Zwischen Macht und Ohnmacht. Die Konstitution von Männlichkeit in den Blaubart-Texten von Charles Perrault, Max Frisch und Dea Loher


Magisterarbeit, 2009

105 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Geschichte von Blaubart
2.1. Motivgeschichte
2.1.1. Die Legende von dem heiligen Gildas – 6. Jahrhundert
2.1.2. Das Blaubart-Motiv bis zum 19. Jahrhundert
2.1.3. 19. Jahrhundert: Don Juan und Blaubart – Zwei Erotomanen, die sich in der Literatur ablösen
2.1.4. Das Motiv zum Ende des 19. Jahrhunderts – Diskussionen um Gilles de Rais
2.1.5. Blaubart im 20. Jahrhundert
2.2. Der Sündenfall als Zentralmythos

3. Charles Perrault – Blaubart
3.1. Inhaltsangabe
3.2. Das Märchen – Verschiebung von Machtverhältnissen
3.3 Die Ehe in den Zeiten der Aufklärung – Das Patriarchat und die Macht der Männlichkeit
3.4. Verführung – Reichtum und Galanterie als Werkzeuge der Macht
3.5. Die verbotene Kammer – Das Nachgeben der Neugier
3.6. Sexualität
3.6.1. Der Schlüssel zur Macht gibt Aufschluss über die Sexualität
3.7. Blaubart als strafender Patriarch – Konstruktion einer mächtigen Fassade
3.7.1. Segen oder Fluch des blauen Bartes?
3.7.2. Das mächtige Männliche in der Frühen Neuzeit
3.7.3. Gewaltanwendung zur Untermauerung der Herrschaftsverhältnisse und die Macht über den Tod
3.8. Das Ende – Die Erlösung von Mann und Frau
3.9. Die Moral von der Geschichte – Die beabsichtigte Botschaft des Märchens
3.10. Blaubart – mächtiger Patriarch oder ohnmächtiges Opfer seiner Misogynie?

4. Max Frischs Blaubart – Wenn jemand sich selbst den Prozess macht
4.1. Entstehung von Blaubart und Einordnung des Stücks in Frischs Spätwerk
4.2. Inhaltsangabe
4.3. Formaler Aufbau
4.4. Das Aufschließen der dunklen Kammer
4.4.1. Wie sich Schaads Leben mit dem Freispruch ändert
4.4.2. Dr. Schaad – ein Blaubart, der sich immer schuldig fühlt
4.5. Justierung der Macht durch die Ehe – Eifersucht als Motor der Ohnmacht
4.6. Rosalinde – Die Prostituierte
4.7. Sexualität
4.7.1. Unerträgliche Männerphantasien
4.8. Metaphern und Träume als Ausdruck der sich steigernden Krise
4.9. Sprache der Macht – Macht der Sprache
4.10. Ein Mann verliert sich in seiner Ohnmacht – Eine Geschichte krisenhafter Identität

5. Der moderne Blaubart als Hoffnung der Frauen bei Dea Loher
5.1. Dea Loher und ihr Theater
5.2. Entstehungsgeschichte
5.3. Inhaltsangabe
5.4. form follows function – Formaler Aufbau des Dramas
5.5. Es hat sich nicht ergeben – Konstitution mittelmäßiger Männlichkeit
5.6. Konstitution von Weiblichkeit
5.6.1. Blaubarts Frauen – Ein sozialer Querschnitt
5.7. Die Macht der Liebe
5.8. Erlösung
5.8.1. Blaubart als Befreier von den Sehnsüchten der Frauen
5.8.2. Die Blinde – Letzte Liebe und Erlöserin
5.9. Das Maß aller Dinge – Ein Blaubart der an der Definition des Idealen scheitert

6. Blaubart im Wandel der Zeit – Männlichkeit zwischen Macht und Ohnmacht
6.1. Die Grundkonflikte und -motive in den Blaubart-Texten
6.1.1. Orientierung an Männlichkeitsidealen
6.1.2. Fehlende Paternität
6.1.3. Ehe als Konfliktherd
6.1.4. Der Verführer und die Jungfrau
6.1.5. Geheimnis
6.2. Die Rolle der Frauen – Darstellung starker oder schwacher Weiblichkeit?
6.3. Männliches und weibliches Schreiben über den Blaubart-Komplex
6.4. Bedeutung der Liebe und der Sexualität für Blaubärte
6.5. Der Wendepunkt – Die Schlüsselfrage
6.6. Kompensation von Ängsten und Enttäuschungen durch Gewalt
6.7. Konstitution von Maskulinität und Herausbildung einer Geschlechtsidentität
6.8. Fazit – Äußere Macht vs. innere Ohnmacht

7. Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Sekundärliteratur

Internet

1. Einleitung

Blaubart hat viele Gesichter. Er ist in jedem Jahrhundert zu finden, übt verschiedene Berufe aus und variiert oft sein Aussehen. Manche Literaturwissenschaftler behaupten sogar, er stecke in jedem Mann.

Manchmal wird er von quälender Eifersucht getrieben, oft ist es aber auch die Angst vor dem weiblichen Geschlecht, vor allem wenn dieses versucht, sein wie auch immer geartetes Geheimnis aufzudecken. Der Stigmatisierung durch unheroische Eigenschaften und Denkungsweisen wie Impotenz oder Angst vor dem Tod oder davor, sich selbst zu erkennen, zu entgehen, ist sein erklärtes Ziel. Genauso vielfältig wie seine Geheimnisse sind auch die Reaktionen auf deren Aufdeckung oder Versuche der Enthüllung. Nicht selten endet der Wunsch, Blaubarts wahres Ich zu ergründen, mit dem Tod der Frau. Teilweise kommt es durch die Allianz mit ihm aber auch nur zu einem symbolischen Tod, der Verleugnung der eigenen Identität.

Immer findet aber durch die Interaktion von Mann und Frau ein Wandel im Leben der Protagonisten statt, der oft in der Erlösung eines oder beider Geschlechter mündet, beispielsweise durch eine Scheidung oder den Tod.

Dass der Stoff über die Jahrhunderte nicht an Relevanz eingebüßt hat, zeigen auch die französische Neuverfilmung Barbe Bleue von Catherine Breillat, die kürzlich auf der Berlinale präsentiert wurde und eine Ausstellung zum Thema Blaubart, die im vergangenen Jahr in Zürich stattfand.

In meiner Magisterarbeit habe ich mich mit drei unterschiedlichen Texten, die das Blaubart-Motiv zum Thema haben, beschäftigt, und sie mit Hilfe eines umfangreichen Korpus an Sekundärliteratur zu interpretieren versucht. Dabei sollte insbesondere das Verhältnis von Macht und Ohnmacht herausgearbeitet werden. Nicht selten ist Macht, ausgedrückt durch aggressive Sexualität oder Gewalt ein Tarnmantel für die dahinter liegende Ohnmacht und Angst Blaubarts, die eigentlich das Unterdrücken und Töten des weiblichen Geschlechts motiviert.

Nach einem kurzen Abriss über die kulturgeschichtliche Entwicklung des Motivs – von der historischen Figur des Gilles de Rais, die als Ursprungsmythos für die Geschichte um Blaubart gilt, bis hin zum literarischen Zusammenhang der Figuren Blaubart und Don Juan – werde ich die Entwicklung der Figur seit der Erstveröffentlichung des Märchens durch Charles Perrault über die Jahrhunderte skizzieren. Daraufhin folgt die Analyse drei verschiedener Blaubart-Texte, die in unterschiedlichen Epochen entstanden sind und einen jeweils anderen Typus des Frauenmörders zeigen.

Mit Charles Perrault gelangt die Figur in den literarischen Diskurs und sein Märchen bildet die Vorlage für unzählige Adaptionen. Sein Blaubart wirkt Furcht einflößend und mächtig, doch hinter dieser Fassade verbirgt sich eine ohnmächtige und schwache Männlichkeit, die er durch gewalttätiges Handeln nach Außen zu verbergen versucht.

In Max Frischs Roman Blaubart begegnet der Leser einem Mann, der in seinem neuen Leben, das geprägt ist von einem ständig wachsenden Gefühl der Ohnmacht, das zurückliegende reflektiert. In diesem hatte er noch das Gefühl mächtig zu sein, insbesondere gegenüber den Frauen, die von ihm abhängig zu sein schienen.

Bei Dea Loher ist der Protagonist zunächst weder mächtig noch ohnmächtig, sondern der normale und unauffällige Mann, der weder eigene Bedürfnisse zu haben scheint noch welche zu befriedigen weiß. Ohnmacht und Macht stehen hier in einem permanenten Spannungsverhältnis, denn das eine Gefühl provoziert jeweils das andere. Der Teufelskreis wird hier durch eine Frau in Gang gesetzt und am Ende durch Blaubarts Tod, der ebenfalls durch die Frau herbeigeführt wird, beendet.

Nach der Analyse der drei Literaturbeispiele werde ich einen Vergleich der drei Texte anhand verschiedener Kriterien vornehmen, die jeweils Blaubarts Ohnmacht oder Macht und ihr wechselseitiges Verhältnis verdeutlichen.

