Internationale Kapitalmobilität bei asymmetrischer Information


Diplomarbeit, 2003

71 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Internationale Kapitalmobilität
2.1 Realzinsunterschiede
2.2 „Home bias“
2.3 Feldstein-Horioka Paradoxon
2.4 Erklärungen für Kapitalimmobilität
2.4.1 Überblick über mögliche Erklärungen
2.4.2 Asymmetrische Information
2.4.3 Empirischer Nachweis der Relevanz von asymmetrischer Information
2.5 Zwischenfazit – keine perfekte internationale Kapitalmobilität

3. Modell für internationale Kapitalbewegungen
3.1 Drei Formen von Kapitalbewegungen
3.2 FPDI – Foreign Portfolio Dept Investment
3.2.1 Schlussfolgerungen zu den FPDI
3.3 FPEI – Foreign Portfolio Equity Investment
3.3.1 Schlussfolgerungen zu den FPEI
3.4 FDI – Foreign Direct Investment
3.4.1 Schlussfolgerungen zu den FDI
3.5 Zwischenfazit – Effizienz der Ungleichbehandlung

4. Subventionierung von Kapitalimporten

5. Erklärung der Hinweise auf Kapitalimmobilität
5.1 Realzinsunterschiede
5.2 „Home bias“
5.3 Feldstein-Horioka Paradoxon

6. Die Rolle der ausländischen Direktinvestitionen (FDI)
6.1 FDI-Modlell ohne inländischen Kreditmarkt
6.1.1 Wohlfahrtswirkungen
6.2 FDI-Modell mit inländischem Kreditmarkt
6.2.1 Wohlfahrtswirkungen
6.3 Zwischenfazit – negative Wohlfahrtseffekte möglich

7. Relevanz für wirtschaftspolitische Entscheidungen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: „Anteil der ausländischen Wertpapiere (Aktien und Bonds) an der gesamten Marktkapitalisierung“

Abbildung 2: „Über- und Untergewichtung gegenüber den effizienten Marktportfolios 1988-1997“

Abbildung 3: „“Savings retention coefficient“ für 16 OECD-Länder in unterschiedlichen Zeiträumen“

Abbildung 4: „“Savings retention coefficient“ für ausgewählte Ländergruppen und Zeiträume“

Abbildung 5: „Darstellung der Ergebnisse der Regressionsanalyse bezüglich Kapitalbewegungen und Informationsvariablen“

Abbildung 6: „Steuerbehandlung der unterschiedlichen Formen von Kapitalbewegungen“

Abkürzungsverzeichnis

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Symbolverzeichnis

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

1. Einleitung

Das Ausmaß der internationalen Kapitalmobilität ist für wirtschaftspolitische Entscheidungen von großer Relevanz, dabei wird in modelltheoretischen Überlegungen meist die Annahme der vollständigen Kapitalmobilität getroffen. Im Hinblick auf die in den letzten Jahren weit vorangeschrittene Integration der Finanzmärkte, scheint diese Annahme auch plausibel zu sein. Dennoch gibt es einige Hinweise darauf, dass der Grad der Kapitalmobilität noch relativ weit entfernt von einer vollständigen bzw. perfekten Kapitalmobilität ist. Diese Tatsache hätte dann auch wieder Auswirkungen auf die wirtschaftspolitische Entscheidungsfindung und deren Modellierung. „So kann beispielsweise bei sehr hoher internationaler Beweglichkeit von Kapital die Geldpolitik in ihren Wirkungen eingeschränkt sein und die Besteuerung von Kapitalerträgen lediglich zu einer Verlagerung von Geldanlagen ins Ausland führen.“[1] In dieser Arbeit soll die unvollständige Kapitalmobilität untermauert werden, wobei als Erklärung eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen inländischen Investoren und ausländischen Investoren gegeben wird. Diese soll Verwendung in der Modellierung von internationalen Kapitalbewegungen finden, wobei damit die Besteuerung von Kapitalerträgen bei unvollständiger Kapitalmobilität untersucht und außerdem die Funktion von ausländischen Direktinvestitionen näher betrachtet wird.

