Die deutsche Medizin erobert Togo: Beispiel des Nachtigal-Krankenhauses in Klein-Popo (Anecho), 1884-1914


Magisterarbeit, 2010

118 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
1.1. Worum es geht
1.2. Rassismus und Nationalismus
1.3. Kolonialismus und Imperialismus
1.4. Der kolonialmedizinische Diskurs
1.5. Quellen- und Literaturlage; Vorgehensweise

2. Die deutsche Herrschaft im Schutzgebiet Togo
2.1. Kurzer geschichtlicher Abriss der deutschen Kolonisation in Togo
2.1.1. Die vorkoloniale Epoche
2.1.2. Besetzung und Unterwerfung
2.1.3. Verwaltung, Transport- und schulwesen
2.1.4. Bevölkerung und rechtliche Stellung
2.1.4. Aufstände und Gravamina
2.1.5. Das Ende
2.2. Herrschaftsinstrumente
2.2.1. Die Polizeitruppe
2.2.2. Die deutsche Administration
2.2.3. die Missionsgesellschaften
2.2.4. Die unternehmerschaft
2.2.5. Die Sprachenpolitik
2.2.6. Die Medizin
2.2.7. Herrschaftsbauten
2.3. Geschichte der Stadt Anecho

3. Medizinalpolitik und Infrastruktur im Schutzgebiet
3.1. Die Medizinlage im Schutzgebiet und der medizinische Zeitgeist
3.1.1. Gesundheitsrisiken in Togo
3.1.2. Die naturwissenschaftliche Medizin am Ende des 19. Jahrhunderts
3.1.3. Konfliktpunkt „Traditionelle afrikanische Medizin“
3.1.4. Deutsche medizinische Infrastruktur in 30 jahren Herrschaft
3.2. Zum Krankenhaus Anecho
3.2.1. Architektur
3.2.2. Die Raumaufteilung (Abb. 9 und 10)
3.2.3. Das Personal
3.2.4. Die Ausstattung
3.2.5. der Gründer, die Gründung und willkommene Werbung
3.3. Das Menschenbild des Europäers über den Afrikaner
3.3.1. Exkurs 2: Der „schwarze Affe“
3.3.2. Das Bild der ortsansässigen Bevölkerung in zeitgenössischen Schriften
3.4. Die Arzt-Patienten-Beziehung
4. Ergebnisse und Ausblick
4.1. Zusammenfassung der Thesen:
4.2. Übertragbarkeit des Imperialismusbegriffs auf das koloniale Medizinalwesen
4.3. Bewertung des Verhaltens der deutschen Ärzte in Togo
4.4. Stellenwert des Nachtigal-Krankenhauses Anecho im deutschen Kolonialsystem
4.5. Nachhaltige Effekte der deutschen Kolonialmedizin nach dem Ersten Weltkrieg
4.5.1. Medizin im deutschen Togo: Humanitas oder Herrschaft?
4.5.2. Ausblick:

Anhänge
Anhang 1: Ausführliche Zeittafel
Anhang 2: Abkürzungen
Anhang 3: Bildernachweis:
Anhang 4: Quellen- und Literaturverzeichnis Togo
Anhang 5: Karten von Togo

Abbildung auf dem Deckblatt: Kolonialvignette des Nachtigal-Krankenhauses in Anecho/Togo

1. Einführung

1.1. Worum es geht

Zwei kontroverse Beobachtungen gaben den Anlass zur Beschäftigung mit dieser Thematik. Zum einen hinterließen Hunderte von Gesprächen mit Nordafrikanern und Emigranten aus zentral- und westafrikanischen Ländern den Eindruck, dass diese im Falle einer ernsthaften Krankheit bei sich oder Angehörigen nach besten „westlichen“ medizinischen Standards behandelt werden möchten und dafür am liebsten, sofern es die finanziellen Mittel zuließen, ins europäische „Originalland“ reisen würden. Den Spitzenplatz der Traumländer besetzte dabei Deutschland vor England, Frankreich, Italien oder den USA. Desgleichen wurde afrikanischen Ärzten, die in jenen Ländern studiert hatten, zu Hause die Reputation eines besonders gut ausgebildeten (und daher kompetenten) Doktors zuteil.

Noch vor einhundert Jahren hatten sich die AfrikanerInnen in Togo und Kamerun heftig gegen die Aktivitäten deutscher Ärzte im Rahmen der Bekämpfung der Schlafkrankheit und Pockenprophylaxe gesträubt und konnten oft nur durch rigorose Strafen zu ihrem Glück gezwungen werden[1]. Es überwogen traditionelle, religiös belegte Heilmethoden. Diese sind selbst im 21. Jahrhundert ist nicht verschwunden. Die WHO gab bekannt:

“In some Asian and African countries, 80% of the population depend on traditional medicine for primary health care.”[2]

In der gleichen Publikation wird sogar für die Industrieländer ein 70-80% Anteil an Menschen geschätzt, die sich nebenher noch alternativ- oder komplementärmedizinisch versorgen lassen.

Nun ließe sich der weltweite Siegeszug der westlichen Medizin alleine durch die gewaltigen technischen und pharmakologischen Fortschritte in Therapie und Diagnostik in Verbindung mit einer tiefgehenden Fortschrittsgläubigkeit der Bevölkerung erklären. Paradoxerweise breitet sich in denselben westlichen Ländern derzeit ein gewisses Unbehagen ausbreitet, welches man am Aufblühen homöopathischer, pseudotraditioneller oder esoterischer Heilangebote erkennen kann. Der Mensch fühlt, dass er im Krankheitsfall zur Reparatursache geworden ist und lehnt sich dagegen auf. Diese Versachlichung wird das Menschenbild der Ärzte im deutschen Kaiserreich prägen und soll in dem entsprechenden Kapitel weiter vertieft werden.

Die potentielle Unvergleichbarkeit der Gemütsempfindungen von Nord- und WestafrikanerInnen spielt in dieser Betrachtung keine Rolle. Sie dient nur als Beispiel.

Thema dieser Untersuchung ist nicht, ob sich heutzutage Westafrikaner in Deutschland wohler fühlen oder eine bessere Behandlung erfahren. Vielmehr soll der Blick auf den Zeitabschnitt gerichtet werden, in dem es scheinbar anders war, eine Zeit, in der die Arzt-Patienten-Beziehung von Angst seitens des Behandelten und medizinisch-wissenschaftlichem Draufgängertum seitens der Heilkundigen geprägt war. Klagen über die „deutsche Medizin“ erscheinen dem modernen wie dem zeitgenössischen Europäer umso befremdlicher, als er doch den Fortschritt in die „Wildnis“ brachte. Westliche Medizin als solche war nicht allen Bewohnern von Togo unbekannt. Im englischen Gebiet hatten nämlich schon länger britisch geschulte Ärzte praktiziert.[3] Dennoch bedeutete die plötzliche Präsenz eines westlich orientierten Krankenhauses einen erheblichen Einschnitt in die traditionellen Denkweisen der Bevölkerung. Für die ansonsten recht tolerante Schwester Johanna Wittum stellten die traditionellen Fetischpriester, die auch für die Heilkunde zuständig waren, offensichtlich die Personifizierungen der Hölle dar[4]. Es muss also erhebliche Unterschiede in den Ansichten gegeben haben.

Der Wert des medizinischen Einsatzes der Deutschen wird kontrovers beurteilt. Sozialistisch geprägte Historiker wie Peter Sebald sagen dem Medizinalwesen eine bedeutende imperialistische Funktion nach, indem es die Gesundheit der „Ware Arbeitskraft“ förderte und die Kolonisatoren durch das Vorhandensein einer hoch-wertigen Medizin, so wie sie es von zu Hause her kannten, motivieren sollte.[5] Für den Medizinhistoriker Wolfgang Eckart stellten die Humanexperimente (Pockenimpf-kampagnen und Schlafkrankheitsexperimente), die auch von den Regierungsärzten durchgeführt wurden bzw. unterstützt werden mussten, das Hauptmerkmal deutscher Machtausübung im Medizinbereich dar.[6] Das Land mit der darin befindlichen Bevölkerung wurde quasi zum Großlabor deutscher Wissenschaftler, die ihre Forschungen meist nicht aus uneigennützigen Gründen durchführten. Die Erinnerungen von Zeitgenossen wie des Dr. Külz oder der Rotkreuzschwester Johanna Wittum zeichnen dagegen in erster Linie ein (über)positives, humanitär-karitatives Bild ihres Wirkens in einer schwierigen Umgebung zum Wohle der Deutschen und der afrikanischen Bevölkerung.

Dem Widerspruch zwischen zeitgenössischen Aussagen und späterer historischer Würdigung soll in dieser Arbeit nachgegangen werden. War die sogenannte „Musterkolonie“ unter den deutschen Schutzgebieten auch medizinisch mustergültig? Diese Frage gewinnt dadurch an Schärfe, dass man weiß, dass spätere NS-Größen wie Claus Schilling[7] in Togo nicht nur eine Praxis für Afrikaner betrieben, sondern an diesen zugleich auch ihre ersten fragwürdigen kolonialmedizinischen Experimente vornahmen.

