Romy Schneider. Sie wollte nicht ewig "Sissi" sein


Fachbuch, 2012

63 Seiten


Leseprobe


Ernst Probst

Romy Schneider

Sie wollte nicht ewig „Sissi“ sein

Ein unvergessenes Filmidol der 1950-er Jahre war die deutsch-französische Schauspielerin Romy Schneider (1938–1982), eigentlich Rosemarie Magdalena Albach. Zu ihrem Ruhm trugen vor allem drei romantische „Sissi“-Filme über die österreichische Kaiserin und ungarische Königin Elisabeth (1837–1898) bei. Ihr von Kummer, Schicksalsschlägen, Tabletten und Alkohol getrübtes Leben endete bereits mit 43 Jahren.

Rosemarie Magdalena Albach erblickte am 23. September 1938 um 21.45 Uhr als erstes Kind des Schauspielerehepaares Wolf Albach-Retty (1906–1967) und Magda Schneider (1909–1996) in der österreichischen Hauptstadt Wien das Licht der Welt. Ihr Vater gehörte der österreichischen Schauspielerfamilie Albach-Retty an. Ihre Großmutter väterlicherseits war die Burgschauspielerin Rosa Albach-Retty (1874–1980) und ihr Großvater väterlicherseits der Offizier Karl Albach. Die Mutter von Rosemarie stammte aus Augsburg in Bayern, war die Tochter eines Installateurs und arbeitete ab 1930 als Filmschauspielerin. Großeltern mütterlicherseits waren Franz Xavier Schneider und Maria Schneider. Wegen ihres Geburtsortes Wien und wegen ihrer Vorfahren väterlicherseits betrachtete sich Romy später als Österreicherin. Allerdings beantragte sie nie die Staatsbürgerschaft von Österreich.

Der erste Vorname von Rosemarie Magdalena Albach wurde mit Bedacht ausgewählt. Er erinnerte an die Großmutter Rosa väterlicherseits und an die Großmutter Maria mütterlicherseits. Bereits als Kind wurde sie „Romy“ gerufen.

Vier Wochen nach der Geburt von Romy in Wien zogen die Eltern mit ihr im Oktober 1938 nach Schönau am Königssee bei Berchtesgaden (Bayern). Dort wuchs Rosemarie weitgehend unter der Obhut ihrer Großeltern mütterlicherseits, Franz Xavier Schneider und Maria Schneider, auf deren Landgut Mariengrund auf. In ihren ersten Lebensjahren wurde sie außerdem von einem Kindermädchen betreut. Die Eltern von Rosemarie waren wegen ihrer Engagements als Schauspieler meistens unterwegs. Ihr Vater galt als kein Familienmensch und war selten zu Hause. Ihre Mutter kam nur zwischen den Dreharbeiten nach Mariengrund.

Am 21. Juni 1941 wurde Rosemaries Bruder Wolfdieter („Wolfi“) Albach geboren. Er wuchs ebenfalls bei den Großeltern mütterlicherseits auf und wurde später als Erwachsener ein Chirurg. 1943 trennten sich die Eltern von Romy, die im Winter 1936 geheiratet hatten. Der Vater Wolf Albach-Retty lebte fortan mit der österreichischen Schauspielerin Trude Marlen (1912–2005) zusammen, die seine zweite Ehefrau wurde. Ab September 1944 ging Rosemarie in die Volksschule von Schönau. Im September 1945 ließen sich ihre Eltern scheiden.

Nach der Scheidung nahm Romys Mutter Magda Schneider alle Engagements an, die sie als Schauspielerin bekommen konnte, um sich und ihre beiden Kinder ernähren zu können. Deswegen war sie weiterhin nur selten zu Hause. Für die Großeltern mütterlicherseits wurde die Betreuung der beiden lebhaften Kinder Romy und Wolfi immer belastender.

Vom 1. Juli 1949 bis zum 12. Juli 1953 besuchte Rosemarie das katholische Mädcheninternat der „Augustiner Chorfrauen“ auf Schloss Goldenstein in Elsbethen bei Salzburg (Österreich). An dieser von den „Englischen Fräulein“ geführten privaten Hauptschule begeisterte sie sich für die Schauspielerei und stand oft bei Theateraufführungen auf der Bühne. Während der vier Jahre, die Romy im Internat verbrachte, wurde sie einige Male von ihrer Mutter besucht, von ihrem Vater dagegen nie.

