Verteilungswirkung staatlicher Steuer-, Transfer- und Güterbereitstellungspolitik


Seminararbeit, 2012

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen der Verteilungspolitik
2.1 Ziele der Verteilungspolitik
2.1.1 Verteilungspolitik als abgeleitetes Ziel
2.1.2 Verteilungspolitik als eigenständiges Ziel
2.2 O’Higgins Modell für die personelle Einkommensverteilung
2.2.1 Einführung des Modells
2.2.2 Diskussion des Ansatzes

3 Die Klassifikation der Wohlfahrtsstaaten nach Esping-Andersen
3.1 Das Fundament des Modells
3.2 Die Einteilung der Klassifikationsgruppen

4 Analyse der Verteilungswirkung
4.1 Die unterschiedliche Wirkung der Umverteilung
4.2 Umverteilung - Einflussfaktoren

5 Schluss und Ausblick

6 Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1: Verteilungspolitische Ziele

Abbildung 2.2: O’Higgins Modell für die personelle Einkommensverteilung

Abbildung 4.1: Verfügbares Einkommen in unterschiedlichen Wohlfahrtsstaaten

Abbildung 4.2: Verteilungswirkung staatlicher Transferpolitik

Abbildung 4.3: Einflussfaktoren auf die Verteilungspolitik

Abbildung 4.4: Einteilung der öffentlich zur Verfügung gestellten Gütern

1 Einleitung

Deutschland wird liberaler, die USA sozialer und Schweden strebt der Gleichheit entgegen.

Seit der Entstehung der modernen Wohlfahrtsstaaten in den 1950er und 1960er Jahren wird kontinuierlich an den Auswirkungen der wohlfahrtsstaatlichen Institutionen auf die Einkommensungleichheit geforscht. Auf dem Forschungsgebiet Wohlfahrt entstehen viele neue Studien, die sich meist auf bestimmte Punkte konzentrieren. Auf Grund der in den letzten Jahren steigenden Einkommensungleichheit rückt die Untersuchung der personellen Einkommensverteilung wieder stärker in den Fokus der Wissenschaft.

Grundsätzlich werden zwei Verteilungsformen von Einkommen unterschieden. Die funktionelle Einkommensverteilung schlüsselt auf, wie das Volkseinkommen auf die Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital aufgeteilt sind [vgl. KYR-00, S.125]. Dabei wird das Einkommen aus dem Produktionsprozess gemessen, bevor ein staatlicher Eingriff erfolgt. Gängige Maße für die funktionelle Einkommensverteilung, im Hinblick auf die Einkommen der Haushalte, sind die Lohn- oder Arbeitseinkommensquote. Da die funktionelle Einkommensverteilung die Herkunft des Einkommens der Haushalte darstellt, kann sie nur eingeschränkt für eine Aussage über die relative Wohlfahrtsentwicklung der Bezieher von Arbeitseinkommen herangezogen werden.

Im Gegensatz dazu zeigt die personelle Einkommensverteilung die Verteilung der Einkommen auf die privaten Haushalte in einer Volkswirtschaft auf. Die Haushalte werden als eine Einheit gesehen. Dieser Fall tritt vor allem bei Familien auf. In dieser Einheit sammeln alle beteiligten Personen ihre Einkünfte. Einerseits kann mit Hilfe der Äquivalenzskala die Verteilung des Einkommens der Haushalte gewichtet werden, um einen Durchschnittswert zu ermitteln. Andererseits besteht die Möglichkeit, nur bestimmte Gruppen, wie z.B. Kinder unter 15 Jahren, Personen im arbeitsfähigen Alter oder Rentner zu betrachten.

Außerdem gilt es zu beachten, dass nur der Teil Lohn/Gehalt des Faktors Arbeit hier berücksichtigt wird. Dieser Teil stellt als Faktor-Einkommen den Ausgangspunkt der persönlichen Einkommensverteilung dar. Nachdem der Staat bestimmte Geldleistungen hinzufügt bzw. abzieht, steht einem Haushalt das Verfügbare Einkommen zu Konsum- oder Sparzwecken zur Verwendung. Für die Auswirkungen von Sozialausgaben auf die Einkommensverteilung sind nicht alle Ausgaben gleichermaßen relevant. Vielmehr kommt es darauf an, welchen Bevölkerungsgruppen diese Ausgaben zugutekommen [vgl. ESP-92]. Gerade am Beispiel vom Arbeitslosen und Erwerbstätigen wird es offensichtlich, dass der Staat bei den Erwerbstätigen durch Besteuerung einen Teil ihres Einkommens abschöpft und den Arbeitslosen als Transferleistungen zur Verfügung stellt.

Ein häufig verwendetes Maß für die personelle Einkommensverteilung ist der Gini-Koeffizient. Er misst die Verteilung der Einkommensanteile der entsprechenden Haushalte und ermöglicht so eine Aussage über eine Ungleichverteilung der individuellen Einkommen in einem Staat. Durchweg zeigt sich das Bild, dass viele relativ wenig verdienen und wenige ein relativ hohes Einkommen haben.

Die gemessene Verteilung des Faktor-Einkommens über die Haushalte einer Volkswirtschaft wird auch Primärverteilung genannt. Hingegen wird die Verteilung des Verfügbaren Einkommens, die sich nach staatlicher Steuer-, Transfer- und Güterbereitstellungspolitik ergibt, als Sekundärverteilung bezeichnet [vgl. LAC-06, S.164].

In dieser Arbeit werden zu Beginn Ziele der Verteilungspolitik kurz aufgezeigt. Danach erfolgt eine Einführung eines Modells, mit dessen Hilfe die Wirkung von staatlicher Umverteilung bestimmt werden kann. Im Hauptteil werden dann die unterschiedlichen Ausprägungen der personellen Einkommensverteilung in verschiedenen Wohlfahrtsstaaten untersucht. Dabei wird die Verteilungswirkung näher untersucht, die sich in den von Esping-Andersen klassifizierten sozial-demokratischen, korporatistischen und liberalen Wohlfahrtsstaaten- Typen eingestellt hat.

2 Grundlagen der Verteilungspolitik

In diesem Kapitel werden zunächst Ziele dargelegt, die der Distribution von Einkommen übergeordnet sind. Verteilungspolitik stellt sich in diesem Falle als abgeleitetes Ziel dar. Danach werden unterschiedliche Prinzipien aufgezeigt, die die Realisierung verteilungspolitischer Ziele ermöglichen können.

2.1 Ziele der Verteilungspolitik

Abbildung 2.1: Verteilungspolitische Ziele

[PAF-12, S.12] Eigene Darstellung in Anlehnung an Paffenholz, H.-J. Vorlesung: Arbeitsmarkt und Verteilung Lektion 9: Ziele, Mittel und Träger der Verteilungspolitik

2.1.1 Verteilungspolitik als abgeleitetes Ziel

Verteilungspolitik kann betrieben werden, um übergeordnete Ziele wie Wohlfahrt, Sicherung oder Stabilität zu erreichen. Die genannten Ziele können nicht gleichermaßen erreicht werden. Die Zielerreichung hängt immer von einem Trade-off ab. Verteilungspolitik ist eine Möglichkeit dar allen diesen übergeordneten Zielen zumindest in Teilen gerecht zu werden.

Stabilitätsziel

Das Stabilitätsziel leitet sich von der Annahme ab, dass ein schwacher inländischer Konsum auf die Konjunktur destabilisierend wirkt [PAF-12, S.6]. Sofern die Einkommen der Haushalte ungleich verteilt sind, haben Reiche viel Geld zum Konsum übrig und Arme nur sehr wenig.

Reiche werden einen Teil ihres Einkommens aber sparen und nicht konsumieren. Die Armen hingegen brauchen ihr geringes Einkommen komplett auf. Sofern ein Teil des Einkommens der Reichen an Ärmere umverteilt wird, haben diese mehr Geld für Konsumausgaben zur Verfügung. Die Sparrate der Reichen sinkt also auf Kosten eines höheren Konsums der Armen.

Wohlfahrtsziel und Sicherung einer bestimmten politischen Ordnung

Bei einer Umverteilung von Einkommen entsteht den Belasteten ein Nutzenentgang und den Begünstigten ein Nutzenzuwachs. Nur sofern der Nutzenentgang des Belasteten einem größeren Nutzenzuwachs des Begünstigten gegenübersteht, kann eine Umverteilung wohlfahrtsfördernd sein. Wenn nun beispielsweise aus humanitären, philanthropischen oder religiösen Gründen der Nutzen der Reichen auch vom Nutzen der Armen in der Bevölkerung determiniert wird ist es den Reichen nicht gleichgültig, wie die Armen materiell versorgt sind.

Weitere Gründe, warum die Reichen bemüht sein können, dass die Einkommensarmen eine gewisse Grundsicherung erhalten, sind „Sicherheit vor Raub, Revolution (Marx‘ Veredelungshypothese) und Aufruhr (Konrad Adenauer zur Begründung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer: Wer ein Eigenheim hat, geht nicht auf die Straße)“ [PAF-12, S.7]. Mit dem Wohlfahrts- und Sicherungsziel wird daher eindeutig eine gleichere Verteilung angestrebt.

2.1.2 Verteilungspolitik als eigenständiges Ziel

Die Verteilungspolitik definiert ebenfalls untergeordnete Ziele, die nachfolgend kurz erläutert werden.

Nach dem Leistungsprinzip sollen Einkommen und erbrachte Leistung korrelieren. D.h. der Lohn eines Individuums soll dessen erbrachten Beitrag im Produktionsprozess widerspiegeln. Gleichzeitig soll eine höherwertige Arbeitsleistung auch mit einem höheren Einkommen abgegolten werden. Die Primärverteilung oder das Faktor- bzw. Markteinkommen wird in einer Marktwirtschaft gewöhnlich stärker vom Leistungsprinzip dominiert. [vgl. MAY-05, LAC-06, S.182] Leistungs- und Bedarfsprinzip stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander, da diese beiden Prinzipien sehr unterschiedliche Ansichten in sich vereinen.

Nach dem Bedarfsprinzip sollen Einkommen und Bedarf korrelieren, das Einkommen eines Individuums soll also dessen benötigten Konsumbedarf widerspiegeln. Gruppen, die einen höheren Bedarf haben wie beispielsweise Familien mit Kleinkindern oder Kranke, die teure Medikamente benötigen, sollen ein entsprechend höheres Einkommen zugewiesen bekommen. Das Bedarfsprinzip ist also hinsichtlich staatlicher Umverteilung durch Steuerund Transferpolitik von Bedeutung [vgl. LAC-06, S.182].

Nach dem Egalitätsprinzip soll eine Gleichverteilung des produzierten Einkommens auf die gesamte Bevölkerung erfolgen. Eine solche Verteilung wird in der Lorenzkurve durch die Gleichverteilungsdiagonale repräsentiert [vgl. LAC-06, S.181].

2.2 O’Higgins Modell für die personelle Einkommensverteilung

In diesem Abschnitt erfolgt eine Einführung des Modells von O’Higgins 1990 für die Verteilung der personellen Einkommen der Haushalte. In Teil 2.2.1 werden Grundlagen des Modells erklärt und in Abschnitt 2.2.2 erfolgt eine Diskussion, was dieses Modell leisten kann.

2.2.1 Einführung des Modells

Das Modell für die personelle Einkommensverteilung von O’Higgins unterteilt das Einkommen der Haushalte in 4 Teile. Zu Beginn der Einkommensverteilung steht das Faktor-Einkommen, das im Rahmen des Produktionsprozesses entsteht. Es setzt sich zusammen aus Löhnen und Gehältern, so wie Einkommen aus eigenständiger unternehmerischer Tätigkeit und Einkommen aus Eigentum, wie z.B. Pacht, Miete oder Kapitalzinsen [vgl. KYR-00, S.134]. Erhöht um privatwirtschaftliche Altersvorsorgemaßnamen wie Berufsrenten und private Pensionen entsteht das Markt- Einkommen. Wenn auf das Markteinkommen Sozialversicherungstransfers, private Beihilfezahlungen und weiteres Bareinkommen aufgeschlagen werden, entsteht das Gross- Einkommen. Werden vom Gross-Einkommen schließlich die Einkommenssteuer und die Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge abgezogen, ist das Ergebnis das Verfügbare Einkommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: O’Higgins Modell für die personelle Einkommensverteilung

[OEC-08, S.99] OECD 2008, Growing Unequal. Income Distribution and Poverty in OECD Countries

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Verteilungswirkung staatlicher Steuer-, Transfer- und Güterbereitstellungspolitik
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
22
Katalognummer
V196506
ISBN (eBook)
9783656224822
ISBN (Buch)
9783656226215
Dateigröße
870 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einkommensverteilung, verteilungspolitik, persönliche einkommensverteilung, esping-andersen, wohlfahrtsstaat, klassifikation, progressive umverteilung, schweden, deutschland, usa, gini, P90/P10, funktionelle einkommensverteilung, leistungsprinzip, bedarfsprinzip, egalitätsprinzip, einkommensrechnung, einkommenssteuer, sozialversicherungstransfer, sozialversicherungsabgaben, einkommen
Arbeit zitieren
Martin Schlotter (Autor:in), 2012, Verteilungswirkung staatlicher Steuer-, Transfer- und Güterbereitstellungspolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/196506

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