Peter Petersens Jenaplan: Beispiel einer humanen Schule


Seminararbeit, 2001

15 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Leben und Werk im Umriß

2. Kennzeichnende Merkmale der „Lebensgemeinschaftsschule“
2.1 Stammgruppen statt Jahresklassen
2.2 Wochenarbeitsplan statt „Fetzenstundenplan“
2.3 Gruppenunterrichtliches Verfahren im Dienste der „Freien Arbeit“ und „persönlichen Bildung“
2.4 Kurse zur Sicherung des „Mindestwissens“
2.5 Feiern im Dienst der Gemeinschaftsbildung
2.6 Arbeits- und Leistungsberichte statt Zensuren
2.7 „Schulwohnstube“ als Raum für „soziale und sittliche Erziehung“
2.8 „Schulgemeinde“ als „Lebensstätte der Jugend“

3. Kritik und Gegenwartsbedeutung 16

Literaturverzeichnis

Einleitung

Viele Jugendliche erleben die Schulzeit lediglich als unvermeidbare Durchgangsstrecke zum späteren Erwerbsleben, weil die Schule die Kernfragen der jungen Menschen, ja der menschlichen Existenz kaum berühren. Fachwissen, Noten, Berechtigungsscheine, Konflikte mit unzufriedenen Eltern und Lehrern belasten immer mehr die Schul- und Entwicklungsjahre. Als Folge kann man neurotische Störungen, Schulangst und Schulverdrossenheit feststellen. Anstelle von Arbeitsfreude tritt Leistungsehrgeiz und Konkurrenzverhalten zwischen den Jugendlichen. Weniger anpassungsbereite Schüler lehnen sich gegen die Schulzwänge auf indem sie Wände verschmieren und Einrichtungen zerstören.

Aber Schulen können auch anders sein, indem sie den Jugendlichen ausreichende Freiräume geben, damit sie zur Eigentätigkeit, wie auch zu gemeinschaftlichen Unternehmungen angeregt werden. Kernpunkt bei der Schulreform ist die Auflockerung der Schule als Institution zu einer freien Lebensstätte der Jugend.

Peter Petersen gehört zu den Pädagogen die Erziehungs- und Bildungsarbeit der Sozialform Schule erkannten und in Modellschulen umzusetzen versuchten. 1927 berichtete Petersen in Locarno auf dem IV. Kongreß des „Weltbundes für Erneuerung und Erziehung“ über seinen Jenaer Schulversuch, und zwar unter dem ursprünglichen Thema „Die Universitätsschule in Jena als erste freie und allgemeine Volksschule“. Von einigen Besuchern des Kongresses ist Petersens Bericht als „Jena-Plan“ bezeichnet worden und seither unter diesem Namen bekannt.

1. Leben und Werk im Umriß

Peter Petersen war Norddeutscher, Friese. Er wurde am 26. Juni 1884 in Großenwiehe bei Flensburg geboren und wuchs auf dem väterlichen Bauernhof als Ältester von sieben Geschwistern auf. Der junge Petersen mußte den Eltern bei der Hofarbeit häufig helfen. Auf diese landwirtschaftlichen Erfahrungen war er sein Leben lang stolz. Die bäuerliche Lebenswelt Nordfrieslands prägten seine Charakter: Strenge und Fleiß sind die wesentlichen Merkmale. Das Erleben des Aufeinander-Angewiesenseins in der dörflichen Umwelt haben nicht nur seine Hilfsbereitschaft gefördert, die Petersen seinen Mitmenschen immer wieder erwiesen hat, sondern auch den Grund für die im Begriff der Gemeinschaft zentrierten Pädagogik Petersen gelegt.

Petersen besuchte von 1890 bis 1896 die Dorfschule seines Heimatortes. Vom Pastor des Dorfes wurde er, wie es damals üblich war, auf den Besuch einer höheren Schule vorbereitet. 1896 trat er in das Flensburger Gymnasium ein und machte dort 1904 sein Abitur. Petersen selbst äußerte sich selten zu seiner Gymansialzeit, aus Briefen weis man jedoch, daß er in materieller und finanzieller Not lebte und ihn diese Erfahrungen mit der sozialen Frage konfrontierte. Dies veranlaßte ihn später dazu, sich schulpolitisch für die Förderung aller Begabten in der „freien allgemeien Volksschule“ einzusetzen.

Nach seinem Abitur studierte Petersen zunächst an der Universität Leipzig. Anschließend wechselte er nach Kiel, Kopenhagen und Posen, kehrte aber schließlich nach Leipzig zurück. Als Studiengebiete wählte er an erster Stelle die Theologie, an zweiter die Philologie, weiter die Geschichte, die Philosophie und Psychologie sowie die Nationalökonomie.

1909 legt Petersen in Leipzig die staatliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien ab, beginnt dort das Referendariat und setzt sich kritisch mit dem eigenen Unterricht sowie mit den Hospitationen auseinander. Nach kurzer Unterrichtstätigkeit wechselt er als Hilfslehrer an ein Gymnasium in Hamburg. In der Hansestadt kommt er mit den Ideen und Zielen der Schulreformbewegung in Berührung: Schule soll fortan vom Kinde ausgehen; der Lehrer ist in erster Linie Berater; Lehrer, Eltern und Schüler bilden eine „Schulgemeinde“ usw. Petersen versuchte diese Zielsetzungen bereits damals in die Praxis umzusetzen. Seit 1912 arbeitete er auch als Vorstandsmitglied im „Bund für Schulreform“ mit.