Meine These, die ich über die Interpretation der verschiedenen Blaubart-Texte zu verifizieren versuche, lautet, dass alle Varianten, trotz ihrer unterschiedlichen äußeren Strukturen und ihrer scheinbar verschiedenen Konstitutionen von Männlichkeit das gleiche Dilemma aufzeigen: die Dauerkrise, in der die männlichen Protagonisten behaftet sind und der sie durch verschiedene grausame und destruktive Verhaltensweisen gegenüber Frauen, der Gesellschaft und sich selbst zu entkommen versuchen.

2. Die Geschichte von Blaubart

2.1. Motivgeschichte

2.1.1. Die Legende von dem heiligen Gildas – 6. Jahrhundert

Die literarische Darstellung der Figur Blaubart hat eine lange Geschichte. Einige Legenden und Sagen werden in der Wissenschaft als die Ursprungsmythen diskutiert, darunter auch die Legende von dem heiligen Gildas, die nach Elisabeth Frenzel den ältesten Beleg für das Blaubart-Märchen darstellt.[1] Zwar wurde die Geschichte bereits 1008 von einem französischen Mönch aufgeschrieben, sie gelangte aber erst 1605 in den Druck. Jürgen Wertheimer sieht in dieser Legende aus dem 6. Jahrhundert den ältesten Beleg für einen partnerschaftlichen Serienübergriff.[2] Nachfolgend werde ich kurz den Inhalt der Legende skizzieren.

Vor vielen Jahrhunderten trug es sich zu, dass der Count Conomor, eine historische Persönlichkeit Frankreichs, seinen Ehefrauen in aller Öffentlichkeit die Kehle durchschnitt, sobald er an ihnen Anzeichen einer Schwangerschaft feststellte. In der Legende motiviert demnach nicht die weibliche Neugier, wie es in diversen Interpretationen um Blaubart der Fall ist, das aggressive Verhalten des Mannes, sondern die Schwangerschaften seiner Ehefrauen, die ihn derart provozierten, dass er seine Gattinnen unter Zeugen tötete, sobald sie ein Kind von ihm erwarteten: „Es scheint, als eliminierte der Gatte die Folgen seiner eigenen Sexualität oder als versuchte er, die Gattin für deren durch ihn selbst verursachte Verwandlung von der Frau zur Mutter zu bestrafen.“[3] Die Getötete wurde in der Legende nach kurzer Zeit durch das nächste weibliche Wesen ersetzt, welches erneut um sein Leben bangen musste, denn der Exekutor unterband auf die radikalste Weise die natürliche Veränderung eines Individuums, indem er es auslöschte und durch eine Kopie ersetzte.[4]

Aufgrund dieses grausamen, seriellen Verhaltens fiel es Conomor alsbald schwer eine neue Frau zu finden und auch das Werben um Trifina, Tochter des Count Guerech und Zögling von Gildas, schien erfolglos. Als Conomor aber mit Gewalt drohte, versuchte Gildas eine Einigung zwischen den Parteien zu erwirken, nach der Conomor Trifina an ihren Vater zurückschicken solle, sobald er ihrer leid würde. Trotz dieser Einigung schlug Conomor Trifina den Kopf ab, als sie von ihm schwanger wurde. Gildas versuchte daraufhin in die Burg des Mörders zu gelangen, doch der Zutritt wurde ihm verwehrt, woraufhin er die Mauern über Conomor einstürzen ließ und Trifina zu neuem Leben erweckte. Diese gebar kurze Zeit später einen Sohn, der wiederum von Gildas getauft wurde.[5]

In vielen Texten um die Figur des Blaubarts wurde die Figur des Gildas beibehalten. Oft gibt er den Heldinnen einen Ring, der sich bei Gefahr, die ihnen mit der Schwangerschaft droht, schwarz färbt. Der Gattin verhelfen meist die getöteten Vorgängerinnen zur Flucht vor dem gottlosen und hartherzigen Ritter mit dem blauen Bart.[6]

2.1.2. Das Blaubart-Motiv bis zum 19. Jahrhundert

Mit Charles Perrault gelangte die Geschichte um Blaubart erstmals in den literarischen Diskurs, denn Perrault gilt als Verfasser der ältesten schriftlich bezeugten neueren Version, die 1697 in der Histoires ou Contes du temps passé, einer Märchensammlung Perraults, veröffentlicht wurde. Da sein Märchen auf keine historische Vorlage zurückzuführen ist, gehen Literaturwissenschaftler davon aus, dass Perrault eine Collage aus verschiedenen Erzählstoffen fertigte und den überlieferten Count Conomor durch die fiktive Figur Blaubart ersetzte.[7] Ebenso verzichtete Perrault, nach Frenzel, auf den heiligen Gildas als Retter und Rächer der Getöteten und änderte das Motiv für die brutalen Tötungspraktiken:

Er strich den der Märchengattung nicht gemäßen Gildas und die für seine Zeit nicht mehr vorstellbare öffentliche Tötung der Frauen, so daß das Geheimnis des Verbrechens zum entscheidenden Faktor wurde. An die Stelle der anstößigen Schwangerschaft der Frau trat nun zur Motivierung der Tötungsabsicht mangelnder Gehorsam sowie fehlende Unterdrückung der Neugier.[8]

Neben diesen Abänderungen bediente sich Perrault verschiedener Elemente und Motive aus anderen Werken und komplimentierte damit sein Märchen. Die ‚verbotene Kammer’ beispielsweise entlehnte der Autor Basiles Novelle Le tre corone aus dem Jahre 1634, das Blut, das sich nicht von dem Schlüssel abwaschen lässt, entnahm Perrault den Gestas Romanorum.[9]

Auch bezüglich des spannenden Höhepunktes, bei dem die zum Tode verurteilte Frau die Rettung durch ihre Brüder herbeisehnt, ließ sich Perrault inspirieren, taucht doch selbiges Motiv in der deutschen Ballade von dem Mörder Ulinger auf. Nur die Ausschau haltende Schwester wurde von Perrault dazugedichtet.[10]

Ein Jahrhundert nach dem Erscheinen von Perraults Blaubart, modifizierte Ludwig Tieck den Stoff zu einem Ritterdrama, „in dem das Märchenhafte weitgehend getilgt ist, aber eine traumhaft-unheimliche Stimmung herrscht.“[11] Tiecks Blaubart zeigt einen kriegerisch-soldatischen, der sich als Frauenkenner zeigt und sich entsprechend maskuliner Tugenden verhält: „Tieck zeigt nicht nur rivalisierende Männer, die ihre Kräfte im Kampf erproben und ihre Intelligenz einsetzen, sondern auch die zu seiner Zeit rivalisierenden Männlichkeitskonzeptionen – die traditionelle patriarchale Maskulinität und die gefühlsorientierte Männlichkeit“[12]. Von Bedeutung ist außerdem der dargestellte Neid auf die Fähigkeit der Frauen, Kinder zu zeugen, ein Thema, dass ja bereits in früheren Blaubart-Texten eine große Rolle spielte:

Sein serielles Töten könnte als die destruktive Facette des Gebärneids gesehen werden. Der Unsterblichkeitsgedanke geht hier eine fatale Verbindung mit der ‚Kompetenz’, das Leben zu nehmen, ein.“[13] Tieck staffierte Blaubart also sowohl mit neuen, als auch alten Facetten aus und entwickelte ein hegemoniales Männlichkeitsmuster, das von einer romantischen Position aus kritisiert wurde.[14]

2.1.3. 19. Jahrhundert: Don Juan und Blaubart – Zwei Erotomanen, die sich in der Literatur ablösen

Während meiner Lektüre verschiedener Primär- und Sekundärliteratur zum Thema „Blaubart“, bin ich des Öfteren auf die Verbindung zu der literarischen Figur des Don Juan gestoßen. Beide verbindet die Komponente der Serie und teilweise des Tötens aus Liebe bzw. aus einem partnerschaftlichen oder sexuellen Begehren oder Verhältnisses heraus.

Bevor im 19. Jahrhundert Blaubarts Renaissance stattfand, beherrschte Don Juan wie kein zweiter die Bühne der erotischen und leidenschaftlichen Literatur. Drei Jahrhunderte lang hatte er den Status einer erotischen Projektionsfigur, die zugleich von seiner Leserschaft und den Kritikern verflucht, bestraft und bewundert wurde, wodurch er gleichzeitig zum Außenseiter, wie zum Ideal avancierte.[15] Doch alle Eigenschaften, die ihn bislang für die Autoren und die Rezipienten so attraktiv gemacht hatten, verloren sich und ohne die vorherige Vitalität und Anziehungskraft musste Don Juan einem neuen Erotomanen Platz machen, der vor langer Zeit bereits eine Legende gewesen war: Blaubart.[16] Interessant war die Figur für die damalige Literatur weil sie das Paradebeispiel für den patriarchalen Mann der Zeit verkörperte, wie auch Monika Szczepaniak feststellt: „Bei der Blaubart-Gestalt handelt es sich um einen Typus Mann, der sich die Frauen – auf mehr oder weniger raffinierte Weise – untertan machen will.“[17]

Stellte Blaubart bis ins 19. Jahrhundert noch einen brutalen Serienkiller dar, kommt es in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu einer Diffamierung und Verharmlosung der Figur, denn die „Metamorphosen der bürgerlichen Männer laufen darauf hinaus, den ‚Blaubart’ in sich loszuwerden.“[18] In die bürgerliche Welt, in der die anständigen Ehemänner zu finden sind, ist kein Platz für einen Gatten, der die Frauen durch Reichtum und Galanterie bezirzst, um sie anschließend bei Übertretung von Verboten kaltblütig zu ermorden:

