Geschlechtsspezifische Segregation in der DDR der 80er Jahre


Hausarbeit, 2003

22 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Begriffsklärung und historische Einordnung des Problems
2.2. Die Entwicklung der Arbeitsmarktsegregation der DDR von 1949 bis zum Ende der 70er Jahre
2.2.1. Ausgangsbedingungen und Wachstumskonstellationen
2.2.2. Beschäftigungsstruktur in der DDR von 1949 bis zum Ende der 70er Jahre
2.3. Die Situation des weiblichen Werktätigen in den 80er Jahren
2.4. Geschlechtsspezifische Segregation im Erwerbsverlauf im Kontext der familialen Entwicklung
2.5. Die Fluktuation Werktätiger der DDR der 80er Jahre als Ausdruck sozialer Konflikte
2.5.1. Der Begriff der Fluktuation in den 80er Jahren
2.5.2. Analyse der wichtigsten Fluktuationserscheinungen
2.5.2.1. Die betrieblichen Bedingungen, die die Werk- tätigen der DDR zu Beginn der 80er Jahre zur Fluktuation veranlasst haben
2.5.2.2. Ideelle Bedingungen der Arbeit als Ursachen der Fluktuation
2.5.2.3. Materielle Bedingungen der Arbeit als Ursachen der Fluktuation

3. Schluss

Literaturverzeichnis

Anlage

1. Einleitung

Mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Oktober 1990 hat sich für die Bevölkerung der ehemaligen DDR die Situation des Arbeitslebens drastisch verändert. Die Hoffnung auf versprochene „blühenden Landschaften“ und ausreichend sichere Arbeitsplätze wurde schon bald gebremst und aufgegeben. Hohe Erwerbslosenquoten in den neuen Bundesländern, allein im März 2003 betrug diese laut Bundsanstalt für Arbeit 19,6 %, zeugen von rapiden Veränderungen innerhalb sozialer und ökonomischer Prozesse.

Besonders stark von dieser „...radikalen Restrukturierung und andauernden Arbeitsmarktkrise in Ostdeutschland [...] , welche die sich in den 1990er Jahren in Westdeutschland vollziehenden Wandlungsprozesse in ihrer Dramatik bei weitem übertraf...“[1], wurden die Frauen in Mitleidenschaft gezogen.

Die folgende Hausarbeit soll sich mit der Frage beschäftigen wie es zu einer solch nachhaltigen Entwicklung für die weibliche Bevölkerung der ehemaligen DDR kommen konnte. Den Mittelpunkt meiner Ausführungen wird dabei die geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarktes bilden, aus der man Rückschlüsse und Gründe für eine erklärende Antwort finden kann. Besonders interessant und aussagekräftig stellt sich dabei der Zeitraum der 80er Jahre dar, indem „...91 Prozent aller Frauen berufstätig waren...“[2].

Susanne Diemer beschreibt in ihrem Aufsatz zum Problem weiblicher Erwerbstätigkeit die Situation der Frauen der DDR in den späten Achtzigern wie folgt: „...Im Zentrum sozialistischer Gleichberechtigungspolitik steht die Integration der Frauen in das Erwerbsleben. Kein anderer Aspekt der Gleichberechtigung, wie etwa die politische Partizipation von Frauen oder die Frage der familialen Arbeitsteilung fand, und findet sowohl theoretisch als auch praktisch vergleichbare Betrachtung. ...“[3].

Im Folgenden wird nach einer Begriffsklärung und der damit verbundenen historischen Einordnung des Problems, die geschlechtliche Arbeitsmarktteilung der DDR betrachtet. Beginnend mit einem kurzen Überblick, der die ökonomisch – soziale Entwicklung der „Nachkriegs – DDR“ bis zum Ende der Siebziger Jahre zugrunde legt, wird anschließend der Erwerbsverlauf der Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik in den Achtzigern mit Hilfe empirischer Studien ausgewertet und analysiert.