Die Zahl der kolonialen Besitzungen des deutschen Kaiserreichs ist überschaubar gewesen. Dennoch gab es signifikante Unterschiede in der Verwaltung und medizinischen Versorgung. Die Hauptursache lag in der relativen Unabhängigkeit der verschiedenen Gouvernements; es gab nie einheitliches „Kolonialgesetzbuch“. Das einige Male ergänzte „Gesetz, betr. die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete“ (SchGG) vom 17. April 1886 hatte eher den Charakter eines Grundgesetzes, welches in erster Linie die ausschließliche Zuständigkeit des deutschen Kaisers, die Kompetenzen zur Rechtssetzung sowie die Rechtsverhältnisse und Rechtsfolgen für „Eingeborene“ regelte[8]. In Togo fehlten sowohl ein kodifiziertes Eingeborenenstrafrecht als auch ein Zivilrecht.[9] Vorgaben des Reichskolonialamtes wurden nicht immer umgesetzt.[10] Den „Ehrentitel“ einer „Musterkolonie“ erwarb sich das Schutzgebiet Togo(land)[11] nicht durch vorbildliches Verhalten der Kolonialherren oder ein optimal funktionierendes Gesundheitswesen auf modernstem Stand, sondern durch den geringsten Schaden, den es dem Reich zufügte. Es gab keine langanhaltenden und im Reich pressewirksamen Massenaufstände der ortsansässigen Bevölkerung und wenig volkswirtschaftliche Verluste. Die Kolonie war nach einer kurzen Startphase in der Lage, sich kostenneutral selber zu unterhalten.[12] Wegen des Klimas und der hohen Mortalitätsrate der Europäer an Krankheiten schied das Land als Siedlungskolonie für Menschen aus Deutschland aus. Was blieb, war die Hoffnung auf Erlöse aus landwirtschaftlichen Ausfuhrprodukten und auf billige Arbeitskräfte für die Inlandproduktion in Togo selbst oder für andere deutsche Kolonien wie Kamerun. Allerdings sollte in Togo die große, erhoffte Rendite ausbleiben.

1.2. Rassismus und Nationalismus

Die Arbeit ist thematisch und zeitlich in den Kontext von Rassismus, Nationalismus und Kolonisation eingebettet.

„Rassismus ist eine quasi-natürliche Erscheinung, die schon in Urzeiten existierte und mit steigender Zivilisiertheit und Aufgeklärtheit der modernen westlichen Gesellschaft in stetigem Abnehmen begriffen ist“, zweifelte schon Fatima El-Tayeb in der Einleitung zu ihrem Buch über „schwarze Deutsche“[13]. Wenn man im Bereich der Biologie „Rassen“ noch als Subspezies einer Art definieren kann, die zwar anhand verschiedener einheitlicher Merkmale unterscheidbar sind, sich aber mischen können, ließen sich in neuester Zeit für den Menschen keine signifikanten genetischen Unterschiede bei den behaupteten „weißen“ oder „schwarzen“ Rassen nachweisen[14]. Der Mensch ist nur eine Art mit unterschiedlichen Variationen. Um auf die Zweifelhaftigkeit der Rassenunterschiede hinzuweisen, werden in dieser Arbeit alle Begriffe zur Bezeichnung von Hautfarben und Rassen mit Ausnahme wörtlicher Zitate in Anführungszeichen gesetzt.

Für eine geschichtliche Untersuchung können moderne Erkenntnisse, die die Weltanschauung grundlegend verändern, allenfalls auf der Metaebene aktiv werden, als sie ältere Diskussionen um Rassen und Rassenunterschiede als aus heutiger Sicht obsolet und falsch erscheinen lassen müssen, nachdem den alten Theorien die naturwissenschaftliche Grundlage entzogen wurde. De facto haben jedoch Ethnologie und Anthropologie jahrzehntelang unter falschen Prämissen gearbeitet und Ergebnisse produziert. Insofern hat es aus historischer Sicht „Rassen“ und „Rassenunterschiede“ gegeben, wenn auch nur als geistiges Konstrukt. Historische Betrachtungen zur Kolonialpolitik dürfen den Aspekt von Rassentheorien nicht außer Acht lassen, weil das Bestehen von Rassenunterschieden für die Menschen im ausklingenden langen 19. Jahrhundert eine selbstverständliche Wahrheit war. Für diese Arbeit ist es müßig, der Entstehung des Rassenbegriffs oder seiner Pervertierung später durch den Nationalsozialismus nachzugehen; es reicht die Feststellung des Bestehens. Im Deutschen Koloniallexikon zählte der Arzt und Völkerkundler Georg Thilenius[15] folgenden Hauptmenschenrassen auf: Melanoderme (Neger); Xanthoderme (Mongoloiden), Leukoderme (Europäer, Westasiaten, Nordafrikaner). Daneben sollte es noch Ur- und Mischrassen geben.[16] Die Rassenzugehörigkeit wurde hiernach also nach den Hautfarben „schwarz“, „gelb“ und „weiß“ vorgenommen. Besonders die deutschen Anthropologen bemühten sich fleißig, die Unterschiede in den Menschenrassen zu beweisen, um damit ihre Theorie von unbedarften „Naturvölkern“ und zivilisierten „Kulturvölkern“ zu untermauern. „Naturvölker“ boten die Möglichkeit, die menschliche Natur ohne Verfremdungen durch Schrift und Kultur zu untersuchen, so die obsolete Theorie. Werten aus Schädel- und anderen Körpervermessungen wurden Charaktereigenschaften zugeordnet. Gerne wurden Schwarzafrikaner in Panoptiken, Zoos und auf Völkerschauen in Europa ausgestellt.[17] Auf dem Boden solcher pseudo-wissenschaftlicher Ergebnisse entwickelte sich ein bis zum Ende der deutschen Kaiserzeit anwachsender Rassismus. Den scheinbaren anthropologischen Unterschieden wurden psychologische Stereotypen zugeordnet, wie Frank Sobich schreibt[18]. Stereotype sind „vereinfachte, schematisierende und verzerrte Kognitionen von Aspekten der sozialen Welt“[19] Bezüglich der afrikanischen Welt speisten sich die verzerrten Denkschemata aus dem Dualismus Afrikaner-Europäer bzw. „schwarz“ und „weiß“. Dem „Schwarzafrikaner“ wurde Geschichts- und Volkslosigkeit unterstellt, was mit Kulturlosigkeit gleichgesetzt wurde. Er handelte stets gegen die Prinzipien des europäischen Arbeitsethos, war faul, undiszipliniert und unfähig, mehr als eine Aufgabe zu erledigen. Manche Klischees erweiterten das Bild noch um Begriffe wie diebisch, frech und sexuell ausschweifend[20]. Zweck der Abwertung des „Schwarzen“ war die Aufwertung der eigenen „weißen“ Rasse. „Weiß zu sein“ wurde gekoppelt mit den Assoziationen an den unerschrockenen, männlich-heroischen Pionier, der wildes Land urbar machte, Kaisertum, deutsche Technik und die Kirche förderte, sowie der treusorgenden, aufopferungswilligen Mutter und Gattin, die den „Eingeborenen“ deutsche Lebensart, Sittlichkeit und Kultur vermittelte[21]. Rassismus war eine soziale Fiktion, die auch einen „Weißen“ treffen konnte, wenn er aus der ihm zugedachten Rolle herausfiel, indem er sich beispielsweise mit der anderen Seite, den „Schwarzen“, verbrüderte oder – noch schlimmer - in einen afrikanischen Stamm hineinheiratete. Ein solches Verhalten wurde als „Verbuschung“ oder „Verkafferung“ gebrandmarkt; der Betreffende und seine Familie waren für die europäische Gesellschaft gestorben.[22] Dabei wurde der Begriff zunehmend sexuell geprägt. Die Angst vor Rassenmischung spielte die Hauptrolle[23] und gipfelte in den Mischeheverboten für die deutschen Kolonien ab 1905[24].

Rassismus ist nach Sobich eine „gesellschaftlich gültige Assoziationskette“[25]. Wie generell bei Vorurteilen handelt es sich bei rassistischen Denkmustern um sich selbst erfüllende Prophezeiungen: Die Umwelt wird so wahrgenommen, dass sie zu den Annahmen des Vorurteiles passt. Der Rassist findet also seine Ansicht bestätigt, wenn er bei seinem Gegenüber Verhaltensweisen findet, die dem Vorurteil zu entsprechen scheinen. Nicht in das Schema passende Verhaltensweisen werden zur Ausnahme erklärt und damit wieder passend gemacht. Sobich wies zu Recht darauf hin, dass rassistische Vorstellungen, die nicht nur wirre Phantasien Einzelner waren, als kollektive Gedankenschablonen in einer ganzen Bevölkerung existierten. Ein Stichwort genügte, und jeder wusste um den Sachverhalt Bescheid, ungeachtet der eigenen persönlichen Überzeugung. Stereotype erleichtern im Allgemeinen dem Menschen das Sich-zurecht-finden in einer komplexen Umwelt und existieren bis heute. Rassismus machte es den Menschen leichter, fremde Welten unter Wahrung ihrer eigenen Wertvorstellungen gedanklich einzuordnen. Der Begriff hat somit eine eindeutig negative Konnotation: Er ist die verbalisierte Ablehnung des Fremden. Xenophobische Ängste wirken jedoch in Afrika befremdlich, als eigentlich die Deutschen dort die Fremden waren. Sie verstanden es aber, die Kolonien – nicht die Menschen darin – als einen legitimen Teil des Deutschen Reichs, ja der deutschen Kultur, zu vereinnahmen. Dieses Phänomen erklärte das Aufblühen prokolonialer Strömungen nach 1918 und war bereits Teil des deutschen Nationalismus der späten Kaiserzeit. Damit sei angedeutet, dass Rassismus als gesellschaftliches Merkmal veränderlich ist. Sobich zeigte auf, dass selbst in der kurzen Zeit des deutschen Kolonialismus erhebliche Bedeutungsverschiebungen stattgefunden haben: Das (für den Afrikaner) seltener angewandte Bild des „edlen Wilden“ wich dem des „zu erziehenden Kindes“ in den Anfangsjahrzehnten der deutschen Kolonisation. Dieses Bild ließ dem „Eingeborenen“ immer noch die theoretische Möglichkeit offen, eine höhere Kulturstufe und damit eine gewisse zukünftige Gleichberechtigung erreichen zu können. Durch die ausgeprägten, in der Öffentlichkeit ausgetragenen Hetzkampagnen im Gefolge der Herero-Nama-Aufstände in Deutsch-Südwestafrika wandelte sich das Bild zur grausamen, blutrünstigen „schwarzen Bestie“, die weder erziehungsfähig noch „dressierbar“ wäre und am besten ausgerottet gehörte.[26]