In Kapitel 2 werden unterschiedliche Tatbestände, die Hinweise auf unvollkommene internationale Kapitalmobilität geben, beschrieben. Außerdem werden mögliche Erklärungen für diese gegeben, die neben der asymmetrischen Information existieren. Die Marktunvollkommenheit der asymmetrischen Information, die in dieser Arbeit im Mittelpunkt steht, wird ebenfalls in Kapital 2 genauer erläutert. Anschließend wird in Kapitel 3 ein Modell für die unterschiedlichen Arten von internationalen Kapitalbewegungen entwickelt. Dieses Modell berücksichtigt explizit internationale Kapitalimmobilität, die aus asymmetrischer Information resultiert. Das wird Modell dazu benutzt, um Politikempfehlungen zur Besteuerung zu geben, die Ineffizienzen aufgrund der Kapitalimmobilität ausgleichen. Kapitel 4 greift daraufhin die angeregte Subventionierung von Kapitalimporten auf. Es folgt Kapitel 5, welches die in Kapital 2 aufgezeigten Hinweise auf international nicht perfekte Kapitalmobilität anhand des Modells aus Kapital 3 erklärt. Kapitel 6 beschäftigt sich genauer mit ausländischen Direktinvestitionen bei asymmetrischer Information, indem es das Modell aus Kapitel 3 erweitert.

2. Internationale Kapitalmobilität

Die Mobilität des Produktionsfaktors Kapital über nationale Grenzen hinweg wird dadurch getrieben, dass Investoren für ihr Kapital die höchstmögliche Verzinsung suchen. Ein anderer Grund für Investitionen im Ausland, der nicht unbedingt unter dem Gesichtspunkt von produktiveren Produktionsbedingungen zu sehen ist, verfolgt das Ziel, neue Absatzmärkte zu erschließen oder zu sichern. Perfekte internationale Kapitalmobilität ist dann zu attestieren, wenn Investitionsentscheidungen sich nur noch an dem Kriterium der Grenzproduktivität orientieren. Die Abwesenheit von institutionellen Barrieren und Schranken allein reicht dafür nicht aus. Es bedarf vielmehr eines Verhaltens der Wirtschaftssubjekte, welches zu einer ausschließlich an der Grenzproduktivität orientierten Allokation führt.[2] Das Kapital ist also nicht mehr an das Land gebunden, in dem es durch Konsumverzicht freigesetzt wurde.

Um zu zeigen, dass es mit der „textbook story of perfect capital mobility“[3] nicht weit her ist, werden im Folgenden drei Ansätze dargestellt, die die Immobilität des Kapitals über Ländergrenzen hinweg erkennen lassen. Abschnitt 2.1 behandelt die Unterschiede in den Realzinsen, Abschnitt 2.2 den „home bias“[4] in den Wertpapierportfolios und Abschnitt 2.3 zeigt das Feldstein-Horioka Paradoxon auf. Im Anschluss daran werden in Abschnitt 2.4 mögliche Erklärungen für Kapitalimmobilität gegeben , wobei besonders Augenmerk auf die asymmetrische Informationsverteilung gelegt wird. Abschnitt 2.5 zieht ein kurzes Zwischenfazit.

2.1 Realzinsunterschiede

In einer Welt mit perfekter internationaler Kapitalmobilität würde über alle Länder hinweg Gleichheit der Realzinsen herrschen. Bestehen keine institutionellen Barrieren für Kapital und auch sonst keine anderen Hemmnisse für die Wirtschaftssubjekte, würde jeder Unterschied in den Realzinsen durch Arbitrage abgebaut werden. Ein Nachweis für die Existenz von Realzinsunterschieden zwischen Ländern ist somit ein Hinweis darauf, dass Kapital international nicht vollkommen mobil ist. Überprüft man die Gleichheit von realen Zinssätzen zwischen Ländern empirisch, erhält man darüber Aufschluss. So ein Test wurde unter anderem von Mishkin[5] durchgeführt.

Der Reale Zinssatz für ein einjähriges festverzinsliches Wertpapier ist für jedes Land definiert als

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

, wobei der nominale Zinssatz des Wertpapiers [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], um die erwartete Inflationsrate [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]bereinigt, den Realzins [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] im Land j ergibt. Es handelt sich hierbei um die ex ante Version des realen Zinssatzes. Das Wertpapier wird vom Zeitpunkt t-1 bis t gehalten und die Inflationserwartung wird im Zeitpunkt t-1 gebildet. Der ex ante Realzins ist nicht beobachtbar. Der im Gegensatz dazu beobachtbare ex post Realzins [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ergibt sich aus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vom ex ante Realzins wird dabei lediglich der Vorhersagefehler der Inflation [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]abgezogen. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen tatsächlicher Inflationsrate [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]und der erwarteten Inflationsrate [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Hier fließt nun die Annahme der rationalen Erwartungen auf dem Wertpapiermarkt ein. Der Vorhersagefehler [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ist nicht prognostizierbar und somit ist

