Die Darstellung der Weiblichkeit in den Werken Max Frischs. Rollen und deren Darstellung.


Hausarbeit, 2002

19 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Frauenbilder nach Doris Merrifield und Liette Bohler
2.1 Doris Fulda Merrifield: "Sie zersetzt sein Selbstbewußtsein aus Enttäuschung und Trauer, daß sie es vermag."
2.2 Liette Bohler: "Sie bleibt das ´Andere`, das ´Fremde`, ein mystifiziertes Wesen, das der Mann abwechselnd verachtet und fürchtet, aber nicht liebt."
2.3 Vergleichende Bemerkungen zu Beiträgen der Autorinnen D. Merrifield und L. Bohler

3 Persönliche Betrachtungsweisen des Autors: Gedanken zur sozialen Rolle und zur Ehe
3.1 "...wird alle spielen Rollen, in die wir uns flüchten." - Frischs Gedanken zur sozialen Rolle.
3.2 Frischs Verhältnis zu Ehe und Partnerin

4. Verkehrte Welt? - "Don Juan oder die Liebe zur Geometrie."

5. Resümee

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

"...Max Frisch hat sich wie kein anderer Autor deutschsprachiger Gegenwartsliteratur... so konstant und mit bemerkenswerter Intensität mit Frauengestalten beschäftigt."[1] Das das Ergebnis seiner Auseinadersetzung mit dem Thema Frau nicht unumstritten ist, wird im Folgenden dargelegt. So heißt es bspw. "Die Geschlechterbeziehungen, die Frisch beschreibt, sind allesamt und ausnahmslos Paradebeispiele von gescheiterten Versuchen der Geschlechterharmonie."[2] Dieser Auffassung ist zumindest eine der beiden Autorinnen, auf deren Arbeiten ich mich im Folgenden beziehen werde. Neben, der eben erwähnten Liette Bohler, werden im zweiten Abschnitt dieser Arbeit, auch die Gedanken von Doris Fulda Merrifield herangezogen, um die Darstellung der Weiblichkeit in den Werken Max Frischs zu umreißen. Nachdem die Beiträge beider in den Punkten 2.1 und 2.2 vorgestellt wurden, wird ein Vergleich im Punkt 2.3 die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Betrachtungsweisen herausstellen. Im dritten Punkt werden persönliche Aspekte des Schriftstellers Max Frisch vorgestellt. So folgen im Punkt 3.1 Frischs Gedanken zur sozialen Rolle. Im darauffolgenden Unterpunkt 3.2 soll das problematische Verhältnis Frischs zur Institution der bürgerlichen Ehe und zu den Frauen an seiner Seite umrissen.

Der vierte Abschnitt dieser Ausarbeitung geht auf die Besonderheiten des Stücks "Don Juan oder die Liebe zur Geometrie.", welches Frisch im Jahre 1953 schrieb ohne einen einzigen Vorgänger gekannt zu haben und indem er einmal mehr die Identitäts-Problematik sowie die schwierige Akzeptanz des eigenen Ichs thematisierte. Hierbei spielen Gedanken zur Entfremdung des mythologisierten Stoffes um die Figur des Don Juan sowie der Darstellung der Geschlechter eine wesentliche Rolle.

Anschließend folgt ein Resümee in der die Hauptgedanken dieser Arbeit zusammengefasst werden sowie das Literaturverzeichnis.

2. Frauenbilder nach Doris Fulda Merrifield und Liette Bohler

Im folgenden werden zum Vergleich zwei Autorinnen herangezogen, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Darstellung der Weiblichkeit in den Werken Max Frischs auseinandergesetzt haben. Doris Fulda Merrifield veröffentlichte 1997 das Buch "Das Bild der Frau bei Max Frisch." Ein Jahr später erschienen die Gedanken Liette Bohlers zur Darstellung des Weiblichen im Werke Frischs unter dem Titel "Der Mythos der Weiblichkeit im Werke Max Frischs."

2.1 Doris Fulda Merrifield: "Sie zersetzt sein Selbstbewußtsein aus Enttäuschung und Trauer, daß sie es vermag."

Merrifield unterteilt die Frauen in Frischs Werken in drei Gruppen. Die erste Gruppe setzt sich aus Frauen wie Antoinette und Hanna zusammen, die für den Mann vor allem bewundernswert und rätselhaft sind. In jedem Falle will er sie unbedingt an sich binden. In der zweiten Gruppe finden sich unselbständige Frauen wie Katrin und Julika, die einzig zum Vorwurf des Mannes zu leben scheinen. Diese Frau will ihr Überlegenheitsgefühl durch ständiges Verzeihen der männlichen Fehler demonstrieren. In der letzten Gruppe befinden sich Frauen, die für den Mann unerreichbare Naturgeschöpfe darstellen. Frauen wie Florence und Juana vermitteln dem Mann das Gefühl körperlicher Unterlegenheit, so dass dieser Minderwertigkeitskomplexe entwickelt.[4] Es gibt nur wenige Werke Frischs in denen alle drei Typiken der Frau auftreten. Beispiele dafür sind "Stiller" mit Sybille, Julika und Florence oder "Biografie. Ein Spiel." mit Antoinette, Katrin und Helen. Im Folgenden wird auf einige, von Merrifield aufgegriffenen, Aspekte in Frischs Werken eingegangen.[3]

