Warum ist die Mehrheit der neuen Mitgliedsstaaten Mittel- und Osteuropas bis zum heutigen Datum noch nicht der Währungsunion beigetreten?


Hausarbeit, 2009

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konvergenzkriterien - das Tor zur Währungsunion

3. „Eurozone enlargement is a political process ” (Bolle und Pamp, 2006, S.28)
3.1 gesellschaftliche Forderung nach realer Konvergenz
3.2 Haushaltsdefizite als Wachstumshemmer
3.3 Leistungsbilanzdefizite
3.4 Zusammenfassungen

4. Die Maastrichtkriterien - unerfüllbar für die MOEL?

5. Schlussbemerkungen

6. Anhang

7. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Mit der am 01.05.2004 durchgeführten Osterweiterung der EU wurden zehn neue Mitglieder (Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei, Slowenien, Estland, Litauen, Lettland, Malta, Zypern) in die Reihen der alten EU-15 Staaten aufgenommen. Mit den neuen Beitrittsstaaten, Rumänien und Bulgarien, wurde am 01.01.2007 die derzeit bestehende Staatenanzahl von 27 erreicht.

Die Länder Mittel- und Osteuropas (MOEL) bekräftigen mit diesem Schritt nicht nur ihren Willen zur politischen und realwirtschaftlichen Integration durch die Beteiligung am europäischen Binnenmarkt, sondern verpflichten sich insbesondere dazu, eine monetäre Integration (währungspolitische Anbindung) mit dem Eintritt in die Europäische Währungsunion (EWU) anzustreben, den sie nach eigenen Einschätzungen durch schnellstmögliche Beitrittstermine realisieren wollten. Die hierfür aufgestellten ambitionierten Zielsetzungen, sollte sie bald in den Genuss der propagierten makro- und mikroökonomischen Vorteile der Währungsunion1 bringen. Estland, Litauen, Slowenien und Lettland zeigen sich am ehrgeizigsten, sind sie doch schon kurz nach der EU-Osterweiterung dem Europäischen Wechselkursmechanismus (WKM II) beigetreten (Litauen 2005) und verfolgten das Ziel, bereits 2007 (Litauen 2008, Slowakei 2009) als erste osteuropäische Länder den Euro einzuführen. Außer Slowenien, das am 01.01.2007 und Malta bzw. Zypern, die am 01.01..2008 als einzige Länder in der EWU aufgenommen wurden, bereitet es vor allem den großen Länder Polen (kein offizielles Beitrittsdatum), Ungarn und Tschechien (beide Beitritt 2010 geplant) Probleme die vorgeschriebenen ökonomischen Bedingungen - die Maastrichter Konvergenzkriterien - zum EWU- Beitritt zu erfüllen. Die Realisierung dieser Vorschriften würde die Eintrittskarte in das ’Währungsunionsparadies’ der EU bedeuten, und trotz der Tatsache, dass einige Länder, wie die Baltischen Staaten der Erfüllung nahe stehen, konnten sie eine Aufnahme in die EWU nicht verwirklichen.

Daher stellt sich an dieser Stelle die Frage nach den Gründen, die einen Beitritt zur EWU verhindern, die also insbesondere für die Nicht-Erfüllung der Maastrichter Konvergenzkriterien verantwortlich sind! Handelt es sich hierbei um rein ökonomische Kausalitäten oder spielt die politische Determinante eine entscheidende Rolle in den innenpolitischen Entscheidungsstrukturen der Beitrittsländer? Weiterführend gilt es zu klären, inwieweit, basierend auf der Tatsache, dass bisher nur ein Land den Währungsunionsbeitritt geschafft hat, die Konvergenzkriterien eine zu hohe Hürde darstellen? Oder sind für das Ausbleiben der nötigen Konvergenz andere externe, für die osteuropäischen Länder strukturspezifische Phänomene, verantwortlich?

Diese Hausarbeit soll den aufgeworfenen Fragen nachgehen, ohne dabei den Anspruch zu erheben, eine länderspezifische Analyse durchzuführen. Vielmehr soll ausgehend von einer Bestandsaufnahme der ökonomischen Situation (nominelle Konvergenz) in den MOEL im Punkt 2, im Punkt 3 und Punkt 4 die Darstellung der Untersuchungsergebnisse folgen.

2. Konvergenzkriterien - das Tor zur Währungsunion

Wenn die EWU als eine wertneutrale Währungsumstellung mit stabilitätsorientierten und soliden Partnern definiert wird, dann setzt dies voraus, dass eine solche Stabilitätsgemeinschaft zwischen mehreren Ländern nur dann existieren kann, wenn eine hinreichende wirtschaftliche, monetäre und fiskalpolitische Übereinstimmung besteht (Geldwert- und Wirtschaftsstabilität, solide Staatsfinanzen), da Stabilitätskrisen die makroökonomische Sicherheit des gesamten Währungsraumes gefährden würden. Insofern fordern die im Vertrag von Maastricht aufgestellten Konvergenzkriterien2, als Indikatoren für die makroökonomische Stabilität, die MOEL auf, sich wirtschaftlichen an das Niveau der EU-15 anzugleichen.

Gemäß dem Konvergenzbericht von 2008 (Vgl. Europäische Zentralbank, 2008) weisen die MOEL folgende Trends auf (siehe tabellarische Übersicht im Anhang):

1. Inflationsrate/Preisstabilität: Beachtlich ist das 7 der überprüften 10 beitrittswilligen Länder im Referenzzeitraum von März 07 - April 08 deutlich höhere Preissteigerungen über dem Referenzwert von 3,2% zu verzeichnen hatten (besonders Estland, Litauen, Lettland, Ungarn, Bulgarien).

2. Haushaltsdefizit/Staatsverschuldung: Den größten Problemfall stellt hier Urgarn dar, dessen Nettoneuverschuldung/Schuldenquote 2007 mit 5,5% bzw.

66% deutlich über den Referenzwerten liegt. Während in Tschechien, Polen und der Slowakei das Haushaltsdefizit unterhalb des Referenzwerts lag, konnten Bulgarien, Estland und Lettland sogar einen Haushaltsüberschuss bzw. ausgeglichenen Haushalt vorweisen (Lettland). Auch die Schuldenquote fiel in allen anderen Ländern niedriger aus als in Ungarn. Betrachtet man jedoch einen Untersuchungszeitraum von 1998-2007 differenziert sich dies: In Tschechien (+13,7%), Polen, Ungarn, Litauen und Lettland stieg die gesamte Verschuldung an, während sie in Bulgarien, Estland, Rumänien und der Slowakei sank.

3. Zinsniveau: Sieben der geprüften Mitgliedsstaaten verzeichneten langfristige Kapitalmarktzinssätze3, die unter dem Referenzwert von 6,5% lagen. Nur Rumänien und Ungarn wiesen aufgrund hoher Risikoprämien Zinsen mit 7,1% bzw. 6,9% auf.

4. Wechselkursstabilität: Auffällig ist, dass nur vier (Baltischen Staaten, Slowakei) der beitrittswilligen Kandidaten Mitglieder des, für den EWU-Beitritt unerlässlichen, WKM II sind. Die anderen sechs Länder zögern dies hinaus. Die Slowakei verzeichnete eine relativ hohe Volatilität gegenüber dem Euro auf (Baltischen Staaten gering).

3. „Eurozone enlargement is a political process” (Bolle und Pamp, 2006, S.28)

3.1 gesellschaftliche Forderung nach realer Konvergenz

Zur Erklärung dieser Tendenzen in den nominellen Konvergenzkriterien, besonders der hohen Inflationsraten, ist eine Herleitung durch rein ökonomische Faktoren nicht hinreichend, sondern es sind vor allem die politischen Forderungen des Volkes, die mit den ökonomisch notwendigen Voraussetzungen für den Währungsunionsbeitritt (nominale Konvergenz) kollidieren. Dies äußert sich besonders an dem, durch den EU-Beitritt verstärkten, unbedingten Verlangen der Bevölkerung in den MOEL nach einer schnellstmöglichen Angleichung ihres Lohn- bzw. Lebensniveaus an westliche Standards. Damit fordern sie den Prozess der realen Konvergenz zur Reduzierung der Disparitäten im Lebensniveau: „Real convergence expresses the approximation of the levels of economic welfare, generally proxied by per capita GDP“ (Martín und Velázquez, 2001, S. 6). Vorrangig soll der Anschluss der Beitrittsländer an das Durchschnittsniveau der EU hinsichtlich Einkommen pro Kopf, Produktivität, Beschäftigung, sektorale Zusammensetzung des aggregierten Outputs und Infrastrukturausstattung erfolgen. Da die Weltbank die neuen Mitgliedsstaaten lediglich als „upper-middle-income-economies“ (außer Slowenien „high-income- economy“) klassifiziert, können sie auf eine Stufe mit Staaten wie Argentinien, Botswana oder Saudi-Arabien gestellt werden und im Vergleich zum westeuropäischen Durchschnitt durchaus als „arm“ kategorisiert werden (Vgl. Bolle und Meyer, 2004). Immerhin erwirtschaften sie nicht einmal 5 % des BIP der EU25 (Vgl. Randzio-Plath, 2004). Sogar Slowenien als das Reichste der neuen Mitgliedsländer kann nur ein Pro-Kopf-Einkommen von 70% des EU-15- Durchschnitts aufweisen, für Lettland sind knapp mehr als 30%, für die bis 2007 in die EU nachfolgenden Kandidaten Rumänien und Bulgarien nur etwa 25% (Vgl. De Grauwe und Schnabl, 2004a) - ein Unterschied der darauf hin weißt, dass Konvergenz in diesem Bereich nur durch erhebliche Anstrengungen und in einem entsprechend langsamen Zeitrahmen erreicht werden kann. So prognostizieren Bolle und Pamp (2006, S.23), dass die MOEL „ will still need at least one or two generations to catch up with the eurozone member states“ .

[...]


1 Festschreibung der Wechselkurse, verbunden mit uneingeschränkter und irreversibler Konvertibilität der Währungen, der völligen Freiheit des Kapitalverkehrs, niedrigen Zinsätzen, Euro als Einheitswährung

2 Diese schreiben vor, dass die Inflationsrate /das langfristigen Zinsniveau max. 1,5% bzw. max. 2% höher liegen darf, als die durchschnittliche Inflationsrate/Zinsrate der 3 preisstabilsten EU-Länder. Außerdem darf das Haushaltsdefizit bzw. die gesamte Staatsverschuldung nur 3% bzw. 60% des BIP betragen. Zusätzlich muss eine Anbindung der nationalen Währung im Rahmen des WKM II an den Euro für mind. 2 Jahre mit einer max. Fluktuationstoleranz des Wechselkurses von ± 2,25% erfolgen (Wechselkursstabilität).

3 Rendite der Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Warum ist die Mehrheit der neuen Mitgliedsstaaten Mittel- und Osteuropas bis zum heutigen Datum noch nicht der Währungsunion beigetreten?
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Europäische Integration: Akteure, Institutionen, Politiken
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
16
Katalognummer
V193629
ISBN (eBook)
9783656186601
Dateigröße
548 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
warum, mehrheit, mitgliedsstaaten, mittel-, osteuropas, datum, währungsunion
Arbeit zitieren
Saskia Helm (Autor:in), 2009, Warum ist die Mehrheit der neuen Mitgliedsstaaten Mittel- und Osteuropas bis zum heutigen Datum noch nicht der Währungsunion beigetreten? , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193629

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