Familienpolitik: Deutschland und Schweden im Vergleich

Auswirkungen von Sach- und Geldleistungen auf die Fertilitätsrate


Hausarbeit, 2010

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Politischer Einfluss auf die familiäre Rollenverteilung im Vergleich Deutschland und Schweden im letzten Jahrhundert

3. Familienpolitik und deren Auswirkungen in Deutschland
3.1. Sachleistungen
3.2. Geldleistungen
3.3. Gesetzliche Erziehungszeiten
3.4. Erwerbstätigenquote von Frauen
3.5. Fertilitätsrate

4. Familienpolitik und deren Auswirkungen in Schweden
4.1. Sachleistungen
4.2. Geldleistungen
4.3. Gesetzliche Erziehungszeiten
4.4. Erwerbstätigenquote von Frauen
4.5. Fertilitätsrate

5.Fazit

1. Einleitung

These:

Die Fertilitätsrate wird durch Sachleistungen effektiver gefördert als durch Geldleistungen.

Der Rückgang der Geburten liegt sicherlich nicht nur daran, dass Frauen im Zeitalter der „Pille“ und der Emanzipation selbst wählen können, ob diese schwanger werden wollen oder nicht. Die heutigen potenziellen Eltern nehmen sich ein Beispiel an der vorherigen Generation, wo sie selbst oft in kinderarmen Familien aufgewachsen sind, wobei ein möglicher Grund hierfür oftmals die fehlende staatliche Unterstützung war. Heute spielen vor allem Konflikte über die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf eine sehr entscheidende Rolle. Gerade junge Mütter möchten ihre Erwerbstätigkeit aus Gründen der Unabhängigkeit und Selbstbestimmung nicht ganz vernachlässigen oder ganz aufgeben. Ängste, wie dass durch ein Kind die berufliche Entwicklung gehemmt wird oder aber dass es keine ausreichende Unterstützung in Form von Kindertagesstätten oder Ganztagesschulen gibt, führen zu einer erheblichen Unsicherheit bei den Frauen. In Zeiten, wo Paare erst gar nicht mehr heiraten bzw. sich sehr schnell scheiden lassen, entscheiden sich viele Frauen gerade aufgrund der fehlenden gesellschaftlichen Unterstützung gegen ein Kind.

In meiner Hausarbeit möchte ich einen Vergleich zwischen Deutschland und Schweden ziehen, um herauszufinden, inwiefern gesellschaftliche Unterstützung die Fertilitätsrate beeinflussen kann. Beginnen werde ich in meinen Vergleich mit der familienpolitischen Entwicklung bezüglich der Rollenverteilung innerhalb der Familie beider Länder im letzten Jahrhundert. Folgen wird eine genaue Betrachtung der aktuellen Familienpolitik und deren Auswirkungen in Deutschland sowie anschließend in Schweden. Hierbei beschränke ich mich auf Sach- und Geldleistungen, gesetzliche Erziehungszeiten, die Erwerbstätigenrate von Frauen sowie auf die aussagekräftige Fertilitätsrate. Im Fazit werde ich auf die Unterschiede in der gesellschaftlichen Unterstützung nochmals eingehen, um aufzuzeigen ob die Fertilitätsrate tatsächlich dadurch zu beeinflussen ist.

2. Politischer Einfluss auf die familiäre Rollenverteilung im Vergleich Deutschland und Schweden im letzten Jahrhundert

Deutschland und Schweden sind grundsätzlich vergleichbar, da beide Länder europäische und demokratische Industriestaaten sind und diese strukturelle Ähnlichkeiten vorzuweisen haben. Seit dem späten 19. Jahrhundert gab es Reformen die direkt mit Schwangerschaft und der Zeit nach der Entbindung zusammenhingen. Sowohl in Deutschland als auch in Schweden wurden hierbei Schwerpunkte auf bestimmte Gruppen gesetzt. Dazu gehörten z.B. abhängig erwerbstätige Mütter und deren Neugeborene. Allgemein ging es dabei um Arbeitsschutz, finanzielle Unterstützung wie die medizinische Versorgung von Mutter und Kind. Gerade um 1950 war sowohl Schweden als auch dem westdeutschen Staat daran gelegen, die Situation der Nachkriegsfamilien deutlich zu verbessern, und so wurden beispielsweise steuerliche Kinderfreibeträge eingeführt. Die wichtigsten Kernpunkte waren um 1960 in beiden Ländern abgeschlossen. Die Betreuung der Kinder wurde ab den späten sechziger Jahren nicht mehr ausschließlich der Mutter zugesprochen. Schweden führte als Vorreiter in der Familienpolitik einen Elternurlaub noch vor Deutschland ein. Unterschiede sind allerdings bei der Geschlechtergleichstellung und den Ansichten zu Familienmodellen zu verzeichnen.1 Die Bundesrepublik Deutschland entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg nach der »Tradition der Bismarckschen Sozialversicherungen«2 und übernahm somit auch das duale System sozialer Sicherung. So wurde unter anderem auch die soziale Ungleichheit »zwischen Männern als Familienernähern und Frauen als Ehefrauen und Müttern«3 mit übernommen. Auf der einen Seite gab es die Arbeiterpolitik, welche » Sozialleistungen mit Lohnersatzleistungen schuf und auf die Norm des männlichen, lebenslang vollzeiterwerbstätigen Arbeit(nehm)ers abstellte«4 und auf der anderen Seite wurde eine Armenpolitik betrieben, welche »bedarfsgeprüfte Sozialleistungen zweiter Klasse für eine Klientel bereitstellte«5, welches überwiegend aus Frauen und Müttern bestand. Bis heute funktioniert das Sozialleistungssystem nach dem in der katholischen Soziallehre entwickelten Subsidiaritätsprinzip, wonach der Staat erst dann mit Sozialleistungen eingreift, wenn die Famille nicht mehr in der Lage ist, deren Mitglieder zu versorgen. So konnten bis 1986 nur eigene Rentenansprüche erworben werden, wenn man erwerbstätig war. Seit diesem Jahr ist es nun auch möglich Kindererziehungszeiten angerechnet zu bekommen.

