Gattungen und Gattungssysteme


Seminararbeit, 2008

25 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

1. Definiton

2. Literarische Situation und Zensur

3. Lyrik
3.1 barocke Tradition
3.2 Rokoko Dichtung
3.3 eigentliche Aufklärungslyrik

4. Fabel

5. Theater
5.1 Comedia antigua
5.2 Comedia nueva
5.3 Spanische Musiktheater

6. Prosa
6.1 Essay
6.2 Journalismus und Presse
6.3 Cartas Marruecas von José Cadalso
6.4 Schreibende Frauen im 18. Jahrhundert

7. Schlusswort

8. Bibliographie

Einleitung

In meiner Proseminarbeit für den Kurs Die Aufklärung in Spanien: Fiktion, Religion, Gender, Stand möchte ich mich in meiner Arbeit mit dem Thema der Gattungen und Gattungssysteme beschäftigen.

Hierbei werde ich im Folgenden Bezug auf die historische Ebene nehmen, um so bevorzugte und benachteiligte Gattungen des spanischen Literatursystems während der Aufklärung, darzustellen, aber eben auch im Vergleich mit der Entwicklung in anderen europäischen Ländern dieser Zeit.

Dies werde ich anschließend auch anhand der Theorie Ebene darstellen, um zuerst eine Definition des Begriffes zu geben und die Entstehung der verschiedenen Gattungen nachvollziehbar zu machen.

Abschließend möchte ich mich mit der Frage beschäftigen, welches nun die Gattungen sind, die am besten die literarische Vernunft transportieren und somit zum Hauptmedium der Aufklärung werden.

1. Definition

Der Begriff Gattung wird in der Literaturwissenschaft zur Bezeichnung der drei traditionellen Großbereiche der Literatur (Lyrik, Drama und Erzählliteratur) verwendet und dient zur Ordnung und Klassifikation von Literatur.

Weiter unterscheidet man die verschiedenen Unterklassen (Sonett, Novelle, Kurzgeschichte, Essay, Ode; Ballade usw.)

Gattungen stellen offene Systeme dar, deren Charakter nur durch eine Vielzahl von unterschiedlichen formalen, strukturellen und thematischen Kriterien beschrieben werden kann.[1]

Ansätze zu einer Theorie der Dichtungsklassen finden sich schon bei Aristoteles und Horaz. Im 18. Jahrhundert spitzte sich die Theoriediskussion auf die Frage zu, ob es noch eine vierte Gattung, die Didaktik gäbe.

Die Einteilung in die drei Hauptgattungen festigte sich im 19. Jahrhundert und dient auch heute noch zur Klassifizierung von literarischen Werken.[2]

Der Begriff Aufklärung steht nicht nur für einen ideologisch-kritischen Begriff, sondern bezeichnet er auch eine gesamteuropäische Epoche, wobei die Bewegung unterschiedlich stark ausgeprägt war. Es ging um eine kritische Betrachtung der überlieferten Weltanschauung und infolgedessen um eine Neuordnung der bislang geltenden Werte. Zentraler Punkt der Aufklärung war die Vernunft. Der Mensch sollte sich seinen eigenen Verstandes bedienen und nicht nur den Autoritäten folgen.

Die Frage nach der Reichweite der Aufklärung in Spanien ist heute ein umstrittener Punkt. Weitaus entschiedener als in anderen Ländern stellt sich hier die katholische Kirche den neuen Lehren entgegen. Das Bezeichnende für die spanische Aufklärung ist wohl, dass die Kirche als Institution nicht gänzlich in Frage gestellt wurde, sondern man kritisierte nur Missstände, wie Korruption und Aberglaube.

In Frankreich und Deutschland bedeutete Aufklärung die Distanzierung von Gott. In Spanien hingegen versuchte man eine Verbindung, ja ein Miteinander zwischen Vernunft und Glaube zu finden.[3]

Radikale Veränderungen blieben jedoch aus, so gab es keine industrielle Revolution wie in England. Es gab keine tief greifenden Veränderungen der feudalen Verhältnisse in der Landwirtschaft, oder im Ständegefüge, wie es in Frankreich der Fall war.

In Spanien bezogen sich die neuen Ideen nicht auf sozialpolitische Themen, sondern begrenzten sich auf die Wirtschaft.

Zentrum der neuen Entwicklungen war Madrid, das sich, durch die zahlreichen Reformen von Carlos III von einem armseligen Städtchen zu einer europäischen Metropole entwickelte.[4]

2. Literarische Situation und Zensur:

Im Laufe des 17. Jahrhunderts verlor Spanien an politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Diese Tendenz setzte sich während des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) und unter der Herrschaft der Bourbonen zwischen 1700 und 1759 fort. Dementsprechend stagnierte auch die Entwicklung der Literatur

Zu Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Verbreitung geschriebener Texte durch einige Hindernisse erschwert. Hochwertige Papiersorten mussten importiert werden und die Druckerzeugnisse waren von nur mangelhafter Qualität.

Auch hier zeigte sich Carlos III als bedeutender Reformator: Er passte den spanischen Buchdruck dem europäischen Standard an. Durch gezielte Fördermaßnahmen stieg die Zahl der Druckereien und Buchhandlungen unter seiner Herrschaft rasch an. Dies galt vor allem für die Hauptstadt Madrid.

Jedoch waren die Bücher noch immer so teuer dass sie sich die Mehrheit nicht leisten konnte. Außerdem wurde die rasche Ausweitung des Buchmarktes durch die doppelte Zensur gehemmt. Bereits seit dem 16. Jahrhundert war es notwendig für jedes Druckerzeugnis eine staatliche Genehmigung einzuholen. Die grundlegenden Normen, die eingehalten werden mussten, waren lediglich, Kirche und Krone zu respektieren.

Verstöße wurden strengstens bestraft: Drucker und Buchhändler, die verbotene Texte druckten oder verkauften, wurden verbannt und enteignet. In manchen Fällen drohte sogar die Todesstrafe.

Zusätzlich wurden dann noch die bereits gedruckten Schriften kontrolliert, dies erfolgte allerdings durch die Kirche. Insbesondere die gefährlichen Exporte aus Frankreich wurden genauestens begutachtet. Unter anderem standen die Schriften von Rousseau und Descartes auf dem Index.[5]

Doch die bereits strengen Kontrollen sollten im Laufe des Jahrhunderts noch ausgeweitet werden. 1788 starb mit Carlos III der Schutzherr der spanischen Aufklärung, sein Sohn Carlos IV war ein vergleichsweise schwacher Herrscher.

Zunächst ließ er die aufklärerischen Minister in ihrem Amt, doch als ein Jahr später die Französische Revolution ausbrach, reagierte er in Panik. Als Mitglied des spanischen Bourbonen Haus musste er mit ansehen wie in Frankreich seine Familie vom Thron verjagt wurde und befürchtete das Selbe könnte in Spanien passieren. Als Folge wurden die Grenzen nach Frankreich geschlossen und alle aufklärerischen Bewegungen wurden als revolutionär eingestuft. Die Zensur wurde augenblicklich verschärft und die Kontrollen des Bücherimportes verstärkt. Die Inquisition erhielt mehr Machtbefugnisse und ging stärker gegen die von außen ins Land gelangenden Strömungen vor.[6]

Die Kontrollen konntenjedoch häufig umgangen werden und die verbotenen Bücher ins Land geschmuggelt werden. Zu den wichtigsten Umschlagplätzen solcher Druckwerke zählten Barcelona, Valencia, Bilbao und Cádiz.[7]

Doch die aufklärerischen Ideen konnten innerhalb Spaniens nicht so schnell verbreitet werden, da neben dem Buchdruck auch das Pressewesen, anders als in England und in Frankreich, nicht ausgereift waren. Die bekanntesten Zeitungen El Censor und El Pensador hatten nur eine geringe Reichweite.

Das zeitweilige Verbot der gesamten Presse war für die Verbreitung von aufklärerischen Ideen eine starke Behinderung.

Obwohl ausländische Bücher immer wieder heimlich ins Land geschmuggelt werden konnten benötigten die Inquisitoren jedoch oftmals mehrere Jahrzehnte um ein importiertes Werk zu verbieten. Die spanischen Intellektuellen waren somit stark den Schikanen der kirchlichen Institutionen ausgesetzt.[8]

Unter anderem Jovellanos, welcher sich ein Leben lang für ein gerechtes Justizsystem einsetzte, der ohne jemals einen Prozess zu erhalten, schließlich einfach weggesperrt wurde. Zudem auch noch ein ehemals hoher Beamter von Sevilla und Freund Jovellanos', Pablo de Olavide, an dem sich der Klerus wegen den Vorwürfen am Motin de Esquilache Schuld gewesen zu sein, rächen wollte. Gegen ihn wurde 1776 ein Inquisitionsprozess geführt. Die Nachricht, dass ein Verfechter der neuen Ideen auf derartige Weise schikaniert wurde, trug zu dem Bild des verstaubten, dunklen, mittelalterlichen Spaniens bei.[9]

Die spanische Kultur im 18. Jahrhundert kann allgemein als Kultur von einigen wenigen Gebildeten bezeichnet werden.

In der zweiten Jahrhunderthälfte versuchte Spanien den Impulsen aus dem Ausland zu folgen und sich an den internationalen Debatten zu beteiligen. Man richtete das Augenmerk nun besonders auf Frankreich und England, aber auch der Einfluss Italiens auf die spanische Kultur ist nicht zu vergessen, z.B. mit dem Minister Esquilache.

Neu war vor allem, dass sich jetzt hauptsächlich um didaktische Werke handelte, die nun zu ihrer Entfaltung kamen. 1713 wurde die Real Academia Espanola gegründet. Auch in den einzelnen Provinzen formierten sich literarische Akademien, so wie in Barcelona (1729). Zu den Höhepunkten der aufklärerischen Literatur in Spanien zählen wohl die Cartas Marruecas von Cadalso, sowie die Werke des Liberalen und Dichters Manuel de Quintana.