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], als die in t-1 verfügbare Informationsmenge, in die Erwartungsbildung einfließt. Für die Gleichheit der realen Zinssätze muss daher

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

für alle Länder i und j gelten. Daraus ergibt sich die Regressionsgleichung, die bezüglich der Null-Hypothese [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] zu testen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es wird also die Hypothese getestet, ob die Matrix [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], die alle Variablen der Informationsmenge[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]enthält, keinen Einfluss auf den Unterschied der ex post Realzinsen hat. Der Fehlerterm [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ist unter der Annahme der rationalen Erwartungen bei gegebener Information gleich Null ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]).

Für seine Studie benutzt Mishkin Quartalsdaten aus dem Zeitraum 1967 bis 1979 für die USA, Großbritannien, Kanada, die Niederlande, Frankreich, West-Deutschland und die Schweiz. Das Ausfallrisiko des beobachteten Wertpapiers verfälscht dabei die Untersuchung nicht, da es sich nur um einen einzelnen Emittenten handelt. Der Test wurde unter Verwendung von zwei unterschiedlichen Preisindizes durchgeführt. Zum einen mit einem Preisindex, der auf einem Konsumgüterbündel basiert, und zum anderen mit einem Preisindex, der auf handelbaren Gütern fußt. Dies ist notwendig um die Analyse auf Spar-Konsum-Entscheidungen aber auch auf Handelsentscheidungen zwischen Ländern beziehen zu können.

Als Ergebnis dieses Tests ergibt sich eine starke statistisch signifikante Ablehnung der Null-Hypothese, das heißt auf einem Signifikanzniveau von 1 %. Die Gleichheit der Realzinsen über die Länder hinweg muss daher entschieden abgelehnt werden, was ein Hinweis auf die nicht existierende perfekte internationale Kapitalmobilität ist.

2.2 „Home bias“

In den letzten Jahrzehnten ist die Deregulierung der internationalen Finanzmärkte weit vorangeschritten und hat damit auch die Möglichkeit für grenzüberschreitende Finanztransaktionen verbessert. So sollte man dann auch annehmen, dass die schon seit langer Zeit bekannten Gewinne aus der internationalen Diversifikation von Wertpapierportfolios zu eben dieser auch geführt haben. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr ist eine starke Verzerrung zugunsten von heimischen Wertpapieren („home bias“) zu verzeichnen.

Oberflächlich betrachtet könnte man einen anderen Eindruck gewinnen, da beispielsweise der grenzüberschreitende Kapitalfluss enorme Zuwachsraten zu verzeichnen hatte. Im Zeitraum von 1984 bis 1990 nahmen die Kapitalbewegungen von ca. 300 Mrd. USD auf rund 1700 Mrd. USD zu. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von ca. 34 %.[6] Betrachtet man den Anteil der ausländischen Wertpapiere an der gesamten Marktkapitalisierung, dann wird der „home bias“ deutlich (siehe Abbildung 1). Die hier betrachteten Länder hatten 1990 einen Anteil von rund 84 % am Weltaktienmarkt und einen Anteil von ca. 78 % am Weltmarkt für verzinsliche Wertpapiere. Somit stellen sie den Großteil des Weltkapitalmarktes dar. Mit Ausnahme von Kanada und den USA hat der Anteil der ausländischen Wertpapiere in den Portfolios zugenommen. Großbritannien ist in diesem Zusammenhang der Spitzenreiter. Hier hatten die ausländischen Wertpapiere bereits einen Anteil von annähernd einem Drittel am gesamten Portfolio. In den USA und Kanada kann man hingegen eher von einem relativ konstanten Anteil sprechen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1:

Anteil der ausländischen Wertpapiere (Aktien und Bonds) an der gesamten Marktkapitalisierung (in Prozent) [7]