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass im zunehmend repressiven Klima des 19. Jahrhunderts, im Kontext der viktorianischen Strenge, Körperbefangenheit und Verschämtheit das Blaubart-Szenario mit den dafür vorgesehenen Ruchlosigkeiten sorgsam tabuisiert wird.[19]

2.1.4. Das Motiv zum Ende des 19. Jahrhunderts – Diskussionen um Gilles de Rais

Am Ende des 19. Jahrhunderts tauchte in der Diskussion um die Figur des Blaubarts die These auf, dass der Kampfgenosse Johanna von Orléans, Gilles de Rais, das Vorbild für den literarischen Serienmörder geliefert habe. Dieser Rückschluss erfolgte vermutlich wegen der Grausamkeit, die beide Figuren verband. Doch wo der eine sich seiner neugierigen Frauen entledigte, ermordete der andere Kinder auf sadistische Weise, weshalb er auch vor Gericht gestellt wurde. Wie Georges Bataille herausfand, gibt es zwischen Blaubart und Gilles de Rais also kaum charakteristische Gemeinsamkeiten, doch im Laufe der Mythisierung und Legendenbildung fand, vor allem in der Heimat Gilles de Rais, eine Identifikation des einen Mörders mit dem anderen statt:

In der Vorstellung des Volkes wurden Gilles de Rais’ Schlösser und Verbrechen Blaubart zugeschrieben, und das bedeutet nichts anderes als die Verwandlung einer realen Gestalt in ein Sagenwesen infolge der immer ungenauer werdenden Erinnerung an die ungeheuerliche Vorgeschichte.[20]

Als ein Zeichen dieser Vermischung kann auch das Sündendenkmal, das de Rais Tochter an seiner Hinrichtungsstätte in Nantes errichten ließ, bezeichnet werden, das nur als Blaubart-Denkmal bekannt ist.[21]

Durch die Übertragung der Eigenschaften und Taten Gilles de Rais auf die fiktive Figur Blaubarts, verlieren seine Handlungen an Grausamkeit, denn die märchenhafte Figur mit ihrem schaurigen Namen, wandelt den realen Schrecken in einen mythischen um. „Als ob eine so unerhörte Geschichte nur ein Ungeheuer als Helden gehabt haben könne, nur ein Wesen außerhalb der normalen Menschheit, so daß ihm auch nur ein von legendärem Gifthauch behafteter Name angemessen sei.“[22]

Mit Maeterlincks Drama Ariane et Barbe-Bleue betrat 1901 erstmals eine selbstbewusste Frau die Bühne, die Blaubarts Verbot nicht akzeptierte und stattdessen sofort in die verbotene Kammer eindrang und ihre Vorgängerinnen, die nicht von Blaubart getötete, sondern nur gefangen gehalten worden waren, befreite, um mit ihnen zu fliehen.

Aber während in Blaubart durch Arianes Verhalten eine Ahnung von echter Liebe aufdämmert und er sich langsam von seinem alten Ich löst, nachdem Ariane ihn von den Fesseln der Bauern befreit hat, mißlingt ihre eigentliche Befreiungsabsicht vollständig: die fünf Frauen verzichten auf ihre Freiheit und entscheiden sich für den alten Blaubart, mit dessen Schätzen sie sich schmücken können. Ariane geht den Weg der Freiheit allein.[23]

Zwar zeigt sich auch hier ein Blaubart, der sich im Gegensatz zu seinen Namensgenossen anderer Fassungen milder und gefühlvoller zeigt, als ‚beweinenswert’ wird der grausame Blaubart aber erst in Eulenbergs Drama Ritter Blaubart bezeichnet:

Eulenberg übernahm aus dem Fitchervogel-Märchen die sich folgenden Ehen von zwei Schwestern. Judith und Agnes. Bei der zweiten Schwester fehlt die Gehorsamsprobe. Blaubart beichtet und bittet Agnes um ihre Liebe: die erste Frau hatte ihn betrogen, und keine der folgenden hielt seiner Prüfung stand. Agnes durchschaut Blaubarts Brutalität und stürzt sich vom Söller.[24]

2.1.5. Blaubart im 20. Jahrhundert

Um 1900 setzen sich Schriftsteller und Wissenschaftler mit dem Körper und der Psyche des Menschen auseinander, insbesondere mit entsprechenden Problemkonstellationen innerhalb des Individuums, wie auch zwischen den Geschlechtern. Szczepaniak konstatiert, dass Anfang des 20. Jahrhunderts auf eine facettenreiche, multiwissenschaftliche Weise die Problematik der Männlichkeit thematisiert wird: „Der soziokulturelle Kontext der Jahrhundertwende ist von Männlichkeitskrisen, extremem Antifeminismus und verzweifelten Revirilisierungsversuchen, sowie von entscheidenden Transformationen im Gefühlshaushalt und in der Mentalität geprägt.“[25]

War die Geschlechtlichkeit in den Texten vorheriger Epochen tabuisiert, benutzen die Autoren ab 1900 „Bilder erotischer Spannung und triebhafter Sinnlichkeit“[26], weshalb Lust, Liebe und Leidenschaft zu den favorisierten Themen dieser Zeit gehörten, wie man beispielsweise in Eulenbergs Ritter Blaubart erkennt. Im „erosgeschwängerten Klima der Jahrhundertwende“[27] findet bei Eulenberg eine Zäsur in der literarischen Beschäftigung mit der Figur des Blaubarts statt.

Leicht lassen sich in seinem Persönlichkeitsbild Auffälligkeiten namhaft machen, die den um 1900 inflationär diagnostizierten neurasthenischen Symptomen Rechnung tragen. Zu diesem Bild gehören übertriebener Geschlechtstrieb, Reizbarkeit und Unstetigkeit, Gewalttätigkeit und Egozentrik, Zwangsideen und Zwangshandlungen, Misstrauen, Verstimmtheit, innere Unruhe und Unbehagen.[28]

Entsprechend dieser Charaktereigenschaften, lässt sich Eulenbergs Blaubart als Neurotiker im Sinne der Psychoanalyse beschreiben, die mit Freuds wissenschaftlichen Abhandlungen Anfang des 20. Jahrhunderts im Kommen war und neue Diskussionen über die menschliche Psyche bewirkte. Ritter Blaubart kann hier exemplarisch für den Neurastheniker gesehen werden, dessen Symptomatik den Inbegriff für den Habitus der Epoche darstellt.[29]

In den 70er Jahren flammte der Feminismus auf, dem die Blaubartliteratur genügend Diskussionsstoff bot. Die oftmals klar abgezeichneten Rollen des passiven weiblichen Opfers und des aktiv handelnden männlichen Täters, sorgten für mannigfaltige Interpretationen.

Doch insgesamt erscheint die dargestellte Männlichkeit in den Texten Mitte des 20. Jahrhunderts als fragil und in einer Dauerkrise behaftet, die eher für sie selbst als für andere eine Gefahr darstellt. Auch Max Frischs Text, der in den 80er Jahren erschien, setzt diesen Trend fort.

Am Ende des 20. Jahrhunderts nimmt Karin Struck mit ihrem Roman Blaubarts Schatten noch einmal Bezug auf das Thema der unerwünschten Schwangerschaften. Hier jedoch in einer modernen Variante, bei der nicht die Frau, sondern das erwartete Kind ermordet werden soll. Struck greift also „auf ein Urmotiv des Stoffes, die missliebige Schwangerschaft, zurück und sieht in Blaubart den Inbegriff der egoistischen Männer, die die Frau zur Abtreibung veranlassen.“[30]

Andere Texte, wie das von mir analysierte Drama von Dea Loher oder die Anthologie Blaubärtchen, deren Titel schon eine Verkleinerung ihres Protagonisten darstellt, mit Texten von Elke Heidenreich und Peter Rühmkorf, bieten eine nahezu clownesk anmutende Sichtweise auf den einst Furcht einflößenden Frauenmörder.

Im Laufe der Jahrhunderte hat also eine Abschwächung stattgefunden, viele Probleme innerhalb der Persönlichkeitsstruktur des Mörders oder in der partnerschaftlichen Interaktion wurden aber in Variation beibehalten.

2.2. Der Sündenfall als Zentralmythos

In zahlreichen Interpretationen des Blaubart-Märchens werden Parallelen zum paradiesischen Sündenfall gezogen. Viele Wissenschaftler sehen in Blaubarts Ehefrau sogar die Reinkarnation von Eva, die verbotenerweise in den Apfel beißt. Doch anders als bei der biblischen Geschlechtsgenossin, bringt das Nachgeben der Neugier der Märchenheldin am Ende Reichtum und Glück, wobei dies allerdings nicht für alle weiblichen Figuren gilt und nicht jeder Text ein positives Ende für die Frau bereithält. Doch zumindest in Perraults und einigen anderen Versionen ist dies zutreffend. Dass dieser „Sündenfall“ von Perraults Blaubart eigentlich sogar herbeigesehnt wird[31], werde ich in der nachfolgenden Interpretation des Märchens erläutern.