An ihrem 13. Geburtstag schrieb Rosemarie 1951 in ihr Tagebuch: „Musik, Theater, Film, Reisen, Kunst. Ja! Das sind meine Elementseigenschaften. Diese fünf Worte machen mein Theaterblut kochend.“ Die Leidenschaft für das Theater ließ sie nicht mehr los. Am 10. Juni 1952 trug die 13-Jährige in ihr Tagebuch ein: „Wenn es nach mir ginge, würde ich sofort Schauspielerin werden. So wie Mammi. Aber mit ihr habe ich noch nie darüber gesprochen. Darüber spricht man bei uns zu Hause gar nicht. ... Ach! Jedesmal wenn ich einen schönen Film gesehen habe, sind meine ersten Gedanken nach der Vorstellung: Ich muss auf jeden Fall einmal eine Schauspielerin werden. Ja! Ich muss!“

Mit dem Abschluss der Mittleren Reife verließ die 14-jährige Romy Schneider am 12. Juli 1953 das Internat Schloss Goldenstein. Die Sommerferien sollte sie bei ihren Großeltern mütterlicherseits auf dem Landgut Mariengrund verbringen. Danach war der Besuch der Kunstgewerbeschule in Köln geplant, weil sich beim Kunstunterricht im Internat herausgestellt hatte, dass Romy malerisch und zeichnerisch talentiert war. In der Domstadt am Rhein lebte damals auch ihre Mutter, die mit dem Kölner Großgastronom Hans Herbert Blatzheim (1905–1968) liiert war.

Drei Tage nach dem Verlassen des Internats erhielt Romy einen Telefonanruf ihrer Mutter, der ihr Leben in andere Bahnen lenkte. Sie sollte sich in München mit dem Produzenten Kurt Ulrich und dem Regisseur Hans Deppe treffen. Die Beiden suchten für den geplanten Heimatfilm „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ (1953) nach einer geeigneten Besetzung für die Rolle als Evchen Forster, der Filmtochter von Magda Schneider. Nichtsahnend vom Talent und Berufswunsch ihrer Tochter hatte die Mutter, die in diesem Film die Hauptrolle spielte, dem Produzenten ihre eigene Tochter vorgeschlagen.

Romy fuhr mit dem Zug nach München. Nach dem Gespräch mit Regisseur und Produzent lud man sie zu Probeaufnahmen in Berlin ein, die Anfang September 1953 erfolgten. „Es hat geklappt! Es hat geklappt“ jubelte Romy am 6. September 1953 in ihrem Tagebuch und fügte hinzu: „Am 8. September fahren Mammi und ich nach Wiesbaden. Es geht los. ich filme! Toll! Einfach toll!!!“ Im Heimatfilm „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ feierte auch Götz George sein Filmdebüt. Die erfolgreiche Premiere fand am 11. November 1953 in Stuttgart statt.

Zur Zeit ihres Filmdebüts hieß Romy noch Rosemarie Albach. Vermutlich auf Betreiben ihrer Mutter bekam sie in ihrem ersten Film den Namen „Rosemarie Schneider-Albach“. Manche Kritiker schrieben fälschlicherweise auch „Rosemarie Albach-Schneider“. In Publicity-Artikeln über den ersten Film stand aber auch schon oft die Kurzform „Romy“, die allmählich öffentlich etabliert wurde.

Im Dezember 1953 heiratete Magda Schneider, die Mutter von Romy, den 48-jährigen Kölner Großgastronom und Unternehmer Hans Herbert Blatzheim, genannt „HHB“. Dieser besaß Restaurants, Varietés und Kinos. Blatzheim brachte aus seiner ersten Ehe mit der Französin Florence Vroome drei Kinder mit.

Im Mai 1954 stand Romy Schneider, wie man sie jetzt offiziell nannte, bei den Dreharbeiten für den Film „Feuerwerk“ erneut vor der Kamera. Neben Lilli Palmer (1914–1986) mimte sie ein junges Mädchen namens Anna Oberholzer, das von zu Hause ausreißt und sich einem Wanderzirkus anschließt. Während der Dreharbeiten vertraute sie ihrem Tagebuch an: „Ich weiß, dass ich in dieser Schauspielerei aufgehen kann. Es ist wie ein Gift, das man schluckt und an das man sich gewöhnt und das man doch verwünscht.“ Die 15-Jährige hatte in „Feuerwerk“ ihre erste Kussszene mit Claus Biederstaedt. Sie hatte Angst, sie würde sich dabei blöd anstellen und fühlte, wie sie unter der Schminke rot wurde. Doch Biederstaedt war so nett, dass sie diese Szene nicht peinlich fand. Der Film kam im September 1954 in die deutschen Kinos.

Noch während der Dreharbeiten für „Feuerwerk“ begegnete Romy Schneider dem österreichischen Regisseur Ernst Marischka (1893–1963). Dieser hatte damals bereits eine Schauspielerin für seinen geplanten Film „Mädchenjahre einer Königin“ (1954) über die junge britische Königin Victoria (1819–1901) unter Vertrag. Doch nachdem er Romy kennen gelernt hatte, besetzte er die Rolle überraschenderweise mit ihr um. Die 15-Jährige, die keinen Schauspielunterricht genossen hatte, spielte nun ihre erste Hauptrolle, war sich dieser Herausforderung durchaus bewusst und für ihre Chance dankbar.

Bald erfuhr Romy Schneider am eigenen Leib, dass ihr Traumberuf als Schauspielerin auch mit allerlei Nachteilen verbunden war. Beispielsweise konnte sie sich als Teenager nicht mehr unbeobachtet in der Öffentlichkeit zeigen und isolierte sich von Gleichaltrigen.

