Martin Luther: Von der Freiheit eines Christenmenschen - Eine Textanalyse


Seminararbeit, 2009

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Der Protestantismus – einleitende Betrachtungen

2.1 Der Reformator Martin Luther
2.2 Luthers Doppelthese
2.3 Vom geistlichen Menschen
2.4 Vom leiblichen Menschen
2.5 Die ethische Richtlinie der Nächstenliebe

3. Zusammenfassende Gedanken: Luthers Werk unter neuzeitlicher Betrachtung

Verzeichnis verwendeter Literatur

1. Der Protestantismus – einleitende Betrachtungen

Weltweit leben heute etwa eine halbe Milliarde bekennende Protestanten.[1] Nach dem Katholizismus und dem Islam ist der Protestantismus die drittgrößte monotheistische Bewegung. Sich rasch im abendländischen Christentum ausbreitend, ging sie im 16.Jahrhundert aus Kontroversen über das Evangelium hervor. Einzig die Heilige Schrift sollte das Fundament des Glaubens bilden, was zu einem unausweichlichen Bruch mit dem Papst führte. Anhänger des Protestantismus sahen und sehen die Kirche in sich selbst, indem sie durch die Taufe zu Priestern werden.

Dieser Verantwortung gerecht zu werden, weiß der Protestant um seinen fehlenden Einfluss auf sein Heil und findet die Säulen seines Glaubens in der Heiligen Schrift und der Gnade Gottes. Somit kann er die Erlösung nicht durch Verdienste, Werke und Ämter erlangen, sondern einzig als eine Gabe Gottes. Im Gegensatz glauben Katholiken an ein durch Gott an den Menschen weitergegebenes Heilwirken: „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.“ (Matth. 16,19)

Kann nun ein geweihter Priester Beichte hören und in Gottes Namen vergeben, sodass auch Gott vergibt? Nicht im Protestantismus, der das Werk Gottes ohne menschliches Zutun durch Institutionen oder Ämter beschreibt. Dieser theologische Unterschied hatte die Differenzierung beider Konfessionen zu Folge. Der Glaube bedarf keines irdischen Mittlers, da sich die Heilige Schrift in absoluter Klarheit manifestiert hat. So sind evangelische Pfarrer Prediger, die das Wort Gottes an ihre Gemeinde richten und keinesfalls heilige Handlungen verrichten.[2]

Doch um den Protestantismus zu verstehen, ist es nötig seine Geschichte zu verstehen und somit auch die Eckpfeiler. Die freie Interpretation der Heilige Schrift durch einen jeden Gläubigen führt diese Religion in einen stetigen Wandel. So definiert sich der Protestantismus primär als Kirchenreform[3], legt aber auch Wert auf seinen Ausdruck der gelebten und andauernden Entwicklung seit der Renaissance.

Der Umbruch im 16.Jahrundert war gewaltig: Martin Luthers Kritik an Praktiken des katholischen Glaubens, welche vielfach aus Rom diktiert wurden, erregte enormes Aufsehen und fand im deutschen Volk gleichsam viel Zuspruch. Im Streit mit dem Vatikan verfasste Luther die Schrift, welche in dieser Arbeit thematisiert werden soll: „Von der Freiheit eines Christenmenschen“.

2.1 Der Reformator Martin Luther

Vor einer inhaltlichen Betrachtung des Werkes „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ ist es zunächst erforderlich, sich mit der historischen und biographischen Entstehungsgeschichte des Textes auseinanderzusetzen.

1483 geboren, beendet Luther 1505 das Studium der Grammatik, Rhetorik, Logik und Metaphysik, wendet sich jedoch nicht dem von seinem Vater gewünschten Beruf des Juristen zu, sondern tritt in Folge eines für ihn folgenreichen Gewitters dem Bettelorden der Augustiner im Erfurter Kloster bei. Hier nimmt er als geweihter Priester 1507 das Studium der Theologie auf, in welchem Luther 1512 promoviert und sich folgend der Lehrtätigkeit einer Theologieprofessur zuwendet.[4]

In dieser Position beschäftigt sich Luther eingehend mit der Frage nach der Gerechtigkeit Gottes und der menschlichen Rechtfertigung vor diesem. Hierbei übt er erste Kritik am Ablasshandel – dem Freikauf von Sünden. Luther argumentiert, dass dies einzig der Gnade und Barmherzigkeit Gottes obliege. Aus Protest hierauf schlägt der Theologe 1517 seine berühmten 95 Thesen an die Wittenberger Kirche. Der Heilige Stuhl reagiert mit einem Ketzerprozess, in dessen Folge der Reformator durch die Schriften „An den christlichen Adel deutscher Nationen“, „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“ und „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ eine Rechtfertigung zu geben versucht. Jedoch haben die Schriften auch die Ausformung einer autarken Theologie zu Folge, sodass Luther 1521 exkommuniziert wird.[5]

2.2 Luthers Doppelthese

Die Denkschrift besteht aus 30 in Sinnabschnitte gegliederten Thesen. In diesen beruft sich Luther fortwährend auf Jesus Christus und die Heilige Schrift.

In der ersten These äußert Luther seine zentrale Doppelthese, welche inhaltlich als Richtschnur für das gesamte Werk dient. „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan“.[251] Diesen Gegensatz führt Luther unter Berufung auf den ersten Korintherbrief des Apostel Paulus, der sich aus völliger Unabhängigkeit in die Rolle eines Sklaven aller begab.[6] Der Mensch ist demzufolge frei, um zu dienen. Schon hier greift Luther die Goldene Regel der Nächstenliebe als Urgebot des Glaubens auf.