Wie Rassismus ist Nationalismus eine künstliche Fiktion. Es handelt sich um die Vorstellung, selbst einer besonderen Volksgruppe anzugehören, die sich von anderen Völkern positiv[27] unterscheidet. Solche Gedanken wurden zum zum Motiv für politisches Handeln, um optimalerweise einen „nationalen“ Staat zu kreieren. Sobich vertritt die These, dass kolonial-staatliche Praxis dazu geeignet war, das aufkeimende deutsche Nationalgefühl im noch recht jungen Deutschen Reich anzuspornen und in übersteigerten Nationalismus umschlagen zu lassen[28]. Kein Zweifel besteht daran, dass sich der Deutsche Kolonialverein wie auch einige nationalistische politische Parteien diesen Mechanismus zu Nutze machten. Nationalismus ist indes keine politische Einbahnstraße. Sobald andere, als höherwertiger empfundene Güter auf dem Spiel stehen, kann sich Nationalismus in Partikularinteressen aufspalten. Ein bezeichnendes Beispiel war die wachsende Kolonialmüdigkeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland, die in der Reichstagsauflösung 1906 und Neuwahlen 1907 - den sogenannten „Hottentottenwahlen“ - mündeten. Anlass war die Nichtgenehmigung eines Nachtragshaushaltes über 29 Millionen Reichsmark zur Unterstützung der Schutztruppen in DSWA nach dem Ende des Herero-Nama-Aufstands. Während der Debatten hatten selbst sonst der Regierung zugeneigte Parteien ihr Missfallen an der Kolonialverwaltung geäußert; sogar der Sinn von Kolonien überhaupt wurde in Frage gestellt[29]. Ironischerweise hat sich der von den Europäern vorangetriebene Nationalismus aus der Periode des Hochimperialismus nur ein halbes Jahrhundert später gegen diese gewandt. Viele der nach Unabhängigkeit strebenden ehemaligen Kolonialstaaten entdeckten auf einmal ihr eigenes Nationalgefühl, obwohl jene neuen „Nationen“ bei der „Aufteilung der Welt“ durch künstliche Grenzziehungen oft aus vielen unterschiedlichen Völkern zusammengewürfelt worden waren.

1.3. Kolonialismus und Imperialismus

Wenn schon die Definitionen von Rassismus und Nationalismus schwer fallen, ist das Erklären des Kolonialismus noch komplizierter. In dieser Arbeit sei darunter die Politik eines europäischen Nationalstaates verstanden, die sich auf den Erwerb, Erhaltung und die Ausbeutung und Beherrschung fremder Völker auf anderen Kontinenten richtete. Damit setzt die Definition das Vorhandensein eines Nationalstaates voraus, der den Willen und die Machtmittel hatte, seine Technik, Kultur und Ideologie in überseeischen Ländern gegen den Willen der ortsansässigen Bevölkerung zu implementieren. Kolonialismus war daher ohne Nationalismus nicht denkbar. Seine Methode war die „Kolonisation“ und das Ergebnis die Kolonie, die Jürgen Osterhammel wie folgt definierte:

„Eine Kolonie ist ein durch Invasion (Eroberung und/oder Siedlungskolonisation) in Anknüpfung an vorkoloniale Zustände neugeschaffenes politisches Gebilde, dessen landfremde Herrschaftsträger in dauerhaften Abhängigkeitsbeziehungen zu einem räumlich entfernten ‚Mutterland‘ oder imperialen Zentrum stehen, welches exklusive ‚Besitz‘-Ansprüche auf die Kolonie erhebt“.[30]

Um interpretatorischen Zweifeln vorzubeugen, werden für die deutsche Kolonisation die Begriffe „Schutzgebiet“ und „Kolonie“ synonym verwendet. Es scheint übertrieben, jedes umgangssprachliche Wort auf kolonialistisches Gedankengut zu untersuchen, wie es Susan Arnd t tat, als sie sogar in der Bezeichnung „Häuptling“ eine Abwertung im Sinne von Primitivität festzustellen meinte[31]. Eine abwertende Konnotation hat es sicherlich gegeben, jedoch bezog sie sich mehr auf das, was der Häuptling verkörperte, nämlich eine Gruppe von „Schwarzen“. Dennoch waren die Häuptlinge für die deutschen Herren nicht irgendwelche „Schwarzen“, sondern diejenigen, denen sie Einfluss auf ihre Leute unterstellten und die daher überredet oder genötigt wurden, ihren Einfluss in deutschem Sinne geltend zu machen. Es würde hier zu weit führen zu beschreiben, dass das Häuptlingswesen gelegentlich nur eine deutsche Fiktion war, um sich präkoloniales[32] Leben vorzustellen und die Kolonisation vorantreiben zu können[33]. Angemerkt werden muss aber, dass „Togoland“ bzw. „Togo“ als staatsähnliches Schutzgebiet eine rein deutsche Schöpfung ist. Vor den Deutschen hatte es keinen Einheitsstaat namens Togo gegeben. Wenn in der Arbeit auf vorkoloniale Verhältnisse „in Togo“ verwiesen wird, sind immer Zustände auf dem Gebiet des Schutzgebietes Togo in den Grenzen von Anfang 1914 gemeint.

Es steht außer Frage, dass alle genannten Kolonie-Charakteristika auf das deutsche Schutzgebiet Togo zutrafen. Die „exklusiven Besitzansprüche“ wurden durch die Schutzverträge mit dem togoischen König Mlapa III[34] und anderen Häuptlingen begründet und in den späteren Grenzverlaufsverträgen mit England und Frankreich dokumentiert und zementiert[35]. Der offizielle Terminus „Schutzgebiet“ muss als bismarckscher Euphemismus verstanden werden, durch welchen der Reichskanzler Irritationen bei den europäischen Nachbarkolonien zu vermeiden suchte.

Kolonialismus und Imperialismus können - bezogen auf die deutsche Situation der wilhelminischen Ära - synonym gebraucht werden, wenn man im Hobsonschen Sinne Warenausfuhr, Rohstoffimporte und Kapitalverkehr als Ziel der Kolonisation betrachtet und den politischen Traum von einer Weltmachtstellung der deutschen Nation berücksichtigt. Der Imperialismusbegriff ist zwar durch inflationären Gebrauch für die verschiedensten Zwecke unscharf geworden, dennoch ist das völlige Vermeiden nicht möglich. Für den Bereich der deutschen Kolonialpolitik ist die – nicht unumstrittene - Theorie des Sozialimperialismus nach Hans-Ulrich Wehler brauchbar und gut vorstellbar[36]: Die besitzenden und herrschenden Eliten des Reichs versuchten, durch reale Expansionserfolge irgendwo in der Welt soziale und politische Probleme in Deutschland zu kompensieren und das Nationalprestige zu steigern. Die freihandelsimperialistische Theorie dagegen, wonach der Zugang zu Ressourcen und Absatzmärkten durch wirtschaftliche Abhängigkeit eines Staates über einen anderen auch durch indirekte Herrschaft erzielt werden könne, trifft auf Togo weniger zu. Zum einen war die wirtschaftliche Bedeutung der Kolonien marginal, zum anderen herrschten die Deutschen in Nordtogo nicht deswegen indirekt, weil sie die Wirtschaft bereits durchdrungen hatten. Sie hatten die Märkte mitnichten im Griff, wie wiederkehrende Klagen über das Abwandern der Händler in die Nachbarkolonien beweisen, noch die militärische Kapazität, das ganze Land direkt zu beherrschen. Die leninsche Theorie einer überbordenden kapitalistischen Monopolwirtschaft als Expansionsgrund lässt sich auf die Inbesitznahme von Togo nicht anwenden, wenngleich Kaufleute zu Beginn eine gewisse Rolle spielten. .[37]

Allen Theorien gemein war allerdings das Gefühl einer moralischen Verpflichtung und Berechtigung zur Expansion.[38] Letztendlich ist für diese Arbeit nicht entscheidend, unter welcher der zahlreichen Imperialismustheorien die Deutschen in Togo waren, sondern es zählt nur das Faktum, dass sie dort waren. Es gilt, die Methode ihrer Herrschaft und den Grad der Beteiligung der deutschen Medizin zu untersuchen.

1.4. Der kolonialmedizinische Diskurs

Die ärztliche Arbeit in den Kolonien wird seit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und aufgrund der Erfahrungen mit Humanexperimenten im Dritten Reich gerne und überwiegend vom Standpunkt heutiger ethischer Vorstellungen betrachtet und verurteilt. Dabei wird die damalige Feldforschung unter der Annahme eines egoistischen Karrierestrebens seitens der Forscher so umgedeutet, dass die Einheimischen von jenen Medizinforschern in ihrem natürlichen „Habitat“ wie in einem Großlabor zu Arzneimittelexperimenten und Impfstudien missbraucht wurden[39]. Folgerichtig wurden der Medizin im Rahmen der soziologischen Imperialismusdebatten bösartige Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen zugeordnet, was geschichtlich nichts Neues war, denn die Heilkunde wurde vielfach von Herrschenden für ihre Zwecke instrumentalisiert. Andere, positivere Stimmen verweisen auf die nachhaltigen Folgen der Kolonialmedizin in Deutschland: Entstehen des Fachgebietes der Tropenmedizin[40], Begründung von Tropeninstituten, Entwicklung von reisemedizinischen Beratungen und nicht zuletzt die Entwicklung einiger Arzneimittel gegen Tropenkrankheiten, welche dann (wie das Germanin(R))[41] selber wieder staatspropagandistisch ausgeschlachtet wurden.