Von Diversifikation in den Portfolios kann, wie man sieht, kaum gesprochen werden. Die Anteile der ausländischen Wertpapiere in den Portfolios sind überwiegend sehr klein und auch die enormen Zuwachsraten der internationalen Kapitalbewegungen spiegeln sich nicht in den Portfolios wieder. Obendrein scheinen die Investitionsentscheidungen für ausländische Anlagen kaum unter reinen Diversifikationsmotiven getroffen zu werden. Beispielsweise sind die Kapitalmärkte der USA und Kanadas hoch positiv miteinander korreliert. Trotzdem investieren Amerikaner und Kanadier sehr stark in den Markt des jeweils anderen Landes. 25 % der amerikanischen Portfolioinvestitionen im Ausland werden in kanadischen Papieren getätigt und sogar 71 % beträgt die umgekehrte Konstellation.[8] Eine Strategie der Portfoliodiversifikation würde ein anderes Bild ergeben. Hier würde verstärkt in die Märkte investiert werden, die schwach mit dem heimischen Markt korrelieren. In der Realität scheinen andere Faktoren, wie geographische Nähe oder starke Handelsverbindungen von größerer Bedeutung zu sein.

Für Deutschland im Speziellen ist das Phänomen des „home bias“ ebenfalls empirisch nachzuweisen. Abbildung 2 zeigt die Über- bzw. Untergewichtung der tatsächlich beobachteten deutschen Wertpapierportfolios[9] gegenüber den theoretisch effizienten Portfolios. Die Zusammenstellung der effizienten Portfolios erfolgte hierbei unter portfoliotheoretischen Gesichtspunkten. Rendite, Risiko und Renditekorrelationen sind als Determinanten zu nennen.Man erkennt deutlich, dass sowohl die Aktienmarktportfolios, wie auch die Rentenmarktportfolios eine sehr starke Übergewichtung zugunsten heimischer Anlagen aufweisen. Dies belegt den „home bias“ auch für Deutschland.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Über- und Untergewichtung gegenüber den effizienten Marktportfolios 1988-1997

Teilweise treten starke Untergewichtungen auf, die am stärksten in Bezug auf Japan und die USA ersichtlich werden. Interessanterweise treten weitere leichte Übergewichtungen nur innerhalb des Euro-Währungsraumes auf. Dies könnte als das Entstehen eines „home bias“ zugunsten von Euroland interpretiert werden.

Finanziell macht sich die mangelnde internationale Diversifikation durchaus bemerkbar. Die Referenzportfolios erzielen höhere Renditen als die tatsächlichen Portfolios der deutschen Anleger. Für den Zeitraum 1988 bis 1998 beziffern sich die Renditenachteile auf 0,05 bis 6 Prozentpunkten pro Jahr. Trotz dieser handfesten Vorteile der internationalen Diversifikation sind die nationalen Portfolios zugunsten heimischen Kapitalanlagen verzerrt. Auch für andere Länder in anderen Zeiträumen konnten Renditenachteile in ähnlichen Größenordnungen nachgewiesen werden.

2.3 Feldstein-Horioka Paradoxon

1980 veröffentlichten Martin Feldstein und Charles Horioka einen viel beachteten Aufsatz[11]. Hierin kamen sie zu dem Schluss, dass Kapital international relativ immobil ist. Dies stand im Gegensatz zu der damals vorherrschenden Meinung. Aufgrund der enormen Summen, die tagtäglich auf den stark integrierten internationalen Kapitalmärkten umgeschlagen wurden, glaubte man, dass die internationale Kapitalmobilität einen hohen Grad inne hatte. Dieser nun aufgeworfene Widerspruch zwischen hochgradig integrierten Kapitalmärkten auf der einen Seite und niedriger internationaler Kapitalmobilität auf der anderen Seite, ging als Feldstein-Horioka Paradoxon in die wirtschaftswissenschaftliche Literatur ein und war damit Auslöser für eine Reihe weiterer wissenschaftlicher Arbeiten.

Grundgedanke des Ansatzes von Feldstein und Horioka ist, dass bei perfekter internationaler Kapitalmobilität der Anstieg der Sparquote eines Landes zu einem Anstieg der Investitionstätigkeit in allen Ländern weltweit führen müsste. Das Ausmaß dieses Anstieges sollte dabei in den einzelnen Ländern von deren Gewicht in der Weltwirtschaft abhängen.[12] Ein relativ kleines Land erhält von dieser zusätzlichen Ersparnis einen sehr geringen Anteil, der nahe Null liegt, und ein Land mit einem großen Anteil an der Weltwirtschaft einen dementsprechend großen Anteil. „Die Sparquote eines Landes dürfte somit keine Determinante seiner Investitionsquote sein; eine Korrelation zwischen der Höhe der Sparquote dieses Landes und seiner Investitionsquote dürfte nicht existieren.“[13]

Um diese Hypothese zu überprüfen wird die folgende lineare Regressionsgleichung verwendet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Quotient [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]stellt die Investitionsquote des Landes i dar. I sind die Bruttoinlandsinvestitionen und Y das Bruttoinlandsprodukt. [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]ist die Sparquote, wobei S die Bruttoinlandsersparnisse sind. [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ist die Konstante der Gleichung, β1 ist der entscheidende Koeffizient, der die Beziehung zwischen Sparquote und Investitionsquote darstellt, und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ist die Störgröße. Bei perfekter Kapitalmobilität -also der Unkorreliertheit von Ersparnissen und Investitionen- müsste [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] sein und β1=0. Sind die beiden Größen nicht unabhängig, müsste β1 einen Wert größer 0 annehmen. Je größer der Koeffizient β1, desto geringer ist nach der Interpretation von Feldstein und Horioka die internationale Kapitalmobilität. Bei einem Wert von 1 wäre Kapital vollkommen immobil. Für β1 wurde in der Literatur auch der Begriff „savings retention coefficient“ geprägt. Die Interpretation dieses Koeffizienten als Gradmesser für die internationale Mobilität von Kapital ist jedoch sehr umstritten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: „Savings retention coefficient“

Die Studie von Feldstein und Horioka bezieht sich auf die Periode von 1960 bis 1974 und verwendet Jahresdaten von 16 OECD Ländern[14]. Für den Gesamtzeitraum, wie auch für die jeweiligen Fünfjahreszeiträume, muss die Hypothese der perfekten internationalen Kapitalmobilität (β1=0) abgelehnt werden (siehe Abbildung 3). Die Koeffizienten sind signifikant von Null verschieden, aber nicht von eins. Dies impliziert, laut Feldstein und Horioka, dass der Großteil der Ersparnisse in dem Land verbleiben, in dem sie durch Konsumverzicht entstanden sind.[15] Betrachtet man den Zeitraum von 1969 bis 1974, dann heißt dies, dass von jeder gesparten Geldeinheit 0,877 Geldeinheiten im Heimatland verbleiben. In nachfolgenden Untersuchungen wurde die enge Korrelation zwischen Ersparnissen und Investitionen bestätigt. Neuere Erkenntnisse lassen außerdem die Entwicklung im Zeitverlauf und auch die höhere Kapitalmobilität innerhalb von Staaten, wie der USA oder Deutschland, aber auch in der Europäischen Union[16] gut erkennen. Abbildung 4 zeigt, dass im Zeitverlauf die Kapitalmobilität zunimmt, also der β1-Koeffizient abnimmt. Dies ist in allen drei Ländergruppen zu verzeichnen. Des Weiteren zeigt sich, dass, je stärker eine

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: „Savings retention coefficient“ für ausgewählte Ländergruppen und Zeiträume

Ländergruppe integriert ist, desto stärker ist auch die Kapitalmobilität ausgeprägt. Die Europäische Gemeischaft weist, wenn man den „savings retention coefficient“ als Maß für Kapitalmobilität akzeptiert, den höchsten Grad an Kapitalmobilität, im Vergleich zu den OECD-Staaten und den Nicht-EG-OECD-Staaten, auf. Dies passt in das Bild, dass Europa ein stark integrierter Wirtschaftsraum ist und so auch über eine hohe Kapitalmobilität verfügt.

Versuche, die beobachtete, starke Korrelation zwischen nationalen Ersparnissen und nationalen Investitionen aufgrund von ökonometrischen Defiziten abzulehnen, können als gescheitert betrachtet werden.[17] Gezeigt wurde hingegen, dass die Betrachtung in der Form, wie sie Feldstein und Horioka durchgeführt haben, eine Neigung hin zu höheren Werten des β1-Koeffizienten hat. Dies fördert das Akzeptieren der Hypothese der Kapitalimmobilität.[18] Die Berechnung von Jahresdaten zeigt hierbei wesentlich niedrigere Regressionskoeffizienten mit erheblichen Schwankungen. Mit diesen Daten lässt sich auch die positive Entwicklung des Koeffizienten besser erkennen. Trotz alledem werden die bekannten Ergebnisse dadurch nicht widerlegt.