Vergleicht man die Blaubart-Texte mit der Geschichte des Sündenfalls, kommt man nicht umhin, Geschlechtsstereotype aufzustellen, also Männer und Frauen in Charakterschubladen zu stecken:

Adam ist eher passiv, er erscheint mehr als das Opfer einer Verführung. Eva dagegen ist neugierig, sie ist sinnlich, von der wahrnehmbaren Erscheinung fasziniert, verführbar. Ihre leichtsinnige Neugier, ihr Ungehorsam machen sie offenbar zu einem geeigneteren Werkzeug für die listige Schlange als Adam. Dessen Verführung ist so nur die logische Folge ihrer Verführbarkeit, die Anlaß gibt für die Herstellung einer Ordnung, die den Mann in Vorteil bringt.[32]

Durch Evas Ungehorsam wird also quasi die Basis für die Vormachtstellung des Mannes gelegt. Durch den Biss in den Apfel wird sowohl der biologische Geschlechtsunterschied bewusst, als auch die entsprechende Erkenntnis von Gut und Böse:

Mit der Wahrnehmung der biologischen Differenz sind Zuordnungen von Eigenschaften, Fähigkeiten, Tätigkeiten zum einen oder anderen Geschlecht sowie entsprechende sittliche Gebote gekoppelt. Beides verschmilzt zu einer unauflöslichen Einheit. Gut und Böse findet seine Entsprechung in der Geschlechterdualität.[33]

Irene Dölling schlussfolgert, dass aus der Erkenntnis eines biologischen Geschlechterunterschieds eine Hierarchie hervorgeht, die die Frau zur Untertanin degradiert, welche von dem Mann emotional durch ihr sexuelles Verlangen abhängig ist.[34]

Zwar waren die biblischen ersten Menschen bis zum Biss in den Apfel nicht blind, allerdings waren sie nicht sensibilisiert für die entscheidenden Unterschiede, Differenzen, die das Zusammenleben strukturieren. Denn mit der Erkenntnis von Gut und Böse wurden sie auf eine Weise ‚sehend’, wie dies nur Menschen vermögen: Als Wesen mit Willen und Verantwortung, mit der Fähigkeit, nach eigenen Ziel- und Zwecksetzungen die Natur zu verändern und die äußeren Bedingungen den eigenen Bedürfnissen anzupassen, sehen die Menschen ihre Umwelt nicht mehr leidenschaftslos an.[35]

Der Mensch entwickelte eigene Begierden und durch die nun angestrebten Ziele entstand eine Dualität der Geschlechter, verbunden mit der Herausbildung von Macht- und Abhängigkeitsstrukturen.

Im biblischen Schöpfungsmythos wird keineswegs die Geschichte von der Erschaffung der ersten Menschen, sondern von der Entstehung einer historisch-besonderen Weise menschlichen Zusammenlebens und der damit verbundenen Beziehung zwischen Frau und Mann erzählt.[36]

Ausgebildete Hierarchien und die Unterordnung des weiblichen Geschlechts unter das männliche, die man als Motive aus dem Schöpfungsmythos filtrieren kann, sind genau die Themen, die auch in den Blaubart-Texten eine bedeutende Rolle spielen. Daher lassen sich Parallelen zur Schöpfungsgeschichte erkennen und vor allem für das nachfolgende Märchen, in der die klassische Reihenfolge von Verbot, Übertretung und Bestrafung erfolgt, kann man den Exkurs zu Adam und Eva anführen:

Die Neugierprobe, die Blaubart seiner Frau abverlangt, ist gewissermaßen durch allerhöchste Autorität legitimiert: es ist jene Probe, die Gott schon mit Adam und Eva anstellte, weshalb Anspielungen darauf und auf die Neugier als unausrottbares Erbübel aller Evastöchter häufig in Bearbeitungen des Blaubart-Stoffes auftauchen.[37]

3. Charles Perrault – Blaubart

Mit Blaubart lieferte Charles Perrault im 17. Jahrhundert den Prototyp um den Serienmörder mit dem abstoßenden Äußeren, der von da an kolportiert wurde.[38]

3.1. Inhaltsangabe

Da ich hier nicht in aller Ausführlichkeit den Inhalt von Blaubart wiedergeben möchte weil sich dieser schon durch die Analyse erschließt, stelle ich nur in einigen Sätzen den Grundkonflikt dar.

Blaubart, ein Mann, der aufgrund seines blauen Bartes und seiner vielen verschwundenen Gattinnen, von der Gesellschaft und insbesondere dem weiblichen Geschlecht gefürchtet ist, wirbt um die Gunst zweier Töchter, von denen ihn eine, nach anfänglichem Zögern, heiratet. Aufgrund einer anstehenden Reise übergibt Blaubart seiner Angetrauten die Generalvollmacht, symbolisiert durch ein Schlüsselband, über alle seine Gemächer und Reichtümer, einzig den Zutritt zu einer Kammer verbietet er ihr. Mit der Abwesenheit des Gemahls steigt die Neugier des Mädchens und es betritt den verbotenen Raum, in dem sich die Leichen von Blaubarts Exfrauen befinden. Unter Schock lässt es den Schlüssel fallen, der von nun an blutbefleckt bleiben wird. Daraufhin kehrt der Ehemann zurück, verlangt die Schlüssel zurück, erkennt seinen Ungehorsam und kündigt an, es auch zu töten. Mit der Bitte um ein letztes Gebet, wird dem Mädchen eine Galgenfrist gesetzt, die es dazu nutzt, über seine Schwester nach den zu Besuch erwarteten Brüdern Ausschau zu halten, die gerade noch rechtzeitig eintreffen, ihre Schwester zu retten und Blaubart zu töten.

3.2. Das Märchen – Verschiebung von Machtverhältnissen

Viele Märchen sind nach bestimmten Schemen aufgebaut, ob man den Ablauf der Handlung betrachtet oder z.B. die Geschlechterrollen. Ich möchte hier ein paar klassische Motive und Elemente anführen, die man in nahezu jedem Märchen findet und die auch bei Perrault eingebaut wurden.

Im Märchen tauchen häufig komplementäre Paarungen auf: gut und böse, schön und hässlich oder auch rein und unschuldig im Gegensatz zu dunkel und schuldig. Oft werden diese gegenteiligen Attribute jeweils den Geschlechtern zugeordnet, so dass beispielsweise ein schöner Jüngling auf eine hässliche böse Hexe trifft oder, im Falle des Blaubarts, ein jungfräuliches, hübsches Mädchen auf einen grausamen und entstellten Mann. Mit der Schönheit der Protagonistinnen geht zudem nicht selten charakterliche Gutmütigkeit und Einfalt einher, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass das Mädchen aus armen Verhältnissen stammt:

Dieser ästhetisch-ethische Parallelismus hat aber eine entscheidende Bedingung und oft übersehene Einschränkung. Er gilt nämlich nur, wenn diese Mädchen – zumindest vorübergehend – arm, verstoßen, verzaubert oder von irgendeinem anderen Mangel betroffen sind. Fehlt ein solcher äußerer Mangel, tritt an seine Stelle ebenso regelmäßig ein ethischer Defekt: wohlsituierte schöne Prinzessinnen sind dann z.B. stolz, grausam, faul usw. Oft genug figuriert Schönheit im Märchen eher als Lizenz für moralisch fragwürdige Handlungen denn als Garant für deren Untadeligkeit. Der Schluß von der ästhetischen Erscheinung aufs ethische Wesen, das Kontinuum von schön und gut wird also im Märchen entweder an Bedingungen gebunden oder direkt unterbrochen.[39]

Gleiches gilt auch für die sich scheinbar gegenseitig bedingenden Eigenschaften hässlich und böse. Nicht selten, man erinnere sich an Quasimodo, versteckt sich gerade hinter einem entstellten Körper oder einer grauenerregenden Fratze ein friedfertiges und edelmütiges Wesen, genauso wie sich häufig hinter Eleganz und Anmut die Kaltblütigkeit und Grausamkeit verbergen kann, beispielsweise verkörpert durch Schneewittchens Stiefmutter:

Nur selten begleitet und unterstreicht Häßlichkeit, wie z.B. bei der Kinder bratenden Hexe, einfach die Bosheit eines Wesens. Oft dagegen versteckt sich hinter der verachteten Häßlichkeit entweder die Schönheit selbst, nämlich als verzauberte [...] oder gerade ein ‚guter Mensch’ [...].[40]

Bei Perraults Blaubart kann man allerdings nicht von einer komplementären Relation von hässlich und böse sprechen, vereint sein Blaubart doch beide Attribute, aber auf diesen Aspekt werde ich später noch detaillierter eingehen.

Auch bezüglich eines anderen üblichen märchenimmanenten Charakteristikums verhält sich Blaubart atypisch. Viele Märchen nutzen das Motiv des Verbots und dessen Übertretung, wobei allerdings selten eine explizite Motivation geliefert wird, die eine Figur dazu veranlasst, sich nicht an das Interdikt zu halten. Perrault bietet dem Leser hingegen den Grund für das Eindringen in die Kammer, was den Stein des Unheils ins Rollen bringt:

Für das idealtypische Märchen bedarf es keiner Begründung durch Neugier, damit ein Verbot überschritten wird. Dazu genügt dessen schlichtes Dasein: denn es wird im Märchen überhaupt nur ausgesprochen, um übertreten zu werden – wenn schon nicht vom Helden selbst, dann zumindest von irgendeiner Kontrastfigur. Was allenfalls dabei auf die Probe gestellt wir, ist die Gehorsamkeit. Ob diese aus Neugier oder irgendeinem anderen Grund gebrochen wird, interessiert das Märchen tendenziell nicht. Nicht warum, sondern daß sie gebrochen wird, ist die Hauptsache. Das Handlungsschema selbst erfordert den verbotenen Akt[41].