Ein Unterschied von Schweden zu Deutschland liegt in einem sehr frühen Einschluss verheirateter nicht arbeitender Frauen und Mütter, welche dadurch soziale Sicherheit genossen, auch wenn das erst für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg galt (vorher orientierte sich die schwedische Sozialpolitik an Deutschland). Bemerkenswert ist auch die 1913 eingeführte Volksrente, welche unabhängig von einer früheren Erwerbstätigkeit gezahlt wurde. Ehemänner mussten vor allem auch für die Beiträge der Rentenversicherung ihrer Frauen aufkommen, da nach schwedischer Meinung »Hausarbeit eine gesellschaftlich wichtige Arbeit «6 sei. Damit hatten die schwedischen Frauen eine bedeutend bessere Position als die deutschen Frauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Reformen eingeführt (unter anderem kam es zur Einführung von Kinderbeihilfen), wodurch die Sozialleistungen nicht vom Erwerbsstatus sondern von der Staatsbürgerschaft abhängig waren. Trotz allem sich auch die Frauen bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts in Schweden noch benachteiligt fühlten, gab es keine so eindeutigen Diskriminierungen wie die ehe- und familienrechtlichen Vorschriften des BGB (welche bis 1957 gültig waren) in Deutschland, »wonach Ehefrauen nur bedingt geschäftsfähig und verfügungsberechtigt über ihr eigenes Vermögen waren und lediglich mit Zustimmung des Ehemannes einer Erwerbstätigkeit nachgehen durften. Allein die Ehefrau war verpflichtet zur Haushaltsführung und Kindererziehung. «7 Das darauf folgende Ehe- und Familienrecht (gültig bis 1977) bekräftigte die Norm der „Hausfrauenehe“ nochmals, wobei Haushalt und Kindererziehung weiterhin die alleinigen Pflichten der Ehefrau waren. Erwerbstätigkeit wurde nur gestattet, wenn die Ehefrau dadurch ihre häuslichen Pflichten nicht vernachlässigte.

Dem gegenüber stand ein überaus fortschrittliches schwedisches System, welches zumindest von Gesetzeswegen die Hausfrauenehe nicht zur verbindlichen Norm erklärte und Ehefrauen sowie Müttern ein uneingeschränktes Recht auf Erwerbstätigkeit gewährte. Die Rechte und Pflichten waren bezüglich der Haushaltsführung, des Familienunterhalt sowie der Kindererziehung gleich verteilt. Dieses wird heute mit noch stärkerer Entschlossenheit umgesetzt.

Erst ab 1977 wurde in Deutschland die Rollenverteilung der Geschlechter nicht mehr gesetzlich bestimmt. Ab 1979 wurde Mutterschutzurlaub bewilligt, was als eine der ersten Maßnahmen für Frauen galt, Familie und Berufstätigkeit zu kombinieren. Seit dieser Zeit wurde vieles für eine fortschrittlichere Familienpolitik getan, finanzielle und steuerliche Vergünstigungen wurden mehrmals verändert und zu Gunsten der Allgemeinheit erhöht. 1986 gab es den Wechsel von Mutterschaftsgeld zum Erziehungsgeld, welches das erste Mal von beiden Elternteilen bezogen werden konnte. Es kam zur Erbrechtsgleichstellung von nichtehelichen zu ehelichen Kindern (1997).

