Dienstqualitat in ATM-Netzen mit mobilen Endsystemen


Diplomarbeit, 1997

67 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Problemstellung
1.1 Einführung
1.2 Aufgabenstellung
1.3 Gliederung

2. Dienstklassen
2.1 Dienst und Dienstqualität
2.2 Dienstgütekriterien
2.3 Klassifizierung von Diensten

3. ATM und Dienste
3.1 Entwicklung von ATM
3.2 Charakteristika von ATM
3.2.1 Die Zelle
3.2.2 Asynchrones Mutliplexen
3.2.3 Minimale Funktionalität im Netz
3.2.4 Virtuelle Verbindungen
3.2.5 Vermittlung
3.2.6 Synchrone oder asynchrone Übertragung
3.3 Dienste in ATM
3.3.1 Schichtenstruktur
3.3.2 Dienstgüteparameter in der ATM-Schicht
3.3.3 Dienste in der ATM-Schicht
3.3.4 Dienste in der AAL-Schicht
3.4 Zusammenfassung

4. Erweiterungen von ATM zu drahtlosem ATM
4.1 Allgemeine Probleme bei Funkverbindungen
4.1.1 Abschattungen und Reflexionen
4.1.2 Zugriffsverfahren
4.1.3 Bitfehler
4.1.4 Niedrige Übertragungsrate
4.1.5 Kurze Komplettausfälle der Verbindung
4.1.6 Intra- und Interzell-Überleitung
4.2 Änderung der Dienstgütekriterien
4.2.1 Bandbreite
4.2.2 Fehlerraten
4.2.3 Ende-zu-Ende-Verzögerung
4.2.4 Jitter
4.3 Bestehende Ansätze
4.3.1 Wireless ATM LAN nach Eng
4.3.2 Mobiware / COMET Research, Columbia
4.3.3 ACTS Magic WAND
4.3.4 WATMnet
4.3.5 Einzellösungen zur Interzell-Uberleitung
4.4 Zusammenfassung

5. Unterstützung der ATM-Dienstgütekriterien über ein Funkmedium
5.1 Theoretische Überlegungen
5.1.1 Allgemeine Einschränkungen
5.1.2 Theoretischer Ansatz
5.1.3 Allgemeine Überlegungen zur Simulation
5.1.4 Anforderungen an die Medien
5.1.5 Anforderungen an die Festnetzstation
5.1.6 Anforderung an die Mobilfunkstation / WAT
5.1.7 Anforderungen an die Basisstation
5.2 Realisierung der Simulation
5.2.1 Benutzerschnittstelle
5.2.2 Klassenhierarchie
5.3 Ergebnisse
5.3.1 Meßmethode
5.3.2 LTnabhängigkeit der Kommunikationsrichtungen
5.3.3 Effektivität des Puffers

6. Zusammenfassung
6.1 Ergebnis
6.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1.1 Entwicklung der weltweiten Mobilkommunikation nach [Ivrüg96]

3.1 Spektrum von Vermittlungsprinzipien nach [Turn86]
3.2 Der Aufbau der ATM-Zelle
3.3 Asynchrones Multiplexen in ATM erlaubt Zellströme mit unterschiedli­chen Bandbreiten und Anforderungen
3.4 STM und ATM im Vergleich (nach [HäHS94])
3.5 Die ATM-Schichtenstruktur nach [Zitt95]

4.1 Spiegelnde und diffuse Reflexion
4.2 Vergleich der Zugriffsverfahren
4.3 Die Architektur von „Mobiware“ nach [BaCK97]

5.1 Schichten- und Protokollstruktur des Modells
5.2 Beispiel einer Kommunikation des WAT zum Festnetzterminal
5.3 Schema der Simulation
5.4 Benutzerschnittstelle der Simulation
5.5 Darstellung der OAM-Zellen
5.6 Einstellungen der virtuellen Kanäle mit allen Dienstgüteeigenschaften
5.7 Klassenhierarchie der Simulation
5.8 Senderoutine der Festnetzstation
5.9 Senderoutine der Basisstation in Richtung Mobilstation
5.10 Beginn des Skripts zu Szenario
5.11 Durchsatz bei verschieden langen Unterbrechungen von Szenario
5.12 Durchsatz bei verschieden langen Unterbrechungen von Szenario
5.13 Jitter und absolute Fehler bei verschieden langen Unterbrechungen von Szenario
5.14 Jitter und absolute Fehler bei verschieden langen Unterbrechungen von Szenario
5.15 Jitter und absolute Fehler bei verschieden langen Unterbrechungen von Szenario

1. Problemstellung

1.1 Einführung

Es gibt zwei Entwicklungen, die weitgehend getrennt voneinander vorangetrieben wer­den: mobile Kommunikationssysteme und multimediale Anwendungen.

Seit 1992 in der Mobilfunktechnik zu der analoger auch die digitale Übertragung hinzukam, hat die mobile Kommunikation im Weitverkehrsbereich einen unglaublichen Zuwachs erlebt (vgl. Abbildung 1.1). Durch Systeme wie GSM (engl.: global system for mobile communication) in Europa, IS-54 in Amerika oder JDC (engl.: japanese digital cellular) in Japan konnte der digitale Mobilfunk preisgünstig angeboten werden und wurde dadurch weltweit verbreitet. Doch auch im Nahbereich halten digitale drahtlose Kommunikationssysteme zunehmend Einzug, beispielsweise durch das DECT-System (engl.: digital european cordless telecommunications), das hauptsächlich zum drahtlosen Telefonieren im Heimbereich verwendet wird. Jedoch sind diese Systeme meist für die Übertragung von Sprache vorgesehen und versagen dort, wo Daten in größeren Mengen übertragen werden müssen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.1: Entwicklung der weltweiten Mobilkommunikation nach [Ivrüg96].

