Eine Diskussion zu Andrea Heubachs "Generationengerechtigkeit - Herausforderung für die zeitgenössische Ethik"


Referat (Ausarbeitung), 2011

12 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Der Begriff der Generationengerechtigkeit
Gerechtigkeit
Generation
Generationen-Gerechtigkeit

3. Diskussionsansätze

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Frage nach einer nachhaltigen Zukunftsgestaltung ist ein Zentrum ethischer Überlegungen. An Brisanz gewinnt dieser Aspekt vor dem Hintergrund potentiell immer risikoträchtigerer Technologie und zunehmend ganzheitlicheren Einblicken in globale Prozesse.

Wie eine solche Nachhaltigkeit sich praktisch gestalten kann, anthropolisch möglich ist etc. sind daher Fragen, die die Philosophie explizit gerade in neuerer Zeit zu beantworten sucht. In diesem Diskurs hat sich unter anderem der Begriff Generationengerechtigkeit herauskristallisiert. Die offenkundig wirkende Fürsorge für nahestehende Verwandte ist dabei ein Ausgangspunkt und wird nun versucht konzeptionell einzubinden um auch in einer globalen Welt über die Grenzen der eigenen Familie oder zeitbezogener formuliert über wenige Generationen hinaus wirksam zu bleiben. Wie motiviert sich verantwortliches Handeln auf anonyme Bezugsgruppen? Oder ist dies gar nicht notwendig um nachhaltig Einfluss auf langfristige Zukunft zu nehmen? Dabei wird der Begriff der Generationengerechtigkeit bedeutsam, der sich auf die Verantwortung zwischen den Generationen bezieht und mithin kontrovers diskutiert wird.

An dieser Stelle setzt auch Andrea Heubach mit ihrem Text ‚Generationengerechtigkeit – Herausforderung für die zeitgenössische Ethik‘ ein um Aspekte nachhaltiger Zukunftsgestaltung zu beantworten. Im Folgenden sollen ihre Überlegungen ausgeführt und diskutiert werden.

2. Der Begriff der Generationengerechtigkeit

Aufgrund fehlender Schärfe und Eindeutigkeit der Begrifflichkeit bemüht sich Heubach zunächst um eine möglichst klare definitorische Grundlage. Sie fasst dabei intergenerative, intergenerationelle und Generationengerechtigkeit aufgrund der synonymen Verwendung in der Literatur inhaltlich zusammen.[1] Um den Begriff überhaupt erst wissenschaftlich fruchtbar zu machen, soll er präzisiert und bestimmt werden. Die weitaus ausführlicheren definitionstheoretischen Überlegungen bei Heubach werden an dieser Stelle vernachlässigt.

Zunächst nimmt sie eine etymologische Untersuchung und eine Analyse der allgemeinen Verwendung der Begriffsbestandteile vor. Der Wortbestandteil inter kommt dem deutschen zwischen gleich. Bei den Worten Gerechtigkeit und Generation gestaltet sich eine Bestimmung schon komplexer.

Gerechtigkeit

Sowohl etymologisch als auch in seiner Verwendung ist das Wort Gerechtigkeit von einer gewissen Vieldeutigkeit. Gerechtigkeit stammt im Altgriechischen vom Wort Recht ab und ist am besten mit der Tugend der Rechtmäßigkeit beschrieben.[2] Bei Aristoteles gewinnt diese Bedeutung noch an Tiefe, indem die Art von Rechtmäßigkeit, die ein Mensch in Bezug auf andere, also innerhalb einer Gemeinschaft, üben kann, als das Mittlere zwischen einem Übermaß und einem Mangel verstanden wird.[3] Auch bei Cicero ist die Gerechtigkeit eine Tugend, die dem Leben in der Gemeinschaft förderlich dient und ihr nützlich ist.[4]

Im Althochdeutschen manifestiert sich das Adjektiv gireht als aufrecht, richtig. Und selbst im Altägyptischen verstand man den Begriff Ma’at, der zugleich eine Göttin bezeichnet, als Wahrheit, Gerechtigkeit und Weltordnung.[5] Diese verschiedenen historischen Sprachen weisen einen Kontext aus, der die Bedeutung von Gerechtigkeit schon relativ genau um schreibt, doch die Substanz des Begriffs selbst bleibt weitgehend unklar.

