Liv Ullmann - Die große norwegische Schauspielerin


Fachbuch, 2012

51 Seiten


Leseprobe


Liv Ullmann

Die große norwegische Schauspielerin

Norwegens bedeutendste Filmschauspielerin ist die Künstlerin Liv Ullmann. Ihre größten Erfolge auf der Kinoleinwand feierte sie in neun Filmen des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman. Ab Beginn der 1980-er Jahre engagierte sie sich immer mehr für den Frieden und für die Not leidenden Kinder in aller Welt.

Liv Johanne Ullmann wurde am 16. Dezember 1938 als Tochter des norwegischen Luftfahrt-Ingenieurs Erik Viggo Ullmann (1907-1945) in Tokio geboren, als ihr Vater in Japan arbeitete. Zwei Jahre später zog sie mit ihren Eltern nach Kanada. Dort arbeitete der Vater während des Zweiten Weltkrieges auf der norwegischen „Air Force Basis“ auf Toronto Island. 1943 erlitt er einen folgenschweren Unfall. Am 15. Juni 1945 starb der Vater in New York City an einem Gehirntumor. 1946 zog Livs Mutter Janna Erbe Ullmann (1910-2011), geborene Lund, mit ihren Töchtern Janna (geboren 1936) und Liv in die Gegend von Trondheim in Norwegen. Liv besuchte in der Nähe von Trondheim die Schule. Zum Entsetzen ihrer religiösen und sehr auf Anstand bedachten Mutter brach sie das Gym- nasium vorzeitig ab, um Schauspielunterricht nehmen zu können. 1956 bewarb sich Liv um einen Ausbildungsplatz an der „Nationalen Theaterschule“ in Oslo, wurde aber nicht angenommen. 1957 nahm sie acht Monate lang Unterricht in der Londoner Schauspielschule „Webber-Douglas Academy“.

Ebenfalls 1957 feierte Liv Ullmann am Theater in Sta- vanger mit der Titelrolle des Stücks „Das Tagebuch der Anne Frank“ ihr Debüt auf der Bühne. Sie arbeitete bis 1959 am Theater in Stavanger, danach am Nationalthea- ter und am „Norwegischen Staatstheater“ in Oslo. Ab 1959 wirkte Liv Ullmann in norwegischen Filmen mit. Zu ihren ersten Streifen gehörten „Fjols til fjells“ (1957), „Frühehe“ (1959), „Ung flukt“ („Junge Flucht“, 1959), „Nachtbrot“ (1960), „Aller Nächte Sehnsucht“ (1962) und „Pan“ (1965). Im Liebesdrama „Junge Flucht“ sorgte die 1,73 Meter große blonde Actrice we- gen einer Nacktszene, in der man sie kurz im Hinter- grund durchs Bild huschen sah, für Aufsehen.

1960 heiratete Liv Ullmann den norwegischen Psy- chiater Dr. Hans Jacob Stang. Nach Angaben von Ketil Bjornstad, dem Biografien von Liv, litt die Ehe durch Untreue auf beiden Seiten. 1966 erfolgte die Schei- dung.