Auf der anderen Seite werden zunehmend multimediale Anwendungen entwickelt seit­dem die Heimcomputer (engl.: personal computer; PC) leistungsfähig genug waren, die­se auch verarbeiten zu können. Unter multimedialen Anwendungen werden Programme oder Programmsysteme verstanden, die mehrere Medien miteinander verbinden, z. B. Text, Sprache, Musik und Video. Speziell Videosignale erfordern eine große Verarbei­tungsleistung vom Rechner, da sie in der Regel komprimiert gespeichert sind und erst beim Abspielen dekomprimiert werden. Dabei muß die Dekomprimierung schnell genug vor sich gehen, um die Bildraten von bis zu 30 Bildern pro Sekunde aufrechterhalten zu können.

Da multimediale Anwendungen oft große Datenmengen benötigen, fanden diese auch erst mit der Verbreitung von CD-ROMs breite Akzeptanz. Diese war lange Zeit das einzige Medium, um große Datenmengen von bis zu 660 MByte kostengünstig speichern und auch schnell wieder darauf zugreifen zu können. So wird eine Vielzahl von Daten auf CD-ROMs angesammelt und meist multimedial aufbereitet. Jedoch sind genau dies auch die Nachteile der CD-ROM: Trotz der relativ großen Kapazität einer CD-ROM ist sie doch beschränkt und man kann (logischerweise) nur auf die Daten zugreifen, die dort gespeichert wurden. Außerdem sind die Daten nur zu dem Zeitpunkt der Erzeugung der CD-ROM aktuell und können später nicht mehr geändert werden. Dadurch veralten die Daten und werden unter Umständen mit der Zeit auch unbrauchbar.

Will man auf aktuelle Daten, wie z. B. Börsenkurse oder Tagesnachrichten, in elektro­nischer Form zugreifen, so geht das über diverse Informationsdienste wie z. B. BTX/Da- tex-J, CompuServe, WAIS oder WWW. Diese Dienste fanden ebenfalls mit der Lei­stungssteigerung der Heimrechner zunehmend Zuspruch und Verbreitung. Zu Beginn boten die meisten dieser Dienste nur Informationen in textueller Form an. Im Laufe der Zeit wurden jedoch in all diesen Diensten die Informationen multimedial aufbereitet, wobei die Ubertragungsmedien natürliche Grenzen für diese Integration darstellen. Des­halb wird auf vielfältige Weise versucht, die Leistungsfähigkeit der Ubertragungsmedien zu steigern, beispielsweise durch Kabelmodems oder breitbandige Netze wie B-ISDN.

Nun würde es sich anbieten, dieselben Informationen, die man zu Hause oder an seinem Arbeitsplatz über diverse Informationsdienste abfragen kann, auch unterwegs zu nutzen. Doch gerade diese Verbindung bieten bisher nur wenige Dienste. Uber die bestehenden Mobilfunkdienste können die gewünschten Datenmengen nicht in der ent­sprechend nötigen Zeit übertragen werden, so daß diese entweder zu langsam oder gar nicht beim mobilen Benutzer eintreffen. Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma bildet das universelle Mobilfunksystem LTMTS, das neben Sprache auch Daten in großem Maß unterstützt und Ende 1997 spezifiziert werden soll (vgl. [et9713] ).

1.2 Aufgabenstellung

Eine anderer Ausweg aus dem eben beschrieben Problem könnte drahtloses ATM (engl.: wireless ATM) sein. ATM ist eine Übertragungstechnik, die unter anderem für Breitband- ISDN (В-ISDN) eingesetzt werden soll. В-ISDN wiederum wird als Nachfolger des heu­tigen (Schmalband-)ISDN gesehen und es erlaubt höhere Übertragungsraten als dieses und eine höhere Dienstintegration.

ATM selbst bietet dem Benutzer verschiedene Dienstklassen an. Innerhalb dieser Dienstklassen kann der Benutzer gewisse dienstspezihsche Parameter selbst einstellen, so daß er dadurch eigene Dienste erzeugen kann. Es wird dann ein Vertrag zwischen dem Netz und dem Benutzer geschlossen, der das Netz verpflichtet, diese Dienste mit den eingestellten Parametern auch einzuhalten.

Im Wesentlichen bietet ATM also zwei Vorteile gegenüber den bestehenden Netzen: Es erlaubt hohe Übertragungsraten und genaue Spezifikationen der verwendeten Dienste seitens des Benutzers. Diese beiden Vorteile will man auch im drahtlosen Bereich nutzen, da es keine Funknetze mit vergleichbaren Eigenschaften gibt. Dort hat man allerdings verschiedene Probleme. Zum einen ist die Bandbreite bei drahtlosen Medien sehr kostbar und bisher noch nicht in den gewünschten Mengen verfügbar. Es ist deshalb Ziel vieler Forschungsprojekte, die Bandbreite auf der Funkstrecke so zu erhöhen, daß man das breitbandige ATM auch über eine Funkstrecke nutzen kann.