Im Speziellen werde ich anschließend die Segregation des Erwerbsverlaufes im Kontext der familialen Entwicklung betrachten und versuchen die Frage zu beantworten, wie die Grenzen zwischen Frauen und Männern im Erwerbsleben gezogen und reproduziert werden. Es ist unerlässlich die Prozesse, welche die Stabilität und den Wandel der geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktsegregation bestimmen, mit den jeweiligen sozialen Begebenheiten und Zusammenhängen einzuordnen.[4]

Bezug nehmend auf diesen Abschnitt möchte ich schließend die Fluktuation von Werktätigen als Ursache von sozialen Ungleichheiten und damit verbundenen Konflikten erläutern. Diese Abwanderung wird bestimmt durch betriebliche Bedingungen, die nicht mit der Erwartungs- und Vorstellungswelt der Werktätigen des Betriebes korrespondierten.

2. Hauptteil

2.1. Begriffsklärung und historische Einordnung des Problems

Unter dem Begriff der Segregation versteht man, aus dem Lateinischen übersetzt, die freiwillige oder erzwungene gesellschaftliche, oft auch räumliche Absonderung eines Personenkreises mit gleichen Merkmalen, von der Gemeinschaft.

Die geschlechtsspezifische Teilung, bzw. Abtrennung des Arbeitsmarktes und des Erwerbsverlaufes ist ein zentraler Aspekt der Geschlechterbeziehung. In der Analyse des Problems wird die Aufgabenverteilung zwischen Männern und Frauen untersucht, die durch die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die gesellschaftlich vorbestimmten Rollenzuweisungen entstanden ist und durch Traditionen aufrechterhalten wird.[5]

Die Aufspaltung des Arbeitsmarktes in geschlechtsspezifische Berufe und Tätigkeiten ist ein konstruktives Merkmal moderner Industriegesellschaften.

Sie entstanden aus einer Notlösung heraus, als in England in Folge der Abrodung der Wälder das Holz rar wurde und man somit auf Kohle als Energierohstoff ausweichen musste. Um diese in ausreichenden Mengen zu fördern, erfand der Engländer Savory im Jahre 1698 die erste dampfgetriebene Pumpe – welche von Watt später weiterentwickelt wurde. Das Zeitalter der Maschinen hatte begonnen.

Mit dem folgenden Einzug der Fabriken in das Bild der städtischen Idylle erfolgte eine kontinuierliche Verlagerung des Arbeitsortes vom Gehöft, oder der Wohnung in die Fabrikhalle. Es entstand somit eine Trennung zwischen Wohn- und Arbeitsort.

Ein weiteres Indiz für den Wandel der neuen Gesellschaft waren „...die starken Veränderungen in den Strukturen und Funktionen der Familie. Die Familie war ein tragendes Bauelement des vorindustriellen Sozialgefüges. Sie bildete nicht nur eine soziale Einheit, sondern auch eine rechtliche, politische und insbesondere wirtschaftliche Einheit, die primär für die Selbstversorgung produzierte...“[6]. Aus der agrargesellschaftlichen Großfamilie, welche die autarke Selbsternährung als Ziel und Zweck ansah, entsteht die bürgerliche Kleinfamilie. Die industrielle Revolution bewirkt eine globale und tiefgreifende Umstrukturierung der familialen Rollen- und Sozialisationsprozesse, welche die Grundlagen für eine über Jahrhunderte bestehende Gesellschaftsordnung lieferten.

Hauptsächlich in „...gut situierten Schichten, wo Frauen und Kinder von der Erwerbsarbeit freigestellt waren und wo man sich „gut bürgerliche“ Wohnverhältnisse leistete, konnte sich in Ansätzen ein privates, nach außen abgeschirmtes und emotional getöntes Familienleben entwickeln...“[7]. Doch für den Großteil der Bevölkerung sah die Realität anders aus.

Durch den rapiden Verfall der Löhne und die Erhöhung der Arbeitszeit reichte der Ein-Personenverdiener nicht mehr aus. Die Frauen waren gezwungen das Haus zu verlassen und in den Fabriken den Lebensunterhalt der Familie mit zu verdienen. Es entwickelte sich eine neue starke Schicht, die Industriearbeiterfamilien.

Ihre ökonomische Zwangslage verlangte diesen Gemeinschaften die völlige Aufbringung aller Kräfte für die Sicherung des Überlebens ab. „Das Geschlechterverhältnis folgte den Überlieferten Mustern, der Stil der Arbeiterfamilie war betont patriarchalisch, und das Verhältnis zu den Kindern war von Anspannung, Enge und Überarbeitung beider Elternteile bestimmt...“[8]. Insgesamt kann man festhalten, dass die Industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts nicht nur die Arbeit an sich, sondern auch den Arbeitsmarkt veränderte.

Es bildeten sich im Laufe der Zeit geschlechtsspezifische Tätigkeiten und Berufe heraus, die ausschließlich von Frauen bestritten wurden. Sie arbeiteten unter unmenschlichen und diskriminierenden Bedingungen als Fabrikarbeiterinnen, Mägde, Dienstboten und Hausangestellte in Bürgerhaushalten. Zudem bekamen sie niedrigeren Lohn als Männer. Sie arbeiteten als Bürofräulein, Telefonistin, Ladenfräulein, ebenso wie die späteren Angestelltenberufe, auf der "unteren Ebene der Erwerbshierarchie". Sie hatten Erwerbsarbeitszeiten von 10 bis 15 Stunden zu bewältigen, trugen die Hauptlast der Familienaufgaben, die Versorgung mehrerer Kinder sowie die schwere körperliche Arbeit als Hausfrau und litten unter beengten Wohnverhältnissen und ungesunden Arbeitsbedingungen. Bereits in dieser Zeit entstand in der Öffentlichkeit das negativ besetzte Bild einer berufstätigen Mutter.[9]

Im beginnenden 20. Jahrhundert und im Zuge der beiden Weltkriege wurde die Frau als Arbeitskraft zunehmender in den Arbeitsprozess integriert. Es grenzten sich Berufe ab, die nun ausschließlich von Frauen besetzt wurden.

Mit der Gründung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1949 entstanden zwei Systeme, die sich nicht nur in ihrer politischen Konstellation, sondern auch in der Arbeitsmarktsituation unterschieden. Nachfolgend soll die Entwicklung der Erwerbssegregation sowie die soziale Situation der weiblichen Bevölkerung der DDR von 1949 bis Ende der 70er Jahre betrachtet werden.

2.2. Die Entwicklung der Arbeitsmarktsegregation der DDR von 1949 bis zum Ende der 70er Jahre

2.2.1. Ausgangsbedingungen und Wachstumskonstellationen

Mit dem Kriegsende 1945 stand Deutschland am Neubeginn seines Seins. Der Zweite Weltkrieg hatte Verwüstungen und Zerstörungen hinterlassen, die bis dato unbekannt waren. Die Wirtschaft lag am Boden, die Fabriken waren zerstört. Der Großteil der arbeitsfähigen männlichen Bevölkerung war gefallen oder befand sich in Kriegsgefangenschaft.

Der Übergang zu einer neuen Wirtschafts- und Gesellschaftsform in der sowjetischen Bestatzungszone, welche auch als „...Etappe des ‚Aufbaus der Grundlagen des Sozialismus’ bezeichnet wurde“[10], war erschwert durch eine Unterversorgung an Rohstoffen und eine umfangreiche Zahl von Reparationszahlungen an die UdSSR, die sich in Form von Demontagen und Sachlieferungen äußerten. Erschwerend kam hinzu, dass sich im Laufe der späten vierziger Jahre die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ost- und Westdeutschland sichtlich verschlechterten und letztendlich gänzlich abrissen.[11]

Mit dieser schwierigen Ausgangslage startete die SBZ und spätere DDR in eine ungewisse wirtschaftliche Zukunft. In der ersten Phase der Sozialisierung, die bereits 1945 einsetzte, stand die Verstaatlichung der Großindustrie und Banken und die Aufteilung des Bodens im Mittelpunkt.[12] Alle Produktionsstätten sollten in der Hand der Arbeiter sein und der Besitz von Privateigentum abgeschafft werden. Nur ein solch drastischer Schritt könnte die Einkommens- und Vermögensunterschiede abschaffen, die Gleichheit der Gesellschaft garantieren und letztendlich eine Zufriedenheit unter der Bevölkerung einstellen. „...Dieses Wirtschaftskonzept fiel unter die ‚unantastbaren Grundlagen der sozialistischen Gesellschaftsform’ (Art. 2.2. der DDR Verfassung) und machte einen grundsätzlichen Teil der Marxismus-Leninismus Ideologie aus...“[13].

Mit dem Beginn der Planwirtschaft, deren Einstand in der zweiten Phase der Sozialisierung zwischen 1949 und 1962 zu finden ist, wurde die Entwicklung der sozialistischen Produktionsweise vorangetrieben. Schwerpunkte waren die Wiederherstellung einer Friedenswirtschaft und im folgenden die Entwicklung und Festigung der Volkswirtschaft der DDR, verankert im ersten Fünf-Jahresplan 1951.[14]

Ziel dieser 2. Phase und der Jahre darauf war die Angleichung der Wirtschaft an das westdeutsche Versorgungsniveau.

[...]


[1] Trappe, H. u. Rosenfeld, A.: Geschlechtsspezifische Segregation in der DDR und der BRD. Im Verlauf der Zeit und im Lebenslauf. In: Heintz, Bettina ( Hrsg.): Geschlechtssoziologie. 2001. S. 175.

[2] Nickel, Hildegard: Geschlechtertrennung durch Arbeitsteilung. S.10.

[3] Susanne Diemer: Weibliche Erwerbstätigkeit in der DDR – eine Betrachtung der Dokumentarliteratur. In: Voigt, D.: Qualifikationsprozesse und Arbeitssituation von Frauen in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. S.129.

[4] Vgl.: Trappe, H. u. Rosenfeld, A.: a.a.O. S. 159.

[5] Vgl.: Hawtin, Judith: Frauen auf dem Arbeitsmarkt-ein Vergleich der Situation in der ehemaligen DDR und BRD sowie die Veränderungen seit der Wiedervereinigung. S. 4.

[6] Geißler, Rainer: Die Sozialstruktur Deutschlands. S. 42.

[7] Geißler, R.: a.a.O., S. 45.

[8] Geißler, R.: a.a.O., S. 46.

[9] Vgl.: Pohlmann, Fr., Die europäische Industriegesellschaft. Voraussetzungen und Grundstrukturen. S. 121-142.

[10] Grünert, Holle: Beschäftigungssystem und Arbeitsmarkt in der DDR. S.33.

[11] Vgl.: Grünert, H.: a.a.O. S. 33-36.

[12] Vgl.: Hawtin, Judith: a.a.O. S. 7.

[13] Hawtin, Judith: a.a.O. S. 5.

[14] Vgl : Hawtin, Judith: a.a.O. S. 7.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Geschlechtsspezifische Segregation in der DDR der 80er Jahre
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
2,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
22
Katalognummer
V19185
ISBN (eBook)
9783638233668
Dateigröße
400 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand.
Schlagworte
Geschlechtsspezifische, Segregation, Jahre
Arbeit zitieren
Maik Teichgräber (Autor:in), 2003, Geschlechtsspezifische Segregation in der DDR der 80er Jahre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19185

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