Die Übertragung der EU-Sozialstandards auf die Beitrittsländer im Rahmen der EU-Osterweiterung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

21 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Überblick über die Sozialstandards

3 Arbeitsbedingungen und –strukturen in den Beitrittsländern

4 Einige ausgewählte Mindeststandards
4.1 Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
4.2 Allgemeine Arbeitsbedingungen
4.3 Schutz bestimmter Personengruppen am Arbeitsplatz
4.4 Nicht-Diskriminierung einzelner Personengruppen

5 Möglichkeiten und Probleme einer Harmonisierung
5.1 Drei ordnungspolitische Konzepte
5.1.1 Das Wettbewerbskonzept
5.1.2 Das Harmonisierungskonzept
5.1.3 Das Konzept eines funktionsfähigen, insbesondere sozialverträglichen Wettbewerbs
5.2 Probleme bei einer Harmonisierung

6 Kurzer Abriss des aktuellen Stands Polens

7 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Types of Labor Standards

Abb. 2: Average weekly working hours

Abb. 3: Work-related health problems

1 Einleitung

Bereits Winston Churchill erklärte 1946 nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges: „Wenn Europa eines Tages vereint wäre in der Teilhaberschaft an seinem gemeinsamen Erbe, dann wäre seinen 300 oder 400 Millionen Menschen unendliches Glück, Wohlstand und Ruhm beschieden.“[1]

Nach Jahren etlicher Verhandlungen öffnen sich jetzt im kommenden Jahr für zehn weitere Beitrittskandidaten[2] die Tore zur EU. Dies bedeutet eine große Herausforderung für alle beteiligten Staaten, aber auch ein weiterer Schritt hin zur Verwirklichung von Churchills einstiger Vision.

Die europäische Integration und diesbezüglich insbesondere die Koordination der europäischen Sozialpolitik stehen im Laufe dieses EU-Osterweiterungsprozesses immer mehr im Brennpunkt des Interesses. So stellt sich zum einen die Frage nach einer geeigneten Koordinierung der verschiedenen sozialen Sicherungssysteme, zum anderen die Frage nach einer Harmonisierung der Arbeitsbedingungen im Inneren der EU[3].

Im folgenden soll ausschließlich letzterer Frage nachgegangen werden, da dieser Aspekt eine besondere ökonomische Brisanz in sich trägt und die sozialen Sicherungssysteme einen zu umfassenden Themenkomplex für den hier vorgegebenen Rahmen darstellen.

Zunächst werden einige wichtige, für diese Arbeit relevante, Sozialstandards genannt. Ausgehend von einem kurzen Überblick über die Situation der Arbeitsbedingungen und -strukturen in den zukünftigen Mitgliedsländern werden daraufhin einige grundlegende Mindeststandards und ihre Übertragung auf die Beitrittsländer ausführlich diskutiert. Anschließend werden drei verschiedene ordnungspolitische Konzepte zur Verwirklichung einer supranationalen Sozialpolitik in der EU skizziert.

Den Abschluss bildet eine Betrachtung über die erörterte Problematik der Übertragung der EU-Sozialstandards im Sinne einer Harmonisierung und ein kurzer Überblick über den aktuellen Stand Polens in ein paar der angesprochenen Bereiche.

2 Überblick über die Sozialstandards

Ein zunehmend wichtigeres Ziel im Hinblick auf die Osterweiterung besteht in der Konsolidierung der Sozialstandards innerhalb der gesamten EU. Es wurden bereits etliche Rechtsvorschriften erlassen, darunter die Sozialcharta im Jahre 1989, die eine Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer darstellt[4]. Das Augenmerk liegt hierbei auf einer Verbesserung der Bedürfnisse von Arbeitnehmern in der EU und damit auf einem reibungsloseren Funktionieren des Binnenmarktes. Unter den in der Charta verankerten Sozialstandards lassen sich auszugsweise das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer[5], das Recht auf gleiche Lebens- und Arbeitsbedingungen (siehe Abb. 1), die Verbesserung selbiger durch angemessene Arbeitszeiten und Arbeitsgestaltung, das Recht auf Sicherheits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, das Recht auf Mitwirkung der Arbeitnehmer bei grundlegenden Entscheidungen[6], die Sicherstellung des Kinder- und Jugendschutzes mit Hilfe von beispielsweise Höchstarbeitszeiten, die Gleichstellung von Männern und Frauen sowie die Bekämpfung von Diskriminierungen nennen[7].

Die Harmonisierung der Arbeitsbedingungen ist nun ein Versuch, die individuellen diesbezüglichen Regulierungen der Länder einander anzupassen, damit eine tiefere Integration erzielt wird[8]. Anstrengungen dieser Art sind dabei nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern auch durchaus in anderen Staatenverbunden zu beobachten[9].