Den Durchbruch als Schauspielerin schaffte Liv Ull- mann mit ihrer Hauptrolle in dem Film „Persona“ (1966) des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman (1918-2007). Darin spielte Liv neben Bibi Andersson eine Schauspielerin namens Elisabeth Vogler, die auf unerklärliche Weise verstummt ist. Erst als ihre Be- treuerin ihr kochendes Wasser ins Gesicht schütten wollte, riss Elisabeth die Arme hoch und schrie: „Nein!“ Liv Ullmann wurde ein Zeitlang der Lieblingsstar und die Lebensgefährtin von Ingmar Bergman. Der Sohn eines lutherischen Pastors war vorher schon viermal verheiratet gewesen. Nämlich von 1943 bis 1945 mit Else Fisher, von 1945 bis 1950 mit Ellen Lundström, von 1951 bis 1952 mit Gun Grut und von 1959 bis 1965 mit der Konzertpianistin Käbi Laretei. Ingmar hatte bis dahin mit vier Ehefrauen und einer Geliebten ins- gesamt acht Kinder gezeugt: Lena (1943), Eva (1945), Jan (1946), die Zwillinge Anna und Mats (1948), Ingmar (1951), Maria (1959) und Daniel (1962). Aus der Ver- bindung von Liv Ullmann und Ingmar Bergman ging am 9. August 1966 in Oslo die Tochter Karin Beate hervor, die sich später als Schriftstellerin Linn Ullmann einen Namen machte. Linn war das neunte Kind von Bergman. Zusammen mit Bergman drehte Liv die Filme „Vargtimmen“ („Die Stunde des Wolfs“, 1968), „Skam- men“ („Schande“, 1968) und „En Passion“ (1969). In „Vargtimmen“, dem einzigen Horrorfilm von Bergman, sah man auch seine Tochter Linn, die während ihrer Kinderzeit in einigen Filmen mitwirkte.

„Er war für mich Gott. Ich bewunderte ihn und ängstigte mich zugleich zu Tode vor ihm“, sagte Liv Ullmann über Ingmar Bergman. Von dem unter Schauspielern

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Nahezu alle Filme von Ingmar Bergman (1918-2007) aus den 1950-er und 1960-er Jahren

wurden in den Filmstudios „Filmstaden“ ( „Die Filmstadt“ ) in Solna au ß erhalb von Stockholm gedreht

und von der schwedischen Filmgesellschaft „Svensk Filmindustri“ produziert.

gefürchteten tyrannischen Regisseur lernte sie, mit wenigen Worten und Gesten, dafür aber mit ihrem Ge- sicht alles auszudrücken - Trauer, Verzweiflung, Glück und Einsamkeit. Ihr variationsreiches Mienenspiel wurde von Bergman in Großaufnahmen festgehalten.

Liv Ullmann und Ingmar Bergman blieben von 1965 bis 1970 fünf Jahre lang zusammen. Sie lebten in einem Haus auf der Ostseeinsel Farö, wo Liv ihre Sicherheit darin fand, so zu leben, wie Ingmar es wollte. Offenbar hatten beide unterschiedliche Vorstellungen von ihrer Ehe: Liv suchte die absolute Geborgenheit, Ingmar die Mutter. Liv litt unter der Egozentrik, der maßlosen Eifersucht und den gelegentlichen Wutausbrüchen von Ingmar. Einmal schloss sie sich aus Angst vor Ingmar im Badezimmer ein. Draußen stand Ingmar und trat gegen die Badezimmertür, bis sein Fuß durch die Tür krachte und sein Hausschuh in die Toilette geschleudert wurde. Ihre große Liebe endete, als Liv von Ingmar verlassen wurde, was sie angeblich nie richtig wahrhaben wollte.

Als sich Liv Ullman nach ihrer Trennung „leergeweint“ hatte, begriff sie, dass es unmöglich sei, so zu leben, als könnte sie nur durch einen anderen Menschen ihre Erfüllung finden. Erst als alles vorbei war, wurden Liv und Ingmar wahre Freunde und arbeiteten weiterhin in Filmen zusammen.

Nach der Trennung von Ingmar Bergman lebte Liv Ullmann allein. Bald spürte sie den Druck, den die Gesellschaft auf alleinstehende Frauen ausübte. Wenn sie allein in ein Restaurant ging, genierte sie sich und verkroch sich mit einem Buch in eine Ecke. Weil sie aus beruflichen Gründen ihre Tochter Linn oft allein lassen musste, plagte sie ein schlechtes Gewissen. Denn sie hatte ein Leben lang in Büchern gelesen, dass eine Frau zu Hause bei ihrem Kind bleiben sollte.

Ingmar Bergman heiratete 1971 zum fünften Mal. Ehefrau Nummer 5 war die Gräfin Ingrid von Rosen, mit der er bereits 1959 außerehelich die Tochter Maria gezeugt hatte. Er gehörte zu den nordischen Künstlern, welche die Institution Ehe eher pessimistisch be- trachteten.

Zu Beginn der 1970-er Jahre wirkte Liv Ullmann in amerikanischen Filmen mit, so in „The Night Visitor“ („Der unheimliche Besucher“, 1970) und „Lost Hori- zon“ („Der verlorene Horizont“, 1973). Außerdem sah man sie in dem TV-Zweiteiler „Utvandrarna“ („Emi- granten“, 1971 ) und „Nybyggarna“ („Das neue Land“, 1972) sowie in dem britischen Streifen „Pope Joan“ („Papst Johanna“, 1971).

In Hollywood fielen ihr beim Filmen und auf Partys „die Falschheit, das Frivole dieses Lebens dort“ sowie Erfolgs- und Konkurrenz-Stress auf. Aber sie begegnete auch „Freundlichkeit und Großzügigkeit“ und wurde „wie eine Prinzessin verwöhnt“.

Weitere internationale Erfolge feierte Liv Ullmann mit den Bergman-Filmen „Viskningar“ („Schreie und Flüstern“, 1972), „Scener ur ett äktenskap“ („Szenen einer Ehe“, 1973), „Ansikte mot ansikte“ („Von Ange- sicht zu Angesicht“, 1976), „The Serpent’s Egg“ („Das Schlangenei“, 1977) und „Höstsonaten“ („Herbstsona- te“, 1978).

In „Schreie und Flüstern“ ging es um drei Schwestern, von denen diejenige namens Agnes unheilbar an Krebs litt und an deren Sterbebett sich alle trafen. Eine der schockierendsten Szenen zeigte, wie sich die Schwester Karin im Bett eine Glasscherbe in die Scheide steckte, mit Blut ihren Mund bemalte und dann die Beine vor ihrem Ehemann ausbreitete. Liv Ullmann spielte die Schwester Maria, deren Ehemann versuchte, Hand an sich zu legen und mit einem Messer im Leib um Hilfe schrie. Liv hatte in diesem düsteren Film eine Doppelrolle: Sie mimte die Schwester Maria und deren Mutter.

Mit „Szenen einer Ehe“ reihte sich Ingmar Bergman in die Reihe jener Regisseure ein, die ihre Privat- und Eheprobleme mit wenig Handlung und viel Dialog in Spielfilmen darstellten. Darin wird halbdokumentarisch die Krise einer scheinbar harmonischen Ehe aufge- zeichnet. Liv Ullmann mimte die Ehefrau Marianne, Erland Josephson den Ehemann Johan. Die Beiden wurden anfangs als ideales Ehepaar in einer Zeitschrift vorgestellt, doch dann zerbrach die vordergründige Harmonie. Das Hamburger Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ urteilte hierüber: „Der Erfolg dieses Werkes,

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Ingrid Bergman (1915-1982) in jungen Jahren

das alles andere als spektakuläres Kino bietet und im Grunde ein reiner Redefilm ist, beweist, wie groß zumindest beim bürgerlichen Publikum das Interesse ist, individuelle Konflikte in persönlicher, intimer Form dargestellt zu sehen. Dieses Publikum nimmt zweiein- halb Stunden lang in Kauf, daß auf der Leinwand fast ausschließlich Großaufnahmen erscheinen und die Handlung hauptsächlich vom Dialog getragen wird“. In „Herbstsonate“ unter der Regie von Ingmar Bergman lieferte sich Liv Ullmann mit der 63-jährigen Ingrid Bergman (1915-1982), die mit Ingmar nicht verwandt ist, einen Schlagabtausch. Dieser gilt - laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ - als eines der aufregendsten Schauspielerduelle der neueren Filmgeschichte.

Weniger erfolgreich waren die Hollywood-Filme von Liv Ullmann wie „Lost Horizon“ („Der verlorene Ho- rizont“, 1971), „40 Carats“ („Vierzig Karat“, 1972) und das Kriegsdrama „The Bridge Too Far“ („Die Brücke von Arnheim“, 1977) . Woody Allen soll einmal gesagt haben, wenn er sein Leben noch einmal leben könne, würde er alles genau so machen mit einer Ausnahme. Er würde sich nicht noch einmal Liv Ullman in „Lost Horizon“ ansehen.

Das US-Nachrichtenmagazin „Time“ schwärmte einst über Liv Ullmann: „Liv, das heißt norwegisch Leben. Und dieses Wort passt zu dem Gesicht. In den Augen die Tiefe der kristallklaren Fjorde und die unendliche Weite der Wälder. Unschuld und Sex in einem.“ Der Filmproduzent Mike Frankowvich bescheinigte ihr die gleiche Verletzlichkeit im Ausdruck wie Ingrid Bergman. Manche Kritiker verglichen sie mit der Garbo, obwohl diese stets nur Selbstdarstellerin war, während die Ullmann wie ein Chamäleon in ihre Rollen schlüpfte. Liv Ullmann selbst gestand einmal, sie genieße es, ein Star zu sein, im Mittelpunkt zu stehen, in feudalen Hotels zu wohnen und im Luxus zu schwimmen. Doch nach solch einem Tag schließe sie die Tür ab, schaue in den Spiegel und sage sich: „Denk’ dran, Liv, du bist nichts anderes als Liv Ullmann, eine gewöhnliche Schau- spielerin, einfach nur eine Frau, die ein wenig mehr Glück gehabt hat als andere.“

Im Februar 1980 beteiligte sich die norwegische Schau- spielerin zusammen mit der amerikanischen Sängerin Joan Baez an einem Friedensmarsch an die thailändisch- kambodschanische Grenze. Ab August 1980 wurde sie als Nachfolgerin von Danny Kaye (1913-1987) und Pe- ter Ustinov (1921-2004) Sonderbotschafterin des „Welt- kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen“ („United Nations Children’s Emergency Fund“, „UNICEF“). Die 16-jährige Tochter Linn von Liv Ullmann und Ingmar Bergman wurde 1982 in New York City, wo sie damals zur Schule ging, als Fotomodell entdeckt. Eine US-Agentur gab ihr für zwei Jahre einen Vertrag, der ihr pro Einsatz eine Tagesgage von umgerechnet etwa 3.000 Mark garantierte. Von 1984 bis 1990 studierte Linn englische Literatur an der „New York University“, 1988 graduierte sie und begann mit ihrer Promotion. 1989 heiratete sie den norwegischen Lyriker, Bühnenautor und Romancier Niels Fredrik Dahl.

Auch in den 1980-er Jahren trat Liv Ullmann immer wieder im Theater, im Kino oder im Fernsehen auf. Man sah sie unter anderem in den Filmen „Gaby A True story“ („Gaby - eine wahre Geschichte“, 1986), „Mosca addio“ („Farewell Moskau“, 1987), „La Amiga“ („Die Freundin“, 1987) und in dem Fernsehfilm „The Rose Garden“ („Der Rosengarten“, 1989). Letzteres Holocaust-Drama basierte auf einer wahren Bege- benheit über die Erhängung von 20 jüdischen Kindern nach medizinischen Experimenten in einer Hamburger Schule wenige Tage vor Kriegsende. Als Regisseurin arbeitete sie erstmals in dem Film „Love“ (1981), in dem sieben von Frauen geschriebene Liebesgeschichten geschildert wurden. Weitere Regiearbeiten folgten mit „Look at Liv“ (1982) und „Sofie“ (1992).

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Details

Titel
Liv Ullmann - Die große norwegische Schauspielerin
Autor
Jahr
2012
Seiten
51
Katalognummer
V194763
ISBN (eBook)
9783656207450
ISBN (Buch)
9783656207689
Dateigröße
1338 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Liv Ullmann, Film, Filmstars, Filmschauspielerinen, Schauspielerinnen, Frauenbiografien, Kurzbiografien, Biografien
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2012, Liv Ullmann - Die große norwegische Schauspielerin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194763

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