Lobbyismus im politischen Prozess der USA - Voraussetzungen, Methoden und Einfluss


Hausarbeit, 2003

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Untersuchung: Lobbyismus im politischen Prozess der USA - Voraussetzungen, Methoden und Einfluss
2.1 Die US-Verbände – ein Vergleich mit der BRD
2.1.1 Die Organisation der Verbände
2.1.2 Die Adressaten der Verbände
2.1.3 Die Rechtliche Einbindung der Verbände
2.2 Die Methoden des amerikanischen Lobbyismus
2.2.1 Die Ziele der Verbände
2.2.2 Die Beeinflussung der Legislative
2.2.3 Die Beeinflussung der Exekutive
2.2.4 Die Beeinflussung der Judikative
2.3 Der Einfluss des amerikanischen Lobbyismus auf den politischen Prozess
2.3.1 Die Interessengruppen im Gesamtbild
2.3.2 Der Einfluss der Lobbyisten aus der Sicht der Abgeordneten
2.3.3 Der Einfluss der Lobbyisten aus der Sicht zweier Politologen / Illustration mit Fallbeispielen

3 Zusammenfassung

4 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Lobbyism has always played a necessary part in our democratic form of representative government. In effect it is the institutionalization of the people’s constitutional right to petition their government” (Sieper 1975, 125). Diese Aussage stammt aus einem Bericht des amerikanischen Senate Foreign Relations Committee von 1964. Darin spiegelt sich die positive Sichtweise der Teilnahme von Interessengruppen am politischen Prozess wider. In den USA wird diese also nicht nur als legal angesehen, sondern sie ist auch erwünscht. Anders in der BRD. Dort definiert sich Lobbyismus als „Versuch, Abgeordnete, Regierungs- oder Verwaltungsbeamte durch Information, Überzeugungsarbeit oder Gefälligkeiten im eigenen Interesse zu beeinflussen“ (Nohlen 2001, 267). Die negative Konnotation des Begriffs liegt im Korporatismus begründet, der Interessengruppen anders als in den USA formell in den politischen Prozess einbindet und den Begriff „Lobbyist“ für den reserviert, der um eine Beeinflussung der Politik ohne die institutionalisierte „Kooperation von Kapital, Arbeit und Staat“ bemüht ist (Adams et al. 1992, 506).

In dieser Hausarbeit werde ich der Frage nachgehen, welche Methoden des Lobbyismus US-amerikanischer Verbände anwenden und welches Maß an Einfluss sie dadurch auf den politischen Prozess ausüben. Dabei werde ich zunächst auf die Struktur der Verbände, ihre Adressaten und rechtliche Einbindung im Vergleich zu Deutschland eingehen, um auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der Interessengruppen in einer pluralistischen Präsidial-Demokratie wie den USA hinzuweisen. Nach einer allgemeinen Beschreibung der Methoden des amerikanischen Lobbyismus werde ich an zwei Fallbeispielen (AIPAC, Öl-Lobby) die Einflussreichweite einiger Lobbyisten aufzeigen und das Ergebnis mit den Einschätzungen zweier Politologen vergleichen. Dabei werde ich zu dem Schluss kommen, dass der politische Prozess nicht von einer „tyranny of minorities“ beherrscht wird, wie Hans O. Staubs Buch mit gleichnamigem Titel suggeriert (Hrebenar 1982, 259). Vielmehr möchte ich mich Lester W. Milbrath anschließen, der – abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen – den Einfluss der Lobbys für gering hält: „There are many forces in addition to lobbying which influence public policy; in most cases these other forces clearly outweigh the impact of lobbying” (Milbrath 1970, 428).

2 Untersuchung: Lobbyismus im politischen Prozess der USA – Methoden und Einfluss

2.1 Die US-Verbände – ein Vergleich mit der BRD

2.1.1 Die Organisation der Verbände

Die Zahl und Vielfalt amerikanischer Verbände sind höher, als es in Deutschland der Fall ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass die gesamtstaatlichen Entscheidungsträger einer Massenbelagerung ausgesetzt sind. Dies liegt an der Struktur der Verbände: Sie sind dezentral organisiert, regional, lokal oder in einzel- oder zwischenstaatlichen Bündnissen verwurzelt und deshalb auf Bundesebene nicht unbedingt schlagkräftig (Filzmaier/Plasser 1997, 223). Beispielsweise gibt es unter den Verbänden von Kapital und Arbeit keine allumfassenden Arbeitnehmer – und Arbeitgebervereinigungen wie in Deutschland. „Vielmehr vertreten Großkorporationen ihr Interesse häufig direkt [ohne Zusammenarbeit untereinander] und ohne Zuhilfenahme von Verbänden. Unternehmer einer Branche sind in trade unions zusammengeschlossen“ (Wersich 1995, 441). Nur 15 Prozent der abhängig Beschäftigten lassen sich durch Gewerkschaften vertreten (Borst et al. 2003, 46).

Daraus wird ersichtlich, dass es in den USA keinen Korporatismus gibt. Dies führt notwendigerweise zu einer anderen Auffassung des Lobbyismus. Ein Lobbyist im amerikanischen Sinne ist meist nicht

der Verbandsvertreter, der die von seinem Verband vertretenen Interessen einem Abgeordneten

oder Ministerialbeamten gegenüber (...) vorträgt. Amerikanische Lobbyisten sind vielmehr (...)

solche Personen, die sich am Sitz der Legislative niedergelassen haben und professionell die

Verabschiedung oder Bekämpfung von Gesetzesvorlagen beeinflussen wollen. (...) Lobbying ist

also ein ‚Job’ (Saipa 1971, 79).

Um ihre Interessen trotz fehlender formeller Einbindung in den politischen Prozess artikulieren zu können, müssen die für die Verbände tätigen Berufslobbyisten folglich eine offensivere Form des Lobbyismus wählen (Filzmaier/Plasser 1997, 222). Wie diese genau aussehen, werde ich unter 2.2 erläutern.

2.1.2 Die Adressaten der Verbände

Die demands werden in den USA in erster Linie an Abgeordnete und (Unter-) Ausschussvorsitzende herangetragen. Das liegt daran, dass der Kongress laut Art. 1 der US-Verfassung alleiniges Initiativrecht besitzt; der Präsident darf also offiziell keine Gesetzesentwürfe einbringen. Das Formulieren der Initiativen übernehmen die parlamentarischen Mitarbeiter der Repräsentanten und Senatoren, staffers genannt (Adams 1992, 497). Hier setzen die Lobbyisten an. In der BRD hingegen erfolgt die Einflussnahme der Verbände nicht durch Lobbyismus, „sondern mehr durch Aktionen gegenüber dem Gesamtparlament, den Parteien und Fraktionen“ (Saipa 1971, 100). Dies bietet sich an, wenn man bedenkt, dass der Bundestag zu gut 35% (entspricht 213 Mitgliedern) mit Mitgliedern einer DGB-Gewerkschaft durchsetzt ist (Borst et al. 2003, 33), und dass der einzelne Abgeordnete ohnehin nach Art. 76 GG nur mit so vielen Kollegen eine Initiative einbringen kann, wie einer Fraktionsstärke entspricht (Saipa 1971, 99f). In den USA sind die beiden großen Parteien keine ernst zu nehmenden Adressaten. Sie unterscheiden sich nicht durch eine aus der Geschichte erwachsene Ideologie, sondern sie sind pragmatisch orientiert und ihre Macht ist zwischen Bund und Einzelstaaten gestreut (Jäger/Welz 1998, 307). Als Massenpartei, so der amerikanische Politologe V.O. Key, ist es nicht ratsam, sich zu sehr auf einige ausgewählte Interessengruppen zu stützen, denn dies würde bei der Mehrheit der Wähler zu Entfremdungserscheinungen führen (Saipa 1971, 29).

Das durchaus auch in Deutschland vorhandene Interesse an den Ausschüssen wird durch eine Besonderheit des amerikanischen Systems verstärkt: Abgesehen von den möglichen Modifikationen dürfen die Mitglieder „allow the proposed legislation to die in committee“ (Saipa 1971, 91). Es ist also möglich, dass Initiativen von ihrer Entstehung (im Kongress) bis zur Billigung (im Kongress) oder Ablehnung (in den Ausschüssen und/oder im Kongress) in allen Stadien beeinflusst werden. Vor allem seit den Kongressreformen der 70er Jahre und der damit verbundenen Ausdifferenzierung des Ausschusssystems hat sich die Legislative zu einem der beiden beliebtesten Ziele für ebenfalls spezialisierte Lobbyisten entwickelt (Filzmaier/Plasser 1997, 225).

Der zweite Favorit ist die Exekutive. Das erklärt sich, wie in der BRD, einerseits durch die „Beurteilungs- und Ermessensspielräume“ der Verwaltung beim Gesetzesvollzug (Jäger/Welz 1998, 306). Verantwortlich für die Bearbeitung der Exekutive ist in den USA andererseits auch die zunehmende Tendenz des Präsidenten, mit dem Kabinett erarbeitete Initiativen auf dem Umweg einzubringen, nämlich durch einen Parteifreund im Senat oder Repräsentantenhaus (Saipa 1971, 12). Es ist also durchaus auch so, dass die Ministerialbürokratie, wie in der BRD, bei der Formulierung von Gesetzesvorlagen nicht frei vom Einfluss der Verbände bleibt.

Schließlich ist als Adressat noch die Judikative zu nennen. Da der Supreme Court nach Präzedenzfällen richtet, interpretiert er die Verfassung gewissermaßen immer wieder neu. So kann ein Gesetz von Richtern als nicht verfassungskonform eingestuft und damit blockiert werden (Jäger/Welz 1998, 307). Hier befindet sich der Ansatzpunkt für die Lobbyisten. Hinzu kommt, dass die Richterposten mancher Einzelstaaten per Volkswahl besetzt werden. Auch hier bietet sich den Interessengruppen die Möglichkeit, durch die unter 2.2 beschriebenen Methoden des Lobbyismus Einfluss zu nehmen. Ansonsten sei wieder auf die Exekutive verwiesen, hier den Präsidenten, der Richter ernennt, sowie auf die Legislative, hier den Senat, welcher die Wahl des Präsidenten billigen muss (Jäger/Welz1998, 307). Die Einflussnahme auf diese Ernennungs- und Bestätigungs-Kompetenzen bietet also auch einen Zugang zur Judikativen Gewalt.

2.1.3 Die rechtliche Einbindung der Verbände

Die rechtliche Grundlage für die Einflussnahme von Verbänden liegt, wie bereits im ersten Zitat der Einleitung angedeutet, im 1. Amendment der US-Verfassung; dort finden sich die schriftlich fixierten Rechte auf Meinungsfreiheit und Petition (Jäger/Welz 1998, 308). In Deutschland bietet das Petitionsrecht des Art. 17 GG hingegen keine rechtliche Basis für Lobbyismus, obwohl auch Gruppen das Einbringen von Forderungen gestattet ist (Saipa 1971, 23).

Sowohl in den USA als auch in der BRD besteht vor den Ausschüssen kein grundsätzliches Recht auf Anhörung. Die Geschäftsordnung des Kongresses bzw. die Geschäftsordnung des Bundestags sagt nur, dass Hearings abgehalten werden sollen (Saipa 1971, 96 und 113). Es scheint aber Praxis zu sein, die Verbände vorsprechen zu lassen, denn deren Stellungnahmen bieten den Abgeordneten stets auch fachspezifische Informationen, die den Kongress bzw. den Bundestag leistungsfähiger machen (Jäger/Welz 1998, 308).

Ähnliches gilt für die Anhörungen im Bereich der Exekutive. Das ständige Erscheinen der Lobbyisten ‚vor Ort’ wird in den USA jedoch durch den Administrative Procedure Act (APA) eingeschränkt. Dieser schreibt die Mitwirkung vor, listet aber viele Ausnahmen auf, die den Verzicht auf ein Hearing rechtfertigen, so dass „zahlreiche Verordnungen, vor allem auf Bundesebene, ohne jegliche Interessenmitwirkung erlassen [werden]“ (Saipa 1971, 126). In der BRD heißt es in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) unter § 23, die „beteiligten Fachkreise“ „können“ für die „Vorbereitung von Gesetzen“ beteiligt werden (Saipa 1971, 137). Ein Recht auf Anhörung besteht also auch hier nicht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Lobbyismus im politischen Prozess der USA - Voraussetzungen, Methoden und Einfluss
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Vergleichende Analyse ausländischer politischer Systeme: Einführung in das politische System der USA
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V19095
ISBN (eBook)
9783638233040
ISBN (Buch)
9783638854979
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lobbyismus, Prozess, Voraussetzungen, Methoden, Einfluss, Vergleichende, Analyse, Systeme, Einführung, System
Arbeit zitieren
Anne Thoma (Autor:in), 2003, Lobbyismus im politischen Prozess der USA - Voraussetzungen, Methoden und Einfluss, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19095

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