3. Familienpolitik und deren Auswirkungen in Deutschland

3.1. Sachleistungen

Deutschland liegt gegenüber anderen Ländern der EU weit zurück, was die Betreuung von Krippen- und Kindergartenkinder betrifft. Durch die nachhaltig unfortschrittliche Haltung der Einverdiener- Ehe hat sich in Deutschland die Mentalität der Einverdiener-Ehe lange gehalten und dadurch wurde versäumt, rechtzeitig Betreuungskapazitäten für eine neue Generation zu schaffen. Die Menschen heute wollen und/oder können es sich aus verschiedenen Gründen nicht mehr leisten, das alte Model weiter fortzuführen, sondern auch die Frauen möchten Berufstätigkeit mit Familie verbinden. Durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz, kurz TAG, kann nun seit 2005 eine Verbesserung der Betreuungssituation von Kindern unter drei Jahren geschaffen werden. Der Prozess ist sehr langwierig, und wird noch bis Ende 2013 andauern. Bis dahin, darauf haben sich Bund, Kommunen und Länder geeinigt, sollen 750000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen werden, was einer Betreuungsquote von 35 % entspricht. 30 % hiervon sollen von Tagesmüttern übernommen werden.8

Derzeit sieht es in vielen deutschen Städten jedoch noch anders aus, viele Mütter bekommen für ihre Kinder noch keinen Betreuungsplatz. 2006 besuchten gerade einmal 13,5 % der unter drei Jahre alten Kinder eine Betreuungseinrichtung, wobei das Versorgungsniveau der Bundesländer sehr unterschiedlich ausfällt. So fallen auf die ostdeutschen Bundesländer durchschnittlich bis zu 40 %, während die westdeutschen Länder nicht einmal 8 % erreichen.9

Ein weiterer Nachteil des deutschen Systems sind die Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen. Während man sich in anderen Ländern schon längst an Vollzeitstellen, Schicht- und Nachtarbeit angepasst hat, sind die Öffnungszeiten in Deutschland mehr als mangelhaft. Öffnungszeiten wie von 06.00 Uhr bis 18.00 Uhr gibt es selbst in Großstädten wie Hamburg nur selten. An Wochenenden gibt es nur noch vereinzelt Betreuungsplätze.10

3.2. Geldleistungen

Kindergeld ist eine Leistung nach dem Einkommensteuergesetz und wird grundsätzlich demjenigen gewährt, der seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland hat, bzw. im Ausland wohnt aber in Deutschland uneingeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Anspruch auf Kindergeld haben Kinder mindestens bis zum 18. Lebensjahr und maximal bis zum vollendeten 25. Lebensjahr, insofern diese sich einer Ausbildung oder in einem Studium befinden. Grundwehrdienst, Zivildienst, Freiwilligendienst und Behinderung eines Kindes können den Bezug verlängern. Die Einkünfte und Bezüge eines Kindes dürfen hierbei den Grenzbetrag von 8004,00 € seit 2010 (von 2004 bis 2009 betrug dieser 7680,00 €) im Kalenderjahr nicht überschreiten.

[...]


1 Elternschaft im Wohlfahrtsstaat, Schweden und Deutschland im Vergleich 1945 - 2000, Wiebke Kolbe, 2002, Seiten 13 - 15 und 20.

2 Elternschaft im Wohlfahrtsstaat, Schweden und Deutschland im Vergleich 1945 - 2000, Wiebke Kolbe, 2002, Seite 33.

3 Elternschaft im Wohlfahrtsstaat, Schweden und Deutschland im Vergleich 1945 - 2000, Wiebke Kolbe, 2002, Seiten 33.

4 Elternschaft im Wohlfahrtsstaat, Schweden und Deutschland im Vergleich 1945 - 2000, Wiebke Kolbe, 2002, Seite 33.

5 Elternschaft im Wohlfahrtsstaat, Schweden und Deutschland im Vergleich 1945 - 2000, Wiebke Kolbe, 2002, Seite 33.

6 Elternschaft im Wohlfahrtsstaat, Schweden und Deutschland im Vergleich 1945 - 2000, Wiebke Kolbe, 2002, Seite 36.

7 Elternschaft im Wohlfahrtsstaat, Schweden und Deutschland im Vergleich 1945 - 2000, Wiebke Kolbe, 2002, Seite 43.

8 Dossier: Ausbau der Kinderbetreuung - Kosten, Nutzen, Finanzierung, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2008, Seite 4.

9 Dossier: Ausbau der Kinderbetreuung - Kosten, Nutzen, Finanzierung, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2008, Seite 9.

10 http://www.kitas-hamburg.de/.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Familienpolitik: Deutschland und Schweden im Vergleich
Untertitel
Auswirkungen von Sach- und Geldleistungen auf die Fertilitätsrate
Hochschule
Universität Hamburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
19
Katalognummer
V191029
ISBN (eBook)
9783656156024
Dateigröße
3586 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
familienpolitik, deutschland, schweden, vergleich, auswirkungen, sach-, geldleistungen, fertilitätsrate
Arbeit zitieren
Jasmin Geist (Autor:in), 2010, Familienpolitik: Deutschland und Schweden im Vergleich , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191029

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