Anzuzweifeln ist aber die gezogene Schlussfolgerung aus dem hohen „savings retention coefficient“. Es ist zwar korrekt, von stark differierenden Spar- und Investitionsquoten auf eine hohe Kapitalmobilität zu schließen oder von einer Kapitalimmobilität auf identische Ersparnisse und Investitionen. Doch der Schluss, dass Kapitalmobilität zu Unterschieden zwischen Ersparnissen und Investitionen führen muss oder die Identität der beiden auf Kapitalimmobilität deutet, ist nicht notwendigerweise richtig.[19] Es wurden in diesem Zusammenhang Modelle entwickelt, die erklären, wie die beobachtete Korrelation auch trotz perfekter Kapitalmobilität entsteht. Der Feldstein-Horioka Ansatz kann daher nicht mehr als Gradmesser für internationale Kapitalmobilität verwendet werden. Als Hinweis auf diese reicht er jedoch immer noch aus.

2.4 Erklärungen für Kapitalimmobilität

Die vorhergegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass Kapital international nicht vollständig mobil ist. Der folgende Abschnitt soll nun dazu dienen, einen Überblick über die in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur verwendeten Erklärungen für internationale Kapitalimmobilität zu geben. Es zeigt sich dabei, dass die meisten dieser Erklärungen nicht in Lage sind, alle zuvor dargestellten Hinweise auf unvollständige Kapitalmobilität zu erklären. Die asymmetrische Verteilung von Informationen ist, wie später gezeigt wird, da eine Ausnahme zu sein.[20]

2.4.1 Überblick über mögliche Erklärungen

Eine erste mögliche Erklärung ist, dass Kapital international vollkommen mobil ist. Durch Schocks, wie beispielsweise Produktivitätssteigerungen oder anderes, werden Ersparnisse und Investitionen in einem Land in die gleiche Richtung beeinflusst. So ergibt sich die von Feldstein und Horioka beobachtete positive Korrelation zwischen diesen beiden Größen. Jedoch ist dies keine Antwort auf Realzinsunterschiede oder die mangelnde internationale Diversifikation der Investmentportfolios.

[...]


[1] Lapp (1996a), Seite1.

[2] Vgl. Lapp (1996a), Seite 1.

[3] Razin, Sadka, Yuen (1998), Seite 46.

[4] „Home bias“ meint die Neigung zu heimischen Kapitalanlagen in den Portfolios von Anlegern.

[5] Vgl. Mishkin (1984), Seite 1345 ff.

[6] Vgl. Tesar/Werner (1995), Seite 468.

[7] Die Daten in Abbildung 1 enthalten die Portfolios der privaten Haushalte, der Unternehmen und der Banken. Die Kapitalanlagen der öffentlichen Hand sind nicht enthalten. Im Falle Deutschlands ist auch der Bankensektor ausgeschlossen.

[8] Vgl. Tesar/Werner (1995), Seite 476.

[9] Die Studie bezüglich Deutschland konzentriert sich auf die Anlageentscheidungen der privaten Haushalte.

[10] Die Autorin hat Dänemark dem Euro-Währungsraum zugeordnet. Ich habe mir erlaubt dies in der Abbildung hier zu ändern.

[11] Felstein/Horioka (1980).

[12] Felstein/Horioka (1980), Seite 318.

[13] Lapp (1996a), Seite 2.

[14] Dabei handelt es sich um Australien, Österreich, Belgien, Kanada, Dänemark, Finnland, Deutschland, Griechenland, Irland, Italien, Japan, Niederlande, Neuseeland, Schweden, Großbritannien und die USA. Weitere 5 OECD-Länder mussten aus der Analyse ausscheiden, da sie innerhalb des Betrachtungszeitraumes Berechnungsmethoden in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung änderten. Dies waren Frankreich, Luxemburg, Norwegen, Spanien und die Schweiz.

[15] Feldstein/Horioka (1980), Seite 321.

[16] Zu dem Zeitpunkt der Untersuchung war es noch die Europäische Gemeinschaft (EG).

[17] Vgl. Lapp (1996b), Seite 18.

[18] Vgl. Sinn (1992), Seite 1169.

[19] Berthold/Modery (1994), Seite 496.

[20] Zu einem Großteil basiert dieser Abschnitt und vor allem Abschnitt 2.4.1 auf den Ausführungen Gordon/Bovenberg (1996), Seite 1058-1060.

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Internationale Kapitalmobilität bei asymmetrischer Information
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Volkswirtschaftslehre)
Note
2,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
71
Katalognummer
V19755
ISBN (eBook)
9783638238021
Dateigröße
887 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Internationale, Kapitalmobilität, Information
Arbeit zitieren
Arne Ahrens (Autor:in), 2003, Internationale Kapitalmobilität bei asymmetrischer Information, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19755

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