Mit der auf die Übertretung des Verbots folgenden Strafe, hält sich Perrault aber wieder an die kennzeichnende Märchenstruktur, da Blaubarts Reaktion, das Aussprechen des Todesurteils, in keinem Verhältnis zu der von der Frau begangenen Tat steht.

Auch die bewilligten Fristen vor Vollstreckung der Strafe sind markant für das Märchengenre. Entweder nutzen die Protagonisten die Zeitaufschübe in vollem Umfang oder sie werden sogar überschritten, was im Falle von Blaubarts letzter Frau zu ihrer Lebensrettung führt. In diesem Fall ist die Frist eine survivante, da ihr Leben über die von Blaubart gesetzte Grenze hinausgeht, wodurch sie fast schon Züge einer revenanten erreicht.[42] Die charakteristischen Fristen sind außerdem Handlungsträger, da sie, wie erwähnt, zur Rettung beitragen und die Helferfiguren ins Spiel bringen, in Blaubart die Brüder des Mädchens. Woher sie plötzlich kommen, spielt keine Rolle, denn allein „dies zählt, daß sie genau im rechten Moment kommen und über genau die dem Helden fehlende Fähigkeit verfügen, das exakte Supplement seines Mangels sind.“[43]

Der für mein Thema bedeutendste Punkt ist die im Märchen initiierte Umwandlung der Machtverhältnisse. Zwar wird diese Umkehrung sowohl im Märchen wie im Mythos thematisiert, allerdings, so Menninghaus, unter anderen Voraussetzungen:

In Mythen wie in Märchen geht es um einen Transfer von Macht, um Verschiebung und Vertauschung von Machtpositionen. Doch wiederum prägen beide sehr verschiedene Formen eines analogen Prozesses aus. Mythische Helden erhalten durch Initiation oder initiationsähnliche Handlungen eine übernatürliche Kraft. Damit werden Märchenhelden in der Regel nicht ausgestattet. Ihnen werden vielmehr veräußerlichte ‚phantastische’ Substitute eigener magischer Kraft zur Verfügung gestellt: magische Helfer-Objekte [...], die an der Stelle der Helden handeln.[44]

Durch die Moral am Ende vieler Märchen und auch durch gewisse Aussagen in der Geschichte werden teilweise bestimmte Botschaften vermittelt, beispielsweise bezüglich der Erziehung von Kindern in einer bestimmten Epoche oder die wünschenswerte anzunehmende Geschlechtsidentität. Auch Blaubart will einen pädagogischen Beitrag dazu leisten, dass sich die Kinder früh in ihren Rollen einfinden:

Perraults Contes, und ebenso die Märchen anderer Autorinnen und Autoren zu seiner Zeit, sind neben allem anderen, was sie sonst noch sind, Vehikel zur Verbreitung von gesellschaftlichen Normen und Verhaltensweisen, deren Verinnerlichung durch Kinder Perrault im Einklang mit der aristokratisch-großbürgerlichen Schicht, der er angehörte, als wünschenswert ansah und die die Kinder auf jene Rollen vorbereiten sollten, die ihnen in der Gesellschaft zugedacht waren.[45]

3.3 Die Ehe in den Zeiten der Aufklärung – Das Patriarchat und die Macht der Männlichkeit

Das 17. Jahrhundert ist bekannt als eine Zeit, in der eine Ehe weniger aus romantischen denn aus finanziellen Gründen eingegangen wurde. So entstammt Perraults Blaubart einer „Welt des frühen Kapitalismus, in der nicht aus Liebe geheiratet wird, sondern um kluge Geldgeschäfte zu machen.“[46] Die Epoche der Aufklärung, in der Perraults Märchen zu Papier gebracht wurde, unterschied zwei gegensätzliche Arten der Liebe. Auf der einen Seite stand die leidenschaftliche und gefühlvolle Liebe, die außerhalb der Ehe stattfand, auf der anderen Seite gab es die reservierte Liebe innerhalb der Ehe. Bezüglich des zweiten Modells dominierte die Liebe als Aneignung unter der Wahrung der christlichen Gebote von der Liebespflicht des Mannes (diligite) und der Unterordnungspflicht der Frau (subditae).[47] Daher war es für die Frau auch von existenzieller Bedeutung von einem reichen und erfolgreichen Mann geehelicht zu werden, bestand doch bis ins 19. Jahrhundert ihre einzige Karrieremöglichkeit in der Heirat. Demzufolge kann man auch nicht allein von Naivität und Unerfahrenheit sprechen, wenn man zu analysieren versucht, weshalb sich die Frau, trotz ihrer Furcht, auf Blaubart einlässt.[48] Zwar lässt sie sich auch von Blaubarts Reichtum und seinem galanten Werben blenden, darüber hinaus bleiben ihr aber auch kaum Alternativen, wenn sie für sich und ihre Familie etwas erreichen will. „Die im Märchen inszenierte Liebe ist eben kein Geschenk des Himmels, keine mirakulöse Kraft, die sich plötzlich der Menschen bemächtigt, sondern sie ist vielmehr Resultat von egoistisch-materialistischen Erwägungen, und das auf beiden Seiten.“[49] Zwar kann man im Falle der Frau, im Gegensatz zu Blaubart, nicht von einer „diabolischen Logistik“[50] sprechen, aber beide handeln entsprechend einer für die Zeit üblichen gewinnbringenden Taktik.

Im 17. Jahrhundert stehen die Frauen oft im Schatten ihrer Männer, besitzen oder nutzen weniger Rechte und stellen ihr Geschlecht nicht selbstbewusst dar, sondern verhalten sich entsprechend der männlichen Vorstellungen. Frauen entsprechen vorbehaltlos den Mustern einer männlich imaginierten Weiblichkeit und verharren im sicheren Status des Anderen. Dadurch verzichten sie darauf von maskulin besetzten Rechten, Aktions- und Reaktionsweisen Besitz zu ergreifen.[51] Dieses Rollenverständnis wird auch in Perraults Blaubart deutlich. Das Märchen formuliert, nach Suhrbier, von all seinen Prosatexten „am deutlichsten die Rollenerwartungen, die in der bürgerlich-patriarchalischen Gesellschaft christlicher Prägung an die Ehefrau gerichtet werden: absoluter Gehorsam, völlige Unterwerfung unter den Willen des Ehemannes.“[52] Im Zeitalter der Vernunft tritt zwar der individuelle Mensch immer mehr in den Mittelpunkt, auch in der Literatur, der Status eines selbständigen Subjekts, das frei und vernünftig handelt, wird aber nur dem männlichen Geschlecht zugesprochen: „Die Konzeption des autonomen Subjekts, die Frauen ausschließt, und das bürgerliche Frauenideal werden in der Zeit der Aufklärung entworfen.“[53] Das bürgerliche Frauenideal beinhaltet ein Dasein im Schatten des Mannes und in Abhängigkeit von seiner Gunst.

Nicht nur die Frauen werden zu Perraults Zeit von den Männern unterdrückt, denn die Menschen streben überhaupt nach einer Unterwerfung und Ausbeutung der natürlichen Umwelt:

Das aufsteigende Bürgertum begegnete der Welt mit einer neuen Haltung. Rationales Denken und planvolles Handeln sowie die Erforschung und Anwendung der Naturgesetze sind die seit dem Spätmittelalter immer besser ausgebildeten Instrumente, mit deren Hilfe die Welt zunehmend einem verwertenden Zugriff unterworfen wurde.[54]

Charakteristisch für die Entstehungszeit von Perraults Märchen ist die Vorstellung eines Ein-Geschlecht-Modells. Mit diesem Begriff, der durch die Studien von Thomas Laqueur geprägt wurde, lässt sich eine Denkungsart beschreiben, die lange Gesellschaft und Wissenschaft dominierte. Im Rahmen dieses Modells ging man davon aus, dass es nur das männliche Geschlecht gebe und der weibliche Körper eine defizitäre Kopie des männlichen sei:

Bis ins frühe achtzehnte Jahrhundert wurde das Denken vom sogenannten Ein-Geschlecht-Modell geprägt, das sich ausschließlich am Mann orientiert und dem weiblichen Körper als Geschlecht eine ‚negative’, nach innen gestülpte Version des männlichen zusprach.[55]

Erst mit der Entstehung der Humanwissenschaften im 18. Jahrhundert wurde das weibliche biologische Geschlecht nicht mehr als mindere Ausführung des männlichen Körpers gesehen, sondern als eigener vollwertiger Körper anerkannt. Das Ein-Geschlecht-Modell wurde in ein Zwei-Geschlecht-Modell transformiert.[56]

3.4. Verführung – Reichtum und Galanterie als Werkzeuge der Macht

Alles beginnt mit einem nahezu romantisch anmutenden und traditionellen Vorsprechen bei der Mutter zweier schöner Töchter, von denen Blaubart eine heiraten will. Er, der reiche Mann aristokratischer Herkunft, will eine ihm in Wohlstand, Sprachgewandtheit und Bildung unterlegene Frau ehelichen. Zur Überbrückung der Rangunterschiede nutzt Blaubart die Galanterie.[57]