Ein anderes Problem ist die wesentlich größere Unsicherheit einer drahtlosen Über­tragung im Vergleich zu einer drahtgebundenen. Es treten im drahtlosen Bereich ver­schiedenartige Fehler in einer deutlich höheren Rate auf, einige dieser Fehler sind dabei spezifisch für die Funkübertragung und im drahtgebundenen Bereich nicht vorhanden. Deshalb ist es hier auch besonders schwierig, die Dienste entsprechend den eingestellten Parametern einzuhalten. Dieses Problem soll von dieser Arbeit eingehender untersucht werden. Dazu wird zunächst das Problem ausführlich analysiert und anschließend ein Lösungsvorschlag erarbeitet.

1.3 Gliederung

Im letzten Abschnitt wurden sehr viele neue Begriffe und Konzepte angesprochen. Diese werden in den folgenden Kapiteln einzeln erläutert.

Das anschließende Kapitel geht kurz auf Dienste, die Dienstparameter und Dienst­klassen ein. Weil diese Idee der Dienstgüten vergleichsweise neu ist und auch von anderen Netzen als dem ATM-Netz übernommen wird, werden diese Begriffe nur allgemein er­klärt, ohne auf ein spezielles Netz einzugehen.

ATM selbst wird im dritten Kapitel eingeführt. Dort werden vor allem die Charak­teristika von ATM und das völlig neue Kommunikationsmodell vorgestellt. Außerdem werden die Dienstgüten und Dienstklassen in ATM genauer erläutert.

Anschließend wird der Übergang von drahtgebundenem zu drahtlosem ATM beschrie­ben. Dazu wird zunächst auf allgemeine Probleme der Funkübertragung eingegangen, die alle Netze betreffen, die eine Funktechnik verwenden. Davon ausgehend wird ge­zeigt, wie sich diese Probleme auf ATM auswirken und welche Eigenschaften der Dienste sich ändern. Am Ende dieses Kapitels werden kurz einige Konzepte bzw. Prototypen beschrieben, die ein drahtloses ATM-Netz zum Ziel haben.

Danach wird im fünften Kapitel ein eigener Ansatz entwickelt, der versucht, das im vorigen Abschnitt angesprochene Problem zu lösen, also Dienste entsprechend der ein­gestellten Parameter über das unsichere und fehleranfällige Funkmedium zu übertragen. Zu diesem zunächst theoretische Ansatz wird eine Simulation entworfen, mit der dann dieser Ansatz getestet wird.

Das letzte Kapitel faßt schließlich die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und ver­sucht einen Ausblick, wie der hier entwickelten Ansatz auch in anderen LTmgebungen eingesetzt werden könnte.

2. Dienstklassen

2.1 Dienst und Dienstqualität

Damit zwei oder mehr Kommunikationssysteme miteinander kommunizieren können, müssen diese auf wohldefinierte und standardisierte Funktionen zurückgreifen. Diese Funktionen werden zu Kommunikationsdiensten (manchmal auch kurz: Dienste) zusam­mengefaßt. Zum Beispiel muß das Kommunikationssystem „Walkie-Talkie“ die richtige Frequenz, Modualtion, etc. einstellen um mit einem anderen Walkie-Talkie den Kommu­nikationsdienst „Sprache“ nutzen zu können.

Jeder Dienst wird von einem Dienstgeber oder Diensterbringer an einem Dienst­zugangspunkt bereitgestellt. Ein Dienstnehmer fordert bei dem Diensterbringer einen Kommunikationsdienst an. So ist beispielsweise eine Telefongesellschaft ein Dienster­bringer, jemand der telefonieren will ist der Dienstnehmer und das Telefon bildet den Dienstzugangspunkt. Ein Dienstnehmer kann aber auch eine einzelne Kommunikations­schicht sein. In diesem Fall sind alle darunterliegenden Schichten die Diensterbringer und der Dienstzugangspunkt ist dann die Dienstschnittstelle der beiden benachbarten Schichten.

Mit jedem Kommunikationsdienst sind bestimmte Dienstqualitäten assoziiert. Diese beschreiben dabei „die vollständige Wirkung der Leistungsfähigkeit eines Dienstes, die den Grad der Zufriedenstellung eines Benutzers desselben Dienstes bestimmt“ (nach [ITUT94] ). Die ISO faßt in [IS095b] die Definition sogar noch weiter und bezieht sich anstatt der Leistungsfähigkeit auf die „Menge von Gütern“.

2.2 Dienstgütekriterien

Jede Dienstqualität wird über Dienstgütekriterien oder Qualitätsparameter beschrieben. Beispiel für leistungsorientierte Dienstgütekriterien sind der Durchsatz, die Burstines, die Verzögerung oder der Jitter. Der Durchsatz beschreibt dabei die Menge der zwischen den beiden Dienstnutzern ausgetauschten Daten in einer Zeiteinheit und steht im di­rekten Zusammenhang mit der vom Medium vorgegebenen Ressource „Bandbreite“. Die Burstines gibt die mittlere Burstlänge an, wobei ein Burst eine Zeiteinheit ist, in der die gesamte zur Verfügung stehende Bandbreite ausgenutzt wird. Die Verzögerung gibt die Zeitspanne an, in der ein Datenpaket vom Diensterbringer übernommen und es an den Dienstnutzer ausgeliefert wird. Der Jitter ist dabei die Schwankung der Verzöge­rung. Tabelle 2.1 zeigt mögliche Dienstgütekriterien für verschiedene bekannte Dienste. Man sieht, daß all diese Dienstgütekriterien für verschiedene Dienste mathematisch un­abhängig sind, also auch immer alle spezifiziert werden müssen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.1: Dienstgüteparameter für verschiedene Dienste nach [Krüg96].

