Modellierung und Prognose von Börsencrashs mit dem Log Periodic Power Law

Eine komplexitätsökonomische Analyse spekulativer Blasen an deutschen und amerikanischen Finanzmärkten


Masterarbeit, 2011

151 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit
1.2 Struktur der Arbeit

2. Theorie
2.1 Spekulationund spekulative Blasen
2.1.1 Spekulatives Verhalten am Aktienmarkt
2.1.2 Definition, Eigenschaften und Entstehung von Spekulationsblasen
2.2 Verhaltenstheoretische Grundlagen
2.2.1 Positives Feedback
2.2.2 Imitationsverhalten
2.2.3 Herdenverhalten
2.3 Systemtheoretische Grundlagen
2.3.1 Selbstorganisierte Kritikalität und Skaleninvarianz

3. Draw Downs und ε-Draw Downs

4. Herleitung des Log Periodic Power Law
4.1 Rationale spekulative Blasen
4.2 Das Log Periodic Power Law
4.2.1 Preisentwicklung vor dem Aktienkurseinbruch
4.2.2 Modellierung der Mikrostrukturen des Systems
4.2.3 Das Log Periodic Power Law und dessen Eigenschaften

5. Bisherige empirische Evidenz

6. Verwendete Daten und Anpassungsmethoden
6.1 Verwendete Daten
6.2 Anpassung der verallgemeinerten Exponentialverteilung an die Draw Downs
6.3 Anpassung des Log Periodic Power Law an die empirischen Daten

7. Auswertung der empirischen Daten
7.1 Deskriptive Statistik
7.2 Sind große Aktienkurseinbrüche Ausreißer?
7.2.1 Draw Downs
7.2.2 ε-Draw Downs
7.2.3 Zusammenfassung der Ergebnisse
7.3 Modellierung spekulativer Blasen mit dem Log Periodic Power Law
7.3.1 Dow Jones Industrial Average
7.3.2 Nasdaq Composite
7.3.4 MDAX
7.3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse

8. Fazit und Ausblick

9. Literaturverzeichnis

Anhang

A Tabellen

В Abbildungen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht über die grundlegenden Merkmale der vier Datensätze

Tabelle 2: Darstellung der wichtigsten Kennzahlen der angepassten verallgemeinerten Exponentialverteilungen

Tabelle 3: Zeitliche Verteilung der fünf größten Draw Downs in den vier Datensätzen

Tabelle 4: Kennzahlen der synthetischen Datensätze

Tabelle 5: Ergebnisse der Anpassung der verallgemeinerten Exponentialverteilungen an die ε- Draw Downs

Tabelle 6: Residuen der fünf größten ε-Draw Downs

Tabelle 7: Zeitliche Verteilung der fünf größten ε-Draw Downs in den vier Datensätzen

Tabelle 8: Klassifikation der Draw Downs in endogene und exogene Kurseinbrüche

Tabelle 9: Parameterwerte des Log Periodic Power Law für die Kurseinbrüche beim Dow Jones Industrial Average

Tabelle 10: Parameterwerte des Log Periodic Power Law für die Kurseinbrüche beim Nasdaq Composite

Tabelle 11: Parameterwerte des Log Periodic Power Law für den Kurseinbruch beim DAX

Tabelle 12: Ergebnisse der Anpassung der verallgemeinerten Exponentialverteilung an die ε- Draw Downs beim Dow Jones Industrial Average

Tabelle 13: Ergebnisse der Anpassung der verallgemeinerten Exponentialverteilung an die ε- Draw Downs beim Nasdaq Composite

Tabelle 14: Ergebnisse der Anpassung der verallgemeinerten Exponentialverteilung an die ε- Draw Downs beim DAX

Tabelle 15: Ergebnisse der Anpassung der verallgemeinerten Exponentialverteilung an die ε- Draw Downs beim MDAX

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Volatilität der Preise eines Wertpapieres bei Märkten mit einer unterschied­lichen Anzahl von Spekulanten

Abbildung 2: Darstellung der Varianz der Preisänderung in Abhängigkeit von der Anzahl der Spekulanten im Markt

Abbildung 3: Darstellung der Preisveränderung im System

Abbildung 4: Darstellung der Auswirkungen exogener Einflüsse auf das Verhalten der Markt­teilnehmer

Abbildung 5: Darstellung der Clusterbildung im System aufgrund des steigenden Imitations­ verhaltens der Marktteilnehmer

Abbildung 6: Darstellung der Konstruktion eines Hierarchical-Diamond-Lattice-Netzwerks

Abbildung 7: Darstellung der Entwicklung der Anfälligkeit des Systems für zwei unter­schiedliche Netzwerkstrukturen

Abbildung 8: Darstellung der Funktionsweise des verwendeten genetischen Algorithmus für einen zweidimensionalen Suchraum

Abbildung 9: Darstellung der Verteilung der Draw Downs und derjeweils angepassten ver­allgemeinerten Exponentialverteilung in den vier Datensätzen

Abbildung 10: Vergleich derVerteilungen der Draw Downs in den Originaldatensätzen mit 1000 simulierten Datensätzen

Abbildung 11: Anpassung der verallgemeinerten Exponentialverteilung an 10000 standard­normalverteilte Zufallszahlen

Abbildung 12: Darstellung der Verteilung der ε-Draw Downs und derjeweils angepassten verallgemeinerten Exponentialverteilung in den vier Datensätzen

Abbildung 13: Endogener Kurseinbruch des Dow Jones Industrial Average vom 13.10.1987

Abbildung 14: Endogener Kurseinbruch des Dow Jones Industrial Average vom 30.09

Abbildung 15: Endogener Kurseinbruch des Nasdaq Composite vom 07.04.2000

Abbildung 16: Endogener Kurseinbruch des Nasdaq Composite vom 13.10.1987

Abbildung 17: Endogener Kurseinbruch des DAX vom 03.10.2008

Abbildung 18: Exogene Kurseinbrüche des MDAX vom 30.09.2008, 21.10.2008 und 06.01.2008

Abbildung 19: Exogene Kurseinbrüche des MDAX vom 28.08.2001 und 13.09.2001

Abbildung 20: Exemplarische Darstellung von Draw Downs

Abbildung 21: Exemplarische Darstellung eines ε-Draw Down

Abbildung 22: Darstellung der verwendeten Datensätze

Abbildung 23: Prozentuale Veränderungsraten der Zeitreihen

Abbildung 24: Simulation eines Marktes mit einem einmaligen exogenen Schock

Abbildung 25: Simulation eines Marktes mit einem persistenten exogenen Schock

Abbildung 26: Draw Down vom 30.09.2008 beim Dow Jones Industrial Average

Abbildung 27: Draw Down vom 30.03.1932 beim Dow Jones Industrial Average

Abbildung 28: Draw Down vom 18.07.1933 beim Dow Jones Industrial Average

Abbildung 29: Draw Down vom 13.10.1987 beim Dow Jones Industrial Average

Abbildung 30: Draw Down vom 25.10.1929 beim Dow Jones Industrial Average

Abbildung 31: Draw Downvom 30.09.2008 beimNasdaq Composite

Abbildung 32: Draw Downs vom 13.10.1987 und 21.10.1987 beimNasdaq Composite

Abbildung 33: Draw Downs vom 07.04.2000 und 11.12.2000 beim Nasdaq Composite

Abbildung 34: Draw Down vom 04.09.2001 beim DAX

Abbildung 35: Draw Down vom 11.09.1962 beim DAX

Abbildung 36: Draw Down vom 06.08.1970 beim DAX

Abbildung 37: Draw Down vom 03.10.2008 beim DAX

Abbildung 38: Draw Down vom 30.10.1987 beim DAX

Abbildung 39: Darstellung der Log-Periodizität vor dem Kurseinbruch vom 30.09.2008 beim Dow Jones Industrial Average

Abbildung 40: Darstellung der Log-Periodizität vor dem Kurseinbruch vom 13.10.1987 beim Dow Jones Industrial Average

Abbildung 41: Darstellung der Log-Periodizität vor dem Kurseinbruch vom 07.04.2000 beim Nasdaq Composite

Abbildung 42: Darstellung der Log-Periodizität vor dem Kurseinbruch vom 13.10.1987 beim Nasdaq Composite

Abbildung 43: Darstellung der Log-Periodizität vor dem Kurseinbruch vom 03.10.2008 beim DAX

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, dass man neue Landschaften sucht, sondern, dass man mit neuen Augen sieht.“ Marcel Proust[1]

1. Einleitung

Im Oktober 1987 verlor der Kurs des Dow Jones Industrial Average innerhalb von 5 Tagen 33.40 Prozent. Der Verlust des Nasdaq Composite Anfang April 2000 betrug 28.15 Prozent. Acht Jahre später, im September 2008, verzeichneten sowohl der Dow Jones Industrial Ave- rage als auch der Nasdaq Composite innerhalb weniger Tage Kursverluste von über 23 Pro- zent.[2] Der Schwarze Montag im Oktober 1987, das Platzen der Dotcom-Blase im März bezie- hungsweise April 2000 oder die Finanzkrise 2007/2008 sind nur einige wenige Beispiele, an denen deutlich wird, dass es an den internationalen Finanzmärkten Phasen gibt, in denen Ak- tienindizes innerhalb von wenigen Tagen große Kursverluste erleiden.

Diese großen Kurseinbrüche interessieren Praktiker und Wissenschaftler gleichermaßen. Für Praktiker besteht das Interesse darin, diese Kurseinbrüche zu antizipieren und dementspre- chend Gewinne aus diesen Informationen zu generieren. Bei Wissenschaftlern steht die Frage nach den Funktionsmechanismen der Märkte, die für solche Kursverluste verantwortlich sind, im Vordergrund.

Jedoch hat die traditionelle Finanzmarkttheorie, welche sich überwiegend auf die von Eugene Fama formulierte Effizienzmarkthypothese und die daraus resultierende Random-Walk- Theorie stützt, keine plausible Erklärung für die großen Kurseinbrüche gefunden.[3] Aus die- sem Grund wird in dieser Arbeit ein innovativer, interdisziplinärer Ansatz für die Erklärung von großen Kurseinbrüchen infolge spekulativer Blasen herangezogen. Dieser wurde erstmals in der Arbeit „ Stock market crashes, Precursors and Replicas “ von Sornette, Johansen und Bouchaud angewendet und beruht auf der Theorie, dass es sich bei Finanzmärkten um kom- plexe, dynamische, adaptive Systeme handelt.[4] Kennzeichnend für diesen komplexitätsöko- nomischen Ansatz[5] ist, dass Theorien aus der Ökonomie mit Modellen aus der statistischen Physik und der Systemtheorie kombiniert werden, um die Ursache und die Entstehung speku- lativer Blasen und der daraus resultierenden Kurseinbrüche zu untersuchen. Dabei werden spekulative Blasen respektive große Kurseinbrüche als endogene, systemimmanente Phäno- mene aufgefasst, deren Ursache das sich selbst verstärkende Imitationsverhalten der Markt- teilnehmer ist. Dieses Verhalten der Marktteilnehmer führt über mehrere Monate bzw. Jahre zu einem kritischen Systemzustand, in dem der Kurseinbruch am wahrscheinlichsten ist. Kurseinbrüche können demnach als Phasenübergänge von komplexen Systemen aufgefasst werden, die gekennzeichnet sind durch diskrete Skaleninvarianz und daraus resultierende Log-Periodizität. Aufgrund dieser Eigenschaften können spekulative Blasen mit dem Log Periodic Power Law modelliert werden und es kann eine Prognose über den Zeitpunkt, zu dem das Platzen der Blase am wahrscheinlichsten ist, erfolgen.[6]

1.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem theoretischen Rahmen, welcher hinter dem Log Periodic Power Law steht. Dazu erfolgt auf der Grundlage des Ver- haltens der Marktteilnehmer die formale Herleitung des Log Periodic Power Law. Zudem soll gezeigt werden, dass große Kurseinbrüche als Phasenübergänge von komplexen Systemen aufgefasst werden können und dass selbige gekennzeichnet sind durch diskrete Skaleninva- rianz bzw. Log-Periodizität.