In diesem Kontext monieren moderne Historiker gerne das späte Auftauchen von Krankenhäusern im deutschen Togo[42]. Tatsächlich wurde das nach dem Koloniegründer Gustav Nachtigal benannte Nachtigal-Krankenhaus erst 1894, also zehn Jahre nach dem Beginn der deutschen Herrschaft, im damaligen Klein-Popo[43] eröffnet. In den anderen Kolonien hatte man sich allerdings noch wesentlich mehr Zeit gelassen[44] ; der Krankenhausbau war schon aus Kostengründen nicht vorrangig. Auftrag der Häuser war zunächst die Versorgung von Europäern. „Eingeborenenkrankenhäuser“ wurden erst später als Baracken oder schlichte Häuser angegliedert. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das Hospitalwesen selbst in Deutschland erst am Ende des 19. Jahrhunderts besonders in der Provinz boomte. So verdoppelte sich die Zahl der Krankenanstalten (und verdreifachte sich die Zahl verfügbarer Betten) im Deutschen Reich von der Gründung 1871 bis zur Jahrhundertwende[45]. Es wäre daher voreilig, von einer „verspäteten Hospitalentwicklung“ in den Kolonien zu sprechen. In Togo kam noch die verhältnismäße geringe Anzahl zu betreuender Europäer hinzu - erst im Jahr 1897 wurden 107 „weiße“ Personen, davon 102 Deutsche gezählt; 1913 schließlich 368 „Weiße“, davon 320 Deutsche -[46], die an sich keine für diese Gruppe reservierte Krankenanstalt rechtfertigte. Dass dennoch das Nachtigal-Krankenhaus schon 1894 eröffnet und eine feste Regierungsarztstelle bewilligt wurde, ist daher eher erstaunlich. War es ein Standard-Erfordernis der Zeit, um die Kolonie, deren Klima immerhin als ziemlich gesundheitlich schädlich galt, für Europäer attraktiv zu machen, Ausdruck eines humanitären Bewusstseins seitens der Kolonialherren oder schlicht imperialistisches Kalkül, wie Peter Sebald es nicht müde wird zu behaupten?

Das „Krankenhaus“ in Anecho, das heutzutage vielleicht gerade noch als kleine Arztpraxis mit ein paar Betten durchgehen würde, war wohl von allem etwas, wobei sein Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung allerdings unbedeutend blieb.

1.5. Quellen- und Literaturlage; Vorgehensweise

Das Vorhandensein des Nachtigal-Krankenhauses Anecho wird bei fast allen deutschen Autoren bestätigt. Betrieb, Leistungsvermögen und Reputation des Hauses sind derzeit noch wenig erforscht. Die moderne togoische Geschichtsschreibung befasst sich eher mit den Konflikten und dem Verhalten ortsansässiger notabler Familien vor und während der deutschen Kolonialzeit als mit medizinischen Fragen.

Die amtliche Meinung ist den erhaltenen Akten der Togo-Verwaltung und des Reichskolonialamtes zu entnehmen.[47] Diese Akten informieren in Form von Kostenvoranschlägen und Bauzeichnungen über die Institution des Krankenhauses in Anecho sowie durch Medizinaljahres- und regierungsärztliche Reiseberichte über die Gesundheitslage im wilhelminischen Togo.

Medizinische Alltagsarbeit findet bekanntlich selten Einzug in amtliche Statistiken. Zur Beurteilung wurden daher Briefe und Erlebnisberichte folgender Zeitgenossen herangezogen:

a) Die Rotkreuzschwester Johanna Wittum, Pflegedienstschwester im Krankenhaus Anecho von 1897 – 1898[48]

b) Das Kaufmannsehepaar Emma und Gustav Küster, bei Vietor beschäftigt[49]
c) Der Regierungsarzt Dr. Ludwig Külz, Leiter des Krankenhauses in Anecho von 1902-1905[50]
d) Der Bezirksamtmann Dr. Richard Küas, Bezirksleiter von Lomé[51]
e) Der Assessor Rudolf Asmis, in Togo 1906[52]
f) Der Missionar (und Arzt) Dr. Rudolf Fisch, der für die Basler Mission eine dreimonatige Inspektionsreise durch Togo unternahm.[53]
g) Der Oberleutnant Georg Trierenberg zur Beschreibung der Verwaltung und der Inlandsfeldzüge der Polizeitruppe.[54]

Allgemeine Fragen zur Gesundheits- und Gefahrenlage in Togo konnten anhand alter medizinischer Fachzeitschriften und moderner Reviews geklärt werden[55].

Der späteren, kolonialhistorischen Würdigung liegen hauptsächlich die Forschungen folgender Autoren zugrunde:

a) Peter Sebald, Historiker aus der ehemaligen DDR, der als erster umfangreich die Kolonialgeschichte Togos anhand der ehemaligen Togo-Verwaltungsakten erschloss[56], was somit als Standardwerk gilt,
b) Diejenigen der Medizinhistoriker Hiroyuki Isobe[57] und Wolfgang Eckardt[58], die den Zusammenhang zwischen Medizin und Herrschaft untersuchten,
c) den Soziologen und Historikern Trutz von Trotha[59] und Ralph Erbar[60] zur Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte Togos.

Quellenkritisch muss angemerkt werden, dass die Berichte von Asmis, Külz und Küas in einer Zeit erschienen sind, in der bewusste, politisch opportun erscheinende Verfremdungen nicht auszuschließen sind. Ferner konnte nicht geklärt werden, inwieweit beim Nachlass des Ehepaars Küster Begebenheiten nicht veröffentlicht wurden.

Auffällig ist die Diskrepanz zwischen den äußerst positiven, persönlichen Ansichten der Zeitgenossen und der negativen kolonialen Gesamtdarstellung späterer Historiker. Die Einzelpersonen beschrieben ihre Lage oft wie durch eine rosarote Brille. Gräueltaten, die vorgekommen sind und den Betreffenden auch bekannt gewesen sein dürften, wurden verdrängt oder nicht erwähnt. Wohl zeigten sich rassistische Überzeugungen über den „Neger“, jedoch in weit moderaterem Maße als es die Forschung über Rassismus und Imperialismus vermuten lässt. Negativ werteten die Deutschen vor Ort höchstens eigene Krankheiten und zeigten ihren Gram über den Verlust der Kolonien nach 1918. Eine tiefgreifende Kritik an den kolonialen Verhältnissen liest man nicht.

Die meiste Forschungsliteratur des 20. Jahrhunderts konzentrierte sich dagegen auf koloniale Skandale und deutsche Übergriffe auf die einheimische Bevölkerung. Die Gouverneure und Bezirksleiter wurden als Anführer und Anstifter einer Söldnertruppe gezeichnet, die in erster Linie mordend und brandschatzend durch das Land zog und sich bemühte, dem Kapitalismus zum Durchbruch zu verhelfen. Besonders die sozialistische Forschung (Peter Sebald) und die hierauf aufbauenden Untersuchungen versteigen sich oft zu wahren Hasstiraden auf den deutschen „Togo(kolonial)klüngel[61] “. Diesen Meinungsgegensatz galt es darzustellen, ohne für eine Seite Partei zu ergreifen. Weder Kolonial-Apologetik noch Revisionismus sind Anliegen dieser Arbeit. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass politisch unkorrekte Begriffe wie „Neger“, „Schwarze“, „Farbige“, „Weiße“ nur dann ungekennzeichnet verwendet werden, wenn es Zitationspflichten aus den Quellen und der Literatur erfordern, ansonsten stehen sie in Anführungszeichen. Außerdem werden für die ortsansässige Bevölkerung in Togo die Begriffe „TogoerIn“, „AfrikanerIn“ oder wertneutrale Stammesbezeichnungen wie „Ewe“ gebraucht.

Bei allen Bemühungen um die wertneutrale Darstellung von Befunden ließ es sich nicht vermeiden, bereits durch die Wortwahl Wertvorstellungen zu vermitteln. Begriffe wie Rassismus, Kolonialismus oder Imperialismus sind zwar negativ behaftet, können aber als Fachtermini zur Beschreibung bestimmter Sachverhalte nicht einfach ausgelassen oder ersetzt werden. Mit dem Bewusstsein einer solchen Ambivalenz sollten derartige Begriffe im folgenden Text verstanden werden.[62]

2. Die deutsche Herrschaft im Schutzgebiet Togo

2.1. Kurzer geschichtlicher Abriss der deutschen Kolonisation in Togo

2.1.1. Die vorkoloniale Epoche

Togo(land) war kein menschenleerer, geschichtsloser Landstrich, auch wenn es so gut wie keine schriftlichen Dokumente der ortsansässigen Völkerschaften und nur wenige entdeckte archäologische Fundstücke (wie die Mauer von Nuatja (heute Notsé) gibt.[63] Aus prähistorischer Zeit ist praktisch nichts bekannt; allerdings sollen einige Gegenden des späteren Togos schon vor 3000 Jahren bewohnt gewesen sein. Die ersten Europäer, die im 15. und 16. Jahrhundert die sogenannte Sklavenküste an der Bucht von Benin (Teil des Golfs von Guinea) bereisten[64], fanden bereits eine Vielzahl von Ackerbau betreibenden, dörflichen Wohngemeinschaften verschiedener Ethnien ohne übergreifende Staatsgebilde vor. Der Mangel an Gold, großen Städten und Handelsplätzen sowie schlechte, gefährliche Ankerplätze verhinderten eine frühe europäische Okkupation des schmalen Togostreifens. Mit dem ansteigenden Bedarf von Arbeitskräften in der Neuen Welt wurde die „Ware Mensch“ entdeckt und schnell integraler Bestandteil des berüchtigten afrikanisch-amerikanisch-europäischen Dreieckhandels. Die Beschaffung von Sklaven übernahmen dabei nicht die Europäer, sondern kriegerische Volksstämme an Afrikas Westküste. Mächtige Sklavenjäger, die im 17. Jahrhundert u.a. die Großhäuptlingstümer bzw. Königreiche der Asante im Westen, Dahomey im Osten und der islamischen Anifom und Dagbamba (Dagomba) im Norden Togos bildeten, verursachten durch Fluchtbewegungen erhebliche Migrationsströme in Westafrika.[65] So sollen die Ewe ab 1700 aus ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet um Nuatja (Notsé) in ihre heutigen Lebensräume an der Küste des jetzigen Ghana und Togo ausgewandert sein. Von Westen her kamen unter anderem Tyokossi, Kuande, Fanti und Mani. Alle diese Volksgruppen praktizierten Natur- und Fetischreligionen. Im Norden dagegen verbreitete sich der Islam.