Nach Merrifield weisen Frischs Männerfiguren ein gestörtes Verhältnis zu ihrer Sexualität auf und schämen sie sich ihrer sexuellen Wünsche. Besonders dramatisch stellt sich dies in Frisch erster Dichtung durch die Figur des Jürg Reinhart dar. Dieser leidet unter der Zwangsvorstellung, dass eine Frau den männlichen Körper niemals als attraktiv empfinden könne und höchsten aus Mitleid den Beischlaf praktiziere. Aber auch in späteren Stücken gestaltet sich das Liebesleben der Figuren schwierig, beispielsweise beruht das Scheitern der Beziehung zwischen Julika und Stiller teils auf einem Missverständnis sexuellen Bezugs. Während er sich dafür verantwortlich fühlt, dass er ihre Begierde nicht wecken kann, leidet Julika unter der Angst keine richtige Frau zu sein.[5]

Es lassen sich in Frischs Werken aber auch sinnliche Frauen, wie Sybille und Miranda, finden. Der Ursprung dieser Sinnlichkeit begründet sich in ihrer Unabhängigkeit vom Mann als Ernährer oder Existenzgrundlage.

"Alle Frauen bei Frisch, ..., verspüren den Drang zur Mutterschaft und folgen ihm."[6] Womit aber nicht bewiesen sei, dass die Frau im Werke Frischs sich einzig in der Mutterrolle verwirklichen könne. Trotz dessen löst der Beginn einer Mutterschaft in den Beziehungen fast immer eine Krise aus. Ohne davon zu wissen, wird der Mann auf eine Probe gestellt und von der Frau, im Falle des Scheiterns, unverzüglich verlassen. Daraufhin sucht sich die schwangere Frau entweder einen neuen Mann, der im Unklaren über die Vaterschaft gelassen wird, oder lässt eine Abtreibung durchführen. Nach Merrifield wird in Frischs Werken die Abtreibung ohne weiteres als Mittel akzeptiert eine unbequeme Schwangerschaft zu beenden. Ein weiterer weiblicher Zug Frisch´scher Frauen ist der Einsatz weiblicher Waffen. Dieser ist durch die enttäuschende Einsicht der Frau begründet, dass sie ihm Stande ist dem Manne zu schaden. So versuchen Frauen wie Hanna durch das Mittel der Selbstbehauptung den Mann durch berufliche Leistung auszustechen. Einzig die Tatsache das Frischs Frauen in der Lage sind dem Mann Schaden zu zufügen, stachelt sie dazu an, diese Möglichkeit auch wahrzunehmen.[7] Die Unsicherheit der Männer beruht unter anderem auf ihrer sozialen Herkunft. Während der überwiegende Teil der Frauen bei Frisch meist gebildet, finanziell selbständig sind und aus gutbürgerlichen Hause stammen, bleibt die Herkunft der männlichen Figuren ungewiss. Auch die Angst des Mannes im Liebesangelegenheiten ein Versager zu sein, trägt zu seinen Unsicherheitsgefühlen bei.

Zu den wohl wirksamsten Waffen der Frauen gehört die Kunst des Schweigens. Die dahinter stehende weibliche Absicht variiert oftmals. Während Julika unter ihrer mangelnden Mitteilungsfähigkeit leidet, versucht Antoinette den Mann gezielt zu beeinflussen. Das beharrliche Schweigen ermöglicht der Frau in einer Konfliktsituation keine Stellung beziehen zu müssen. Der überforderte Mann reagiert meist verärgert, während die Frau an dieser Entwicklung schuldlos zu sein scheint und ihm im Nachhinein nobel verzeihen kann.[8]

Merrifield zieht schließlich den Schluss: "Mit Recht glaubt der Mann, ..., daß die Frau ihn tyrannisiert im Vertrauen auf seine Liebe, aber er hat nicht begriffen, daß diese Liebe einen beklagenswerten Mangel an Eigenständigkeit einschließt, auf den die Frau ich ihrer Taktik der Unterwerfung des Mannes baut."[9]