Ausgehend von diesen theoretischen Überlegungen werden folgende zwei Hypothesen an den Aktienindizes Dow Jones Industrial Average, Nasdaq Composite, DAX und MDAX getestet:

- Große Aktienkurseinbrüche sind Ausreißer.[7]
- Spekulative Blasen im Vorfeld endogener Aktienkurseinbrüche lassen sich mit dem Log Periodic Power Law modellieren.

Hinter der ersten Hypothese steht die Theorie, dass es sich bei großen Kurseinbrüchen um Phasenübergänge an kritischen Punkten bei komplexen Systemen handele. Phasenübergänge an kritischen Punkten sind, wie sich zeigen wird, durch das Merkmal diskreter Skaleninva- rianz gekennzeichnet.[8] Dementsprechend müssten große Kurseinbrüche im Vergleich zu nor- malen oder geringen Kursverlusten Besonderheiten aufweisen.

Mit der zweiten Hypothese, die auf die erste Hypothese aufbaut, wird untersucht, ob spekula- tive Blasen im Vorfeld großer Kurseinbrüche bestimmte Eigenschaften aufweisen. Da speku- lative Blasen als endogene Phänomene aufgefasst werden, müssten zwischen einzelnen speku- lativen Blasen Gemeinsamkeiten bestehen. Um dies zu testen, wird überprüft, ob spekulative Blasen die Eigenschaften der Log-Periodizität[9] und der Universalität der Parameterwerte des Log Periodic Power Law besitzen. Darüber hinaus wird die Prognosegenauigkeit des Log Periodic Power Law analysiert. Die Operationalisierung der beiden Hypothesen folgt in den Kapiteln 3 und 6.

Im Gegensatz zu vorherigen Arbeiten, in denen die beiden Hypothesen überwiegend getrennt für einzelne Indizes untersucht wurden, wird in dieser Arbeit versucht, den theoretischen Zu- sammenhang beider Hypothesen zu berücksichtigen und beide Hypothesen gleichzeitig an vier Aktienindizes zu testen.[10] Darüber hinaus war in den bisherigen empirischen Analysen der deutsche Aktienmarkt deutlich unterrepräsentiert. Diese Lücke wird, da der DAX und der MDAX analysiert werden, mit dieser Arbeit geschlossen. Weiterhin ermöglicht diese Arbeit, da der deutsche und amerikanische Aktienmarkt betrachtet werden, die Analyse von mögli- chen Unterschieden oder Gemeinsamkeiten zwischen beiden Aktienmärkten, die bei der Überprüfung der Hypothesen auftauchen können.

1.2 Struktur der Arbeit

In Kapitel 2 werden die notwendigen theoretischen Grundlagen erläutert. Dazu wird zuerst eine Begriffsbestimmung von Spekulation und spekulativem Verhalten vorgenommen und es wird die preisstabilisierende und preisdestabilisierende Wirkung von spekulativem Verhalten anhand eines Simulationsmodelles dargestellt. Im Abschnitt 2.l.2 wird der Begriff der speku- lativen Blase definiert. Vor dem Hintergrund der komplexitätsökonomischen Sichtweise die- ser Arbeit werden Merkmale und Eigenschaften von spekulativen Blasen erläutert, welche Crashes as Critical Points.; Geraskin, Fantazzini (20ll): Everything You Always Wanted to Know about Log Periodic Power Laws for Bubble Modelling but Were Afraid to Ask ; Johansen, Ledoit, Sornette (2000): Predict- ing Financial Crashes Using Discrete Scale Invariance; Sornette, Woodard (2009): Financial Bubbles, Real Estate bubbles, Derivative Bubbles, and the Financial and Economic Crisis. dann in Kapitel 4 im Zusammenhang mit dem Log Periodic Power Law expliziert werden. Anschließend werden die für diese Arbeit notwendigen verhaltenstheoretischen Konzepte erläutert. Dazu wird aufgezeigt, dass der Prozess des positiven Feedbacks, welcher auch als lerntheoretischer Prozess definiert werden kann, im Zusammenhang mit lokalem Imitations- verhalten für die Entstehung von spekulativen Blasen verantwortlich ist. In Abschnitt 2.3 wird gezeigt, dass spekulative Blasen als endogene systemimmanente Phänomene aufgefasst wer- den können, die durch Log-Periodizität gekennzeichnet sind.

In Kapitel 3 werden die Risikomaße Draw Downs und s-Draw Downs beschrieben. Mit die- sen Risikomaßen wird die Hypothese, bei großen Aktienkurseinbrüchen handele es sich um Ausreißer, untersucht.[11]

Die Herleitung des Log Periodic Power Law folgt in Kapitel 4. Dazu wird kurz das Modell rationaler spekulativer Blasen von Blanchard und Watson aus dem Jahre 1982 erläutert, wel- ches den Ausgangspunkt für die Herleitung des Log Periodic Power Law bildet.[12] Anschlie- ßend wird der Preisverlauf vor dem Aktienkurseinbruch modelliert. Dieser Preisverlauf ist abhängig von der Hazardrate, welche, ausgehend von der Mikrostruktur, in Abschnitt 4.2.2 modelliert wird.[13] Kapitel 4 schließt mit einer Erläuterung des Log Periodic Power Law und von dessen Eigenschaften.

In Kapitel 5 wird sich mit den bisherigen empirischen Ergebnissen, die unter Verwendung des Log Periodic Power Law erzielt wurden, kritisch auseinandergesetzt.

Die verwendeten Datensätze und die für die Anpassung der theoretischen Modelle an die em- pirischen Daten verwendeten genetischen Algorithmen werden in Kapitel 6 beschrieben.[14] Für die Draw Downs wird zur Kurvenanpassung ein zweistufiges Verfahren, bestehend aus einem genetischen Algorithmus und einer nichtlinearen Regression verwendet.

Aufgrund der Komplexität des Log Periodic Power Law erfolgt in Abschnitt 6.3 eine Zerle- gung der Parameter des Log Periodic Power Law in lineare und nichtlineare Parameter. Die linearen Parameter werden in Abhängigkeit von den nichtlinearen Parameter mit einer linea- ren Regression geschätzt. Die nichtlinearen Parameter werden mittels eines eigens modifizier- ten genetischen Algorithmus ermittelt.

In Kapitel 7 werden die empirischen Ergebnisse dargestellt und erläutert. Dazu werden kurz für jeden Datensatz die wichtigsten statistischen Kennzahlen berechnet. Anschließend folgt die Prüfung der Hypothese, dass große Aktienkurseinbrüche Ausreißer seien. In Abschnitt

7.2.3 werden die Ergebnisse zusammengefasst und es werden mögliche Ansätze für weitere empirische Arbeiten aufgezeigt. In den folgenden Abschnitten wird untersucht, ob sich die Strukturen vor dem Aktienkurseinbruch mit dem Log Periodic Power Law modellieren lassen und ob eine Prognose des Aktienkurseinbruches möglich ist. Dazu erfolgt eine Einteilung der fünf größten Draw Downs des Dow Jones Industrial Average, des Nasdaq Composite, des DAX und des MDAX in endogene und exogene Aktienkurseinbrüche. Anschließend wird das Log Periodic Power Law an alle endogenen Aktienkurseinbrüche angepasst und es wird un- tersucht, ob die Kurseinbrüche gemeinsame Merkmale wie z.B. Log-Periodizität aufweisen. Die Ergebnisse werden in Abschnitt 7.3.5 zusammengefasst.

Die Arbeit schließt mit einem Fazit und einem Ausblick in Kapitel 8.[15]

Die in dieser Arbeit verwendeten Gleichungen sind in den jeweiligen Kapiteln in aufsteigender Reihenfolge durchnummeriert.

2. Theorie

Im folgenden Kapitel werden die für die weiteren Kapitel notwendigen theoretischen Grund- lagen erörtert. Dazu werden im ersten Abschnitt einige Begriffsabgrenzungen und Begriffsde- finitionen vorgenommen, um die Thematik der Arbeit einzugrenzen. Anschließend werden die Konzepte positives Feedback, Imitation und Herdenverhalten definiert und erläutert. Diese stellen die Grundbausteine des Log Periodic Power Law dar. Der letzte Abschnitt des zweiten Kapitels befasst sich mit selbstorganisierenden komplexen Systemen und Skaleninvarianz.