Obwohl die Europäer einige wenige Handelsposten und Forts an der Küste des heutigen Ghana hatten einrichten und einige Jahrzehnte halten können, gab es bis zum 19. Jahrhundert keine koloniale Herrschaft über Gebiete im heutigen Togo. Vielmehr begründeten aus dem Norden und dem heutigen Benin vor den Sklavenjägern geflüchtete Zwischenhändler sowie im Kampf unterlegene Stämme aus dem Gebiet um das ghanaische Accra ihre kleinen, autochthonen Reiche bei Anecho, Be (Amutive) und Lomé. Die heutige Stadt Lomé selbst wurde erst 1880 von afrikanischen Händlern gegründet, die hier die Zollauflagen des benachbarten englischen Kolonialgebietes Gold Coast umgehen wollten.[66] Zu den bedeutendsten vorkolonialen Königreichen an der togoischen Küste gehörte das Königreich der Guin mit ihrem Hauptsitz in Glidji, auf der anderen Lagunenseite Anecho gegenüber gelegen[67], mit dessen Familien es dann bis ins späte 19. Jahrhundert hegemoniale Streitigkeiten um den Warenverkehr und Zölle ausfocht.

2.1.2. Besetzung und Unterwerfung

Lange bevor das Reich zugriff, waren bereits deutsche Handelsgesellschaften und Missionare im Togostreifen tätig[68]. Namentlich die Missionare der Norddeutschen Missionsgesellschaft hatten sich die Missionierung der östlich des Voltaflusses lebenden Ewe zum Ziel genommen. Ihr Traum war, in einem noch kolonialherrenfreien Gebiet wirken zu können. Sie ließen sich in Kete nieder. Zugleich eröffnete das der Missionsgesellschaft nahestehende und diese finanziell unterstützende Bremer Handelshaus Friedrich M. Vietor mit dem Kaufmann Johann Carl Vietor[69] 1856 seinen ersten Betrieb ebenfalls in Kete, dem Faktoreien an der Küste (Be-Beach, Bagida-Beach, Anecho) folgen sollten. Mit Hauptsitz an der französischen Küste (Grand-Popo) trieb Carl Goedelt, ein Woermann-Partner, ab 1880 Handelsniederlassungen nach Westen vor (Anecho, Lomé). Ebenso mit Hauptsitz in Grand-Popo etablierten sich 1884 sieben Agenturen der deutschen Firma Wölber& Brohm in Anecho, Bagida und Lomé). Ein kleineres Unternehmen, Max Grumbach & Co. war in Anecho ansässig, musste aber nach wenigen Jahren aufgeben. Dazu bestand in Lomé ein Außenposten der englischen F&A. Swanzy Faktorei sowie in Anecho eine Tochtergesellschaft der französischen Regis Aines Frères und Cyprien Fabre in Porto Seguro.

Die meisten Unternehmen (außer Vietor) lebten gut vom Alkoholverkauf und nutzten die noch europäisch unvereinnahmte Togoküste, um die hohen Zölle in der englischen Goldküste bzw. im französischen Dahomey zu umgehen. Es war daher nur noch eine Frage der Zeit, wann die benachbarten Kolonialmächte den freien Küstenstreifen dazwischen unter sich aufteilen würden. Frankreich hatte in einem Geheimdossier bereits einen Schutzvertrag für Klein-Popo beschlossen, jedoch noch nicht vollzogen. Gleichzeitig umwarben die Engländer einige Häuptlinge an der Küste für einen Schutzvertrag. Als 1883 die Afrikaner auch noch einen englischfreundlichen „Regierungschef“ in ihren Clan aufnahmen, fürchteten die deutschen Händler um ihre Vorrechte und riefen ein vor der Küste kreuzendes deutsches Kriegsschiff – die SMS „Sophie“ - zu Hilfe. Deren Besatzung überfiel Klein-Popo (05.02.1884) und entführte vier unbequeme, englischfreundliche Ratgeber des örtlichen Königs.

Solcherlei Gewaltdemonstration verfehlte ihre Wirkung auf die afrikanischen Potentaten nicht. Es kündigte ihnen das Bestehen einer weiteren Macht neben England und Frankreich an und eröffnete die Möglichkeit, sich geschickt der englisch-französischen Umklammerung zu entziehen und gleichzeitig die verschiedenen europäischen Fraktionen zu ihrem eigenen Vorteil gegeneinander auszuspielen. So baten bereits im März 1884 die Könige von Little Popo und Gridji um den Schutz des Kaiserreichs.[70]

Es scheint, dass die Togoer sich damals für das kleinere Übel, nämlich den Schutzvertrag mit dem bis dahin unbekannten deutschen Kaiserreich, entschieden haben. Es ist für den geschichtlichen Ablauf unerheblich, inwieweit sich die vertragschließenden togoischen Parteien wirklich über die Vertragsfolgen im Klaren waren. Fest steht, dass die Häuptlinge wie auch Engländer und Franzosen die deutsche Oberherrschaft anerkannten, zumal die Deutschen zu Beginn noch sehr zurückhaltend vorgingen und die übrigen Europäer kein wirklich brennendes Interesse an Togo zeigten. So achtete der für Westafrika eingesetzte Reichskommissar Gustav Nachtigal[71], der sich gerade auf dem Schiffsweg von Tunis nach Kamerun befand, strikt darauf, seine Fahne nicht in Klein-Popo zu hissen, da dieses der französischen Interessenssphäre zugerechnet wurde. Er folgte damit ausdrücklich einer Weisung Bismarcks, Gebietsstreitigkeiten mit Frankreich unbedingt zu vermeiden. Gegenüber englischen Befindlichkeiten war man lockerer, und so unterzeichneten einige Häuptlinge den Schutzgebietsvertrag für das Gebiet des Königs Mlapa III[72] am 5.7.1884 in Bagida. Am nächsten Tag bestimmte Nachtigal den Handelsagenten des Unternehmens Wölber & Brohm Heinrich Randad zum provisorischen Konsul. Den Reichskanzler informierte Nachtigal erst bei seiner Rückreise am 23.8.1884 von Madeira aus über die Inbesitznahme und Ernennung.[73]

Es blieb die Politik aller folgenden Regierungsbeamten, das Gebiet der Kolonie durch Schutzgebietsverträge mit den Häuptlingen, die man für zuständig hielt, zu erweitern. Die Grenzen blieben noch einige Jahre variabel. Die präzise Grenzziehung zu den Nachbarkolonien (dem französischen Dahomey im Osten und der westlich gelegenen, britischen Goldküste) erfolgte erst Jahre später[74]. Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass die deutsche Kolonisation ohne die Zustimmung der einflussreichen Familien der Küstenorte nicht hätte stattfinden können. Diese Entscheidung war wiederum von Stammesstreitigkeiten und der vermuteten baldigen britischen Annexion beeinflusst. Die deutschen Kolonisatoren wären 1884 kräftemäßig nicht in der Lage gewesen, sich an der Sklavenküste mit militärischer Macht festzusetzen und zu halten.

Nach Erbar lag nun vor den frischgebackenen Kolonialherren die gewaltige Aufgabe, ohne praktische Erfahrungswerte und strategische Vorgaben sowie ohne Kenntnisse des Landes, das sie regieren sollten, eine effektive Verwaltung mit bescheidenen finanziellen Mitteln einzurichten. Dem lag der Wille Bismarcks zu Grunde, Kolonien, wenn sie ihm denn schon vom Volke aufgenötigt wurden, sich selbst tragen und verwalten zu lassen. Es gelang allerdings nicht, private Chartergesellschaften für Togo ins Leben zu rufen, so dass am Ende doch das Reich unterstützen musste.[75]

Die Vorgänge zur Festigung der Macht und ihr Ausbau sind sehr detailliert bei Trutz von Trotha beschrieben. Seiner Ansicht nach wurde das Gewaltmonopol, das eine Herrschaft kennzeichnet, durch permanente Gewaltandrohung und gelegentliche Demonstration überlegener Waffenstärke erreicht und schließlich „zur Grundform des Rechts“ erhoben[76]. Es ist zutreffend, dass Gewalt unmittelbar überzeugt und keines Dolmetschens bedarf. Das Brechen von Widerstand bei einigen kurzzeitigen, kleinen lokalen Aufständen[77] durch Einsatz überlegener Waffen wie dem Maxim-Maschinengewehr förderte eine Kultur des Gehorsams aus Angst vor Strafe und des Denunziantentums zur eigenen Bereicherung. Keiner dieser Aufstände hat allerdings jemals den großen Widerhall im der Öffentlichkeit des Kaiserreichs gefunden, wie ihn die Nama-Herero-Aufstände in Deutsch-Südwest erzeugten. „Koloniale Herrschaft ist (...) vor allem Schreckensherrschaft gegenüber der beherrschten Bevölkerung“, führte Michael Mann aus, „um das fremde Regime aufrechterhalten zu können, werden exemplarische und zugleich drakonische Strafmaßnahmen erlassen...“[78] Das Bestrafen war bei den Deutschen ein häufig genutztes Zwangsmittel, allem voran Zwangsarbeit und die beliebte Prügelstrafe, die im Reichsgebiet bereits verboten war[79]. Das Fehlen eines kodifizierten Strafgesetzbuches in den Kolonien öffnete der Willkür Tür und Tor.

2.1.3. Verwaltung, Transport- und schulwesen

Das Hauptstrukturelement der deutschen Herrschaft war „die Station“. Diese wurde von einem deutschen Regierungsbeamten, gelegentlich einem deutschen Assistenten und anfangs aus landesfremden Ethnien rekrutierten Polizeisoldaten (z.B. Haussa aus Nigeria[80] ) geführt. Togo war ab 1897 verwaltungsmäßig in sieben Bezirke untergliedert, denen ein Bezirksamtmann vorstand: Lomé, Anecho, Misahöhe, Kete-Kratschi, Atakpame, Sokode-Bassari und Mangu. Deren vorgesetzte Dienststelle war die Zentralverwaltung, das Gouvernement, das sich von 1885-1887 in Bagida, von 1887-1897 in Sebe und danach in Lomé befand.

