“ Seite 2

Abbildung 51: Indirekt rekurrentes KNN zur Abbildung der Lessons Learned

Abbildung 52: KNN-Modell für die Weiterbildung

Abbildung 53: Grafische Darstellung des Weiterbildungserfolges

Abbildung 54: Onlineformular Seminarevaluation

Abbildung 55: Inputfunktion von ϕPC

Abbildung 56: Auswirkung der Weiterbildung in Relation zum bisherigen Skillwert

Abbildung 57: Zusammenhang zwischen altem Skillwert und der Auswirkung der Vergesslichkeit

Abbildung 58: Einflussfaktoren auf die Alterung

Abbildung 59: SLM-KNN für Prog_OOP mit σ = SQL

Abbildung 60: SLM-KNN für Prog_TL mit σ = {OOP | IMP | DekP}

Abbildung 61: Die Weiterbildung im Jordan-Netz

Abbildung 62: Erfassungsformular Beurteilungsgespräch

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Wertschärfen in Fuzzy-Neuronalen Netzen [angelehnt an FULL00, S. 181]

Tabelle 2: Profile der exemplarischen SMDB

Tabelle 3: Skills gruppiert nach Cluster

Tabelle 4: Ressourcen und Skills möglicher Entwicklungsteamleiter

Tabelle 5: Definierte SEN Parameter

Tabelle 6: Ergebnis der Staffing-Query

Tabelle 7: 4-Tupel der Mitarbeitereinflussnahme

Tabelle 8: Einflussnahme des Mitarbeiters auf das Aufgabenpaket

Tabelle 9: Aktivierungszustände der Eingabeneuronen Teilnetz Projektcontrolling

Tabelle 10: Aktivierungszustände der verdeckten Neuronen zu „Lessons Learned“

Tabelle 11: Trapezfunktion der Qualität der Weiterbildung

Tabelle 12: Aktivierungszustände der Eingabeneuronen der Weiterbildung

Tabelle 13: Übersicht der Bestandteile der Aktivierungsfunktion σ t

Tabelle 14: Veränderungen aus der Weiterbildung für Prog_TL

Tabelle 15: Deltawertermittlung der Mitarbeiterbewertung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Effizienzsteigerung ist eine wesentliche Komponente der Wohlstandsentwicklung und so stehen betriebswirtschaftliche Prozesse heutzutage ständig auf dem Prüfstand um schlanke- re, schnellere und einfachere Vorgehensweisen zu finden und dadurch Kosten zu senken. Diese unternehmerischen Prozesse greifen vor allem im Dienstleistungssektor mehr und mehr auf das Wissen und Können von Mitarbeitern zurück. Dadurch hat sich schon vor vielen Jahren der Begriff „Humanressource“ für die Belegschaft von Unternehmen ge- prägt. Dieser Begriff reduziert Mitarbeiter auf deren Nutzen als Produktionsfaktor und hat daher ein kapitalistisches und negativ geprägtes Image. Ohne Berücksichtigung dieses ne- gativen Images wird die vorliegende Arbeit den Mitarbeiter mit seinen Fähigkeiten und Kenntnissen ebenfalls als Produktionsfaktor betrachten und so versuchen die Kosten seines Einsatzes im Unternehmen zu minimieren und seinen Nutzen zu maximieren.

Die Beschreibung eines Mitarbeiters als Summe seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ermög- licht u. a. die detaillierte Allokation von Aufgaben, die genau auf die Interessen und Kenntnisse des Mitarbeiters passen und daher die Effizienz der Aufgabendurchführung und die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht. Doch wie kann ein Mitarbeiter so detailliert beschrie- ben werden und wie kann diese Beschreibung dann auch noch genutzt werden? In dieser Arbeit soll ein Weg gefunden werden, wie die Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter automatisiert verarbeitet werden können. Zur Sammlung dieser Daten ist es notwendig, eine Datenbank zu entwerfen und zu befüllen, die genau diese Informationen für betriebli- che Zwecke zur Verfügung stellen kann.

Bei genauer Betrachtung ist festzustellen, dass die Bewertung von Kenntnissen und Fähig- keiten nur schwer möglich ist und diese sich im Rahmen eines Lebenszyklus ständig än- dern. Dieser Lebenszyklus wird fortan als Skill Lifecycle bezeichnet. Die Aufgabe des Skill Lifecycle Managements (SLM) ist es somit, eine Bewertungsmethodik zu entwerfen und die fortlaufenden Änderungen möglichst realitätsnah zu erfassen und zu formalisieren.

Zur Effizienzsteigerung und Optimierung durch eine automatisierte Nutzung der erfassten Bewertungen bietet sich das Projektstaffing an. Diese Verfahren der Mitarbeiterzuordnung in Projekten wurden bislang meistens durch menschliche Entscheidungen durchgeführt, da die hohe Komplexität nur durch die menschliche Kognition erfasst werden kann. Doch die entwickelten Techniken der naturanalogen Verfahren und der künstlichen Intelligenz (KI) können hier unterstützen und Lösungen ermöglichen, die die Einsatzplanung der Humanressourcen optimiert, perfektioniert und automatisiert.

An dieser Stelle kann eine fachgebietsübergreifende Wissenschaft herangezogen werden, die in den letzten Monaten und Jahren nach längerer Ruhephase wieder häufiger in den Medien diskutiert und in der Forschung untersucht wird. Die Forschung im Bereich der künstlichen Intelligenz wurde bereits vor Jahrzehnten begonnen, das Interesse ist damals jedoch aufgrund der begrenzten praktischen Anwendbarkeit, die sich aus der mangelnden Rechenleistungen von Computern zu dieser Zeit ergab, wieder abgeflacht. Die Rechenleis- tung hat sich in den letzten Jahren stark erhöht, so dass das Gebiet neuen Aufschwung er- hielt und in vielen Bereichen auch aus der Grundlagenforschung herausgewachsen und in die industrielle Anwendung überging [ACIG01, S. 20]. Spätestens seit die Computer „Deep Blue“ spektakulär gegen den Schachweltmeister Yuri Kasparov oder IBMs „Watson“ ge- gen die besten Jeopardy-Spieler gewannen, wird der künstlichen Intelligenz immer mehr Beachtung geschenkt.

Der Begriff der künstlichen Intelligenz wird jedoch häufig falsch interpretiert, was auch das mehrfach gehörte Zitat1 „ich werde künstliche Intelligenz erst ernstnehmen, wenn sich der erste Computer einen guten Witz ausgedacht hat“ erklärt. Es geht dabei nicht darum, menschliche Verhaltensweisen zu entwickeln, sondern um die Anwendung von Algorith- men, die dem menschlichen Denken nachempfunden sind. ERTEL [ERTE09, S. 2] nennt als eine der frühen Definition der künstlichen Intelligenz, dass es das „Ziel der KI ist […], Maschinen zu entwickeln, die sich verhalten, als verfügen Sie über Intelligenz.“ (MCCARTHY, 1955). RICH hat 1983 eine knappere und gleichzeitig genauere Definition veröffentlicht, die noch viele Jahre Geltung haben wird: „Artificial Intelligence is the study of how to make computers do things at which, at the moment, people are better“ [ERTE09, S. 3].

1.1 Zielsetzung

In der vorliegenden Arbeit wird ein Modell vorgestellt, das den Lebenszyklus von Fähig- keiten technisch abbilden und über eine Skill Matrix Datenbank (SMDB) zur weiteren Nutzung vorhalten kann. Die in der SMDB hinterlegten Bewertungen von Fähigkeiten können zur Optimierung betrieblicher Geschäftsprozesse genutzt werden, was am Beispiel des Projektstaffings erläutert wird. Der Entwurf sieht die Nutzung verschiedener naturana- loger Verfahren vor, so dass im Vergleich zu herkömmlichen Techniken effizientere und performantere Berechnungen durchgeführt werden können. Auf diesem Weg entsteht ein universell einsetzbares und intelligentes Expertensystem zur Mitarbeiterallokation.

Eine Nutzung der Verfahren mit dieser Zielsetzung wurde bislang nicht theoretisch unter- sucht. Die praktische Umsetzung in einem Unternehmen kann durch Verbesserung der Ressourcenallokation jedoch einen erheblichen Mehrwert durch Kostenreduktion und ver- besserte Projektperformance bringen. Die Neuartigkeit der Untersuchung führt zu einer breiten Darstellung von verschiedenen Möglichkeiten, die alle auf deren Eignung in der Praxis nicht bewertet wurden. Zielsetzung ist die Darstellung von Möglichkeiten in einem Modell, wobei die Umsetzungsvorschläge erst in einem zweiten Schritt2 praktisch ange- wandt werden können und dabei neue, individuelle Ergebnisse berücksichtigen müssen.

Auch wenn in den letzten Jahren der Abstand zwischen den theoretischen Entwicklungen von neuronalen Netzen und der praktischen Anwendung stark zurück gegangen ist [ACIG01, S. 20], so wird in der vorliegenden Arbeit ein theoretisches Modell erstellt, das künftige Modelle der Mitarbeiterallokation auf fundierten qualitativen Wertaussagen er- möglicht. Die bisherige Projektteam-Auswahl, die mithilfe des „Nasen“-Faktors getätigt wurde, wird durch ein System ersetzt, das Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter in Übereinstimmung mit den Projektanforderungen bringt und die Ressource auswählt, die am besten auf die Anforderung passt. Die menschliche Entscheidung wird dadurch nicht entbehrlich, aber unterstützt und vereinfacht.

Die Zielsetzung dieser Arbeit bei der Modellentwicklung besteht u. a. darin, Algorithmen zu finden, die möglichst wenig komplex sind. Dies hat den Vorteil, dass eine praktische Anwendbarkeit möglich ist, auch wenn dadurch kleine Ungenauigkeiten zu Suboptima führen. Diese Suboptima können aber vernachlässigt werden, wenn in weiteren Forschun- gen die entsprechenden Formeln und Näherungswerte erforscht werden, die der Realität am nächsten kommen.

1.2 Gliederung und Aufbau

In der Gliederung der Arbeit spiegeln sich die zwei Kernthemen der Modellentwicklung wieder. Das erste Kernthema „Skill Lifecycle Management“ (SLM) wird in Kapitel 2 bei den einleitenden Grundlagen beschrieben, das zweite Thema setzt die Zielsetzung Projektstaffing in Kapitel 5 um.

Die Grundlagen umfassen neben dem Skill Lifecycle Management eine Vorstellung der genutzten naturanalogen Verfahren (Kapitel 3), die im Rahmen dieser Arbeit benötigt wer- den. Hierbei wird insbesondere auf das künstliche Neuronale Netz (KNN) und das Self- Enforcing Network (SEN) eingegangen. Das KNN wurde erst Mitte der 1980er Jahre für die Wissenschaft erkannt [ACIG01, S. 20] und kann durch seine Lernfähigkeit die Auswer- tung der SMDB gut unterstützen. Insgesamt wird vorausgesetzt, dass der Leser sich mit den vorgestellten Techniken auskennt und im weiteren Verlauf der Arbeit auch anwenden kann.

In Kapitel 4 wird eine SMDB parametrisiert und initialisiert. Hierbei wird erläutert was zu berücksichtigen ist und wie Unternehmensspezifika auf die Verfahren bei der Implentie- rung wirken können. Der Entwurf der SMDB wird in der späteren Modellentwicklung des SLM herangezogen.

In Kapitel 5 wird die Zielsetzung der Arbeit erläutert und Verfahren zur Optimierung des Projektstaffings vorgestellt, die das zweite Kernthema der Arbeit darstellen. Wenn auch die praktische Anwendung aus dieser Arbeit heraus noch nicht möglich ist, so soll doch der Grundstein für eine mögliche Implementierung im unternehmerischen Umfeld gelegt wer- den.

Aus der Zielsetzung ergeben sich die Anforderungen, die technisch umgesetzt werden müssen, um die entwickelten Verfahren zu ermöglichen. Es ergeben sich Anforderungen an die SMDB, die in den nachfolgenden Kapiteln bei der Initialisierung und Modellent- wicklung berücksichtigt werden müssen. Die Kapitel 6 bis 8 beschreiben neben der Forma- lisierung auch die Initialisierung des KNN in allen Schichten sowie mögliche Trainings- verfahren zur Optimierung des KNN. Diese detaillierte Betrachtung ermöglicht eine ge- naue Beschreibung der einzelnen Neuronen des Netzes und eine mögliche Form des Out- puts, die dann vom Unternehmen genutzt werden kann, um die individuellen Ziele zu er- reichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gliederung der vorliegenden Arbeit

Während der detaillierten Betrachtung der einzelnen Einflüsse (Modifikationseffekte) auf die Skills im Rahmen der Definition der Neuronen, haben sich immer wieder neue Erkenntnisse ergeben, wie die einzelnen Sachverhalte zusammen hängen und wie deren Einfluss auf die Ausgabeneuronen sein kann.

2 Skill Lifecycle Management

Das wirtschaftliche Umfeld hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von einer landwirt- schaftlich und industriell geprägten Gesellschaft hin zur Dienstleistungs- und Wissensge- sellschaft verändert. Die wichtigsten Produktionsfaktoren sind damit nicht mehr Güter und Kraft, sondern die kognitive und sozialen Fähigkeiten der Mitarbeiter. Diese neuen Kern- kompetenzen der Unternehmen werden deshalb als „Humanressourcen“ bezeichnet. Unter diesem Begriff summiert sich das Wissen und Können der Mitarbeiter [DEBA04, S. 63].

Wenn man aus der Perspektive der Produktion auf die eingesetzten Güter blickt, dann sind neben den technischen und sonstigen benötigten Faktoren auch die Fähigkeiten wichtig, die diese Humanressourcen mitbringen. Jede dieser Fähigkeiten wird als eigener Produkti- onsfaktor beim Erstellungsprozess eingesetzt und sollten daher auch im Rahmen eines Sourcings optimiert werden. Die Optimierung dieses Sourcing-Prozesses bringt Vorteile für Unternehmen, um so die komplexen Kombinationen an Fähigkeiten zu managen und bestmöglich einzusetzen.

Ein solcher Managementprozess muss berücksichtigen, dass sich die Fähigkeiten in einem ständigen Lebenszyklus befinden, der durch Erfahrungen, Weiterbildungen, Übungen, per- sönlichen Interessen, Einwirkungen des Kollegenkreis, betrieblichen Aufgaben und langen Perioden ohne Anwendung der Fähigkeiten geprägt ist und sich der Kenntnisstand dement- sprechend verändert. Diese Einflüsse auf die Fähigkeiten werden wissenschaftlich in vielen Bereichen der Lern- oder Kognitionswissenschaft, sowie der Psychologie untersucht [OWEN90].

Das Skill Lifecycle Management (SLM) bezeichnet die Abbildung und das zielgerichtete Management von Fähigkeiten der Mitarbeiter über den Lebenszyklus der Fähigkeiten, formalisiert Veränderungen der Kompetenzen in speicherbaren Kennzahlen und beschreibt die automatisierte strategische Nutzung dieser Daten.

HELFAT und PETERAT haben in einer Studie zu Wettbewerbsvorteilen von Unternehmen die Summe der unternehmerischen Fähigkeiten in „Capability Lifecycles“ gegliedert [HEPA03]. Es wird in diesem Modell die Veränderung der „Capabilities“ in die Stufen Gründungsphase, Entwicklungsphase und Reifephase separiert. In der Gründungsphase werden die Kompetenzen der Mitarbeiter aufgebaut, um diese in der Entwicklungsphase praktisch nutzen und erweitern zu können. In der Reifephase werden die Kenntnisse dann angewandt und im Unternehmen verankert. Eine Analogisierung dieser Phasen auf den Skill Lifecycle, also auf die Entwicklung der Fähigkeiten eines Individuums, ergibt drei vergleichbare Schritte. HELFAT und PETERAT haben jedoch den Umstand nicht berücksich- tigt, dass Kompetenzen ohne Anwendung auch wieder verloren gehen können. Dies betrifft sowohl Individuen als auch Unternehmen3, welches nachfolgend als vierte Phase ergänzt wird.

2.1 Die Phasen des Skill Lifecycles

Der Lebenszyklus der Fähigkeiten besteht aus den Teilzyklen „Ausbildung“, „Anwen- dung“, „Austausch“ und „Alterung“ [angelehnt an SCHR01, S. 24]. Unter „Ausbildung“ versteht man das Erlernen theoretischer Grundlagen, die der Person das Wissen vermittelt, das für die ersten Anwendungen genutzt werden kann. Dies entspricht somit der Grün- dungsphase von HELFAT und PETERAT. Im Zyklus „Anwendung“ wird das in der Lernpha- se erworbene Wissen angewandt, was zu einer Festigung und Erweiterung der praxisbezo- genen und relevanten Fähigkeiten führt. Der „Austausch“ bezieht sich auf die Erweiterung von Kenntnissen, die man durch die Interaktion mit Spezialisten bei der Tätigkeit selbst erlangt. Dies kann über konstruktive Diskussionen entstehen, die man jedoch erst führen kann, wenn die Kenntnisse ein bestimmtes Niveau erreicht haben, so dass eigenen Erfah- rungen in der Diskussion analogisiert werden können. Auch bei Tätigkeit in einem Exper- tenteam werden Erfahrungen und Problemlösungen ausgetauscht, so dass man in einem solchen Team stark voneinander lernen kann. Je heterogener das angewandte Wissen bei gleicher Qualität der Fähigkeiten, desto mehr können die Mitarbeiter voneinander lernen [BRAU08, S. 33f.]. Die beiden letzten Punkte sind nach HELFAT und PETERAT der Entwick- lungs- und Reifephase zuzuordnen. Kenntnisse einer Person, die nicht oder nicht mehr verwendet werden, werden im Laufe der Zeit vergessen, so dass auch diese Abnahme von Wissen als „Alterung“ im Lebenszyklus zu berücksichtigen ist [SCHR01, S. 50].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die vier „A“ des Skill Lifecycles

Die unterschiedlichen Phasen des Skill Lifecycles lassen sich in einem Kreisdiagramm darstellen, dass die vier Phasen als Schritte enthält. Kreisförmig ist die Beziehung deswe- gen, weil es sich um einen ständigen, iterativen Prozess handelt, solange die Kompetenzen nicht vollständig obsolet sind. Die Reihenfolge ist dabei nur exemplarisch und nicht fest vorgegeben, denn die Phasen können beliebig oft hintereinander oder parallel durchlaufen werden. Die Parallelität des Durchlaufs ist der Normalfall, da die Prozesse sich nicht klar abgrenzen lassen. Als Beispiel sei genannt, dass Anwendung zu Übung und gleichzeitigem Austausch mit Kollegen führen kann.

2.2 Definition der betrieblich genutzten Fähigkeiten (Skills)

Jede Person hat ein breites Portfolio an persönlichen Fähigkeiten, die kontinuierliche ge- nutzt werden um Tätigkeiten zu verrichten und Entscheidungen zu treffen. Hierzu gehören emotionale und soziale Kompetenzen die eher den Umgang der Menschen miteinander bestimmen und es gibt fachlichen Kompetenzen, die verallgemeinernd auch als „Wissen“ beschrieben werden können. Diese Kompetenzen nutzen Menschen sowohl im Privaten und in der Familie, bspw. das Organisationstalent beim Hausbau oder die Führungskompe- tenz bei der Erziehung von Kindern, wie auch im Beruf. Die Fähigkeiten der Mitarbeiter, die im beruflichen Umfeld benötigt und genutzt werden, sind für den Arbeitgeber interes- sant, denn dieses Portfolio und deren Qualitäten treffen Aussagen über die Einsatzmöglichkeiten von Mitarbeitern und deren Effizienz bei der Verrichtung der Aufgaben.

Heutzutage finden sich immer weniger unflexible, einseitige Arbeitsplätze und vermehrt ständig wechselnde und zeitlich befristete, aufgabenbezogene Einsatzstellen. Die betriebli- chen Kulturen sehen immer häufiger einen projektlastigen Mitarbeitereinsatz vor, so dass eine Formalisierung der Fähigkeiten, die für das Unternehmen in diesen Projektaufgaben relevant sind, gewisse Vorteile bringt. Eine formalisierte Darstellung der betrieblich rele- vanten Fähigkeit wird im weiteren Verlauf als „Skill“, aus dem Englischen für Fähigkeit, bezeichnet. Die Darstellung des Portfolios pro Mitarbeiter findet sich in der Literatur und in der Praxis aufgrund einer möglichen tabellarischen Form unter der Bezeichnung Skill Matrix. Die qualitative Bewertung der Skill wird fortan als Skillwert bezeichnet.

Der Formalisierungsprozess, der die reale Fähigkeit in eine digitale Repräsentation (als Skillwert) überführt, ist aufgrund der unzureichend darstellbaren Bewertbarkeit nur schwer durchführbar. Während man Fähigkeiten in der schulischen Ausbildung über Schulnoten erfasst, ist es schwierig eine wirklich aussagekräftige und valide Beurteilung von Pro- grammierfähigkeiten, kognitiven Fähigkeiten oder Methodenwissen quantitativ und skalar vorzunehmen.

2.3 Definition Skill Lifecycle Management

Das Skill Lifecycle Management befasst sich mit der Erfassung, Formalisierung, Abbil- dung der Entwicklung und Nutzung der Fähigkeiten im Skill Lifecycle Modell. Es wird nicht untersucht, wie die Fähigkeiten aktiv ausgebaut oder eingesetzt werden können, son- dern es werden diese Fähigkeiten und deren Entwicklung möglichst genau formalisiert dargestellt. Hier unterscheidet sich das Skill Lifecycle Management vom wissenschaftlich breiter untersuchten Bereich des Skill Management, bei dem es zum Einen um die stich- tagsbezogene Erfassung und Speicherung, aber auch um dem darauf basierten Ausbau (Kompetenzentwicklungsplanung) der Fähigkeiten der Mitarbeiter geht [GÜLD04, S. 19ff.; SIMO10, S. 327]. Das Skill Management stößt die Durchführung von Weiterbildungen an (aktiver Ansatz), im Skill Lifecycle Management wird die Auswirkung der Weiterbildung untersucht und formal erfasst (passiver Ansatz).

Gemäß Definition gehört auch die Nutzung der formalisierten Daten zum SLM. Die For- malisierung von Fähigkeiten und die Bewertung und Verarbeitung der oben genannten Modifikationen als Eingabewerte führt zur Möglichkeit, die Skills der Mitarbeiter zu verarbeiten und für Ressourcenabfragen für innerbetriebliche Zwecke zu nutzen. Mögliche solche Zwecke können die Nutzung der Daten zur optimalen Allokation von Mitarbeitern mit ihren Skills zu bestimmten Aufgaben und Projekten oder eine wertvolle Informationsquelle bei anstehenden Stellenbesetzungen und Beförderungen sein.

Da die kontinuierliche Aktualisierung der Skills auf Basis von wiederkehrenden Input- Prozessen ermöglicht wird, ergibt sich ein Skill Lifecycle Management wie nachfolgend dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Skill Lifecycle Management

In der Abbildung ist die im Rahmen dieser Arbeit behandelte Nutzungsmöglichkeit der Skill Matrix Datenbank in rot zu erkennen. Diese „Project Staffing Query“ ermittelt angefragte Ressourcen und optimiert die Zuordnung der Mitarbeiter.

Aus dem Projektumfeld finden sich die Modifikationseffekte Projekt-Controlling und Les- sons Learned, die die bestehenden Skills in der Skill Matrix Datenbank modifizieren kön- nen. Außerhalb des Projekts haben Weiterbildungen und die Alterung Auswirkungen auf die Skills in der SMDB. Das regelmäßige Beurteilungsgespräch interagiert kontrollierend mit der SMDB.

Die weitere Arbeit mit einer SMDB im Rahmen des SLM-Prozesses erfordert zuerst die Bestimmung von Begriffen.

2.4 Definitionen und Nutzen einer Skill Matrix Datenbank

Das Werkzeug der Skill Matrix, welches 1990 von OWEN [OWEN90] erstmals vorgestellt wurde, wird hauptsächlich im Bereich des Skill Managements in verschiedenen Detaillie- rungsgraden und Zielsetzungen genutzt. Die Skill Matrix bietet eine Übersicht über die Humanressourcen des Unternehmens mit quantifizierten und unterschiedlich stark formali- sierten Attributen ihrer Fähigkeiten. Diese Übersicht der Fähigkeiten kann auch genutzt werden um zielgerichtete Einsätze und Weiterbildungen zu planen und so die Mitarbeiter besser auf die Aufgaben abzustimmen. Dies erhöht die Motivation und die Arbeitsqualität.

Wenn diese Matrix in eine Datenbank der Normalform überführt wird, kann von einer Skill Datenbank oder eine Skill Matrix Datenbank gesprochen werden. Die hierbei zugeordneten und unterschiedlich bewerteten Attribute helfen Projektleitern und Ressourcenverantwort- lichen bei der Ermittlung eines optimalen Ressourcenportfolios für ihren jeweiligen Be- darf.

Skill bezeichnet dabei die formalisierte Abbildung und Quantifizierung einer realen Fähig- keit oder Charaktereigenschaft einer Person und wird auch als σi bezeichnet, wobei i die jeweilige Fähigkeit angibt. Ein hoher Skillwert deutet dabei auf gute Fähigkeiten eines Mitarbeiters hin, während niedrige Werte auf geringe Kompetenzen in dem Bereich schlie- ßen lassen.

Sowohl Projektaufgabe wie auch die ausführenden Mitarbeiter haben eine nicht über- schaubare Anzahl an Anforderungen und Fähigkeiten, deren Einflüße nur schwer vollstän- dig evaluiert werden können. Es ist zur Nutzung einer SMDB deswegen notwendig, eine Einschränkung dieser Fähigkeiten durchzuführen und nur eine Auswahl an betrieblich be- nötigten und relevanten Fähigkeiten als Attribute aufzunehmen. Es sollten nur die ausge- wählt und gespeichert werden, die im Rahmen des SLM berücksichtigt werden sollen. Es gilt dabei der Grundsatz möglichst wenige Fähigkeiten zu berücksichtigen, um die Kom- plexität möglichst klein zu halten. Der nötige Informationsgehalt für Abfragen und Analy- sen darf hierbei jedoch nicht verloren gehen. Die Projekt- oder Unternehmensführung muss eine strategische Entscheidung bei der Initialisierung der SMDB treffen, die das Attributportfolio unter Berücksichtigung der jeweiligen Zielsetzung optimal definiert und die jeweilige Bewertungsskala festlegen, mit der die Fähigkeiten bewertet werden sollen. Diese Entscheidungen werden dann genutzt um die Struktur der SMDB aufzusetzen.

2.5 Die Struktur und Pflege der Skill Matrix Datenbank

Die SMDB beinhaltet auf Ebene der Mitarbeiter (Ressourcen) eine begrenzte Anzahl von Attributen (Skills), die durch verschiedene Inputfaktoren beeinflusst werden. Die Matrix, die auch als Tabelle einer Datenbank dargestellt werden kann, besteht demnach aus jeweils einem Datensatz pro Mitarbeiter mit der vorgegebenen Anzahl an Skills als Attribute. Die- se Darstellung hat den Vorteil, dass sie technisch einfach umsetzbar, im Rahmen einer SQL-Programmierung vielfältig nutzbar und auch für den Menschen verständlich darstell- bar ist.

Die Pflege der in der Datenbank hinterlegten Skillwerte erfolgt aus den bereits erläuterten Modifikationen, die die Fähigkeiten im Laufe des Lebenszyklus ändern (siehe Abbildung 3). Diese auf die Skill wirkenden Faktoren werden als ϕ bezeichnet und in den nachfolgenden Kapiteln detailliert betrachtet.

Es sind für jeden maßgeblichen Faktor zwei Problemstellungen zu untersuchen. Zum Einen ist die Erfassung der teilweise unstrukturiert oder semantisch vorliegenden Informationen notwendig und diese in eine Form zu überführen, die sowohl maschinell les- wie auswert- bar ist. Zum Anderen sind die Auswirkungen dieser Evaluationen auf die Fähigkeiten der Mitarbeiter zu untersuchen und die Modifikation der Skills in der Datenbank möglichst realitätsnah abzubilden.

Ist die Nutzung und Implementierung einer solchen Datenbank geplant, ist diese vor der erstmaligen Anwendung für alle Mitarbeiter mit deren Fähigkeiten zu initialisieren.

2.6 Initialisierung der Skill Matrix Datenbank

Eine wesentliche Grundlage für präzise Abfrageergebnisse ist eine saubere Datenbasis, weswegen eine detaillierte Initialisierungsphase benötigt wird. In dieser Phase sollen die Fähigkeiten der zu erfassenden Mitarbeiter möglichst naturgetreu abgebildet werden. Be- vor die erstmalige Befüllung der Datenbank erfolgen kann, ist jedoch fest zu legen welche Ressourcen und Attribute in der SMDB hinterlegt werden sollen. In der betrieblichen Pra- xis ist hier eine Gesamtaufnahme vorzunehmen, die das Ressourcenportfolio und die entsprechenden Attribute definiert.

In dem von NORTH und REINHARDT im Rahmen ihres Kompetenzmanagement entwickelten Vorgehensmodell [NORE05] wird die Phase der Erfassung der Fähigkeiten als Validierungsphase bezeichnet4. Diese Validierung erfolgt am besten durch Expertenbefragungen (Vorgesetzten und Kollegen der bewerteten Mitarbeiter).

Im Rahmen der Initialisierung ist also zu entscheiden für wen die SMDB zu füllen ist (Ressourcenportfolio der betroffenen Mitarbeiter), welche Skills strategisch ausgewertet werden sollen (Skillportfolio als Attributliste), und wie hoch diese jeweils eingeschätzt werden (initiale Attributbewertung der Mitarbeiter).

2.6.1 Ressourcenportfolio

Das Ressourcenportfolio definiert die zu erfassenden Ressourcen, die in der SMDB hinter- legt und gepflegt werden sollen. Das Portfolio sollte alle potentiellen Teammitglieder von Projekten umfassen, die im Rahmen einer Abfrage allokiert werden sollen. Bei Bedarf können auch Teammitarbeiter der Fachbereiche und des Managements im Ressourcenport- folio erfasst werden. Sofern sich die Nutzung der SMDB auf das Projektstaffing be- schränkt, ist der Lenkungsausschuss von Projekten kein Anwendungsbereich eines Staf- fingprozesses, da sich dieser meistens qua Amt (betroffenes Führungspersonal des Auf- traggebers [RUFI08, S. 95]) definiert.

Abhängig von der Zielsetzung der SMDB lassen sich also verschiedene Personengruppen feststellen, die aktiv angesprochen werden sollen. Wenn die SMDB für das Projektstaffing von IT-Projekten genutzt wird, und damit Projektmitarbeiter über eine SMDB-Abfrage ermittelt werden sollten, sind dies neben diversen Führungs-, Kontroll- und Verwaltungs- gremien vor allem die Projektleitung und die Projektmitarbeiter [RUFI08, S. 82ff.], die als Ressourcen aufzunehmen sind.

Im Rahmen einer Projektstaffing-Abfrage ist es notwendig, die benötigten Ressourcen ge- nauer zu klassifizieren und abzufragen. Die Abfrage wird sich also auf Tätigkeitsgruppen (Cluster) beziehen die bspw. folgende Ausprägung haben können, aber unternehmensindividuell aufgebaut werden müssen.

- (Teil-)Projektleiter
- Entwicklungsteamleiter
- Softwareentwickler
- Infrastrukturadministratoren
- Datenbankadministratoren
- Mitarbeiter Fachbereich

Da die Mitarbeiter in unterschiedlichen Projekten auch unterschiedliche Rollen erhalten können, erscheint eine feste Zuordnung der Mitarbeiter zu einem Cluster nicht sinnvoll. Wenn ein Entwickler auch als Teilprojektleiter arbeiten kann, sollte die finale Zuordnung erst bei der Nutzung der SMDB bspw. durch die später vorgestellte Staffing Query erfol- gen.

Jede ermittelte Ressource ist zu erfassen und stellt einen Datensatz (Tupel) in der Skill Matrix Datenbank dar.

2.6.2 Skillportfolio

Nicht nur die Frage welche Mitarbeiter in der SMDB zu berücksichtigen sind, auch die Frage welche Fähigkeiten auswertbar hinterlegt sein müssen, ist von der Zielsetzung der SMDB und individuellen unternehmerischen Anforderungen abhängig.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die relevanten Skills der Ressourcen zu definieren. Um das menschliche Wissen bestmöglich im Rahmen der technischen Umsetzung zu nutzen, bietet sich eine Expertenbefragung, bspw. mit der Brainstormingmethode an, mit der auch mehrere Experten zur Interaktion bewegt werden können. Es sollte sich hierdurch ein Attributportfolio ergeben, das alle hilfreichen und notwendigen Fähigkeiten der Mitarbeiter beschreibt und gleichzeitig keine unnötigen Skills in die SMDB aufnimmt.

Das Portfolio sollte in die drei Kategorien fachliche Kenntnisse, technische Kenntnisse und Soft-Skills gegliedert werden. Die genaue Gliederung ist jedoch wieder stark davon Abhängig was das Unternehmen definiert oder die Unternehmenskultur vorgibt.

Nach Abschluss der Analyse sollte dem Initialisierungsprojekt eine Liste an Skills vorliegen, die als Attribute in der Tabellendefinition der SMDB hinterlegt werden können.

2.6.3 Attributbewertung

Bei der Bewertung der Attribute geht es um die Bewertung der Fähigkeiten der Mitarbeiter. Es muss ein Weg gefunden werden, die man formell ausdrücken kann, wie gut ein Mitarbeiter in einer bestimmten Sache ist.

WYSOCKI [WYSO09] erwähnt korrekterweise dass eine einfache binäre Bewertung der Ski- lls zwar eine geringe Komplexität aufweist, für Zwecke des Projektmanagements jedoch nicht ausreichend ist. Bisherige Modelle der Skill Matrix sehen auch eine Bewertung nach einfacheren Kriterien vor [OWEN90, S. 340], wie „Lernender“, „Anwender“ oder „Coach“. Diese Klassifizierung ist für den Menschen sicher ebenfalls leichter anzuwenden, jedoch nicht anwendbar in einem automatisierten und formalisierten Prozess, in dem elektronische Systeme damit umgehen und rechnen sollen. Wann immer eine menschliche Bewertung in diesen oder ähnlichen Klassen vorgenommen werden muss, ist eine Übersetzung in eine granularere Bewertungszahl notwendig. Einen wesentlichen Einfluss hat die Metrik dieser Erfassung. Die verwendete Skala der Attribute ist detailliert genug aufzusetzen, um eine genaue Unterscheidung der Fähigkeiten und eine Modifikation durch die Lifecycle- Einflüsse vornehmen zu können. Gleichzeitig verliert eine zu detaillierte Darstellung Transparenz und Aussagekraft bei gleichzeitiger Erhöhung der Komplexität.

Die Analyse der optimalen Skalenbreite wird seit dem 19. Jahrhundert von Forschern und Autoren in diversen Fachgebieten untersucht. RADEL fasst dies für die Erfassung menschli- cher Bewertungen in [RADE11, S. 176f.] wie folgt zusammen: für die Skalierung wurden von diversen Autoren Unter- und Obergrenzen gefunden, die zu einem „demokratisch […] entschieden[en]“ Mittelwert von ca. 5-7 Skalenwerten führen. Die genannte Untergrenze ist eine 2er- oder 3er-Skala5 und die ermittelte Obergrenze liegt bei ca. neun Werten. Diese unterschiedlichen Ergebnisse ergeben sich aus dem Trade-Off zwischen Genauigkeit, wozu möglichst viele Skalengrade eingeführt werden sollten und der begrenzten Differenzie- rungsfähigkeit von Menschen, was zu der Annahme möglichst weniger Untergliederungen führt.

In Abhängigkeit von der Zielsetzung ist damit eine Skalenbreite von 5-7 auch für das vorliegende Modell sinnvoll, sofern die Eingabe menschlicher Bewertungen notwendig ist. Es empfiehlt sich ein Schulnotensystem, da dieses bekannt und einprägsam ist.

Für die Detailbewertung der Skillwerte in der Datenbank ist ein Intervall 1-6 oder 1-10 mit ganzen Zahlschritten aufgrund zu weniger Abstufungen jedoch zu ungenau. Wenn die Ein- gabe nicht auf Basis von menschlichen Einschätzungen erfolgt, sondern zur Speicherung technischer Werte dient, so kann eine Orientierung am Dezimalsystem für sinnvoll erachtet werden.

Nachfolgend genannte Methoden können auch mit detaillierteren Werten noch genau ar- beiten und benötigen dies sogar, wenn es darum geht Unterscheidungen und Präferenzen bei der Mitarbeiterauswahl zu treffen. Die Bewertung 0-100 hat den Vorteil, dass es auch als Prozentzahl ausgedrückt werden kann und so eine intuitive und genaue Beurteilung zulässt. Zusätzlich lässt sich der Wertebereich 0-100 im Rahmen der technischen Verarbei- tung leicht in eine Zahl aus dem Bereich 0-1 mit zwei Nachkommastellen konvertieren und ist damit universell verwendbar, technisch einfach darzustellen und leicht verständlich.

Dies heisst zum einen, dass die technische Speicherung der Skillwerte in Prozentwerten erfolgen sollte, während die manuelle oder technische Erfassung von Eingabewerten jeweils individuell bestimmt werden muss und dann eine eigene Transformationsregel in die detailliertere Repräsentation der SMDB benötigt.

Während die Notation in Prozentwerten auch bei Wertmodifikationen einen einfachen und intuitiven Weg durch Multiplikation ermöglicht, ist bei jedem der Einflussfaktoren die Berücksichtigung von ϕ auf die Skill-Bewertung individuell zu prüfen. Der Einfluss muss jeweils unterschiedlich in die SMDB integriert werden, wofür das jeweilige Mess- oder Erfassungssystem ausgelegt sein muss.

Bei der Multiplikation mit Prozentwerten ist zu beachten, dass der gleiche Änderungsfak- tor unterschiedlich starke Änderungen in der SMDB auslöst. Wenn sich ein Mitarbeiter mit einem Skillwert von 85% um 20% verschlechtert, entspricht dies einer Änderung von 17 Prozentpunkten. Wenn sich ein Skillwert 45% um 20% vermindert sind dies nur 9%, ob- wohl der auslösende Indikator selbst identisch war. Dies kann der Realität entsprechen, wenn die Metrik entsprechend formuliert ist. Bei der Bewertung oder Überführung der Werte ist diese daher zu berücksichtigen und in den Kapiteln der Modifikationseffekten individuell zu betrachten.

Die initiale Bewertung der Mitarbeiter sollte auf Schätzungen mehrerer mit dem Mitarbeiter vertrauten Kollegen und Vorgesetzten, sowie auf einer Selbstevaluation basieren. Fachliche Themen könnten auch über einen einheitlichen Evaluationsbogen abgefragt und bewertet werden. In jedem Fall ist es wichtig eine über alle Ressourcen hinweg einheitliche und möglichst präzise Aussage zu den vorhandenen Fähigkeiten zu erhalten, um die spätere Trainingsphase nicht negativ und unkontrolliert zu beeinflussen.

3 Einführung in die angewandten naturanalogen Verfahren

Der Hauptzweck der vorgestellten Skill Matrix Datenbank ist die optimale Auswahl von Projektressourcen zu ermöglichen. Dies erfolgt über eine Project Staffing Query, die auf eine möglichst aktuelle Datenbasis zurückgreifen muss, was wiederum voraussetzt, dass Änderungen der Fähigkeiten realitätsnah in der Datenbank wieder gegeben werden. Für diese beiden Zielsetzungen wird in den nachfolgenden Kapiteln dargestellt, wie dies mit Hilfe naturanaloger Verfahren erfolgen kann. Welche Verfahren nachfolgend genutzt werden und wie diese funktionieren wird vorab dargestellt.

Das Self-Enforcing Network (SEN) von KLÜVER und KLÜVER [u.a. KLKL11] unterstützt dabei die Abfrage und Ressourcenallokation des im nachfolgenden Kapitel 4 beschriebenen Projektstaffing-Prozess. Die hierfür benötigten formalisierten, korrekten Kompetenzwerte innerhalb der SMDB auf Basis von Anpassungen zu schaffen, kann ein künstliches neuronales Netz übernehmen.

Die folgenden Darstellungen zeigen nur einen kleinen Teil der sehr umfassenden Möglich- keiten, Arten und Parametrisierungen der Verfahren. Die Darstellungen beziehen sich auf die Zielsetzung im SLM und lassen diverse Möglichkeiten der Erweiterungen und Nutzun- gen außen vor um die Komplexität und den Umfang innerhalb dieser Arbeit überschaubar zu halten.6

3.1 Simulation durch ein künstliches neuronales Netz

Neuronale Netze oder Netzwerke sind Nervenvernetzungen in Gehirnen von Menschen und Tieren. Mithilfe dieser Vernetzungen entstehen die kognitiven Fähigkeiten wie Ge- danken, Erinnerungen, Entscheidungen oder Reflexe. Sie bestehen aus Nervenzellen und deren Verbindungen (siehe Abbildung 4) und ermöglichen durch Ihre Adaptivität und Funktionalität Lernprozesse und die Steuerung komplexer psychischer und physischer Sachverhalte [ERTE09, S. 243]. Die Vernetzung von Nervenzellen (Neuronen) und deren Verbindungen (Axone, Synapsen und Dendriten) ermöglichen intelligentes Verhalten und Lernfähigkeit durch verhältnismäßig einfache Schaltungen. Ein Neuron erhält von einer beliebigen Anzahl anderen Neuronen Impulse, die das Neuron mit einem bestimmten Wert aktivieren. Bei Überschreiten einer bestimmten Ladung (Schwellwert) wird ein Impuls über das Axon an eine beliebige Menge nachfolgender Neuronen abgegeben. Hierbei wird von den Synapsen dieser Impuls „gewichtet“ und damit für den Nachfolger verstärkt oder verringert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Biologisches Modell eines neuronalen Netzes [ERTE09, S. 245]

Erstmals wurde 1943 durch MCCULLOCH und PITTS versucht, dieses Konzept im Rahmen von Forschungen zur künstlichen Intelligenz zu simulieren und in ein mathematisches Modell zu überführen. Es wurden künstliche Neuronen entworfen und vernetzt. Die Vernetzung dieser künstlichen Neuronen im Rahmen eines Netzwerkes wurde als künstliches neuronales Netz (KNN) bezeichnet.

Beim Modell des künstlichen neuronalen Netzes werden sowohl die Neuronen, wie auch die adaptiven Synapsen, die für den Lernprozess zuständig sind, in eine Gleichung überführt (Abbildung 5). Das Neuron repräsentiert über den Aktivierungszustand xi einen Wert, der an nachfolgende Neuronen weiter gegeben werden kann. Die Synapsen sind als Gewichtungsfaktoren wij aufgesetzt, die den Aktivierungszustand bedarfsgerecht erhöhen oder vermindern. Die Summe der gewichteten Impulse (Aktivierungen) aller vorgelagerten Neuronen wird als Netzeingabe netj bezeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Künstliches Neuron [angelehnt an ERTE09, S. 247]

Die Aktivierungsfunktion fact beschreibt, wie die auch als Propagierungsfunktion bezeichnete Netzeingabe netj zum neuen Aktivierungszustand xi führt. Die Funktion selbst wird in den meisten Fällen als

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

definiert, kann bei Bedarf aber auch abweichen [angelehnt an STKLSC09, S. 104].

Zusätzlich wird in vielen Fällen ein Schwellwert Θ berücksichtigt, der am Eingang des Neurons anzuwenden ist und den Ausgabeimpuls des Neurons schaltet. In diesem Fall wird eine Aktivierung nur an das nachfolgende Neuron weiter gegeben, wenn der Schwellwert überschritten ist. Diese Schwellwertunktion kann als

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

beschrieben werden. Unter der Bedingung dass die Ausgabefunktion fo die Identitätsfunktion der Aktivierungsfunktion fact ist, was aus Gründen der Einfachheit in den meisten Fällen angenommen werden kann [STKLSC09, S. 104], errechnet sich die Ausgabe des künstlichen Neurons durch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Aktivierungszustand und somit der Ausgabewert eines Neurons wird damit durch den Aktivierungszustand der vorgelagerten Neuronen xj, durch die Verbindungsgewichtung wij, durch die Propagierungsfunktion netj, durch den Schwellwert [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] , durch die Aktivierungs- funktion fact und durch die Ausgabefunktion [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] bestimmt. Diese Werte müssen im Rahmen des Initialisierens des künstlichen neuronalen Netzwerkes bestimmt werden, wobei diese teilweise identisch gesetzt werden können (bspw. Aktivierungs- und Ausgabefunktion), abgeleitet ( [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ) oder durch Lernprozesse vom künstlichen neuronalen Netz (KNN) selbst gelernt werden ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]).

Der wesentliche Vorteil des KNN ist, dass ein Lernprozess berücksichtigt werden kann, der eine ständige Korrektur und Verbesserung der Gewichtungen durchführt, die die Auswirkungen der Eingabefaktoren bestimmt. So kann eine korrekte Überführung der Einflußfaktoren auf die Fähigkeit in der Skill Matrix Datenbank realitätsnah berücksichtigt werden. Da sich nur schwer abschätzen lässt, wie die Auswirkungen der Weiterbildungen oder Projekttätigkeiten auf die Skills tatsächlich sind, kann diese Beurteilung durch das Training des künstlichen neuronalen Netzes ermittelt werden.

3.1.1 Typisierungen eines künstlichen neuronalen Netzes

Bevor ein künstliches neuronales Netz angewandt werden kann, sind Parametrisierungen vorzunehmen, die das Netz auf die entsprechende Zielsetzung hin ausrichtet. Das Zusam- menspiel der Neuronen und der Verbindungen befähigen das Netz, diese Zielsetzung zu erreichen. Diese Eigenschaften eigenen sich dafür ein Netz zu typisieren. Hierfür gibt es unterschiedliche Ansätze.

Ein Ansatz bezieht sich auf die Anzahl der Schichten. Ein KNN besteht aus einer Ein- und Ausgabeschicht, ggf. auch aus einer oder mehrerer verdeckten Schichten. Die verdeckte Schicht ist nicht unbedingt notwendig, denn bei weniger komplexen Berechnungen mit wenigen Interdependenzen kann auch eine direkte Verbindung der Eingabeneuronen zu den Ausgabeneuronen erfolgen. In diesem Fall spricht man von einem einschichtigen Netz, bei Vorliegen der verdeckten Schicht von einem zwei- oder mehrschichtigen Netz [STKLSC09, S. 106]. Die Neuronen werden dabei genau einer dieser Schichten zugeordnet [STKLSC09, S. 110].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Vereinfachte Darstellung eines KNN

Die erste Schicht eines künstlichen neuronalen Netzes ist immer die die Eingabeschicht, engl. Input Layer (in Abbildung 6 blau dargestellt), deren Neuronen externe Reize emp- fangen und formalisiert aber ohne Veränderung in das KNN weiter reichen. Diese werden von der verdeckten Schicht (Hidden Layer; grün hinterlegt) empfangen und durch diverse Funktionen ermittelte Aktivierungen dann an die Ausgabeschicht (Output Layer; rot hinter- legt) weiter gereicht. Dort stellt das KNN dann die entsprechenden Werte für die weitere Verwendung ausserhalb des Netzwerks zur Verfügung. Es gibt auch einfache Netze, die keine verdeckte Schicht haben, wenn es zwischen den Neuronen der Eingabeschicht direk- te Verbindungen zur Ausgabeschicht gibt.

Neben der Unterscheidung nach der Tiefe des Netzes findet man auch Unterscheidungen, die sich auf die Richtung der Informationsflüsse beziehen. Wie in Abbildung 7 dargestellt kann eine einfache Aktivierung aus einer Schicht in die nachfolgende erfolgen. Das Netz wird als feed-forward-Netz bezeichnet. Bei zusätzlich rückläufiger Aktivierung (indirekt) oder Mitaktivierung des eigenen Neurons (direkt) wird von einem feed-back- oder einem rekurrenten Netz gesprochen [KLKL11, S. 47f.]. Dies untergliedert GERBER [GERB04, S. 18] noch weiter:

1. Einfache, ebenenweise verbundene feed-forward Netze
2. feed-forward Netze mit shortcut-Verbindungen
3. direct feedback Netze mit direkten Rückkopplungen
4. indirect feedback Netze mit indirekten Rückkopplungen
5. lateral feedback Netze, mit zus. Verbindungen innerhalb von Schichten
6. vollständig verbundene Netze

Diese Netze wurden und werden ständig weiter entwickelt um sich unterschiedlichsten Anforderungen anzupassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Informationsflussrichtung in KNN [KLKL11, S. 48]

Die einzelnen Neuronen können dabei eine binäre oder eine dezimale Aktivierung anneh- men. Auch ist es vorstellbar, dass der Aktivierungszustand nur einen verschwommenen Wert einnimmt, wobei man dann von einem Fuzzy-Neuron7 spricht [FULL00, S. 175].

3.1.2 Fuzzifizierung zur Verarbeitung unscharfer Werte

Fuzzy-Logik oder die Fuzzy-Mengenlehre, die in einem hybriden KNN angewandt wird, ist ein eigener Themenbereich der künstlichen Intelligenz. Es geht hierbei primär um die Verarbeitung von unscharfen (engl. „fuzzy“) Werten und Mengen, die nicht sauber abgegrenzt werden können [KLKL11, S. 86]. Ein großer Anwendungsbereich ist die Linguistik, was auch für die Interaktion des Menschen mit der SMDB nutzbar erscheint.

Wenn nun die Fuzzy-Mengen der linguistischen Bewertung mit der Verarbeitung im KNN kombiniert werden, ergibt sich ein Hybridmodell, dass in den nachfolgenden Kapiteln de- tailliert werden wird. Neben Fuzzy-Neuronen lassen sich Fuzzy-Werte auf vielfältige Wei- se in künstliche neuronale Netze integrieren, so dass nachfolgend ersichtliche Konstellati- onen möglich sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Wertschärfen in Fuzzy-Neuronalen Netzen [angelehnt an FULL00, S. 181]

Bereits 1994 hat FEURING ein fuzzifiziertes neuronales Netz entwickelt, das sich mit der Weiterverarbeitung eines Fuzzy-Neurons beschäftigt. FEURING setzt dabei alle FuzzyParameter als Fuzzy-Zahl ein, so dass sich die Rechnungen analog der bisherigen Berechnungen durchführen lassen [LIPP06]. Doch auch FULLÉR zeigt zwei einfache Beispiele, wie KNN und Fuzzy-Modelle kombiniert werden können. Die dargestellten Möglichkeiten der Kombination sind selbstverständlich nicht abschließend.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: FULLÉRs erstes Modell eines Neuro-Fuzzy-Systems [FULL00, S. 172]

In seinem ersten Modell (Abbildung 8) gliedert er das neuronale Netz an eine FuzzySchnittstelle an, so dass das KNN mit diesem fuzzifizierten Wert weiter arbeiten kann. Das Netzwerk arbeitet wie ein leicht modifiziertes, konventionelles System. Dieses Modell findet sich in verschiedenen Inputfaktoren des Skill Lifecycle Management.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: FULLÉRs zweites Modell eines Neuro-Fuzzy-Systems [FULL00, S. 173]

In seinem zweiten Modell (Abbildung 9) zeigt er, dass der Output des neuronalen Netzes fuzzifiziert werden kann und erst dann für die weitere Verarbeitung genutzt wird. Aus der Abbildung lässt sich erkennen dass die Fuzzifizierung Einfluss auf den Lernprozess hat, so dass dies beim Training des KNN entsprechend berücksichtigt wird.

Im folgenden Modell muss das neuronale Netz linguistischen Eingaben darstellen können. Dies entspricht FULLÉRs erstem Modell und wird über Fuzzy-Neuronen umgesetzt, die die linguistischen Variablen im Modell entsprechend berücksichtigen und defuzzifizieren.

Die Herausforderung bei der Bewertung durch linguistische Variablen ist die Überführung dieser gemäß der semantischen Bedeutung in einen Eingabewert für das nachfolgende Neuron, was auf drei Arten erfolgen kann [HEHE00, S. 70].

Die erste Möglichkeit ist die Ermittlung von linearen Mitgliedsfunktionen µ für jeden linguistischen Wert. Die Mitgliedsfunktion, auch als Zugehörigkeitsfunktion bezeichnet, gibt dabei an, wie sehr ein Wert zu der jeweiligen unscharfen Menge gehört. Diese Funktion kann grundsätzlich eine beliebige Form annehmen, ist jedoch meistens Dreieck- oder Trapezförmig [SCKLKL10, S. 120]. Das Ergebnis der Funktion µ wird als Aktivierungszustand des Neurons an die abnehmenden Neuronen weiter gegeben.

Zur Darstellung der Ungenauigkeit in den Aussagen der Fuzzy-Neuronen scheint sich die Trapezfunktion am besten zu eigenen, da hierbei neben der Ungenauigkeit auch ein Inter- vall angegeben werden kann, in dessen Bereich die Aussage fällt. Die trapezförmige Funktion benötigt die Zuordnung eines 4-Tupels (a, b, α, β), wobei a und b das Mitgliedsintervall und α und β die linke und rechte Ungenauigkeit [HEHE00, S. 70] bezeichnet. Diese Funktion wird in Abbildung 10 grafisch dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Grafische Darstellung einer trapezoidalen Mitgliedsfunktion

Die Mitgliedsfunktion µ sieht dann wie folgt aus [angelehnt an CHLI02, S. 177]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als zweite Möglichkeit kann ein vereinfachtes Verfahren betrachtet werden, das die linguistischen Aussagen gleichwertig sortiert und so zu gleichmäßig verteilten Aktivierungszuständen führen würde [HEHE00, S. 72]. Dies entspräche einer Konvertierungstabelle, in der die fünf genannten Bewertungsstufen linear auf eine Skala von bspw. 0 bis 1 übertragen werden. Hierbei würde die beste Bewertung dann zu 1,0 und die schlechteste zu 0,0 in Schritten von jeweils 0,2 Einheiten führen. Da dieses Verfahren für Zwecke im SLM zu ungenau ist, wird es nicht weiter betrachtet.

Die dritte Möglichkeit ist eine Kombination aus beiden, nämlich die uniforme, symmetri- sche Verteilung um einen Mittelwert, wobei die Verteilung erneut als Trapezfunktion an- gegeben werden kann [HEHE00, S. 72]. Bei der asymmetrischen Verteilung der ersten Al- ternative besteht die Möglichkeit, die Aussagen unterschiedlich zu gewichten (die rechte und linke Seite des Trapezes mit unterschiedlichen Steigungen zu versehen) um Abstimmungstendenzen zu bereinigen. Diese Möglichkeit entfällt hier leider und da in diesem Fall trotzdem die Komplexität der Mitgliedsfunktion bewältigt werden muss, scheint dieses Verfahren ohne Mehrwert für die weiteren Schritte der Fuzzifizierung des KNN. Es wird somit der erste Vorschlag weiter verfolgt.

Die erstellten trapezoidalen Mitgliedsfunktionen ermöglichen eine Defuzzifizierung und Weiterverarbeitung im KNN. Für diese Defuzzifizierung schlagen CHENG und LIN vor, die vier Punkte a, b, a-α und b+β durch 4 zu dividieren [CHLI02, S. 179]. Dies stellt sicher dass sowohl das Intervall zwischen a und b mit µ(x) = 1 als auch die steigenden Geraden der Streuung α und β jeweils anteilig berücksichtigt werden. Es ergibt sich in Abhängigkeit der Breite des Trapezes und der Streuung eine Flächenzahl. Diese Formel der Fuzzyzahl wird im weiteren Verlauf verwendet um linguistische Variablen in defuzzifizierte Zahlen zu konvertieren.

3.1.3 Lernverhalten von künstlichen neuronalen Netzen

Das Verhalten konventioneller Systeme und Algorithmen hat wenig mit „Lernen“ zu tun, wie es weitläufig verstanden wird. Die Erstellung möglicher und benötigter Grundlagen erfolgt durch Programmierung und damit statisch vorgegebenen Schlussfolgerungen. Erst das naturanaloge Lernen, also die Erweiterung lückenhaft beschriebener Algorithmen auf Basis von Analogisierungen und Optimierungen ist mit der menschlichen Kognition vergleichbar, jedoch noch lange nicht so perfekt.

In künstlichen neuronalen Netzen können verschiedene Lernverfahren genutzt werden. Die wichtigste Unterscheidung nach [KLKL11, S. 48] ist die Gliederung nach der Art des Ler- nens: das überwachte Lernen (supervised learning), das bestärkende Lernen (reinforcement learning) und das selbstorganisierte Lernen (self-organized learning). Beim bestärkenden Lernen wird dem Netz über verschiedene Verfahren eine „Richtung des Lernens“ vorgege- ben, das dann über interne Algorithmen versucht, sich in dieser Richtung einem Schwell- wert zu nähern [KLKL11, S. 48]. Das nicht-überwachte oder selbstorganisierte Lernen er- möglicht einem KNN eine Klassifikation von Objekten über zugehörige Inputvektoren vorzunehmen [KLKL11, S. 49], ohne dass zusätzliche Informationen in das Netz eingege- ben werden. Optimierungen werden durch das Netz selbst durchgeführt und es erfolgt keine Bewertung der Ergebnisse.

Bei der dritten Art des Lernens wird die Trainingsphase überwacht und dem Netz eine Rückmeldung gegeben, wie erfolgreich die Berechnungen waren. Dies erfolgt meist über Trainingssätze, die aus Input- und Outputvektoren bestehen und so ein Muster vorgeben, wie korrekte Ergebnisse zu berechnen sind [KLKL11, S. 48]. Diese Trainingsdaten werden genutzt, um die Gewichtungsfaktoren des Netzes so lange anzupassen, bis der Outputvek- tor korrekt ermittelt wird. Es gibt auch andere Ansätze der Lernprozesse, bspw. die Gene- rierung, Löschung und Modifikation von Neuronen oder das Erstellen und Entfernen von Neuronenverbindungen. Diese sind jedoch nicht so verbreitet wie die Abbildung der Lern- fähigkeit über die Gewichtungen, sie sind algorithmisch schwierig abzubilden [KRIE11, S. 54] und aufgrund der mangelnden Ähnlichkeit zum vorliegenden Sachverhalt nicht prakti- kabel einsetzbar.

Da das SLM in nachfolgenden Kapiteln auf das überwachte Lernen zurückgreifen wird, um das künstliche neuronale Netz zu trainieren, wird eine Auswahl an Lernverfahren vorgestellt, die unter diese Gruppe fallen. Jedes Modell hat Vor- und Nachteile und so sind diese für unterschiedliche Zwecke unterschiedlich gut geeignet.

3.1.3.1 Der Perzeptron-Lernalgorithmus

Das Perzeptron ist ein einfaches, einschichtiges, binäres neuronales Netz. Die Einfachheit des Netzes schliesst eine praktische Anwendung weitestgehend aus, für die Erläuterung und Darstellung von Lernprozessen bietet es jedoch einen guten Einstieg. Das einschichti- ge Perzeptron besitzt n Eingabeneuronen und m Ausgabeneuronen. In der nachfolgenden Beschreibung wird sich jedoch auf ein einzelnes Ausgabeneuron beschränkt, da bei vorlie- gen mehrerer Ausgabeneuronen diese aufgrund der Unabhängigkeit jeweils als ein eigenes Perzeptron-Netz mit denselben Eingabeneuronen betrachtet werden können. Die Be- schränkung auf ein einzelnes Ausgabeneuron vereinfacht die Darstellung und Erläuterung an dieser Stelle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Vereinfachtes Perzeptron

Das Perzeptron besteht demnach aus Eingabeneuronen, die entweder mit 0 oder 1 aktiviert sind. Dieser Aktivierungszustand wird gewichtet an das Ausgabeneuron weiter gegeben, wobei der Schwellwert Θ überschritten werden muss, um das Ausgabeneuron ebenfalls mit 1 zu aktivieren. Hierdurch können einfache boolsche Funktionen wie AND und OR abgebildet werden [KRIE11, S. 78].

Ein Lernalgorithmus im Perzeptron muss auf Basis von Trainingsdaten das Ergebnis der aktuellen Berechnung auswerten und bei fehlerhaftem Ergebnis die Gewichtungen nach oben oder unten korrigieren. Der von KRIESEL entworfene Pseudo-Code gibt diesen Algo- rithmus gut wieder.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Pseudo-Code eines Perzeptron-Lernverfahrens [KRIE11, S. 78]

[...]


1 Beispielsweise das Kommentar von H. Hipper am 15.02.2011, 11:34 Uhr zum Spiegel-Online-Artikel „Supercomputer Watson: Mensch und Maschine im Kopf-an-Kopf-Rennen“ vom 15.02.2011 [REHF11].

2 Dieser zweite Schritt könnte eine Forschungsarbeit oder eine Implementierung mit Praxisbezug in einem Unternehmen sein.

3 Bestes Beispiel ist das Telekommunikationsunternehmen Mannesmann, das früher in der Stahlproduktion tätig war und mittlerweile in Vodafone aufgegangen ist. Von den ursprünglichen Kompetenzen in der Stahlproduktion ist wohl nur noch wenig erhalten geblieben.

4 Auch die Identifikationsphase von [NORE05] kann analogisiert werden, denn diese beschreibt das Soll- Kompetenzprofil, das im Staffing Query individuell durch den Projektmanager definiert wird (siehe Kap. 4).

5 Mangels Alternativen bleibt bei weniger als zwei Werten keine Auswahl und damit ist keine Bewertung der Aussage mehr möglich.

6 Zu jedem Thema gibt es unzählige Ergänzungsliteratur, die der interessierte Leser zur Vertiefung nutzen kann. Eine kleine Auswahl findet sich im Literaturverzeichnis dieser Arbeit.

7 Nach LIPPE [LIPP06, S. 526] wird ein Fuzzy-Neuron definiert als „ ein Verarbeitungselement, welches aus einer Fuzzy-Eingabe, also einem Fuzzy-Vektor [ … ] mittels eines Gewichtsvektors [ … ] eine Fuzzy-Zahl er- zeugt “.

Ende der Leseprobe aus 144 Seiten

Details

Titel
Skill Lifecycle Management: Ein angewandtes künstliches neuronales Netz im Projektstaffing
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
144
Katalognummer
V198329
ISBN (eBook)
9783656245827
ISBN (Buch)
9783656253105
Dateigröße
3561 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
modellentwurf, skill, lifecycle, management, prozesses, optimierung, projektstaffings, verwendung, verfahren, model, Projektstaffing, projekt, künstliches, neuronales, netz, self enforcing network, SEN, Skill Matrix, Staffing Query, ressource allocation
Arbeit zitieren
Ralph Schimpf (Autor:in), 2012, Skill Lifecycle Management: Ein angewandtes künstliches neuronales Netz im Projektstaffing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198329

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