2.1 Spekulation und spekulative Blasen

2.1.1 Spekulatives Verhalten am Aktienmarkt

Grundsätzlich kann jede Tätigkeit oder Entscheidung, die risikobehaftet ist oder auf die Prog- nose zukünftiger Ereignisse abzielt, als spekulatives Verhalten bezeichnet werden.[16] Ange- nommen, dass es keine sicheren Entscheidungen oder Tätigkeiten gibt, folgt aus dieser Defi- nition, dass jede Handlung als spekulativ klassifiziert werden kann.[17] Aus ökonomischer Sicht liefert Nicolas Kaldor eine praktikablere und genauere Definition:

„Speculation, […], may be defined as the purchase (or sale) of goods with a view to re-sale (re-purchase) at a later date, where the motive behind such action is the expectation of a change in the relevant prices relatively to the ruling price and not a gain accruing through their use, or any kind of transformation effected in them or their transfer between different markets.”[18]

Aus dieser Definition geht hervor, dass sich die spekulative Tätigkeit auf den Kauf und Ver- kauf von Gütern bezieht. In dieser Arbeit wird das spekulative Verhalten an Aktienmärkten untersucht. Aus diesem Grund können die Güter, die nach ihrer Art betrachtet werden, als Wertpapiere klassifiziert werden. Nach dem Wertpapierhandelsgesetz sind Wertpapiere, „... auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wert- papieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind…“.[19] Weitere Arten von Gütern sind nicht Gegenstand dieser Arbeit. Wertpa- piere weisen Merkmale wie geringe Transaktionskosten und keine Lagerkosten auf, die spe- kulatives Verhalten begünstigen.[20] Weiterhin ergibt sich aus dem Gesetzesauszug, dass der relevante Markt dieser Arbeit der Finanzmarkt ist. Gerade Finanzmärkte sind prädestiniert für Spekulationen, da sie nahezu perfekte Märkte mit phasenweise hoher Volatilität der Preise sind, was spekulatives Verhalten begünstigt.[21] Eine genauere Abgrenzung des Marktes wird in Kapitel 6 vorgenommen. Aus der Definition von Kaldor geht weiter hervor, dass das Motiv hinter spekulativem Verhalten die Gewinnerzielung ist. Dahinter steht die Idee, ein Wertpa- pier, welches man zu einem bestimmten Zeitpunkt kauft, später zu einem höheren Preis wie- der zu verkaufen.[22] Demnach ist ein zentrales Element spekulativen Verhaltens die Erwar- tungsbildung der Marktteilnehmer. Diese Arbeit basiert auf dem Konzept rationaler Erwar- tungen. Die Erwartungsbildung ist somit ein Optimierungskalkül unter Verwendung aller zum Zeitpunkt der Erwartungsbildung zur Verfügung stehenden Informationen.[23] Dabei wird im Folgenden zwischen der Erwartungsbildung auf individueller und den Erwartungen auf aggre- gierter Ebene unterschieden. Auf individueller Ebene können die Erwartungen, aufgrund von kognitiven Fähigkeiten der Marktteilnehmer oder Informationsbeschaffungskosten, subopti- mal sein.[24] Für die aggregierten Erwartungen der Marktteilnehmer wird angenommen, dass diese rational sind. Dies ist zwar eine relativ restriktive Annahme, allerdings ermöglicht sie eine vergleichsweise einfache formale Beschreibung ökonomischer Systeme.[25] Zudem kann durch eine Differenzierung zwischen makroökonomischer und mikroökonomischer Rationali- tät die jeweilige Ebene individuell modelliert werden. Eine Analyse der Wechselwirkungen beider Ebenen folgt in Kapitel 4.

Problematisch bei der Definition von Kaldor ist, dass sie keine hinreichende Grundlage bietet, um Spekulanten von Nichtspekulanten zu differenzieren. Dies folgt aus der Tatsache, dass alle Marktteilnehmer, die an Finanzmärkten handeln, Gewinne erzielen wollen. Als hinrei- chendes Kriterium zur Differenzierung kann die zeitliche Dimension spekulativen Verhaltens verwendet werden. Demnach kann spekulatives Verhalten als eine Tätigkeit charakterisiert werden, bei der in Erwartung kurzfristiger Preisänderungen durch Kauf und Verkauf von Wertpapieren Gewinne realisiert werden sollen.[26]

Nach der begrifflichen Bestimmung wird nun spekulatives Verhalten in preisstabilisierende und preisdestabilisierende Spekulation differenziert. Unter Ersterer wird die Verringerung von bestehenden Preisdifferenzen und unter Letzterer wird die Vergrößerung bestehender Preisdif- ferenzen verstanden. Um beide Seiten spekulativen Verhaltens genauer zu erläutern, wird Heterogenität der Marktteilnehmer angenommen. Die Marktteilnehmer werden in Spekulan- ten S und in Nichtspekulanten S¯ eingeteilt. Zudem besteht Interdependenz der Entscheidungen beider Gruppen. Für die Ausgangssituation wird angenommen, dass nur ein geringer Anteil des Marktes aus Spekulanten besteht. Die Gesamtanzahl der Marktteilnehmer SG ist demnach:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

y ist der Anteil der Spekulanten am Gesamtmarkt. Es wird angenommen, dass Spekulanten den Preis besser prognostizieren können als Nichtspekulanten, da sie sonst Verluste erleiden und aus dem Markt aussteigen würden. Erwarten die Spekulanten für die kommende Periode einen Preisanstieg, kaufen sie in der aktuellen Periode Wertpapiere. Diese werden dann in der Folgeperiode verkauft, was zu einer Angebotsausweitung führt und somit preisstabilisierend wirkt. Erwarten die Spekulanten hingegen für die kommende Periode sinkende Preise, verkau- fen sie in der aktuellen Periode Wertpapiere. In der folgenden Periode kaufen dann die Speku- lanten zu den gesunkenen Preisen Wertpapiere, was eine Nachfrageausweitung zur Folge hat und den Preis stabilisiert. In beiden Fällen kommt es somit zur Dämpfung des Preisausschla- ges, allerdings wird die Richtung des Preisausschlages aufgrund der geringen Anzahl der Spekulanten nicht beeinflusst. Steigt nun die Anzahl der Spekulanten im System an und über- schreitet einen kritischen Punkt Sc , führt das Verhalten der Spekulanten zu destabilisierenden

Effekten am Markt. Dies folgt aus der Tatsache, dass bei steigendem Anteil von Spekulanten die Preise stärker von dieser Gruppe beeinflusst werden können.[27]

Die stabilisierende und destabilisierende Wirkung des spekulativen Verhaltens soll an einem selbstentwickelten Modell mit anschließender Monte-Carlo-Simulation verdeutlicht werden. Ausgehend von Gleichung 2.l wird die Gesamtpopulation in Spekulanten und Nichtspekulan- ten eingeteilt. Es werden Homogenität der Güter, keine Transaktionskosten und ein geschlos- sener Markt unterstellt. Jeder Marktteilnehmer hat die beiden Optionen ein Wertpapier zu kaufen oder zu verkaufen. Die Entscheidungen über Kauf respektive Verkauf der Nichtspeku- lanten werden als zeitdiskreter stochastischer Prozess definiert.[28] Für die Nichtspekulanten zum Zeitpunkt t gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Eigenschaften des Preispfades werden nicht weiter erörtert, da für die stabilisierende bzw. destabilisierende Spekulation nur die Preisänderungen von Belang sind. Nun wird im Modell Spekulation zugelassen. Die Entscheidungen der Spekulanten sind abhängig von den Ent- scheidungen der Nichtspekulanten. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass zuerst die Nichtspekulanten ihre Entscheidungen treffen und anschließend die Spekulanten ihre Ent- scheidungen fällen. Dabei wird angenommen, dass die Spekulanten prognostizieren können, ob die Preisveränderung im Markt, welche durch die Entscheidung der Nichtspekulanten be- dingt ist, positiv oder negativ ist. Die genaue Preisveränderung können sie nicht vorhersagen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Preisveränderung ist somit die Summe zweier Zufallszahlen, wobei beide entgegengesetz- te Vorzeichen haben. Anhand dieser Gleichung kann nun untersucht werden, wie sich die An- zahl der Spekulanten auf die Preisstabilität auswirkt. Dazu wird ein Markt mit 1000 Markt- teilnehmern und 1000 Perioden für unterschiedliche y-Werte simuliert. Als Maß für die Preis- schwankungen und somit als Maß für die Stabilität wird die Varianz der Preisänderungen be- rechnet. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen l und 2 dargestellt.

Es wird deutlich, dass die Varianz der Preisänderung vom Parameter y abhängt. Zudem ist ein optimaler Punkt zu erkennen, an dem die Stabilisierung des Marktes am größten ist. Ab die- sem Punkt nimmt die destabilisierende Komponente spekulativen Verhaltens zu, was man an dem Anstieg der Varianz erkennen kann. Der Anstieg der Varianz ist dadurch zu erklären, dass ab diesem Punkt die Entscheidungen der Spekulanten nicht mehr die Preisausschläge dämpfen, sondern die Preisrichtung beeinflussen können. Darüber hinaus hat eine erhöhte Anzahl von Spekulanten zur Folge, dass nicht nur die Entscheidung der Nichtspekulanten in der Prognose berücksichtigt werden müsste, sondern auch die Entscheidung der anderen Spe- kulanten. Die Ergebnisse des Modells verdeutlichen den dynamischen Übergang zwischen Preisstabilisierung und Preisdestabilisierung. Dabei muss berücksichtigt werden, dass mit diesem Modell keine Aussage getroffen werden kann, ob durch das Verhalten der Spekulan- ten spekulative Blasen begünstigt oder verhindert werden, da keine Aussagen zum Fundamen- talwert des Wertpapieres getroffen wurden, die eine solche Analyse zulassen würden. Darüber hinaus wurde zur Modellierung der Spekulanten respektive Nichtspekulanten eine relativ ein- fache Verhaltensfunktion verwendet. Diese Modellierung rührt daher, dass lediglich die Aus- wirkungen auf die Preisschwankungen untersucht werden sollten und als stabilisierend und destabilisierend klassifiziert wurden. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass die Ergebnisse der Simulation von der Parameterwahl abhängen. Dennoch wird bei Verände- rung der Parameter ähnliches Systemverhalten erzielt. Eine Weiterentwicklung dieses Mo- dells wäre denkbar.[29] So könnte beispielsweise ein Fundamentalwert unterstellt und der Preis- pfad mit einem verallgemeinerten Wiener Prozess modelliert werden. Bei diesem Modell könnten genauere Aussagen über die Wirkung von spekulativem Verhalten getroffen werden, die sich nicht nur auf die Preisschwankungen stützten. Im Gegensatz zu den traditionellen komparativen, statischen Modellen würde dieses Modell deutlich mehr den dynamischen As- pekt spekulativen Verhaltens hervorheben.

Abbildung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Selbst erstellte Grafik. Es sind vier Märkte mit S = {O,1OO,2OO,8OO} Spekulanten dargestellt. Insgesamt umfasst der Markt 1000 Marktteilnehmer. Es wurden jeweils 1000 Perioden simuliert. Der Mittelwert entspricht der Preisveränderung im Markt. Die roten Linien wurden als grafischer Referenzwert aus einer Standardnormalver- teilung generiert. Beim Anstieg von 0 auf 300 Spekulanten ist der Rückgang der Schwankungen des Mittelwerts erkennbar. Dies kann als Preisstabilisierung gedeutet werden. Im Unterschied dazu ist die Destabilisierung bei S = 8OO deutlich zu erkennen.

Abbildung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Selbst erstellte Grafik. Dargestellt ist die Varianz der Preisänderung in Abhängigkeit vom Paramater y.Es wur- den für jeden Gammawert ein Markt, bestehend aus 1000 Marktteilnehmern, für 1000 Perioden simuliert und die Varianz der Preisschwankungen berechnet. Deutlich erkennbar ist, dass die Varianz der Preisveränderungen bis zu einem bestimmten Gammawert abnimmt und anschließend ansteigt. Dies kann als preisstabilisierend respek- tive preisdestabilisierend interpretiert werden.