Allgemein können Dienstgütekriterien auch angeben, ob Pakete reihenfolgentreu aus­geliefert werden oder ob die Pakete von einer Gruppe empfangen werden. Sie können sich auf Sicherheitsanforderungen beziehen oder auf die Kosten. Außerdem können die Dienstgütekriterien in verschiedenen Kommunikationsschichten unterschiedlich ausge­prägt sein, so kann z. B. in einer Anwendung der Durchsatz in Videobildern pro Sekun­de aber in der physikalischen Schicht nur in Bit pro Sekunde angegeben werden. Da die Dienstqualität also mit sehr vielen Dienstgütekriterien beschrieben werden kann, wird in [HCCB] vorgeschlagen, die Dienstgütekriterien in Gruppen einzuteilen. Dort werden dabei hauptsächlich die folgenden Gruppen beschrieben: zeitliche Genauigkeit, Verkehrs­aufkommen, Dringlichkeit und Kosten. Auch die ISO-Kommission hat diesen Vorschlag aufgegriffen und die 56 in [IS095a] aufgeführten Dienstgütekriterien in acht Gruppen eingeteilt.

Mit der Gruppe zeitliche Genauigkeit (engl.: timeliness) wird die Ende-zu-Ende- Verzögerung angegeben, die Latenzzeit und der Jitter. Die Ende-zu-Ende-Verzögerung (engl.: end-to-end-delay) oder Latenzzeit (engl.: latency) gibt an, wie lange ein Paket von dem Sender zu dem Empfänger unterwegs ist. Dieses Kriterium wird meist in Millise­kunden angegeben. Außerdem kann man eine minimale, durchschnittliche und maximale Ende-zu-Ende-Verzögerung definieren. Die minimale Latenzzeit ist dabei durch die Ge­schwindigkeit der Netzwerkelemente bedingt.

Linter der Gruppe „Verkehrsaufkommen“ (engl.: volume) werden Kriterien wie Durch­satz (engl.: throughput) oder Burstines zusammengefaßt. Der Durchsatz kann als abso­luter Durchsatz gesehen werden oder unter diversen Randbedingen, wie z. B. minimaler Durchsatz, maximaler Durchsatz (Burstdurchsatz) oder Durchsatz von Steuerinforma­tionen. Burstiness wurde bereits weiter oben beschrieben.

In einer Gruppe „Dringlichkeit“ (engl.: critically) könnten Arten einer Priorisierung zwischen einzelnen Aktivitäten oder Paketen angegeben werden. Die Priorisierung kann über den Dienst selbst erfolgen, über eine Prioritätsstufe, die absolut oder relativ sein könnte, oder über eine Empfängeridentifikation. Dadurch können Pakete überholt wer­den und wichtige Pakete schneller den Empfänger erreichen als unwichtige. Da so aller- dings auch die Reihenfolge der Pakete innerhalb eines Stroms vertauscht werden kann, muß der Empfänger für die richtige Reihenfolge sorgen.

Schließlich ist die Gruppe „Kosten“ (engl.: costi) nicht zu vernachlässigen. Hier könn­ten die Mietkosten für die Leitung, die Kosten für die Übertragung einer einzelnen Da­teneinheit oder eines Datenstroms oder die Kosten für eine multimedialen Konferenz­schaltung mit mehreren Teilnehmern enthalten sein. Es könnte hier sogar die komplette Tarifstruktur des Netzanbieters den Endsystemen zur Verfügung gestellt werden, um z. B. nichtkritische Datenübertragungen zu möglichst günstigen Konditionen vorzuneh­men.

2.3 Klassifizierung von Diensten

Die verschiedenen Dienste können natürlich auch klassifiziert werden. Eine Dienstklasse enthält dann verschiedene Dienste, die entweder das gleiche Ziel verfolgen oder ähnliche Dienstgütekriterien haben. Das ITLT-T schlägt in [ITUT93] vor, Dienste in interaktive Dienste und Verteildienste einzuteilen. Linter interaktiven Diensten fallen gesprächs­orientierte Dienste, speichervermittelte Dienste und Abrufdienste. Verteildienste können wahlweise eine benutzerspezifische Anzeigensteuerung haben. Gesprächsorientierte Dien­ste sind bidirektionale Kommunikationsdienste in Echtzeit zwischen zwei oder mehreren Teilnehmern ohne Speicherung der Nachricht. Beispiele hierfür sind Videotelefonie, Vi­deokonferenz, Telefon oder Telefax.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.2: Dienstklassen nach [ITLTT93].

Speichervermittelte Dienste tauschen Nachrichten zwischen individuellen Teilneh­mern aus, wobei die Nachricht in einigen Netzwerkelementen zuerst gespeichert und dann weitergeleitet wird. Das klassische Beispiel für einen speichervermittelnden Dienst ist der Email-Dienst, der auch durch multimediale Zusätze wie Bilder, Audio oder Video erweitert werden kann. Abrufdienste erlauben den Abruf von Informationen von entfern­ten Datenbanken. Wichtig hierbei ist, daß die Information dem Benutzer nur dann zur Verfügung gestellt wird, wenn er sie auch anfordert. Beispiel für diese Dienstklasse sind Dienste wie Video-on-Demand, Zugriff auf Datenbanken oder Software-Archive.