Wie nicht anders zu erwarten, führten die traditionellen Utilitaristen Gerechtigkeit durchaus mit Recht auf die Nützlichkeit zurück.[6] Aus dieser Betrachtungsweise ergibt sich wiederum eine Vielzahl von Perspektiven.

Im Rahmen der Ermöglichung von sozialem Zusammenleben lässt sich Gerechtigkeit sowohl als die Bemühung um Gleichheit zwischen Gesellschaftsmitgliedern, also immer noch als Tugend, als auch als ein absoluter Wert, der ähnlich dem Schönen oder dem Guten, als Idealvorstellung einer bestmöglichen Gesellschaftsordnung verstehen.[7] So gesehen handelt es sich bei diesen beiden Beschreibungen um eine praktische und eine theoretische Seite des Gerechtigkeitsbegriffs.

Heubach resümiert, dass Gerechtigkeit ein Beurteilungskriterium darstellt, nach dem wiederum handelnde Personen sich richten können.[8] Gerechtigkeit hat also einen objektiven als auch einen subjektiven Gehalt. In jedem Fall bleibt sie ein menschliches Konstrukt, das innerhalb der Geschichte inhaltlich verschieden, oder besser, als auf verschiedene Weise erreichbar bestimmt wurde.[9]

So stellt sich die Frage nach einem gemeinsamen Kern der divergierenden Gerechtigkeitskonzeptionen. Heubach verdeutlicht, Chaim Perelman zitierend, die inhaltlich unterschiedlichen Bestimmungen von Gerechtigkeit:

1. Jedem das Gleiche
2. Jedem gemäß seinen Verdiensten
3. Jedem gemäß seinen Werken
4. Jedem gemäß seinen Bedürfnissen
5. Jedem gemäß seinem Rang
6. Jedem gemäß dem ihm durch Gesetz zugeteilten[10]

Den gemeinsamen Nenner der ersten fünf Konzeptionen macht Heubach darin aus, dass jedem das zukommen soll, was ihm nach bestimmten Maßstäben gebührt – das Prinzip der Gleichbehandlung als Konsens von Gerechtigkeitskonzeptionen.[11] [12]

Heubach führt ihre Überlegungen zu der definitorischen Bestimmung von Gerechtigkeit, die von Perelman vorgenommen wurde, dass Gerechtigkeit ein Handlungsprinzip darstelle, das gebiete, Wesen einer Wesenskategorie auf die selbe Art und Weise zu behandeln.[13]

Auffällig ist hierbei, dass durch die Kategorisierung einer Wesensart eine Differenzierung innerhalb der Kategorie vernachlässigt wird, worin wiederum eine Bedingung für Gerechtigkeit überhaupt zu liegen scheint. Noch allgemeiner gesprochen, dass eine gewisse Unschärfe und Gleichmachung die Voraussetzung für die generelle Konstruktion des Gerechtigkeitsbegriffes bedeutet – der Maßstab muss also außerhalb der natürlichen Unterschiede von Gemeinschaftsmitgliedern liegen um im eigentlichen Sinne gerecht zu sein.

Generation

Der Begriff Generation entlehnt sich dem lateinischen generatio und bedeutet Zeugung, Zeugungskraft, was weiter auf das lateinische genus zurückreicht, welches mit Abstammung, Familie übersetzt werden kann.[14] Mit wenigen Gedanken ist man dann auch beim allgemeinen, vor allem gegenwärtigen Gebrauch des Wortes angelangt. Wichtig dabei ist nur die Einführung einer zeitlichen Dimension. Das etymologische Wörterbuch fasst den Begriff unter Gesamtheit der Menschen einer Altersstufe zusammen.[15] Noch weiter differenziert und mit dem Sprachgebrauch übereinstimmend, beschreibt es das Lexikon für Bioethik, welches eine Generation als eine Menschengruppe gleichen Alters und zudem in einem abgegrenzten geographischen Raum lebend, bestimmt.[16] Diese Definition lässt somit genügend Spielraum um eine Generation je nach vorangestelltem Wortteil einzugrenzen (z.B. 68ziger Generation), wie dies im Allgemeinen auch geschieht (gesamtgesellschaftlich, familiär, historisch etc.).

Heubach konstatiert, dass diese allgemeine und bedeutungsreiche Verwendung auch in der Wissenschaft nicht einheitlicher gefasst wird.[17] Mit Tremmel gruppiert die Autorin die verschiedenen Verständniskonzepte von Generation:

1. den chronologischen temporalen Generationsbegriff
2. den chronologischen intertemporalen Generationsbegriff
3. den sozialen Generationsbegriff
4. den familiären Generationsbegriff[18]

Im Unterschied zu den ersten drei Konzeptionen ist letztere auf eine gesellschaftliche Mikroebene beschränkt.[19] Auf der Makroebene unterscheiden sich streng chronologische von sozialen Generationskonzepten, wobei erstere wieder untergliedert sind in temporale, also in zeitlicher (jedoch uneinheitlich bestimmter) Begrenzung gefasste Generationen, und in intertemporale, also die Gesamtheit aller lebenden Menschen zum Zeitpunkt der Begriffsverwendung.[20] Eine soziale Generation lässt sich primär über eine bestimmte politische, ökonomische, kulturelle Prägung abstecken – vergleichbar mit dem Begriff der sozialen Klasse.[21] Für die Diskussion um Generationengerechtigkeit schließt die Autorin das familiäre Konzept, wenn auch relevant, aus ihrer Arbeit aus.[22] Heubach greift im Weiteren auf den chronologischen temporalen Generationsbegriff zurück, da dieser im Zusammenhang mit Gerechtigkeit zwischen verschiedenen Generationen im Vergleich zu den zwei übrigen Konzepten am fruchtbarsten erscheint.[23]

[...]


[1] Vgl. Heubach 2008, S. 18.

[2] Vgl. ebd., S. 22.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. ebd.

[5] Vgl. ebd., S. 22 f.

[6] Vgl. ebd., S. 23.

[7] Vgl. ebd.

[8] Vgl. ebd., S. 24 f.

[9] Vgl. ebd., S. 25.

[10] Vgl. ebd.

[11] Vgl. ebd., S. 26.

[12] Im Falle der sechsten Konzeption ließe sich darüber streiten, ob sie überhaupt unter den Begriff der Gerechtigkeit fallen kann. Nur, wenn dem Gesetz notwendig auch Gerechtigkeit immanent ist, ließe sich dafür argumentieren.

[13] Vgl. Heubach 2008, S. 27.

[14] Vgl. ebd., S. 28.

[15] Vgl. ebd.

[16] Vgl. ebd.

[17] Vgl. ebd., S. 29.

[18] Vgl. ebd.

[19] Vgl. ebd.

[20] Vgl. ebd., S. 30.

[21] Vgl. ebd., S. 31 ff.

[22] Vgl. ebd., S. 36.

[23] Vgl. ebd., S. 38.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Eine Diskussion zu Andrea Heubachs "Generationengerechtigkeit - Herausforderung für die zeitgenössische Ethik"
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Ethik der Zukunft
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
12
Katalognummer
V190410
ISBN (eBook)
9783656151265
ISBN (Buch)
9783656151647
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
eine, diskussion, andrea, heubachs, generationengerechtigkeit, herausforderung, ethik
Arbeit zitieren
Eric Jänicke (Autor:in), 2011, Eine Diskussion zu Andrea Heubachs "Generationengerechtigkeit - Herausforderung für die zeitgenössische Ethik", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190410

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