Diesen von Luther formulierten Widerspruch findet Erklärung in der zweiten These: Der Christenmensch sei geprägt durch zwei Formen seiner Natur. Diese benennt er als „geistlicher und leiblicher“ [251] Teil und begründet somit gleichsam den Gegenspruch von der in der ersten These aufgeführten Freiheit und Abhängigkeit.

2.3 Vom geistlichen Menschen

Im Folgenden betrachtet Luther zunächst die geistliche Seite des Menschen und bezieht Stellung, indem er äußeren Dingen die Fähigkeit aberkennt, die Seele frei und fromm zu machen. Der seelische Zustand ist unabhängig von äußeren positiven als auch negativen Einflüssen.

Daran anlehnend wendet sich Luther in seiner vierten These gegen die klerikalen Verhältnisse seiner Zeit und definiert die zusammenfassende Grundlage, dass sich das Verhältnis zu Gott nicht durch den Körper, sondern durch den Geist auszeichnet. [252]

Anschließend legt er der Seele das Evangelium zugrunde. Einzig das Wort Gottes und der Glaube an Jesus Christus geben dieser einen Sinn. Die resultierende Freiheit kommt demzufolge nicht vom Menschen, sondern von Gott. Nur er kann der Seele ihren Daseinssinn geben, indem er seine Gnade walten lässt. [252-253]

Der Herr ließ Jesus Christus seine Worte predigen: Wer sich ihm widmet, wird Gnade erfahren und von seinen Sünden freigesprochen, denn Röm. 10,4 „Christus ist das Ende des Gesetzes, und jeder, der an ihn glaubt, wird gerecht.“ [253]

Diesen Glaubensweg beschreibt Luther in seiner siebenten These: Durch das Studium der Bibel stärkt der Christ seinen Glauben an den Sohn Gottes und eine Verinnerlichung der Gebote birgt die gepriesene Gnade Gottes. Hierzu dient Luther ein Zitat des Paulus, Röm. 10,10: „Daß man von Herzen glaubt, das macht einen gerecht und fromm.“ [254]

Der Reformator führt weiter aus, dass trotz Gesetzen und Geboten der Heiligen Schrift nur der Glaube frei und fromm macht. Dies begründet er mit der achten These, dass die Bibel zweierlei aufgebaut ist: Einerseits aus Geboten und Vorschriften, andererseits aus Zusagen. Die Gebote bringen den Menschen zur Erkenntnis, dass er diese nicht einhalten kann. Dies zeigt dem Menschen seine Fehlbarkeit auf und führt in gleichsam in die verheißenden Arme Gottes. [254-255]

Der Mensch, der sein Untauglichkeit erkannt hat, erkennt für sich keinen weiteren Ausweg und sieht in der Gnade Gottes und dem Glauben an dessen Sohn Jesus Christus die Vergebung. Diese Zusagen des Herrn bilden laut Luther die Grundlagen der Freiheit, wobei dies eine Rechtschaffenheit ist, die sich aus der Anerkennung der Existenz Gottes sowie dem Glaube an die Menschwerdung seines Sohnes ergibt. [255]

Der Glaube an die Wahrheit der Worte Gottes führt die Seele in eine absolute Harmonie und lässt den Christenmenschen zu einem Sohn des Herrn werden. Daher ist der Glaube das höchste Gut des Christen – nur dieser beeinflusst die Seele und leitet sie in ihrem Tun. Somit ist die christliche Freiheit bereits einzig durch den Glauben gegeben, sie bedarf keiner äußeren Taten, um existent zu sein. [256]

Das Ansehen unter den Menschen leitet sich einzig von der Frömmigkeit ab, so Luther in seiner elften These, wodurch ein gläubiger Christ seine Stellung auf Erden nach seinem Glauben an Gott ableiten kann. Ein Ungläubiger ist im Gegensatz ehrlos. Und ebenso verhält es sich auch mit dem Verhältnis Gottes zu den Menschen. Durch den Glauben zeigt der Mensch, dass er Gott für gerecht und fromm hält, sodass auch Gott diese Ehre zu teil wird. Zweifelt man jedoch an dem Wort Gottes, entehrt man diesen durch den Glauben an eigene Stärken. Hierdurch jedoch entsteht unbewusst ein Abbild des Herrn im Herzen des Ungläubigen, wodurch auch diesem die Stärke und Wahrhaftigkeit bewusst wird. Denn Gott ist es, der die Wahrheit in die Herzen legt. [256-257]

[...]


[1] Vgl. http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_761555703/Protestantismus.html

[2] Vgl. HÖFER, Josef/RAHNER, Karl (Hg.): Lexikon Theologie und Kirche, 2.überarbeitete Aufl., Bd.8, Freiburg 1963, S.817.

[3] Vgl. Ebd.: S.816.

[4] Vgl. HÖFER, Josef/RAHNER, Karl (Hg.): Lexikon Theologie und Kirche, 2.überarbeitete Aufl., Bd.6,.Freiburg 1961, S.1223.

[5] Vgl. Ebd.: S.1224-1227.

[6] Vgl. Paulus, 1.Kor. 9,19.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Martin Luther: Von der Freiheit eines Christenmenschen - Eine Textanalyse
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Institut für Theologie und Ethik)
Veranstaltung
Evangelische Theologie
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
16
Katalognummer
V198221
ISBN (eBook)
9783656242949
ISBN (Buch)
9783656246596
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Martin Luther, Luther, Christenmensch, Freiheit, Von der Freiheit eines Christenmenschen, Evangelische Theologie, Ethik, Theologie, Freiheit eines Christenmenschen
Arbeit zitieren
Eric Kresse (Autor:in), 2009, Martin Luther: Von der Freiheit eines Christenmenschen - Eine Textanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198221

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