Verteildienste verbreiten Informationen an eine unbestimmte Gruppe. Ohne benut­zerspezifische Anzeigensteuerung senden sie dabei ihre Informationen, ohne daß der Be­nutzer den Start oder die Reihenfolge des Informationsflusses beeinflussen kann. Typische Beispiele hierfür sind die klassischen Fernseh- oder Hörfunkübertragungen. Werden die Informationen zyklisch übertragen, so daß der Benutzer Start und Reihenfolge auswählen kann, so spricht man von Verteildiensten mit benutzerspezifischen Anzeigensteuerung, wie z. B. Videotext, elektronische Zeitungen oder Fernunterricht.

Wesentlich allgemeiner lassen sich die Dienste auch nach [Wroc95] in drei Dienst­klassen gliedern, gemäß den Garantien, die sie abgeben. Man unterscheidet dann die deterministische Dienstklasse, die statistische Dienstklasse und die bestmögliche Dienst­klasse. Dienste der deterministischen Dienstklasse garantieren die Einhaltung der Dienst­gütekriterien, selbst im schlechtesten Fall werden alle eingestellten Dienstgütekriterien nicht überschritten. In der statistischen Klasse sichern die Dienste die Einhaltung der Dienstgütekriterien nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu. Kurze Verstöße gegen die Dienstgütekriterien werden also toleriert und gestattet. Bestmögliche Dienste geben keinerlei Garantien.

Wie in Abschnitt 3.3 zu sehen sein wird, gibt es noch weitere vielfältige mögliche Unterteilungen von Diensten in Dienstklassen. Deshalb ist es wichtig, daß die einzelnen Dienstklassen in jedem Kontext genau erläutert werden, um Mißverständisse zu vermei­den.

3. ATM und Dienste

3.1 Entwicklung von ATM

Nachdem Ende der 80er Jahre ISDN fertig spezifiziert und realisiert worden war, stand bald fest, daß dieses neue Ubertragungsnetzwerk für einige Anwendungen nicht ausrei­chen wird. Deshalb wurde begonnen, einen neues Netzwerk zu spezifizieren, das noch flexibler als ISDN sein sollte.

Zunächst hat der Benutzer von ISDN das Problem, daß ein Kanal nur genau 64 kbit/s zur Verfügung stellen kann. Sind höhere Bandbreiten gewünscht, so besteht die Möglich­keit, mehrere Kanäle zusammen zu schalten, die dann ein Vielfaches von 64 kbit/s als Bandbreite anbieten (es können bis zu 30 Kanäle zu 1920 kbit/s zusammengeschalten werden). Obwohl zwar verschiedene Dienste wie Telefonie, Telefax und Datenübertra­gung angeboten werden, gibt es keinerlei Einflußmöglichkeiten auf die Dienstgütepara­meter.

Darüber hinaus reicht die Bandbreite von 64kbit/s für zukünftige mulitmediale An­wendungen nicht mehr aus. Die Bandbreite von ISDN wurde für eine Telefonübertra­gung ausgelegt. Zukünftige Anwendungen wie Videotelefon und -konferenz und andere Anwendungen erfordern jedoch bis zu 150 Mbit/s (bei hochauflösendem Fernsehen) (vgl. Tabelle 2.1). Die Verbindung von Firmennetzen verlangen teilweise sogar noch höhere Bandbreiten.

Deshalb wurde etwa in den 80er Jahren begonnen, das (Schmalband-)ISDN in der Bandbreite zum sogenannten Breitband-ISDN (В-ISDN) zu erweitern. Die dafür zustän­dige Standardisierungsorganisation hat sich Ende 1987 für den asynchronen Transfermo­dus ATM (engl.: asynchronous transfer mode) als Ubertragungsstandard geeinigt. ATM bietet gegenüber dem davor favorisiertem STM (engl.: synchronous transfer mode) eine deutlich flexiblere Vergabe der Bandbreite in nahezu beliebigen Größen bis zur maxima­len Bandbreite der zugrundeliegenden Leitung.

Im Gegensatz zu ISDN, das auf einer Leitungsvermittlung beruht, basiert ATM auf einer schnellen Paketvermittlung (vgl. Abbildung 3.1). Die Leitungsvermittlung stammt noch aus der traditionellen Fernmeldetechnik und etabliert einen Kanal fester Bandbrei­te zwischen zwei Endsystemen. Während früher tatsächlich noch Leitungen miteinander verbunden wurden, werden heutzutage meist in den Vermittlungssystemen Ressourcen reserviert, so daß die (virtuelle) Leitung gewissen, von dem Diensterbringer vorgege­benen Dienstgütekriterien genügt. LTm höhere Bandbreiten nutzen zu können, gibt es die Möglichkeit mehrere Leitungen zu belegen: Man spricht dann von der Multiraten­Leitungsvermittlung. Dabei können jedoch Probleme der Reihenfolgentreue auftreten. Außerdem ist das System nicht gut für burstartigen Verkehr (wie z. B. einer Video­anwendung oder einer Netzkopplung) geeignet, da Verbindungen nicht schnell genug aufgebaut werden. Zu einem gewissen Maß ist dies durch eine schnelle Leitungsvermitt­lung zu kompensieren, jedoch werden dabei statistische Verfahren angewandt und die Dienstgütekriterien können nicht mehr garantiert werden (vgl. hierzu auch [Zitt95] ).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: Spektrum von Vermittlungsprinzipien nach [Turn86].

Im Gegensatz dazu bietet eine Paketvermittlung (wie z. B. traditionell im Internet) eine flexible Zuordnung der zur Verfügung stehenden Bandbreite. Die Daten werden dabei in einzelne Pakete verpackt, die jeweils ihren Empfänger selbst kennen und so einzeln, eventuell auch auf unterschiedlichen Wegen, ihr Ziel erreichen. Da diese Sy­steme jedoch für unsichere Medien entwickelt wurden, müssen die darauf aufbauenden Protokolle auf den Teilstrecken zwischen den Netzwerkelementen teilweise erheblichen Aufwand zur Fehlersicherung und Flußkontrolle (z. B. Stauvermeidung) betreiben, so daß diese für Hochgeschwindigkeitsnetze ungeeignet sind. Dies kann durch mehrere Maß­nahmen umgangen werden: Beispielsweise können die Funktionen zur Fehlerbehebung und Flußkontrolle in Hochgeschwindigkeitsnetzen in die Endsysteme verlagert werden. Dadurch werden die Vermittlungssysteme entlastet und durch die hohen Ubertragungs­geschwindigkeiten entsteht keine zusätzliche Verzögerung. Weiterhin können die Vermitt­lungssysteme dadurch entlastet werden, daß die Pakete immer mit einer festen Länge versandt werden und gleiche Information immer an derselben Stelle im Paket steht, was das Auslesen der Pakete deutlich beschleunigen kann. Eine durch solche Maßnahmen beschleunigte oder schnelle Paketvermittlung (engl.: fast packet switching) dient auch als Grundlage für ATM (vgl. hierzu auch [Zitt95]).

ATM wird im Wesentlichen von dem ATM-Forum spezifiziert, das als eine Interna­tionale non-Profit-Organisation mit verschiedenen Vertretern aus Wirtschaft und For­schung versucht, „die Verwendung von ATM-Produkte und -Dienste durch ein schnelles Angleichen von untereinander funktionsfähigen Spezifikationen zu beschleunigen“ (nach [ATMF97]). Nach den bisher von dem ATM-Forum vorgeschlagenen und der ITLT über­nommenen Standards sind für ATM Bandbreiten bis zu 2, 155, 622 bzw. 2.400 Mbit/s und vier verschiedene Dienstklassen mit unterschiedlichen Dienstgütekriterien spezifi­ziert. Die wichtigsten Charakteristika, die im nächsten Abschnitt genauer erklärt werden, sind:

- Datenübertragung in kleinen Paketen fester Länge
- Asynchrones Multiplexen der Zellen auf das Ubertragungsmedium
- Minimale Funktionalität im Netz
- ATM arbeitet verbindungsorientiert (virtuelle Verbindungen)
- Vermittlung der Zellen über lokal eindeutige Kennungen im Zellkopf
- Die Übertragung der Zellen kann synchron oder asynchron erfolgen

3.2 Charakteristika von ATM

Da es sich bei ATM um ein grundsätzlich neues Vermittlungskonzept handelt, werden zunächst die einzelnen Charakteristika von ATM erklärt, denn dadurch wird die anschlie­ßende Beschreibung der ATM-Kommunikationsschichten und deren Struktur klarer und anschaulicher.

3.2.1 Die Zelle

Um die hohen Ubertragungsgeschwindigkeiten bearbeiten zu können, werden bei ATM stets kleine Pakete mit fester Länge übertragen und nicht, wie viele traditionelle pa­ketvermittelnde Systeme, mit variabler Länge. Innerhalb dieser Pakete, die als „Zellen“ bezeichnet werden, sind die Informationen stets an derselben Stelle, so daß sie effizient und vor allem schnell bearbeitet werden können. Die Zellen sind genau 53 Byte lang, wovon jeweils 5 Byte Kopfdaten und 48 Byte Nutzlast sind. Der Wert von 48 Byte stellt einen Kompromiß aus Spraohverkehr, für den 32 Byte optimal wären, und Datenverkehr mit optimalen 64 Byte dar (vgl. [Zitt95] ).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.2: Der Aufbau der ATM-Zelle.

Die Kopfdaten bestehen zunächst aus 4 Bit, die für die generische Flußkontrolle (engl.: generic flow control; GFC) verwendet werden (vgl. Abbildung 3.2). Dieses Feld ist noch nicht spezifiziert, soll aber später an der Teilnehmerschnittstelle für die Einhaltung der Dienstgütekriterien auf einem Teilnehmerbus sorgen, an dem die einzelnen Geräte (ähnlich wie bei ISDN) konkurrieren. Netzintern entfallen diese 4 Bit und sie werden für das VPI-Feld zusätzlich genutzt.

Mittels der VPI und VCI-Felder wird der jeweilige virtuelle Pfad und virtuelle Kanal der Zelle identifiziert. Die Zelle trägt also nicht die komplette Empfängeradresse mit, sondern wird auf einer bereits etablierten Verbindung (vgl. Abschnitt 3.2.4) nur über einen Pfad und Kanal identifiziert.

Das nächste Feld zeigt die Benutzung der Zelle an (engl.: payload type; PT). Das erste Bit signalisiert dabei, ob es sich um eine Nutzdatenzelle oder eine andere Zelle handelt. Bei Nutzdatenzellen unterscheiden die nächsten beiden Bits, ob die Zelle einen Stau erfahren hat und ob es sich um die letzte Zelle einer Folge von Zellen handelt. Andernfalls zeigt das zweite Bit an, ob es sich um eine Wartungszelle (auch Service-Zelle oder OAM- Zelle; engl.: operations and maintainance) oder eine Zelle für das Ressourcenmanagement handelt. Weitere Belegungen sind noch nicht spezifiziert.

Das CLP-Bit (engl.: cell loss priority) gibt an, ob die Zelle in Stausituationen be­vorzugt verworfen oder behalten werden soll. Dieses Bit kann der Benutzer setzen, wenn er wichtige von unwichtigen Daten unterscheiden will (z. B. sind bei der Übertragung komprimierter Videobilder die Komplettbilder wichtig, die Bildänderungen nicht). Es kann aber auch von den Zwischensystemen gesetzt werden, wenn die Zelle nicht dem Verkehrsvertrag entspricht.

Schließlich ist die Zelle über das HEC'-Feld (engl.: head error control) gegen Bitfeh­ler geschützt. Mit diesem 8-Bit-Wert können zwei Bitfehler erkannt und ein Bitfehler korrigiert werden.

3.2.2 Asynchrones Mutliplexen

Die eigentliche Stärke von ATM ist dessen Fähigkeit, Zellen asynchron zu multiplexen (vgl. Abbildung 3.3). Dies bedeudet, daß Zellen von verschiedenen Quellen nach den Dienstgütekriterien zu einem Zellstrom zusammengefügt werden können, wobei keine periodischen Strukturen notwendig sind. Damit kann praktisch jeder beliebige Durchsatz innerhalb der verfügbaren Bandbreite erreicht werden.

Videostrom

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.3: Asynchrones Multiplexen in ATM erlaubt Zellströme mit unterschiedli­chen Bandbreiten und Anforderungen.

Dieses Prinzip ist von den traditionellen paketvermittelnden Netzen her bekannt. Es ist besonders leistungsfähig, wenn die Daten burstartig verschickt werden sollen, wie z. B. bei einem komprimierten Video oder Netzwerkkopplungen. Neu bei ATM ist jedoch, daß hier zusätzlich noch die Dienstgütekriterien eingehalten werden müssen. Ein Verfahren, das dies zuverlässig erledigt, ist noch nicht spezifiziert.

Anders als in traditionellen paketvermittlenden Netzen werden jedoch ständig Zellen gesendet. Dies ist notwendig, um auf eine Rahmenstruktur und speziell auf eine Syn­chronisation verzichten zu können (s. u.). Enthalten die Zellen keinerlei Information, so werden sie „Leerzellen“ genannt und in dem nächsten Netzwerkelement gleich wie­der verworfen. Dieses kann dann bei Bedarf neue Leerzellen generieren. Der Kopf der Leerzellen ist komplett leer, d. h. jedes Bit ist mit 0 belegt.

3.2.3 Minimale Funktionalität im Netz

Die hohen angestrebten Ubertragungsleistungen erfordern besondere Leistungsfähigkei­ten der beteiligten Netzwerkelemente. So kommen bei einem Durchsatz von 155 Mbit/s alle 2,6 /ns neue Zellen an, bei 2,4 Gbit/s sind es sogar alle 0,16 /¿.s. Lim gleichzeitig auch die Kosten für die Netzwerkelemente gering zu halten, wurde versucht, Funktiona­litäten, die traditionell in den Netzwerkelementen angesiedelt sind, in die Endsysteme zu verlagern. So wurden Fehler- und Flußkontrolle weitgehend aus dem Netz entfernt.

Die Fehlerkontrolle war traditionell notwendig, da die verwendeten Medien als ver­gleichsweise unsicher gelten. Bei ATM wird von Glasfaser als Medium ausgegangen, was im Vergleich zu anderen Medien relativ wenig fehleranfällig ist. Deshalb wurde auf eine Fehlerkontrolle weitgehend verzichtet und dies höheren Protokollen überlassen. Ledig­lich der Kopf einer ATM-Zelle ist gegen Bitfehler geschützt, wobei als fehlerhaft erkannte Zellen nur verworfen werden und nicht wiederholt versendet werden. Auch dies wird von höheren Protokollen erledigt.

Die Flußkontrolle ist auch aus dem Netz ausgelagert, was zwar insgesamt zu längeren Reaktionszeiten führt, die aber bei diesen Netzgeschwindigkeiten immer noch vergleichs­weise gering sind. Da auch eine Ressourcenreservierung erfolgt, nimmt die Wahrschein­lichkeit für einen Stau mit zunehmender Anzahl von Verbindungen ab (vgl. [Zitt95] bzw. [Röth94]). Eine geeignete Flußkontrolle ist noch nicht spezifiziert. In der Diskussion be­findet sich eine explizite Benachrichtigung über Stausituationen (engl.: explicit forward congestion notification; EFCN).

3.2.4 Virtuelle Verbindungen

Obwohl ATM jede Zelle einzeln vermittelt, sind dem Benutzer jedoch nur Verbindun­gen sichtbar. Da diese Verbindungen jedoch nicht real existieren, werden sie virtuelle Verbindungen (engl.: virtual channel; VC) genannt. Mehrere virtuelle Verbindungen, die denselben Empfänger haben, können zu einem virtuellen Pfad (engl.: virtual path; VP) zusammengefaßt werden. Jede virtuelle Verbindung und jeder virtuelle Pfad ist durch einen Identifikátor (engl.: virtual channel identification und virtual path identification; VPI, VCI) eindeutig bestimmt (s.o.). Uber diesen Identifikátor wird die Zuordnung der einzelnen Zellen zu den jeweiligen Verbindungen hergestellt.

3.2.5 Vermittlung

Bei der Vermittlung von ATM-Zellen gibt es zwei Arten der Vermittlung: die VP- Vermittlung und die VP/VC-Vermittlung. Bei der VP-Vermittlung werden nur virtuelle Pfade vermittelt, die Identihkatoren für die virtuellen Verbindungen bleiben unverändert. Jeder virtuelle Pfad kann dabei eine unterschiedliche Anzahl von virtuellen Verbindun­gen enthalten. Diese Art der Vermittlung ist besonders schnell, da nur an Hand einer Tabelle jeder eingehende virtuelle Pfad einem ausgehenden virtuellen Pfad zugeteilt wer­den muß. Diese Tabelle umfaßt nur 256 Einträge, da in den Kopfdaten der Zellen nur 8 Bit für den Identifikátor der virtuellen Pfade reserviert sind.

Bei der VP/VC-Vermittlung wird dann auch noch der Identifikátor für die virtuellen Verbindung mit ausgewertet. Die virtuellen Verbindungen können dann auch zu neuen virtuellen Pfaden zusammengefaßt werden. Auch diese Lbrisetzung kann über eine Tabelle erfolgen, jedoch kann diese Tabelle bis zu 16,7 Mio. Einträgen enthalten, da in den Kopfdaten 24 Bit für den virtuellen Pfad und die virtuelle Verbindung reserviert sind.

3.2.6 Synchrone oder asynchrone Übertragung

Die Übertragung der Zellen erfolgt in der Regel asynchron, kann aber auch synchron (wie z. B. bei ISDN) stattfinden. Asynchrone Übertragung bedeutet hier, daß die Zellen einer Verbindung in bunter Reihenfolge gesendet werden können, während bei einer synchro­nen Übertragung jede Zelle einer Verbindung eine feste Position in einer übergeordneten Struktur, Rahmen (engl.: frame) genannt, einnimmt (vgl. hierzu auch Abbildung 3.4 und [HäHS94]). Dazu wird auf eine bestehende Netzstruktur zurückgegriffen und es entsteht der alte Nachteil, nur Vielfache einer Grund-Ubertragungsrate senden zu können.

(a) Synchroner Übertragungsmodus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.4: STM und ATM im Vergleich (nach [HäHS94]).

Im asynchronen Modus muß ein stetiger Zellstrom gesendet werden, liegen keine Zellen mit Inhalt vor, werden Leerzellen gesendet (dies wird cell rate decoupling genannt). Durch den stetigen Zellstrom wird eine Synchronisation zwischen den Netzwerkelementen nicht mehr nötig, da bekannt ist, daß immer alle 53 Byte eine neue Zelle beginnt. Deshalb kann auch auf eine Rahmenstruktur verzichtet werden, die Zellen bilden quasi ihren eigenen Rahmen. Um Informationen über Ablauf und Wartung auszutauschen, werden spezielle, zusätzliche Zellen auf denselben virtuellen Kanälen wie die Daten gesendet, sog. OAM-Zellen (engl.: operation and maintenance).

3.3 Dienste in ATM

3.3.1 Schichtenstruktur

ATM baut nicht auf dem OSI-Schichtenmodell auf, sondern besteht aus nur 3 Schichten. Außerdem ist die Schichtenstruktur nicht nur zweidimensional, sondern es wird noch eine dritte Dimension hinzugefügt, die Ebene (engl.: plane) genannt wird (vgl. Abbildung 3.5).

Durch die dreidimensionale Struktur ist das Schichtenmodell im Wesentlichen um Funktionen zum Netzwerkmanagement erweitert worden. Ein Netzwerkmanagement ist in dem traditionellen OSI oder Internet-Modell nur schwer realisierbar, auch werden oft Informationen mehrfach verwaltet. Hier erlaubt nun eine schichtenübergreifende Ebene, das Ebenen-Management (engl.: plane management), die Verwaltung aller Ebenen und gemeinsamer Funktionen. Uber das Schichten-Management (engl.: layer management) können die einzelnen Kommunikationsschichten und die jeweiligen Ressourcen verwaltet werden. Beide Ebenen bilden zusammen die Management-Ebene (engl.: management layer).

[...]

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Dienstqualitat in ATM-Netzen mit mobilen Endsystemen
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Telematik)
Note
2.0
Autor
Jahr
1997
Seiten
67
Katalognummer
V193814
ISBN (eBook)
9783656217718
Dateigröße
3029 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ATM, WATM, Wireless, Dienstgüte, Dienstqualität, Handy, Mobilfunk
Arbeit zitieren
Tobias Schulz-Hess (Autor:in), 1997, Dienstqualitat in ATM-Netzen mit mobilen Endsystemen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193814

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