Die spanische Aufklärung blieb so nur auf eine kleine gebildete Minderheit begrenzt, und betraf die große Masse der Landbevölkerung nicht, was sich vor allem mit der vergleichsweise hohen Analphabetenrate erklären lässt. Nach 1750 gab man die Zahl der Analphabeten im Land mit 75% an.[10]

3. Lyrik

Nicht ohne Berechtigung ist die Auffassung vertreten worden, dass im Spanien des 18.Jahrhundert, wo sich der Roman nicht richtig entfalten konnte, und das Theater nur mit mittelmäßige Leistungen aufwartete, die Lyrik das Medium zur fortschrittlichsten geistigen Auseinandersetzung wurde.

Wie in den anderen Gattungen machte sich auch hier der Paradigmenwechsel vom Spätbarock zum Neoklassizismus deutlich bemerkbar.

Durch die Ankunft der Bourbonen veränderten sich die Kommunikationsbedingungen des Landes. Die spätbarocken Formen, denen vor allem die Lyrik Góngoras zugrunde lag, konnten bis in die achtziger Jahre weiter bestehen, wurden aber dann im Rahmen des neuen Diskursfeldes nach und nach verdrängt.

Die eigentliche aufklärerische Dichtung konnte sich erst in den letzten beiden Jahrzehnten des Jahrhunderts entfalten.

Somit lassen sich folgende Phasen der Lyrik im 18. Jahrhundert festlegen:

1. Fortleben der barocken Tradition (bis ca. 1750)
2. Rokoko-Dichtung (1750-1770
3. Eigentliche Aufklärungslyrik (ab 1770)

3.1 barockeTradition

Die Barockdichtung konnte sich auch im 18.Jahrhundert mit Themen und Formen des Siglo de Oro halten. Die Dichtung stand bis etwa zur Jahrhundertmitte noch ganz unter dem Einfluss der barocken Vorbilder wie Góngora und Quevedo. Häufig waren es Lobgedichte an die Herrscher.

[...]


[1] vgl. Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Stuttgart: 2004, 3.Auflage (S.209)

[2] vgl. Metzler Literaturlexikon- Begriffe und Definitionen. Stuttgart:1990 (S.169)

[3] vgl. Neuschäfer, Hans-Jörg [Hrsg.] : Spanische Literaturgeschichte / unter Mitarb. von Sebastian Neumeister, Hrsg. von Hans-Jörg Neuschäfer . - 3., erw. Aufl. . - Stuttgart [u.a.] : Metzler , 2006 (S.185f)

[4] vgl. Neuschäfer, Hans-Jörg [Hrsg.] : Spanische Literaturgeschichte / unter Mitarb. von Sebastian Neumeister, Hrsg. von Hans-Jörg Neuschäfer . - 3., erw. Aufl. . - Stuttgart [u.a.] : Metzler, 2006 (S.187f)

[5] vgl. Neuschäfer, Hans-Jörg [Hrsg.] : Spanische Literaturgeschichte / unter Mitarb. von Sebastian Neumeister, Hrsg. von Hans-Jörg Neuschäfer . - 3., erw. Aufl. . - Stuttgart [u.a.] : Metzler, 2006 (S.201)

[6] vgl. Neuschäfer, Hans-Jörg [Hrsg.] : Spanische Literaturgeschichte / unter Mitarb. von Sebastian Neumeister, Hrsg. von Hans-Jörg Neuschäfer . - 3., erw. Aufl. . - Stuttgart [u.a.] : Metzler, 2006 (S.187)

[7] vgl. Ertler, Klaus-Dieter: Kleine Geschichte der spanischen Aujklärungsliteratur. Tübingen: Narr Verlag, 2003 (S.42)

[8] vgl. Ertler, Klaus-Dieter: Kleine Geschichte der spanischen Aufklärungsliteratur. Tübingen: Narr Verlag, 2003 (S.41)

[9] vgl. Neuschäfer, Hans-Jörg [Hrsg.] : Spanische Literaturgeschichte / unter Mitarb. von Sebastian Neumeister, Hrsg. von Hans-Jörg Neuschäfer . - 3., erw. Aufl. . - Stuttgart [u.a.] : Metzler, 2006 (S.187)

[10] vgl. Schmidt, Peer (Hrsg.): Kleine Geschichte Spaniens. Stuttgart: Reclam 2002 (S.241f)

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Gattungen und Gattungssysteme
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
PS Literaturwissenschaftliches Proseminar II Spanisch - Die Aufklärung in Spanien: Fiktion, Religion, Gender, Stand
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V197423
ISBN (eBook)
9783656235514
ISBN (Buch)
9783656237051
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufklärung Spanien, Gattungen, Gattungssysteme, Theater, Prosa, Essay, Cadalso, Lyrik, schreibende Frauen, 18. Jhd, Journalismus, Presse, Cartas Marruecas, Musiktheater, Comedia antigua, Comedia nueva, Uni Wien, Romanistik, Sophie Houriez
Arbeit zitieren
Sophie Houriez (Autor:in), 2008, Gattungen und Gattungssysteme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197423

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