Personalrekrutierung für Auslandsengagements mittelständischer Unternehmungen


Diplomarbeit, 2003

76 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Formen der Internationalisierung mittelständischer Unternehmungen
2.1. Besonderheiten des Mittelstandes
2.2. Motive einer Internationalisierung
2.3. Institutioneller Ansatz der Internationalisierung
2.4. Prozessualer Ansatz der Internationalisierung

3. Anlässe und Arten von Auslandsentsendungen
3.1. Beweggründe für Auslandsentsendungen
3.1.1. Auslandsentsendungsziele von Unternehmungen
3.1.2. Auslandsentsendungsmotive der Mitarbeiter
3.2. Arten von Auslandsentsendungen

4. Personalbeschaffung und Personalauswahl im Mittelstand
4.1. Personalbeschaffungskanäle
4.2. Auswahl geeigneter Mitarbeiter
4.3. Arbeitsvertragliche Änderungen für Auslandsentsendungen

5. Vorbereitung und Betreuung der Entsandten
5.1. Kulturorientierte Vorbereitung
5.2. Informationsorientierte Vorbereitung
5.3. Betreuung während des Aufenthaltes

6. Reintegration nach Auslandsentsendungen
6.1. Beendigungsgründe und Reintegrationsphasen
6.2. Probleme bei der Reintegration
6.3. Lösungsansätze zur Bewältigung von
Reintegrationsproblemen

7. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Unternehmungsstrukturierung nach Zahl der Beschäftigten

und Umsätze pro Jahr

Abb. 2: Definition für kleine und mittelständische Unternehmungen

der Europäischen Union

Abb. 3: Differenzierung von Internationalisierungsformen 15

Abb. 4: Mittelstandsinternationalisierung durch direkte Exporte

Abb. 5: Ziele deutscher Unternehmungen bei internationalen Einsätzen

Abb. 6: Ablehnungsgründe für Auslandsentsendungen

Abb. 7: Unterschiede in den Auslandsentsendungen

Abb. 8: Instrumente der Mitarbeiterbeschaffung

Abb. 9: Vorteile der internen Personalrekrutierung

Abb. 10: Auswahlkriterien für Auslandsentsendungen

Abb. 11: Instrumente der externen Bewerberauswahl

Abb. 12: Kulturdimension von Hofstede

Abb. 13: Erfolg der Entsandten

Abb. 14: Kontakt zu Stammunternehmungen

Abb. 15: Phasen der Reintegration

Abb. 16: Ansätze der Reintegration

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen sind seit langem in hohem Maße durch internationale Verflechtungen der Märkte – allgemein bekannt als Globalisierung - gekennzeichnet. Nicht nur die Entwicklung zur Vollendung des europäischen Binnenmarktes im Jahre 1999 und dem einhergehenden europäischen Arbeitsmarkt, sondern auch die wirtschaftliche Aufholjagd vor allem des asiatisch-pazifischen Raumes bedingen die Internationalisierung von Unternehmungen. Kleine und mittelständische Unternehmungen können sich der zunehmenden Dynamik des Wettbewerbs um Kunden und Märkte im Rahmen der Globalisierung sowie der hohen Spezialisierung von Technologien und immer kürzer werdenden Innovations- und Produktlebenszyklen nicht verschließen. Somit wird für mittelständische Unternehmungen eine internationale Vermarktung ihrer Produkte und Dienstleistungen immer wichtiger. Diese Vermarktung wird entweder selbständig oder durch Gemeinschaftsunternehmungen in Form von Kooperationen und Joint Ventures durchgeführt. Nach Schätzungen des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) wird sich der Anteil des Auslandsgeschäfts am Gesamtumsatz mittelständischer Unternehmungen bis zum Jahr 2005 nahezu verdoppeln.[1]

International tätige Unternehmungen transferieren sowohl Finanz- und Humankapital als auch Informationen und Sachmittel. Grenzüberschreitende Personalbewegungen erfolgen zum einen um Know-how, z. B. über Produktionsprinzipien und Qualitätsstandards, zum anderen aber auch über Managementtechniken und Führungsprinzipien an die Mitarbeiter der ausländischen Beteiligungs- bzw. Tochtergesellschaft zu übermitteln und auszutauschen. Für diese grenzüberschreitenden Personalbewegungen werden qualifizierte Fach- und Führungskräfte zur Übernahme von Auslandstätigkeiten intern und extern der Unternehmung rekrutiert. Um erfolgreich durchgeführt werden zu können, müssen diejenigen Fach- und Führungskräfte durch spezielle Auswahlverfahren gewählt werden, da neben der fachlichen Qualifikation auch interkulturelle Kompetenz erforderlich ist. Diese ist besonders wichtig aufgrund der weltweit wirtschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen und sozialen Verflechtungen einer mittelständischen Unternehmung mit dem Ausland.

Die Rolle des deutschen Mittelstandes in den Produktions- und vor allem in den Dienstleistungssektoren ist im Prozess der Globalisierung der Weltwirtschaft von großer Bedeutung. Auch den Internationalisierungsschritt wagen mittelständische Unternehmungen vermehrt. Mittlerweile ist rund jede zehnte mittelständische Unternehmung in internationale Kooperationen eingebunden. Schätzungsweise rund 120 000 mittelständische Unternehmungen sind bereits international tätig.[2] Aus diesem Grund beschäftigt sich die vorliegende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den vier Phasen - Personalbeschaffung und Personalauswahl, Vorbereitung, Betreuung und Reintegration -, von Auslandsentsendungen mittelständischer Unternehmungen.

Da die heutige Literatur zumeist nur die Problematik von Auslandentsendungen einer Großunternehmung behandelt, werden im Rahmen dieser Auseinandersetzung verschiedene Perspektiven berücksichtigt. Zum besseren Vergleich erfolgt die Analyse der unterschiedlichen Möglichkeiten bei der Durchführung von Auslandsentsendungen mittelständischer Unternehmungen zu Großunternehmungen. Des Weiteren werden die Beziehungen zwischen mittelständischen Unternehmungen und Mitarbeitern einbezogen. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt in der Darlegung von Faktoren, die mittelständische Unternehmungen speziell berücksichtigen sollten, damit Auslandsentsendungen von Mitarbeitern einen Erfolg für beide Seiten darstellen.

Im zweiten Abschnitt erfolgt zunächst die inhaltliche Abgrenzung des Mittelstandes zu Großunternehmungen auf deutscher und europäischer Ebene. Zu Beginn werden die Besonderheiten mittelständischer Unternehmungen charakterisiert, durch die sie sich von Großunternehmungen unterscheiden. Im Weiteren werden die Motive für Internationalisierungen von mittelständischen Unternehmungen vorgestellt. Danach werden die verschiedenen Personalbesetzungsstrategien für Auslandsengagements diskutiert. Im Anschluss erfolgt die Darstellung der einzelnen Ausprägungsformen der Internationalisierung für den Mittelstand, denn abhängig von der Intensität der Auslandsengagements sind auch die Qualifikationen und Kompetenzen, die Fach- und Führungskräfte besitzen müssen, um Auslandsentsendungen erfolgreich durchführen zu können.

Im dritten Abschnitt werden zunächst die Anlässe für Auslandsentsendungen auf Seiten der Unternehmungen einerseits und aus der Sichtweise der Fach- und Führungskräfte andererseits dargelegt. Ferner werden auf die verschiedenen Zeitperioden von Auslandsentsendungen eingegangen, da es hier aus unterschiedlichen Gründen differierende Ausprägungen gibt.

Im vierten Abschnitt wird auf die Personalbeschaffung und -auswahl im Mittelstand eingegangen. Es erfolgt eine Darstellung und Erläuterung der Personalbeschaffungskanäle für mittelständische Unternehmungen. Anknüpfend werden die üblichen Auswahlverfahren für kleine und mittelständische Unternehmungen diskutiert. Am Ende des Abschnitts werden auf die Änderungen des Arbeitsvertrags eingegangen, die einen wesentlichen finanziellen Einflussfaktor auf die Durchführungen von Auslandsentsendungen darstellen.

Der fünfte Abschnitt widmet sich der kultur- und informationsorientierten Vorbereitung von Fach- und Führungskräften auf Auslandsentsendungen. Im Weiteren wird die Betreuung der Mitarbeiter mittelständischer Unternehmungen vor Ort diskutiert.

Der sechste Abschnitt geht zunächst auf die Gründe für Beendigungen der Auslandstätigkeiten von Fach- und Führungskräften ein. Danach erfolgt eine Darstellung der einzelnen Reintegrationsphasen nach der Rückkehr der Mitarbeiter. Des Weiteren werden die Probleme bei der Reintegration aufgezeigt und Lösungsansätze zur Bewältigung dieser Wiedereingliederungsprobleme genannt.