Blaubart lädt die drei Frauen und dazu deren Freundinnen zu sich auf seine Burg ein, und es findet ein exzessives Gelage mit allerlei Festen, Unterhaltungen und Ausflügen statt. „In der Form der Galanterie kann die Werbung auch unter den Augen Dritter, gewissermaßen unverbindlich, durchgeführt werden. Galantes Verhalten ist nach beiden Seiten, zur Intimität und zur Geselligkeit hin, anschlußfähig.“[58] Das Leben in Saus und Braus, von dem die Frauen zuvor nur haben träumen können, lässt die jüngere der beiden Schwestern über die abschreckenden Äußerlichkeiten Blaubarts hinwegsehen: „Alles ließ sich so gut an, daß die Jüngere allmählich fand, der Herr des Hauses habe gar keinen so blauen Bart und sei ein ehrenwerter Mann.“[59]

Blaubarts Taktik geht auf und das schöne Mädchen lässt sich auf ein Leben an der Seite des geheimnisvollen Mannes ein, das ihm den ersehnten Reichtum und äquivalent dazu Glück bringen soll, wofür es von ihren Freundinnen beneidet wird. Es folgen Heirat und Umzug und damit die Wende ins Unglück, denn das feudale ländliche Anwesen stellt die Bühne für das nachfolgende Drama und ein doppeltes Fantasiezentrum dar:

Hier lockt der Serienmörder seine ahnungslosen Bräute hin, um sie zu töten, ihre Leichenstücke aufzubewahren und in einer verschlossenen Wunderkammer des Schauers auszustellen. Hierhin lassen sich aber auch die Frauen willentlich locken, weil ihnen ihr trautes Heim zu armselig, zu eng oder einfach auch nur zu langweilig geworden ist. Immerhin: Der Blaubärtige hat sie von einem prunkvolleren Leben träumen lassen.[60]

Wer sich mit der Rhetorik auseinandersetzt, weiß, dass Blaubarts Versprechungen nur heiße Luft sind. Mit Geschenken, geheuchelten Liebesbekundungen usw. hat er alle seine Frauen zwar nicht von seinem edelmütigen Charakter überzeugen, aber immerhin soweit überreden können, dass sie, trotz seiner Unheimlichkeit, mit ihm gehen. Aufgrund mangelnder Alternativen und Erfahrung durchschauen die Frauen nicht, dass seine Worte eigentlich nur maskierte Verdikte sind. Auch Szczepaniak sieht in Blaubarts Auftreten nur eine List, denn seine „Rhetorik der Liebe kann als Element der Verführungstaktik aufgefasst werden, als eine Täuschung, die in einem förmlich-rituellen Rahmen der konventionellen Brautwerbung verortet ist und so an Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit gewinnen soll“[61]. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die Abhandlung Luhmanns über die Semantik der Galanterie und das Kommunikationssystem Liebe, findet sich eine ähnliche Erkenntnis, die Liebe als vielseitig einsetzbares Medium ausweist, denn sie ist „selbst kein Gefühl, sondern ein Kommunikationscode, nach dessen Regeln man Gefühle ausdrücken, bilden, simulieren, anderen unterstellen, leugnen und sich mit all dem auf die Konsequenzen einstellen kann, die es hat, wenn entsprechende Kommunikation realisiert wird.“[62]

Blaubart hat über die Zeit gelernt, wie er seine Auserwählten verführen kann, er hat sich, im Sinne von Luhmann, daran geübt zu gefallen. „Zu den Konstanten der Blaubartschen Arrangements gehören die Betonung des imponierenden Reichtums (bzw. der privilegierten sozialen Position), die Wahrung der gesellschaftlichen Konvention und der Einsatz von theatralisch-manipulativen Mitteln.“[63] Allerdings muss sich Blaubart auch immer wieder neu auf die jeweilige Braut einstellen und das von ihr Begehrte individuell attraktiv machen:

Bei aller Unsicherheit im Hinblick auf Liebe: darin kann man sich sicher sein, daß das Bemühen um Gefallen gefällt und seine Kriterien in sich selbst trägt. Der Adressat der Bemühung ist souverän in dem, was ihm gefällt, aber wie man ihm gefällt, kann man trotzdem lernen.[64]

Die Frau sieht sich also formulierten Liebesschwüren und Versprechungen gegenüber, unfähig zu entscheiden, ob sie einem wahrhaftig liebenden oder einem listigen Wesen entspringen. Daher überwindet sie ihre anfängliche Scheu und begibt sich in die Fänge des distinguierten Herzensbrechers, auch um die Substanz seiner bisherigen Aussagen für sich zu verifizieren oder falsifizieren:

Die Galanterie bewahrt in ihren Sprachformen und ihren Implikationen eine romanhaft-idealistische Semantik – für jeden Gebrauch. Sie ist für täuschendes und verführendes Verhalten ebenso wie für wahrhaft-liebendes Werben gesellschaftlich verbindlicher Stil; mit der Konsequenz, daß es schwer fällt, das Verhalten zu dechiffrieren und die wahre Liebe zu erkennen; mit der Konsequenz auch, daß ein Interesse an Demaskierung entsteht, das die Kunst des Liebens zugleich lehrt und entlarvt.[65]

3.5. Die verbotene Kammer – Das Nachgeben derNeugier

Die Erzählung dreht sich ganz zentral, und eigentlich mehr wie in einer Novelle als in einem Märchen, um das Paar und den verriegelten Raum. Aber diesmal ist es nicht so, daß die beiden zusammen in diesen Raum gehören, daß er ihr kleiner Kosmos wäre gegenüber dem Raum und der Ordnung aller andern. Vielmehr gehört das Zimmer nur dem Mann allein. Es ist der Frau verboten, unter der höchsten Strafe. Wenn sie die Tür öffnet, muß sie sterben.[66]

Kurz nachdem Blaubart seine Frau dahingehend verführt hat, ihn zu ehelichen und mit ihm auf sein Anwesen zu ziehen, will er seine ihm Angetraute nach altbewährter Manier auf die Probe stellen. Zu diesem Zwecke kündigt er an, eine Reise unternehmen zu müssen, übergibt ihr alle Schlüssel für sämtliche Räume und erteilt ihr die Erlaubnis, bis auf eine Kammer, jedes Zimmer betreten zu dürfen: „’Öffnet nur alles, geht überall hin, aber dieses kleine Zimmer verbiete ich Euch zu betreten, und ich verbiete es Euch mit allem Nachdruck; solltet Ihr es dennoch öffnen, so hättet Ihr alle erdenklichen harten Strafen von meinem Zorn zu gewärtigen.’“[67] Doch die Neugier, in literarischen Texten oft als typisch weiblicher Motivationsträger angeführt, macht auch die Frau in Blaubart zu einer Frevlerin an Blaubarts Regeln als Hausherr: „Aber die Versuchung war so groß, daß sie ihrer nicht Herr wurde; so nahm sie den kleinen Schlüssel und öffnete zitternd die Tür des Gemachs.“[68] Wie schon Eva ist auch die Protagonistin in Blaubart nicht dazu fähig, gehorsam zu sein und ihre niederen Bedürfnisse zu unterdrücken, obwohl sie mit dem Zorn des Gatten rechnen muss, äquivalent zur Bestrafung Evas durch Gott:

Die Neugierprobe, die Blaubart seiner Frau abverlangt, ist gewissermaßen durch allerhöchste Autorität legitimiert: es ist jene Probe, die Gott schon mit Adam und Eva anstellte, weshalb Anspielungen darauf und auf die Neugier als unausrottbares Erbübel aller Evastöchter häufig in Bearbeitungen des Blaubart-Stoffes auftauchen.[69]

Sich an das Interdikt ihres Gemahls zu halten, sich nicht von ihrem Wissensdrang überwältigen zu lassen und ohne zu hinterfragen der Rückkunft Blaubarts entgegenzusehnen, würde nicht der weiblichen Natur entsprechen. Clarissa Pinkola Estés, die mit ihrem Buch Die Wolfsfrau, in der sie sie weiblichen Urinstinkte ergründete, internationalen Erfolg feierte, erklärt, warum die Protagonistin gezwungenermaßen regelwidrig handeln muss, denn einer Frau zu verbieten, den Schlüssel zur Selbsterkenntnis zu benutzen, kommt dem Verbot gleich, ihrer angeborenen Wißbegier zu folgen, ihrer instinktiven Neugier nachzugeben, die sie dazu führt, stets und überall herausfinden zu müssen, ‚was wirklich und jenseits des Offensichtlichen dahintersteckt’.[70]

Dass Blaubart genau dies mit der Schlüsselübergabe beabsichtigt, werde ich an etwas späterer Stelle analysieren.

Mit der Abwesenheit des Gatten wird also die in die Hand gegebene Freiheit genutzt, das Haus und gleichzeitig Blaubart selbst zu ergründen, einschließlich des Betretens der verbotenen Kammer. „Seit Jahrhunderten sind Türen ein Symbol für das, was hinter ihnen verwahrt wird, seien es geistige Werte oder Verdrängtes, das im Zaum gehalten und verborgen werden soll.“[71] Trotz der Angst vor den angedrohten Konsequenzen schließt die Frau die Tür auf, betritt den Raum und sieht ihre toten Vorgängerinnen, die an den Wänden entlang festgebunden sind. Der im Schock aus der Hand gefallenen Schlüssel, ein magisches Werkzeug Blaubarts, färbt sich unmittelbar rot, um Blaubart die Sünde seiner Frau zu offenbaren, denn das Blut haftet fortan an dem Türöffner.