1920 übernimmt Petersen die Leitung der Realschule in Hamburg-Winterhude. An dieser Schule setzt Petersen im gleichen Jahr die Umwandlung der Realschule zur „Vollanstalt mit Oberstufe“ durch. In dieser ersten Versuchsoberstufe führt Petersen praktische Versuche zur Schulreform durch. Die Erfahrungen, die Petersen während dieser Zeit sammelt, sowie ein Besuch des Landerziehungsheims am Ammersee (1912) bilden die Ansatzpunkte für die spätere Schulkonzeption: den Jena-Plan.

Die akademische Laufbahn, die Petersen anstrebte, setzt die Habilitation voraus, daher habilitiert er 1920 im Fachbereich Philosophie an der Universität Hamburg. 1923 nimmt er einen Ruf auf den Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft an der Universität Jena an und gestaltet dort die Universitätsübungsschule nach seinen Reformideen um. Er stellt sich die Frage:

„Wie muß diejenige Erziehungsgemeinschaft gestaltet werden, in welcher sich ein Menschenskind die beste Bildung erwerben kann?“

[Allgemeine Erziehungswissenschaft, Berlin und Leipzig 1962, 2. Auflage, S. 107]

Er blieb, trotz anderer Angebote, bis zu seinem Tode am 21.03.1952 in Jena.

2. Kennzeichnende Merkmale der „Lebensgemeinschaftsschule“

Einen ersten Bericht legt Petersen bereits 1925 in einer Schrift mit dem Titel „Eine Grundschule nach den Grundsätzen der Arbeits- und Lebensgemeinschaftsschule“ vor. Der Titel gibt die Zielstellung wieder, die schon für die Hamburger Schule maßgeblich gewesen ist und die nun auch für den Jenaer Versuch gelten soll, nämlich eine Arbeits- und Lebensgemeinschaftsschule zu sein.. Selbsttätiges Arbeiten, gemeinschaftliches Zusammenarbeiten und –leben, Bewältigung von Lebensaufgaben, Mitverantwortung der Eltern und Schülerschaft sind die wesentlichen Prinzipien des Schulversuchs.

Zwei Jahre später (1927) berichtet Petersen in Locarno auf dem IV. Kongreß des „Weltbundes für Erneuerung der Erziehung“ über seinen Jenaer Schulversuch, und zwar unter dem ursprünglichen Thema: „Die Universitätsschule in Jena als erste freie und allgemeine Volksschule“. Diese Formulierung enthält Petersens schul- und bildungspolitisches Programm: Petersen tritt für eine allgemeine, zehnjährige Volksschule ein, sie soll weitgehend frei von staatlichen Zwängen sein, ist also in erster Linie aus pädagogischen Prinzipien heraus zu gestalten. Von einigen aus England angereisten Teilnehmern des Kongresses ist dieser Bericht als „Jena-Plan“ bezeichnet worden und seitdem unter diesem Namen in die Fachsprache eingeführt worden.

Die kennzeichnenden Merkmale und Organisationformen der „Lebensgemeinschaftsschule“, wie Petersen seine Schule bezeichnete, stehen im Dienst der „Idee der Erziehung“ und dadurch der „Humanisierung“ des Menschen und sind:

1. Stammgruppen statt Jahrsesklassen,
2. Wochenarbeitsplan statt „Fetzenstundenplan“,
3. Gruppenunterrichtliches Verfahren im Dienste der „Freien Arbeit“ und „persönlichen Bildung“,
4. Kurse zur Sicherung des Mindestwissens,
5. Feiern im Dienst der Gemeinschaftsbildung,
6. Arbeits- und Leistungsberichte statt Zensusren,
7. „Schulwohnstube“ als Raum für „soziale und sittliche Erziehung“,
8. „Schulgemeinde“ als „Lebensstätte der Jugend“.

2.1. Stammgruppen statt Jahresklassen

Petersen hat sich gegen des Jahresklassensystem ausgesprochen Der Jena-Plan sieht vor, daß der starre Klassenverband in Stammgruppen aufgelöst wird und die Schüler zu „Erziehungsgemeinschaften“ in Stammgruppen zusammengefaßt werden. In der Regel befinden sich die Schüler des 1. bis 3. Schuljahres in der sog. Untergruppe, die des 4. bis 6. Schuljahres in der Mittelgruppe und die des 7. bis 8. Schuljahres in der Obergruppe. Die Schüler des 9. und 10. Schuljahres gehören zur Jugendlichengruppe. Entgegen der gültigen Grundform der Schulorganisation ist im Jena-Plan das Prinzip des Altersstufenaufbaues verwirklicht. Dies bedeutet, daß Schüler, die aufgrund ihrer Entwicklung einer Altersstufe angehören, zu einer Stammgruppe zusammengefaßt werden und gemeinsam unterrichtet werden.

Die Übersicht gewährt einen Einblick in die Organisationsform des Jena-Plans und deutet die inhaltlichen Schwerpunkt an, die von den unterschiedlichen Stammgruppen bewältigt werden sollen:

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Peter Petersens Jenaplan: Beispiel einer humanen Schule
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Pädagogik)
Veranstaltung
Seminar Pädagogik des Primar- und Sekundarbereichs
Note
gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V1963
ISBN (eBook)
9783638112130
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Praktikumsbegleitende Veranstaltung - Grundschuldidaktisches Praktikum. In der Arbeit fehlen zwei Abbildungen, die aber über die exakte Quellenangabe nachvollzogen werden können.
Schlagworte
Jenaplan, Peter Petersen, Schule
Arbeit zitieren
Korina Solbach (Autor:in), 2001, Peter Petersens Jenaplan: Beispiel einer humanen Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1963

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