Stations- und Bezirksleiter waren die Hauptträger der amtlichen Zivilisierung. Sie sprachen Recht und setzten Recht. Eine Gewaltentrennung gab es nicht. Der erste Bezirksamtmann von Lomé (damals noch Bezirk Lomé-Bagida) Richard Küas[81] beschreibt in seinen Togo-Erinnerungen seine Inthronisation durch seinen Vorgesetzten, den kaiserlichen Kommissar Eugen von Zimmerer[82] mit den Worten:

„Sie haben die Lokalverwaltung der Küstenorte Lomé und Bagida zu übernehmen. Daneben müssen Sie halt versuchen, Ihren Einfluss so viel wie möglich ins Innere des Westbezirks vorzuschieben (...) Und nun gehen Sie hin und regieren Sie!“[83].

Hier wird die absolute Machtfülle spürbar, die diesem Personenkreis übertragen wurde. Die rechtliche Stellung der afrikanischen Bevölkerung fasste Johannes Gerstmeyer[84] im Jahr 1914 treffend zusammen: „Der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetze gleich sind, hat (...) in den Schutzgebieten keine Geltung. Er ist eben dort nicht durchführbar.“[85] Bei unterschiedlichen Auffassungen über die Amtsführung konnte es leicht zum Streit zwischen dem Gouverneur und Bezirksleiter kommen, wobei die Gouverneure nur in den Anfangsjahren die Oberhand behielten.[86]

Stations- und Bezirksleiter hatten die Aufgabe, ihr Gebiet regelmäßig zu bereisen, es, solange die Grenzziehungen noch nicht abgeschlossen waren, durch neue Schutzverträge mit lokalen Häuptlingen zu vergrößern, Wege auszubauen und zu unterhalten, Gästehäuser zu schaffen, Versuchspflanzungen anzulegen und die Wirtschaft zu fördern, Fauna und Flora zu studieren, meteorologische Daten zu erheben, die Gesundheit und Hygiene der Bevölkerung zu verbessern, Recht zu sprechen und Ruhe und Frieden zu halten oder wieder herzustellen. Daneben mussten Statistiken für die Zentralverwaltungen geschrieben, Abgaben eingezogen und Strafarbeitsmaßnahmen überwacht werden.[87] Da die europäische Personaldecke äußerst dünn war, mussten aus den afrikanischen Dörfern ständig Arbeitskräfte rekrutiert werden. Das Haupttransportmittel für den gesamten Warenverkehr war der Rücken oder Kopf des Afrikaners. Dieser ging zu Fuß. Erst 1905 wurde die erste Eisenbahnlinie (Küstenbahn von Lomé nach Anecho) eröffnet, zwei Jahre später folgte die Inlandlinie von Lomé nach Palime. Die Hinterlandbahn, die den Nordteil mit der Küste verbinden sollte, wurde nur von Lomé bis Atakpame (dort 1913) fertig gestellt.[88]

Afrikaner waren kaum in verantwortlichen Positionen tätig. Bei der Rechtspflege überließ man den Häuptlingen immerhin die Alltags- und Bagatellfälle; sie wurden als Ratgeber in größeren Strafrechtsfällen gehört. Nach Sebald blieben manche der Häuptlinge zwar nominell für Landschaften verantwortlich, hatten de facto aber nichts zu sagen und waren direkt dem Bezirkschef unterstellt.[89] Fielen sie bei einem Leiter in Ungnade, konnte dieser sie durch eine andere Person ersetzen. Die zahlenmäßig geringe „weiße“ deutsche Bevölkerung war im Gouvernementsrat vertreten. Gouvernementsräte wurden nach einer Verordnung des Reichskolonialamtes ab 1903 als beratende Organe der Gouverneure in den Kolonien eingerichtet.[90] 1905 wurde dieses Organ, das unter der Leitung des Gouverneurs stand, auch in Togo eingesetzt. Zuvor hatte für einige Jahre ein „Verwaltungsrat“ in Togo bestanden, dem sogar Häuptlinge angehört hatten. Das war für den Gouvernementsrat nicht mehr vorgesehen.[91] Das Gremium war keineswegs paritätisch besetzt. Es sollten immer mehr amtliche als private Vertreter anwesend sein, deren Mindestzahl aus drei vom Gouverneur zu bestimmenden Personen bestand. Der Rat sollte bei den Haushaltsentwürfen der Kolonie und bezirksübergreifenden Angelegenheiten beraten. Er hatte jedoch kein Weisungsrecht.

Es gab im vorkolonialen und im deutschen Togo kein soziales Nord-Süd-Gefälle, wohl aber eine gwisse Religionsgrenze. Während im Norden neben Naturreligionen der Islam vom Sudan her schon frühzeitig vorgerückt war[92], blieben in den übrigen Gegenden Natur- und Fetischreligionen bestehen. Das Christentum spielte keine bedeutende Rolle[93]. Bereits seit 1852 wirkte die evangelische Norddeutsche Missionsgesellschaft aus Bremen bei den Ewe an der Gold- und Sklavenküste. Erst nach der deutschen Inbesitznahme traten weitere Missionsgesellschaften hinzu: 1892 die katholische „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ (Steyler Missionsgesellschaft), 1912 die evangelische Basler Mission in Nordtogo sowie die englische Wesleyan Methodist Missionary Society[94], welche bereits 1850 eine Schule in Zébévi (Anecho) gegründet hatte[95]. Allerdings fochten die Religionsrichtungen öfter heftige Streitigkeiten gegeneinander und gegen die Verwaltung aus. Dabei ging es weniger um zentrale religiöse Fragen als um das Problem der Unterrichtssprache in den Missionsschulen. Die koloniale Sprache sollte deutsch sein, während die Missionen gerne noch in englischer Sprache oder den Hauptlandessprachen Twi und Ewe unterrichteten. Der Konkurrenzkampf der Missionsgesellschaften untereinander und das Fehlen einer gemeinsamen Zielvorstellung veranlassten den Gouverneur Graf von Zech[96] im Jahr 1907 sogar, ihnen den Zutritt zu den beiden Bezirken im Norden zu verbieten. Damit wollte er gleichzeitig einem befürchteten Konflikt zwischen Muslimen und Christen vorbeugen.[97] Einer der bekanntesten Streitfälle war sicherlich der „Kulturkampf in Togo“ (1903-1907) zwischen der Steyler Mission und der Verwaltung, der in gegenseitigen Beleidigungsklagen, Verhaftungen der Missionare und Anzeigen gegen den Stationsleiter von Atakpame wegen Sittlichkeitsverbrechen gipfelte. Die Affäre kam sogar im Reichstag zur Sprache und wurde schließlich auf Druck des Reichskolonialamtes beigelegt[98]. Letztendlich handelte es sich bei dem „Kulturkampf“ nicht um eine fundamentale Kontroverse der Verwaltung des Schutzgebietes gegen die katholische Kirche, sondern um Zänkereien zwischen Einzelpersonen, die jedoch im Reichstag für innenpolitische Ziele in der Auseinandersetzung des Reichskanzlers von Bülow mit der führenden Zentrumspartei instrumentalisiert wurden.[99]

Die vier Missionsgesellschaften waren zugleich die Hauptträger des Schulwesens in Togo. Im Jahr 1911 zählte der Missionsinspektor Martin Schlunk 324 Schulen mit 457 Lehrern und 13.742 Schülern und Schülerinnen (vgl. Tab. 1). Die Lehrer entstammten mehrheitlich der afrikanischen Bevölkerung (408), nur 49 waren Europäer. Letztere waren vornehmlich an den Regierungsschulen eingesetzt. Die drei Regierungsschulen befanden sich in Lomé, Anecho und Sokode[100], die Ackerbauschule, die zugleich Versuchsfarm und agrarwissenschaftliches Experimentierfeld war, lag in Nuatja, die staatliche Handwerkerschule in Lomé. Die konfessionellen Elementarschulen sollten hauptsächlich zum christlichen Menschen erziehen. Über die Sprachausbildung wurde nach Einmischung der deutschen Verwaltung ins Schulsystem ab der Jahrhundertwende heftig gestritten (siehe weiter unten, S. 37). Ziel der Schulausbildung war es, loyale Untertanen zu erzeugen, nicht dagegen, Individuen bestmöglich zu fördern. Insofern hatte es für die afrikanische Bevölkerung auch keine Schulpflicht im deutschen Togo gegeben. Graf von Zech war zudem kein Freund übertriebener Schulbildung. Er war davon überzeugt, dass halbgebildete Menschen körperliche Arbeit als erniedrigend ansähen, sie daher vermeiden wollten, wodurch die Produktivität (der Landwirtschaft) sinken würde.[101]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Schularten, Betreiber und Ausbildungsziele in Togo, 1911[102]

Celia Sokolowsky ist in ihrer Arbeit der Frage nachgegangen, warum die Schulen trotz fehlenden Zwanges von der Lokalbevölkerung angenommen wurden. Das war dann der Fall, wenn die Schule Wettbewerbsvorteile im späteren Berufsleben verschaffen konnte, beispielsweise durch den Erwerb von Fremdsprachkenntnissen oder Aussichten auf einen sozialen Aufstieg innerhalb der Kolonialgesellschaft.[103]

2.1.4. Bevölkerung und rechtliche Stellung

Für Bernhard Dernburg[104] bedeutete Kolonisation

„die Nutzbarmachung des Bodens, seiner Schätze, der, Flora, der Fauna und vor allem der Menschen zugunsten der Wirtschaft der kolonisierenden Nation, die sich dafür zur Gegengabe ihrer höheren Kultur, ihrer sittlichen Begriffe, ihrer besseren Methoden verpflichtet.“[105]

Diese Generaldefinition stellte keineswegs eine einheitliche kolonialpolitische Leitlinie dar, da bekanntlich keine klare Zielvorstellungen existierten, was man denn konkret von den einzelnen Schutzgebieten wollte, wie deren Zukunft aussehen sollte und mit welchen Methoden jene Ziele erreicht werden sollten. Andererseits wurde ab Dernburgs Amtszeit das Kapital „Mensch und Arbeitskraft“ stärker beachtet und (etwas) fürsorglicher behandelt. Treibende Kraft blieb aber, wie auf S. 7 gezeigt, der Glaube an die deutsche Überlegenheit und der Eifer, dieses die anderen wissen zu lassen. Das Einschwören der AfrikanerInnen auf jene „bessere Methoden“ bezog alle Lebensbereiche ein: Ackerbau, Ausbildung und Erziehung der Kinder, Gesund-erhaltung, Bekleidung, Religion, Arbeit und Freizeit. Allerdings beinhaltete das „besser“ bereits eine westeuropäisch geprägte Wertung. Alles, was die Deutschen einführten, war „besser“. Zwangsläufig musste das, was die Kolonialbeamten[106] vorfanden, „schlechter“ sein.