Die hohen Ansprüche der Frisch´schen Frauen führen nicht selten zur Überforderung des Mannes. So zeichnen einen begehrenswerten Mann folgende Eigenschaften aus: bewundernswerter Mut bezogen, beachtliche Selbstlosigkeit und emotionale Souveränität. "So viel Verachtung eine Frau für den Mann hat, der sich von ihren Gefühlen tyrannisieren läßt, so viel Bewunderung zollt sie dem, der selbstbewußt, sachlich und zuverlässig, also männlich handelt."[10] So verliebt sich zum Beispiel Miranda in Don Juan, weil er im Freudenhaus Sevillas anstelle der üblichen Beschäftigung in diesen Etablisments lieber in einem Schachspiel nachgeht. Auch Lilas Liebe zu Svoboda entflammt durch seine unerwartet sachliche Reaktion auf ihren Abschiedsbrief neu. Dieses scheinbar paradoxe Verhalten der Frau begründet sich durch Sicherheit der Liebe in der sich die Frau wiegt, da der Mann es nie in Erwägung zieht die gemeinsame Beziehung zu riskieren. Merrifield beschreibt dies mit den folgenden Worten: "Vielleicht muß seine Liebe zu ihr ab und zu in Frage gestellt werden, damit es wieder etwas zu bezaubern und zu erobern gibt."[11]

Nach Merrifield beruht die Überlegenheit der Frauen bei Frisch auf deren Unabhängigkeit, d.h. sie ist nicht in dem Maße abhängig von ihm, wie er von ihr. Unabdingbar für die weibliche Souveränität ist die finanzielle Eigenständigkeit der Frau. Weiterhin sind die weiblichen Figuren den männlichen Handlungsträgern in vielerlei Hinsicht ebenbürtig. SO sieht Merrifield einen wesentlichen Aspekt der weiblichen Souveränität in der Ausübung eines Berufs. Dabei zeichnen sich die Frischs Frauen durch eine sachlich Einstellung zu ihrem beruflichen Tätigkeit aus. Demnach ist dieser meist "...Mittel zum Zweck der möglichst interessanten und sinnvollen Übung und Nutzung der eigenen Kräfte und vor allem zum Zwecke äußerer und innerer Unabhängigkeit."[12]

Ein weiterer Grund der weiblichen Souveränität ist ihre Fähigkeit auch Alleinsein zu können. Während die männlichen Figuren die Beziehung keinesfalls auf Spiel setzen wollen, kann sich die Frau vorstellen sich von "ihm" loszusagen, wenn sie erkennt, dass die Beziehung zu kriseln beginnt. Diese Gedankengrundlage ermöglicht ihr eine relativ sachliche Haltung zu ihren Beziehungen einzunehmen. Dennoch sind die Frauen in sämtlichen Schaffensphasen Frischs fähiger zur Liebe als der Mann, da dieser seine Sicht durch die subjektiv belastete Wahrnehmung verklärt. Kommt es in einer Beziehung doch zu einem beidseitigen Gefühl der Vertrautheit, muss dies, nach Merrifield, in zwingender Weise durch ´liebestote Körper` erkauft werden.[13] Dadurch entwickeln beide Partner das Bedürfnis auszubrechen. Unter dieser Unsicherheit der Beziehung leiden die männlichen Figuren mehr, da sie die Beziehung nicht gefährdet sehen wollen und sich im Gegensatz zur Frau die Existenz ohne Partner nicht vorstellen können oder wollen.[14]

In ihrem Resümee verweist Merrifield nochmals auf die Verschiedenheit der Geschlechter im Werke Frisch und führt dies auf die Tatsache zurück "..., daß sie nicht um seine Liebe zu bangen scheint, wie er um ihre."[15] Darüber hinaus vermittelt ihre mangelnde Eifersucht und Freiheit dem Manne das Gefühl der qualvollen Gebundenheit. Das Verhalten der Frau richtet sich an der "...Enttäuschung über die Unzulänglichkeit des Mannes." aus.[16]

[...]


[1] Knapp 1979, S. 73

[2] Bohler 1998, S. 197

[3] Merrifield 1997,S. 122

[4] ebd. S. 103

[5] ebd. S.108

[6] ebd. S. 114

[7] ebd. S. 115

[8] ebd. S. 118

[9] ebd. S. 122

[10] ebd. S. 126

[11] ebd. S. 129

[12] ebd. S. 133

[13] ebd. S. 136

[14] ebd. S. 137

[15] ebd. S: 138

[16] ebd. S. 139

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Darstellung der Weiblichkeit in den Werken Max Frischs. Rollen und deren Darstellung.
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Germanistische Literaturwiss.)
Note
3
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V19227
ISBN (eBook)
9783638234016
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Darstellung, Weiblichkeit, Werken, Frischs, Rollen, Darstellung
Arbeit zitieren
Jessica Karcher (Autor:in), 2002, Die Darstellung der Weiblichkeit in den Werken Max Frischs. Rollen und deren Darstellung., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19227

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