3 Arbeitsbedingungen und –strukturen in den Beitrittsländern

Im Jahre 2001 wurde von der „European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions“[10] eine Umfrage unter den 12 aktuellen Kandidatenländern[11] hinsichtlich der dortigen Arbeitsbedingungen durchgeführt. Um die Ergebnisse direkt mit jenen der bisherigen EU-Mitgliedsstaaten aus dem Jahre 2000 vergleichbar zu machen, wurden die Fragebögen identisch gestaltet. Durch diese Umfrage werden einige wichtige strukturelle Unterschiede zwischen den neuen Beitrittsländern und den EU-Mitgliedsstaaten herausgearbeitet, was dem Leser ermöglicht, einen ersten Eindruck der vorliegenden Ausgangssituation zu gewinnen.

Ein Punkt, der sofort ins Auge springt, ist die noch relativ hohe Konzentration im landwirtschaftlichen Sektor. So arbeiten rund 21% in den neuen Beitrittsländern in der Landwirtschaft verglichen mit nur 5% in den derzeitigen EU-Mitgliedsstaaten. Dementsprechend arbeitet auch eine geringere Anzahl an Arbeitern (31% verglichen mit 35% in der EU) in den höher-qualifizierten Sektoren. Was die Arbeitszeit anbelangt, wurde im Rahmen der Umfrage deutlich, dass die Arbeitnehmer in den Beitrittsländern durchschnittlich 44,4 Stunden pro Woche arbeiten im Vergleich zum EU-Durchschnitt von „nur“ 38,2 Stunden (siehe Abb. 2). Zudem arbeiten in den zukünftigen Mitgliedsländern nur 7% in Teilzeit gegenüber 17% in der EU. Die Stunden pro Tag, welche erstere Arbeitnehmergruppe durchschnittlich ableistet, liegen bei 44% der Befragten über 10 Stunden täglich. Unsoziale Arbeitszeiten wie Schichtarbeit und Nachtarbeit sind in den neuen Beitrittsländern keine Seltenheit. So arbeiten sogar 37% der Arbeitnehmer in den EU-Osterweiterungsstaaten sonntags, rund 10% mehr als in der derzeitigen Europäischen Union. In bezug auf das Zusammenspiel Gesundheit und Arbeit sehen, laut Umfrageergebnissen, 40% der Arbeitnehmer der Beitrittsländer ihre Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz gefährdet, verglichen zu nur 27% in den EU-Mitgliedsstaaten. Die häufigsten genannten gesundheitlichen Probleme sind allgemeine Ermüdungserscheinungen (41%), Rückenschmerzen (34%), Stress (29%) und Schmerzen im Nacken und in den Schultern (24%) (siehe Abb. 3).

[...]


[1] Vgl. Arens, Heinz-Werner (1997), S.5.

[2] Am 1. Mai 2004 werden der Europäischen Union Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Zypern und Malta beitreten. Bulgarien und Rumänien könnten 2007 Mitglieder der EU werden und die Türkei hat bisweilen einen Kandidatenstatus inne (vgl. Broschüre „Europa 2003“, herausgegeben vom Europäischen Parlament).

[3] Vgl. Feldmann, Horst (2000), S. 405f..

[4] Vgl. Lampert, Heinz/Althammer, Jörg (2001), S. 412.

[5] Wird im folgenden nicht näher behandelt - Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist Thema des Kapitels 2 des Acquis Communautaire und bedeutet die Gewährleistung des freien Verkehrs von Arbeitnehmern innerhalb der Europäischen Union. Die Freizügigkeit kann allgemein fünf Jahre eingeschränkt werden, wovon u.a. Deutschland Gebrauch macht, um seine Arbeitsmärkte im Zuge der Osterweiterung nicht durch arbeitssuchende Menschen zu belasten (vgl. Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung, Artikel über EU-Basics, (2002)).

[6] Wird im folgenden nicht näher behandelt - Die Einrichtung eines Europäischen Betriebsrats zur besseren Durchsetzung des Anspruchs auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen fällt z.B. unter diesen Punkt (vgl. Richtlinie 94/45/EG u. 97/74/EG).

[7] Vgl. Lampert, Heinz/Althammer, Jörg (2001), S. 412f..

[8] Vgl. Golub, Stephen (1997), S. 14.

[9] Siehe diesbezüglich die Gründung der „International Labor Organization“ im Jahre 1919 und die Bemühungen der „World Trade Organization“.

[10] Zu deutsch „Europäische Stiftung zur Verbesserung von Lebens- und Arbeitsbedingungen“.

[11] In diesen 12 Ländern sind neben den 10 oben genannten Ländern, die bereits 2004 der EU beitreten werden, auch Bulgarien und Rumänien miteingeschlossen, welche voraussichtlich erst im Jahre 2007 Mitglieder der EU werden.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Übertragung der EU-Sozialstandards auf die Beitrittsländer im Rahmen der EU-Osterweiterung
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (VWL)
Note
2,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V19745
ISBN (eBook)
9783638237956
Dateigröße
746 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
EU-Sozialstandards, Beitrittsländer, Rahmen, EU-Osterweiterung
Arbeit zitieren
Heike Kammerer (Autor:in), 2003, Die Übertragung der EU-Sozialstandards auf die Beitrittsländer im Rahmen der EU-Osterweiterung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19745

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