Weitere Klassifizierungen von spekulativem Verhalten wie beispielsweise nach der Menge der Güter oder der Art der Spekulationsgeschäfte werden nicht erörtert, da dies nicht notwen- dig für die folgende Arbeit ist. Es wird an dieser Stelle auf das Buch „Börsenkrach und Spe- kulation“ von Gerhard Aschinger verwiesen, welches einen umfassenden Überblick über spe- kulatives Verhalten gibt. Ausgehend von der Definition von spekulativem Verhalten und der Klassifizierung in preisstabilisierend und preisdestabilisierend schließt sich nun die Frage an, was spekulative Blasen sind, wie sie entstehen und welche Folgen sie haben.

2.1.2 Definition, Eigenschaften und Entstehung von Spekulationsblasen

Eine allgemeine Definition spekulativer Blasen liefert Stiglitz. Er schreibt: „If the reason that the price is high today is only because investors believe that the selling price will be high to- morrow — when fundamental factors do not seem to justify such a price — then a bubble exists.”[30]

Aus dieser Definition folgt, dass eine Aussage über Fundamentaldaten getroffen werden muss, um spekulative Blasen zu identifizieren. Unterstellt man rationale Erwartungen der Marktteilnehmer, Risikoneutralität und Arbitragefreiheit, lässt sich zeigen, dass der Funda- mentalwert oder auch intrinsische Wert eines Wertpapieres gleich der Summe der abdiskon- tierten zukünftig erwarteten Dividenden des Wertpapiers ist. Eine formale Definition rationa- ler Blasen folgt in Abschnitt 7.l. Somit kann jede Abweichung vom Fundamentalwert als spekulative Blase aufgefasst werden. Problematisch ist, dass auch Zufallsschwankungen um den Fundamentalwert nach dieser Definition als spekulative Blase identifiziert werden kön- nen.[31] Eine praktikablere Definition spekulativer Blasen liefern Yan, Woodard und Sornette:

„Financial bubbles are generally defined as transient upward accelerations of price above a fundamental value.”[32] Diese Definition liegt auch den theoretischen Modellen in den folgen- den Abschnitten zugrunde.

Aus dieser Definition geht allerdings nicht hervor, warum spekulativen Blasen in der Wissen- schaft und der Praxis solch eine enorme Bedeutung beigemessen wird. Dies wird erst deutlich, wenn man sich das Platzen der spekulativen Blasen vor Augen führt. So erlitten beispielswei- se der Dow Jones Industrial Average und der Nasdaq Composite Ende September 2008 inner- halb weniger Tage Kursverluste von über 23 Prozent. Auch andere große Indizes mussten dieses Schicksal teilen.[33] Eine grafische Darstellung des Dow Jones Industrial Average und des Nasdaq Composite befindet sich im Anhang B. Bei der Analyse der Abbildungen fällt auf, dass beide Indizes immer wieder große Kursverluste erleiden mussten. Geht man weiter in der Geschichte zurück, findet man mehrere Belege für spekulative Blasen und deren Platzen wie die Tulpenmanie in Holland zwischen 1585 und 1650, die South Sea Bubble in England 1720 oder den Schwarzen Donnerstag in Amerika im Oktober 1929.[34] Alan Greenspan drückt den Sachverhalt folgendermaßen aus:

„Human behavior is a main factor in how markets act. Indeed, sometimes markets act quickly, violently with little warning. (. . .) Ultimately, history tells us that there will be a correction of some significant dimension. I have no doubt that, human nature being what it is, that it is going to happen again and again.”[35]

Demnach sind spekulative Blasen Phänomene, die wiederholt zu beobachten sind. Der Mensch ist der entscheidende Faktor, der für die Entstehung und das Platzen spekulativer Bla- sen verantwortlich ist. Die Ursache spekulativer Blasen ist demnach nicht auf die Einführung neuer Technologien oder neuer Investitionsmöglichkeiten, auf das Vorhandensein von Liqui- dität, Verwendung schlechter Risikomodelle, fehlerbehaftetes Rating der Ratingagenturen usw. zurückzuführen.[36]

Spekulative Blasen besitzen vielmehr endogenen Charakter. Sie entstehen durch lokales sich selbst verstärkendes Imitationsverhalten der Marktteilnehmer über einen Zeitraum von mehre- ren Monaten oder Jahren. Nimmt die Tendenz der Kooperation respektive Imitation zwischen den Marktteilnehmern zu, führt dies zum beschleunigten Preisanstieg. Dieser Prozess führt zu einem kritischen Punkt. An diesem Punkt hat der Markt einen instabilen Zustand erreicht, an dem selbst geringe unbedeutende äußere Einflüsse den Kurseinbruch auslösen können. Aus dieser Sichtweise ergibt sich, dass keine Aussagen über den Fundamentalwert des Wertpapie- res getroffen werden müssen, um das Vorliegen einer Blase zu identifizieren. Sie ist allein durch die charakteristische Struktur des Preisverlaufes, welche aufgrund des sich selbst ver- stärkenden Imitationsverhaltens entsteht, gekennzeichnet.[37]

Für das weitere Vorgehen werden exogene und endogene Aktienkurseinbrüche unterschieden. Unter Ersteren werden Kurseinbrüche verstanden, die aufgrund eines exogenen bedeutenden Ereignisses stattfanden. Endogene Aktienkurseinbrüche sind durch die im vorherigen Ab- schnitt beschriebenen Mechanismen, die zu einem instabilen Systemzustand führen, gekenn- zeichnet.[38] Nur endogene Aktienkurseinbrüche besitzen demnach Preisstrukturen, die mit dem Log Periodic Power Law modelliert werden können. Beispiele für endogene und exogene Aktienkurseinbrüche werden in Kapitel 7 aufgeführt.

Es kann festgehalten werden, dass spekulative Blasen endogene Phänomene sind, die einen charakteristischen Preisverlauf besitzen. Dies erscheint bei Betrachtung der zurückliegenden spekulativen Blasen einleuchtend. Die Marktmechanismen, äußeren Umstände und exogenen Faktoren änderten sich, doch das Verhalten der Menschen, deren Euphorie und deren Panik blieben gleich und stellen demzufolge die einzige Konstante dar. Der endogene Entstehungs- prozess spekulativer Blasen und deren Modellierung mit dem Log Periodic Power Law wer- den in Kapitel 4 verdeutlicht. Die dafür notwendigen verhaltenstheoretischen Grundlagen werden im folgenden Abschnitt erörtert.

2.2 Verhaltenstheoretische Grundlagen

Die nachfolgenden Abschnitte erläutern die verhaltenstheoretischen Konzepte des positiven Feedbacks, des Imitationsverhaltens und des Herdenverhaltens. Diese sind notwendig für die Analyse der Mikrostruktur des Log Periodic Power Law. Die Annahme der suboptimalen Ent- scheidungen auf Individualebene und Rationalität auf Aggregatsebene aus Abschnitt 2.l wird beibehalten.

2.2.1 Positives Feedback

Die folgenden Erläuterungen beziehen sich auf die Ausführungen zum positiven Feedback von Didier Sornette. Er schreibt über positives Feedback:

„The positive feedback leads to speculative trends which may dominate over fundamental beliefs and which make the system increasingly susceptible to any exogenous shock, thus eventually precipitating a crash.”[39]

Diese Definition beschreibt sehr gut die Wirkung von positivem Feedback auf das System- verhalten, umgeht allerdings die genaue Beschreibung bzw. Definition des positiven Feed- backs. Sornette schreibt weiter:

„There are many mechanisms in the stock market and in the behavior of investors which may lead to positive feedbacks.”[40]

Ausgehend von diesen beiden Erläuterungen wird nun eine Definition des positiven Feed- backs entwickelt und anschließend am Imitationsprozess der Marktteilnehmer erläutert. Posi- tives Feedback kann im Folgenden als Reaktionslernen aufgefasst werden. Dabei wird das Verhalten der Marktteilnehmer als Reaktion definiert, die dazu dienen soll, sich den Reizen der Umgebung anzupassen. In Form der operanten Konditionierung[41] bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit, bestimmte Reaktionen auf einen zufälligen äußeren Reiz zu zeigen, z.B. ein Wertpapier zu kaufen oder zu verkaufen, sich erhöht, wenn diese Reaktion belohnt wird. Dabei wird die Erzielung des Gewinnes als zentrales Belohnungsmotiv unterstellt. Wenn je- doch die Reaktion auf einen Reiz eine Bestrafung zur Folge hat, verringert sich die Wahr- scheinlichkeit, diese Reaktion bei erneutem Auftreten des Reizes nochmals zu zeigen.[42] Um es mit anderen Worten zu umschreiben: Angenommen, ein Anleger reagiert auf eine bestimm- te Marktsituation mit einem bestimmten Verhalten. Die Marktsituation stellt den Reiz, das Verhalten, die Reaktion dar. Wenn des Anlegers Verhalten gewinnbringend ist, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Verhalten bei erneutem Vorliegen des Reizes wieder erfolgt. Der Vorteil dieser Definition ist, dass mit ihr sowohl positives als auch negatives

Feedback erklärt werden kann. Zudem belegen zahlreiche experimentelle Arbeiten die Theo- rie der operanten Konditionierung.[43]

Es wird bereits an dieser Stelle deutlich, dass es sich bei Verhaltensweisen bzw. Entscheidun- gen, welche aufgrund des Lernprozesses gefällt wurden, nicht zwangsläufig um rationale Ent- scheidungen handeln muss. Diese Tatsache folgt aus der Überlegung, dass die Marktteilneh- mer ihre Entscheidungen auf der Basis von Erfahrungen der Vergangenheit treffen. Dies ist allerdings konform mit den oben getroffenen Rationalitätsannahmen. Ausgehend von dieser lerntheoretischen Definition können nun die Mechanismen im System erläutert werden, die dazu führen, dass eine spekulative Blase entsteht.

2.2.2 Imitationsverhalten

Finanzmärkte sind komplexe offene Systeme mit einer Vielzahl von Marktteilnehmern. Diese Marktteilnehmer sind in Netzwerken, bestehend aus anderen Marktteilenehmern, Freunden, Verwandten, Kollegen etc., organisiert.[44] Darüber hinaus wirken exogene Einflüsse, wie bei- spielsweise wirtschaftliche Kennzahlen, politische Entscheidungen, Umweltereignisse etc., auf die Marktteilnehmer ein. Unter Annahme der perfekten Rationalität müssten die Markt- teilnehmer alle relevanten Informationen aus dieser enorm großen Menge an Informations- quellen generieren und bewerten. Anschließend träfen sie dann die für sie beste Entscheidung. Zum einen erscheint dies in Anbetracht der begrenzten kognitiven Fähigkeiten und der be- grenzten Zeit der Marktteilnehmer fraglich. Zum anderen belegen Ergebnisse aus der Evoluti- onspsychologie, dass im Vergleich zum rationalen Vorgehen, basierend auf Logik, Mathema- tik, Statistik etc., Heuristiken[45] wesentlich effizienter sind, um hochgradig komplexe Proble- me im Alltag zu lösen.[46]

In Finanzmärkten ist die Wahl der Anlagestrategie als ein komplexes Problem aufzufassen. Der Einfachheit halber wird nun davon ausgegangen, dass ein Marktteilnehmer zwei Mög- lichkeiten hat das Problem zu bewältigen. Er kann die Anlagestrategie der anderen mit ihm in Verbindung stehenden Marktteilnehmer imitieren oder er imitiert sie nicht.[47] Der letztere Fall tritt ein, wenn der Marktteilnehmer nach Abwägung der ihm zur Verfügung stehenden Infor- mation zu dem Schluss kommt, dass seine individuelle Anlagestrategie besser sei als die der anderen Marktteilnehmer. Angenommen, es müsste in jeder Periode nur über Kauf oder Ver- kauf eines einzigen Wertpapieres entschieden werden. Wenn der Marktteilnehmer das Wert- papier unter der Bedingung kauft, dass die Mehrheit der anderen mit ihm in Verbindung ste- henden Marktteilnehmer das Wertpapier auch kaufe, liegt Imitationsverhalten vor. Sollte hin- gegen das Wertpapier unter der Bedingung verkauft werden, dass die Mehrheit der anderen mit ihm in Verbindung stehenden Marktteilnehmer das Wertpapier kaufe, liegt kein Imitati- onsverhalten vor. Zwar ist die Simplifizierung, dass nur zwei Alternativen vorliegen, relativ restriktiv, dennoch wird deutlich, dass Imitation zur Homogenität und Nichtimitation zur He- terogenität der Entscheidungen am Markt führt.[48]

Nun schließt sich die Überlegung an, warum Marktteilnehmer einander imitieren oder nicht imitieren. Angenommen, jeder Marktteilnehmer würde nur idiosynkratrische Entscheidungen treffen und er würde nicht durch die Entscheidungen der anderen Marktteilnehmer beein- flusst. Damit würde ein relativ heterogener Markt vorhanden sein, bei dem es langfristig etwa genauso viele Gewinner wie Verlierer gäbe. Besteht nun allerdings die Möglichkeit, dass ein Marktteilnehmer die Anlageentscheidungen der anderen mit ihm in Verbindung stehenden Marktteilnehmer kennt, kann es durchaus gewinnbringend sein, diese zu imitieren. Dies ist zum einen der Fall, wenn dem betreffenden Marktteilnehmer zu wenige Informationen zur Verfügung stehen, um eine erfolgsversprechende Entscheidung zu treffen. Zum anderen folgt aus der Tatsache, dass andere Marktteilnehmer in der Vergangenheit erfolgreicher waren, der Anreiz, die entsprechenden Anlagestrategien zu imitieren.

Wenn die durchgeführte Imitation erfolgreich war, steigt durch das positive Feedback die Wahrscheinlichkeit, dass der Marktteilnehmer nun öfters Anlagestrategien imitieren wird und weniger auf idiosynkratrische Entscheidungen zurückgreift. Wenn die Imitation nicht den erhofften Erfolg hatte, wird er wieder idiosynkratrische Entscheidungen fällen oder versu- chen, einen anderen Marktnachbarn, der eine erfolgreiche Anlagestrategie hat, zu imitieren.[49]

Unterstellt man für einen Großteil der Anleger, dass sie ab und an versuchen, andere erfolg- reiche Strategie zu imitieren, folgt daraus, dass dieses Imitationsverhalten die Preise des Marktes maßgeblich beeinflussen kann. In dem einfachen Modell, bei dem es nur kaufen oder verkaufen als Alternativen gibt, kann man den Sachverhalt wie folgt beschreiben. Im Gleich- gewicht gibt es in etwa so viele Käufer wie Verkäufer. Der Preis ist relativ stabil. Angenom- men, einige Marktteilnehmer imitieren nun die Kaufstrategie anderer Marktteilnehmer. Dies führt zu einem geringfügigen Preisanstieg. Die Marktteilnehmer können ihre Wertpapiere zu einem höheren Preis verkaufen. Demnach hat die Imitationsstrategie Erfolg gehabt. Demzu- folge steigt die Wahrscheinlichkeit, Anlagestrategien von anderen Marktteilnehmern zu imi- tieren. Zudem werden weitere Marktteilnehmer ebenfalls versuchen, erfolgversprechende Anlagestrategien zu imitieren. Daraus folgt, dass der Preis weiter ansteigt. Durch diesen sich selbst verstärkenden Prozess entwickelt sich das System mit der Zeit immer weiter weg vom Gleichgewichtszustand. Der Preisanstieg im Markt ist demnach nicht auf Fundamentaldaten, sondern nur auf positives Feedback und Imitationsverhalten zurückzuführen. Dies stimmt weitestgehend mit der Definition spekulativer Blasen von Stiglitz aus Abschnitt 2.l.2 überein. Durch diesen Prozess wird der Finanzmarkt instabil. Der Finanzmarkt konvergiert gegen ei- nen kritischen Punkt, an dem selbst geringste exogene Informationen dazu führen können, dass die Spekulationsblase platzt.[50]

Ein weiteres Resultat aus den vorangegangenen Überlegungen ist, dass dieser Prozess der zunehmenden Imitation bzw. des zunehmenden Vertrauens ein langfristiger Prozess sein muss. Dies folgt aus dem Umstand, dass Vertrauensaufbau Zeit benötigt und nicht jede imi- tierte Strategie den erhofften Erfolg bringt. Daraus ergibt sich der in Abschnitt 2.l schon an- gedeutete Sachverhalt, dass spekulative Blasen über einen Zeitraum von mehreren Monaten bzw. Jahren entstehen.[51]

Die Frage aus Abschnitt 2.l nach der preisstabilisierenden bzw. -destabilisierenden Wirkung von Spekulation in Bezug auf die Entstehung spekulativer Blasen kann demnach auf den Pro- zess der Imitation zurückgeführt werden. Es muss nicht unterschieden werden, ob es sich bei einem Marktteilnehmer um einen Spekulanten oder Nichtspekulanten handelt, sondern, ob es sich um einen Marktteilnehmer handelt, der imitiert oder dies nicht tut.

2.2.3 Herdenverhalten

Herdenverhalten wird im Folgenden als das Resultat aus zunehmendem lokalen Imitations- verhalten aufgrund positiven Feedbacks verstanden. Somit hat der Begriff Herdenverhalten einen globalen Charakter. Eine trennscharfe Abgrenzung, ab wann aus lokalem Imitationsver- halten globales Herdenverhalten wird, ist für die weitere Arbeit nicht notwendig. Dem- entsprechend werden die Ausführungen zu den unterschiedlichen Formen und Ursachen von Herdenverhalten kurz gehalten und es wird auf weiterführende Literatur verwiesen.

In der Forschung gibt es zahlreiche Erklärungsansätze für Herdenverhalten. Zum einen be- steht die Möglichkeit, Herdenverhalten nach irrationalem und rationalem Herdenverhalten zu differenzieren.[52] Bei ersterer Sichtweise wird davon ausgegangen, dass die Marktteilnehmer sich lediglich nach den Entscheidungen anderer richten und auf keine eigenen Informationen zurückgreifen. Demnach handeln die Marktteilnehmer völlig unabhängig von äußeren Ein- flüssen und folgen hinsichtlich ihrer Strategie immer den anderen Teilnehmern. Bei der ratio- nalen Sichtweise haben sich verschiedene Erklärungsansätze etabliert, die Herdenverhalten zu erklären versuchen. Die häufigsten Erklärungsansätze sind Informationskaskaden, „Reputa- tional Herding“ oder „Investigative Herding“.[53] Allen Ansätzen gemein ist die Prämisse, dass Herdenverhalten aus der Zunahme der Imitationstätigkeit am Markt entsteht. Die angeführten Gründe für die Zunahme sind jedoch recht unterschiedlich. Aus diesem Grund wird im Fol- genden vereinfachend davon ausgegangen, dass es an Finanzmärkten Phasen gibt, in denen Herdenverhalten auftritt.[54] Für einen umfassenden Überblick über rationales Herdenverhalten wird an dieser Stelle auf den Aufsatz von Devenow und Welch „Rational Herding in Finan- cial Economics“ verwiesen.

Aus den vorangegangenen Überlegungen folgt, dass Herdenverhalten respektive Imitations- verhalten nicht nur bei der Entstehung spekulativer Blasen zu beobachten ist, sondern auch bei deren Platzen. Dies wird dadurch deutlich, dass der endogene Kurseinbruch nichts anderes ist als der gleichzeitige Verkauf von Wertpapieren vieler Marktteilnehmer.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Marktteilnehmer im Folgenden als heterogene Agenten modelliert werden. Sie besitzen die Fähigkeit andere Marktteilnehmer zu imitieren. Durch dieses lokale Imitationsverhalten in Verbindung mit positivem Feedback des Systems entsteht nach einer bestimmten Zeit globales Herdenverhalten. Aus dem Herdenverhalten folgt eine zunehmende Homogenität und Synchronität der Entscheidungen der Marktteilneh- mer. Es ist zudem davon auszugehen, dass der Prozess des Anstiegs der Imitationstätigkeit ein langfristiger Prozess ist, der mehrere Monate oder Jahre dauert. Demnach dauert die Entwick- lung spekulativer Blasen mehrere Monate bzw. Jahre. Dieser Entwicklungsprozess hält so lange an, bis das System einen kritischen Punkt erreicht hat. An diesem Punkt ist das System hochgradig instabil und selbst kleinste Änderungen können die Blase zum Platzen bringen. Das Platzen der Blase ist gleichbedeutend damit, dass plötzlich ein Anleger aufgrund einer unbedeutenden Information seine Anlagestrategie ändert und seine Wertpapiere verkauft. Dies führt dazu, dass plötzlich die anderen Marktteilnehmer aufgrund des Imitationsverhal- tens zum großen Teil ebenfalls ihre Entscheidungen ändern. Um diese Entwicklung im Sys- tem in Kapitel 4 formal zu beschreiben, werden nun die notwendigen systemtheoretischen Grundlagen erläutert.

2.3 Systemtheoretische Grundlagen

Wie an dem Wortlaut der bisherigen Arbeit schon zu erkennen war, werden Finanzmärkte in dieser Arbeit als komplexe dynamische Systeme aufgefasst. Komplexe Systeme werden im Folgenden als Systeme definiert, die aus einer großen Anzahl von Komponenten bestehen, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Zudem bestehen komplexe Systeme aus zahlreichen Subsystemen, z.B. Netzwerken von Marktteilnehmern, die miteinander interagieren. Durch die Interdependenz der einzelnen Komponenten und Subsysteme entwickelt das System emergente Eigenschaften.[55] Demnach sind komplexe Systeme gekennzeichnet durch eine ho- he Anzahl von Freiheitsgraden, was die Frage aufwirft, ob diese Systeme überhaupt model- lierbar bzw. prognostizierbar sind. Dieses Problem wird ebenfalls aus den Überlegungen zu den verhaltenstheoretischen Grundlagen deutlich. Angenommen, jeder Marktteilnehmer wür- de sich wie in Abschnitt 2.2 beschrieben verhalten. Aufgrund der enormen Anzahl von Markt- teilnehmern und der Notwenigkeit, zu wissen, ob sie gerade imitieren oder nicht imitieren, wäre eine analytische Beschreibung des Systems nicht möglich. Hinzu kommt noch das Prob- lem der Emergenz. Emergenz kann am besten an dem oft verwendeten Zitat von Aristoteles

„Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile“ verdeutlicht werden.[56] Durch diese Eigen- schaft des Systems ist eine völlige Reduzierung der Makroebene auf das Verhalten der Mik- roebene, auch bei Vorliegen aller Informationen zu jedem Marktteilnehmer, nicht möglich.

Nach dieser doch recht pessimistischen Betrachtung komplexer Systeme könnte der Trug- schluss entstehen, dass eine Modellierung derselbigen und somit eine Prognose von Aktien- kurseinbrüchen unmöglich wäre. Eine besondere Eigenschaft dieser Systeme ist allerdings, dass durch die Wechselwirkungen der einzelnen Komponenten Phasen entstehen können, in denen eine Modellierung und Prognose des Systemverhaltens möglich ist. Die Entstehung dieser Phasen und deren Konsequenzen für das Systemverhalten werden im Abschnitt 2.3.l erläutert. Demnach können komplexe System als Systeme definiert werden, die sich im Grenzbereich zwischen berechenbar und chaotisch befinden.[57] Bak und Paczuski schreiben zu Komplexität und komplexen Systemen Folgendes:

„Complexity originates from the tendency of large dynamical systems to organize themselves into a critical state, with avalanches or ,punctuations‘ of all sizes. In the critical state, events which would otherwise be uncoupled become correlated.”[58]

Die in dem Zitat anklingende selbstorganisierte Kritikalität und die daraus resultierende Bere- chenbarkeit komplexer Systeme, welche zahlreiche Systeme der Geologie, Biologie und, wie sich zeigen wird, auch der Ökonomie aufweisen, werden im folgenden Abschnitt erläutert.[59]

2.3.1 Selbstorganisierte Kritikalität und Skaleninvarianz

In der Pionierarbeit „Self-Organized Criticality: An Explanation of l/f Noise“ von Bak, Tang und Wiesenfeld wird die These aufgestellt, dass komplexe dynamische Systeme die Eigen- schaft besitzen, aus sich selbst heraus einen kritischen Systemzustand zu entwickeln. Auf- grund der Interaktion der verschiedenen Teilchen findet ein dynamischer Übergang von einem Gleichgewichtszustand des Systems zu einem kritischen Zustand statt.[60] Damit dieses Verhal- ten bei komplexen Systemen auftritt, müssen diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Zum einen müssen sie eine große Anzahl von Freiheitsgraden aufweisen. Dies ist in Anbetracht der Anzahl der Marktteilnehmer beim Finanzmarkt gegeben. Weiterhin müssen die einzelnen Komponenten in Wechselwirkung miteinander stehen und jede Komponente muss mindestens mit einer anderen Komponente des Systems in Verbindung stehen. Dieser Tatbestand ist, wie aus dem vorherigen Kapitel deutlich wurde, ebenfalls erfüllt. Weisen Systeme diese Merkma- le auf, entwickeln sie sich selbst hin zu einem kritischen Zustand, an dem ein Phasenübergang stattfindet. Ein Phasenübergang eines komplexen Systems kann definiert werden als qualitati- ve Änderung von Systemeigenschaften infolge von geringfügig quantitativen Änderungen einzelner weniger Parameter.[61] Kennzeichnend für einen Großteil von Systemen, die einen Phasenübergang durchlaufen, ist skaleninvariantes Verhalten.[62] Skaleninvarianz bedeutet, dass eine Variable bei einer Veränderung der zeitlichen oder räumlichen Betrachtungsdimen- sion der Variable ihre grundlegenden Merkmale beibehält.[63] Auf den Finanzmarkt übertragen bedeutet dies, dass, egal ob 10, 100, 1000 oder 10000 Marktteilnehmer beim Phasenübergang betrachtet werden, alle ähnliches Verhalten zeigen.[64]

Demnach ist eine Variable s stetig skaleninvariant, wenn die Eigenschaften der Funktion 7 (s) bei Veränderung der Betrachtungsdimension s ‹ rs sich nicht ändern. Somit gilt: s ist skaleninvariant, wenn eine Variable o(r) existiert, so dass

(2.7) M(s) = oM(rs),r C %.

Die Lösung der Gleichung 2.7 ist ein Potenzgesetz:[65]

(2.8) [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten][66]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Beweis erfolgt durch Einsetzen der Gleichung 2.8 in die Gleichung 2.7 und anschließende Logarithmierung:

(2.9) [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Einsetzen des Ausdrucks 1 = orα in Gleichung 2.7 erhält man:

(2.10) [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Demnach ist die Ausprägung des Funktionswertes auf den unterschiedlichen Skalen M(s), M(rs) unabhängig von der Ausprägung von s für alle r C % . Nur das Verhältnis der jeweili- gen Skalen beeinflusst die Ausprägungen. Diese fundamentale Eigenschaft ist kennzeichnend für Phasenübergänge in komplexen Systemen.[67] In Kapitel 4 wird sich zeigen, dass, wenn alle Marktteilnehmer in einem Netzwerk ohne hierarchische Strukturen organisiert sind, spekula- tive Blasen und deren Platzen ebenfalls durch ein Potenzgesetz modelliert werden können.

Für eine realitätsnähere Beschreibung wird nun das Konzept der diskreten Skaleninvarianz erläutert. Damit ist eine Modellierung hierarchischer Netzwerkstrukturen möglich.[68] Dazu wird angenommen, dass der Parameter r nur noch eine endliche abzählbare Menge {r1,… , r2} an Werten annehmen kann. Durch Logarithmieren der Gleichung 2.10 folgt:

(2.11) log[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Setze s ÷ et:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zudem sei T(t) ÷ log[ 7 (et)]. Durch Einsetzen in Gleichung 2.12 und anschließendes Um- formen ergibt sich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Variable log(r) ist der Parameter der Skalenverschiebung. Bedenkt man, dass man alle Werte für r aus {r1,…, r2} in Gleichung 2.13 einsetzen kann, wird deutlich, dass Gleichung 2.13 nichts anderes als eine periodische Funktion ist. Diese kann mittels Fourier-Reihe fol- gendermaßen dargestellt werden:[69]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Variable j stellt eine beliebige ganze Zahl dar. i steht für den imaginären Anteil einer komplexen Zahl.[71] Beim Vergleich der Gleichung 2.17 mit der Gleichung 2.8 fällt auf, dass bei diskreter Skaleninvarianz der Potenzterm von einem zweiten Term überlagert wird. Um die Eigenschaften des zweiten Terms zu verdeutlichen, wird j = 1 gesetzt. Somit folgt für LP(log (s)):

(2.18) LP(log (s)) = ce

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[72]

Demnach wird das ursprüngliche Potenzgesetz von einem Schwingungsterm überlagert. Der Schwingungsterm 2.20 ist abhängig vom logarithmierten Skalenniveau ı und der logarith- mierten Ausprägung von s. Dieser logperiodische Term ist die fundamentale Eigenschaft diskreter Skaleninvarianz. Gleichung 2.17 ist die allgemeinste Darstellung diskreter Skalenin- varianz. Ein Spezialfall der Gleichung 2.17 stellt das in Kapitel 4 hergeleitete Log Periodic Power Law dar. Weitere Ausführungen zur Log-Periodizität folgen in Kapitel 4.[73]

Zusammengefasst folgt aus den Betrachtungen zu komplexen Systemen, dass sie einen Grenz- fall zwischen berechenbar und chaotisch darstellen. Für den Finanzmarkt bedeutet das, dass der normale Handelsalltag in Abwesenheit einer spekulativen Blase nicht modelliert werden kann. Beim Auftreten einer spekulativen Blase, die sich aufgrund des Systemverhaltens selbst entwickelt, kann allerdings deren Verlauf und deren Platzen prognostiziert werden. Demnach handelt es sich bei spekulativen Blasen um endogene, systemimmanente Phänomene, die auch als Attraktoren[74] des Systems aufgefasst werden können.

Große Kurseinbrüche in Folge spekulativer Blasen sind demzufolge Phasenübergänge eines komplexen Systems. Um diese Hypothese zu untersuchen, wird im folgenden Abschnitt das Risikomaß der Draw Downs und der s-Draw Downs erläutert. Dabei wird unterstellt, dass bei Phasenübergängen Korrelationen bei den Tagesrenditen aufgrund des Verhaltens der Markt- teilnehmer auftreten.[75] Ausgehend von dieser Annahme kann mit den Draw Downs geprüft werden, ob es sich bei großen Aktienkurseinbrüchen um Phasenübergänge handelt. Sollte dies der Fall sein, kann die Hypothese aufgestellt werden, dass vor und nach den Phasenübergän- gen die Preisstrukturen durch Log-Periodizität gekennzeichnet seien. Zudem kann untersucht werden, ob eine Modellierung der spekulativen Blasen mit dem Log Periodic Power Law möglich ist.

3. Draw Downs und s-Draw Downs

Um die Hypothese, große Aktienkurseinbrüche seien Ausreißer, zu untersuchen, muss zu- nächst definiert werden, was unter Ausreißern zu verstehen ist. Angenommen, ein Großteil der Werte der Stichprobe lässt sich mit einer spezifischen Verteilung abbilden. Die genaue Gestalt der Verteilung wird später erläutert. Unter Ausreißer werden dann Werte definiert, die nicht dieser Verteilung folgen. D.h., Ausreißer sind keine Extremwerte einer Verteilung, son- dern sie sind gezeichnet durch eigene Merkmale und Eigenschaften und besitzen womöglich sogar eine eigene Verteilung.[76]

Für die Prüfung der Hypothese wird, in Anlehnung an Johansen und Sornette, als Risikomaß das Konzept der Draw Downs verwendet.[77] Draw Downs können als anhaltender Preisrück- gang eines Wertpapieres definiert werden.[78] Angenommen, ein stochastischer Prozess g t C {O, T} < % gibt den Preis eines Wertpapieres zum Zeitpunkt t an. Zudem sei gmas mit ein

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[79]

Der Vorteil, der sich durch die Verwendung von Draw Downs als Risikomaß ergibt, ist, dass sie mögliche Abhängigkeitsstrukturen zwischen aufeinanderfolgenden Kursverlusten auf- grund ihrer Zeitinvarianz berücksichtigen. Die Idee, die hinter der Verwendung von Draw Downs steht, kann wie folgt verdeutlicht werden. Es wird angenommen, dass ein Großteil der Tagesrenditen nicht miteinander korreliert ist.[80] Bei Phasenübergängen in komplexen Syste- men können allerdings korrelative Phasen zwischen den Tagesrenditen auftreten. Diese Phä- nomene resultieren aus dem sich selbst verstärkenden Imitationsverhalten der Marktteilneh- mer. Die Art der Korrelation ist für die weitere Arbeit nachrangig.[81] Eine solche Korrelation hat Auswirkungen auf die Berechnung von großen Draw Downs. Demnach müssten große Draw Downs von der Verteilung der restlichen Draw Downs, bei denen die Tagesrenditen unkorreliert sind, abweichen.

Ein kurzes Gedankenexperiment soll den Vorteil der Draw Downs gegenüber der Verwen- dung von Tagesrenditen zur Messung von Kursverlusten verdeutlichen.[82] Angenommen, der Kurs eines Wertpapieres fällt in drei aufeinanderfolgenden Tagen um jeweils 10%. Der Wert des Draw Down beträgt somit 30%. Zudem wird angenommen, dass ein Verlust von 10% an einem Tag alle 4 Jahre stattfindet.[83] Jedes Jahr hat rund 250 Handelstage. Somit beträgt die Wahrscheinlichkeit für einen Verlust von 10% 0.00l.[84] Geht man davon aus, dass es keine Korrelation zwischen den drei aufeinanderfolgenden Kursverlusten von 10% gibt, dann be- trägt die Wahrscheinlichkeit für einen Draw Down von 30% O.OO13 = 1O–9. Ein Verlust von 10% an drei Tagen in Folge würde somit alle 4 Millionen Jahre auftreten.[85] Allerdings legen die bisherigen empirischen Ergebnisse nahe, dass es häufiger zu großen Kurseinbrüchen kommt. Die Ursache für dieses Ergebnis des Gedankenexperiments ist, dass Unabhängigkeit der Tagesrenditen bei großen Kurseinbrüchen unterstellt wurde. Wird angenommen, dass es zumindest bei großen Kursverlusten eine Korrelation zwischen den Tagesrenditen gibt, dann wird das Ergebnis aus dem Gedankenexperiment realistischer. Die zusätzlichen Informationen über mögliche korrelative Beziehungen von Tagesrenditen werden bei der Verwendung der Draw Downs mit berücksichtigt und somit eignen sie sich besser als Tagesrenditen, um große Kursverluste zu untersuchen.[86]

Für das weitere Vorgehen muss eine Annahme über die Verteilung der Draw Downs getroffen werden. Wird Unabhängigkeit der Tagesrenditen unterstellt, kann gezeigt werden, dass die Draw Downs approximativ einer Exponentialverteilung folgen.[87] Definiert man eine Funktion

N(DD), die den geordneten Draw Downs DD1 € DD2 € … € DDN , wobei DD1 der größte negative Draw Down ist, einen Rang n = 1,2, … , N zuweist, kann man die Verteilung der Draw Downs unter der Annahme unabhängiger Tagesrenditen folgendermaßen definieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Why Stock Markets Crash, S. 53–65.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Annahme eines Kursverlusts von 10% alle 4 Jahre ist vereinbar mit den empirischen Ergebnissen dieser und anderer Arbeiten. Vgl. Kapitel 7; vgl. Johansen, Sornette (200l ): Large Stock Market Price Drawdowns are Outliers, S. 3–4.

(3.2) N(DD) = Ae–g|DD|.

Um mögliche korrelative Phasen zwischen den Tagesrenditen abzubilden, wird die Exponen- tialverteilung 3.2 um einen zusätzlichen Parameter z erweitert. Für die allgemeine Exponenti- alverteilung ergibt sich:

(3.3) N(DD) = Ae–g|DD| . [88]

Der Parameter A steht für die Anzahl der Draw Downs im Datensatz und ist somit fix. Die Parameter g und z sind die zu schätzenden Parameter. Die Exponentialverteilung 3.2 ist somit ein Spezialfall (z = 1) der allgemeinen Exponentialverteilung 3.3. Um die Gleichung 3.3 an die Daten anzupassen, wird sie logarithmiert:

(3.4) log(N(DD)) = log(A) — g|DD|z

Die Anpassung der Funktion an die Daten erfolgt über eine nichtlineare Regression, wobei die Startwerte über einen genetischen Algorithmus ermittelt werden. Beide Verfahren werden in Kapitel 6 näher erläutert.

An dieser Stelle kann die eingangs formulierte Hypothese konkretisiert werden. Die Null- Hypothese lautet, dass alle Draw Downs gemäß einer verallgemeinerten Exponentialvertei- lung verteilt seien. Die Gültigkeit der Annahme, dass die Verteilung der Draw Downs asymp- totisch einer verallgemeinerten Exponentialverteilung folgt, konnte in mehreren theoretischen und empirischen Arbeiten belegt werden.[89]

Als zweites Risikomaß wird in dieser Arbeit das Konzept der s-Draw Downs verwendet. s- Draw Downs messen ähnlich wie Draw Downs Preisbewegungen von einem lokalen Maxi- mum hin zum nächsten lokalen Minimum. Es werden allerdings positive Kursausschläge, die unter dem Grenzwert s liegen, nicht berücksichtigt. Dies führt dazu, dass Rauschen, welches in Finanzmarktdaten vorhanden ist, aus der Zeitreihe herausgefiltert wird.[90] Es entsteht eine Glättung der Zeitreihe. Somit werden zwei große Kursverluste, die durch einen Tag, an dem

Siehe Johansen, Sornette (1997): Stock market crashes are outliers; siehe Laherre, Sornette (1998): Stretched Exponential Distributions in Nature an Economy: Fat Tails with characteristic Scale. der Kurs marginal ansteigt, getrennt sind, als ein s-Draw Down aufgefasst. Der Grenzwert s wird für jeden Datensatz über die Varianz des Datensatzes folgendermaßen modelliert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(3.5) s = 4o2,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Variable ß ist die logarithmierte erste Differenz des Kurses des Datensatzes und o2 die Varianz von ß. Der Vorteil dieser Modellierung ist, dass ein Grenzwert nicht exogen bestimmt

werden muss, sondern sich aus den Daten ergibt. In der empirischen Analyse werden neben

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten untersucht, um die Robustheit der Ergebnisse in Abhängig- keit vom Grenzwert zu analysieren. Die Anpassung der s-Draw Downs erfolgt auch an eine verallgemeinerte Exponentialverteilung. Die Null-Hypothese lautete: Die s-Draw Downs sind verallgemeinert exponentialverteilt.9l

Eine exemplarische Darstellung von Draw Downs und s-Draw Downs befindet sich im An- hang B. Draw Ups, welche dasselbe Risikomaß für positive Preisbewegungen darstellen, wer- den in dieser Arbeit nicht betrachtet. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Draw Downs und s-Draw Downs geeigneter als Tagesrenditen sind, da Informationen über mögli- che Abhängigkeitsstrukturen der Renditen verarbeitet werden können, um zu überprüfen, ob große Aktienkurseinbrüche Ausreißer sind. Es wird davon ausgegangen, dass sowohl Draw Downs als auch s-Draw Downs durch eine verallgemeinerte Exponentialverteilung modelliert werden können. Sollten große Draw Downs oder s-Draw Downs von dieser Verteilung ab- weichen, können sie als Ausreißer klassifiziert werden. Dementsprechend könnten diese Aus- reißer als Phasenübergänge an kritischen Punkten in komplexen Systemen aufgefasst werden. Eine Modellierung der spekulativen Blase im Vorfeld des Kurseinbruchs mit dem Log Perio- dic Power Law wäre demnach möglich. Die formale Herleitung desselben folgt im folgenden Kapitel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Zitiert nach Beinhocker (2007): Die Entstehung des Wohlstandes. Wie Evolution die Wirtschaft antreibt, S. 103.

[2] Vgl. Kapitel 7.

[3] Siehe Fama (1969): Efficient Capital Markets, A Review of Theory and Empirical Work; siehe Gürkaynak (2005): Econometric Tests of Asset Price Bubbles: Taking Stock.

[4] Siehe Sornette, Johansen, Bouchaud (1996): Stock market crashes, Precursors and Replicas.

[5] Unter Komplexitätsökonomik wird ein Paradigma verstanden, welches die Wirtschaft als dynamisches, offenes, nichtlineares Ungleichgewichtssystem beschreibt. Vgl. Beinhocker (2007): Die Entstehung des Wohlstandes. Wie Evolution die Wirtschaft antreibt, S. 122.

[6] Vgl. Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, S. 150.

[7] In dieser Arbeit gilt aus stilistischen Gründen: Kurseinbrüche÷ Aktienkurseinbrüche÷ Börsencrashs.

[8] Diese Aussage gilt nur für den Finanzmarkt.

[9] In Kapitel 2 wird gezeigt, dass Phasenübergänge durch diskrete Skaleninvarianz gegenzeichnet sind. Aus dis- kreter Skaleninvarianz folgt Log-Periodizität.

[10] Für einen ersten Überblick über bisherige empirische Arbeiten siehe: Johansen, Ledoit, Sornette (2008):

[ll] Die genaue Definition von Ausreißern folgt in Kapitel 3.

[12] Siehe Blanchard (1979): Speculative Bubbles, Crashes and Rational Expectatio ns; Blanchard, Watson (1982): Bubbles, Rational Expectations and Speculative Markets.

[13] Die Hazardrate gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass eine spekulative Blase in der nächsten Periode platzt, unter der Bedingung, dass die Blase in der aktuellen Periode nicht geplatzt ist.

[14] Die genetischen Algorithmen wurden speziell für diese Arbeit programmiert. Grundlage war der Aufsatz von Gulsten, Smith, Tate (1995): Genetic Algorithm Approach to Curve Fitting.

[15] Alle Berechnungen und Simulation dieser Arbeit werden mit der Statistiksoftware GNU R durchgeführt. R ist eine freie Software nach der GNU-Lizenz und erhältlich unter http://www.r-project.org/. Der R-Code befindet sich auf der beigefügten Daten-CD.

[16] Feiger (1976): What is speculation, S. l.

[17] Der Frage, ob es überhaupt sichere Entscheidungen gebe, wird in dieser Arbeit nicht weiter nachgegangen. Unter konstruktivistischem Standpunkt kann diese jedoch verneint werden.Aus diesem Grund ist die Schlussfol- gerung, dass alle Handlungen spekulativ sind, basierend auf der Prämisse der Unsicherheit gerechtfertigt.

[18] Kaldor (1939): Speculation and Economic Stability, S. l.

[19] Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG), 26.07.1994,§2.

[20] Vgl. Kaldor(1939): Speculation and Economic Stability, S. 3.

[2] l Vgl. Aschinger (1995): Börsenkrach und Spekulation, S. 18.

[22] Die nachfolgenden Aussagen gelten auch für den entgegengesetzten Fall, dass ein Wertpapier verkauft wird, unter der Prämisse, es später zu einem geringeren Preis wieder zu kaufen.

[23] Vgl. Sornette(2008): Crashes as Critical Points, S. 3.

[24] Siehe hierzu: Simon (1959): Theories of Decision Making in Economics.

[25] Ein Beleg dafür, dass die Unterscheidung zwischen individueller und aggregierter Rationalität zutrifft, findet sich bei Porter, Cont, Bouchaud (1998): Financial markets as adaptive systems.

[26] Vgl. Aschinger (1995): Börsenkrach und Spekulation, S. 17–18.

[27] Aschinger führt noch an, dass die Destabilisierung dazu führe, dass die Prognosefähigkeit der Spekulanten sich verschlechtere, diese Verluste erlitten und somit aus dem Markt ausschieden. Diese Ansicht wird in dieser Arbeit nicht geteilt. Die Gründe dafür werden in den folgenden Abschnitten erläutert. Vgl. Aschinger (1995): Börsenkrach und Spekulation, S. 17–25.

[28] Vgl. Hassler (2007): Stochastische Integration und Zeitreihenmodellierung: Eine Einführung mit Anwendun- gen aus Finanzierung und Ökonometrie, Kapitel 2.

[29] Der Quellcode dieses Modells befindet sich auf der Daten-CD.

[30] Stiglitz (1990): Symposium on Bubbles, S. 13.

[31] Das Rauschen von Finanzmarktdaten wird in den Kapiteln 3 und 7 thematisiert.

[32] Yan, Woodard, Sornette (2010): Inferring Fundamental Value and Crash Nonlinearity from Bubble Calibra- tion, S. 3.

[33] Vgl. Kapitel 7.

[34] Vgl. Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, S. 5–15.

[35] Zitiert nach: Corcos, Eckmann, Malaspinas, Malevergne, Sornette (2002 ): Imitation and contrarian behavior: hyperbolic bubbles, crashes and chaos, S. 265.

[36] Für einen Überblick über exogene Ursachen siehe Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, Kapitel l; Sornette, Woodard (2009): Financial Bubbles, Real Estate bubbles, Derivative Bubbles, and the Financial and Economic Crisis, S. 3–18.

[37] Siehe Johansen, Sornette (2002): Endogenous versus Exogenous Crashes in Financial Markets.

[38] Vgl. Johansen, Sornette (2002): Endogenous versus Exogenous Crashes in Financial Markets, S. l.

[39] Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, S. 82.

[40] Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, S. 82.

[41] Das Konzept der operanten Konditionierung ist auf B. F. Skinner zurückzuführen. Er untersuchte dies über-

wiegend in Laborexperimenten, dennoch hat sich diese Lerntheorie auch in Alltagssituationen als relativ zuver- lässig erwiesen. Die operante Konditionierung ist dem behavioristischen Paradigma zuzuordnen.

[42] Für weitere Informationen zum Behaviorismus empfiehlt sich Bruder (1982): Psychologie ohne Bewusstsein. Die Geburt der behavioristischen Sozialtechnologie.

[43] Es gibt zahlreiche empirische Ergebnisse, die die Theorie der operanten Konditionierung belegen. Siehe Skin- ner (1996): The behavior of organisms; An Experimental Analysis.

[44] Die Implikationen verschiedener Netzwerkstrukturen werden ausführlich in Abschnitt 2.3 und Kapitel 4 erör- tert.

[45] Heuristiken sind vereinfachte Verhaltensregeln. Merkmale von Heuristiken sind, dass sie auf evolvierten Fä- higkeiten und auf der Nutzung bestimmter Umweltzustände beruhen. Demnach beruhen Heuristiken ebenfalls auf einem Lernprozess, ähnlich wie der erläuterte Prozess des positiven Feedbacks. Siehe Simon (1958): Theo- ries of Decision Making in Economics.

[46] Siehe Cosmides, Tooby (1994): Better than Rational: Evolutionary Psychology and the Invisible Hand.

[47] Neben Imitation können auch noch Innovation und Selektion zur Lösung von komplexen Problemen beitragen. Alle drei bilden die Grundlage der Evolutionstheorie. In Anlehnung daran hat sich seit Mitte der 80iger Jahre des letzten Jahrhunderts die Evolutorik entwickelt, welche versucht, ökonomische Probleme mit Modellen der Evo- lutionstheorie zu erklären. Einen Überblick über die Methoden diese interessanten und zukunftsfähigen Diszipli- nen findet sich bei Safarzynska, van den Bergh (2009): Evolutionary models in economics: a survey of methods and building blocks.

[48] Vgl. Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, S. 99–12l.

[49] Vgl.Sornette (2002): Critical market crashes, S. 29–3l.

[50] Vgl. Kapitel 4.

[5] l Vgl. Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, Kapitel 4.

[52] Vgl. Devenow, Welch (1996): Rational Herding in Financial Economics, S. 604.

[53] Vgl. Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, Kapitel 4; siehe Devenow, Welch (1996): Rational Herding in Financial Economics.

[54] Weitere Informationen zum Herdenverhalten finden sich bei Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Criti- cal Events in Complex Financial Systems, Kapitel 4, oder Sornette (2002): Critical market crashes, S. 26–29.

[55] Vgl. Sornette (2007): Probability Distributions in Complex Systems, S. 2–3.

[56] Verkürztes Zitat von Aristoteles. Siehe Aristoteles (2003): Metaphysik, S. 104lb.

[57] Vgl. Richter, Rost (2004): Komplexe Systeme, Kapitel l.

[58] Bak, Paczuski (1995): Complexity, contingency, and criticality, S. 6689.

[59] Bak, Paczuski (1995): Complexity, contingency, and criticality, S. 6689.

[60] Vgl. Bak, Tang, Wiesenfeld (1987): Self-Organized Criticality: An Explanation of 1/f Noise, S. 38.

[6] l Vgl. Richter, Rost (2004) : Komplexe Systeme, S. 98.

[62] Vgl. Bak, Tang, Wiesenfeld (1987): Self-Organized Criticality: An Explanation of 1/f Noise, S. 384.

[63] Vgl. Sornette (1998): Discrete scale invariance and complex dimensions, S. 6.

[64] Diese Aussage ist konform mit dem in Abschnitt 2.2 erläuterten Anstieg des Imitationsverhaltens.

[65] Dass Potenzgesetze skaleninvariant sind, kann man sich wie folgt verdeutlichen: Angenommen, das Potenzge-

setz 2.9 wird mit einer Konstante r multipliziert, was einer Skalenänderung gleichkommt. Daraus ergibt sich 7 (rs) = c¯sα mit c¯ = crα. Durch die Multiplikation mit dem Skalierungsfaktor o folgt somit: c¯ × o = c. Demnach haben sich die Eigenschaften der Variable s nicht geändert.

[66] Vgl. Sornette, Johansen (200l): Significance of log-periodic precursors to financial crashes, S. 3.

[67] Vgl. Sornette (1998): Discrete scale invariance and complex dimensions, S. 6.

[68] Erläuterungen dazu folgen in Kapitel 4.

[69] Vgl. Bärwolf (2006): Höhere Mathematik für Naturwissenschaftler und Ingenieure, S. 246–248.

[70] Vgl. Sornette, Johansen (200l): Significance of log-periodic precursors to financial crashes, S. 3.

[7] l Vgl. Sornette, Johansen (200l): Significance of log-periodic precursors to financial crashes, S. 3; vgl. Sor- nette (1998): Discrete scale invariance and complex dimensions, S. 6.

[72] Siehe Bärwolf (2006): Höhere Mathematik für Naturwissenschaftler und Ingenieure.

[73] Siehe Johansen, Ledoit, Sornette (2000): Predicting Financial Crashes Using Discrete Scale Invariance.

[74] Ein „attraktiver“ Systemzustand, der wiederholt angestrebt wird. Siehe Richter, Rost (2004): Komplexe Sys- teme.

[75] Siehe Kapitel 3.

[76] Vgl. Johansen, Sornette (200l): Large Stock Market Price Drawdown’s are Outliers, S. 3.

[77] Siehe Johansen, Sornette (200l): Large Stock Market Price Drawdown’s are Outliers; siehe Johansen, Sor- nette (2006): Endogenous versus Exogenous Crashes in Financial Markets.

[78] Vgl.Sornette (2002): Critical market crashes, S. 17.

[79] Prozentuale Berechnung der Draw Down.

[80] Vgl. Kapitel 7.

[81] Vgl. Johansen, Sornette (200l): Large Stock Market Price Drawdown’s are Outliers, S. 3.

[82] Vgl.Sornette (2002): Critical market crashes, S. 17; Johansen, Sornette (200l): Large Stock Market Price Drawdown’s are Outliers, S. 3–4.

[83] Vgl. Johansen, Sornette (200l): Large Stock Market Price Drawdowns are Outliers, S. 3; Sornette (2003):

[54] Vgl. Sornette (2007): Probability Distributions in Complex Systems, S. 2-3.

[55] Verkürztes Zitat von Aristoteles. Siehe Aristoteles (2003): Metaphysik, S. 1041b.

[86] Zur Hypothese, dass es Abhängigkeitsstrukturen zwischen Tagesrenditen bei großen Kurseinbrüchen gebe, siehe Sornette (2003): Why Stock Markets Crash. Critical Events in Complex Financial Systems, S. 53–65.

[87] Für den Beweis siehe Johansen, Sornette (200l): Large Stock Market Price Drawdowns are Outliers, S. ll– 15.

[88] Vgl. Johansen, Sornette (2002): Endogenous versus Exogenous Crashes in Financial Markets, S. 5.

[89] Siehe Laherre, Sornette (1998): Stretched Exponential Distributions in Nature an Economy: Fat Tails with characteristic Scale; siehe Andresen, Sornette (200l): Have Your Cake and Eat It, Too: Increasing Returns While Lowering Large Risks!.

[90] Vgl. Johansen, Sornette (2002): Endogenous versus Exogenous Crashes in Financial Markets, S. 5.

[91] Siehe Johansen, Sornette (200l): Large Stock Market Price Drawdowns are Outliers; siehe Johansen, Sornette (2002): Endogenous versus Exogenous Crashes in Financial Markets; siehe Johansen, Sornette (1997): Stock market crashes are outliers.

Ende der Leseprobe aus 151 Seiten

Details

Titel
Modellierung und Prognose von Börsencrashs mit dem Log Periodic Power Law
Untertitel
Eine komplexitätsökonomische Analyse spekulativer Blasen an deutschen und amerikanischen Finanzmärkten
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1.0
Autor
Jahr
2011
Seiten
151
Katalognummer
V190564
ISBN (eBook)
9783656153443
ISBN (Buch)
9783656153696
Dateigröße
1577 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Auszeichnung: Wissenschaftspreis der Deutschen Bundesbank
Schlagworte
Spekulationsblasen, Börsencrash, Log Periodic Power Law, Finanzmärkte, Wirtschaftsphysik
Arbeit zitieren
Robert Möske (Autor:in), 2011, Modellierung und Prognose von Börsencrashs mit dem Log Periodic Power Law, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190564

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Modellierung und Prognose von Börsencrashs mit dem Log Periodic Power Law



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden