Schriftliche Nachbearbeitung der Tagung „Mehr Männer in die Grundschule? Chancen, Risiken und Perspektiven“


Referat (Ausarbeitung), 2011

14 Seiten


Leseprobe


1) Zunächst werde ich kurz die wichtigsten Aussagen des Textes „Lehrerinnen trifft keine Schuld an der Schulkrise der Jungen“ von Marcel Helbig zusammenfassen. Fest steht, dass Mädchen heutzutage besser in der Schule sind als Jungen. In fast allen Mitgliedsstaaten der EU sowie der OECD beginnen dadurch viel mehr Mädchen ein Hochschulstudium als Jungen, da diese die Schule mit mehr Erfolg abschließen. Dieses Phänomen wird von der Öffentlichkeit und Wissenschaft oft als „Feminisierung“ der Schule bezeichnet. Festgestellt wurde, dass desto mehr Lehrerinnen in einem (Bundes-)Land unterrichten, desto erfolgreicher die Mädchen gegenüber den Jungen sind. Allerdings konnte diese Feststellung bisher nicht empirisch bewiesen werden. Helbig spricht von drei vorhandenen Argumentationslinien, welche zeigen sollen, dass die „Feminisierung“ negative Auswirkungen auf die Schulleistungen der Jungen hat. Zusammenfassend sagen diese aus, dass die Frauen in sämtlichen Erziehungsphasen dominieren und Jungs dadurch kein positives Männlichkeitsbild ausbilden können. Außerdem haben Jungs besonders bei der Notenvergabe Nachteile. Zuletzt soll die Schule angeblich weiblich ausgerichtet sein und dadurch für Jungs zu einer fremden Umgebung zählen. Empirisch kommen aber die meisten Studien zu dem Ergebnis, dass sich das Geschlecht der Lehrperson nicht ausschlaggebend auf die Noten und Kompetenzen der Schüler und Schülerinnen auswirkt. Die Berliner ELEMENT- Studie von 2010 zeigt, dass Jungen mit männlichen Lehrkräften weder bessere Leistungen in Mathe, noch im Lesen zeigten. Zwar bekamen Jungen, die auf Schulen mit einem höheren Anteil männlicher Lehrer gingen bessere Noten in Mathematik, jedoch nicht in Deutsch. In der zweiten kürzlich veröffentlichten Studie (Neugebauer/Helbig/Landmann 2010) kam heraus, dass weder Mädchen noch Jungen bessere Leistungen und Noten in den Fächern Mathe, Deutsch und Sachunterricht zeigten, wenn sie von einer gleichgeschlechtlichen Lehrkraft unterrichtet worden waren.

Frau Hannelore Faulstich-Wieland tendiert für mehr Männer in der Grundschule um eine Gleichberechtigung herzustellen. Somit ist eine gleiche Anzahl der Geschlechter in allen Bereichen erstrebenswert. Des Weiteren sollte die Verschiedenartigkeit der Kinder auch der Verschiedenartigkeit der Lehrkräfte entsprechen. Diese Heterogenität sollte nicht nur auf das Geschlecht bezogen sein, sondern auch auf die soziale und ethnische Herkunft. Durch diese Vielfalt und Verschiedenartigkeit von Lehrkräften sollte versucht werden, dass die Kinder Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht an ein Geschlecht koppeln und dass sie keine geschlechtsbezogene Arbeitsteilung kennen lernen. Kritisch betrachtet Frau Faulstich-Wieland die Aussage, dass männliche Lehrkräfte die Leistungen von Jungen steigern würden. Denn dies ist empirisch nicht belegt. Außerdem wird oft davon gesprochen, dass Jungen besonders männliche Vorbilder benötigen. Grund hierfür ist, dass für Action, wie zum Beispiel raufen, weibliche Lehrkräfte nich viel taugen. Diese sind, überspitzt ausgedrückt, für das Trösten und Basteln zuständig. Allerdings kam bei einer amerikanischen Studie heraus, dass individuelle Aspekte viel relevanter sind als geschlechterspezifische Aspekte. Somit spricht sich Frau Faustrich-Wieland gegen hegemoniale Konstruktionen von Männlichkeit aus. Es sollte viel mehr auf pädagogische Qualtität geachtet werden, als auf das Geschlecht und auf bestimmte Rollenzuschreibungen, welche das Geschlecht in eine bestimmte „Schublade“ stecken.

2) Im folgenden beziehe ich mich auf den Vortrag von Frau Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland zum Thema „Sollten Grundschullehrer vorallem Vorbild für Jungen sein? - Zusammenhänge zwischen Studienmotivation von Lehramtstudierenden, Diskurse um „mehr Männer in die Grundschule“ und Perspektiven guter (Grund)- Schulen“. Schon zu Beginn macht sie ihre Position und Antwort auf die Frage „Mehr Männer in die Grundschule?“ deutlich: Nein! Allerdings spricht sie sich hier weder männerfeindlich aus, noch traut sie männlichen Lehrkräften weniger zu, vielmehr steht sie für die zunehmende Ausbildung fachlicher Kompetenzen von zukünftigen Lehrern.

Wie sie zu dieser Meinung kommt, belegen folgende Ausführungen ihrerseits. Zunächst wäre da der Fakt zu nennen, dass es eine Entkoppelung der inhaltlichen von den pädagogischen Ansprüchen an den (Grundschul)- Lehrerberuf gibt. Denn Ablehnungsgründe des Studiums sind, dass die inhaltliche Ebene zu langweilig wäre und zu anspruchslos. Dagegen gilt die pädagogische Ebene als hochgradig schwierig und überfordernd. Bei einer Erstsemesterbefragung im Wintersemester 2008/2009 an der Universität Hamburg kam heraus, dass die höchste Motivation des Lehrerberufes die Arbeit mit Kindern sei. Während Männer den Beruf als Grundschullehrer meistens aufgrund des guten Verdienstes, der Arbeitsplatzsicherheit und der geregelten, ausreichenden Freizeit nachgehen, schätzen Frauen besonders die Vereinbarkeit mit der Familie sowie die Kreativität. Außerdem haben sie meist konkrete Vorstellungen von diesem Beruf und haben öfter pädagogische Freunde. Somit sind die Studienmotivationen von Frauen und Männern sehr unterschiedlich.

Zu der Ansicht das männliche Lehrkräfte die Leistungen von Jungen steigern würden, stellte Frau Faulstich-Wieland verschiedene Meinungen sowie Studien vor. So vertritt die Familienministerin Kristina Schröder diese Meinung und spricht sich dafür aus, dass schlechte Leistungen von Jungen an zu wenig männlichen Lehrkräften liegen. Martin Neugebauer fand in seiner IGLU- Ergänzungsstudie heraus, dass das Geschlecht der Lehrkraft weder ein Vorteil für Jungen noch für Mädchen ist. Auch Marcel Helbig bekam in seiner Studie ähnliche Ergebnisse. An dieser Stelle werde ich auf diese Studie nicht weiter eingehen, da diese schon in Aufgabe eins vorkam.

Wolfgang Bergmann spricht von einer „Wohlfühl-Kuschel-Pädagogik“ und einem „verhuscht weiblichem Klima“. Klaus Hurrelmann ist der Meinung, dass Jungen „Duftmarken“ setzen und Lehrerinnen dies nicht akzeptieren würden. Durch diese oder ähnliche Meinungen wird der Gedanke laut, dass man in der Schule mehr männliche Rollenvorbilder benötigt. Wie diese aussehen können und welche Gefahren sie mit sich tragen stellte Frau Faulstich-Wieland gekonnt dar. Da gibt es zum einen die Annahme, Jungen brauchen eine Vaterfigur, da viele Kinder alleinerziehend aufwachsen. Gleichzeitg gelten die Lehrerinnen als „mütterlich“. Der Ruf nach einem Gegenpol wird laut. Allerdings macht Frau Faulstich-Wieland darauf aufmerksam, dass hier schnell die Gefahr entstehen kann, in Verdacht des sexuellen Missbrauchs zu kommen. Denn besonders mit Berührungen und anderen Gesten sollte man in der heutigen Zeit vorsichtig sein, um nicht falsch verstanden zu werden. Außerdem besteht hier die Gefahr als „unmännlich“ zu gelten. Als zweite Rolle wurde der Lehrer als Zuständiger für den Jungensport beschrieben. Hier scheint zu gelten, dass man als Mann sportlich ist und Sport lehren kann. Denn ein Lehrer kann mit den Jungen auch raufen, ringen oder Fußball spielen. Die Kritik besteht hier darin, dass es somit zu einer Vergeschlechtlichung verschiedener Sportarten kommt. Das dritte Rollenvorbild als Grundschullehrer ist es, ein „echter Kerl“ zu sein. Gemeint ist damit, dass an Männer andere Erwartungen als an Frauen gestellt werden. Es wird zum Beispiel aggressives Konkurenzverhalten gefordert und es kommt somit zu einer „Wiederbelebung hierarchischer Geschlechterverhältnisse“. Frau Faulstich-Wieland sieht die Gefahren hier in Form von Sexismus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie. Es wird eine Abgrenzung gegen Weiblichkeit vorgelebt und bestimmte Eigenschaften dadurch als „männlich“ hingestellt. Insgesamt sieht Frau Faulstich-Wieland das Problem, dass bei der Frage, ob mehr Männer in die Grundschule sollten, nicht darauf geachtet wird, welche Motivation beziehungsweise welche Professionalität diese mitbringen, sondern welches Geschlecht sie besitzen. Sie verweist darauf, dass Professionalität und Motivation wichtige Faktoren sind und theoretisches Wissen sowie eine Auseinandersetzung mit den Gendertheorien ebenfalls notwendig sind, um guten Unterricht zu halten. Denn sie ist nicht der Auffassung, welche durch viele Studien bestätigt wird, dass die Leistungen vom Geschlecht der Lehrperson abhängen, sondern von der Professionalität. Ihrer Meinung ist es wichtig, der hegemonialen Männlichkeit entgegen zu wirken und vielmehr eine Heterogenität von Lehrkräften zu erreichen, welche alle professionell ausgebildet wurden und die Kinder dadurch mit unterschiedlichen individuellen Ausprägungen weiblicher und männlicher Persönlichkeiten in Erfahrung kommen.

Der Vortrag von Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland hat mich persönlich sehr beeindruckt. Denn in diesem Vortrag habe ich das erste Mal auch etwas über mögliche Schwierigkeiten oder Gefahren erfahren, die bei der Forderung „Mehr Männer in die Grundschule“ auftreten können. Bisher habe ich dieses Thema nur einseitig betrachtet und mir keine Gedanken über Problemstellungen gemacht.

Dabei fand ich die vorgetragenen Argumente sehr interessant, zum Teil überspitzt und trotzdem schlüssig. Im folgenden Abschnitt werde ich ihre Argumente erneut betrachten und diskutieren, ob sie mich überzeugt haben. Im Anschluss versuche ich durch diese Auseinandersetzung eine eigene Position zu entwickeln.

Begonnen wurde mit der Studienmotivation von Schülern und Schülerinnen sowie Studierenden des Lehramts. Dabei kam heraus, dass viele Schüler und Schülerinnen ein Lehramtsstudium ablehnen, weil es ihnen auf der pädagogischen Ebene zu schwierig erscheint und ihnen die inhaltliche Ebene zu langweilig ist. Frau Faulstich-Wieland sieht hier besonders die Notwendigkeit dies zu verbessern. Es sollte gezeigt werden, welche positiven Seiten dieser Beruf mit sich trägt, aber auch die Schwierigkeiten sollten bewusst gemacht werden. Junge Männer studieren den Beruf des Grundschullehrers laut einer Umfrage an der Hamburger Universität meist nicht um Wissen zu vermitteln oder weil sie Kontakt mit Kinder suchen, sondern aufgrund der ausreichenden Freizeitmöglichkeiten und der Arbeitsplatzsicherheit. Laut Frau Faulstich-Wieland reicht es also nicht, nur Männer in die Grundschule zu holen, weil sie Männer sind, sondern weil sie fachliche Kompetenzen vorweisen. Ich teile diese Meinung. Man müsste die Studienmotivationen von Studierenden des Grundschullehramtes besser untersuchen, beziehungsweise in die Studienplatzvergabe einfließen lassen. Nur weil man ein Mann ist, heißt es nicht, dass man die Schüler und Schülerinnen angemessen fördern kann. Wo wir auch schon beim nächsten Argument sind. Frau Faulstich-Wieland thematisiert, dass keine Leistungssteigerung durch männliche Lehrkräfte nachgewiesen wurde. Schließlich sind viele Politiker und Wissenschaftler der Ansicht, dass Jungs in der Schule schlechtere Leistungen vorweisen, weil in der Schule eine dominierende weibliche Erziehung vorherrscht. Auch im Kindergarten sei dies schon der Fall und daher kommt es angeblich zu einem schlechten Einfluss auf die Entwicklung der Lernfähigkeit von Jungen. Ein Grund dafür ist zum Beispiel, dass besonders Jungen mit alleinerziehenden Müttern männliche Rollenvorbilder fehlen. (vgl. Pickering 2005, S. 95) Allerdings wirft diese Denkweise den Erzieherinnen und Lehrerinnen vor, dass diese für die Leistungsunterschiede und Leistungsdefizite von Jungen verantwortlich sind. (vgl. Pickering 2005, S. 96) Mit solchen Aussagen sollte man jedoch vorsichtig sein, denn empirisch konnte bisher nicht bewiesen werden, dass der Bildungserfolg von Jungen und Mädchen vom Geschlecht der Lehrkraft abhängt. (vgl. Helbig 2010, S. 3) Es wurde sogar festgestellt, dass Jungen weder in ihren Mathekompetenzen noch ihrem Leseverständnis von mehr männlichen Lehrkräften profitieren. Dieses Ergebnis kam bei der Berliner ELEMENT- Studie im Jahr 2010 heraus, in der Marcel Helbig untersuchte, welchen Einfluss der Anteil männlicher Lehrkräfte an einer Grundschule auf Noten, Kompetenzen sowie auf die Übergangsempfehlungen für Mädchen und Jungen hat.

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Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Schriftliche Nachbearbeitung der Tagung „Mehr Männer in die Grundschule? Chancen, Risiken und Perspektiven“
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)
Autor
Jahr
2011
Seiten
14
Katalognummer
V193858
ISBN (eBook)
9783656197225
ISBN (Buch)
9783656199823
Dateigröße
519 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grundschullehrer, Männer in der Grundschule
Arbeit zitieren
Lisa Julius (Autor:in), 2011, Schriftliche Nachbearbeitung der Tagung „Mehr Männer in die Grundschule? Chancen, Risiken und Perspektiven“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193858

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