Mittelalterliche Götter- und Heldensagen als Basis für Tolkiens Roman "Die Kinder Húrins"


Facharbeit (Schule), 2010

30 Seiten, Note: 14


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1Vorwort

2Einführung
2.1 Einleitung
2.2 Der Inhalt von „Das Silmarillion“ bis zur Schlacht des Jähen Feuers
2.3 Der Inhalt von „Die Kinder Húrins“

3Motive im Handlungsverlauf von „Die Kinder Húrins“ und deren Entsprechungen in alten Sagen
3.1 Tolkiens Götterwelt
3.2 Túrins Herkunft
3.3 Tolkiens Adler
3.4 Der Mythos Schlacht
3.5 Túrins Kindheit und Ruhm in Doriath
3.6 Der Drachenhelm
3.7 Túrin bei den Geächteten
3.8 Der Zwerg Mîm
3.9 Der Mythos Schwert und die Schmiedekunst
3.10 Der Untergang von Nargothrond
3.11 Der Drache Glaurung
3.12 Túrins Heimkehr und die Halle Broddas
3.13 Die Tötung Glaurungs
3.14 Túrins Liebe zu Níniel und beider Tod

4Schluss

5Anhang
5.1 Das Haus Hador – Túrins Stammbaum
5.1 Karte von Mittelerde in den Ältesten Tagen
5.2 Literaturverzeichnis
5.3 Erklärung

1. Vorwort

Da ich beim Vergleich zwischen Tolkiens Werk und den alten, germanischen, nordischen Helden- und Göttermythen sowohl beim Einen wie beim Anderen auf Übersetzungen angewiesen bin, sei hier vorweg gesagt, dass sich meine Betrachtungen weniger auf Entsprechungen im genauen Wortlaut einzelner Textpassagen beziehen. Helmut W. Pesch ist einer der Übersetzer von „ Die Kinder Húrins “, der auch Tom Shippeys Werk „ Der Weg nach Mittelerde – wie J.R.R. Tolkien ‚Der Herr der Ringe‘ schuf “ übersetzt hat. In seiner Vorbemerkung zu diesem Werk spricht Pesch davon, dass es für die Analyse unvermeidlich ist, die englischen Orts- und Personennamen zu verwenden und dass gelegentlich auch englische Textpassagen zitiert werden müssen[1]. Einzelne Namen kann man deshalb zwar stimmig vergleichen, aber das Problem beim Arbeiten mit Übersetzungen macht genauere sprachliche Vergleiche in einer anderen Sprache als der Englischen größtenteils sinnlos, zumal die mittelalterlichen Heldensagen in fast unzählbar vielen Auflagen und Übersetzungen erhältlich, aber auch oft nicht vollständig überliefert sind. Obwohl gerade Tolkiens Erzählstil eines der wesentlichsten Elemente in seinen Werken ist und man bei einem Altanglisten, Altskandinavisten und Philologen, mit Kenntnissen in etlichen (alten) Sprachen, Mythologien und Literaturen, von einer besonderen Beziehung zum Erzählstil alter Heldenlieder sprechen kann[2], möchte ich mehr auf Inhalt, Stoffe und Motive eingehen, die Tolkien aus dem altnordischen, germanischen Sagenschatz entnommen hat. Bei den Zitaten aus den alten Sagen werde ich bei jeweils einer Ausgabe bzw. Überlieferung bleiben, aber die Sagen stammen natürlich nicht allein aus einem Sammelband.

2. Einführung

2.1 Einleitung

„Es gab eine Zeit (seitdem bin ich längst kleinlauter geworden), da hatte ich vor, eine Sammlung von mehr oder weniger zusammenhängenden Sagen zu schaffen, die von den großen, kosmogonischen, bis hin zum romantischen Märchen reichen sollten – die größeren auf den kleineren aufruhend, die kleineren um den Glanz des weiten Hintergrundes bereichert […] Ich wollte manche der großen Geschichten ganz ausführen, für viele andere aber nur ihren Platz im Zusammenhang bestimmen und es bei Skizzen belassen“[3]

Dieses Zitat aus einem Brief John R.R. Tolkiens, das sein Sohn Christopher im Vorwort zu „Die Kinder Húrins“ wiedergibt, zeigt die Zielsetzung Tolkiens auf, eine Sagensammlung zu schaffen, was er schließlich mit dem „Buch der verschollenen Geschichten“ und einzelnen Texten verwirklicht, die später von Christopher Tolkien unter dem Titel: „Das Silmarillion“ herausgegeben werden. Die „Narn i Chîn Húrin – Die Geschichte der Kinder Húrins“ ist eine von drei[4] Erzählungen, die Tolkien ganz ausgeführt und sie ist auch im Sagenzyklus vom Silmarillion enthalten. In dieser Geschichte finden sich viele Entlehnungen aus mittelalterlichen Sagen und Mythen, von denen einige hier herausgegriffen und verglichen werden.

Um ein ausreichendes Verständnis der Inhaltsangabe zu ermöglichen, sind von den tolkienschen Sagen[5], die der Handlung von „Die Kinder Húrins“ vorausgehen, einige Daten zu nennen. Auch Christopher Tolkien stellt den Ausführungen seines Vaters eine fünfzehnseitige Einführung mit dem Titel „Mittelerde in den Ältesten Tagen“[6] voran, welche Ausschnitte aus dem Silmarillion enthält. Dabei ist Tolkiens Schöpfungsgeschichte für die eigentliche Handlung in „Die Kinder Húrins“ nur insofern von Bedeutung, als dass dort der Ursprung des Bösen zu finden ist. Die Ereignisse – in erster Linie Kriegsgeschehen – kurz vor der Geburt des Hauptprotagonisten[7] sind etwas wichtiger, da seine Vorfahren hier entscheidende Rollen spielen. Die Inhaltsangabe des Silmarillions beschränkt sich deshalb auf einen groben Überblick und führt, in der Chronologie der Handlung, nur bis an „Die Geschichte der Kinder Húrins“ heran. Im Anhang befinden sich eine Karte, die Mittelerde zur Handlungszeit von „Die Kinder Húrins“ zeigt, sowie ein Stammbaum, der die Sippe Túrins illustriert.

2.2 Der Inhalt von „Das Silmarillion“ bis zur Schlacht des Jähen Feuers

„Das Silmarillion“ ist eine breite Sammlung von Sagen[8], die einen Zeitraum von über sechseinhalbtausend Jahren umspannen. Die ersten Kapitel handeln von lIúvatar[9] und den von ihm geschaffenen Ainur, die von den Elben Valar und von den Menschen Götter genannt werden. Die ersten der Ainur sind die beiden Brüder (im Geiste lIúvatars): Melkor und Manwe. Mit Melkor, dem ersten und ursprünglich mächtigsten der Ainur, kommt auch das Böse in die Welt, da dieser von dem Wunsch nach Macht und Untertanen beseelt ist. Im Folgenden versuchen die anderen Valar die Welt für die Ankunft der Erstgeborenen[10] vorzubereiten, wobei Melkor immer wieder deren Werke zerstört und die Elben schließlich in einer Welt des Krieges erwachen. Den letzten Ausweg sehen die Valar darin, sich in den äußersten Westen zurückzuziehen und die Erstgeborenen, die willens sind, mit sich zu nehmen, wobei der Rest von Mittelerde Melkor ausgeliefert bleibt. Nachdem Melkor die Silmarill[11] aus dem Land im Westen stiehlt, bricht ein Teil der Elben, die unter dem Schutz der Valar zu einem mächtigen Volk gewachsen sind, nach Osten auf, um die Silmarill wiederzuerlangen, jedoch nicht mit der Unterstützung der Valar. Die folgenden Kapitel berichten von der Ankunft der Nachkömmlinge[12] in Mittelerde und vom Krieg der Elben gegen Melkor, der von seinen Feinden nun Morgoth[13] genannt wird und auch nicht mehr zu den Valar gezählt wird. Sechs große Schlachten werden im Silmarillion beschrieben, wobei nach der dritten Schlacht ein Belagerungsring um die Festung Morgoths gelegt wird, der jedoch etwa vierhundert Jahre später, in der Schlacht des Jähen Feuers, von Glaurung, dem ersten und Vater aller Drachen, durchbrochen wird. Kurz nach der Niederlage der Elben in der Dagor Bragollach[14], in den Vorbereitungen für die fünfte große Schlacht, setzt die Geschichte der Kinder Húrins ein.

2.3 Der Inhalt von „Die Kinder Húrins“

Der Roman „Die Kinder Húrins“ erzählt vornehmlich die Geschichte von Húrins ältestem Sohn Túrin und setzt mit dem Aufbruch des Vaters zur fünften großen Schlacht der ältesten Tage ein[15]. Im Verlauf dieser Schlacht werden die Heere der Elben und Menschen geschlagen und Húrin wird von Morgoth gefangen genommen. Húrins Gefängnis bildet dabei ein Hochsitz auf den Eisenbergen, die die Festung Morgoths umschließen. Morgoth unterzieht Húrin der Folter, mit weitreichendem Blick alles Leid seiner Lieben zu sehen und zu hören. Nachdem die Schlacht der Ungezählten Tränen schlecht ausgeht, ist der junge Túrin gezwungen, aus seinem Heimatland, Dor-lómin, zu fliehen und wird von König Thingol von Doriath[16] als Ziehsohn aufgenommen. Im Reich von Doriath erwirbt sich Túrin großen Ruhm bei der Verteidigung der Marken, wobei er den Drachenhelm seines Urgroßvaters trägt und sein Anblick Panik in den Reihen seiner Gegner auslöst. Dort lernt er auch den Bogenschützen Beleg Cúthalion[17] kennen, der ein treuer Freund Túrins wird. Durch Eifersucht unter den Räten Thingols und einem daraus resultierenden Übergriff flieht Túrin aus Doriath und begegnet im Wald von Brethil einer Räuberbande, der er sich anschließt. Bald schon schwingt sich der charismatische Túrin zu deren Anführer auf und die Räuberbande beraubt fortan keine Menschen mehr, sondern stellt sich, mit kleinen Überfällen, gegen Morgoth. Eines Tages begegnen sie auf einem Streifzug dem Zwerg Mîm, welcher von ihnen ergriffen wird, und sich auslöst, indem er die Bande zu seinem Haus führt und sie dort beherbergt. Mîms Haus, das in einem Berg namens Amon Rúdh[18] ist, entwickelt sich schnell zum Hauptquartier der Bande, die inzwischen zu einem großen Heer angewachsen ist und der sich auch Beleg angeschlossen hat, der Doriath verlassen hat, um Túrin zu suchen. Das Land um den Amon Rúdh wird bekannt als das „Land von Bogen und Helm“, jedoch werden die Männer Túrins von Mîm verraten und im Amon Rúdh von Orks erschlagen. Túrin wird von den Orks abgeführt und Beleg wird dem Zwerg Mîm ausgeliefert, der einen besonderen Hass gegen Elben hegt. Beleg kann jedoch entkommen und macht sich gleich auf, um die Orks zu verfolgen, bis er sie schließlich einholt und Túrin mithilfe eines Elben, dem er unterwegs begegnet, nachts befreit. Als Beleg die Fesseln Túrins durchschneidet, verletzt er diesen leicht und Túrin schreckt aus seiner Bewusstlosigkeit und erschlägt Beleg, da er in dem Glauben ist, die Orks wollen ein Spiel mit ihm treiben. Belegs Schwert, das von einem Fluch beladen ist, wird daraufhin schwarz und Túrin behält es in tiefer Trauer. Zusammen mit dem Elben bricht er nach Nargothrond auf, einer großen Festung in einem Berg, wo er sich wiederum schnell zu einem der höchsten Ratgeber und Befehlshaber des dortigen Königs entwickelt. Mithilfe des Heeres von Nargothrond setzt er den Truppen von Morgoth auf ähnliche Weise zu, wie er es zuvor mit seiner Räuberbande tat; allerdings verrät er dadurch die bisher geheime Lage der Festung Nargothrond. Morgoth schickt darauf ein Heer unter der Führung des Drachens Glaurung, das Túrin angreift, das Heer Nargothronds vernichtet und anschließend nach Nargothrond zieht. Túrin kann jedoch entkommen und eilt ebenfalls nach Nargothrond, er kommt aber zu spät, denn die Festung ist bereits in Feindeshand. Bei seiner Ankunft, trifft er den Drachen an, der auf den Schätzen von Nargothrond ruht. Als er den Drachen angreifen will, blicken sie sich kurz in die Augen und Túrin fällt unter den Bann des Drachen, welcher ihn zwingt, in seine Heimat zurückzukehren, um dort seine Mutter aufzusuchen. Als Túrin in Dor-lómin ankommt, muss er feststellen, dass er von dem Drachen genarrt wurde und seine Mutter schon lange aus dem von Feinden regierten Dor-lómin fortgegangen ist. Dort tötet er den Führer der Ostlinge[19], und flieht nach Süden. Wieder im Wald von Brethil schließt er sich einer kleinen Gruppe von Widersachern an, wobei er wiederum bald deren Führer wird. Túrins Mutter, die nach Doriath geflohen ist, macht sich in der Zwischenzeit mit ihrer Tochter Nienor[20] und wenigen Elben auf, um ihren Sohn zu suchen. Die kleine Gemeinschaft gelangt nach Nargothrond, wo sie, bis auf Mutter und Tochter sowie dem Führer der Elben, dem Drachen zum Opfer fällt. Nienor fällt dabei unter den Bann des Drachens, verliert ihr Gedächtnis und flieht darauf in die Wälder, wo sie von Túrin, ihrem Bruder, gefunden wird. Túrin gibt ihr den Namem Níniel[21] und heiratet sie. In den letzten Kapiteln wird der Drache Glaurung von Morgoth ausgesandt, um die letzten freien Menschen in Brethil zu vernichten. Der Lindwurm kriecht dabei durch das Land und hinterlässt eine Schneise der Verwüstung, bis er schließlich eine schmale Schlucht überqueren muss, in der Túrin lauert und ihn von unten ersticht. Als Túrin sein Schwert aus dem Drachen zieht, spritzt Blut auf seine Hand und versengt sie, worauf er - geschwächt von den Strapazen - das Bewusstsein verliert. So wird er von Níniel gefunden, die ihn für tot hält. Der Drache, der bis zu diesem Zeitpunkt nicht ganz tot ist, spricht zu Níniel und nimmt, als er stirbt, den Bann von ihr, wodurch sie ihren Bruder erkennt. Aus Schmerz um den vermeintlichen Tod ihres „zweifach Geliebten“, stürzt sie sich in die Schlucht. Als Túrin erwacht, und erfährt, dass er seine Schwester geheiratet und sie sich ihr Leben genommen hat, stürzt er sich in sein Schwert. Die Geschichte endet mit der Begegnung von Túrins Mutter und Húrin[22], am Grabstein von Túrin und Nienor, wobei Túrins Mutter in den Armen ihres Mannes entschläft.

[...]


[1] Vgl. Shippey, Tom: Der Weg nach Mittelerde. Wie J. R.R. Tolkien „Der Herr der Ringe Schuf“. Stuttgart 2008, S.XVIII.

[2] Vgl. Ebd. Kapitel 2.

[3] Tolkien, J.R.R. / Tolkien, C.R. (Hrsg.): Die Kinder Húrins. Stuttgart 20078 (Auflage 2009), S.11.

[4] Beren und Lúthien, Die Kinder Húrins, Der Fall von Gondolin.

[5] Silmarillion.

[6] Tolkien, J.R.R. / Tolkien, C.R. (Hrsg.): Die Kinder Húrins. S.11-26.

[7] Túrin.

[8] Tolkien, J.R.R. / Tolkien, C.R. (Hrsg.): Das Silmarillion. Stuttgart 197712 (Auflage 2002).

[9] Eine Art „Hochgott“ bzw. „Höchstes Wesen“, das noch über den Ainur steht.

[10] Elben.

[11] wertvolle Steine, in denen das Licht der ersten Tage gefangen ist.

[12] Menschen.

[13] Elb. „Schwarzer Feind der Welt“.

[14] Elb. „Schlacht des Jähen Feuers“.

[15] Tolkien, J.R.R. / Tolkien, C.R. (Hrsg.): Die Kinder Húrins.

[16] Mächtiger Elbenkönig.

[17] Elb. „Langbogen“.

[18] Elb. etwa „Kahler Berg“.

[19] Böse Menschen, die Morgoth dienen.

[20] Túrin kennt seine Schwester nicht, da sie nach seiner Abreise aus Dor-lómin geboren ist. Elb. „Trauer“.

[21] Elb. „das Tränenmädchen“.

[22] Húrin wird, nach dem Tod von Túrin und Nienor, von Morgoth freigelassen.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Mittelalterliche Götter- und Heldensagen als Basis für Tolkiens Roman "Die Kinder Húrins"
Note
14
Autor
Jahr
2010
Seiten
30
Katalognummer
V198266
ISBN (eBook)
9783656244363
ISBN (Buch)
9783656245124
Dateigröße
1124 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mittelalterliche, götter-, heldensagen, basis, tolkiens, roman, kinder, húrins
Arbeit zitieren
Florian Zerhoch (Autor:in), 2010, Mittelalterliche Götter- und Heldensagen als Basis für Tolkiens Roman "Die Kinder Húrins", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198266

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