Was fanden sie vor? Im vorkolonialen Togo lebte rund eine Million Menschen in Agrargesellschaften unter verschiedenen soziologischen Herrschaftsstrukturen. Lutz von Trotha gruppierte diese in Häuptlingsgesellschaften, zum Beispiel die Ewe im Süden des Landes, in andere mit Oberhäuptlingen, wie die Anufom in Nordtogo, sowie akephale Gesellschaften am Beispiel der Konkomba (Bekpokpam) im Nordwesten des Landes.[107] Die verschiedenen Volksgruppen waren sich durchaus uneins. Têtêvin Tété- Adjalogo begründete dies mit den Effekten, den die frühe Kolonisation der Neuen Welt für Afrika hatte.[108] Er zählte für das vorkoloniale Togo 35 verschiedene Ethnien auf, die mit der unscharfen zeitlichen Trennlinie des 15. Jahrhunderts auf verschiedenen Wegen in den Raum Togo gelangt waren, um sich dort entweder vor Sklavenjägern zu verstecken, als solche Krieg zu führen oder um ihren Lebensunterhalt besser bestreiten zu können (es gab gesichertere Nahrungsquellen und einen Binnenhandel). Insofern bestanden trotz einer gewissen Sesshaftigkeit mit Ackerbau und Kleintierhaltung ständige Migrationsbewegungen, was das Ausbilden dauerhafter Zentralkönigreiche verhinderte. Das für die Subsistenzwirtschaft erforderliche Land war Allgemeingut der jeweiligen Gruppe oder Großfamilie. Privaten Grundbesitz gab es nicht, auch nicht exklusive Individualnutzungsrechte an Wasserläufen oder Wald. In geringem Maße bestanden spezialisiertere Zentren für Weberei, Schusterei oder für den Erzabbau.

Als jeweiliges Oberhaupt einer Dorfgemeinschaft fungierte ein Häuptling, für große, über mehrere Areale verstreut lebende Clans auch ein Oberhäuptling/König, denen jeweils ein Ältestenrat beigeordnet war. Das Oberhaupt konnte abgesetzt und ersetzt werden, wenngleich sich die Nachfolger oft aus immer denselben vornehmen Familien rekrutierten. Der Amtsinhaber war somit kein absoluter Monarch, sondern eher „Princeps inter pares“ mit besonderen Befugnissen zur Rechtsprechung, Außenvertretung seiner Gruppe und Ausübung religiöser Praktiken. Allerdings bleibt Vieles über die präkoloniale tribale Gesellschaft in Ermangelung von dieser selbst verfassten Schriften oder entsprechenden archäologischen Relikten unklar, zumal auch die mündliche Überlieferung durch die Einwirkung verschiedener Kolonisatoren, des Christentums und des Islams verfälscht ist.

[...]


[1] vgl. u.a. Manuela Bauche (2006): 294-295, ebenso (2009): 2, Hiroyuki Isobe (2009): 160-163, Wolfgang Eckart (1997): 145-168

[2] WHO (2008): Fact sheet no. 134

[3] 1884 soll es in Freetown (heute in der Republik Sierra Leone) bereits sechs in europäischer Medizin ausgebildete Ärzte gegeben haben (vgl. Peter Sebald (1988): 148

[4] Vgl. Johanna Wittum (1899): 74

[5] Bei Peter Sebald (1988)

[6] Vgl. Wolfgang Eckart (2009a)

[7] Prof. Dr.med. Claus Schilling (1871-1946) war Kolonialarzt in Togo und Deutsch-Ostafrika (1901-1905), von 1905-1936 Direktor des Robert-Koch-Instituts Berlin. Von 1942-1945 leitete er verschiedene inhumane Menschenexperimente im KZ Dachau, bei denen 100 - 400 Personen gestorben sein sollen.

[8] DKL, Band III, S. 317 f.

[9] siehe hierzu auch Martin Schröder (1977): 20ff

[10] ebd., S.92 f. „Der Bezirksamtmann von Atakpame (...): ‚Ich hatte das Recht der Strafvollstreckung..’.“

[11] Die ältere Bezeichnung „Togoland“ wurde 1905 in „Togo“ geändert, so wie die Ortschaft Klein-Popo auf Druck der Kirche zum selben Zeitpunkt in Anecho umbenannt wurde.

[12] Kritiker führen die politisch erwünschte Kostenneutralität allerdings auf „kreative Buchführung“ der beteiligten Behörden zurück, vgl. Ralph Erbar (1991): 173 ff., Bettina Zurstrassen (2005): 158 ff., Peter Sebald (1988): 232 ff.

[13] Fatima El Tayeb (2001): 7

[14] Entsprechende humangenetische Untersuchungen bei Luigi Luca und Francesco Cavalli-Sforza (1996) und Cavalli-Sforza (2003)

[15] Professor Dr. Georg Christian Thilenius, 1868-1937, Direktor des Hamburger Museums für

Völkerkunde (1904-1935)

[16] DKL (1920) II: „Menschenrassen“, 546f.

[17] siehe Andrew Zimmerman (2001): 15-37, Klaudia Wurzer (2009): 19 ff.

[18] Frank Sobich (2006): 19-26

[19] Dorsch (1994): 764

[20] Beispiele aus Rhodesien bei Reimer Gronemeyer (1991): u.a. 16, 72,89, 151,153, ebenso bei Annette Dietrich: Rassenkonstruktionen im deutschen Kolonialismus, in: Marianne Bechhaus-Gerst (2009): 176-186

[21] Bei der vorgenannten Annette Dietrich

[22] Beispiele bei Reimer Gronemeyer (1991): 89f, Felix Axter in: Werkstatt Geschichte 39 (2005): 42

[23] vgl. die Karikaturen bei Felix Axter (2005): 44, 48

[24] 1905 in DSWA, 1906 in DOA, 1912 in Samoa. In Togo und Kamerun waren Mischehen ebenso wenig erwünscht, allerdings bestand wegen der geringen Anzahl von Mischlingen (Martha Mamozai (1982): 131) kein gesetzlicher Regelungsbedarf. Mit den Verboten sollte nur verhindert werden, dass „Ehefrauen“ und Nachkommen womöglich Ansprüche als deutsche Staatsbürger geltend machen könnten, wohingegen das männliche Sexualverhalten nicht reglementiert wurde, vgl. Pascal Grosse (2000): 160 ff. Bei Rechtsstreitigkeiten wurden Mischlinge in der Regel als „Eingeborene“ betrachtet – und benachteiligt. Gerlach und Birken erwähnen 540 solcher „Mulatten“ im Jahr 1913 in Togo, die nicht den Status von Deutschen erhalten dürfen, ebd. (2000): 55.

[25] Frank Sobich (2006): 31ff

[26] Frank Sobich (2006): 175 ff.

[27] Gruppenpsychologische Studien zeigten, dass sich das Wir-Gefühl aus einer gewissen räumlichen Nähe, ähnlichen Ziel- und Wertvorstellungen speist und das Individuum Selbstbestätigung aus der Zugehörigkeit zur Gruppe erfährt und diese daher oft als besser als eine andere Gruppe bewertet, vgl. Helmut Lück (1993).

[28] Frank Sobich (2006): 27f. Es besteht eine gewisse Nähe zur Theorie des Sozialimperialismus nach Wehler.

[29] ebd., S.225-240. Hintergründe der Kolonialkritik waren verschiedene Kolonialskandale, die in den deutschen Zeitungen verbreitet wurden (maßlose Gewalt gegen „Eingeborene“, Übergriffe gegen Frauen, Bereicherungen von Kolonialfirmen)

[30] Jürgen Osterhammel (2006): 16

[31] Susan Arndt (2004): 1f.

[32] Präkolonial bedeutet hier immer konkret die Zeit vor 1884, ungeachtet früherer Kontakte der Togoer mit Europäern.

[33] Zum Häuptlingswesen siehe Trutz von Trotha (1994): 235-271, Ralph Erbar (1991):51-62

[34] Der Begriff “König” darf wiederum nicht dazu verleiten, das damalige Togo als einen Staat mit einem Monarchen an der Spitze zu sehen. Vielmehr existierten nebeneinander rund 50 unterschiedliche Stämme mit jeweils ihrem Häuptling und ggf. Unterhäuptlingen. Die genaue Zählung anhand der Literatur ist schwierig, da vielfach Volksgruppen anhand der Sprachenfamilien zu einer „Ethnie“ zusammengefasst wurden, vgl. DKL Bd. III, S.497 ff.

[35] BArch R150: 1/158, 1/177, 1/196: 195-208; 231-250, 1/206, 1/284, 1/391: 46-64, 1/477, 3/107:1-71

[36] Zur Diskussion der Theorien des Sozial- und Freihandelsimperialismus vgl. Gregor Schöllgen (2000): 143 f.