Beginnt man nun, sich der Frage zu nähern, warum Blaubart jedes Mal seinen Frauen die Generalvollmacht für alle Räumlichkeiten übergibt, mit der Einschränkung ein bestimmtes Zimmer zu betreten, das mit dem Verbot natürlich zum interessantesten des Anwesens avanciert, stößt man gleichzeitig auf die Tiefen von Blaubarts Charakter.

„Im Blaubart-Märchen ist es der Ehemann selbst, der die Schlüsselgewalt übergibt und damit (nolens volens) eine Befreiungsmöglichkeit für die Frau schafft.“[72] Befreien kann hier aber auf verschiedene Weise interpretiert werden. Einerseits könnte sie sich, wenn sie denn in seinem Haus eingeschlossen wäre, räumlich befreien und während seiner Abwesenheit fliehen, andererseits stellt Blaubart für sie den Schein her, gleichberechtigt sein Haben zu verwalten. Blaubart korrumpiert die Frauen und flößt ihnen ein trügerisches Gefühl von Freiheit und Selbständigkeit ein[73], denn seine Beziehungsphilosophie schließt aus, dass die Frau, nur weil sie zeitlich begrenzt als eingeschränkte Hausherrin fungiert, in den Besitz gleicher Rechte und gleichen Wissens gelangt.[74] Am bedeutendsten, was ihre Befreiung betrifft, ist für die Frau allerdings, dass mit der Schlüsselübergabe eingeleitete Dispensieren aus ihrer Unmündigkeit. Wie Elisabeth Bronfen und vor ihr viele andere Literaturwissenschaftler konstatierten, stellt gerade Blaubarts Interdikt die zentrale Motivation für seine Frau dar, in die Kammer einzudringen, denn indem „er ihr mit dem Tod droht, sollte sie seiner Vorschrift nicht gehorchen, löst er überhaupt erst ihren Wunsch aus, etwas Verbotenes über sich zu erfahren.“[75] Damit spricht Bronfen schon den entscheidenden Punkt an, denn die Frau ergründet nicht nur Blaubarts, sondern auch ihre eigene Psyche, gekoppelt an geheime Sehnsüchte und Wünsche. Dass sich die Frau, um sich endlich aus ihrem bisherigen Schattendasein zu befreien, ausgerechnet in Blaubarts Leichenkammer wagen muss, kann damit erklärt werden, dass sie sich auch in ihrer Psyche bis in die tiefsten Abgründe vorwagen muss, um ihre eigentliche weibliche Natur offen zu legen, mitsamt den dazugehörigen Bedürfnissen.

Die tiefsten Ausgrabungsarbeiten finden notgedrungen im finstersten Minenschacht statt. Tapfere und wißbegierige Frauen steigen mit Helmlampen in die geheimsten unterirdischen Gänge ihrer Psyche hinab, weil sie die vernachlässigten Räume inspizieren wollen, denn soviel steht fest: Solange sie sich nur um die einigermaßen leicht zugänglichen Eingangshallen der Psyche kümmern, bleibt ihnen der Überblick über das gesamte Anwesen verwehrt und damit auch die Herrschaft darüber.[76]

Blaubarts Frau betritt eine Kammer, die eher an ein Mausoleum, denn an ein Gemach eines Wohnhauses erinnert, was symbolisch für die Entschlüsselung ihres einer Lethargie ähnlichen Lebens stehen könnte, da das Aufschließen der Kammer auch Antworten auf Fragen geben soll, was beispielsweise in ihrem Leben allmählich dahinsiecht. „Solche Fragen sind Schlüssel. Und wenn eine Frau ein fast totes Leben gelebt hat, sind die Antworten sehr wahrscheinlich blutbefleckt.“[77] Diese Antworten und die damit verbundenen Erkenntnisse werden also durch den magischen Schlüssel symbolisiert, denn die einmal erkannte Wahrheit lässt sich nicht wieder vergessen oder zurück in die Tiefen des Unbewussten drängen, womit das alte Leben nicht mehr aufrechtzuerhalten ist.[78]

Auch wenn sie bereits aufgrund Blaubarts Androhung mit dem Schlimmsten zu rechnen hat, schließt sie die Kammer auf, handelt als freies Subjekt und damit gegen ein passives Dasein in Blaubarts Schatten:

Wenn sie nicht gegen die Blaubartschen Verbote ihrer Kultur verstößt, so drohend sie auch sein mögen oder so gut sie auch von allerlei Rationalisierungen kaschiert sein mögen, und den Schlüssel nicht benutzt, entscheidet sie sich für ihre geistig-seelische Vernichtung. Sobald sie die Tür zu dem geheimen Gruselkabinett öffnet, entscheidet sie sich für ihr eigenes Leben.[79]

Zwar erkennt die Frau, dass eine Existenz an Blaubarts Seite unweigerlich den Tod bedeutet, hätte sie sich aber gegen diese Erkenntnis und für ein Handeln nach seinen Anordnungen entschieden, wäre das einer Selbstaufgabe und Identitätslöschung gleichgekommen.[80] Diese Zwickmühle kann auch als Double-bind bezeichnet werden, da jedweder Schritt für die Frau fatale Folgen hat. „Double-bind bezeichnet eine Situation, in der ein Mensch gleichzeitig zwei unausweichlichen Befehlen oder Anforderungen ausgesetzt ist, die sich gegenseitig aber widersprechen oder sogar unmöglich machen.“[81] Eigentlich ist das Betreten der Kammer unmöglich, da es einer suizidalen Handlung gleichkäme, das Nichtöffnen würde aber ebenfalls den symbolischen Tod bedeuten, die Verleugnung des eigenen Selbst und der eigenen lebenswichtigen Bedürfnisse und Wünsche.

Schließlich wagt die Frau es, trotz des Verbotes und der angedrohten Strafen, die Kammer aufzuschließen und zu betreten. Was sie erwartet ist eine Kollektion von Leichen, die sie schockieren, aber auch gewisse positive Erkenntnisse gewinnen lassen. Wie bereits zuvor erwähnt, lassen sich einige Parallelen mit dem biblischen Zusammenspiel von Adam und Eva feststellen. „So setzt der Streit um das Öffnen der Türe auch die biblische Szene des Sündenfalls dramaturgisch um, die besagt: Wissensdrang ist mit einem Wissen um die Sterblichkeit verknüpft.“[82] Im Anblick einer Leiche spiegelt sich doch immer auch das Lebendige, denn wer den Tod sieht, ist sich seiner eigenen Lebenskraft sicher. Für die Protagonistin und den Leser stellen die ausgestellten Leichen in Blaubarts Kammer also Stellvertreter für den Tod dar, die das eigene Leben und den Wunsch des Überlebens bekräftigen. „Wer auf der Bühne, in der Literatur, oder auf der Leinwand stirbt, tut dies stellvertretend für uns. Der Zuschauer hingegen kann von sich behaupten, der Tod habe eine Andere getroffen, nicht ihn.“[83]

Bronfen, die sich auch in ihrem Buch Nur über ihre Leiche mit der weiblichen Toten in Kunst und Literatur auseinandersetzte, erkennt im Anblick der ermordeten Vorgängerinnen auch Chancen, denn die Frau muss sich in dem Augenblick über ihr Leben klar werden, denn „ihr Tod wird nicht nur herbeigeführt, er wird auch an ihrer ausgestellten Leiche hinter der verschlossenen Türe angehalten. Dort erblickt jede neue Braut, von Neugierde getrieben, sowohl ihre Vorgängerinnen wie auch ihre eigene Zukunft.“[84] Erst wenn die Frau ihr totes Pendant aufgehängt an der Wand erblickt, gibt sie Blaubart Anlass sein Morden fortzusetzen.

Ausgerechnet das Erkenntnisinteresse der Frau – ein schon in der Antike und in der Bibel verurteiltes Übel – bedroht die männliche Identität und die patriarchalische Ordnung, ist es doch Ausdruck jener Vitalität und Aktivität (auch der Eigenständigkeit) der Frau, die es zu unterdrücken gilt.[85]

Blaubart, der einerseits die Ergründung seiner Seele ersehnt, andererseits auch fürchtet und Eindringlinge deshalb mit dem Tod bestraft, erklärt seine grausamen Taten damit, dass sich die Frauen durch das Nachgeben ihrer Neugier selbst schachmatt gesetzt hätten: „Getötet werden also Frauen, die Komplizinnen in einem mörderischen Spiel geworden sind. Seine Transgression (das Morden) findet sich in ihrer Transgression (der Schaulust) widergespiegelt.“[86] Einzig der passende Umgang mit Blaubarts Geheimnis kann ihr und ihm dabei helfen, Blaubart Schachmatt zu setzen oder aus der Partie mit einem Patt für beide Geschlechter herauszugehen:

Die schonungslose Wahrheit kann als unerträglich empfunden werden, und dennoch ist sie Medizin und macht uns frei, denn die Wahrheit zu sehen bedeutet, daß endlich etwas unternommen werden kann, um dem nunmehr offen zutage liegenden Unheil ein Ende zu bereiten.[87]

Nur wer bis an die Quelle des Unheils vordringt, hier symbolisiert durch die Leichenkammer, kann daraus, wenn das entsprechende psychische Potential vorhanden ist, den Nutzen ziehen, geeignete Gegenmaßen einzuleiten und weiteres Unheil zu unterbinden.

Wenn wir erkannt haben, was es ist, das uns zerstört, abgetötet hat, wenn wir uns die Ergebnisse der ungestört fortschreitenden Vernichtung unseres Seelenlebens vor Augen geführt und uns die Konsequenzen in all ihrer Grausamkeit eingestanden haben, dann, und nur dann, sind wir imstande, adäquat zu handeln – zu unserem Wohl, und nicht zum Wohl dessen, was uns zerstört.[88]

Um eine Veränderung herbeizuführen, genügt es nicht, eine weitere Ehefrau zu töten, denn dadurch würde das Leid nur vergrößert und herausgezögert, was unbedingt erfolgen müsste, wären eine Auseinadersetzung mit Blaubarts Persönlichkeit und die Offenlegung der Ursachen für seine Persönlichkeitsstörung. Um die Serialität seines Mordens zu beenden, muss entweder Blaubart selbst vernichtet werden oder eine Beschäftigung mit seinem Wesen seitens der Ehefrau erfolgen. „Das zensierende Ego möchte verständlicherweise möglichst schnell vergessen, daß man Leichenberge im Keller entdeckt hat und daß die anderen Aspekte der Psyche eigentlich auch sofort verstanden haben, was das für uns bedeutet.“[89] Da letzteres also aufgrund ihrer lebensgefährlichen Situation und ihres schwachen Charakters nicht möglich ist, bleibt nur Blaubarts Ermordung durch ihre Brüder. Dadurch wird keiner der Protagonisten und auch die Leserschaft nicht erfahren, was Blaubart derart prägte, dass aus ihm ein rastloser Frauenmörder wurde.

[...]


[1] Vgl. Frenzel, Elisabeth: Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. 8. Auflage. Stuttgart 1992. S. 107.

[2] Vgl. Wertheimer, Jürgen: Don Juan und Blaubart. Erotische Serientäter in der Literatur. München 1999. S. 93.

[3] Ebd. S. 93.

[4] Vgl. ebd. S. 93.

[5] Vgl. Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. S. 107.

[6] Vgl. ebd.. S. 107.

[7] Vgl. ebd.. S. 108.

[8] Ebd. S. 108.

[9] Vgl. ebd. S. 108.

[10] Vgl. Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. S. 108.

[11] Ebd. S. 109.

[12] Szczepaniak, Monika: Männer in Blau. Blaubart-Bilder in der deutschsprachigen Literatur. Köln 2005. S. 211.

[13] Ebd. S. 167f.

[14] Vgl. Szczepaniak: Männer in Blau. S. 206.

[15] Vgl. Wertheimer: Don Juan und Blaubart. S. 11.

[16] Vgl. ebd. S. 11.

[17] Szczepaniak: Männer in Blau. S. 91.

[18] Ebd. S. 162.

[19] Ebd. S. 185.

[20] Bataille, Georges: Gilles de Rais. Leben und Prozeß eines Kindermörders. 6. Auflage. Gifkendorf 1989. S. 14.

[21] Vgl. Bataille: Gilles de Rais. S. 19.

[22] Bataille: Gilles de Rais. S. 19.

[23] Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. S. 110.

[24] Ebd.. S. 110.

[25] Szczepaniak: Männer in Blau. S. 185.

[26] Ebd. S. 248.

[27] Vgl. ebd. S. 185.

[28] Ebd. S. 187.

[29] Vgl. ebd. S. 249.

[30] Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. S. 111.

[31] Vgl. Barz, Helmut: Blaubart. Wenn einer vernichtet, was er liebt. Reihe: Weisheit im Märchen: Seifert, Theodor [Hrsg.]. Zürich 1987. S. 55.

[32] Dölling, Irene: Der Mensch und sein Weib. Frauen- und Männerbilder. Geschichtliche Ursprünge und Perspektiven. Berlin. 1991. S. 28.

[33] Ebd. S. 29.

[34] Vgl. ebd. S. 30.

[35] Dölling: Der Mensch und sein Weib. S.46.

[36] Ebd. S.34.

[37] Suhrbier: Blaubarts Geheimnis. Berlin 1987. S. 22.

[38] Vgl. Wertheimer: Don Juan und Blaubart. S. 96.

[39] Menninghaus, Winfried: Lob des Unsinns. Über Kant, Tieck und Blaubart. Frankfurt am Main 1995. S. 74.

[40] Ebd. S. 75.

[41] Menninghaus: Lob des Unsinns. S. 80.

[42] Vgl. ebd. S. 85.

[43] Ebd. S. 85.

[44] Ebd. S. 217.

[45] Suhrbier: Blaubarts Geheimnis. S. 21.

[46] Bronfen, Elisabeth: Männliche Sammelwut, Weibliche Neugierde: Blaubart. Vortrag zur Eröffnung der Ausstellung „Blaubart. Auf den Spuren eines literarischen Serientäters“. Zürich Juni 2008. Siehe Internetadresse im Literaturverzeichnis. S. 1.

[47] Vgl. Szczepaniak: Männer in Blau. S. 99.

[48] Vgl. ebd.. S. 145f.

[49] Szczepaniak: Männer in Blau. S. 99.

[50] Ebd. S. 99.

[51] Szczepaniak: Männer in Blau. S. 212.

[52] Suhrbier: Blaubarts Geheimnis. S. 22.

[53] Offenbartl: Keine Moderne ohne Patriarchat?. Das Geschlechterverhältnis als handlungsleitende Denkstruktur der Moderne. Ein politikwissenschaftliches Modell. Opladen 1995. S. 14f.

[54] Suhrbier: Blaubarts Geheimnis. S. 17.

[55] Feldmann, Doris: Literaturwissenschaft, New Men’s Studies und das Drama der englischen Renaissance. In: Erhart, Walter / Herrmann, Britta [Hrsg.]: Wann ist der Mann ein Mann? Zur Geschichte der Männlichkeit. Stuttgart 1997. S. 138.

[56] Vgl. Bührmann: Das authentische Geschlecht. Die Sexualitätsdebatte der Neuen Frauenbewegung und die Foucaultsche Machtanalyse. Münster 1995.S. 52.

[57] Vgl. Luhmann, Niklas: Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität. Frankfurt am Main 1982. S. 97.

[58] Ebd. 97.

[59] Perrault: Blaubart. S. 74.

[60] Bronfen: Männliche Sammelwut, Weibliche Neugierde: Blaubart. S. 1.

[61] Szczepaniak: Männer in Blau. S. 140.

[62] Luhmann: Liebe als Passion. S. 23.

[63] Szczepaniak: Männer in Blau. S. 162.

[64] Luhmann: Liebe als Passion. S. 112.

[65] Ebd. S. 98.

[66] Matt, Peter von: Liebesverrat. Die Treulosen in der Literatur. München 1989. S. 66.

[67] Perrault: Blaubart. S. 75.

[68] Ebd. S. 76.

[69] Suhrbier: Blaubarts Geheimnis. S. 22.

[70] Estés, Clarissa Pinkola: Die Wolfsfrau. Die Kraft der weiblichen Urinstinkte. München 1999. S. 67.

[71] Ebd. S. 69.

[72] Szczepaniak: Männer in Blau. S. 240.

[73] Vgl. Estés: Die Wolfsfrau. S. 67.

[74] Vgl. Szczepaniak: Männer in Blau. S. 240.

[75] Bronfen: Männliche Sammelwut, Weibliche Neugierde: Blaubart. S. 2.

[76] Estés: Die Wolfsfrau. S. 75.

[77] Ebd. S. 74.

[78] Vgl. ebd. S. 74.

[79] Ebd. S. 68.

[80] Vgl. Suhrbier: Blaubarts Geheimnis. S. 20.

[81] Theweleit, Klaus: Männerphantasien 1 + 2. Erweiterte Taschenbuchausgabe. Frankfurt am Main / Basel 2000. S. 341.

[82] Bronfen: Männliche Sammelwut, Weibliche Neugierde: Blaubart. S. 2.

[83] Ebd. S. 2.

[84] Ebd. S. 1.

[85] Szczepaniak: Männer in Blau. S. 101.

[86] Bronfen: Männliche Sammelwut, Weibliche Neugierde: Blaubart. S. 2.

[87] Estés: Die Wolfsfrau. S. 73.

[88] Ebd. S. 76.

[89] Ebd. S. 74.

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
Zwischen Macht und Ohnmacht. Die Konstitution von Männlichkeit in den Blaubart-Texten von Charles Perrault, Max Frisch und Dea Loher
Hochschule
Universität Paderborn
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
105
Katalognummer
V191708
ISBN (eBook)
9783668314702
ISBN (Buch)
9783668314719
Dateigröße
978 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Blaubart, Charles Perrault, Max Frisch, Dea Loher, 19. Jahrhundert, Märchen, Männlichkeit, Macht, Ehe, Sexualität, Patriarchat, Gewalt
Arbeit zitieren
M.A. Kristina Hötte (Autor:in), 2009, Zwischen Macht und Ohnmacht. Die Konstitution von Männlichkeit in den Blaubart-Texten von Charles Perrault, Max Frisch und Dea Loher, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191708

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Titel: Zwischen Macht und Ohnmacht. Die Konstitution von Männlichkeit in den Blaubart-Texten von Charles Perrault, Max Frisch und Dea Loher



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