In dem Film „Die Deutschmeister“ (1955) unter der Regie von Ernst Marischka stand Romy erneut zusammen mit ihrer Mutter Magda Schneider vor der Kamera. Dabei handelte es sich um eine Remake des Streifens „Frühjahrsparade“ (1934) in dem Romys Vater die männliche Hauptrolle hatte. Der Film „Die Deutschmeister“ und die Darsteller begeisterten das Publikum und die Kritiker. Das darin von Romy gesungene Lied „Wenn die Vöglein musizieren“, erschien als Schallplatte.

Weniger gut als ihre vorherigen Filme kam der Streifen „Der letzte Mann“ (1955) an, in dem Romy Schneider neben Joachim Fuchsberger und Hans Albers (1891–1960) spielte. Albers, der die Hauptrolle hatte, erklärte später über Romy: „Es war nicht mein Film, es war ihr Film.“

Besonders berühmt wurde Romy durch die Hauptrolle in den drei Filmen „Sissi“ (1955), „Sissi, die junge Kaiserin“ (1956) und „Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin“ (1957). Wenn im deutschsprachigen Raum ihr Name fällt, wird sofort die Erinnerung an „Sissi“ wach.

Die Dreharbeiten für den ersten „Sissi“-Film begannen im August 1955. Der Regisseur Ernst Marischka hatte die damals 16-jährige Romy Schneider für die Hauptrolle in dem Historienfilm über die junge Kaiserin Elisabeth („Sissi“) verpflichtet. Ihre leibliche Mutter Magda Schneider spielte die Rolle der Kaiserinmutter Sophie (1805–1872). Karlheinz Böhm hatte die männliche Hauptrolle als Kaiser Franz Josef (1830–1916). Die Dreharbeiten erschienen Romy endlos lange.

Am 21. Dezember 1955 erfolgte die Weltpremiere des Films „Sissi“. Einen Tag später sah man den Streifen erstmals in westdeutschen Kinos. Mit „Sissi“ kam Romy Schneider zu Weltruhm. Bei einer Umfrage im November 1955, wer die beliebteste Schauspielerin in Deutschland ist, erreichte Romy hinter Maria Schell den zweiten Platz.

Die deutsche Presse feierte Romy Schneider zu Beginn ihrer Karriere als süßes Wiener Mädel, das begabt, hübsch und entzückend sei. Derartiges las die junge Schauspielerin gern. Das Hamburger Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ veröffentlichte im März 1956 eine Titelgeschichte über Romy.

Mitte der 1950-er Jahre agierte der Stiefvater Hans-Herbert („Daddy“) Blatzheim als Manager für Romy Schneider. Er verwaltete ihre Einnahmen und prüfte eingehende Rollenangebote für Filme. In seinen Kinos führte er oft ihre Filme auf. Außerdem nutzte der Großgastronom Blatzheim den hohen Bekanntheitsgrad von Romy für eigene Werbezwecke aus. Wenn er irgendwo ein neues Restaurant eröffnete, musste sich Romy dabei zeigen, was die Presse mehr anlockte. Erst später wurde publik, dass „Daddy“ seiner Stieftochter damals nachstellte. Bei öffentlichen Auftritten stand ihre Mutter hinter ihr und flüsterte ihr zu, wenn sie lächeln sollte.

Obwohl der erste „Sissi“-Film riesigen Erfolg hatte, lehnte Romy Schneider zunächst eine Fortsetzung von „Sissi“ energisch ab. Sie wollte keinen zweiten „Sissi“-Film drehen, war es leid, dass man immer über ihren Kopf entschied und wurde letztlich dann doch in die Knie gezwungen. Im Gegenzug für ihre Zusage zu einem weiteren „Sissi“-Film handelte sie ihre Mitwirkung in „Robinson soll nicht sterben“ (1957), einem ihrer Lieblingsstoffe, aus. Darin verkörperte sie neben Horst Buchholz (1933–2003) die Tochter einer Baumwollspinnerin aus der Unterschicht. Zuvor drehte sie jedoch zusammen mit Karlheinz Böhn den Streifen „Kitty und die große Welt“ (1956).

Auch der Film „Sissi, die junge Kaiserin“ (1956) wurde ein Riesenerfolg. Hierfür nominierte man Romy Schneider 1957 für den „Bambi“, den schließlich aber Gina Lollobrigida erhielt. Für die Dreharbeiten zum Film „Monpti“ (1957) flog Romy erstmals nach Paris. Anschließend trat sie in „Scampolo“ (1957) unter der Regie von Alfred Weidemann (1918–2000) auf.

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Details

Titel
Romy Schneider. Sie wollte nicht ewig "Sissi" sein
Autor
Jahr
2012
Seiten
63
Katalognummer
V191906
ISBN (eBook)
9783656169437
ISBN (Buch)
9783656170129
Dateigröße
3381 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Romy Schneider, Film, Filmschauspielerinnnen, Schauspielerinnen, Frauenbiografien, Biografien
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2012, Romy Schneider. Sie wollte nicht ewig "Sissi" sein, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191906

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