[37] Zu den Imperialismustheorien von Hobson und Lenin siehe Stefan Bollinger (2004):47-67 und 148-170

[38] Zum „Auftrag des weißen Mannes“ vgl. Horst Gründer (2004b): 227-235

[39] So beispielsweise schon im Titel bei Wolfgang Eckart (2009a) und bei Manuela Bauche (2006)

[40] Gemeint ist hier die wissenschaftliche Tropenmedizin, die „Klinik der Tropenkrankheiten“ wie Virchow es nannte, nicht die ideologische Spekulationen einer „lokalistischen Akklimatisations-theorie“, wie sie die Deutsche Kolonialgesellschaft vertrat, vgl. Wolfgang Eckart (1990): 131 f.

[41] Freiname „Suramin“, soll heute als Mittel gegen Protozoen nicht mehr eingesetzt werden.

[42] Peter Sebald (1988), Ralph Erbar (1991), Trutz von Trotha (1994), Manuela Bauche (2006, 2009)

[43] In dieser Arbeit wird die Ortschaft „Klein-Popo“ mit dem seit 1905 verwendeten Namen „Anecho“ geführt. Die moderne togoische Bezeichnung ist „Aného“ (manchmal auch ohne Akut („Accent aigu“) geschrieben).

[44] 1897 in Duala/Kamerun (bei Wolfgang Eckart (1997): 197; 1895 in Daressalam/DOA (ebd.: 315), 1907 in Windhuk /DSWA, zuvor nur Feldlazarette (ebd.: 260ff).

[45] Zahlen bei Wolfgang Eckart (2009b): 230

[46] Bevölkerungsstatistik bei Trutz von Trotha (1994): 458f.

[47] siehe Akten des Bundesarchivs, Bestände R 150 und R 1001

[48] Johanna Wittum (1899)

[49] Emma Küster, Gustav Küster (hrsg. von Uwe Schott, 2000)

[50] Ludwig Külz (1943)

[51] Richard Küas (1939)

[52] Rudolf Asmis (1942)

[53] Rudolf Fisch (1911)

[54] Georg Trierenberg (1914)

[55] DMW (1895-1924) und DÄ (1997-2000)

[56] Peter Sebald (1988)

[57] Hiroyuki Isobe (2009)

[58] Wolfgang Eckart (1997)

[59] Trutz von Trotha (1994)

[60] Ralph Erbar (1991)

[61] Vgl. Peter Sebald (1988), u.a. 259, 262, 271

[62] Vgl. Zeittafel im Anhang, s. S. 98 ff.

[63] Kenneth Kelly: Change and Continuity in Coastal Bénin, in: Christopher de Course (2001): 84ff

[64] Die ersten sollen portugiesische Händler um etwa 1472-73 gewesen sein; Kenneth Kelly (siehe vorige Fußnote): 86

[65] Trutz von Trotha (1994): 233ff.

[66] Yves Marguerat (1999)

[67] Nicoué Gayibor und Yves Marguerat (1991)

[68] Zur unmittelbaren Vorgeschichte der deutschen Kolonisation in Togo s. Peter Sebald (1988): 31-43, und Paulette Reed-Anderson für die BPB (2004): 1; zu den inneren Querelen der ansässigen Bevölkerung N.Gayibor: Fio Agbanon II (1934): 94ff.

[69] Johann Karl Vietor (1810-1870) war ein Bremer Tabakhändler und Reeder. Er kooperierte in den 1860er jahren eng mit der Norddeutschen Mission, vgl. Paulette Reed-Anderson (2004)

[70] Norbert Wagner (2008), 242 (Schreiben von Togo-Häuptlingen an den Kaiser vom 05.03.1884)

[71] Dr. Gustav Nachtigal, 1834-1885, Arzt und Afrikaforscher, 1882-1884 Generalkonsul in Tunis, ab 1884 Reichsbeauftragter für Togo und Kamerun, hoffte, durch den Schutzgebietsstatus die Sklaverei unterdrücken zu können.

[72] Aus §1 des Schutzgebietsvertrages: „(...)von der Ostgrenze von Porto Seguro bis zur Westgrenze von Lomé oder Be-Beach (...)“, in deutscher Übersetzung bei Norbert Wagner (2008), 243f. und Peter Sebald (1988): S.43f.; englischsprachige Originalfassung: BArch R1001/9325, S.31

[73] Telegramm Nachtigals an den Reichskanzler bei Norbert Wagner (2008): 151

[74] Deutsch-französisches Abkommen vom 23. 07. 1897 (BArch R150, FA 1/84) und die deutsch-französische Erklärung über die Abgrenzung zwischen Togo und den französischen Besitzungen in Dahomey (jetzt Benin) und im Sudan vom 28. 09. 1912 (BArch R150, FA 1/391,46-64) bzw. den deutsch-britischen Abkommen vom 1. Juli 1890, Art.4 (Wagner (2008): 212ff, BArch R150, FA 1/196,231-250) ) und 14. November 1899 (DKL, Bd. III, S. 497)

[75] Ralph Erbar (1991): 10f.

[76] Trutz von Trotha (1994): 34-79

[77] z.B. Towe-Aufstand (März-Mai 1895), 7 „Feldzüge“ gegen die Konkomba und Kabye (Aug. 1897- Mai 1898), vgl. Herrmann/ Sebald (2001): 8f. Sebald verteufelte den Towe-Aufstand als Rachefeldzug des Stationsleiters (vgl. Peter Sebald (1988): 167), während der in Misahöhe stationierte Anthropologe Heinrich Klose den Angriff als Maßnahme gegen häufige Raubüberfälle auf Karawanen und Wegelagerei für notwendig hielt (Heinrich Klose, 1899: 164 ff.)

[78] Michael Mann: „Das Gewaltdispositiv des modernen Kolonialismus“, in Mihran Dabag (Hrsg.) (2004): 118

[79] Martin Schröder (1997): 73

[80] U.a. bei Otto Stammermann (2009): 7

[81] Richard Küas (1861-1943) war Bezirksleiter in Togo von 1889 bis 1894

[82] Eugen von Zimmerer (1843-1918), Jurist, in Togo von 1888-1891, danach Gouverneur von Kamerun

[83] Richard Küas (1939): 16f. Zur Interpretationsproblematik der Texte von Küass s.S. 79.

[84] Berliner Kolonialrechtler des RKA (1866- ? [Todesjahr unbekannt, im WK II], bei Marc Grohmann (2001): 230f

[85] Zit. bei Ralph Erbar (1991): 32

[86] Bekanntes Beispiel für die frühe Phase waren die Puttkamer-Herold-Differenzen, vgl. im Detail Amétépé Ahadji (2004). Dagegen scheiterte der Gouverneur Waldemar Horn an seinen Bezirks-leitern, vgl. Trutz von Trotha (1994): 164

[87] Vgl. die Aufgabenbeschreibung für den Bezirksleiter von Sokode, bei Rudolf Asmis (1942): 58

[88] Alle Jahresangaben zum Bahnbau bei Herrmann/Sebald (2001): 12-15, Ralph Erbar (1991): 193-217

[89] Peter Sebald (1988): 285

[90] DKL Band I, Stichwort „Gouvernementsrat“, S. 746, auch bei Bettina Zurstrassen (2005): 23

[91] Ralph Erbar (1991): 22ff.

[92] Peter Sebald [(1988): 493] bezifferte den Bevölkerungsanteil von Muslimen nur auf 1-10%, die nur auf wenige Regionen konzentriert gewesen wären (Tschaudjo, Jendi, Mangu).

[93] Dabei blieb es auch bis 1912 trotz missionarischer Bemühungen. Trierenberg erwähnte für Anfang 1910 14.000 Christen, 1911 16.544 und 1912 19.865 Getaufte, also immer unter 2% bei einer Einwohnerzahl von rund 1 Mio. Menschen (Georg Trierenberg (1914): 53)

[94] DKL, Band III, Stichwort „Togo“, S. 497ff.

[95] John Kangni (2007): 36

[96] Julius Graf von Zech auf Neuhofen (1868-1914) war von 1895-1910 in Togo tätig: als Bezirksleiter von Kete-Kratschi, Anecho und als Gouverneur (1903-1910)

[97] Peter Sebald (1988): 492ff.

[98] Ralph Erbar (1991): 246ff.

[99] Bettina Zurstrassen (2005): 206f.: Die öffentliche Austragung und der Rechtfertigungsdruck der Kolonialverwaltung hätten die sachliche Aufklärung und ggf. rechtliche Ahndung von Missbrauchs-fällen verhindert.

[100] Ralph Erbar (1991): 246ff.

[101] Aus einem Sitzungsprotokoll des Gouvernementrats (Punkt 24) vom 10.09.1908, BArch R150, FA 1/251: 40-45

[102] Zahlen nach Martin Schlunk (1912), zit. bei Celia Sokolowsky (2004): 38-41

[103] Celia Sokolowsky (2004): 41f., 50ff.

[104] Bernhard Dernburg (1865-1937), deutscher Bankier und Politiker. Er war als Staatssekretär Leiter des RKA von 1907-1910.

[105] Zit. bei Bernd Längin (2005), S.39

[106] Durch die Einschränkung auf Beamte sollen vorkoloniale Sichtweisen der Missionen und einzelner Handelsunternehmen vorerst ausgeblendet werden.

[107] Trutz von Trotha (1994), S. 225-260

[108] Têtêvin Tété-Adjalogoo (1998), S. 14 f.

Ende der Leseprobe aus 118 Seiten

Details

Titel
Die deutsche Medizin erobert Togo: Beispiel des Nachtigal-Krankenhauses in Klein-Popo (Anecho), 1884-1914
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
118
Katalognummer
V196080
ISBN (eBook)
9783656276067
ISBN (Buch)
9783656276623
Dateigröße
5405 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Togo, Kolonialmedizin, Imperialismus, Anecho, Dr.Külz, Deutsche Kolonien, Klein-Popo, Nachtigal-Krankenhaus, Gustav Nachtigal, Schlafkrankheit, Malaria, Schwarzwasserfieber, Togoland, Kaiserreich, Külz
Arbeit zitieren
Dr. med. Guenter Rutkowski (Autor:in), 2010, Die deutsche Medizin erobert Togo: Beispiel des Nachtigal-Krankenhauses in Klein-Popo (Anecho), 1884-1914, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/196080

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