Die Schlussbetrachtung fasst die wesentlichen Erkenntnisse dieser Arbeit zusammen. Hier soll verdeutlicht werden, welchen Einfluss die richtige Personalrekrutierung, eine gute Vorbereitung und Betreuung und die gelungene Reintegration der Entsandten in die Stammunternehmung auf den Erfolg von Auslandsentsendungen mittelständischer Unternehmungen haben.

2. Formen der Internationalisierung mittelständischer Unternehmungen

2.1. Besonderheiten des Mittelstandes

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist die Rolle des deutschen Mittelstandes in den Produktions- und vor allem in den Dienstleistungssektoren im Prozess der Globalisierung der Weltwirtschaft von sehr großer Bedeutung: Die rund 3,3 Millionen kleinen und mittelständischen Unternehmungen repräsentieren in Deutschland 99 % der Gesamtunternehmungen, 40 % der Bruttoinvestitionen, 49 % der Umsätze und beschäftigen 70 % aller Arbeitnehmer.[3] Sie sind der Motor für die Entwicklung von regionalen Wirtschaftsstandorten, sie schaffen Ausbildungs- und Arbeitsplätze und übernehmen damit ein hohes Maß an sozialer Verantwortung in ihrem Wirkungsfeld. Um mittelständische Unternehmungen in Deutschland abzugrenzen, wird primär die Definition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) herangezogen, die auf quantitativen Kriterien beruht, da in Deutschland leider keine einheitliche Definition für kleine und mittelständische Unternehmungen vorliegt.[4] Als quantitative Faktoren werden vorrangig die beiden Kriterien „Anzahl der Beschäftigten“ und „Umsatz pro Jahr“ bestimmt, die in der nachfolgenden Abbildung 1 dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Unternehmungsstrukturierung nach Zahl der Beschäftigten und Umsätze / Jahr

Quelle: www.ifm-bonn.org/publika/material.htm, 29.05.2003

Bei den quantitativen Merkmalen – Zahl der Beschäftigten und Umsatz € / Jahr – ist jedoch keine eindeutige Aussage über die Klassenzugehörigkeit der Unternehmungen möglich, da bei z. B. steigenden Preisen ohne eine reale Mengenausweitung eine Unternehmung in eine höhere Größenklasse aufsteigen kann. Die Zahl der Beschäftigten kann durch zunehmende Automatisierung oder auch durch Teilzeitbeschäftigte wie Werkstudenten, Auszubildende, Teilkräfte etc. verzerrt werden und somit nicht die absolute Beschäftigtenzahl exakt wiederspiegeln.[5]

Die Strukturierung der Unternehmungen anhand der quantitativen Merkmale findet zunehmend Akzeptanz, doch diese liegt nicht allen zitierten Quellen zugrunde, da die Schwellenwerte teilweise noch höher angesetzt werden.[6] Deswegen ist es umso wichtiger, dass sich kleine und mittelständische Unternehmungen nach allgemeiner Übereinstimmung in Abgrenzung zu Großunternehmungen zusätzlich durch drei qualitative Kriterien kennzeichnen lassen:[7]

- die Personenbezogenheit der Unternehmungsführung
- die weitgehend rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit
- den relativ überschaubaren Marktanteil

Gerade die Personenbezogenheit führt in der Regel zu einer starken Identifizierung der Unternehmungsführung mit der Belegschaft und dem Standort. Die zentrale Rolle des Unternehmers in kleinen und mittelständischen Unternehmungen bildet eines der Hauptmerkmale für die Abgrenzung zu Großunternehmungen und für den Geschäftserfolg der Unternehmung.[8] Im Gegensatz zu Großunternehmungen, deren Führung oftmals allein durch Sachkompetenz legitimiert wird, besteht die Unternehmungsführung in mittelständischen Unternehmungen in einer Doppelrolle des Unternehmers als Eigentümer und als zentraler Entscheidungsträger im laufenden Geschäft und im Personalwesen. Sein strategisches Verhalten wirkt sich unmittelbar auf die Entwicklung und den Erfolg seiner Unternehmung aus. Allgemein lassen sich die idealen Persönlichkeitseigenschaften von mittelständischen Unternehmern charakterisieren als:[9]

- Fähigkeit zur Motivation und Mitarbeiterführung,
- Fähigkeit zum Erkennen und Abschätzen von Chancen und Risiken,
- innovatives Denken und Kreativität,
- Durchsetzungsvermögen und Belastbarkeit, Delegations- und Teamfähigkeit,
- Konzeptionelles, zielbestimmtes Denken.[10]

Hinzugefügt werden in der Regel auch das Verlangen nach Effizienz und Qualität, systematische Planung und Überwachung, Beharrlichkeit, Überzeugungskraft und Zielsetzungen, die als typische Merkmale für Unternehmer mittelständischer Unternehmungen herauskristallisiert wurden.[11] Nicht jeder mittelständischer Unternehmer besitzt diese idealen Eigenschaften. Es gibt auch Unternehmer, die selten dazu bereit sind, Entscheidungen zu delegieren oder generell die eigenen Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten zu beschränken.[12]

Das Kriterium der weitgehend rechtlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit ist selbst in dem Fall noch gewährleistet, wenn Großunternehmungen mit maximal 25 % an einer mittelständischen Unternehmung beteiligt sind. Dieser Aspekt wird in der Definition der Europäischen Union (EU) aufgegriffen, die nachfolgend behandelt wird.

Der relativ überschaubare Marktanteil ist nicht nur auf die Bedienung des heimischen Marktes begrenzt. Gerade mittelständische Unternehmungen definieren ihre Marktsegmente relativ eng im Sinne einer Nischenstrategie, wodurch einige von ihnen zu internationalen Marktführern mit einem Marktanteil von 90 % gelangen. Diese heimlichen Gewinner, von Simon (1996) als „Hidden Champions“ bezeichnet, haben teilweise überhaupt erst den Markt für ihre Produkte geschaffen und definiert.[13] Ihren relativ kleinen und überschaubaren Marktanteil weiten sie global aus, in dem sie in internationalen Märkten durch eigene Niederlassungen vertreten sind. In manchen Fällen haben sie den Markt gegründet und werden als ‚Marktbesitzer’ (z.B. Rolex, Weine von Mouton Rothschild aus Frankreich) zu hartnäckigen Verteidiger und großen Innovatoren, da sie von diesem Markt selbst abhängig sind.[14]

Da bisher, wie eingangs erwähnt, keine einheitliche deutsche Definition für den Mittelstand existiert, wird nachfolgend die europäische Definition des Mittelstandes herangezogen, die ab dem 1. Januar 2005 europaweit gelten soll.[15] Abbildung 2 listet die Kriterien auf, die eine kleine oder mittelständische Unternehmung definieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Definition für kleine und mittelständische Unternehmungen der Europäischen Union

Quelle: http://europa.eu.int/comm/enterprise/enterprise_policy/sme_definition/index_en.htm, 29.05.2003

Diese überarbeitete Definition zeigt zum ersten Mal detaillierte finanzielle Schwellenwerte kleiner und mittelständischer Unternehmungen auf. Für das Zusammenwachsen von Europa ist eine einheitliche europäische Definition unbedingt erforderlich, denn das Nebeneinander verschiedener Definitionen der Länder auf der Ebene der EU könnte zu Inkohärenzen führen. Unbestritten bleibt das Kriterium der Beschäftigtenanzahl am Aussagefähigsten. Finanzielle Maßgrößen, als Ergänzung zu den Beschäftigtenzahlen, spiegeln die tatsächliche Bedeutung einer Unternehmung, seine Leistungsfähigkeit und seine Wettbewerbssituation besser wieder. Bei den Kriterien der Jahresbilanzsumme und Jahresumsatz darf bei einer Größe die Obergrenze überschritten werden. Das Kriterium der Unabhängigkeit bleibt von der vorangegangenen Definition aus dem Jahr 1996 bestehen, nach der eine Unternehmung, dessen Unternehmungsanteile oder Stimmrechte zu 25 % oder mehr von einer öffentlichen Stelle oder Körperschaft des öffentlichen Rechts kontrolliert werden, nicht den kleinen oder mittelständischen Unternehmungen angehört.

Der Mittelstand hebt sich auch durch weitere Besonderheiten von Großunternehmungen ab. Um auf die besonderen Tätigkeiten, die auf einen Entsandten zukommen, hinzuweisen, erfolgt eine Darstellung der Erfolgsfaktoren Kundennähe und Flexibilität des Mittelstandes im Vergleich zu Großunternehmungen. Anschließend werden die begrenzten finanziellen Ressourcen und Strategiedefizite in Zusammenhang mit der Personalpolitik erwähnt.

Kundennähe im Sinne umfassender Kundenpflege spielt als Erfolgsfaktor mittelständischer Unternehmungen eine zentrale Rolle. So verfügen erfolgreiche mittelständische Unternehmungen über eine hohe Kundennähe, die sich darin äußert, dass sie die Bedürfnisse und Präferenzen ihrer Kunden möglichst schnell in Erfahrung bringen, um dann eine erfolgsversprechende Entwicklung von kundengerechten und –spezifischen Problemlösungen zu realisieren.[16] Dies gelingt aber nur, wenn mittelständische Unternehmungen langfristig die sich stets ändernden Kundenwünsche berücksichtigen, und somit nicht nur auf Kundenpräferenzänderungen reagieren, sondern sie antizipieren. Simon (1996) konstatierte, dass bei „Hidden Champions“ eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Kunden und der Unternehmung existiert. Aufgrund der unternehmerischen Spezialisierung auf Nischenmärkte sind diese mittelständischen Unternehmungen von ihren – oft sehr wenigen – Kunden abhängig.[17] Gleichzeitig sind auch die Kunden auf die Produkte dieser Unternehmung angewiesen, da diese häufig einzigartig und schwer zu ersetzen sind.

Die Flexibilität gegenüber sich stets wandelnden Kundenbedürfnissen können mittelständische Unternehmungen durch Flexibilität im Produktionsbereich und verändertes Design oder veränderte Produktqualität schneller kompensieren als Großunternehmungen. Doch nicht nur der Produktionsbereich sollte auf Flexibilität ausgerichtet sein. Im Bereich der Kundenorientierung sind die Mitarbeiter mittelständischer Unternehmungen schneller in der Lage, sich flexibel auf die speziellen Wünsche und Eigenheiten der Kunden einzustellen. Gegenüber Großunternehmungen weisen mittelständische Unternehmungen eine geringere Aufgabendifferenzierung auf. Führungskräfte mittelständischer Unternehmungen schulen ihre Mitarbeiter dahingehend, dass diese in der Lage sind, mindestens eine weitere Position vollständig übernehmen zu können. Somit sind die Mitarbeiter flexibler im Unternehmungsprozess einsetzbar, d.h. ein multifunktionaler Einsatz von Mitarbeitern in kleinen und mittelständischen Unternehmungen ist gewährleistet.

Mittelständische Unternehmungen zeichnen sich besonders durch flache und überschaubare Hierarchiestrukturen aus, welche sich positiv auf die Teamtätigkeit innerhalb der Unternehmung auswirkt. Dies führt zu einer schnelleren und effektiveren Lösung von Kundenwünschen, da abteilungsübergreifend zusammengearbeitet werden kann. Diese besondere Kundennähe wird für mittelständische Unternehmungen als Stärke ausgewiesen. Fast jeder Mitarbeiter einer erfolgreichen mittelständischen Unternehmung hat direkten Kundenkontakt. Viele Geschäftsführer bzw. Eigentümer mittelständischer Unternehmungen pflegen den intensiven und regelmäßigen Kontakt zu Kunden – sowohl unter dem Aspekt der Information über Kundenwünsche als auch als Vorbild für die Mitarbeiter. Verglichen mit Kundenkontakten bei Großunternehmungen ist bei mittelständischen Unternehmungen der Prozentsatz der regelmäßigen Kundenkontakte dreimal höher.[18]

Eine vorrangig ausgewiesene Schwäche von mittelständischen Unternehmungen ist ihr enger finanzieller Rahmen. Die Eigenkapitalquote bei mittelständischen Unternehmungen liegt im internationalen Vergleich extrem niedrig – in kleineren Unternehmungen mit einem Umsatz von weniger als 2,5 Mio. € Umsatz im Jahr bei nur 8 %.[19] In der Vergangenheit wurden Kredite an mittelständische Unternehmungen zu niedrigen Zinsen aufgrund von guten langfristigen privaten Beziehungen vergeben. Diese jahrzehntelang niedrigen Zinsen verleiteten viele Mittelständler immer höhere Schulden aufzubauen. Durch die Einführung von neuen Eigenkapitalvorschriften („Basel II“) werden die Banken gezwungen, eigene Risikovorsorge zu betreiben. Die Folge ist, dass das Volumen ausgeliehener Kredite an Unternehmungen sinkt, da heute die Kredite nicht mehr aufgrund von guten Beziehungen vergeben werden. Banken fordern nun von mittelständischen Unternehmungen eine Liquiditätsplanung, die durch den operativen Rahmen der Unternehmungsführung in mittelständischen Unternehmungen meist nicht existieren. Nicht gerade deshalb verfolgen der Bundestag und die Europäische Kommission unabhängig voneinander Strategien, wie man den Mittelstand finanziell fördern kann, damit kleine und mittlere Unternehmungen eine Erleichterung in der Kreditaufnahme bekommen, denn die Insolvenzraten, bedingt durch die anhaltende Rezession in Deutschland, sind akzelerierend. Im Juli 2003 verschmolzen die Deutsche Ausgleichsbank (DtA) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu einer Mittelstandsbank, die eine Kreditaufnahme von mittelständischen Unternehmungen erleichtert.[20]

Unternehmungen des Mittelstandes verhaften häufig im operativen Tagesgeschäft und vernachlässigen dadurch sehr oft die strategische, langfristige Orientierung der Unternehmung. Das Festhalten an traditionellen Geschäftsfeldern, die längst keine Wettbewerbsvorteile mehr aufbauen können, verstärken die Schwächung von mittelständischen Unternehmungen.[21] Dieses Strategiedefizit hat auch Auswirkungen auf das Personalmanagement, dass in vielen Unternehmungen in der Hand des Eigentümers liegt. Bezogen auf Auslandsentsendungen bedeutet dies, dass Personalentscheidungen meist übereilt getroffen werden.

Das Internationalisierungsverhalten mittelständischer Unternehmungen wird hauptsächlich durch die Persönlichkeitsmerkmale des Unternehmers geprägt. Es hat sich gezeigt, dass neben der Anzahl von Auslandsaufenthalten auch die Sprachkenntnisse des Unternehmers auf die Auslandsorientierung einer mittelständischen Unternehmung eine große Rolle spielt. Je nach Internationalisierungsstufe besitzen mittelständische Unternehmer verschiedene Werte und Einstellungen.[22] Auf die verschiedenen Formen der Internationalisierung von mittelständischen Unternehmungen wird im nachfolgenden Abschnitt eingegangen.

2.2. Motive einer Internationalisierung

Der Begriff „Internationalisierung“ steht als Oberbegriff für eine Vielzahl von Aktivitäten und Prozessen und lässt unterschiedliche Deutungen zu. Im Rahmen dieser Arbeit wird unter Internationalisierung jede Art der Aufnahme erstmaliger oder zusätzlicher grenzüberschreitender Aktivitäten seitens der Unternehmung verstanden.[23] Die wachsende Internationalisierung erfordert von den Unternehmungen Marktanpassungen und Strategien, die immer häufiger über die regionalen Märkte hinausgehen. Gleiches gilt auch für mittelständische Unternehmungen, für die unter den geänderten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen die notwendige Erschließung von Auslandsmärkten zu einem existenziellen Faktor werden könnte. Somit wird sich ein großer Teil des Mittelstandes zukünftig noch stärker als bisher auf internationale Märkte konzentrieren. Bei empirischen Studien wurde festgestellt, dass die Wichtigkeit denkbarer Motive für Auslandsengagements vorrangig die Sicherung von Marktanteilen und die Nutzung von Absatzchancen darstellen.[24]

[...]


[1] Vgl. www.mittelstandsportal.de/wirtschaft/mittelstandspolitik_der_bundesregierung.html, 29.05.2003

[2] Vgl. www.ifm-bonn.org/ergebnis/158.htm, 15.07.2003

[3] Vgl. Müller, H. / Schmalholz, C.: Unternehmen Mittelstand - klein, clever, kaputt. In: Zeitschrift Manager Magazin, 33. Jahrgang, Heft 5 / 2003, S. 96

[4] Vgl. www.ifm-bonn.org/publika/material.htm, 29.05.2003

[5] Vgl. Kullak, F.: Personalstrategien in Klein- und Mittelbetrieben. München; Mering: Hampp Verlag, 1995, S. 34 f.

[6] Vgl. Evers, M.: Strategische Führung mittelständischer Unternehmensnetzwerke. München; Mering: Hampp, 1998, S. 11

[7] Vgl. Eden, H.: Kleine und mittlere Unternehmen im Prozess der Internationalisierung. In: Krystek, U./ Zur, E: Handbuch Internationalisierung. Berlin: Springer-Verlag, 2002, S. 36

[8] Vgl. Pichler, J. / Pleitner, H.: Unternehmertum und Human Resource Management in Klein- und Mittelunternehmen. In: Internationalisierung europäischer Klein- und Mittelunternehmen (INTERSTRATOS) Berlin: Duncker & Humblot, 2002, S. 56

[9] Vgl. Weber, P.: Internationalisierungsstrategien mittelständischer Unternehmen. Wiesbaden: Gabler, 1997, S. 131

[10] Vgl. Ebenda, S. 130

[11] Vgl. Pichler, J. / Pleitner, H.: Unternehmertum und Human Resource Management in Klein- und Mittelunternehmen. In: Internationalisierung europäischer Klein- und Mittelunternehmen (INTERSTRATOS) Berlin: Duncker & Humblot, 2002, S. 61

[12] Vgl. Bamberger, I. / Evers, M.: Ursachen und Verläufe von Internationalisierungsentscheidungen mittelständischer Unternehmen. In: Macharzina, K. / Oesterle, M. (Hrsg.): Handbuch internationales Management. Wiesbaden: Gabler, 1997, S. 109

[13] Vgl. Simon, H.: Die heimlichen Gewinner (“Hidden Champions”). Frankfurt; New York: Campus Verlag, 1996, S. 57

[14] Vgl. Ebenda, S. 57

[15] Vgl. http://europa.eu.int/comm/enterprise/enterprise_policy/sme_definition/index_en.htm, 20.5.2003

[16] Vgl. Weber, P.: Internationalisierungsstrategien mittelständischer Unternehmen. Wiesbaden: Gabler, 1997, S. 106

[17] Vgl. Simon, H.: Die heimlichen Gewinner (“Hidden Champions”). Frankfurt; New York: Campus Verlag, 1996, S. 82

[18] Vgl. Simon, H.: Die heimlichen Gewinner. Frankfurt; New York: Campus Verlag, 1996, S. 87

[19] Vgl. Müller, H. / Schmalholz, C.: Unternehmen Mittelstand - klein, clever, kaputt. In: Zeitschrift Manager Magazin, 33. Jahrgang, Heft 5 / 2003, S. 108

[20] Vgl. www.wabeco.com/F2/F2-thema.htm, 15.07.2003

[21] Vgl. www.wima-gmbh.de/service/wimainfo/strateg1.htm, 23.07.2003

[22] Vgl. Weber, P.: Internationalisierungsstrategien mittelständischer Unternehmen. Wiesbaden: Gabler, 1997, S. 133

[23] Vgl. Dülfer, E.: Internationalisierung der Unternehmung. Berlin: E. Schmid, 1982, S. 50

[24] Vgl. Dichtl, E. / Müller, S.: Merkmale erfolgreicher Exporteure. In: Kumar, B. / Haussmann, H. (Hrsg.): Handbuch der internationalen Unternehmenstätigkeit. München: Beck, 1992, S. 438

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Personalrekrutierung für Auslandsengagements mittelständischer Unternehmungen
Hochschule
Universität Rostock  (Lehrstuhl für Management)
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
76
Katalognummer
V19402
ISBN (eBook)
9783638235426
ISBN (Buch)
9783656069126
Dateigröße
737 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Durch die verstärkte Aufnahme von Auslandsengagements mittelständischer Unternehmungen in den letzten Dekaden gewinnt die Thematik der Auslandsentsendungen von Mitarbeitern zunehmend an Bedeutung. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung wird das Augenmerk auf die Erfolgsfaktoren in den vier Phasen - Personalrekrutierung und Personalauswahl, Vorbereitung, Betreuung und Reintegration-, die eine Auslandsentsendung umfassen gerichtet.
Schlagworte
Personalrekrutierung, Auslandsengagements, Unternehmungen
Arbeit zitieren
Babette Souchon (Autor:in), 2003, Personalrekrutierung für Auslandsengagements mittelständischer Unternehmungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19402

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Personalrekrutierung für Auslandsengagements mittelständischer Unternehmungen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden